the Lodger (2009)
Verfasst: 24.03.2010, 07:43
Originaltitel: the Lodger
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: David Ondaatje
Darsteller: Alfred Molina, Hope Davis, Simon Baker, Shane West, Donal Logue, Philip Baker Hall, Rachael Leigh Cook, Rebecca Pidgeon, Mel Harris, ...
Trailer:
http://trailers.apple.com/trailers/sony ... thelodger/
Bei dem ebenso düsteren wie ansprechend besetzten 2009er Thriller „the Lodger” handelt es sich eine zeitgenössische Adaption des 1913 veröffentlichten (gleichnamigen) Romans aus der Feder der britischen Schriftstellerin Marie Adelaide Belloc Lowndes, welche sich beim Verfassen ihres Werks maßgeblich von den berühmt-berüchtigten (in den letzten Jahren der Londoner 1880er begangenen) Taten „Jack the Rippers“ inspirieren ließ. Seit dem Erscheinen des Buches wurde die Materie inzwischen mehrere Male verfilmt – u.a. von Alfred Hitchcock (1927), Maurice Elvey (1932) und John Brahm (1944). Zwar hat Regisseur und Skript-Autor David Ondaatje für seine Version der Geschichte die ursprünglich zu Papier gebrachten Geschehnisse in ihren Grundzügen beibehalten, sie allerdings auf die heutige Gegenwart übertragen, inhaltlich erweitert sowie (statt in England) in der amerikanischen Millionen-Metropole Los Angeles angesiedelt…
Als rund um den berühmten „Sunset Strip“ in West Hollywood ein brutaler Frauenmörder sein Unwesen zu treiben beginnt, der es in erster Linie auf Prostituierte abgesehen hat und seine Verbrechen (mit erstaunlicher Detailtreue) im Stile derer „Jack the Rippers“ begeht, werden der gestandene Detective Chandler Manning (Alfred Molina) und sein noch nicht allzu erfahrener neuer Partner Street Wilkenson (Shane West) mit dem Fall betraut. Im Zuge der Ermittlungen muss Chandler jedoch rasch erkennen, dass die „Handschrift“ bzw. Vorgehensweise des Killers der vor einigen Jahren im Rahmen einer anderen Mordserie zur Schau gestellten gleicht – bloß wurde dafür bereits ein Verdächtiger (von ihm) verhaftet, später verurteilt und infolge dessen sogar hingerichtet. Da entsprechende Experten anhand der begutachteten Spuren aber schon bald einen „Nachahmer“ ausschließen, heißt das, ein Unschuldiger fiel damals der Todesstrafe zum Opfer – was nun natürlich schwer auf seinem Gewissen lastet und mit jeder weiteren gefundenen Leiche den auf ihn einwirkenden Druck unweigerlich erhöht. Keinerlei Halt vermag ihm in dieser zehrenden Lage sein Privatleben zu bieten – denn nach einem Suizidversuch hatte er seine Frau (Mel Harris) erst kürzlich in eine Klinik einweisen lassen, wofür ihm seine Tochter (Rachel Leigh Cook) nun vorwurfsvoll die Schuld zuspricht…
Parallel dazu lernen wir (die Zuschauer) das Ehepaar Joe (Donal Logue) und Ellen Bunting (Hope Davis) kennen, deren Treuebund ihre besten Zeiten eindeutig hinter sich hat: Er ist nicht gerade der freundlichste Zeitgenosse, arbeitet nachts als Wachmann und hält sich an und für sich auch sonst nicht allzu oft daheim auf – während sie eine recht zurückhaltende, häufig traurig anmutende Hausfrau ist, die regelmäßig von ihrem Arzt Antidepressiva verschrieben erhält. Um finanziell besser über die Runden zu kommen, suchen sie aktuell einen Mieter für ihr möbliertes kleines Gartenhäuschen – ein Angebot, das ein charmant auftretender Herr namens Malcolm (Simon Baker) eines Tages dankend annimmt, welcher drei Monatsmieten sogleich in Bar bezahlt, sich als Autor vorstellt und generell (u.a. daraus resultierend) sehr großen Wert auf seine Privatsphäre legt. Da Frühstück mit im Preis inbegriffen ist, kann Ellen auf eben diesem Wege fortan (wiederkehrend) mit ihrem Gast in Kontakt treten – und so dauert es nicht lange, bis sie ihre Sehnsüchte auf den geheimnisvollen Fremden zu projizieren anfängt. Je mehr sie dann jedoch in den Medien über die sich ja (stets) nur wenige Meilen entfernt entfaltende Mordserie erfährt, desto stärker fallen ihr einige „Merkwürdigkeiten“ in ihrer direkten Umgebung auf – und zwar im Hinblick auf das Verhalten sowohl Joes als auch Malcolms. Relativ zügig avancieren beide daraufhin ebenfalls zu „offiziellen Verdächtigen“ in den Augen des Police Departments – im Übrigen genauso wie Chandler selbst, dessen zunehmend eigenwilliges Gebaren inzwischen nicht nur seinem eigenen Chef (Philip Baker Hall) keineswegs mehr sonderlich geheuer ist…
In „the Lodger“ wird rhythmisch (in jeweils kurzen Abständen) zwischen den zwei oben aufgeführten bzw. herausgestellten Haupt-Handlungssträngen hin und her gewechselt: Auf der einen Seite stehen Chandler und die polizeilichen Untersuchungen im Mittelpunkt der Betrachtung, auf der anderen Ellen und ihre „Beziehung“ zu den beiden Männern, also ihr täglicher Umgang mit ihrem „Göttergatten“ sowie dem mysteriösen Untermieter – eine kontinuierlich für Abwechslung sorgende Herangehensweise, welche mir (von Beginn an) gut gefiel, nicht bloß weil die einzelnen Sequenzen im Zuge dessen angenehm straff und bündig gehalten wurden. Mit fortschreitender Laufzeit kristallisieren sich (Schritt für Schritt) immer weitere Verknüpfungen (sowohl potentieller als auch wahrscheinlicher Natur) heraus – bevor es im dritten Akt dann erst zu wirklich konkreten Überschneidungen kommt. Ergänzt um verschiedene zusätzliche Sub-Plots, wie etwa die bohrende Medien-Berichterstattung über die grausamen Verbrechen und den unschuldig Hingerichteten, Ellen´s und Joe´s Eheprobleme, die Konflikte innerhalb der Manning-Familie sowie die anwachsende Einflussnahme anderer Behörden auf die Ermittlungen der Beamten aus West Hollywood, welche ja ebenso (zugleich) die Morde des „Ur-Rippers“ studieren müssen, um dem gegenwärtig wütenden Killer möglichst rasch auf die Spur zu gelangen, vermag man dem Werk nicht unbedingt eine „simpel gestrickte Beschaffenheit“ vorzuwerfen – dass viele dieser Elemente jedoch vorrangig der reinen „Story-Aufpolsterung“ und Verschleierung der Täter-Frage dienen, steht selbstverständlich völlig woanders geschrieben…
In klassischer „Whodunit“-Manier wartet das Drehbuch mit diversen falschen Fährten und Verdächtigen auf, mit deren Hilfe die Wahrheit vernebelt sowie der engagierte Zuschauer (hinsichtlich seiner erkeimten Vermutungen) verunsichert werden soll. Im Rahmen dieser „Schnitzeljagd“, deren Ziel ja das Aufdecken der wahren Identität des Killers ist, wird gleich sehr früh im Geschehen der auf den ersten Blick wahrscheinlichste bzw. offensichtlichste Kandidat ins Spiel gebracht: Malcolm zahlt mit Bargeld, verzichtet auf Referenzen, trägt kein größeres Gepäck bei sich, besteht darauf, nicht gestört zu werden und nur Kontakt mit Ellen zu halten, verbrennt schonmal (zuvor angeblich ruinierte) Kleidungsstücke auf dem Grill und entfernt des weiteren alle Gemälde von den Wänden, da er sich von den Personen darauf beobachtet fühlt. Allmählich fängt der Streifen dann jedoch an, die Saat des Zweifels zu säen – und zwar indem spezielle Eigenheiten der übrigen Protagonisten immer stärker in den Fokus gerückt werden: Joe zum Beispiel ist ein ziemlicher „Kotzbrocken“, der seine Frau nicht gerade gut gehandelt und zudem für bestimmte Zeitspannen (jeweils vor und nach der Arbeit) unauffindbar ist, Ellen leidet merklich an den Nachwehen eines traumatischen Ereignisses in ihrer Vergangenheit und Chandler ist ein psychisch unter beträchtlichem Druck stehender Cop, der zu Wutausbrüchen und unvorhersehbarem Verhalten neigt sowie selbst ein gewisses Faible für den „guten alten Jack“ hegt. Oder dienen sie und ihre „Macken“ letztlich ebenfalls nur der Ablenkung des Publikums, so dass dieses weniger intensiv auf bestimmte Randfiguren (wie etwa Wilkenson) achtet? Im Prinzip ist jede dieser Varianten denkbar – von einigen anderen mal ganz zu Schweigen, wie die an einem Punkt zum Vorschein tretende Theorie, Ellen würde sich die Existenz Malcolms eventuell sogar nur (vollständig) einbilden, um auf diesem Wege ihren Alltag mit mehr „Aufregung und Abwechslung“ zu versehen…
Unabhängig der Gegebenheit, dass die zahlreichen Beeinflussungen und Irreführungen ihren angedachten Zweck durchaus passabel erfüllen, vernachlässigt der Film zu ihrem Gunsten allerdings die (vor allem auf psychologischer Ebene recht anregende) „Verbindung“ zwischen Ellen und Malcolm in einem (zumindest meiner Meinung nach) zu erheblichen Maße – denn statt sie den „zentralen Kern“ der präsentierten Mystery-Geschichte bilden zu lassen, wurde der Story-Schwerpunkt eher auf die einem viel vertrauter und konventioneller vorkommende Seite der polizeilichen Aufklärungsbemühungen verlagert. Ein erfahrener Cop, dem man einen „Rookie“ zugeteilt hat, den private Umstände schwer belasten und der beim verbissenen Angehen des betreffenden (brutalen, überaus fordernden) Falles so manche Regel umgehen „muss“, was schließlich ebenso in unterschiedlichen Konflikten mit seinen Vorgesetzten wie in einem erbitterten Katz&Maus-Spiel zwischen ihm und dem Killer resultiert, welches sich irgendwann „natürlich“ auch auf eine „persönliche Ebene“ ausweitet, etwa indem die Tochter des Beamten ins Visier des Schlitzers gerät – wie viele sich in dieser „Tradition“ bewegende Crime-Flicks haben wir in den zurückliegenden Jahren nicht bereits zu Gesicht bekommen? Die Antwort: Eine Menge. Schade, denn auf der Basis dieser inhaltlichen Gewichtung hat sich Ondaatje selbst (eigenhändig) dem Anzapfen eines beachtlichen „Potential-Reservoirs“ verschlossen – den entsprechenden Anforderungen wären Davis und Baker jedenfalls (mit Sicherheit) gewachsen gewesen, davon bin ich überzeugt. So dagegen werden kaum mehr als „die üblichen Thriller-Mechanismen“ aufgeboten: Routiniert, aber innovationslos sowie mit unzureichender Kraft, einen wirklich packen bzw. fesseln zu können – eine Einschätzung, welche auch der finale „Twist-Doppelschlag“ (eine zweigeteilte „Rechts-Links-Kombination“) nicht zu ändern vermag…
Die Hauptrolle verkörpert der britische Charakter-Mime Alfred Molina („Frida“/„Spider-Man 2“) rundum glaubwürdig – und das sogar ohne dabei groß auf „Autopilot“ zu schalten, was man ihm in Anbetracht ihrer ebenso stereotypen wie wenig fordernden Beschaffenheit nicht einmal unbedingt hätte verübeln können. Als sein Partner steht ihm der relativ blass verbleibende Shane West (TV´s „ER“/„A Walk to Remember“) zur Seite – woran das Skript aber eine unverkennbare Mitschuld trägt. Philip Baker Hall („Magnolia“/„Zodiac“) wird als Chandler´s Captain im Prinzip genauso unterfordert wie die stets gern gesehene Rachael Leigh Cook („11:14“/„She´s All That“) als Amanda Manning – während Simon Baker (TV´s „the Mentalist“/„Land of the Dead“) in der Rolle des geheimnisvollen Untermieters zwar (dank seiner ruhigen, charmanten Art, die allerdings auch nur eine Fassade sein könnte) perfekt besetzt wurde, man die Ansiedlung des Parts jedoch (wie schon erwähnt) viel zu sehr in die „zweite Reihe“ der Geschehnisse verlagert hat, was einfach eine ungünstige Entscheidung war. Donal Logue („Max Payne“/„Ghost Rider“) agiert brauchbar als Ellen´s nicht gerade feinfühliger Gatte, der sie zudem des Öfteren (in einer schroffen Tonlage) daran erinnern „muss“, ihre „verdammten Pillen“ einzunehmen: „Nobody´s going to rent this place if they think the landlady´s a lunatic!” Die mit Abstand beste Performance liefert indessen Hope Davis („the Hoax“/„About Schmidt“) als eben jene unter der Fuchtel ihres Mannes lebende Schrägstrich leidende Ms. Bunting ab – eine u.a. von Trauer, Verunsicherung und emotionaler Vernachlässigung geprägte Persönlichkeit, welche Davis (in allen erforderlichen Belangen) überzeugend darbietet…
Obgleich es sich bei dem vorliegenden Film keineswegs um ein direktes Remake von Alfred Hitchcock´s „the Lodger: A Story of the London Fog“ handelt, hat sich David Ondaatje, seines Zeichens übrigens Neffe des Schriftstellers Michael Ondaatje („the English Patient“) sowie Regisseur des 1998er Shorts „Waiting for Dr. MacGuffin“, dennoch unverkennbar von der Handwerkskunst des besagten Altmeisters inspirieren lassen: Im gesamten Verlauf lassen sich diverse Zitate, Anspielungen und Verweise ausmachen, welche von gelungenen Hommagen an „Vertigo“ und „Blackmail“ (speziell: ein wiederholtes Vernehmen des Wortes „Knife“ in einer bestimmten Situation) bis hin zu einem prominenten Auftritt Rebecca Pidgeons („Heist“/„Edmond“) reichen, die zum Ende hin (als Dr. Westmin) quasi in die Fußstapfen Simon Oaklands tritt (vgl. „Psycho“). Sporadisch kommt einem beim Sichten (besonders im Rahmen des nachgeschobenen Epilogs) selbst das Schaffen Brian DePalmas in den Sinn, der sich in der Vergangenheit ja ebenfalls mehrfach (gern und ausgiebig) von Hitchcock hat „inspirieren“ lassen. Weitere Einflüsse, die nicht zu übersehen sind, markieren überdies klassische Veröffentlichungen der sogenannten „Schwarzen Serie“ (aus den amerikanischen 1940er- und 50er-Jahren) – schließlich hat Ondaatje seinen Haupt-Protagonisten ja sogar nach dem Autoren Raymond Chandler benannt, welcher bekanntermaßen durch seine Detektiv-Figur Philip Marlow Berühmtheit erlangte und jene Stil-Richtung (neben Dashiell Hammett) maßgeblich mitprägte…
Cinematographer David A. Armstrong, der u.a. Werke wie „Kill Theory“, „the Gravedancers” sowie weite Teile der „Saw”-Franchise (optisch) ins rechte Licht rückte, wählte eine düstere, gelegentlich recht deutlich an die genannten Vorbilder angelehnte „visuelle Ästhetik“ – inklusive so manch einer kreativen Kamera-Perspektive und schön arrangierten Einstellung. Als etwas überflüssig empfand ich dagegen einige als Übergänge genutzte Zeitraffer-Aufnahmen des Verkehrs auf den stark frequentierten Straßen der „Stadt der Engel“, ebenso wie vereinzelte in erhöhter Geschwindigkeit präsentierte Sequenzen (á la das Zubereiten eines Frühstücks oder Aufräumen eines Zimmers), welche jeweils eine leicht unpassende Impression heraufbeschwören. Die Morde finden überwiegend unmittelbar außerhalb des Zuschauer-Blickfelds („Off-Screen“) statt: Geschickt verstärkt durch spezielle „inszenatorische Kniffe“, wie zum Beispiel nur die zuckenden Füße eines sich im Todeskampf befindenden Opfers zu zeigen, wird der Phantasie des Betrachters so ein Ausmalen der grausamen Details selbst überlassen. Untermalt von einem stimmigen Score des verlässlichen Komponisten John Frizzell („Ghost Ship“), der auch einige ersprießlich mit eingebundene Chor-Gesänge und Streicher-Passagen aufweist, gibt es auf dieser Ebene keinerlei Grund zur Klage. Vom Regie-Stuhl aus hatte Ondaatje die ganze Angelegenheit solide im Griff: Die Schauspieler-Führung geht in Ordnung, der generelle Ton ist ernst, das Tempo angemessen ruhig und die Atmosphäre mutet alles in allem nicht allzu gemütlich an – wenn es ihm doch bloß möglich gewesen wäre, ein ausgefeilteres Drehbuch mit mehr Substanz und Originalität zu verfassen, statt vorrangig auf Täuschungen und Verschleierungen zu setzen, dann wäre es ihm letzten Endes gewiss auch gelungen, einen höheren Grad an Suspense zu generieren sowie den Gesamteindruck merklich über den Durchschnitt hinaus zu heben…
knappe
Auch hierzulande ist der Film inzwischen uncut (FSK16) auf DVD erschienen.