Infection (aka "Invasion")
Verfasst: 29.06.2008, 21:51
Originaltitel: Infection
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2005
Regie: Albert Pyun
Darsteller: Virginia Dare, Norbert Weisser, Scott Paulin, Don Keith Opper, Alan Abelow, Morgan Weisser, Laurie O´Brien, ...
Trailer:
http://www.imdb.com/video/screenplay/vi732889369/
Bei dem im Jahre 2005 realisierten Low-Budget-Indie „Infection“, der übrigens im Fahrwasser von Oliver Hirschbiegel´s „Body Snatchers“-Remake im Rahmen seiner 2007er DVD-Veröffentlichung in „Invasion“ umbenannt wurde, handelt es sich um ein ungewöhnliches, geradezu experimentelles Projekt des „berühmt-berüchtigten“ B-Movie-Regisseurs Albert Pyun („Cyborg“/„Nemesis“), das seit seiner Entstehung zu einem kleinen Festival-Hit avancierte und auf diesem Wege gar auch einige Auszeichnungen einzuheimsen vermochte.
Obgleich bei Beschreibungen und Besprechungen des vorliegenden Werks oftmals „the Blair Witch Project“ vergleichend angeführt wird, vornehmlich aufgrund der im „pseudo-dokumentarischen“ Stil arrangierten Präsentationsweisen der erzählten Geschichten, ist das (im Detail betrachtet) an sich nicht ganz richtig, denn bei jenem 1999er Meilenstein des Independent-Films handelt es sich um einen Vertreter des „Cinéma Vérité”, während wir es hier hingegen eher mit einer Variante der amerikanischen „Direct Cinema”-Bewegung zutun haben. Beide Stilrichtungen bemühen sich, eine Art „Alltags-Realität” aufzuzeigen, nur integriert sich in ersterem Fall der Filmemacher selbst direkt in die Geschehnisse, stellt demnach seine eigene (eigentlich ja neutrale) Position in Frage, benutzt die Kamera, um Reaktionen zu provozieren und übt entsprechend einen konkreten Einfluss auf den sich entfaltenden Verlauf aus. Beim „Direct Cinema” indessen wird diese Grenze nicht überschritten, denn das Ziel lautet dort, das „wirkliche Leben” ohne Einmischung und Einfluss einzufangen bzw aufzuzeigen.
Am 22. Mai 2006 leitete die „NSSA“ eine Untersuchung der drei Tage zuvor seitens der „CDC“ und des US-Präsidenten in einer spezifischen Gegend nahe des kalifornischen Örtchens Lawton in Kraft gesetzten (streng geheimen) Notfallmaßnahme „Counter Measure 5“ ein. Abgesehen von einem kurzen Pro- und Epilog, welcher jeweils die Berichterstattung einer investigativen Reporterin (Laurie O´Brien) aufzeigt, besteht „Infection“, wie ich den Streifen einfach weiterhin störrisch nenne, unversetzt aus der als Beweismittel sichergestellten Aufzeichnung einer auf dem Armaturenbrett eines Streifenwagens fest montierten Kamera, welche einige der merkwürdigen Ereignisse der Nacht des 19. Mais in einem Parkgebiet knapp 12 Meilen außerhalb der Stadt auf HD-Video festhielt. Und hier nun der Clou dieser Produktion: Das gesamte Werk besteht, mit Ausnahme der wenigen oben genannten Momente, aus diesem 63 Minuten lang ununterbrochen laufenden Bildmaterial – bloß eine Einstellung, eine einzige Perspektive (über die Motorhaube des Fahrzeugs hinweg in das von den Scheinwerfern spärlich ausgeleuchtete Blickfeld), keinerlei Schnitte…(!)
Es ist 23:50 Uhr, als Deputy Brick Bardo (Scott Paulin) in die Zugangsstraße zu dem relativ abgeschieden in einem Tal gelegenen Naturschutzgebiet einschert, aus welchem ein im Ort ansässiger Mitbürger seiner Frau zuvor telefonisch mitgeteilt hatte, er sei beim Nachtangeln Zeuge eines Meteoritenniedergangs geworden und habe daraufhin an der Einschlagstelle irgendwie etwas Absonderliches entdeckt. Auf seinem Weg zum betreffenden See fährt der Beamte an einem in der Dunkelheit geparkten Wagen vorbei, in dem zwei Teens wohl gerade „miteinander zugange“ sind, welche offensichtlich den heute stattfindenden High School Prom bereits früher verließen, um sich „einander zu widmen“ bzw „für sich allein“ zu sein. Wenig später erreicht Bardo dann den Anrufer (Alan Abalew) – doch als er ihn zu seinem Fund befragen will, greift dieser, inzwischen wie ein „George-Romero-Zombie“ wandelnd sowie in einer seltsamen Sprache sprechend, den überraschten Cop ohne Vorwarnung an, würgt im Zuge dessen einen schwarzen, Wurm-ähnlichen Parasiten aus seinem eigenen Innern heraus und lässt diesen durchs Ohr in den Polizisten eindringen, welcher nach der beinahe augenblicklich erfolgten Einnistung nun genauso wie sein vormaliger Angreifer auftritt, sich in seinen Wagen zurückbegibt und nun umgehend zu den beiden Teens hin aufbricht…
Ohne große Probleme gelingt es Bardo kurz darauf, dank seiner Position als gesetzeshütender Staatsdiener, Cheryl Cooper (Virginia Dare) und ihren Freund Timmy Boswell (Morgan Weisser) aus ihrem PKW zu zitieren und somit ins Freie zu locken. Als erstes stürzt er sich auf letzteren – es kommt zur erneuten „Übertragung“ eines außerirdischen Fremdkörpers, wodurch auch der junge Sohn des Bürgermeisters „infiziert“ und „verwandelt“ wird. Fassungslos wird Cheryl Zeuge dieses Übergriffs – im finalen Moment erst kann sie sich aus ihrer angstbedingten Starre lösen und in dem (bis dato offen stehenden) Polizeifahrzeug fliehen. Per Funk nimmt sie Kontakt zu dem im Präsidium seinen Dienst ableistenden Deputy Ben (Don Keith Opper) auf: Es verlangt ihr schon ein beträchtliches Maß an Anstrengung ab, ihn von dem Geschilderten zu überzeugen, aber ein zwielichtiger Doktor (Norbert Weisser), mit dem Ben ebenfalls in Verbindung steht, bestätigt ihre Story schließlich – zumindest mehr oder minder. Da sich der einzige (befahrbare) Ausgang des Parks zu allem Überfluss als inzwischen blockiert entpuppt, muss Cheryl fortan auf sich allein gestellt ausharren und sich immer wieder gegen vereinzelte Angriffe erwehren – stets in der Hoffnung, dass die verständigten Behörden und Reaktionskräfte (Armee, Nationalgarde etc) rechtzeitig eintreffen…
„Infection“ ist eindeutig eines dieser Projekte, angesichts derer sich die Geister der Zuschauer unweigerlich scheiden werden: Wem das Konzept nicht zusagt oder wer beim Sichten keine Geduld und Ruhe aufbringen kann, der hat von Anfang an im Grunde genommen nicht den Hauch einer Chance, dem Film überhaupt irgendetwas Positives abzugewinnen, denn die konkrete Umsetzung – also das, was man letztlich (inklusive diverser bei der Nachbearbeitung ergänzter Elemente) zu sehen erhält – weist im Endeffekt nicht unbedingt die qualitative Beschaffenheit auf, um für echte bzw umfassende Begeisterung zu sorgen. Man darf sich die ganze Angelegenheit zudem nicht gerade besonders aufregend, action- oder temporeich in Szene gesetzt vorstellen: Statt Konfrontationen mit Horden bedrohlicher Gestalten, Crashs, Hochgeschwindigkeitsjagden oder dem Feeling, einem Auszug aus einem wüsten Ego-Shooter-Game beizuwohnen, haben wir es hier insgesamt nur mit einer Handvoll „befallener“ Menschen, ausgedehnten Fahrten über holprige, teils unbefestigte Feldpfade sowie gar mehrere Minuten andauernde Passagen zutun, in denen das Fahrzeug am Straßenrand abgestellt verbleibt. Oft sieht man nicht mehr als einige Baumsilhouetten und/oder der im Lichtschein befindlichen Fahrbahn. Da die Kamera starr montiert wurde, bleiben einem andere Perspektiven (z.B. auf die rechts, links, hinter oder im Wagen selbst ablaufenden Geschehnisse) strikt verwehrt – das, was sich „off Screen“ zuträgt, bekommt man allerdings weitestgehend auf akustischem Wege vermittelt.
Da es sich bei der „gezeigten“ Aufnahme ja quasi um das sichergestellte Erzeugnis einer Art „Black Box“ des Polizeivehikels handelt, welches der beweiskräftigen Einsatzdokumentation dienen soll, verfügt das präsentierte Material zusätzlich über eine („pop up“-) Funktion, die bei stattfindender Kommunikation mit der Zentrale das ebenso per Kamera übertragene Bild des Gesprächspartners (klein in der Ecke) mit einsteuert – jedenfalls eingangs, denn als immer mehr Meteoriten vom Himmel niederzuprasseln beginnen, treten zunehmend störende Interferenzen auf, die schon bald zu einem Ausfall dieser Systemkomponente führen. Der Kontakt per Funk bzw (später) Walkie-Talkie bleibt aber aufrecht erhalten: Ben bemüht sich redlich, Cheryl ermutigend beizustehen sowie zugleich gemeinsam mit Dr. Franks der Sache auf den Grund zu gehen, unter anderem indem er sich zwischenzeitig vorsichtig in seiner direkten Umgebung ein wenig umschaut – und so gelangen sowohl erstere als auch (simultan) das Publikum an eine Vielzahl Informationen zur sich offenbar zunehmend verschlimmernden Lage rund um Lawton. Wie es nämlich ausschaut, verbreiten sich diese „Vorfälle“ innerhalb der heimischen Bevölkerung extrem schnell – und das anrückende Militär scheint als letzte Option zur Eindämmung der stetig außer Kontrolle geratenden Situation sogar einen gezielten Nuklearschlag ernsthaft in Erwägung zu ziehen…
Das aus Cynthia Curnan´s Feder stammende Drehbuch ist, abgesehen von dem für die Realisierung eingeplanten (originellen) „Gimmick“, weder sonderlich kreativ noch ausnehmend reichhaltig oder hochwertig ausgefallen. Die Story an sich ist altbekannt, was auch für einige spezifische Inhalte gilt (wie die Übertragung eines extraterrestrischen Parasiten, der dann die Kontrolle über den menschlichen Wirt übernimmt), verschiedene Verhaltensweisen wirken schlichtweg unlogisch und so manch eine Situation wurde ein ziemliches Stück weit unglaubwürdig konzipiert (etwa Cheryl´s gehemmte Reaktion, als sie sich mit der versperrten Straße konfrontiert sieht, oder dass sie öfters mal anhält, statt konstant in Bewegung zu verbleiben) – ganz zu schweigen von der mehr als fragwürdigen Rahmenmeldung „Based on (…) Events“. Darüber hinaus hätte ich mir eine höhere Qualität der vorhandenen Mono- und Dialoge gewünscht – schließlich nehmen diese, angesichts der Tatsache, dass man während der meisten Zeit keine vor der Kamera agierenden Darsteller zu Gesicht erhält, einen umso gewichtigeren Stellenwert ein. Unabhängig dessen regen die undeutlichen, bruchstückhaften Meldungen, welche unregelmäßig per Funk eingehen, auf akustischer Ebene die Phantasie des Betrachters einigermaßen redlich an und tragen neben dem akzeptablen Score sowie diversen creepy-merkwürdigen Hintergrundlauten (zusätzlich) dienlich zur Bildung einer passabel unheilschwangeren Atmosphäre bei.
Was ich persönlich als schade empfand, war dass die meisten Szenen offensichtlich in einem Studio nachvertont wurden, was sich angesichts der Beschaffenheit der Produktion wohl nicht umgehen ließ, wodurch etlichen Dialogen aber leider viel dieser „authentischen Ausdruckskraft“ geraubt wurde, welche speziell in diesem Zusammenhang so ungemein förderlich gewesen wäre. Man schaut sich „the Blair Witch Project“ ja auch nicht (ernsthaft) in einer synchronisierten Fassung an, da die transportierte Wirkung (ohne O-Ton) nicht einmal im Ansatz dieselbe ist. Eine gewisse (gespürte bzw erkennbare) Diskrepanz zwischen ihren „Voiceovers“ und ihrem Auftreten vor der Kamera fiel mir in erster Linie bei Virginia Dare („Bulletface“/„Cool Air“) in der Rolle der Cheryl auf, der ich alles in allem manch eine stärkere Textzeile gewünscht hätte, statt nur mehrfach (entgeistert) Dinge wie „Oh my God!“ von sich geben zu müssen. Ansonsten fand ich es interessant, dass Don Keith Opper („Charlie“ aus der „Critters“-Franchise) Deputy Ben seine Stimme leiht, dieser vor der Kamera allerdings von Norbert Weisser („Schindler´s List“) verkörpert wird, der seinerseits ebenso Dr. Franks spricht. Überdies sind (u.a.) noch Alan Abelow („Enemy Gold“), Laurie O´Brien („Around the Bend“) und Scott Paulin („Final Approach“) mit von der Partie. Insgesamt vermag ich über die Leistungen der Schauspieler eigentlich nicht wirklich viel zu sagen, da sich ihre jeweilige (konkrete) Screen-Time ja immerzu auf nur wenige Augenblicke beschränkt. Was ich hingegen unbedingt noch anmerken möchte, ist dass es mir nicht gerade gut gefiel, wie die „befallenen“ Leute dargeboten wurden, welche bei mir (primär dank der unkoordinierten Bewegungen und seltsamen Sprachmuster) in jenen Momenten eher die allgemein gefürchtete „unfreiwillige Komik“ heraufbeschworen.
Bei „Infection“ gelang es Regisseur Pyun erstmalig, wie er selbst bekundet, nach über 20 Jahren im Business einen Film genau so umzusetzen, wie er ihn sich von Beginn an ausgemalt bzw vorgestellt hatte – entsprechend stolz ist er auf das fertige, ihn sehr zufrieden stellende Ergebnis. Nach sechs Monaten der zielgerichteten Vorbereitung sowie unzähligen Tests und Proben, um denkbarst viele potentielle Fehlerquellen im Vorfeld schon zu identifizieren und aus dem Weg zu räumen, wurde der Dreh dieser einen zentralen Einstellung schließlich im Laufe einer einzigen Nacht angegangen: Mit einem streng limitierten Budget, das bloß maximal fünf Takes zuließ, begab sich die hoch motivierte Cast&Crew an die Arbeit – doch die ersten vier Anläufe scheiterten bereits innerhalb der anfänglichen Hälfte der Aufnahme. Trotz (oder gerade aufgrund) des immensen Drucks rissen sich die Mitwirkenden dann aber uneingeschränkt zusammen und brachten das ambitionierte Vorhaben im letzten Versuch (nach mehr als sieben Stunden) tatsächlich noch wie beabsichtigt über die Bühne. Sowohl dieser Errungenschaft als auch der kompletten Idee dahinter gebührt natürlich Anerkennung – u.a. weil sich diese „Umstände“ unvermeidlich auf jede Facette des Streifens ausgewirkt haben, zum Beispiel im Sinne des Fehlens von Möglichkeiten, einzelne Takes wiederholen oder etwaige Schwächen nachträglich mit Hilfe gezielter Editing-Tricks noch kaschieren zu können.
Erstaunlich zügig gewöhnt man sich an die befremdliche Perspektive, welche durchaus ihren Beitrag zum Aufbau einer bedrohlichen und isolierten Stimmung beiträgt, da das starre wie stark eingeschränkte Sichtfeld unabwendbar eine Art forcierte passive Hilflosigkeit mit sich bringt, welche kein Schwenk mit zusätzlichen Informationen anreichern sowie kein Übergang zu einem anderen Schauplatz auflockern kann. In Echtzeit wird man Zeuge der sich entfaltenden Ereignisse – und so passiert es halt, dass man des Öfteren (relativ lange) nichts außer Fahrbahn und Gestrüpp (am Rande der Lichtkegel) zu Gesicht erhält. Hinzu gesellt sich noch die ungünstige Sachlage, dass es nur wenige Straßen im betreffenden Park gibt, weshalb diese teils mehrfach als Route gewählt werden – in der Theorie mit Sicherheit (u.a.) als Veranschaulichung der Desorientierung gedacht, mutet diese Gegebenheit in der Praxis allerdings eher repetiv an und führt im nächsten Schritt gar bedauerlicherweise dazu, dass gegen Halbzeit spürbare Abnutzungserscheinungen auftreten und diese dem Werk eine Menge seiner bis dato aufgebauten Kraft rauben. Was ich ebenso als sehr schade empfand, war dass man im Zuge der Post-Production lauter „billige“ Sound- und Licht-Effekte eingefügt hat, welche wohl für Abwechslung und Atmosphäre sorgen sollten, stattdessen jedoch einen arg uninspirierten wie überflüssigen Eindruck erzeugen bzw hinterlassen. Glücklicherweise gelingt es Pyun im Schlussdrittel seines Verlaufs, auf den übrigens ein fast 16 (!) Minuten langer Abspann folgt, zwei äußert gelungene unheimliche Momente zu arrangieren, nämlich als sich plötzlich einige undeutliche, schemen- und geisterhafte Gestalten aus der Entfernung nähern, deren Auftreten jeglicher Erklärung entbehrt: Creepy Stuff!
Umso schwerer fällt es mir, ganz ohne Frage, letzten Endes gestehen zu müssen, dass mich „Infection“ (aka „Invasion“) unterm Strich nicht genügend zu packen, fesseln und unterhalten vermochte – vornehmlich aufgrund eines Mangels an echter Spannung und ausreichend inhaltlicher Abwechslung. Unbestritten handelt es sich hierbei um ein interessantes filmisches Experiment – nur halt leider um keins, das umfassend gelungen ist…