Filmtagebuch: deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Dogs Don’t Wear Pants
BD / Regie: J-P Valkeapää
In Filmen wird die Welt der BDSM-Praktiken zu oft als sexualisiertes Werbe- und Stilmittel genutzt. Dabei entstehen selten gute Geschichten, noch werden die psychologischen Aspekte berücksichtig. «Dogs Don’t Wear Pants» ist anders und bietet nebst stilvollen und hübschen Bildern eine Geschichte, in der Unterwürfigkeit, Dominanz, Liebe, Sehnsucht und Selbstfindung viel Raum erhalten und in packender Weise dargestellt werden. Aber Vorsicht; gewisse Passagen sind wirklich brutal und nicht einfach wegzustecken.
The New Mutants
Streaming, Disney+ / Regie: Josh Boone
Es ist wunderschön passend, läuft im Gemeinschaftsraum der Anstalt stets eine Episode von «Buffy», denn «The New Mutants» wirkt während der gesamten Laufzeit wie die Folge einer mittelmässigen TV-Serie. Der Abschluss der X-Men-Saga aus dem Hause Fox ist ein unterdurchschnittlicher Film, gefüllt mit billig wirkenden Aufnahmen, kruden Figuren und einem inkompetenten Drehbuch. Nicht nur beinhaltet es rassistische Dialoge und lauter Stereotypen, jede Szene scheint willkürlich zu passieren und eine organische Entwicklung sucht man vergebens. Schade um die Grundidee und Anya Taylor-Joys coole Mutantenkräfte.
American Honey
Streaming, Apple+ / Regie: Andrea Arnold
Das Leben in der Unterschicht dient als Nährboden für Wunschträume und Fantasien, so auch beim Film von Andrea Arnold. In fliessenden Kameraperspektiven und von Sonnenlicht getränkten Bildern begleiten wird Sasha Lane , Shia LaBeouf und Riley Keough durch eine reale Welt voller Abhängigkeiten, Konflikte und schmutzigen Begegnungen. Emotional mitreissend und wunderbar gespielt, ist «American Honey» das ehrliche Portrait der amerikanischen Staaten, in denen der Alltag selten etwas mit dem ursprünglichen Freiheitstraum zu tun hat.
Stereo
BD / Regie: David Cronenberg
Der erste Langfilm von Cronenberg, ein ästhetisches Experiment ohne Ton, nur der Off-Kommentar begleitet durch die losen Bildreihen mit merkwürdig pseudo-wissenschaftlichen Aussagen. Als Lehrfilm getarnt, ist “Stereo” streckenweise wegen den Aufnahmen interessant, meist allerdings ein langweiliges Unterfangen, das sich nicht wirklich lohnt. Die Thematik des Body-Horros ist hier aber bereits vorhanden.
Crimes Of The Future
BD / Regie: David Cronenberg
Auch der zweite Langfilm von Cronenberg wurde wie der Erstling «Stereo» auf dem Uni-Campus gedreht und dauert nur knapp mehr als eine Stunde. Dialoge gibt es nicht, bloss Off-Kommentare und ein paar Soundeffekte. Dazu lose Szenenfolgen, welche eine kaputte Zukunft skizzieren, in der nur noch Männer leben und sich mit diversen, merkwürdigen Praktiken versuchen fortzupflanzen. Abstrakt, künstlerisch und etwas zäh. Für Komplettisten interessant.
The Father
Kino / Regie: Florian Zeller
Welch emotionale Wucht in diesem Spielfilm steckt, scheinbar mühelos inszeniert von Florian Zeller, der damit sein eigenes Theaterstück für die Leinwand adaptiert hat. Anthony Hopkins spielt grandios einen alten Mann, der immer tiefer in den Gedächtnisschluchten seiner Demenzerkrankung versinkt. Genial konzipiert und gefilmt, werden die Krankheit und die damit Verbundenen Leugnungen und Gefühlsschwankungen als verschachtelte und spiralmässige Szenen gezeigt, die mit jeder Minute dichter werden und eine hohe Spannung erzeugen. Niemals wird dabei der Vorgang überzeichnet oder betroffene Personen falsch dargestellt, «The Father» ist bis zur letzten Sekunde ein feinfühliges, beeindruckendes Werk.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Force 10 From Navarone
BD / Regie: Guy Hamilton
Bei vielen Reviews auf Letterboxd wird von einem Dad-Movie gesprochen, das ist nicht falsch. Ein Abenteuer im zweiten Weltkrieg, ältere weisse Männer als Helden, der Triumph durch den Westen. Die Fortsetzung zu “The Guns of Navarone” ist heute zwar fast vergessen, weiss aber gut zu unterhalten. Das liegt vor allem an der starken Besetzung, die mit Namen wie Robert Shaw, Harrison Ford, Barbara Bach, Carl Weathers und Richard Kiel glänzen darf und so unter der Führung von Hamilton ein kleines James-Bond-Reunion beinhaltet. Da stört die eher Action-arme und mutlose Geschichte wenig.
The Invisible Woman
BD / Regie: A. Edward Sutherland
Grusel? Spannung? Ach, was. Der Film will das unheimliche Element der Unsichtbarkeit gar nicht mehr, viel lieber darf sich Virginia Bruce durch eine doofe Geschichte spielen, mit Kleidungsstücken herumgeistern und betrunken in Ohnmacht fallen. Dazu stolpern strunz doofe Gangster, ein tollpatschiger Buttler und ein unverbesserlicher Playboy in den Film. Das ist ergraute Slapstick ohne Tiefe, dafür mit einem urplötzlichen Patriarchats-Ende. Autsch.
Greenland
DVD / Regie: Ric Roman Waugh
Eigentlich sollte man bei Katastrophenfilmen nicht wegen fehlender Logik oder schlechten Drehbüchern mosern, «Greenland» wirft aber selbst erbaute Eckpfeiler so schnell wieder um, dass es den Spass fast verdirbt. Moralische Fragen werden mit klischierten Handlungen gelöst, etwaige Spannungen und melancholische Gefühle mit dem üblen Ende umgangen. Dafür spielt Gerard Butler gut und Morena Baccarin ist wie immer wundervoll – wenn auch in der typischen Rolle der Frau in Nöten gefangen.
Pather Panchali
BD / Regie: Satyajit Ray
Der erste Teil der Apu-Trilogie ist ein wundervoll bebilderter Lehrgang über die Simplizität der Schönheit im Leben. Das Zusammenspiel von Natur und Mensch, die kleinen Gesten, die unerfüllten Träume und Hoffnungen – alles verbindet sich zu einer realistischen und niemals überzeichneten Geschichte der Geschwister Durga und Apu und deren Familie. In den Fünfzigerjahren in Indien gedreht, erstrahlt der Film heute wieder in herrlich restaurierten Bildern und wirkt zu keiner Sekunde überholt – auch dank den tollen Darsteller*innen. Eine grosse Empfehlung.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
For No Good Reason
BD / Regie: Charlie Paul
Schade wenn der portraitierte Künstler von der Vision des Regisseurs und gewissen egomanisch wirkenden Elementen verdrängt wird. Das Leben und Schaffen von Ralph Steadman würde mehr als genügend Aufregung und Reiz mitbringen, doch leider werden vor allem seine Begegnungen und Arbeiten mit Hunter S. Thompson beleuchtet und die Szenen überdramatisch nachgestellt. Johnny Depp muss ohne ersichtlichen Grund danebenstehen, die Wahl der Songs wirkt wie eine Karikatur, die Aufmachung ist zu reisserisch. Wenn Steadman aber an die Arbeit geht und aus dem leeren Blatt eine neue Zeichnung entstehen lässt, springt der magische Funken über.
Don’t Breathe
Streaming, Netflix / Regie: Fede Alvarez
Ein kleiner Horrorfilm, der mit seiner Grundidee überzeugt, es in der Ausführung aber nicht unbeschädigt über die Ziellinie schafft. Zu selten nutzt Alvarez die Set-Pieces wirkungsvoll und vergisst meist, dass der blinde Gegenspieler auf vielseitige Weise einsetzbar wäre. Da mich die Hauptfiguren mit ihrem Gebaren etwas nervten und gewisse Sachen absolut keinen Sinn machen (eine halb zerfallene Kellertür aus Holz wird zur Flucht nicht eingetreten?), ist der Nachgeschmack schal.
Judas And The Black Messiah
Kino / Regie: Shaka King
Meine Abneigung gegenüber der Polizei wurde durch diesen furiosen Film nicht kleiner, ACAB sind die Buchstaben, die lange nachhallen. Mit Lakeith Stanfield und Daniel Kaluuya perfekt besetzt, ist der Film von Shaka King kein typisches Bio-Pic über den Führer der Black Panthers in Illinois, sondern eine Charakterstudie und Analyse von Verzweiflung und Chancenlosigkeit. Ein Abbild der rassistischen Teilung der USA, eine Brücke der Sechzigerjahre ins heute, perfekt inszeniert als Action- und Dramafilm. Den sollte man sich nicht entgehen lassen.
Fracture
Streaming, Netflix / Regie: Gregory Hoblit
Ein typisches Gerichtsdrama, das inszenatorisch noch tief in den Neunzigerjahren steckt. Ryan Gosling ist blass und chancenlos gegen die famose Rosamunde Pike und gegen Anthony Hopkins, der viel Spass mit der Rolle hat, das Drehbuch tappt in einige Fallen. So ist das Rätsel um das perfekte Verbrechen eher ein lottriges Kartenhaus als felsenfeste Justizakte, unterhaltsam ist der Film trotzdem. Diesen an einem Sonntag zu schauen, passt perfekt.
Tambour Battant
DVD / Regie: François-Christophe Marzal
Das kommende Musikfest spaltet in einem kleinen Walliser Bergdorf die Bevölkerung – inmitten des Trubels um die Abstimmung zum Frauenstimmrecht und den Spannungen zwischen Unternehmensführer und Migrantenarbeiter. Nicht nur Trompeten werden verbogen, auch alte Beziehungen herausgefordert und Weltsichten angeknabbert. Mit tollen Bildern und gut aufgelegten Spieler*innen ist diese Zeitreise in die Siebzigerjahre der Schweiz sehr gelungen und auf lockere Weise unterhaltsam, ohne damalige Problempunkte in der Gesellschaft unter den Teppich zu kehren.
I’ll Be Your Mirror
Streaming, Filmingo / Regie: Johanna Faust
Was darf man sich als Mutter alles erlauben? Darf man befreienden Wünschen im Leben nachgehen und die Kinder als zweitrangig betrachten? Faust wirft in ihrem intimen und sehr persönlichen Dokumentarfilm keine einfachen Fragen auf und gräbt dabei tief in den Wunden ihrer Familie. Dies offenbart nicht nur schwierige Zustände, sondern scheinbare Wiederholungen in den Lebensweisen und psychologischen Mustern. Grossmutter, Mutter, Tochter – eine Kette voller repetitiven Fehltritten oder eine stete Möglichkeit zur Besserung? Ich bin jedenfalls froh, selbst keinen Nachwuchs herangezüchtet zu haben.
The Wolf Man
BD / Regie: George Waggner
Nach verrückten Wissenschaftlern und merkwürdigen Seren ist es an der Zeit für Folklore und Aberglauben. Der Universal-Klassiker über den behaarten Mann ist ein sehr stimmungsvoll gefilmter Streifen, der zwar mit den damaligen Klischees hantiert und besonders beim Verhalten zwischen Mann und Frau grosse Misstritte macht, gleichwohl weiterhin gut unterhält. Zwar ist der Wolfmann selten zu sehen und die Überfälle passieren meist ausserhalb des Bildes, durch die nebligen Kulissen kommt trotzdem Grusel auf.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Den will ich auch unbedingt noch sehen.deBohli hat geschrieben: ↑06.07.2021, 10:23
Judas And The Black Messiah
Kino / Regie: Shaka King
Meine Abneigung gegenüber der Polizei wurde durch diesen furiosen Film nicht kleiner, ACAB sind die Buchstaben, die lange nachhallen. Mit Lakeith Stanfield und Daniel Kaluuya perfekt besetzt, ist der Film von Shaka King kein typisches Bio-Pic über den Führer der Black Panthers in Illinois, sondern eine Charakterstudie und Analyse von Verzweiflung und Chancenlosigkeit. Ein Abbild der rassistischen Teilung der USA, eine Brücke der Sechzigerjahre ins heute, perfekt inszeniert als Action- und Dramafilm. Den sollte man sich nicht entgehen lassen.
Generell find ich Lakeith Stanfield seit einigen Jahren richtig gut.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Ich auch, seit "Get Out" fand ich all seine Rollen (oder zumindest, was ich von seinem Werk gesehen habe) grossartig gespielt. Ein wahres Talent!
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Re: Filmtagebuch: deBohli
So, da gibt es einiges aufzuholen. Beginnen wir.
Aparajito
BD / Regie: Satyajit Ray
Welch schöner Film, welch tragische Entwicklungen. Praktisch nahtlos am ersten Teil der Apu-Trilogie anschliessend, behandelt «Aparajito» das Gefälle zwischen Stadt und Land, die Konflikte zwischen Jugendlichen und ihren Eltern. Einfühlsam gespielt, in wundervollen Bildern dargeboten und mit erstarkten, weiblichen Positionen – Verlust, Trauer und Tod erhalten den nötigen Platz, die Menschheit ihre Facetten.
Torino Violenta
BD / Regie: Carlo Ausino
Verbrechen, wo man hinschaut, in Turin ist der Teufel los. Schade nur, schaffte es Ausino nicht, seine verzweigte Geschichte voller Mord, Autoexplosionen und dreckigen Polizisten in eine kohärente Erzählweise zu bringen. Verwirrende Szenenwechsel, sinnlose Schnitte, chaotische Dialoge – wirklich Spass machen leider doch nur die Gewaltexplosionen, welche in absurder Menge vorkommen.
Spider-Man: Far From Home
Streaming, Netflix / Regie: Jon Watts
So viel Spass hatte ich seit langem nicht mehr mit einem Marvel-Film, vor allem in der ersten Hälfte. Da strahlt die Geschichte, welche in klischierten Standardsituationen Europas stattfindet, einen RomCom-Charme der Achtzigerjahre aus, Tom Holland und Zendaya sind ein tolles Gespann. Mit dem Auftauchen der CGI-Monster, dem griesgrämigen Samuel L. Jackson und dem schelmischen Jake Gyllenhaal verliert sich die entspannte Weise und alles steuert auf eine typische Prügelei aus dem Computer zu. Mehr ist leider doch nicht mehr.
Apur Sansar
BD / Regie: Satyajit Ray
Der Abschluss der Apu-Trilogie ist dunkler als die vorangegangenen Filme, Träume werden endgültig aufgegeben, das neugefundene Glück bringt weitere Abgründe mit sich. Erneut sind die Darstellerinnen die hellen Sterne der Erzählung, die Geschichte sucht nach dem persönlichen Sinn im Leben und findet diesen in der offenen Freiheit. Ein bewegender Abschluss zu einer der besten Trilogien, die je gedreht wurden.
Save The Green Planet!
DVD / Regie: Jang Joon-hwan
Korea und ihre wilden Genre-Mischung, ein Fest. Besonders, wenn höchst absurde Geschichten voller ernst erzählt werden und scheinbar verrückt zwischen Action, Comedy, Thriller und Science-Fiction wechseln. Dazu erhält man hier Kritik am System, am Umgang mit der Umwelt und den unterdrückenden Gesellschaftsschichten – garniert mit sehr blutigen Folterszenen. Farbig ausgeleuchtet, mit nervöser Kamera und vielen, sonderbaren Ideen – kultig.
Komm und sieh
BD / Regie: Elem Klimov
Falls man der Menschheit nur einen Film über den zweiten Weltkrieg lassen dürfte, es müsste wohl dieser sein. Eindringlich, brutal, ohne falschen Pathos – im klaustrophobisch wirkenden Format gedreht, nahe an den Gesichtern und wie als Portraits der damaligen Zeit wird der unsägliche Schrecken von Krieg dargestellt. Unmenschliche und albtraumhafte Handlungen treffen auf falsche Hoffnungen, höhlen diese aus und lassen jeglichen Glauben an das Gute in Flammen aufgehen. Bis zu den letzten Minuten jedenfalls, die zwischen Schlamm und Propaganda einen Funken Moral finden.
Invisible Agent
BD / Regie: Edwin L. Marin
Die Geheimwaffe gegen Nazis? Ein unsichtbarer Kämpfer, der Pläne und Absichten direkt bei den Feinden stehlen kann. Schade nur, weiss der Film selten, wie diese Grundlage geschickt genutzt werden könnte und verlässt sich vor allem auf ermüdenden Slapstick und Eigenheiten der damalig vorherrschenden Gesellschaftsnorm. Gruselig ist nichts, aufregend auch nur das explodierende Flugfeldmodell.
Die 1000 Augen des Dr. Mabuse
BD / Regie: Fritz Lang
Bei seinem letzten Spielfilm lässt Fritz Lang sein Können gleich zu Beginn noch einmal aufblitzen. Ton- und Bildschnitt auf höchstem Niveau, ein meisterliches Jonglieren mit Geschichte und Szenen. Zwar wird der Film um den kriminellen Dr. Mabuse diesem Auftakt nicht ganz gerecht, packend und voller guter Momente ist dieser Krimi trotzdem. Und auch wenn Gert Fröbe etwas missmutig durch seine Szenen poltert, ihm zuzuschauen macht Freude.
The Painted Bird
BD / Regie: Václav Marhoul
Sehr vereinfacht gesagt, ist «The Painted Bird» eine Mischung aus Béla Tarr und «Komm und sieh», ein gnadenloser und sehr brutaler Film über den zweiten Weltkrieg, langsam und aus der Perspektive eines Jungen erzählt. Mit beeindruckenden Aufnahmen und einem ergreifenden Spiel geht die Buchverfilmung tief unter die Haut und offeriert eine Studie über die korrumpierten Seelen von Menschen. Trotz übertriebener Darstellungsweise ist der Film nie voyeuristisch und ein wichtiges Abbild einer rabenschwarzen Zeit.
The Host
BD / Regie: Bong Joon-ho
So müssen Monsterfilme sein: Gleich von Beginn an ist das Vieh zu sehen und schmatzt sich durch die Menschen. Bei Bong Joon-Ho ist das Kaiju-Wesen aber vor allem ein Katalysator für unterdrückte Gefühle und zerrüttete Familienkonstellationen. So wechselt die Erzählung zwischen Schock und emotionaler Anbindung, zwischen Komik und Nachdenklichkeit. Das Drehbuch hält bis zum Schluss Überraschungen bereit, der Film fesselt von Beginn an.
Wrong
BD / Regie: Quentin Dupieux
Bei Dupieux ist es für mich immer ein Treffer ins Schwarze oder der Schlag daneben. Seine abstrakten und oft nahe dem Dadaismus stehenden Filme faszinieren aus fast unerklärlichen Gründen, «Wrong» hingegen zog an mir vorbei. Trotz William Fichtner und Alexis Dziena, welche mich an Emilia Clarke erinnerte, trotz herrlich doofen Einfällen und einer ausgehebelten Logik. Eine emotionale Bindung stellte sich keine ein, viele Szene waren mir zu langatmig.
Aparajito
BD / Regie: Satyajit Ray
Welch schöner Film, welch tragische Entwicklungen. Praktisch nahtlos am ersten Teil der Apu-Trilogie anschliessend, behandelt «Aparajito» das Gefälle zwischen Stadt und Land, die Konflikte zwischen Jugendlichen und ihren Eltern. Einfühlsam gespielt, in wundervollen Bildern dargeboten und mit erstarkten, weiblichen Positionen – Verlust, Trauer und Tod erhalten den nötigen Platz, die Menschheit ihre Facetten.
Torino Violenta
BD / Regie: Carlo Ausino
Verbrechen, wo man hinschaut, in Turin ist der Teufel los. Schade nur, schaffte es Ausino nicht, seine verzweigte Geschichte voller Mord, Autoexplosionen und dreckigen Polizisten in eine kohärente Erzählweise zu bringen. Verwirrende Szenenwechsel, sinnlose Schnitte, chaotische Dialoge – wirklich Spass machen leider doch nur die Gewaltexplosionen, welche in absurder Menge vorkommen.
Spider-Man: Far From Home
Streaming, Netflix / Regie: Jon Watts
So viel Spass hatte ich seit langem nicht mehr mit einem Marvel-Film, vor allem in der ersten Hälfte. Da strahlt die Geschichte, welche in klischierten Standardsituationen Europas stattfindet, einen RomCom-Charme der Achtzigerjahre aus, Tom Holland und Zendaya sind ein tolles Gespann. Mit dem Auftauchen der CGI-Monster, dem griesgrämigen Samuel L. Jackson und dem schelmischen Jake Gyllenhaal verliert sich die entspannte Weise und alles steuert auf eine typische Prügelei aus dem Computer zu. Mehr ist leider doch nicht mehr.
Apur Sansar
BD / Regie: Satyajit Ray
Der Abschluss der Apu-Trilogie ist dunkler als die vorangegangenen Filme, Träume werden endgültig aufgegeben, das neugefundene Glück bringt weitere Abgründe mit sich. Erneut sind die Darstellerinnen die hellen Sterne der Erzählung, die Geschichte sucht nach dem persönlichen Sinn im Leben und findet diesen in der offenen Freiheit. Ein bewegender Abschluss zu einer der besten Trilogien, die je gedreht wurden.
Save The Green Planet!
DVD / Regie: Jang Joon-hwan
Korea und ihre wilden Genre-Mischung, ein Fest. Besonders, wenn höchst absurde Geschichten voller ernst erzählt werden und scheinbar verrückt zwischen Action, Comedy, Thriller und Science-Fiction wechseln. Dazu erhält man hier Kritik am System, am Umgang mit der Umwelt und den unterdrückenden Gesellschaftsschichten – garniert mit sehr blutigen Folterszenen. Farbig ausgeleuchtet, mit nervöser Kamera und vielen, sonderbaren Ideen – kultig.
Komm und sieh
BD / Regie: Elem Klimov
Falls man der Menschheit nur einen Film über den zweiten Weltkrieg lassen dürfte, es müsste wohl dieser sein. Eindringlich, brutal, ohne falschen Pathos – im klaustrophobisch wirkenden Format gedreht, nahe an den Gesichtern und wie als Portraits der damaligen Zeit wird der unsägliche Schrecken von Krieg dargestellt. Unmenschliche und albtraumhafte Handlungen treffen auf falsche Hoffnungen, höhlen diese aus und lassen jeglichen Glauben an das Gute in Flammen aufgehen. Bis zu den letzten Minuten jedenfalls, die zwischen Schlamm und Propaganda einen Funken Moral finden.
Invisible Agent
BD / Regie: Edwin L. Marin
Die Geheimwaffe gegen Nazis? Ein unsichtbarer Kämpfer, der Pläne und Absichten direkt bei den Feinden stehlen kann. Schade nur, weiss der Film selten, wie diese Grundlage geschickt genutzt werden könnte und verlässt sich vor allem auf ermüdenden Slapstick und Eigenheiten der damalig vorherrschenden Gesellschaftsnorm. Gruselig ist nichts, aufregend auch nur das explodierende Flugfeldmodell.
Die 1000 Augen des Dr. Mabuse
BD / Regie: Fritz Lang
Bei seinem letzten Spielfilm lässt Fritz Lang sein Können gleich zu Beginn noch einmal aufblitzen. Ton- und Bildschnitt auf höchstem Niveau, ein meisterliches Jonglieren mit Geschichte und Szenen. Zwar wird der Film um den kriminellen Dr. Mabuse diesem Auftakt nicht ganz gerecht, packend und voller guter Momente ist dieser Krimi trotzdem. Und auch wenn Gert Fröbe etwas missmutig durch seine Szenen poltert, ihm zuzuschauen macht Freude.
The Painted Bird
BD / Regie: Václav Marhoul
Sehr vereinfacht gesagt, ist «The Painted Bird» eine Mischung aus Béla Tarr und «Komm und sieh», ein gnadenloser und sehr brutaler Film über den zweiten Weltkrieg, langsam und aus der Perspektive eines Jungen erzählt. Mit beeindruckenden Aufnahmen und einem ergreifenden Spiel geht die Buchverfilmung tief unter die Haut und offeriert eine Studie über die korrumpierten Seelen von Menschen. Trotz übertriebener Darstellungsweise ist der Film nie voyeuristisch und ein wichtiges Abbild einer rabenschwarzen Zeit.
The Host
BD / Regie: Bong Joon-ho
So müssen Monsterfilme sein: Gleich von Beginn an ist das Vieh zu sehen und schmatzt sich durch die Menschen. Bei Bong Joon-Ho ist das Kaiju-Wesen aber vor allem ein Katalysator für unterdrückte Gefühle und zerrüttete Familienkonstellationen. So wechselt die Erzählung zwischen Schock und emotionaler Anbindung, zwischen Komik und Nachdenklichkeit. Das Drehbuch hält bis zum Schluss Überraschungen bereit, der Film fesselt von Beginn an.
Wrong
BD / Regie: Quentin Dupieux
Bei Dupieux ist es für mich immer ein Treffer ins Schwarze oder der Schlag daneben. Seine abstrakten und oft nahe dem Dadaismus stehenden Filme faszinieren aus fast unerklärlichen Gründen, «Wrong» hingegen zog an mir vorbei. Trotz William Fichtner und Alexis Dziena, welche mich an Emilia Clarke erinnerte, trotz herrlich doofen Einfällen und einer ausgehebelten Logik. Eine emotionale Bindung stellte sich keine ein, viele Szene waren mir zu langatmig.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Hier sehe ich zwischen uns viel Übereinstimmung und eine radikale Abweichung: Spider-Man fand ich aus genannten Gründen auch richtig angenehm. Ich habe ihn mit viel Verspätung erst in der Corona-Zeit gesehen und war mir nicht sicher, ob es einfach die Blockbuster-Pause war, durch die ich diesen Marvel-Film nochmal richtig genießen konnte, zumal ich vom Vorgänger alles andere als begeistert war. Aber ich glaube, der ist einfach in seiner Mischung aus Superheldenfilm, Urlaubsfilm und Teenie-Romanze angenehm locker.
Zu "Komm und sieh" und "The Host" muss ich nicht viel sagen, sehr ich genauso.
An die "1000 Augen des Dr. Mabuse" kann ich mich nicht mehr gut erinnern, hab laut ofdb aber auch 7 Punkte gegeben, passt also. ;)
Nur "Wrong" seh ich anders, ist für mich ganz klar der bisher beste Dupieux. Aber bei dem Regisseur ist es eh schwer, objektive Kriterien für die Bewertung zu finden.
"The Painted Bird" kommt demnächst auch über Bildstörung, da werde ich ihn mir zulegen.
Zu "Komm und sieh" und "The Host" muss ich nicht viel sagen, sehr ich genauso.
An die "1000 Augen des Dr. Mabuse" kann ich mich nicht mehr gut erinnern, hab laut ofdb aber auch 7 Punkte gegeben, passt also. ;)
Nur "Wrong" seh ich anders, ist für mich ganz klar der bisher beste Dupieux. Aber bei dem Regisseur ist es eh schwer, objektive Kriterien für die Bewertung zu finden.
"The Painted Bird" kommt demnächst auch über Bildstörung, da werde ich ihn mir zulegen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Die Blockbuster-Pause hat "Far From Home" sicher auch bei mir gutgetan, im Kino hätte die Wertung eventuell anders ausgesehen. Mit "Black Widow" werde ich gleich verfahren und mir den Kinobesuch sparen, besonders nach den bisherig gelesenen Kritiken. Ich hätte am Film wohl zu wenig Freude.
Ach ja, der Herr Dupieux. Mit "Rubber" kam ich zu seinem filmischen Schaffen und war sofort begeistert, "Wrong" folgte und konnte mich schon vor einigen Jahre nicht überzeugen. Die Zweitsichtung half leider nicht, da fand ich "Wrong Cops", "Reality" und "Le Daim" um Welten besser. Aber wie du schreibst, objektiv lassen sich solche Wertungen nicht darlegen. Was anzumerken wäre: Egal wie wenig mich ein Film des Künstlers überzeugen kann, sein Gespür für Bilder, seine skurrilen Einfälle und die Musikgestaltung sind immer auf höchstem Niveau.
Ach ja, der Herr Dupieux. Mit "Rubber" kam ich zu seinem filmischen Schaffen und war sofort begeistert, "Wrong" folgte und konnte mich schon vor einigen Jahre nicht überzeugen. Die Zweitsichtung half leider nicht, da fand ich "Wrong Cops", "Reality" und "Le Daim" um Welten besser. Aber wie du schreibst, objektiv lassen sich solche Wertungen nicht darlegen. Was anzumerken wäre: Egal wie wenig mich ein Film des Künstlers überzeugen kann, sein Gespür für Bilder, seine skurrilen Einfälle und die Musikgestaltung sind immer auf höchstem Niveau.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Der zweite Teil der Aufholjagd:
Primer
BD / Regie: Shane Carruth
Wenn ein Film nur etwas länger als 70 Minuten andauert und etwa eine Stunde lang verständlich ist, dann sollte das Ende doch nachvollziehbar sein. Oder? Weit gefehlt, der Ultra-Low-Budget-Film von Carruth wird am Schluss so komplex, dass auch Grafiken und Hilfevideos wenig Ansatz bieten. Man muss sich selbst durch die Zeitreisethematik arbeiten, welche selten so grandios dargestellt wurde, wie in diesem Debütwerk. Zum Glück macht dies Spass und man möchte sich gleich mehrmals pro Tag dem Streifen widmen. Da raucht der Kopf, da frohlockt der technisch-affine Cineast.
Loki
Streaming, Disney+ / Regie: Kate Herron
Nach dem mittelmässigen Sitcom-Geplänkel und der schnarchigen Action-Agenten-Serie weiss «Loki» als dritte Kreation von Marvel bei Disney+ mit einem spannenden Setting und vielen, guten Ideen aufzuwarten. Tom Hiddleston und Owen Wilson spielen sich mit viel Freude durch ihre Szenen, das Design der TVA ist sehr gelungen, Fragen zu Vorbestimmung und Entscheidungskraft haben grosse Tragweite. Dazu die talentierten Sophia Di Martino und Gugu Mbatha-Raw – und leider ein uninspiriertes, langweiliges Ende.
Anstatt der Geschichte, welche vor allem mit staubtrockenen Erklärungen dargeboten wird, einen runden Schluss zu spendieren, verzieht man sich mit einem drögen Cliffhanger in eine zweite Staffel. Immerhin sind die Tore zum Multiversum nun weit geöffnet und das MCU kann im Zeitenchaos versinken.
The Bloodhound
BD / Regie: Patrick Picard
Ein Kammerspiel, das die Geschichte «The Fall of the House of Usher» in die heutige Zeit transportiert und scheinbar mystische Elemente mit psychologischen Problemen ersetzt. Abstrakt und wie ein Theater aufgezogen, überzeugen die Darsteller und die geschmackvollen Aufnahmen, nur wirkte vieles etwas zu prätentiös. Da der Film allerdings nichts erklärt, ist eine Zweitsichtung mehr als angebracht und könnte sich positiv auf die Wertung auswirken.
I tre volti della paura
BD / Regie: Mario Bava
Kurzgeschichten in filmischer Form treffen selten meinen Nerv, mit «Die drei Gesichter der Furcht» hat Bava aber das Sahnestück dieser Erzählweise abgeliefert. Drei Geschichten über Mord, Monster und Geister, stilvoll dargeboten und mit viel Liebe ausgestattet. Das Talent des Regisseurs verbindet die sehr unterschiedlichen Storys zu einem unterhaltsamen Gesamtpaket, besonders das Wirken des Vampirs und der verzauberte Ring machen viel Laune. Durch die schicke Ausleuchtung erstrahlen eh alle Szenen in bunt-zauberhaftem Licht.
Spawn
Streaming, Netflix / Regie: Mark A.Z. Dippé
Wieso bloss möchte man diese Geschichte neu verfilmen? Das Müllfass von Dippé bietet doch alles: Wirklich grausige Computereffekte aus den Abgründen der Neunzigerjahre, miserabel auftretende Schauspieler*innen (ausgenommen John Leguizamo als Clown), ein strunzdoofer und langweiliger Plot, üble Bilder und ein vom Hund gefressenes Drehbuch. Was bleibt: Spawn ist eine geniale Comicfigur und zum Papier kann man glücklicherweise immer zurückkehren.
Lake Mungo
BD / Regie: Joel Anderson
Ok, dieser Film hat mich echt ängstlich gemacht und nachhaltig verstört. Im Found-Footage-Stil gehalten, zugleich wie ein Dokumentarfilm aufgezogen, untersucht Anderson mit «Lake Mungo» die Verhaltensweisen einer Familie in Trauer. Der Verlust der Tochter scheint Geister hervorgerufen zu haben, doch unter dieser Ahnung lauern noch grössere Abgründe. Ein Horrorfilm aus Australien mit Tiefe, vorgetragen in packender Form.
Minari
Kino / Regie: Lee Isaac Chung
Geschichten über Migration folgen fast immer den üblichen Klischees, «Minari» weiss dies zu verhindern. Vielmehr bietet Lee Isaac Chung ein tief menschliches und emotionales Portrait einer koreanischen Familie, die im ländlichen Gebiet der USA Fuss fassen möchte. Grossartig gespielt von Steven Yeun, Han Yeri, Youn Yuh-jung und Alan Kim, mit einer sehr berührenden Nebenrolle von Will Patton. Die sonnenlichtgetränkten Aufnahmen und der feinfühlige Soundtrack ergänzen die Geschichte mit warmen Facetten, das Drehbuch gibt sich intelligent. A24 hat bei dieser Produktionsentscheidung wieder einmal alles richtig gemacht.
Nebenan
Kino / Regie: Daniel Brühl
Filmische Kammerspiele mag ich sehr, in solchen Szenarien zeigen Schauspieler*innen ihr wahres Können. «Nebenan» reizt zusätzlich als erste Regiearbeit von Daniel Brühl, der einen guten Job macht und die Spannung in diesem Drama immer hochhält. Die Geschichte um zwei Nachbarn, welche immer tiefer in ihre Schattenseiten eintauchen bietet Überraschungen, Wendungen und einige nette Kommentare auf das Leben der Spieler. Meine Bewunderung für Peter Kurth ist jetzt noch grösser, der Mann ist genial.
Primer
BD / Regie: Shane Carruth
Wenn ein Film nur etwas länger als 70 Minuten andauert und etwa eine Stunde lang verständlich ist, dann sollte das Ende doch nachvollziehbar sein. Oder? Weit gefehlt, der Ultra-Low-Budget-Film von Carruth wird am Schluss so komplex, dass auch Grafiken und Hilfevideos wenig Ansatz bieten. Man muss sich selbst durch die Zeitreisethematik arbeiten, welche selten so grandios dargestellt wurde, wie in diesem Debütwerk. Zum Glück macht dies Spass und man möchte sich gleich mehrmals pro Tag dem Streifen widmen. Da raucht der Kopf, da frohlockt der technisch-affine Cineast.
Loki
Streaming, Disney+ / Regie: Kate Herron
Nach dem mittelmässigen Sitcom-Geplänkel und der schnarchigen Action-Agenten-Serie weiss «Loki» als dritte Kreation von Marvel bei Disney+ mit einem spannenden Setting und vielen, guten Ideen aufzuwarten. Tom Hiddleston und Owen Wilson spielen sich mit viel Freude durch ihre Szenen, das Design der TVA ist sehr gelungen, Fragen zu Vorbestimmung und Entscheidungskraft haben grosse Tragweite. Dazu die talentierten Sophia Di Martino und Gugu Mbatha-Raw – und leider ein uninspiriertes, langweiliges Ende.
Anstatt der Geschichte, welche vor allem mit staubtrockenen Erklärungen dargeboten wird, einen runden Schluss zu spendieren, verzieht man sich mit einem drögen Cliffhanger in eine zweite Staffel. Immerhin sind die Tore zum Multiversum nun weit geöffnet und das MCU kann im Zeitenchaos versinken.
The Bloodhound
BD / Regie: Patrick Picard
Ein Kammerspiel, das die Geschichte «The Fall of the House of Usher» in die heutige Zeit transportiert und scheinbar mystische Elemente mit psychologischen Problemen ersetzt. Abstrakt und wie ein Theater aufgezogen, überzeugen die Darsteller und die geschmackvollen Aufnahmen, nur wirkte vieles etwas zu prätentiös. Da der Film allerdings nichts erklärt, ist eine Zweitsichtung mehr als angebracht und könnte sich positiv auf die Wertung auswirken.
I tre volti della paura
BD / Regie: Mario Bava
Kurzgeschichten in filmischer Form treffen selten meinen Nerv, mit «Die drei Gesichter der Furcht» hat Bava aber das Sahnestück dieser Erzählweise abgeliefert. Drei Geschichten über Mord, Monster und Geister, stilvoll dargeboten und mit viel Liebe ausgestattet. Das Talent des Regisseurs verbindet die sehr unterschiedlichen Storys zu einem unterhaltsamen Gesamtpaket, besonders das Wirken des Vampirs und der verzauberte Ring machen viel Laune. Durch die schicke Ausleuchtung erstrahlen eh alle Szenen in bunt-zauberhaftem Licht.
Spawn
Streaming, Netflix / Regie: Mark A.Z. Dippé
Wieso bloss möchte man diese Geschichte neu verfilmen? Das Müllfass von Dippé bietet doch alles: Wirklich grausige Computereffekte aus den Abgründen der Neunzigerjahre, miserabel auftretende Schauspieler*innen (ausgenommen John Leguizamo als Clown), ein strunzdoofer und langweiliger Plot, üble Bilder und ein vom Hund gefressenes Drehbuch. Was bleibt: Spawn ist eine geniale Comicfigur und zum Papier kann man glücklicherweise immer zurückkehren.
Lake Mungo
BD / Regie: Joel Anderson
Ok, dieser Film hat mich echt ängstlich gemacht und nachhaltig verstört. Im Found-Footage-Stil gehalten, zugleich wie ein Dokumentarfilm aufgezogen, untersucht Anderson mit «Lake Mungo» die Verhaltensweisen einer Familie in Trauer. Der Verlust der Tochter scheint Geister hervorgerufen zu haben, doch unter dieser Ahnung lauern noch grössere Abgründe. Ein Horrorfilm aus Australien mit Tiefe, vorgetragen in packender Form.
Minari
Kino / Regie: Lee Isaac Chung
Geschichten über Migration folgen fast immer den üblichen Klischees, «Minari» weiss dies zu verhindern. Vielmehr bietet Lee Isaac Chung ein tief menschliches und emotionales Portrait einer koreanischen Familie, die im ländlichen Gebiet der USA Fuss fassen möchte. Grossartig gespielt von Steven Yeun, Han Yeri, Youn Yuh-jung und Alan Kim, mit einer sehr berührenden Nebenrolle von Will Patton. Die sonnenlichtgetränkten Aufnahmen und der feinfühlige Soundtrack ergänzen die Geschichte mit warmen Facetten, das Drehbuch gibt sich intelligent. A24 hat bei dieser Produktionsentscheidung wieder einmal alles richtig gemacht.
Nebenan
Kino / Regie: Daniel Brühl
Filmische Kammerspiele mag ich sehr, in solchen Szenarien zeigen Schauspieler*innen ihr wahres Können. «Nebenan» reizt zusätzlich als erste Regiearbeit von Daniel Brühl, der einen guten Job macht und die Spannung in diesem Drama immer hochhält. Die Geschichte um zwei Nachbarn, welche immer tiefer in ihre Schattenseiten eintauchen bietet Überraschungen, Wendungen und einige nette Kommentare auf das Leben der Spieler. Meine Bewunderung für Peter Kurth ist jetzt noch grösser, der Mann ist genial.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Du scheinst ja auch wirklich immer zeitnah die ganzen Massen an Filmen anzuschauen, die du dir bestellst. Vieles ist ja bei dir anscheinend innerhalb weniger Tage wieder vom Stapel verschwunden. Vorbildlich! Bei mir liegen da originalverpackte Filme über viele Jahre hinweg. Ist eher selten, dass ich auch sofort zur Sichtung komme...
Schön, dass dir die drei Gesichter gefallen haben.
Mit Spawn hab ich meinen Frieden geschlossen, ist schon irgendwie eine sehr spezielle 90er-Jahre-Kuriosität, die ich irgendwie immer mal wieder gerne sehe. Und die Effekte darin sind ja teilweise sogar ziemlich gut, nur eben andere wiederum das genaue Gegenteil, was auf die unterschiedlichen beteiligten Firmen zurückzuführen ist.
Schön, dass dir die drei Gesichter gefallen haben.
Mit Spawn hab ich meinen Frieden geschlossen, ist schon irgendwie eine sehr spezielle 90er-Jahre-Kuriosität, die ich irgendwie immer mal wieder gerne sehe. Und die Effekte darin sind ja teilweise sogar ziemlich gut, nur eben andere wiederum das genaue Gegenteil, was auf die unterschiedlichen beteiligten Firmen zurückzuführen ist.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Ach, das täuscht. Viele Filme liegen bei mir ebenfalls seit vielen Monaten herum oder stehen massenhaft ungeschaut im Regal. Besonders bei Boxsets dauert es oft sehr lange, bis diese durchgeschaut sind. Da gelobe ich betreffend der zeitnahen Sichtung aber Besserung.
"Spawn" kann man schon mögen, mir reicht allerdings diese eine Begegnung für viele Jahre.
"Spawn" kann man schon mögen, mir reicht allerdings diese eine Begegnung für viele Jahre.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Thunder Road
BD / Regie: Jim Cummings
Aus einem Kurzfilm wird ein Spielfilm, und es funktioniert. Cummings erweitert sein Beerdigungs-Kleindrama zu einer emotional tiefen Geschichte, die nicht nur das tägliche Scheitern an Gesellschaft und Lebensvorstellungen zeigt, sondern eine labile Hauptfigur, mit der ich mich in vielen Momenten identifizieren konnte. Beeindruckend gespielt, wunderbar fein komponiert, bedrückend, lustig, melancholisch und trotzdem mit einem Funken Hoffnung. Ich wurde stark mitgerissen.
In The Heights
Kino / Regie: Jon M. Chu
Dank einer Person in meinem Freundeskreis ist «Hamilton» ein schier steter Begleiter geworden, natürlich wurde im Kino der neuste Wurf von Lin-Manuel Miranda geschaut. Hochglanz, etwas hölzern agierende Schauspieler*innen und viel Kitsch: So geht Musical heute. Wunderbar Melissa Barrera und Stephanie Beatriz, sehr dick aufgetragen die Emotionen, unglaubliche viele Klischees in der Handlung. Im grossen Saal mit guter Soundanlage machte es aber Freude, trotz allen Problemen und Schwachstellen. Nur schade, konnten die Songs im Gegensatz zu «Hamilton» nicht wirklich überzeugen.
Mogul Mowgli
BD / Regie: Bassam Tariq
Migration, Ausgrenzung und Herkunftskonflikte, dargestellt mit Rap-Musik. Riz Ahmed spielt hervorragend einen jungen Mann, der seine Bewegungsfreiheit verliert und dadurch sein Leben neu ordnen muss. Ein wichtiger Film für viele gesellschaftliche Diskussionen, der mit traumähnlichen Elementen und wunderbaren Szenenfolgen packt. Am Ende steht man auf und macht mit: «Toba Tek Singh»!
Heaven Knows What
BD / Regie: Benny und Josh Safdie
Dreckig ist es und erschreckend real, was die Safdie Brüder mit ihrem Werk aufbieten. Eine Liebesgeschichte auf den Strassen von New York City, gefüllt mit Verzweiflung, Drogen und Ausweglosigkeit. Im Gegensatz zu ihren neusten Filmen ist die Präsentation noch ruhiger gehalten, aufrüttelnd und sehr direkt ist die Buchverfilmung aber in jeder Minute – ein Happy End gibt es sowieso nicht.
Non si sevizia un paperino
BD / Regie: Lucio Fulci
Fulci dreht einen realistischen Giallo, lässt damit aber vor allem seinem Hass gegenüber der katholischen Kirche freien Lauf. Pädophilie und Missbrauch, alles in eine Mordserie verwoben, die sich in einer italienischen Kleinstadt ereignet. Das ist etwas unförmig und lässt die nötige Menschlichkeit vermissen, weiss aber genau deswegen die Botschaften in Narben zu verwandeln. Brutal und trotzdem geerdet, es könnte alles wahr sein.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Oh, den "Chaos Cop" wollte ich schon länger mal ansehen, hatte ich aber wieder vergessen. Klingt ja sehr gut.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Mir hat der Film wirklich super gefallen. Allerdings darf man sich auf keinen Fall vom schrecklichen Verleihtitel "Der Chaos-Cop" und der komödienhaften Aufmachung der Verpackung täuschen lassen. Die Stimmung im Film ist eine komplett andere.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Mandibules
Kino / Regie: Quentin Dupieux
Stringent erzählt und wie eine Fingerübung wirkend, schlägt Dupieux mit «Mandibules» kleinere Kapriolen als früher in seiner Regie-Karriere. Das macht nichts, ist der Film um zwei gaunerische Idioten wunderbar unterhaltsam. «Dumb And Dumber» trifft auf Surrealismus, Adèle Exarchopoulos traf mein Herz, Grégoire Ludig spielt mit perfektem Ausdruck. Und dann ist da noch diese riesengrosse Fliege im Kofferraum.
First Cow
Kino / Regie: Kelly Reichard
Der Goldrausch im Wilden Westen war nicht bloss Machogetue, unendliche Schiessereien und Fremdenhass, es passierten auch kleine und menschliche Geschichten voller Freundschaft und Verständnis. Reichard offeriert uns mit «First Cow» eine solche Episode, wunderbar langsam und naturalistisch erzählt, ohne jemals mit dem Drehbuch in die Falle der Konventionen zu tappen. Ein bedächtiger Film, der das Herz wärmt, dafür Alia Shawkat leider nur wenige Minuten auf die Leinwand zaubert.
Daimajin
BD / Regie: Kimiyoshi Yasuda
Der beste Kaiju-Film, den ich bisher in meinem Leben gesehen habe – denn obwohl das Monstrum erst nach mehr als einer Stunde auf der Leinwand erscheint, ist der Film niemals langweilig. Yasuda hat den historischen Samuraifilm perfekt mit dem Toben und Wirken von «Daimajin» verwoben, die menschlichen Schicksale sind zentral und bedeutend, die Tricksequenzen bis heute beachtlich. So macht es Spass.
Personal Shopper
BD / Regie: Olivier Assayas
Wenn mich Filme mitten im Herz treffen und stark mitreissen, dann bleibt immer eine Spur von unerklärter Magie übrig. Mit «Personal Shopper» hat Assayas eine solche Geschichte geschaffen, die nicht nur die kalte und gestellte Welt des Show-Business der scheinbaren Geisterwelt und Mystik gegenüberstellt, sondern das Leben und den Tod neu beleuchten. Kristen Stewart ist in der Hauptrolle fantastisch, die Szenenfolgen werden mit der Laufzeit immer dichter, teils erotisch, teils niederschmetternd und bleiben bis zur letzten Sekunde ergreifend. Wirklich ein Meisterwerk.
Upstream Color
BD / Regie: Shane Carruth
Ja, die Geschichte um eine Droge, welche Menschen von aussen steuern lässt und sozusagen ihre Persönlichkeit unterdrückt, ist verständlicher als Carruths Erstling «Primer». Wegen der freien und oft durch weiche Bilder schwebenden Inszenierung muss man sich den Inhalt und die Aussagen trotzdem selbst zusammenreimen. Das kann mühselig wirken, ist dafür faszinierend anders und bietet Denkanstösse zu Themen wie freier Wille, Selbstbestimmung und Charakter. Ohne klärende Antworten zu bieten, bleibt «Upstream Color» im richtigen Mass rätselhaft.
Youth
BD / Regie: Paolo Sorrentino
Mitte Dreissig versteht man «Youth» wohl weniger gut, als wenn man selbst in gehobenem Alter ist, gleichermassen ist die Arbeit von Sorrentino ein poetisch vielseitiges Stück, das sich Vergangenheit und Zukunft von Menschenleben widmet. Tätigkeiten und Wünsche werden einander aufgewogen, lose komponierte Szenenfolgen entfalten mit der Zeit eine weitgreifende Magie. Ein schöner und nachdenklicher Film voller Wunder und mit Michael Caine und Harvey Keitel passend besetzt.
The Green Knight
Kino / Regie: David Lowery
Die Sage um Gawain und den grünen Ritter ist eine der merkwürdigen Geschichten um König Arthus und seine Gesellen, in der Form eines Fantasy-Filmes entspricht diese überhaupt nicht meinen Interessen und Sehgewohnheiten. «The Green Knight» umgeht allerdings die Genreklischees und unterwandert Erwartungen, bietet eine technisch und emotional beeindruckende Variation und reisst sofort mit. Viele Ebenen und Aussagen verflechten Märchen, Coming-Of-Age, Wertevorstellungen und Humanität in den Film, die Musik und Aufnahmen sind atemberaubend – gewisse Passagen gar hypnotisch.
Mit Dev Patel, Alicia Vikander, Joel Edgerton und Sean Harris wunderbar besetzt, lange nach dem Kinobesuch nachwirkend und einer der wenigen Filme, den ich sogleich erneut im Saal anschauen würde – ein gefühlvolles, angenehm ruhiges und stark berührendes Meisterstück.
Mildred Pierce
BD / Regie: Michael Curtiz
Eigentlich ist es tragisch, dass Mainstream-Hollywood vor 80 Jahren bessere Drehbücher und Frauenfiguren hervorbrachte als heute. Die Geschichte um Mildred Pierce ist eine Erzählung über Selbstermächtigung, Liebe zu den eigenen Kindern und damalige Gesellschafts- und Wohlstandsschichten in den USA. Packend gespielt, voller intelligenter Dialoge und bis zum Schluss spannend.
Aktuell als Streaming-Serie mit Kate Winslet neuverfilmt.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Jip, "Personal Shopper" ist echt gut... und auf den grünen Ritter bin ich eh gespannt
Re: Filmtagebuch: deBohli
Bei dem Chaos Cop hätte ich in der Tat so eine dämliche Flachpfeifenkomödie erwartet. Scheint ja ein echter Marketing-Fail zu sein. Muss ich dann vielleicht irgendwann mal angehen.
Auf "Green Knight" und "Mandibules" bin ich schon sehr gespannt.
Zu Daimajin: vielen Dank, das sind exakt die Worte, die ich mir hier erhofft habe. Der kommt als Kaiju Eiga ja oft eher mittelmäßig weg, aber im Trailer sahen auch schon die Szenen ohne Kaiju unheimlich stimmungsvoll und hochwertig aus, das hatte mich diesbezüglich ein wenig an die "Bloodthirsty"-Trilogie erinnert.
Bei Personal Shopper bin ich mir echt unsicher, ob das was für mich ist, ohne die vielen Lobpreisungen würde der bei mir gar nicht auf dem Radar stehen.
Auf "Green Knight" und "Mandibules" bin ich schon sehr gespannt.
Zu Daimajin: vielen Dank, das sind exakt die Worte, die ich mir hier erhofft habe. Der kommt als Kaiju Eiga ja oft eher mittelmäßig weg, aber im Trailer sahen auch schon die Szenen ohne Kaiju unheimlich stimmungsvoll und hochwertig aus, das hatte mich diesbezüglich ein wenig an die "Bloodthirsty"-Trilogie erinnert.
Bei Personal Shopper bin ich mir echt unsicher, ob das was für mich ist, ohne die vielen Lobpreisungen würde der bei mir gar nicht auf dem Radar stehen.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Das ist nicht ganz richtig - die Neuverfilmung als Miniserie stammt von HBO und nicht von Prime Video. Ist imo mehr als sehenswert, alleine schon wegen Winslet....und es ist mehr als ein schlechter Witz das diese Serie bis heute nicht in Deutschland als DVD / Blu-Ray veröffentlicht wurde (obwohl sogar eine Deutsche Syncro existiert, sogar mit allen Stammsprechern).Aktuell als Amazon-Prime-Serie mit Kate Winslet neuverfilmt.
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Der wird dir bestimmt zusagen.
"Personal Shopper" ist ein typischer Assayas-Film aus seiner Spätphase - langsam, ruhig und irgendwie verschoben. Wer mit seiner Art etwas angefangen kann, der wird bestimmt nicht enttäuscht.
Und nein, eine dämliche Flachpfeifenkomödie ist "Thunder Road" zu keiner Sekunde. Da wusste man beim Verleih wohl nicht, welche Zielgruppe anzusprechen wäre.
Betreffend "Daimajin" bin ich nun gespannt, wie die weitere Filme der Trilogie aufgezogen sind und wirken.
Habe meinen Post angepasst, da ich mich bloss auf das Angebot und nicht den Produzenten bezog. Danke für den Hinweis.
Ich empfehle dir aber sowieso den Film zu geniessen.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Von Assayas kenne ich bisher nur Boarding Gate. Den ich recht positiv in Erinnerung behalten habe, der aber auch nicht gerade zu der Art Film gehört, die man so schnell noch einmal sehen würde. Sonst kenne ich von ihm soweit bisher nichts...
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Am ehesten würde ich dir "Demonlover" empfehlen, der sich mit Medienkonsum und Moralvorstellungen auseinandersetzt und in der Inszenierung als Bruder im Geiste von "Videodrome" gesehen werden kann. Oder "Carlos - Der Schakal", die Lebensgeschichte des Terroristen Ilich Ramírez Sánchez, welche Assayas als multilinguales, tiefes Portrait angeht und besonders in der 5-stündigen Langfassung fasziniert.
Aus dem Frühwerk liebe ich "Irma Vep", als doppelbödige Untersuchung der damaligen Filmlandschaft in Frankreich und zugleich Huldigung an Maggie Cheung, wie auch eine Brücke zum Horrorfilm "Les Vampires" aus dem Jahre 1915 darstellt. Grossartig, wie Assayas hier mit Meta- und Erzählebenen jongliert.
Bei allen Filmen von ihm gilt, dass er die Zuschauer*innen gerne desorientiert, mit vielfachen Ebenen konfrontiert und niemals den simplen Ausweg nimmt. Wer sich damit anfreunden kann, der wird dafür umso grösser belohnt.
Aus dem Frühwerk liebe ich "Irma Vep", als doppelbödige Untersuchung der damaligen Filmlandschaft in Frankreich und zugleich Huldigung an Maggie Cheung, wie auch eine Brücke zum Horrorfilm "Les Vampires" aus dem Jahre 1915 darstellt. Grossartig, wie Assayas hier mit Meta- und Erzählebenen jongliert.
Bei allen Filmen von ihm gilt, dass er die Zuschauer*innen gerne desorientiert, mit vielfachen Ebenen konfrontiert und niemals den simplen Ausweg nimmt. Wer sich damit anfreunden kann, der wird dafür umso grösser belohnt.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Demonlover hat Stefan hier mal vor Ewigkeiten rezensiert, der ist ja meines Wissens auch über Arrow erschienen... der würde mich wahrscheinlich noch am ehesten interessieren.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Genau, ich habe die Scheibe von Arrow rumliegen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Cold Water
BD / Regie: Olivier Assayas
Als TV-Produktion erdacht, ist die Reise in die Siebzigerjahre und teilweise in die Erinnerungen von Assayas als erweiterter Film ein dichtes Erlebnis, das in der fulminanten Partyszene mündet. Sturm und Drang, Sehnsucht und jugendliche Ängste, garniert mit wunderbaren Songs, einer rastlosen Kamera und ehrlichen Bildern, die wie dokumentarische Aufnahmen aussehen. Ohne nostalgisch verklärt zu sein, erfasst «Cold Water» damalige Stimmungen und findet eine bittere Schönheit in der Tragik.
Jagdzeit
DVD / Regie: Sabine Boss
Ein Wirtschaftsthriller aus der Schweiz, ach, welch Möglichkeiten sich doch anbieten würden. Sabine Boss gibt sich bei «Jagdzeit» aber leider weder bissig satirisch noch gnadenlos ehrlich, sondern vereint im polierten Film vor allem Floskeln und bekannte Alltäglichkeiten aus der Chefetage der Konzerne. Ohne sympathische Charaktere, mit einem durchschnittlichen Drehbuch und einer klischierten Auflösung ist die Produktion meilenweit vom «besten Schweizer Film seit Langem» entfernt, wie es Die Weltwoche damals geschrieben hat. Wobei, so ein Zitat auf dem DVD-Cover schreckt eh nur ab.
Stalker
BD / Regie: Andrei Tarkovsky
Drei Männer gehen, stolpern und kriechen durch merkwürdige Landschaften und verlassene Gebäude – und verlieren sich in schier unendlichen Diskussionen über alle philosophischen Aspekte von Leben, Bestimmung und Kunst. Das ist schwer zu erfassen und gleichermassen genial, «Stalker» ist ein rätselhafter Film, der nicht mehr loslässt. Schon allein wegen den fulminanten Bildern und der Farbgebung, wegen der Musik und der schier kosmischen Grösse.
Cat’s Eye
BD / Regie: Lewis Teague
Drei Kurzgeschichten von Stephen King, verbunden durch eine süsse Katze, die sich per Zufall immer wieder in unheimliche Geschehnisse bringt. Das macht Laune, ist aber so überzogen und teilweise mit unlustig-lächerlichen Gags versehen, dass ich mir mehr Dunkelheit gewünscht habe. James Woods zuzuschauen ist toll, die Monstereffekte sind schick, die Referenzen auf andere King-Werke zwar sehr offensichtlich, aber gelungen. Am Ende war ich von diesem Kind seiner Zeit trotzdem nicht gesättigt.
Wind River
Streaming, Netflix / Regie: Taylor Sheridan
Warum nur muss ein weisser Mann in diesem Film die Hauptrolle spielen? Mit einer anderen Besetzung hätte «Wind River» sich tiefgründig mit den behandelten Themen befassen und die vorherrschenden Konflikte betreffend Ureinwohner und deren Situation in Amerika noch intensiver aufzeigen können. So bleibt ein harter und stellenweise fast unerträglich brutaler Film (Vergewaltigung, Schiesserei), der seine Frauenfiguren als Staffage benutzt und die Geschichte zu simpel erzählt. Die Filmmusik von Nick Cave und Warren Ellis ist aber über alle Zweifel erhaben.
She’s Gotta Have It
Streaming, Netflix / Regie: Spike Lee
Das Debütwerk von Spike Lee, wunderbar frech, mit vielen Eigenheiten des Regisseurs versehen und nach einem etwas zähen Beginn sehr unterhaltsam. Man gewöhnt sich rasch an das hölzerne Spiel und findet dank der gelungenen Struktur, den schmucken Bildern in schwarzweiss und der guten Einbindung von New York City Gefallen an der Erzählung über Sexualität und Freiheit.
Beckett
Streaming, Netflix / Regie: Ferdinando Cito Filomarino
Nein, das war wieder nichts von Netflix. Während der gesamten Laufzeit beschlich mich ein Gefühl von Verwirrung, trotz eigentlicher Vorfreude und dem Wissen, dass der Film das diesjährige Locarno Film Festival eröffnen durfte. Trotzdem wollten sich die löchrige und klischiert erzählte Story, der merkwürdige Aufbau und die immer wieder unsicher wirkende Kameraführung nie zu einem packenden und guten Film im Stil von «The Fugitive» zusammenfügen. Ständig suchte ich nach mehr Gehalt und Güte. Was bleibt ist Massenware, welche ihre interessanten Aspekte sofort links liegen lasst und ein Streaming-Produkt, das man sofort wieder vergisst.
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