So, da gibt es einiges aufzuholen. Beginnen wir.
Aparajito
BD / Regie: Satyajit Ray
Welch schöner Film, welch tragische Entwicklungen. Praktisch nahtlos am ersten Teil der Apu-Trilogie anschliessend, behandelt «Aparajito» das Gefälle zwischen Stadt und Land, die Konflikte zwischen Jugendlichen und ihren Eltern. Einfühlsam gespielt, in wundervollen Bildern dargeboten und mit erstarkten, weiblichen Positionen – Verlust, Trauer und Tod erhalten den nötigen Platz, die Menschheit ihre Facetten.
Torino Violenta
BD / Regie: Carlo Ausino
Verbrechen, wo man hinschaut, in Turin ist der Teufel los. Schade nur, schaffte es Ausino nicht, seine verzweigte Geschichte voller Mord, Autoexplosionen und dreckigen Polizisten in eine kohärente Erzählweise zu bringen. Verwirrende Szenenwechsel, sinnlose Schnitte, chaotische Dialoge – wirklich Spass machen leider doch nur die Gewaltexplosionen, welche in absurder Menge vorkommen.
Spider-Man: Far From Home
Streaming, Netflix / Regie: Jon Watts
So viel Spass hatte ich seit langem nicht mehr mit einem Marvel-Film, vor allem in der ersten Hälfte. Da strahlt die Geschichte, welche in klischierten Standardsituationen Europas stattfindet, einen RomCom-Charme der Achtzigerjahre aus, Tom Holland und Zendaya sind ein tolles Gespann. Mit dem Auftauchen der CGI-Monster, dem griesgrämigen Samuel L. Jackson und dem schelmischen Jake Gyllenhaal verliert sich die entspannte Weise und alles steuert auf eine typische Prügelei aus dem Computer zu. Mehr ist leider doch nicht mehr.
Apur Sansar
BD / Regie: Satyajit Ray
Der Abschluss der Apu-Trilogie ist dunkler als die vorangegangenen Filme, Träume werden endgültig aufgegeben, das neugefundene Glück bringt weitere Abgründe mit sich. Erneut sind die Darstellerinnen die hellen Sterne der Erzählung, die Geschichte sucht nach dem persönlichen Sinn im Leben und findet diesen in der offenen Freiheit. Ein bewegender Abschluss zu einer der besten Trilogien, die je gedreht wurden.
Save The Green Planet!
DVD / Regie: Jang Joon-hwan
Korea und ihre wilden Genre-Mischung, ein Fest. Besonders, wenn höchst absurde Geschichten voller ernst erzählt werden und scheinbar verrückt zwischen Action, Comedy, Thriller und Science-Fiction wechseln. Dazu erhält man hier Kritik am System, am Umgang mit der Umwelt und den unterdrückenden Gesellschaftsschichten – garniert mit sehr blutigen Folterszenen. Farbig ausgeleuchtet, mit nervöser Kamera und vielen, sonderbaren Ideen – kultig.
Komm und sieh
BD / Regie: Elem Klimov
Falls man der Menschheit nur einen Film über den zweiten Weltkrieg lassen dürfte, es müsste wohl dieser sein. Eindringlich, brutal, ohne falschen Pathos – im klaustrophobisch wirkenden Format gedreht, nahe an den Gesichtern und wie als Portraits der damaligen Zeit wird der unsägliche Schrecken von Krieg dargestellt. Unmenschliche und albtraumhafte Handlungen treffen auf falsche Hoffnungen, höhlen diese aus und lassen jeglichen Glauben an das Gute in Flammen aufgehen. Bis zu den letzten Minuten jedenfalls, die zwischen Schlamm und Propaganda einen Funken Moral finden.
Invisible Agent
BD / Regie: Edwin L. Marin
Die Geheimwaffe gegen Nazis? Ein unsichtbarer Kämpfer, der Pläne und Absichten direkt bei den Feinden stehlen kann. Schade nur, weiss der Film selten, wie diese Grundlage geschickt genutzt werden könnte und verlässt sich vor allem auf ermüdenden Slapstick und Eigenheiten der damalig vorherrschenden Gesellschaftsnorm. Gruselig ist nichts, aufregend auch nur das explodierende Flugfeldmodell.
Die 1000 Augen des Dr. Mabuse
BD / Regie: Fritz Lang
Bei seinem letzten Spielfilm lässt Fritz Lang sein Können gleich zu Beginn noch einmal aufblitzen. Ton- und Bildschnitt auf höchstem Niveau, ein meisterliches Jonglieren mit Geschichte und Szenen. Zwar wird der Film um den kriminellen Dr. Mabuse diesem Auftakt nicht ganz gerecht, packend und voller guter Momente ist dieser Krimi trotzdem. Und auch wenn Gert Fröbe etwas missmutig durch seine Szenen poltert, ihm zuzuschauen macht Freude.
The Painted Bird
BD / Regie: Václav Marhoul
Sehr vereinfacht gesagt, ist «The Painted Bird» eine Mischung aus Béla Tarr und «Komm und sieh», ein gnadenloser und sehr brutaler Film über den zweiten Weltkrieg, langsam und aus der Perspektive eines Jungen erzählt. Mit beeindruckenden Aufnahmen und einem ergreifenden Spiel geht die Buchverfilmung tief unter die Haut und offeriert eine Studie über die korrumpierten Seelen von Menschen. Trotz übertriebener Darstellungsweise ist der Film nie voyeuristisch und ein wichtiges Abbild einer rabenschwarzen Zeit.
The Host
BD / Regie: Bong Joon-ho
So müssen Monsterfilme sein: Gleich von Beginn an ist das Vieh zu sehen und schmatzt sich durch die Menschen. Bei Bong Joon-Ho ist das Kaiju-Wesen aber vor allem ein Katalysator für unterdrückte Gefühle und zerrüttete Familienkonstellationen. So wechselt die Erzählung zwischen Schock und emotionaler Anbindung, zwischen Komik und Nachdenklichkeit. Das Drehbuch hält bis zum Schluss Überraschungen bereit, der Film fesselt von Beginn an.
Wrong
BD / Regie: Quentin Dupieux
Bei Dupieux ist es für mich immer ein Treffer ins Schwarze oder der Schlag daneben. Seine abstrakten und oft nahe dem Dadaismus stehenden Filme faszinieren aus fast unerklärlichen Gründen, «Wrong» hingegen zog an mir vorbei. Trotz William Fichtner und Alexis Dziena, welche mich an Emilia Clarke erinnerte, trotz herrlich doofen Einfällen und einer ausgehebelten Logik. Eine emotionale Bindung stellte sich keine ein, viele Szene waren mir zu langatmig.