Filmtagebuch: deBohli
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Inshallah a Boy
Screener, Filmingo / Regie: Amjad Al Rasheed
Als Frau in Jordanien zu leben ist automatisch eine Sünde. Amjad Al Rasheed beleuchtet im Film «Inshallah a Boy» den brutalen Alltag, den eine alleinerziehende Witwe zu bestehen hat. Von Mouna Hawa in der Hauptrolle grossartig gespielt, ist das Drama ein Aufruf für mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit und scheut nicht davor zurück, die Klassenunterschiede herauszuheben.
Von wegen 'Schicksal'
Stream, Mubi / Regie: Helga Reidemeister
Aufzuwachsen in den Neubausiedlungen im Berlin der Siebzigerjahre: Hinter der Fassade verschwinden die heile Welt, die utopischen Fantasien. Helga Reidemeister besucht die zersplitterte Familie Rakowitz und kehrt das Private nach aussen. Ein ungeschönter Blick auf Konflikte, Sorgen, verlorene Liebe und unvereinbare Weltsichten. «Von wegen 'Schicksal'» ist eine Dokumentation, die emotional mitnimmt.
Asako I & II
Stream, Filmingo / Regie: Ryūsuke Hamaguchi
Möglichkeiten, Lebensentscheidungen, unterschiedliche Verläufe: Mit «Asako I & II» untersucht Ryūsuke Hamaguchi die Optionen in einer Beziehung, angetrieben von frühem Verlust und grosser Sehnsucht. Ein Film der mit emotionaler Sogwirkung, mit grossartigem Cast (Rio Yamashita hat mein Herz gestohlen) und sehr stilsicherer Inszenierung begeistert. Let there be love.
The General
BD / Regie: Buster Keaton, Clyde Bruckman
Auch wenn Buster Keaton in «The General» für die falsche Seite im US-amerikanischen Bürgerkrieg einsteht, die Filmmagie ist knapp 100 Jahre nach der Entstehung immer noch riesig. Die Gags, die Stunts, die Verfolgungsjagden mit den Lokomotiven – fantastisch. Jetzt wissen wir auch, wo George Miller seine Drehbuchideen findet.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Days Of Being Wild
BD / Regie: Wong Kar-Wai
Stets ist Nacht, alles ist in grünliches Licht getaucht und neben dem intensiven Regen fliesst der Schweiss. In «Days Of Being Wild» sucht Wong Kar-Wai die Liebe inmitten von egozentrischen Personen, Habgier und Landesbesetzung. Leslie Cheung, Andy Lau und Maggie Cheung Man-Yuk führen den Cast gekonnt an und die Geschichte führt dahin, wo es wehtut.
The Shape Of Night
BD / Regie: Noboru Nakamura
Yakuza-Thriller und Liebesdrama: «The Shape Of Night» von Noboru Nakamura erzählt die Geschichte einer Prostituierten, die sich aus den Klauen der männlichen Unterdrückung und der misogynen Gewalt zu befreien versucht. Das ist niemals romantisch, betört aber durch die Aufnahmen der nächtlichen Stadt.
Bon Schuur Ticino
BD / Regie: Peter Luisi
Der atemlose Szenenschnitt treibt den Film an, Lorenzo von Matterhorn und Beat Schlatter versuchen den Bürgerkrieg in der Schweiz zu verhindern. Das ist unter der Regie von Peter Luisi leider kein Werk mit gelungener Botschaft zur Diversität des Landes, sondern eine altbacken wirkende Komödie.
«Bon Schuur Ticino» ist nie komplett schlecht, weiss aber auch keine Mittel, um den Durchschnitt zu durchbrechen. Wie es auch bei der Bildgestaltung der Fall ist.
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BILDRAUSCH FILMFEST BASEL - 3 Tage am Festival
Las Cosas Indefinidas
Kino / Regie: María Aparicio
(Bildrausch 24-01) Sperrig gibt sich der Spielfilm «Las Cosas Indefinidas» und arbeitet mit vielen unterschiedlichen Ebenen und Themen. Neben der Verarbeitung von Verlust und Trauer behandelt María Aparicio die Kunst des Filmeschneidens, das Unsichtbare im Leben und das Vergangene. Langsam entfaltet sich die Geschichte, bis es Klick macht und begeistert.
My Stolen Planet
Kino / Regie: Farahnaz Sharifi
(Bildrausch 24-02) Während vielen Jahren hat Farahnaz Sharifi die privaten Aufnahmen von Iraner:innen gesammelt, um so die verbotenen Freuden des Lebens zu bewahren. «My Stolen Planet» bringt ihre eigenen Erfahrungen mit den kollektiven zusammen, erzählt von Unterdrückung, Revolution, Tanz und Flucht. Eine mitreissende, tragische Filmerfahrung.
Malqueridas
Kino / Regie: Tana Gilbert
(Bildrausch 24-03) Schwangere Frauen in Gefängnissen von Chile erzählen anhand Aussagen und geschmuggelter Aufnahmen ihre Geschichten. Tana Gilbert brachte diese in ihrer Dokumentation «Malqueridas» auf künstlerische und berührende Weise zusammen, ohne die ausgelassenen Momente zu vergessen.
The Trouble With Being Born
Kino / Regie: Sandra Wollner
(Bildrausch 24-04) «The Trouble With Being Born» ist harte Kost, sprengt Sandra Wollner mit ihrer Indie-Science-Fiction-Geschichte den gewohnten Rahmen zum Thema Verlust und Personenersatz. Roboter sollen Leerstellen füllen und die Schuldgefühle mindern, was an «Black Mirror» erinnert und mit verschachteltem Schnitt und erzählerischer Zurückhaltung aufwühlt.
City Of Wind
Kino / Regie: Lkhagvadulam Purev-Ochir
(Bildrausch 24-05) Mit ihrem Langfilmdebüt «City Of Wind» hat Lkhagvadulam Purev-Ochir eine wohltuende Betrachtung des jugendlichen Lebens in der heutigen Mongolei gedreht. Coming Of Age und Spiritualität, schöne Bilder und der sehr überzeugende Tergel Bold-Erdene in seiner ersten Rolle.
Matt And Mara
Kino / Regie: Kazik Radwanski
(Bildrausch 24-06) Grenzen und Überschreitungen in Beziehungen – Gespräche und Ungesagtes: «Matt And Mara» ist ein unterhaltsamer Indie-Film von Kazik Radwanski aus Kanada nahe am Mumblecore, dessen reale Grundlagen perfekt von den Hauptdarsteller:innen auf die Leinwand transportiert werden.
Hi, Ai
Kino / Regie: Isabella Willinger
(Bildrausch 24-07) Ohne Erklärungen zu bieten oder Standpunkte zu vertiefen, zeigt Isabella Willinger mit der Dokumentation «Hi, AI» das Verhalten von Menschen gegenüber Roboter und künstlicher Intelligenz. Schöne Momente, merkwürdige Situationen und schräge Vibes finden zusammen – der Film ist aber bloss Punkt des Einstiegs und Einleitung zum Thema.
Å øve (Practice)
Kino / Regie: Laurens Perol
(Bildrausch 24-08) Ein Film über Verzicht und Weitsicht. In Zukunft gebe ich folgende Antwortmöglichkeiten auf die Frage, wieso ich nicht mehr fliege:
A) Ich kann es mir nicht leisten.
B) Ich leide unter starker Flugangst.
C) Ich will die Umwelt nicht zerstören.
Die fragende Person darf dann selbst die passende Antwort auswählen und diese begründen.
Las Cosas Indefinidas
Kino / Regie: María Aparicio
(Bildrausch 24-01) Sperrig gibt sich der Spielfilm «Las Cosas Indefinidas» und arbeitet mit vielen unterschiedlichen Ebenen und Themen. Neben der Verarbeitung von Verlust und Trauer behandelt María Aparicio die Kunst des Filmeschneidens, das Unsichtbare im Leben und das Vergangene. Langsam entfaltet sich die Geschichte, bis es Klick macht und begeistert.
My Stolen Planet
Kino / Regie: Farahnaz Sharifi
(Bildrausch 24-02) Während vielen Jahren hat Farahnaz Sharifi die privaten Aufnahmen von Iraner:innen gesammelt, um so die verbotenen Freuden des Lebens zu bewahren. «My Stolen Planet» bringt ihre eigenen Erfahrungen mit den kollektiven zusammen, erzählt von Unterdrückung, Revolution, Tanz und Flucht. Eine mitreissende, tragische Filmerfahrung.
Malqueridas
Kino / Regie: Tana Gilbert
(Bildrausch 24-03) Schwangere Frauen in Gefängnissen von Chile erzählen anhand Aussagen und geschmuggelter Aufnahmen ihre Geschichten. Tana Gilbert brachte diese in ihrer Dokumentation «Malqueridas» auf künstlerische und berührende Weise zusammen, ohne die ausgelassenen Momente zu vergessen.
The Trouble With Being Born
Kino / Regie: Sandra Wollner
(Bildrausch 24-04) «The Trouble With Being Born» ist harte Kost, sprengt Sandra Wollner mit ihrer Indie-Science-Fiction-Geschichte den gewohnten Rahmen zum Thema Verlust und Personenersatz. Roboter sollen Leerstellen füllen und die Schuldgefühle mindern, was an «Black Mirror» erinnert und mit verschachteltem Schnitt und erzählerischer Zurückhaltung aufwühlt.
City Of Wind
Kino / Regie: Lkhagvadulam Purev-Ochir
(Bildrausch 24-05) Mit ihrem Langfilmdebüt «City Of Wind» hat Lkhagvadulam Purev-Ochir eine wohltuende Betrachtung des jugendlichen Lebens in der heutigen Mongolei gedreht. Coming Of Age und Spiritualität, schöne Bilder und der sehr überzeugende Tergel Bold-Erdene in seiner ersten Rolle.
Matt And Mara
Kino / Regie: Kazik Radwanski
(Bildrausch 24-06) Grenzen und Überschreitungen in Beziehungen – Gespräche und Ungesagtes: «Matt And Mara» ist ein unterhaltsamer Indie-Film von Kazik Radwanski aus Kanada nahe am Mumblecore, dessen reale Grundlagen perfekt von den Hauptdarsteller:innen auf die Leinwand transportiert werden.
Hi, Ai
Kino / Regie: Isabella Willinger
(Bildrausch 24-07) Ohne Erklärungen zu bieten oder Standpunkte zu vertiefen, zeigt Isabella Willinger mit der Dokumentation «Hi, AI» das Verhalten von Menschen gegenüber Roboter und künstlicher Intelligenz. Schöne Momente, merkwürdige Situationen und schräge Vibes finden zusammen – der Film ist aber bloss Punkt des Einstiegs und Einleitung zum Thema.
Å øve (Practice)
Kino / Regie: Laurens Perol
(Bildrausch 24-08) Ein Film über Verzicht und Weitsicht. In Zukunft gebe ich folgende Antwortmöglichkeiten auf die Frage, wieso ich nicht mehr fliege:
A) Ich kann es mir nicht leisten.
B) Ich leide unter starker Flugangst.
C) Ich will die Umwelt nicht zerstören.
Die fragende Person darf dann selbst die passende Antwort auswählen und diese begründen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Reality
BD / Regie: Tina Slatter
Ein Kammerspiel, durch ein Verhörprotokoll vorgegeben: «Reality» konnte mich packen, auch weil ich über den Fall praktisch kein Vorwissen hatte. Sydney Sweeney und Josh Hamilton spielen super, die Art der Inszenierung gefiel mir gut. Ich bin gespannt, was Tina Slatter als nächstes macht.
Enter The Void
BD / Regie: Gaspar Noe
Von Drogenrausch und tibetanischen Gedanken zum Totenreich vernebelte Zuckungen der Neuronen, das Ableben als versuchtes Klammern an eine glückliche Existenz: «Enter The Void» ist eine depressive Spirale ins Nichts, von Gaspar Noe ohne Gnade aber technisch aufreibend inszeniert. Gibt es einen Ausweg in die Reinkarnation, oder bleibt nur die Leere?
Steamboat Bill, Jr.
BD / Regie: Buster Keaton, Charles Reisner
Von Romeo und Julia auf den Schiffen zu einer komplett zerlegten Kleinstadt: «Steamboat Bill, Jr.» von Charles Reisner bietet diverse Überraschungen und balanciert die Gags von Buster Keaton geschickt mit Romance und Drama aus.
Terrore nello spazio
BD / Regie: Mario Bava
Wenn man mit Mario Bava auf einem fremden Planeten landet, sollte der Gothic-Look nicht verwundern. Das Production Design ist der grosse Gewinn bei «Terrore nello spazio», angefangen von den Uniformen über die Beleuchtung und Gestaltung des Planeten. Die Geschichte selbst ist nicht mehr als eine nette Mischung aus Grusel und Science-Fiction.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Toată lumea din familia noastră
BD / Regie: Radu Jude
Radu Jude nimmt sich der modernen Familie an, die sich nahe am Abgrund bewegt. «Toată lumea din familia noastră» ist ein aufwühlender Film, der an Wucht stets zunimmt, die rumänischen Fähigkeiten zum Fluchen unterstreicht und zugleich das männliche Ego kollabieren lässt. Ein lauter Albtraum, mit einer Kamera, die nie Distanz einnehmen will.
La captive
DVD / Regie: Chantal Akerman
Der sperrige Film «La captive» will sich nicht offenbaren, die Enge der Beziehung lässt keinen Raum zu. Chantal Akermans Arbeit über obsessives männliches Verhalten ist eine durchkonstruierte Literaturverfilmung, in der die Gewalt im Stillen passiert. Faszinierend, doch eine Kinosichtung hätte das Erlebnis wahrscheinlich intensiviert.
Jakobs Ross
BD / Regie: Katalin Gödrös
Dass nichts von Nichts kommt, habe bei der Literaturverfilmung «Jakobs Ross» von Katalin Gödrös nicht nur dank mehrmaliger Wiederholung des Satzes gelernt. Im historischen Drama, welches mit Luna Wedler gut besetzt ist, weiss leider weder das Drehbuch noch die Struktur viel Packendes zu erzählen. Alles passiert, nichts hinterlässt eine emotionale Wirkung.
L’Amour fou
BD / Regie: Jacques Rivette
Erzählt Jacques Rivette in diesem Drama von seinem Leben, den Erfahrungen seiner Mitmenschen, oder wird die fiktive Realität durch die zahlreichen Ebenen von Dokumentation, Beobachtung und Spiegelung zu etwas Neuem?
«L’Amour fou» ist ein über vier Stunden langer Ritt voller Fragen, Möglichkeiten und Deutungen. Ein meisterhafter Film, der bestimmt jede weitere Sichtung mit weiteren Erkenntnissen belohnen wird.
Vivre Sa Vie
BD / Regie: Jean-Luc Godard
Ohne Vorwissen könnte «Vivre Sa Vie» verwirren, kombinierte Jean-Luc Godard in zwölf Tableaus dokumentarische Aspekte, philosophische Diskussionen und eine fiktive Geschichte über eine junge Frau, die in der Prostitution landet.
Unerwartete Kameraeinstellungen, Off-Kommentare und ins filmische übersetzte Wahrheiten aus Godards Leben machen das Drama berauschend anders. Und dann dieses Ende!
Blue Collar
BD / Regie: Paul Schrader
Kapitalismus- und Systemkritik treffen bei der ersten Regiearbeit von Paul Schrader auf Action- und Thrillerelemente. «Blue Collar» ist ein packender Film, der die harsche Realität der arbeitenden Unterschicht mit viel Aufregung überdreht und mehrmals überrascht. Bis am Ende die gesamte Gesellschaft in einem Freeze kollabiert.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Chungking Express
BD / Regie: Wong Kar-Wai
Die Liebe, wie schwierig es ist, diese bei sich zu halten. Wong Kar-Wai gibt sich als Romantiker und lässt die Hitze der Urbanität in «Chungking Express» zu intensiven Gefühle werden. Zusammen mit den satten Farben, der geschickten Kameraführung und den Needle-Drops entsteht eine Geschichte, in der wir alle sehnsüchtig versinken.
La Religieuse
BD / Regie: Jacques Rivette
Das Leben im Kloster wird bei Jacques Rivette zu einer Tortur, das Leben als Frau in der Gesellschaft zur Qual. «La Religieuse» basiert auf wahren Überlieferungen und kombiniert die Einblicke in die brutalen Tagesabläufe der Kirche mit der wunderbaren Anna Karina, experimenteller Musik und zahlreichen Wendungen.
Un vivant qui passe
BD / Regie: Claude Lanzmann
Einsicht, Schuldgeständnisse und der Blick auf die unvorstellbare Brutalität: «Un vivant qui passe» entstand aus unverwendetem Material von Claude Lanzmanns «Shoah» und zeigt das Gespräch mit dem ehemaligen IKRK-Mitarbeiter Maurice Rossel und beleuchtet seine gemachten Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg und dem Gefangenenlager Theresienstadt.
Eindringlich, wichtig und entlarvend. Ein Mahnmal für Integrität und Menschlichkeit.
The Whistler
BD / Regie: William Castle
Er beobachtet, er schleicht durch die dunklen Gassen und er pfeift im richtigen Moment: «The Whistler». Unter der Regie des jungen William Castle wurde die Radioreihe auf das Medium Film übertragen und macht mit einer netten Noir-Story und guten Bildern Laune.
Wolf
BD / Regie: Mike Nichols
Wenn dich ein Wolf beisst und die toxische Männlichkeit auslöst: «Wolf» von Mike Nichols ist weder Horrorfilm noch Drama, sondern mehr eine Studie über territoriales und kompetitives Verhalten von Männern. Der Cast mit Namen wie Jack Nicholson, Michelle Pfeiffer, James Spader, Richard Jenkins und sogar David Schwimmer überzeugt sehr.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Memory
Kino / Regie: Michel Franco
Wenn die Schnittmenge aus dem gewollten Verdrängen von Erinnerungen und dem unfreiwilligen Vergessen des Lebens eine Spur aus Hoffnung und Liebe ist, dann ist das Dasein nicht komplett falsch. «Memory» von Michel Franco ist ruhig, emotional, stellenweise hart und stark besetzt (Jessica Chastain, Peter Sarsgaard, Merritt Wever und Elsie Fisher).
The Banishment
BD / Regie: Andrey Zvyagintsev
Dass die Geschichte von «The Banishment» gar nicht so viel hergibt, ist dem Film zu verzeihen. Das opulent aufgezogene Drama von Andrey Zvyagintsev betört mit Langsamkeit, fantastischer Kameraarbeit von Mikhail Krichman und grossartigem Szenenschnitt (Versteckspiel).
Die einzelnen Musikeinsätze verstärken die Atmosphäre und die Erzählung um destruktive Männlichkeit wird zu einem starken Glühen.
El Club
BD / Regie: Pablo Larraín
«El Club» ist ein Schlag unter die Gürtellinie der Kirche; dahin, wo alle schrecklichen Taten im Namen von Gott und Glauben verübt werden. Das Drama von Pablo Larraín ist Abrechnung, Thriller, Milieustudie und technisch formvollendet. Eine der besten Leistungen in der Karriere des chilenischen Regisseurs.
Mandabi
BD / Regie: Ousmane Sembène
Die Sorgen ums Geld, die Gier und der Neid: Ousmane Sembène hat mit «Mandabi» eine bissige Kritik am Kolonialismus geschaffen, die zugleich oft komisch ist und mit den bunten Aufnahmen begeistert. Grosse Empfehlung!
Identification Marks: None
BD / Regie: Jerzy Skolimowski
Der erste Film von Jerzy Skolimowski ist ein lose gedrehtes Abbild des Studentenlebens in den Sechzigerjahren, eine kritische Betrachtung von Polen. «Identification Marks: None» spielt sich an einem Tag ab und wirkt wie ein verzetteltes Beispiel aus der französischen Nouvelle Vague.
Kin-dza-dza!
BD / Regie: Georgiy Daneliya
Koriander zu rauchen ist scheinbar keine gute Idee – aber was soll schon richtig sein, wenn das gesamte Leben und System auf absurden Axiomen aufbaut. Georgiy Daneliya entlarvt mit seinem durchgeknallten Science-Fiction-Film «Kin-dza-dza!» unsere Existenz und feuert in alle politischen Richtungen. Ein Abenteuer im Sand, das gesehen werden muss.
The Quiet Man
BD / Regie: John Ford
Optisch ein Traum in Technicolor, verführt uns John Ford mit einer dramatischen Geschichte über Schuld, Liebe und Heimat. John Wayne leitet geschickt durch «The Quiet Man», Irland wirkt neben vielerlei Stereotypen saftig grün und die Frauen werden schlecht behandelt.
Hands Up!
BD / Regie: Jerzy Skolimowski
Gedreht, verboten und dann erweitert: «Hands Up!» ist eine radikale Filmerfahrung von Jerzy Skolimowski, der mit seiner vierten Regiearbeit an der damaligen Gegenwart der Sechzigerjahre Kritik übte und in den Achtzigern den Reigen um Gesellschaft, Politik, Kunst und Wohlstand geschickt mit Farbaufnahmen aus seinem Leben ergänzte.
Sterben
Kino / Regie: Matthias Glasner
I’m not sure anymore
if living is the
right way to
live.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
An Elephant Sitting Still
DVD / Regie: Hu Bo
Wenn die Welt nur noch grau aussieht und das Leben keinen Ausweg mehr bietet, flüchten sich die Menschen in Gewalt. Aus Sorgen und Armut werden Konflikte, Hu Bo hat dies auf dramatische Weise in seinem fast 4 Stunden langen und einzigen Film «An Elephant Sitting Still» festgehalten. Eine Tour de Force voller Traurigkeit.
Bloody New Year
BD / Regie: Norman J. Warren
Mit dem Auto durch die Geisterbahn brettern und danach mit dem Segelboot auf einer verwunschenen Insel kentern: Eigentlich klingt «Bloody New Year» gar nicht nach einer schlechten Idee und Norman J. Warren lässt seine Vorliebe für Genre-Filme aus den Fünfzigerjahren durchscheinen. Das Resultat ist trotz vieler Einfälle aber meist bloss langweilig.
Ghost Hunting
BD / Regie: Raed Andoni
Dokumentation, Fiktion, Aufarbeitung, Prozess und Beweis: «Ghost Hunting» ist ein packender, aufwühlender Film von Raed Andoni, der die Grausamkeiten gegenüber Palästinenser:innen in israelischen Verhörgefängnissen aufzeigt. Erstaunlich ist, dass trotz der vorherrschenden Brutalität in der Realität Platz für Hoffnung und Menschlichkeit bleibt.
The Boondock Saints
DVD / Regie: Troy Duffy
Es trieft vor Stilmerkmalen der Neunzigerjahre, die toxische Männlichkeit wird in Zeitlupe und wilden Kamerabewegungen zelebriert, Frauen haben keinen Platz in der Welt. «The Boondock Saints» ist eine Orgie aus Gewalt, stupiden Motiven und fragwürdiger Überzeichnung. Wäre Willem Dafoe nicht dabei, der Film würde auf dem Sondermüll landen.
Sobibór, 14 octobre 1943, 16 heures
BD / Regie: Claude Lanzmann
Was machen wir aus dem Wort Heldentum? Wie wird Gewalt eingesetzt und bewertet? «Sobibór, 14 octobre 1943, 16 heures» sucht im Interview mit Lerner Antworten, oder zumindest erschütternde Grundlagen. Die Holocaust-Dokumentation von Claude Lanzmann ist in ihrer Reduktion eine wichtige Erweiterung von «Shoah» und beleuchtet den Gefangenenaufstand im titelgebenden Vernichtungslager.
Le rapport Karski
BD / Regie: Claude Lanzmann
Mit dem kurzen Film «Le rapport Karski» liefert Claude Lanzmann den in «Shoah» unverwendeten zweiten Teil seines Gesprächs mit Jan Karski. Dieser schildert seine Begegnungen mit Franklin D. Roosevelt und Richter Felix Frankfurter – und zeigt das Unvermögen der westlichen Welt, nicht selbst verübte Grausamkeiten als Realität zu akzeptieren.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Die Schriftstellerin, ihr Film und ein glücklicher Zufall
BD / Regie: Hong Sang-soo
Gespräche zwischen alten und neuen Bekanntschaften, zufällige Begegnungen und die Kreativität als Lebensmittelpunkt: «Die Schriftstellerin, ihr Film und ein glücklicher Zufall» ist ein beruhigender, intimer Film von Hong Sang-soo, der mich von einem erfüllten Leben als Künstler träumen liess.
The Mark of the Whistler
BD / Regie: William Castle
Gier und Gaunerei: William Castles zweite Arbeit der Whistler-Reihe ist eine unterhaltsame Episode über Betrug. «The Mark of the Whistler» lebt von den Täuschungen der Figuren und der düsteren Vorahnung – wenn auch der Twist am Ende nicht funktioniert.
We The Animals
BD / Regie: Jeremiah Zagar
Armut, Migrationshintergrund, Ausgrenzung, Missbrauch und aufkeimende Sexualität; festgehalten in sonnendurchtränkten 16mm-Aufnahmen und poetischer Animation. «We The Animals» ist ein gefühlvoller Coming-Of-Age-Film von Jeremiah Zagar, in dem sich die Bilder, der Score und das Schauspiel des Casts wunderbar ergänzen.
The Power of the Whistler
BD / Regie: Lew Landers
Nur noch wenige Stunden zu leben und das Gedächtnis verloren? Ja, der Hauptfigur von «The Power of the Whistler» wird nichts geschenkt – doch das gehört sich so bei Film Noir. Die Whistler-Episode von Lew Landers will aber nicht so richtig packen und diverse Handlungen wirken willkürlich.
El Mar La Mar
BD / Regie: Joshua Bonnetta, J.P. Sniadecki
Während sich der Kunstfilm «Ten Skies» (James Benning, 2004) für immer in meiner Erinnerung festgekrallt hat, betörte und begeisterte mich die Mischung aus Dokumentation und Experimentalfilm «El Mar La Mar» gleichermassen.
Joshua Bonnetta und J.P. Sniadecki nähern sich mit fantastischen Bildern, Sprachaufzeichnungen und poetischen Elementen der Brutalität der Wüste zwischen Mexiko und den USA. Meditativ, aufrüttelnd und inspirierend.
Chocolat
Stream, Mubi / Regie: Claire Denis
Mit ihrem ersten Langfilm verarbeitete Claire Denis ihre Erfahrungen aus der Kindheit, das Heranwachsen im Kolonialstaat wird zum politischen Drama. «Chocolat» funktioniert in den ruhigen Momenten perfekt und zeigt, wie schrecklich Europa mit dem Rest der Welt umging und umgeht.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Voice of the Whistler
BD / Regie: William Castle
Viel Aufregendes wird in «Voice of the Whistler» nicht erzählt, ist der vierte Beitrag der Reihe über weite Strecken ein Drama über Liebe und Sehnsucht. Da kann William Castle auch beim mörderischen Ende nicht mehr viel rausholen.
Lantana
DVD / Regie: Ray Lawrence
Anthony LaPaglia in einer Hauptrolle? Als alter Fan von «Without A Trace» musste ich mir «Lantana» anschauen und wurde einigermassen positiv überrascht. Das Thriller-Drama um Lust, Schuld und Reue wurde von Ray Lawrence kompetent inszeniert und wartet mit einigen spannenden Szenen auf, wenn auch die Vernetzung der Figuren holpert.
Made In Hong Kong
BD / Regie: Fruit Chan
Liebe und Gangster in Hongkong, gedreht mit kleinem Budget und Laien-Darsteller:innen, voller Farben und intensiven Emotionen: Fruit Chan ist mit «Made In Hong Kong» in die damalige Filmszene hineingestürmt und hat einen Indie-Klassiker abgeliefert, der Wong Kar-Wai viel zu verdanken hat.
Hannah Takes The Stairs
Stream, Mubi / Regie: Joe Swanberg
Das grosse Aufeinandertreffen der «Mumblecore»-Regisseur:innen in spielenden Rollen, Situationen der unbequemen Dialoge und Fremdschämreaktion inklusive. «Hannah Takes The Stairs» ist ein zentrales Werk des US-amerikanischen Indie-Schaffens der Nullerjahre und trifft die damalige Zeit der Unsicherheit für mich ganz gut.
Dance Party, USA
Stream, Mubi / Regie: Aaron Katz
Was soll «Dance Party, USA»? Ein übel misslungenes Portrait eines Vergewaltigers, der Reue zeigt? Doch wieso müssen wir die Figur im Alltag begleiten, während sein Umfeld alles schulterzuckend hinnimmt? Wieso werden die Opfer ausgeklammert und die Konsequenzen weggedacht? Nicht cool, Aaron Katz, nicht cool.
Der Film ist für mich ein gutes Beispiel dafür, wieso toxische Männlichkeit und Rape-Culture in unserer Gesellschaft weiterhin vorherrschend sind.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
One-Eyed Jacks
BD / Regie: Marlon Brando
In der Not führte Marlon Brando Regie, der Western «One-Eyed Jacks» blieb seine einzige Arbeit in der Position. Der Film kann sich sehen lassen und wirkt durch die ungewohnte Mischung aus altmodischem Inhalt und modern wirkender Brutalität speziell. Die Story um Rache holt weit aus, die Aufnahmen sind gelungen.
Hellfighters
BD / Regie: Andrew V. McLaglen
John Wayne kämpft im Autopilot-Modus gegen brennende Ölbohrungen. Das ist in den heissen Momenten ein packender Katastrophenfilm mit beachtlichen Spezialeffekten, «Hellfighters» verliert dazwischen aber mehrmals das Tempo und kocht ein halbgares Drama-Romance-Süppchen. Dass Andrew V. McLaglen mit Wayne am Ende bei der grossen Anti-Kommunismus- und Pro-Republikaner-Propaganda landet, trübt das Vergnügen zusätzlich.
Midway
BD / Regie: Jack Smight
Auf in die Schlacht, heroisch und für die US-amerikanischen Werte einstehend – so zeigt Jack Smight in «Midway» die Pazifik-Entscheidung des Zweiten Weltkriegs. Hollywoodrecken diskutieren mit zerknirschtem Gesicht, die japanischen Rollen wurden miserabel synchronisiert und die zweite Hälfte des Kriegsfilms besteht aus schlecht zusammengeschnittenen Archivaufnahmen. Zu schnell verliert der Film die anfängliche Spannung.
Mani Matter – Warum syt dir so truurig
DVD / Regie: Friedrich Kappeler
Die Dokumentation «Mani Matter – Warum syt dir so truurig» versprüht die Magie der Lieder, kombiniert Archivaufnahmen mit neuen Gesprächen und weckt eigene Erfahrungen. Das wirkt nachhaltig, so kam bei der erneuten Sichtung die Erfahrungen des damaligen Kinobesuchs mit meinem Vater hoch.
Mehr zum Film von Friedrich Kappeler bald bei Phosphor.
Koma
DVD / Regie: Lo Chi-leung
Ich war es nicht, er war’s, ich war’s doch, warst es nicht du selbst? «Koma» beginnt als undurchsichtiger Thriller über Eifersucht, Neid und illegalen Organhandel, der Film von Lo Chi-leung verliert sich aber schnell in eine absurde Handlung, gefüllt mit sinnlosen Wendungen. Da konnte die 2000er-Jahre-Ästhetik nichts rausholen.
The Scent of Green Papaya
Stream, Mubi / Regie: Tran Anh Hung
Momente der Stille, wunderschöne Farben und langsame Bewegungen in grandios aufgebauten Sets: «The Scent of Green Papaya» erzählt mit Zurückhaltung von der Gesellschaft in Vietnam, von den unterschiedlichen Klassen, dem Geschlechterunterschied, der Vorahnung des Kriegs und der Suche nach einem erfüllten Leben. Eine poetische Erfahrung, meisterhaft von Tran Anh Hung inszeniert.
Mysterious Intruder
BD / Regie: William Castle
Hinfort mit der Moral, unter der erneute Serie von William Castle trägt der fünfte Beitrag der Whistler-Reihe zwar einen abgekürzten Titel, «Mysterious Intruder» besticht umso mehr mit der kontrastreichen Kameraarbeit, den mysteriösen Gestalten und der gnadenlosen Auflösung.
Sans toit ni loi
DVD / Regie: Agnès Varda
Der gesuchte Ausweg in die persönliche Freiheit entpuppt sich als Spirale mit gnadenlosem Ende. Auf ihre geniale Weise erzählt Agnès Varda in «Sans toit ni loi» von einer jungen Frau, die sich der Gesellschaft nicht unterwerfen möchte.
In perfekt geschnittenen Sequenzen wird ein Mosaik aus Begegnungen und Menschen erstellt, das die Hauptfigur als Rätsel belässt und diese zur Projektionsfläche von Urteilen, Ängsten und Sehnsüchten verwandelt.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Le Dernier des Injustes
BD / Regie: Claude Lanzmann
Der lange Film «Le Dernier des Injustes» ist nicht bloss ein Anhang zu «Shoah», sondern fügt dem wichtigen Dokument über den Holocaust neue Aspekte und Blinkwinkel hinzu. Claude Lanzmann lässt den letzten Judenältesten zu Wort kommen, besucht die thematisierten Ortschaften und verbindet zum ersten Mal Archivmaterial mit neuen Aufnahmen. Eine erschütternde, lehrreiche Dokumentation.
The Secret Of The Whistler
BD / Regie: George Sherman
Auch die Kunstwelt wird nicht verschont, der sechste Filme der Noir-Reihe begibt sich ins Milieu der Mittelklasse-Maler. «The Secret Of The Whistler» will nicht richtig zünden und verliert sich in den Liebeleien, George Sherman setzt keine wirklichen Akzente. Leslie Brooks hingegen ist reizvoller als jedes gezeigte Gemälde.
Elle
BD / Regie: Paul Verhoeven
Paul Verhoeven legt mit «Elle» einen Thriller vor, den ich nur schwer einordnen kann. Das Thema der Vergewaltigung dient als Aufhänger einer grösseren Geschichte, alle Figuren sind unausstehlich und jegliche Moral geht im Verlauf der übertriebenen Erzählung flöten. Was das soll, keine Ahnung.
The Thirteenth Hour
BD / Regie: William Clemens
Richard Dix ist Lastwagenfahrer und hat bei seinem letzten Auftritt in der Whistler-Reihe nur Probleme. Das macht «The Thirteenth Hour» unter der Regie von William Clemens zu einem düsteren Vergnügen, mit diversen Wendungen und Sackgassen.
Electric Fields
Kino / Regie: Lisa Gertsch
Lisa Gertsch bringt uns mit ihrem ersten Langfilm die Absurditäten des Alltags in kurzen Episoden näher. «Electric Fields» ist ein Film, der mich mit dem gemächlichen Tempo und den leicht ins Surreale driftenden Episoden verzaubert hat. Die schwarzweissen Aufnahmen, das Ensemble, die Einfälle und wiederkehrenden Motive liessen mich über mein Leben nachdenken.
Alle die Du bist
Kino / Regie: Michael Fetter Nathansky
Die erdrückende Schwere des sterbenden Kapitalismus, der Versuch, im Prekariat die Liebe aufrecht zu erhalten. «Alle die Du bist» ist ein emotional packender Einblick in eine Familie, zwischen Kohlenindustrie, psychischer Belastung und ohnmächtig machenden Sorgen.
Von Michael Fetter Nathansky treffend inszeniert, mit Aenne Schwarz und Carlo Ljubek grossartig besetzt und sehr gut geschnitten – ein Film der heutigen Zeit, mit Mut und Intensität.
The Return of the Whistler
BD / Regie: D. Ross Lederman
Die Rückkehr ist zugleich der Abschluss, «The Return of the Whistler» der letzte Teil in der B-Movie-Reihe und eine Geschichte, die ohne Richard Dix in der Hauptrolle auskommen muss. Für mich ein Manko, auch wenn D. Ross Lederman eine ziemlich interessante Story verfilmt hat.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Dimitri - Clown
DVD / Regie: Friedrich Kappeler
Friedrich Kappeler verstand es sehr gut, sich einer Person und deren Fachgebiet filmisch anzunähern. Bei dem Portrait «Dimitri – Clown» geschah dies über Menschen in dessen Umfeld, seiner Karriere und der damaligen Gegenwart. Obwohl ich Clowns wenig abzugewinnen vermag, bot die Doku nette Momente.
A Touch of Sin
BD / Regie: Jia Zhangke
Wenn Gewalt als einziges Ventil zum Ausweg führt, wenn die Gesellschaft die einzelnen Personen vergessen hat: Jia Zhangke schildert den Alltag unterschiedlicher Personen im heutigen China mit emotionaler Härte und Gewaltausbrüchen. «A Touch of Sin» ist eine filmische Erfahrung voller Traurigkeit und Sorgen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
The Bikriders
Kino / Regie: Jeff Nichols
Als würde das zum Film inspirierende Fotobuch von Danny Lyon durchgeblättert, zeigen sich Szenen und Momente in «The Bikriders» wie einen Blick in die Vergangenheit. Jeff Nichols hat ein Drama gedreht, das von der Stimmung lebt, ohne sich in der Gewalt zu verlieren. Schöne Bilder, ein guter Cast und die tolle Ausstattung machen die Zeitreise reizvoll.
Garagenvolk
DVD / Regie: Natalija Yefimkina
Was in den Garagen Russlands nicht alles gemacht wird. Der private Rückzugsort wird zum Bastelschuppen, zur Einnahmequelle und letztem Fleck der Hoffnung. Natalija Yefimkina bietet in ihrer Dokumentation «Garagenvolk» unkommentierte und faszinierende Einblicke, zwischen Misere, Zuversicht und harter Arbeit.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Nuestro Tiempo
Stream, Filmingo / Regie: Carlos Reygadas
Der erhoffte Regen brachte keine Erleichterung, sondern eine Flut an Gefühlen und komplizierten Situationen. Carlos Reygadas zeichnet in knapp drei Stunden ein fesselndes Portrait einer Ehe, die an Eiversucht zu zerbrechen droht. Eingefangen in grossartigen Aufnahmen ist «Nuestro Tiempo» ein fesselndes Drama voller roher Emotionen und weitem Umfang.
24 City
BD / Regie: Jia Zhangke
Aus einer riesigen Fabrik wird ein modernes Wohnquartier, zurück bleiben die Träume, Sehnsüchte und Erinnerungen der Mitarbeitenden. «24 City» erzählt vom Wandel in China, Jia Zhangke mischt dazu Fiktion mit dokumentarischem Inhalt. Ein nachdenklich stimmendes Erlebenis.
Ashes Of Time Redux
BD / Regie: Wong Kar-Wai
Bei den Kämpfen schleicht sich die Kamera nahe an die Kontrahenten, die Welt erstrahlt in satten Farben und jede Liebe wird aus einer Intrige gesponnen. Beim Wuxia-Abenteuer «Ashes Of Time Redux» mischt Wong Kar-Wai Genrekonventionen mit Fantasy-Flair, Melodramatik und direkter Brutalität. Inhaltlich wirr, audiovisuell betörend.
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Trenque Lauquen
BD / Regie: Laura Citarella
«Trenque Lauquen» ist ein Wunder. Ein Film, ausserhalb der üblichen Strukturen in Argentinien produziert, über Jahre hinweg gedreht und als finales Resultat ein sich wandelndes Wesen aus Fragen, Stimmungen und Perspektiven.
Laura Citarella führt uns während 4.5 Stunden durch den titelgebenden Ort, vom Krimi über das Liebesdrama zum übernatürlichen Mysterium. Das ist berauschend, fesselnd und unvergleichlich. Ausser vielleicht mit «La Flor» (Mariano Llinás, 2018), mehrmals musste ich bei der Sichtung an das Epos denken.
Incompreso (Vita col figlio)
BD / Regie: Luigi Comencini
Die Verständigung zwischen Kindern und Erwachsenen ist keine einfache, der Adultismus steht oft im Weg. Bei «Incompreso (Vita col figlio)» zeigt dies Luigi Comencini in einer feinfühligen und auch harten Geschichte auf, lässt Trauma und grosse Freude miteinander zu. Das Ende lässt leer Schlucken.
Paper Moon
BD / Regie: Peter Bogdanovich
Vater und Tochter gemeinsam im Film, als wildes Gespann von frechen Menschen, immer im Zwist, immer mit einer hinterlistigen Idee im Kopf. «Paper Moon» ist ein grosser Spass, in dem Kinder rauchen, das Leben in der Zeit der grossen Depression als Roadmovie passiert und alles Geld ergaunert wird.
Grupo 7
Stream, Mubi / Regie: Alberto Rodríguez
Dank dem selten gesehen Setting von Sevilla Ende der Achtzigerjahre wird der im Grunde formelhafte Thriller von Alberto Rodríguez zur packenden Unterhaltung. «Grupo 7» erzählt von korrupten Cops, rücksichtsloser Politik und umkämpften Strassen. Der Kontrast in den Bildern wurde verstärkt, die Sonne brennt auf die wütenden Männer.
Arena
BD / Regie: Peter Manoogian
In der fernen Zukunft wird geprügelt und «Coca-Cola» ist Sponsor dieser Fights? Auch sonst schafft es «Arena» nicht immer, die Illusion einer Raumstation aufrechtzuerhalten, der trashige Spass von Peter Manoogian weiss aber bei Outfits, Makeup, Masken und mit den in Nebenrollen agierenden Claudia Christian, Marc Alaimo und Armin Shimerman zu gefallen.
Crimewave
BD / Regie: Sam Raimi
«Crimewave» wurde scheinbar in einer ACME-Fabrik hergestellt, leider gingen bei der Lieferung das Erzähltempo und der Zusammenhalt vergessen. Sam Raimis Film ist ein lautes, buntes Chaos, das in einzelnen Szenen überdreht Spass macht (Bruce Campbell!), dann während weiten Strecken überhaupt nicht funktioniert.
Robot Jox
BD / Regie: Stuart Gordon
Zuschauer:innen zu den Roboterkämpfen zuzulassen, war wohl keine so gute Idee. Abgesehen davon macht «Robot Jox» aber Spass und Stuart Gordon mischt eine billige Story mit netter Effekt-Action. Als Kind hätte ich den Film geliebt.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Der Leone Have Sept Cabeças
Stream, Mubi / Regie: Glauber Rocha
Unter der Regie von Glauber Rocha wird Kolonialismus zum Theater und der Film zur Kritik in Kunstform. «Der Leone Have Sept Cabeças» ist abstrakt und reduziert die westlichen Verbrechen in Afrika auf einzelne Figuren. Das ist roh, direkt und treffend.
Who?
BD / Regie: Jack Gold
Die Maske überzeugt zwar nicht wirklich, Jack Golds Spionage-Thriller mit Science-Fiction-Aspekten gefällt aber beim Schnitt und der Spannung, die durchweg gehalten wird. «Who?» ist ein Stück Kalter Krieg, mit etwas Action und Maschinen, die rauchen und trinken.
Jacquot de Nantes
DVD / Regie: Agnès Varda
Aus Filmausschnitten und Erinnerungen zaubert Agnès Varda ein neues Leben herbei. Das Dasein des 20. Jahrhunderts mit all seinen Schrecken in Schwarzweiss, die Wunder der Kunst und Kultur in betörenden Farben. «Jacquot de Nantes» ist ein Puzzle der Existenz, eine Hommage und Liebeserklärung an Jacques Demy.
The Spy Who Came in from the Cold
BD / Regie: Martin Ritt
Weg mit der übertriebenen Action, dem Sex und den unsterblichen Agenten; Martin Ritt erzählt vom Spionageleben mit realistischer Zurückhaltung und vielen Verhören in kargen Räumen. «The Spy Who Came in from the Cold» ist ein wichtiges Genre-Werk, das intelligent unterhält und die Sechzigerjahre monochrom darstellt.
Barking Dogs Never Bite
BD / Regie: Bong Joon-ho
Wäre alles an «Barking Dogs Never Bite» so energetisch wie der Jazz-Score, Bong Joon-Hos Debüt würde begeistern. Die Verkettung aus Zufällen, Gemeinheiten und Begegnungen wirkt aber etwas zäh. Der Humor ist dafür genau mein Ding und die Kameraarbeit stimmt auch.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Anselm – Das Rauschen der Zeit
DVD / Regie: Wim Wenders
Während das Schaffen von Anselm Kiefer beeindruckend, monumental und wichtig ist, schafft es Wim Wenders mit seiner Dokumentation «Anselm – Das Rauschen der Zeit» nicht, das wahre Wesen hinter dem künstlerischen Leben zu zeigen. Die Bilder sind schön, Kiefers Vermächtnis unvergleichlich; aber die nachgestellten Szenen und das Pathos wirken zu aufgesetzt.
L'albero degli zoccoli
BD / Regie: Ermanno Olmi
Ich liebe Filme, die mich in eine andere Welt transportieren, mich fesseln und von einem anderen Dasein träumen lassen. Ermanno Olmi gelingt dies mit seinem ruhigen und realistischen «L'albero degli zoccoli», in dem er über drei Stunden von Bauernfamilien in Bergamo erzählt. Arbeit, Zyklus, Erfüllung und Härte – ein Brückenschlag zwischen Fiktion und Beobachtung.
The Lavender Hill Mob
DVD / Regie: Charles Crichton
Welch wunderbare Unterhaltung gewisse Sequenzen von «The Lavender Hill Mob» bieten, mit der gelungenen Mischung aus britischem Humor und Slapstick. Der Film von Charles Crichton macht Freude, wenn auch die Gaunerkomödie Anlaufschwierigkeiten hat.
To Catch A Killer
DVD / Regie: Damián Szifron
Ich mag psychologisch harte und nervenaufreibende Thriller, «To Catch A Killer» ist ein solcher Film, der Fincher-Luft schnuppert. Mit dem toll besetzten Gespann aus Shailene Woodley und Ben Mendelsohn nimmt uns Damián Szifron auf eine Reise in die verrottete Seele Amerikas mit und will zu viel erzählen. Was zu Beginn fesselt, verliert sich gegen Ende in halbgarer Systemkritik und Psychologie. Trotzdem, wieder mehr solche Filme im Kino bitte.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Sibyl
Stream, Filmingo / Regie: Justine Triet
Was für ein Cast! Virginie Efira, Adèle Exarchopoulos, Laure Calamy und sogar Sandra Hüller sind bei «Sibyl» dabei. Unter der Regie von Justine Triet begeben sich die Frauen in «Sibyl» in eine Geschichte über Schuld, Grenzüberschreitungen und Verantwortung, was als Psycho-Drama mit einer Prise Erotik-Thriller gut funktioniert.
O Que Arde
Streaming, Filmingo / Regie: Oliver Laxe
Dieser Film bleibt lange haften. Tage nach der Sichtung sind die intensive Atmosphäre, die ruhigen Szenen und das Spiel weiterhin sehr präsent. «O Que Arde» ist ein Moodpiece mit wenig Handlung, das Drama von Oliver Laxe funktioniert als Portrait der Region Galiziens mit starken Bildern und schöner Musik perfekt.
Io sono l’amore
Stream, Filmingo / Regie: Luca Guadagnino
Ach ja, die Probleme des Herzens, die Leiden der reichen Oberschicht. Luca Guadagnino zeigt uns eine Familie, die an Handlungsweisen ausserhalb der Norm zerbricht. Mit Tilda Swinton und Alba Rohrwacher gut besetzt, wollte mich «Io sono l’amore» nie emotional mitreissen. Technisch makellos ausgeführt, waren mir die Charaktere zu egal.
De Humani Corporis Fabrica
Stream, Filmingo / Regie: Véréna Paravel, Lucien Castaing-Taylor
Ein Kaiserschnitt, von Krebszellen durchzogenes Brustgewebe, Schrauben, die in die Wirbelsäule gedreht werden und Eingriffe im Gehirn: Die Dokumentation «De Humani Corporis Fabrica» bietet faszinierende, Übelkeit erregende und bisher ungesehene Einblicke in die Arbeit eines Spitals in Paris.
Véréna Paravel und Lucien Castaing-Taylor lassen uns wirklich durch den menschlichen Körper reisen, ziehen Parallelen zur Maschinerie des Gesundheitssystems und lassen den wissenschaftlichen Fortschritt auf den Zerfall des Fleisches treffen. Einzigartig.
Suspiria
BD / Regie: Luca Guadagnino
Luca Guadagnino versucht sich am Giallo-Klassiker und formt daraus ein dichter Horror-Thriller, der das gespaltene Berlin der Siebzigerjahre in der Ausstattung und Bildgestaltung perfekt inszeniert. Farbgebung, Kleidung und Kameraführung – «Suspiria» erwacht zu neuem, grusligem Leben.
Die Geschichte wirkt nachvollziehbar, der Tanz ist packend und jeder Akt bringt neue Schrecken. Zusätzlich überrascht die Besetzung mit Angela Winkler, Sylvie Testud und Jessica Harper.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
The Hunchback of Notre Dame
BD / Regie: Wallance Worsley
Welch Drama, welch Opulenz: Der Stummfilm «The Hunchback of Notre Dame» ist eine beeindruckende Adaption mit riesigen Sets und vielen Statist:innen. Wallance Worsley erzählt die Geschichte um Liebe, Entführung und Machthunger mit reichlich Tempo, Lon Chaney ist grossartig in der Hauptrolle.
Sabata
BD / Regie: Gianfranco Parolini
Geschossen wird in «Sabata» reichlich, gestorben ebenso. In all diesen wilden Auseinandersetzungen bleibt im harten Western von Gianfranco Parolini leider nicht viel Platz für eine gute Geschichte, Lee Van Cleef zuzuschauen, wie er unter den Gaunern aufräumt, macht aber Spass.
The Land Of Hope
DVD / Regie: Sion Sono
Die Bürokratie zerreisst nach einer Katastrophe nicht nur Familien und Beziehungen, sondern Vertrauen und Ländereien. Im Drama «The Land Of Hope» löst ein Erdbeben in Japan eine Nuklearkatastrophe aus und die politischen Entscheidungen lassen Leben einstürzen. Unter der Regie von Sion Sono ist das gnadenlos und geht unter die Haut, wirkt aber leicht verzettelt.
Kinds Of Kindness
Kino / Regie: Yorgos Lanthimos
Yorgos Lanthimos liefert mit «Kinds Of Kindness» gleich drei Filme auf einmal ab und bewegt sich mit den kuriosen Erzählungen um Liebe, Hingabe und Zugehörigkeit wieder zurück zu den aufreibenden Filmen seiner früheren Karrierephase.
Das ist verstörend, unterhaltend und perfekt eingefangen. Der Cast überzeugt mit einer darstellerischen Vielfalt, die wiederkehrenden Motive überraschen und trotz allen morbiden Situationen wirkt einiges beschwingend.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Banel e Adama
Stream, Filmingo / Regie: Ramata-Toulaye Sy
Das Klima wandelt sich, die Hitze wird tödlicher und mit Traditionen wird gebrochen: Magisch wirkende Aufnahmen, schöne Farben und ein Versuch ausserhalb der Gesellschaftsnorm zeigt uns Ramata-Toulaye Sy mit «Banel e Adama». Trotz interessanter Aspekte und der überzeugenden Machart verliert sich der Film im letzten Drittel zwischen den Aussagen und Figuren.
Orphée
BD / Regie: Jean Cocteau
Optisch löst «Orphée» Begeisterung aus. Menschen bewegen sich durch Spiegel hindurch, Figuren verschwinden und die Unterwelt wird zum Ort der Wunder. Die Sagenverfilmung von Jean Cocteau ist ein surrealistisch bebildertes Drama, in den Normen der damaligen Zeit gefangen aber voller Ausdruck.
The Wave
DVD / Regie: Gille Klabin
Indie-Science-Fiction ist nett, doch Gille Klabin schafft es nicht, aus dem Drehbuch von «The Wave» einen überzeugenden Film herauszuarbeiten. Das liegt vor allem daran, dass ich die Hauptfigur mühsam und die Optik unschön empfand. Die Szenen passieren, Männer gehen nicht in Therapie und Sheila Vand hat fast nichts zu tun.
Falling Into Place
DVD / Regie: Aylin Tezel
Verloren im Leben mit Mitte Dreissig, irgendwo gibt es doch Liebe, Sinn und Leidenschaft zu finden; oder? Ausgehend von dieser Situation hat Multitalent Aylin Tezel (Regie, Drehbuch, Hauptrolle) ein Liebesdrama geschaffen, das mich berührt hat. Schnitt, Spiel, Stimmung und Setting von «Falling Into Place» sind sehr gelungen, den erzählerischen Schwächen konnte ich verzeihen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Cross Of Iron
DVD / Regie: Sam Peckinpah
Sam Peckinpah begab sich mit «Cross Of Iron» in die dreckigen Schützengräben des Zweiten Weltkriegs. Die Kamera und der Schnitt versinken im brutalen Chaos der sinnlosen Gewalt, Moral und Menschlichkeit gehen in den Handlungen komplett verloren. Das ist wuchtig, schmeckte mir aber zu stark nach Exploitation.
Le Testament d'Orphée
BD / Regie: Jean Cocteau
Ein Requiem und die Kunst, das eigene Leben und persönliche Schaffen: Jean Cocteau drehte mit «Le Testament d'Orphée» einen letzten Film und brachte antike Sagen, Surrealismus, Dokumentation, Kritik und Fiktion in einem visuell grossartigen Werk zusammen.
All Good Things
DVD / Regie:
Da hättest du Kirsten Dunst als Ehefrau, welche deinem Husky sogar ein süsses Halstuch schenkt, und du behandelst sie wie Dreck. Für mich unverständlich, aber das geschieht mit Ryan Gosling in «All Good Things». Der Thriller, basierend auf wahren Geschehnissen, verfügt über einen super Cast und nette Momente, Schnitt und Inszenierung wirken aber zu unsauber, um wirkliches Feuer zu entfachen.
Indio Black, sai che ti dico: Sei un gran figlio di…
BD / Regie: Gianfranco Parolini
Wie es der Originaltitel bereits sagt, hat der zweite Teil der Trilogie nichts mit Sabata zu tun. Doch das war dem internationalen Kinobetrieb egal. Schliesslich wird unter der Regie von Gianfranco Parolini wieder viel geschossen, der Titelheld in schwarzen Klamotten ist unbezwingbar und eine wirre Geschichte wird mit Akrobatik und Klamauk erweitert.
Da Yul Brynner als «Sabata» aber bloss gelangweilt ist und ich ab der Hälfte die Story zum Schnarchen fand, riss auch die gewaltige Explosion nichts mehr raus.
House by the River
Stream, Mubi / Regie: Fritz Lang
Ein Noir Thriller mit Gothic-Anteilen, eine verzweifelte Spurensuche in schwarzweissen Bildern und eine Geschichte um Lust und Fehlentscheidungen: «House by the River» von Fritz Lang ist ein gelungener Film, der mehrmals die Gangart wechselt und kurzzeitig sogar als Gerichtsdrama zu unterhalten weiss.
The Blockhouse
BD / Regie: Clive Rees
Unterirdisch eingesperrt, mit Wein, Käse und Kerzen; und doch gibt es keine Hoffnung. «The Blockhouse» verarbeitet eine wahre Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg als nihilistisches Drama in engem Raum. Clive Rees vermag aber nicht Spannung aufzubauen und die Sache plätschert mit einem langweilig-braunen Farbschema dahin.
È tornato Sabata... hai chiuso un'altra volta!
BD / Regie: Gianfranco Parolini
Farben wie in einem Giallo, Clowns und ein schiesswütiger Sabata, wieder von Lee Van Cleef besetzt; Gianfranco Parolini liefert den besten Start der Trilogie ab, danach verliert sich «È tornato Sabata... hai chiuso un'altra volta!» aber ebenfalls in einer wirren, zähen Geschichte. Dafür gibt’s viele Stunts, Intrigen, Täuschungen und Duelle.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Intacto
DVD / Regie: Juan Carlos Fresnadillo
Dank der Idee, dass Glück eine Kraft ist, die angehäuft werden kann, ist der Thriller von Juan Carlos Fresnadillo ein Film mit Alleinstellungsmerkmal. «Intacto» überrascht regelmässig, liefert ausgefallene Games und brutale Machtspiele. Der Rewatch nach fast 20 Jahren hat sich gelohnt.
Fanatic
BD / Regie: Silvio Narizzano
Religiöser Wahn, Entführung und ein überhastetes Ende: «Fanatic» von Silvio Narizzano unterhält sehr gut und punktet mit der starken Besetzung von Tallulah Bankhead und Stefanie Powers in den Hauptrollen und einem jungen Donald Sutherland.
Barry Lyndon
BD / Regie: Stanley Kubrick
Kerzenlicht, Sonnenschein, Duelle, Krieg und die grosse Liebe; das alles gibt es bei «Barry Lyndon», dem romantischen Historiendrama von Stanley Kubrick. Ein Film, der mich mehrmals überrascht hat, geschickt die Genres und Stimmungen wechselt und das Verhalten der Charaktere nicht ohne Sarkasmus aufzeigt.
Greta
DVD / Regie: Neil Jordan
Das kann Neil Jordan nicht ernst gemeint haben, oder? «Greta» ist inhaltlich so übertrieben und klischiert, dass der Camp-Faktor zur grössten Eigenschaft wird. Isabelle Huppert dreht durch, Chloë Grace Moretz ist verängstigt und Maika Monroe sorgt für die lakonische Distanziertheit.
Lisa e il diavolo
BD / Regie: Mario Bava
Der Teufel mit seinen Puppen, das Haus in der Vergangenheit und die Rückkehr der Toten; all das gibt es bei «Lisa e il diavolo» zu erleben. Wahrscheinlich. Denn Mario Bava erzählt die Geschichte des Gothic-Horrors auf chaotische Weise, was den Film zu einem Szenenhaufen macht, der mal mehr, mal weniger unterhält.
Un angelo per Satana
DVD / Regie: Camillo Mastrocinque
Ist die Statue besessen, haben wir es mit Hexen zu tun oder unterliegen wir bloss einem Schwindel? Der Grusel von «Un angelo per Satana» wird lange nicht erklärt, was die Atmosphäre des Filmes von Camillo Mastrocinque intensiv gestaltet. Barbara Steele betört in der Hauptrolle, die Aufnahmen sind gelungen und der Inhalt verneigt sich vor Mario Bava.
The Old Oak
DVD / Regie: Ken Loach
Ken Loach drückt bei «The Old Oak» gehörig auf die Tränendrüse, vermischt die brutale Realität der Flüchtlingskrise mit Klischees und Kitsch, und findet für seine Geschichte keinen wirklichen Antrieb. Trotzdem machte mich das Drama stellenweise wütend und traurig, verliert sich mit dem Ende aber komplett im Raum der Fantasie.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Fallen Angels
BD / Regie: Wong Kar-Wai
Allein die Kameraarbeit bei «Fallen Angels» hat alle Bewunderung verdient. Bewegung, Verzerrung, Farben und Intimität; jede Person wird nah aufgezeichnet. Das verleiht der Geschichte um Liebe, Sehnsucht und Sorgen eine intensive Wirkung, die Wong Kar-Wai geschickt Emotionen und Ausbrüchen paart.
Mean Streets
DVD / Regie: Martin Scorsese
Dreckig und gemein ist diese frühe Arbeit von Martin Scorsese und bringt ihn zum ersten Mal mit Robert de Niro zusammen. Die unendliche Nacht in der Stadt, das Verbrechen und die verheissungsvollen Lockungen im Neonlicht; «Mean Streets» ist hitzig und hinterlässt Schrammen.
Liverpool
DVD / Regie: Lisandro Alonso
Sucht er Vergebung, kehrt er zu seiner Familie zurück oder ist es ein Abschied? Lisandro Alonso bietet in seinem ruhigen und langsamen Film «Liverpool» keine Antworten, sondern realistische Einblicke in die Existenz. Ein betörendes Erlebnis voller ruhiger Aufnahmen, das mich auf viele Arten an «O que arde» (Oliver Laxe, 2019) erinnerte.
Watermelon Man
BD / Regie: Melvin Van Peebles
«Should I Hide The Money?» Mit «Watermelon Man» hat Melvin Van Peebles eine schrille und angriffige Kritik am Rassismus in den USA geschaffen, die vom überdreht agierenden Godfrey Cambridge in der Hauptrolle das Leben erhält und sich durch die geschickt gewählte Ästhetik in den scheinheiligen Alltag der Mittelklasse schleicht.
Lisa Frankenstein
BD / Regie: Zelda Williams
Die Farben, die Ausstattung und die Besetzung sind alle gut getroffen, doch «Lisa Frankenstein» konnte mich zu keinem Zeitpunkt elektrisieren. Die Geschichte wird schleppend erzählt und keine Figur konnte meine Sympathien gewinnen – tut mir leid, Zelda Williams, für mich wird’s kein Kult.
Happy Together
BD / Regie: Wong Kar-Wai
Die Liebe, sie zerreisst, sie vermengt, sie lässt Chaos entstehen. Für «Happy Together» nimmt uns Wong Kar-Wai nach Argentinien mit, inmitten des destruktiven Sturms der Zuneigung zwischen zwei Männern. Mit jeder Szene bricht die Bindung auf und neue Möglichkeiten und Verletzungen entstehen. Von DoP Christopher Doyle genial gedreht, voller Musik, Emotionen und Farben.
Spider-Man: Across the Spider-Verse
DVD / Regie: Joaquim Dos Santos Justin K. Thompson Kemp Powers
Was das Regie-Trio und alle beteiligten Personen audiovisuell bei «Spider-Man: Across the Spider-Verse» abliefern, ist bombastisch. Jedes Frame ist voller Details und Hingabe, jeder Moment überrascht. Eine geniale Fortführung der Reihe, ein Sieg der Kreativität.
Bloss überforderten mich das Tempo und der Inhalt, bereits nach wenigen Minuten fühlte ich mich erschöpft. Es gibt keine Pausen, der Film macht viele Fässer auf und findet erst kurz vor seinem Ende die zentrale Storyline. Bei dieser langen Laufzeit wäre für mich weniger klar mehr gewesen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
El esqueleto de la señora Morales
Stream, Mubi / Regie: Rogelio A. González
Mit Gothic-Stimmung und Sozialkritik zum Erfolg: «El esqueleto de la señora Morales» von Rogelio A. González ist eine positive Überraschung. Der Film funktioniert als grusliges Spiel mit Mord in der Ehe, als Kritik an dem Klassensystem und als Gesellschaftssatire.
Ema
BD / Regie: Pablo Larraín
Ein Rewatch zum Geburtstag, eine erneute Begeisterung. «Ema» lässt das innere Feuer lodern, Mariana Di Girolamo und Gael García Bernal brillieren und die grossartige Bildgestaltung geht mit der packenden Musik eine Beziehung ein.
Die Liebe ist nicht einfach, das Leben Chaos – tanzen wir dazu.
Reas
Kino / Regie: Lola Arias
Bei «Reas» wird aus wahren Begebenheiten ein lustvolles Musical, aus ehemaligen Insassinnen ein Ensemble, das sich in einem alten Gefängnis mit der eigenen Vergangenheit auseinandersetzt. Die Form ist das Highlight des Filmes von Lola Arias, voller Metaebenen, unerwarteten Perspektivenwechsel in den Szenen und inszenatorischer Freiheit.
Die Vision der Claudia Andujar
Kino / Regie: Heidi Specogna
Ohne Vorwissen habe ich mir diese Dokumentation über das Leben der aktivistischen Fotografin Claudia Andujar angeschaut, danach war ich verwundert, warum ich nie von ihr gehört hatte. Heidi Specogna zeichnet in «Die Vision der Claudia Andujar» Andujars Leben nach, zeigt ihre politischen Tätigkeiten in Brasilien und stellt die nächste Generation von mutigen Kämpferinnen mit Kameras vor. Das ist inhaltlich wichtig, vermag in der Präsentation aber keine aufregenden Wege zu finden.
Between The Lines
Stream, Mubi / Regie: Joan Micklin Silver
Joan Micklin Silvers Werk ist ein Film über Journalismus, das Ende der Gegenkultur und den Umbruch in den USA Ende der Siebzigerjahre. «Between The Lines» ist lustvoll gestaltet, voller interessanter Figuren und scheut sich nicht, Themen wie sexuelle Gewalt, patriarchale Destruktion und kapitalistische Gier darzustellen.
Der Cast ist grossartig und ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich lieber mit Jeff Goldblum oder Jill Eikenberry abhängen möchte. Can I have both?
Twisters
Kino / Regie: Lee Isaac Chung
Wie erkenne ich ein grosses Budget? Daran, dass ein Cast Namen wie Maura Tierney, Sasha Lane, Kiernan Shipka, Katy O’Brian und Tunde Adebimpe vorweisen kann und diese dann nur wenige Minuten auf der Leinwand zeigt. Aber Daisy Edgar-Jones und Glen Powell machen ihre Sache in «Twisters» gut genug, dass die Unterhaltung stimmt.
Nachdenken darf man in diesem modernen Katastrophenfilm von Lee Isaac Chung («Minari», 2020) zu keiner Sekunde und sollte durch Country-Songs nicht irritiert werden; dann aber ist es ein wilder Abenteuerritt durch ein Oklahoma, in dem der Klimawandel scheinbar nicht existiert.
Håndtering av udøde
Kino / Regie: Thea Hvistendahl
So sehr hätte ich «Håndtering av udøde» lieben wollen. Der Spielfilm von Thea Hvistendahl verfügt über schöne Bilder, tolle Musik, einen guten Cast und eine interessante Grundidee. Doch leider ist die Zombie-Geschichte schleppend inszeniert und weiss am Schluss in keiner Szene wirklich viel zu sagen. Immerhin brummt der Bass mächtig.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Daughters of The Dust
Stream, Mubi / Regie: Julie Dash
Die Ungewissheit vor dem Aufbruch führt im Drama «Daughters of The Dust» zur Betrachtung der Vergangenheit, der Herkunft und des Vermächtnisses. Julie Dash erzählt die Geschichte der Gullah-Gemeinschaft als Kaleidoskop der Schicksale und Momente, bricht mit der linearen Zeit und lässt DoP Arthur Jafa zaubern.
Aquarius
BD / Regie: Kleber Mendonça Filho
Das von Kleber Mendonça Filho gedrehte Portrait einer ehemaligen Musikkritikerin ist ein komplexer und vielschichtiger Film, der sich mit den gesellschaftlichen Veränderungen in Brasilien auseinandersetzt. Für welche Werte lohnt es sich zu kämpfen? Wie soll mit Ungleichheit umgegangen werden? Was bedeuten Familie und Liebe? Grosse Fragen, «Aquarius» ist ein grosser Film.
Trotacalles
Stream, Mubi / Regie: Matilde Landeta
Das überzeichnete Drama wie in einer Telenovela, doch «Trotacalles» weiss dank diversen Elementen zu überzeugen: Der Film von Matilde Landeta zeigt den Alltag von Sexarbeiterinnen aus der weiblichen Perspektive, zeigt die patriarchale Brutalität und das Gefälle zwischen Arm und Reich. Effektreich erzählt, überrascht der Inhalt mehrmals und wurde ansprechend gefilmt.
Réduit
Kino / Regie: Leon Schwitter
«Réduit» ist ein interessanter und intelligenter Vertreter der Neuen Schweizer Szene mit starker Atmosphäre und Slow-Cinema-Anleihen. Leon Schwitter demontiert mit ruhigen Szenen und schönen Bildern die Schwurbler-Arroganz und Überheblichkeit in der Schweiz.
Eine ausführliche Kritik gibt es bei Phosphor.
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