Filmtagebuch: Vince

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Vince
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Beitrag von Vince » 21.01.2017, 08:59

Toni Erdmann
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Schmerzhafte zweieinhalb Stunden lang erlaubt Maren Ade nicht, dass man sich von Hauptdarstellerin Sandra Hüller löst. Die endlose Nahdistanz lässt den beruflichen Kampf ihrer Figur Ines Conradi bei gleichzeitiger Dauerkonfrontation mit dem Vater wie einen bösen Alptraum ohne Erwachen wirken. Strukturiert ist die zwischen Aachen und Bukarest pendelnde Handlung ausschließlich über peinliche und unangenehme Situationen unter verschiedenen Rahmenbedingungen, in denen aber immer soziale Normen eine große Rolle spielen; dass ihr Vater jede ihrer Bemühungen mutwillig zerstört, die Business-Maske einer Geschäftsfrau aufrecht zu erhalten, führt zu einer permanenten Unsicherheit, die nicht mal vor dem privaten Bereich der eigenen vier Wände halt macht.

Kunstvoll verbindet die Regisseurin Kritik an kapitalistischer Denkweise und der Betrachtung von Menschen als Ressourcen mit einem vielschichtigen Entfremdungsdrama zwischen Vater und Tochter. Peter Simonischeck nimmt in der Vaterrolle mit einer Kerkeling'schen Begeisterung für Travestie allerlei Rollen an, um auf eine ungelenke, ihm eigene Art einen Zugang zur Tochter zu gewinnen. Er steht meist im Bild wie ein blauer Elefant auf dem Mond in einem surrealistischen Gemälde, wofür Ade zunehmend bildhaftere Entsprechungen findet, die mit kleinen, alltäglichen Gesten beginnen – dem Streicheln von gekräuseltem Hundefell beispielsweise, der Verkleidung als Zombie inklusive falschem Gebiss für eine Schulaufführung, dem harmlosen Gespräch über ein Furzkissen, dem Verschenken einer Käseraspel. Vermeintlich unbedeutende Szenen, deren Konsequenzen sich später zu abstrus-situativen Momenten aufblähen, die sich konsumieren lassen wie grausam schief gegangene Witze. Für seine Umgebung ergibt dieser Winfried Conradi, oder Toni Erdmann, wie er sich oft nennt, keinerlei Sinn, seine Erscheinung wird aus Höflichkeit allenfalls geduldet und mit betretenem Lächeln und einem Blick zur Seite quittiert.

Entsprechend der Entwicklung der Hauptfigur, die bedingt durch die Handlungen ihres Vaters mit der Zeit einen neuen Blick auf die Welt gewinnt, bröckelt der starren Rahmen der Geschäftsetikette langsam auf und mit ihm die formelle Disziplin des Films. Was schließlich auf der Party geschieht, kann man als Plädoyer für die Selbstentfaltung zu aufgesetzt finden, eigentlich aber inszeniert Maren Ade diese Loslösung von gesellschaftlicher Pflicht mit aller gebührenden Zurückhaltung und behält sich dabei stets den Respekt vor ihren Figuren, selbst dann noch, wenn sie voreinander völlig bloßgestellt sind. Den meisterhaft arrangierten Stein-auf-Stein-Aufbau der komplex gezeichneten Beziehung in allen Facetten, die das Gemisch aus Drama und Komödie hergibt, setzt sie hiermit nicht aufs Spiel, sondern verleiht ihm eine letzte schrille Pointe mit Knalleffekt.
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Pets
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New York, New York. Amerikas meistgefilmter und inzwischen wohl auch -animierter Großstadt wird mit einem Schwenk auf den von abenteuerlichen Hochhausfassaden umringten und in goldenen Herbstfarben leuchtenden Central Park ein Denkmal als Ort des harmonischen Miteinanders von Mensch und Tier gesetzt. Überall wuseln Haustiere und ihre Besitzer, die von unsichtbarer Hand (oder eben durch Leinen) zur Symbiose vereint werden. „Pets“ setzt sich nun zum Ziel, dieses Idealbild kritisch zu hinterfragen und will beleuchten, was geschieht, wenn der Besitzer für sein Tier (temporär oder dauerhaft) nicht da sein kann oder will.

In der Tat mag die Geschichte unterirdisch hausender Verstoßener bei manchem Zuschauer impulsiv ein schlechtes Gewissen auslösen und ihn gleich zum nächsten Tierheim rennen lassen (oder zumindest das eigene Tier auf der Couch endlich nochmal herzhaft knuddeln). Wirklich reflektiert oder tiefsinnig ist der Plot allerdings nicht; im Gegenteil, er lässt sich zu einer streckenweise albernen Achterbahnfahrt hinreißen, die von New Yorks Dächern über die Parks und Straßen bis in die Abflussrohre reicht.

Die treffende Beobachtungsgabe für die Verhaltensweise der geliebten Vierbeiner reicht dann auch gerade noch bis zum Ende des Trailers, wenn überhaupt; später werden tierische Eigenschaften völlig auf den Kopf gestellt oder sogar ins Reich der Legenden abgestellt. Wenn der von Natur aus scheue Hamster sich eines Stofftiers entledigt, um sich selbst in die Arme eines Jungen zu schmiegen, wird ein recht problematisches Bild von ihm gezeichnet (Stichwort Nemo-Effekt). Wenn tätowierte Schweine als Großmutter verkleidet mit einem „falschen Hasen“ im Kinderwagen durch die Straßen stolzieren, erreicht der Film sogar Cartoon-Höhen, die sich arg mit dem behavioristischen Ansatz beißen, den das Animationsstudio an anderen Stellen dazu verwendet, den Zuschauer an lieb gewonnene Eigenarten ihrer Tiere denken zu lassen.

Das befellte, gefiederte und geflügelte Arsenal besteht erwartungsgemäß (auf Grundlage von statistischen Erhebungen) aus Katzen und Hunden, weil diese eben in den Häusern und Apartments westlicher Nationen hauptsächlich vertreten sind („Cats & Dogs“ hat es vor 15 Jahren vorgemacht). Entsprechend werden hier sogar gezielt spezielle Rassen aus dem Hut gezogen. Insgesamt enttäuscht aber gerade die Charakterzeichnung: Weder Max noch sein Partner Duke zeichnen sich durch besondere Kantigkeit aus, die es für einen guten Lead benötigt. Einzig der Antagonist hat seine starken Momente als manischer Anführer einer Untergrundgruppierung, zumal er für Animationsfilmkenner ein alter Bekannter ist.

Zur Betörung des Massenpublikums hat es gereicht; hier genügt es wohl, knuddelige Tiere in ein verrücktes Abenteuer zu schicken. Wer jedoch entweder Wert legt auf einen Film, der tierisches Verhalten scharfsinnig und realistisch darstellt oder anderenfalls auf einen abgedrehten Cartoon mit bissigem Humor, wird stattdessen mit einer halbgaren Kompromisslösung abgefertigt.
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Die Nackten Vampire
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Die Zivilisation ist in Reichweite und doch unerreichbar. Menschen in einem Laboratorium tragen seltsame Kapuzen, die den gesamten Kopf verhüllen und somit ihre Identität; sie entnehmen einer nackten Frau, deren Kopf ebenfalls mit einer Kapuze bedeckt ist, aus ungenannten Gründen Blut. Eine Prozedur mit durchaus vertrautem Inhalt, die durch das bizarre Szenenbild jedoch ins Unkenntliche verzerrt wird. Gleiches geschieht mit der Außenansicht, in die Jean Rollin daraufhin überleitet: Eine Straße leitet einer Frau in einem Nachthemd den Weg zu einer Treppe, die sie zu einer Hochbahnunterführung bringt. Asphalt, Hauswände, Metallpfeiler und Straßenschilder. Überall Anzeichen belebter Urbanität, allein: Rollin dreht die Einstellung mitten in der Nacht und tilgt alle Zeichen von Leben aus der Szenerie, als folierte er das Stadtbild mit den Phantombildern einer verlassenen Traumwelt. Die Bodenhaftung eines gewöhnlichen Schauplatzes aus dem Alltag geht unter, angrenzend an ein vampirisches Paralleluniversum ganz ohne Fangzähne und Fledermausmäntel, das sich selbst in seiner unheimlichen Stille genügt.

Inmitten dieses irrealen Moments führt der Regisseur die Identifikationsfigur ein, einen Mann, der von den bis dato gezeigten Vorgängen ebenso wenig versteht wie der Zuschauer. Ein gotisches Schloss wird später zum Hauptschauplatz auserkoren, das im Gegensatz zur turmartigen Lokalität von „Sexual-Terror der entfesselten Vampire“ keine autarke Insel mit zirkulärer Architektur bildet, sondern durchaus einen vollmondartigen Einfluss auf die urbane Peripherie ausübt. Die Geschichte um einen Selbstmörderkult entzieht sich auf Anhieb dem Verständnis des Zuschauers (wie auch des Protagonisten) und fungiert damit als sinnbildliche Entsprechung für Rollins' kryptischen Inszenierungsstil, dem ohne ausreichende Reflektion schnell selbstzweckhafte Allüren in Sachen Ausstattung und vor allem Nacktheit vorgeworfen sind.

Im Idealfall provoziert all das einen leidenschaftlichen inneren Protest, der die relative Spannungsarmut oder Schwermut eines Rollin-Films unwirksam werden lässt. Mit Nachdruck besteht man darauf, dass die eigenen Maßstäbe für Normalität immer noch gelten, doch gerade deswegen ist man von den fremdartigen Vorgängen so fasziniert, die in Rollins zeitlos surrealem Zweitwerk ihrem eigenen Regelwerk folgend vonstatten gehen. Die puppenhafte Spielweise, mit der etwa die Castel-Zwillinge durch die vorwiegend weiß gehaltenen Gemäuer traumwandeln und dabei Fetisch-Kleidung der „Barbarella“-Strömung schautragen, brennt nachhaltiger im Gedächtnis als es jedes ikonische Zugeständnis zum Filmvampirismus könnte. Ein grinsender Mann, der am Tisch sitzt und zwei Tänzerinnen zusieht, bereitet den Weg für den lynchesken Surrealismus unserer Zeit. Gleiches gilt für den durch einen roten Vorhang symbolisierten Übergang in eine andere Bewusstseinsebene.

Es sind gerade diese lustvollen Collagen aus vermeintlich sich widersprechenden Bestandteilen, die vermutlich das gesamte Werk des Regisseurs so schwer einschätzbar machen. Obwohl sich von der Bildkomposition zum Schnitt über die Handlung bis ins träge Schauspiel hinein fast alles radikal den konventionellen Sehgewohnheiten verwehrt und obwohl sich der Film niemals zum soliden Genre-Handwerk bekennt, ja ein solches sogar vehement dementiert („Es gibt keine Vampire, es gibt nur Menschen“), strahlt „Die Nackten Vampire“ eine der Exploitation völlig zuwiderlaufende Sanftmut und Würde aus, die hauptsächlich mit seiner besonderen Ästhetik zu erklären ist.
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Verräter wie wir
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Eine typische Le-Carré-Verfilmung, etwas weniger spröde-erlesen vielleicht als „Dame, König, As, Spion“ und stattdessen etwas stärker auf gesetzte Dialogspannung getrimmt, nichtsdestotrotz aber zutiefst stilvoll und hauptsächlich durch seine Charaktere angetrieben. Gerade weil die Figuren oft selbst nicht genau wissen, warum sie so handeln, wie sie handeln, ergibt die Summe ihrer Taten jeweils einzigartige Persönlichkeiten. Das lässt sich natürlich vor allem an Ewan McGregors Hauptrolle ablesen, der sich als gewöhnlicher Dozent nicht ganz wider Willen in ein gefährliches Spiel verstricken lässt und trotzdem immer seinem Herzen treu bleibt, sondern auch an wilden Filmfiguren wie jener Skarsgards, der einen Mafia-Dealer weitgehend klischeefrei portraitiert oder bei Naomie Harris, deren Hautfarbe erfreulicherweise einmal nicht Gegenstand von Diskussionen sein muss. Ebenso wird Damian Lewis als harter MI6-Ermittler auch mal privat beim Kochen gezeigt.

Auf diese Weise begegnen sich die Figuren und erzeugen ein spannendes Netz an Interaktionen, mit dem das klassischerweise dem Actionthriller versprochene Sujet in einen beinah realistisch zu bezeichnenden Kontext gesetzt wird, der keine Hetzjagd konzipieren muss, um Interesse für sich zu gewinnen. Ein leichter Eindruck von Leere bleibt zurück, weil man nicht weiß, welche Lehren man aus den Ereignissen ziehen sollte, doch die Beteiligten hinterlassen mit facettenreichen Portraits durchaus nachhaltige Eindrücke und verweisen dezent auf die spezielle Signatur ihres Schöpfers, des Schriftstellers John Le Carré, ganz so wie es die Jack-Ryan-Verfilmungen in einem anderen Universum mit Tom Clancy taten.
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Sherlock – Die Braut des Grauens
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Der kleine Ausstecher aus dem Konzept der Serie schien ja offenbar insgesamt nur mäßig gut anzukommen. Da ich den Humor und das Episodenprinzip immer sehr mochte, das moderne London für meinen Geschmack allerdings ziemlich an der Atmosphäre nagte, kommt mir die in die Originalzeit verlegte „Braut des Grauens“ natürlich gerade recht. Zumal geschickt mit dem Hauptbogen verzahnt, überzeugt die Geschichte mit stimmungsvollen Gruselmomenten, der gewohnten Portion Holmes'schen Zynismus und einigen interessanten visuellen Spielereien. Dazu geschickte Verweise auf die Doyle-Vorlagen sowie auf die Hauptserie – hat Spaß gemacht!
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Ash vs. Evil Dead – Season 2
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Die über hiesige Streaming-Portale sehr flott nachgereichte zweite Staffel um Ash und seinen endlosen Kampf gegen das Böse endet ein wenig fad und definitiv so, als habe man nicht gewusst, ob es noch weitergeht – einen großen Weltuntergangs-Cliffhanger findet man diesmal jedenfalls nicht vor, sondern ein unentschlossenes und dennoch (fast) abgeschlossenes Ende, das allerdings die ganze Zeit nach Plastikblase aussieht und dessen Ausgang man nicht so recht trauen mag.
Inzwischen ist klar, dass eine dritte Staffel kommen wird. Sehr erfreulich, denn abgesehen von den letzten zehn Minuten haut die zweite Staffel nochmal einen Extralöffel Topping auf alles, was schon an der ersten so gut funktioniert hat.

Gleichwohl sind zumindest die Drehbuchschreiber von Faulheit nicht ganz freizusprechen: Nicht nur überschlagen sich die Ereignisse gerade in den letzten beiden Folgen so schnell, als wenn damit Logikfehler kaschiert werden sollen, auch gleicht der hektische Ablauf insgesamt doch sehr der Vorgängerstaffel, inklusive einer erneuten Rückkehr in die Waldhütte, damit sich die „Home Sweet Home“-Tafel an der Wand auch bezahlt macht.

Andererseits befördern die Autoren Ash mit ihrer Bequemlichkeit gewissermaßen in den endlosen Limbus von Horror, Leid, schwarzem Humor und Erlösung, der schon mit den Filmen angedeutet wurde. Campbells kettensägenhändige und boomsticktragende Schöpfung ist dazu vorbestimmt, wieder und wieder gegen endlose Heerscharen von Besessenen anzukämpfen, und der Kampf wird nur witziger, je mehr Ash zusätzlich mit natürlichen körperlichen Gebrechen zu kämpfen hat.
Von „The Walking Dead“ ist das Publikum Blut und Gekröse längst gewöhnt, stets jedoch im Rahmen eines Dramas – wo Figuren sterben, ist der Tod endgültig und man wird auf Leidempfindungen konditioniert. „Ash vs. Evil Dead“ hingegen nutzt Splatter bzw. Gore gemäß seiner Vorlage als schwarzhumorige Verrenkung mit befreiender Wirkung: Obwohl die Dämonenerscheinungen durchaus erschreckend und horrorlastig wirken können, werden sie immerzu ironisch gebrochen. Beides in hoher Dosierung wohlgemerkt: Während die dargestellte Gewalt grafisch sämtliche früher geltenden Gesetze der TV-Unterhaltung bricht, wird sie noch im gleichen Zuge ebenso konsequent der Lächerlichkeit preisgegeben.

Gerade hier setzt die zweite Staffel noch einen drauf. Pablo-Darsteller Ray Santiago muss zum Beispiel leiden wie eine Sau auf der Schlachtbank (nicht nur sein Charakter, sondern vermutlich auch er selbst direkt am Set), weicht aber nie von dem slapstickartigen Auftreten ab, das etliche Schändungen seines Körpers wieder abmildert. Dana DeLorenzo kombiniert Sexyness mit toughem Auftreten und jener Portion Selbstironie, die bei solchen Kombinationen normalerweise immer fehlt. The King himself, Mr. Bruce Campbell, setzt sogar neue Standards für die Reihe: Sein Kampf mit einer aufgeschnittenen Leiche in Episode 2 zeichnet sich durch eine dermaßen ekelerregende Choreografie aus, dass sie wohl zu ikonischen Höhenflügen ansetzen dürfte, vergleichbar mit den Instant-Classic-Momenten der Filmreihe.

Auch sonst wird ein erlesenes Gespür gezeigt für den speziellen Humor von „Evil Dead“. Ein dämonisches Auto lässt mit einfallsreichen Spezialeffekten seine Kollegin Christine wie ein in der Garage geparktes Mauerblümchen wirken, eine monströse Handpuppe Konkurrent Kermit gelb anlaufen vor Neid. Überragend auch der komplett durchgeknallte Kellerkampf gegen eine gewaltige Dämonenkreatur, die nicht nur Raimis Werk, sondern vor allem Peter Jacksons „Braindead“-Finale jeden gebührenden Respekt erweist.

So hat praktisch jede der zehn neuen Folgen diverse Highlights zu vermelden, zu denen sicherlich auch die Gastauftritte von Lee Majors und Ted Raimi gehören. Richtige Durchhänger wie kurz vor dem ausgedehnten Finale von Staffel 1 gibt es auch nicht mehr. Irrenhaus- und Zeitreiseplots, die nun an dieser Stelle platziert sind, wirken zwar immer etwas bequem, aber als Ash in verrottenden Gemäuern mit den eigenen Piepmätzen zu kommunizieren beginnt und auch hier natürlich wieder blutige Spuren hinterlässt, wird die Quintessenz der Reihe ebenso gut eingefangen wie in hässlich tapezierten Hausfluren, auf Kneipen-WCs oder im Zentrum des Bösen, der legendären Waldhütte.

Fazit? So langsam beginnt man zu glauben, dass sich das Konzept von „Ash vs Evil Dead“ noch ein paar Staffeln lang ohne Abnutzung halten könnte. Season 3 darf kommen.
:liquid7: ,5


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Beitrag von Vince » 30.01.2017, 11:47

Chopping Mall
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Beachtenswert: Dieser strikt nach Dezimationsprinzip vorgehende kleine B-Heuler entstand noch ein Jahr vor „RoboCop“. Mit seinen patrouillierenden Robotern auf Kettenantrieb, einer Mall als Schauplatz und vor allem der Tagline „Have A Nice Day“, die sich angesichts der Ereignisse zunehmend mit Ironie auflädt, hätte man glatt auf einen direkten Einfluss durch den Verhoeven-Kracher gewettet (es wird doch wohl hoffentlich nicht andersherum gewesen sein?).

Grundsätzlich ist „Chopping Mall“ begonnen beim albernen Titelwortspiel bis zur plastikartigen Optik der rollenden Maschinen ein typischer Wynorski und als solcher nichts weiter als ein stumpfer Genrebeitrag von vielen, der sich weder zum Zeitpunkt seiner Entstehung qualitativ besonders hervortat noch später sonderlich dazugewonnen hätte; es sind schließlich immer noch ein Haufen Dumpfbacken, die sich in einem Einkaufszentrum einschließen lassen und ausnahmsweise mal nicht von einem Serienkiller gejagt werden, sondern von einem Satz Schrauben.

Die Reihenfolge des Ablebens ergibt sich zuverlässig aus dem IQ; insofern auch hier keine Überraschungen. Spezialeffekte finden in Form eingezeichneter Laser (eine Spezialität der 80er) und der ein oder anderen blutigeren Sequenz statt, wobei ein Kopf-ab-Moment fast schon wie ein einsames Highlight dasteht.

Sehenswert wird derartige Stangenware eigentlich nur durch das originelle Setting und kleine Gimmicks (ein Poster zu Wynorskis Debüt „The Lost Empire“ an der Wand, „Attack of The Crab Monsters“ läuft im TV), weniger durch die sich unbeholfen um die eigene Achse drehende Spielzeugartillerie. Denn wo das Herumgelümmel in den Shops des verlassenen Gebäudekomplexes durchaus ein Gefühl der Gemütlichkeit erzeugt (wenn schon keines der Beklemmung), mag man die Metallzwerge trotz ihrer leuchtenden roten Visiere nicht so recht ernst nehmen. Dadurch leidet die Spannung unter einem höheren Bodycount als der Satz Figuren, der sich ein herzhaftes „Hasta La Vista“ wahrhaftig doppelt und dreifach verdient hätte. Schade, dass man die Kegel immer nur einmal abräumen kann und dass am Ende einer stehen bleibt...
:liquid4:

Tourist Trap
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Einen Ausnahmestatus behält sich David Schmoellers rasch abgefilmter Horrorthriller nicht unbedingt wegen des Handlungsortes bei, auch wenn die Mischung aus Museums- und Hotelanlage am Rand einer verlassenen Autobahnzufahrt ihre atmosphärischen Vorzüge bereithält. Schon gar nicht hat er mit der Gruppe Twen-Ager zu tun, die nach Genre-Vorschrift mit ihren Cabrios Autopannen haben, in merkwürdigen Tümpeln baden gehen und von unsichtbarer Hand jenseits der Zivilisation geleitet werden. All das bedient lediglich Klischees und bereitet zunächst einmal zweckmäßig die Ausgangslage.

Es die Art, wie tote Gegenstände zum Leben erweckt werden, mit der „Tourist Trap“ dafür sorgt, nicht in Vergessenheit zu geraten. Das meist mit Requisiten überladene Szenenbild erzeugt eine grundsätzliche Desorientierung, Schnitt und Sounddesign sorgen dann für den Rest: Wie nur wenige Puppenhorrorfilme spielt dieser mit der Wahrnehmung von Bildausschnitten und setzt das Uncanny-Valley-Prinzip ganz bewusst ein. Puppen in starren Einzelbewegungen, die durch eine stroboskopartige Montage einzelner Einstellungen in eine Art Imitation des Lebendigen geführt werden. In dieser Hinsicht ist Schmoellers Arbeit handwerklich zwar durchschaubar, nichtsdestotrotz aber ungemein effektiv. Verstärkt durch ein ausgesprochen unheimliches Puppenthema, das aus seufzendem, weiblichen Singsang zu bestehen scheint, erzeugt der Blick auf die völlig mit Mannequins verstellten Räumlichkeiten ein Gefühl permanenter Beobachtung, zumal kaum eine Puppe der anderen gleicht. Wo die eine nur die Augen gleiten lässt, scheint sich die nächste fortzubewegen; einige werfen mit Gegenständen, andere lassen den Kiefer bedrohlich nach unten klappen. Wieder andere werfen sich mit Ragdoll-Effekt auf den Zuschauer, als wären sie gestoßen worden, und doch liegt in ihrer Bewegung etwas zutiefst Absichtliches.

Das so zur perfiden Trickfalle umfunktionierte Gebäude lässt dann auch Hauptdarsteller Chuck Connors eher blass aussehen, der als zwielichtiger Museumsbesitzer natürlich von Beginn an ein Norman-Bates-Kandidat ist und sich der eher zweckmäßigen Ausgangskonstellation anpasst. Egal, denn es ist nicht das Einzeltäter-Feeling des gemeinen Slasher-Films, das „Tourist Trap“ herausstechen lässt, sondern die tausend kalten Augen aus dem Schatten, die in jedem Raum lauern.
:liquid7:

Don't Breathe
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Wie lange kannst du die Luft anhalten? Die Beantwortung dieser Frage genießt bei „Don't Breathe“ höhere Relevanz als die übliche Erkundigung danach, wie viel Blut man ertragen kann oder wie abgehärtet man gegenüber Jump Scares ist. Schon das lässt ihn in den Medien zum Ausreißer werden, insbesondere da er ausgerechnet von Fede Alvarez kommt, der sein grimmiges „Evil Dead“-Remake noch mit reichlich Blut garniert hatte, auf das er diesmal wohlweislich verzichtet.

Doch auch das angespannte Innehalten ist nur ein archaischer Reflex des Horrorfilms. Die Innovationslorbeeren sind daher vielleicht nicht ganz nachzuvollziehen, den frischen Wind gesteht man dem ungewöhnlich arrangierten Psychoduell zwischen einem blinden Veteranen und einem Einbrecher-Trio aber gerne zu, gerade in einem insgesamt schwachen Horror-Jahr wie 2016. Wenn man jedoch Spaß daran hat, Momentaufnahmen zu sezieren, ist man an der richtigen Stelle. „Don't Breathe“ wird bestimmt von Szenen, in denen Zentimeter und Dezibel zwischen Leben und Tod entscheiden. Wie bewegungslose Schachfiguren verharren die Akteure in gefrorener Pose und erwägen nächste Schritte; Alvarez kostet das Situative aus und nutzt den beengten Raum des einfach konzipierten und doch verschlungen wirkenden Hauses bis auf den letzten Winkel aus. Zusätzlich gelingt ihm auf Grundlage einer sehr geringen Anzahl von Darstellern ein kunstfertig arrangierter Spannungsbogen, dessen Wendungen stets zum richtigen Zeitpunkt als Joker gezogen werden.

Derart eng geführte Kurven führen zwangsläufig zu logischen Kompromissen; schon die mitunter recht lautstarken Auseinandersetzungen mögen je nach Geschmack mit der verlassenen Nachbarschaft nur unzureichend erklärt sein, doch dass ein argwöhnischer Blinder mit militärischer Ausbildung in seinem eigenen Haus so manches Geflüster direkt aus dem Nebenraum nicht zu vernehmen scheint, obwohl er sich bereits im Alarmzustand befindet, ist nur schwer zu erklären. Andererseits feuert Alvarez mit reichlich Gegendarstellungen, die das Gesamtbild wieder in eine glaubwürdige Richtung lenken; etwa wenn die intuitiven Bewegungen Stephen Langs andeuten, dass er jede Unebenheit seiner Behausung ganz genau kennt.

Trotz all dieser Vorzüge, trotz der wahrhaft beängstigenden Darstellung Langs und obwohl man sich bei den Einbrechern sogar um Hintergründe bemüht und ihre Motivation somit begründet, echte Hochspannung möchte nicht aufkommen. Möglicherweise liegt das daran, dass der Kniff des Seitenwechsels nicht so funktioniert wie er sollte. Das Drehbuch zerrt die Einbrecher mit Gewalt in den Empathiebereich des Mitgefühls und den Hausbesitzer daraus weg; am Ende ist einem keiner der Anwesenden so richtig geheuer und es wird nahezu egal, wer die Oberhand behält. Ab hier funktioniert der Film nur noch mechanisch über seine Regler und nicht mehr über die emotionale Komponente. Vergebenes Potenzial, bedenkt man den erfrischend unangepassten Charakter des Films ohne jedwedes Sequel-Flair. Auch wenn ein solches aufgrund des Ausgangs sowie vor allem des Box-Office-Erfolgs nun im Bereich des Möglichen liegt.
:liquid6:

Sherlock Holmes – Die Perle der Borgia
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Nach einem erfrischenden Auftakt unter 20th Century Fox, einer schwierigen Neuorientierung nach der Übernahme durch Universal und dem Aufstieg zur Hochphase mit „Das Spinnennest“ und „Die Kralle“ reguliert sich die Sherlock-Holmes-Reihe mit ihrem neunten Beitrag auf ein solides Unterhaltungsmaß und setzt auf die Vertrautheit mit Nigel Bruce und Basil Rathbone, deren Eigenarten sich dem Publikum längst eingebrannt haben.

Dass der stets wunderbar überheblich agierende Rathbone seinen Holmes einmal über die eigene Arroganz stolpern lassen würde, war fast abzusehen. Da möchte der Meisterdetektiv in all seiner Souveränität die moderne Technik bloßstellen und prompt nutzt ein Dieb die Gunst der Stunde, um eine kostbare Perle zu stehlen. Obwohl Holmes öfter mal in (meist vorgetäuschten) Momenten der Hilflosigkeit verweilte, glich er nie mehr einem begossenen Pudel; und so sehr man Rathbone auch mag, man freut sich doch diebisch über Hohn und Spott, der ihm am Szenenende zuteil wird.

Die Perle fungiert erwartungsgemäß als einfacher McGuffin für einen klassischen Heist-Plot, der zum routinierten Charakter des Films beiträgt. Andererseits wirken einige der erzählerischen Mittel durchaus fortschrittlich; so lässt die Rekonstruktion einer Schlüsselszene in ihrem sezierenden, Raum und Zeit aus dem Kontinuum hebenden Ablauf ganz besonders an Guy Ritchies Neuinterpretation denken.

Doch der Rest ist tatsächlich vor allem guter Krimi-Standard: Ein begehrtes Objekt, eine Reihe von Morden und ein paar Spitzfindigkeiten später ist man bereits beim Finale angelangt und kommt zu der Erkenntnis, dass „Die Perle der Borgia“ nicht mehr zu den allerbesten Einträgen in die Reihe gehört, gleichwohl er von den Erfahrungswerten der Vorgängerfilme profitiert und daraus einen hohen Unterhaltungswert gewinnt.
:liquid7:

Sherlock Holmes: Das Haus des Grauens
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Die erneute Rückkehr in das klassische Ambiente eines schaurigen Herrenhauses, verknüpft mit der bewährten Dezimationslogik nach Agatha Christie, hat inzwischen etwas Befremdliches an sich. Konnte man den Bezug auf die Baskerville'schen Ursprünge der Serie bei „Gespenster im Schloss“ noch verstehen, wenn nicht sogar begrüßen, gleicht das ständige Hin und Her zwischen Modernisierungs- und Traditionalisierungsversuchen nach inzwischen zehn Filmen einer Farce. Denn wie könnte „Das Haus des Schreckens“ noch mehr sein als eine blasse Variante des sechsten Films, die ganze Einstellungen aus Archiven abzupausen scheint?

Wo immer eine Gruppe „alter Freunde“ sich zu besonderen Anlässen trifft und von einer äußeren Bedrohung heimgesucht wird, hängen Genrefreunde natürlich trotzdem am Haken. Die per Eilbrief zugestellten Apfelsinenkerne bringen herzhafte Symbolik ins Spiel, während argwöhnische Augenpaare sich quer über den langen Banketttisch gegenseitig bemustern. Nicht nur aufgrund der altmodischen Dekors gelten wieder die Gesetze eines spürbar älteren Zeitfensters: Während in der Vorgängerepisode noch mit elektronisch gesteuerten Alarmsystemen gefuhrwerkt wurde, wird die viktorianische Kulisse diesmal nur durch wenige Anachronismen aus dem Gleichgewicht gebracht, was den Suspense unter Berücksichtigung der begrenzten technischen Einschüchterungsmittel durchaus verstärkt. Das macht schon Freude, auch wenn man sich die Erfüllung der ominösen Prophezeiungen etwas spannungsreicher vorgestellt hätte, denn meist verenden sie geräuschlos im Off.

Basil Rathbone und Nigel Bruce müssen dieser Konstellation nichts weiter hinzufügen als ihre Detektivsroutine; im Grunde würde die Geschichte auch ohne ihr Zutun zum Ziel gelangen. Gleichwohl kann zumindest Bruce eine bemerkenswerte Szene vorweisen, in der er bei wütendem Sturm allein in der Empfangshalle die Nerven verliert und alles auf einen Haufen schießt, was auch nur die Andeutung eines Geräuschs verursacht.

Je tiefer die Ermittlungen reichen, desto deutlicher wird allerdings, dass der Plot in recht einfachen Mustern gestrickt ist. Durchschnittlich eineinhalb Filme pro Jahr zehren eben irgendwann an der Kreativität und überlassen der Routine die Führung. Ein schleichender Prozess, der in dieser Reihe inzwischen eingesetzt hat.
:liquid5:

Ben Hur
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Am Ende zerschellt dieser Reanimationsversuch eines längst verendeten Genres aus der goldenen Zeit Hollywoods an seinem offensichtlichen Modernisierungsdrang. Körperlose Popmusik ist trotz vorangehender Nutzung traditioneller Instrumente in Marco beltramis Score der letzte akustische Reiz vor dem Abspann und steht stellvertretend für die die bekömmliche, glatte Aufbereitung der Geschichte Judah Ben Hurs, die schlussendlich nur das finale Wagenrennen im Sinn hat. Mit ihm beginnt der Film und mit ihm endet er; alles dazwischen bahnt sich nur den Weg dahin und setzt auf leichte Konflikte und Spezialeffekte, die der treibenden Handlung stoßweise ihre Richtung geben.

Der zentrale Bruderkonflikt vermag kaum zu berühren, was insofern doch überraschend kommt, als dass zumindest die Hauptrolle mit Jack Huston („Boardwalk Empire“) angenehm atypisch besetzt ist und auch Toby Kebbell als verräterischer Römer zwar optisch jedem Klischee entspricht, sich aber nicht immer zwangsläufig dementsprechend verhält.

Abgetötet wird das Emotionale aber schon in der klinischen Inszenierung. Krawallregisseur Timur Bekmambetow gewährt durchaus schöne Momente des Innehaltens (und vertieft damit unerwartet auch die Beziehung Ben Hurs zu seinen Pferden, von deren Leistung im finalen Wagenrennen immerhin sein Schicksal abhängt), durchzieht die zwei Stunden aber auch mit unnahbarem Spektakel, das einerseits dynamisch gefilmt ist, andererseits durch den Schnitt und den nicht immer ganz sauberen Einsatz von CGI seine Fühlbarkeit mindert. Die Furcht, sich auf die ungefilterte Darstellung dieser als tot geltenden Epoche einzulassen und damit eine altbackene Wahrnehmung zu riskieren, beherrscht zwar nicht nur „Ben Hur“; er aber ist es, der mit großen Mitteln versucht, die Faszination für den Sandalenfilm zu rekonstruieren.

Das Wagenrennen hält schließlich mit furiosen Kameraperspektiven vor, unter, über, hinter und neben den rollenden Kabinen alle im Trailer gegebenen Versprechen, ohne natürlich die spektakuläre Wirkung des Originals zu erreichen. Denn ganz egal, mit wie viel Aufwand die Runden im Sand gedreht werden: Das Rennen gewinnt man schon vor seinem Start.
:liquid5:

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Beitrag von StS » 30.01.2017, 14:20

"Don´t breathe" hab ich mir auch schon zugelegt.
Ein Sequel soll übrigens kommen...
"Right now we have Don't Breathe 2 as something we really want to do", said Alvarez. "The challenge obviously is we just don't want to do the same movie again and just have 2 in it. We'll feel so embarrassed if we do that. At first our reaction when they told us was no no no no no that's Hollywood, that's the devil pushing us to do something just because we can. And then we had an idea that we got really excited about, we won't tell you what it is, it'll spoil the whole thing..."

"It's only the greatest idea for a sequel I've ever heard. I'm not kidding", said Raimi.

The pair didn't elaborate on the idea, but confessed it's perhaps not studio friendly.

"We're happy that it's kind of an anarchic as an approach to a movie," said Alvarez. "Is it what the studio would die to have right away? Who knows. Maybe"

"No, they're not going to like it at all," laughed Raimi.

"They're going to freak out when they find out," continued Alvarez, "but we're excited about that. We're probably going to start writing pretty soon. If I love it, I might direct it as well. We'll see what happens. It's exciting to see a character you want to see more out of it. At least I do. I'd love to see the blind man on the screen do some other things. What's going to happen with him in his life?"

(ign.com)

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Beitrag von LivingDead » 31.01.2017, 09:21

Nochmal zu "Don't Breathe": Der von dir angesprochene "Seitenwechsel" ist mir gar nicht so stark aufgefallen. Gerade weil ja die Einbrecher schon von Anfang an als die Hauptcharaktere eingeführt werden und mit Jane Levy auch direkt eine Identifikationsperson gewählt wurde. Zudem lässt ja schon der Prolog vermuten, dass mit dem Hausbewohner etwas nicht stimmt. Von daher sehe ich diesen Punkt als weniger kritisch. Eine Zweitsichtung wird jedoch auch bei mir zeigen, inwiefern der Film seine Qualitäten auch bei Kenntnis aller Wendungen aufrecht erhalten kann.
Mit freundlichem Gruß
LivingDead

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Beitrag von Vince » 31.01.2017, 18:02

Nein, drehbuchtechnisch ist natürlich von Anfang an klar, dass der Alte ein durchaus fieser Möppel sein würde und die Einbrecher all das nicht verdient haben, was ihnen widerfährt. Das macht in der Synopsis des Films ja überhaupt erst den Reiz aus. Es ist dann eher eine Sache der Charakterzeichnung, dass das bei mir nicht so ganz funktioniert. Ich fühle nicht wirklich Mitleid mit den Einbrechern und nicht wirklich Hass oder zumindest Antipathie gegen den Hausbesitzer, auch wenn das Skript an gewissen Stellen genau diesen Effekt erreichen will - dies für meinen Geschmack dann manchmal zu sehr.

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Beitrag von Vince » 26.02.2017, 08:46

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Es ist ein leichtes, „Backtrack“ in seine Bestandteile zu zerlegen. Aschfahle Gesichter in vorbeiratternden Zügen und sich unnatürlich vornüber in die persönliche Comfort Zone hineinbeugende Geistergestalten zeigen sich klar von der japanischen Geisterfilmschule inspiriert (nicht einmal so sehr von „Ring“ oder „The Grudge“, sondern eher von „The Eye“, „Mirrors“ und vielleicht „Nightmare Detective“), der psychologische Aspekt und die Drama-Anteile mit urbaner Spiegelung folgen der Sixth-Sense-Welle von Anfang des 21. Jahrhunderts und die Rückblenden, im Vergleich zum als Verdrängungsmechanismus fungierenden Großstadtsetting von ländlicher Freiheit geprägt, haben viel mit den 80ern, mit „Stand By Me“ und seiner Aufarbeitung von Jugendtraumata zu tun.

Kurz, die Produktion sät keine eigenen Pfade aus und heftet sich eher an Standards; alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen, zumal Adrien Brody als Hauptdarsteller längst nicht mehr in außergewöhnlich relevanten Filmen in Erscheinung tritt, sondern bei der Rollenauswahl eher einem Nicolas Cage zu folgen scheint.

Und doch kann man nicht behaupten, „Backtrack“ sei eine schnell abgekurbelte Kopie eines unbestimmten Referenzwerks. Seine handwerklichen und auch atmosphärischen Qualitäten erscheinen zu ausgefeilt; die Jump Scares werden sorgsam eingesetzt, wirken abwechslungsreich und sind daher meist effektiv; mit allzu offensichtlichen Twists wird nicht zu lange herumgespielt, lieber gibt man sie vorsorglich preis, wissend, dass das Gelingen des Films nicht von seiner Auflösung abhängen darf.

Es ist wichtig, dass gerade Brody als gepeinigter Psychiater das schauspielerische Gleichgewicht hält; ein trauriger Blick zu viel und schon rollt der Zuschauer angesichts der etwas klischeehaften Ausgangslage mit den Augen. Und obwohl er Szenen zu durchstehen hat, in denen er mit dem Flachmann auf einer Bahnhofsbank sein Selbstmitleid ertränkt und obwohl der Weg vorhersehbarerweise unweigerlich zurück in seine Jugend führt, beweisen sowohl Brody als auch die Regie beim Bewahren der Balance Stärken.

„Backtrack“ ist sicher kein Must See, löst an einem gemütlichen Heimkinoabend aber auch keine Verärgerung über verschwendete Zeit aus; vielleicht ist man sogar überrascht ob der Vorzüge, die man nicht erwartet hätte.
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Mörderland
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Da das südspanische Wattengebiet ohnehin bereits den Titel bestimmt, gibt es auch gleich im Vorspann die Marschrichtung an. Die Kamera stellt aus Vogelperspektive ihre verwinkelten Muster als Kunst aus und schwelgt im Zwielicht, das ebenso viel Ruhe vermittelt wie sie das im Lauf des Lichts Verborgene betont.

„Mörderland“ ist ein Kriminalfilm mit visuellem Antrieb, der in seiner formalen Ästhetik stecken. Die unübersehbaren Bezüge zur US-TV-Serie „True Detective“ liegen darin begründet und werden durch die Ermittlerkonstellation weiter begünstigt. Das Drehbuch wird von präzisen Handlungsabläufen bestimmt, die auch besondere Plansequenzen wie eine nächtliche Autoverfolgungsjagd beinhalten kann. Möglicherweise werden in Spanien mehrer Krimis mit ähnlich ausgefeilten Plots pro Jahr gedreht; dass dieser zu internationaler Bekanntheit gelangte, liegt an seiner Einbettung in konzeptionell außergewöhnliche Handlungsabläufe, an der virtuosen Kameraarbeit und dem effektiven Schnitt, weniger vielleicht am Plot selbst oder an den Schauspielleistungen, auch wenn diese ebenfalls wohlwollend aufgenommen wurden.

Man hat nicht das Gefühl, etwas ganz Neues zu sehen; es ist vielmehr der hohe handwerkliche Standard, den „Mörderland“ für den Kriminalfilm setzt und mit dem er ein modernes Verständnis für das alte Genre über die US-Grenzen hinaus etabliert.
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Der Dämon und die Jungfrau
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Schmerz als Lust und Verlangen, nicht zuletzt als Sehnsucht und Verlustbewältigung: Im Kontrast zu seiner altmodischen Machart wendet „La Frusta e il Corpo“ durchaus gewagte Methoden an, um die Psychologie seiner Hauptfigur zu formen. Dazu lässt Bava Lichter flackern, Äste peitschen und Silhouetten im Dunkel verschwinden oder aus ihm hervortreten. Die audiovisuelle Abstimmung ist auf Uneindeutigkeiten ausgelegt, von der vor allem Christopher Lee profitiert. Obgleich seine Rolle in Sekunden gemessen von vergleichsweise geringem Umfang ist, lauern Spuren seiner Präsenz in jedem Winkel des geräumigen Anwesens, das ohnehin bereits von schweren Möbeln, dunklen Ecken und fahlen Gesichtern im vorderen Eck der Mise en Scène in undurchdringlicher Schwermut versinkt.

Mit diesen einfachen, aber effektiven Mitteln erzeugt der Regisseur einen Sog, dem man sich schwer entziehen kann. Das Drehbuch ist dabei in der Auflösung ebenso von eher einfachem Format wie die vielen Heimsuchungsszenen: Eine dramatische Wende soll als Schlusspunkt vordergründig schockieren, ebenso wie es bis zu diesem Zeitpunkt undefinierbare Geräusche im Tondesign sowie schlammige Fußspuren und kalkweiße Klauen aus der Schwärze des Bildes taten. Atmosphärisch hingegen gelingt Bava eines seiner wohl kraftvollsten Werke, das jede Sekunde seiner Laufzeit vollends nutzt.
:liquid8: ,5

Dolls
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Mit dem Moment, als der Wagen einer ziemlich kaputten Kleinfamilie auf der Durchreise im Schlamm stecken bleibt und im Hintergrund wie gerufen die einladende Fassade eines Anwesens zum Vorschein kommt, entpuppt sich „Dolls“ als eine Ansammlung kleiner funktionaler Konstrukte, die für sich genommen sehr gut funktionieren. Man darf folglich außergewöhnliche Puppeneffekte erwarten, die mal auf animatronischen Tricks basieren, mal auf Stop Motion; man bekommt einen Haufen stereotyper Klischeefiguren, wegen derer die 80er derzeit wieder Fans gewinnen; außerdem ist das Innere der düsteren Villa mit ihren dunklen Tapeten und geheimnisvollen Zimmern hochgradig atmosphärisch in Szene gesetzt. Jede Szene wird zu einem kurzen Sketch für sich aufgebauscht und endet wahlweise in einer komischen oder auch blutigen Pointe. Zusammenhanglos treffen die unterschiedlichsten Figuren (insgesamt sechs an der Zahl) im Heim eines dubiosen alten Ehepaars ein, jede von ihnen ganz in die persönlichen Probleme vertieft.

Aus dieser ruhelosen, von gegenseitiger Ignoranz gelenkten Zusammenkunft heraus beginnt die kleine Protagonistin mit einem jung gebliebenen Begleiter also die Flure und Zimmer zu erkunden. Dass aus den Streifzügen letztlich kaum die Magie anderer aus den Augen von Kindern gedrehter Filme strahlt, liegt auch daran, dass die im Einzelnen stimmig arrangierten Sequenzen kaum zueinander finden. Hintergründe und Motivation des alten Paars bleiben bis zum Ende im Dunkeln verborgen und die Mythologie um die winzigen Quälgeister aus Holz und Porzellan bleibt über den Abspann hinaus skizzenhaft.

Kein Wunder also, dass die Handwerkskunst in „Dolls“ weit größeres Erstaunen hervorruft als der inzwischen beinahe vergessene Film selbst. Misst man ihn nämlich an den Produktionswerten, so kann er namhafteren Miniature-Creature-Features wie „Gremlins“ durchaus das Wasser reichen...
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Dirty Grandpa
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Die Missachtung gesellschaftlicher Rollenbilder soll gleichermaßen empören wie unterhalten, doch „Dirty Grandpa“ ist nicht der erste Opa, der sich nicht an die Regeln hält. Mit Bad Grandpas, kleinen Arschlöchern und ihren alten Säcken, bad Weihnachtsmännern, bad Lehrerinnen, desperate Hausfrauen und jüngst auch bad Müttern ist man in bester Gesellschaft – und einfach eine Spur zu spät dran.

Das schlackernde männliche Glied tritt mal wieder als Schreckgespenst amerikanischer Prüderie auf und soll Moralaposteln eine Mischung aus Zornes- und Schamesröte ins Gesicht zaubern; möglicherweise verkennt man inzwischen aber den Erfahrungswert dieser Klientel mit derartigen Holzhammerattacken. Nicht einmal der kleine Bruder grafischer Anzüglichkeiten, das böse F-Wort, holt da noch die Kohlen aus dem Feuer: Über weite Strecken wirkt das Abenteuer eines Großvaters und seines Enkels wie bestellt und nicht abgeholt.

Es ist schließlich auch lange her, dass man Robert De Niro als Kassenmagneten engagieren konnte. Heute setzen einige Regisseure eher daran, ihn behutsam aus seinem Loch zu holen (David O. Russell bestreitet diese Aufgabe zugegebenermaßen relativ einsam), während andere ihn postwendend wieder ausschlachten. Obwohl der einstige Edelmime nach schwerem Anlauf durchaus seine Momente hat, besteht wohl kein Zweifel, dass im vorliegenden Fall eher wieder Ausschlachtung angesagt ist. Ohnehin hat die Rolle am Ende nichts schreiend Revolutionäres an sich; eine Menge Jack Byrnes („Meine Braut, ihr Vater und ich“) steckt in ihr. Zumindest war jene Figur bereits auf dem besten Wege, im Alter zum dreckigen Großvater zu werden.

Interessanter stellt sich da schon der Umgang mit Zac Efron dar. Ihm gelingt es immerhin, trotz seines Sexsymbol-Potenzials den befremdlichen Spießer fast zur Vollendung zu bringen und somit einen stolzen Kontrast zum routinierten Hauptdarsteller zu schaffen. Er ist das um den Kopf des unbeirrlichen Duracell-Hasen kreiselnde Atom und bringt die Sache gewissermaßen in Schwung, auch wenn er mit manch allzu plakativer Tabubruchszene (Aufwachen am Strand) gehörig daran zu knabbern hat, den Film nicht völlig in die tiefsten Abgründe des Niveaus absinken zu lassen. Neben ihm heben sich einige wenige Nebenfiguren hervor, insbesondere Aubrey Plaza als durchgeknallte Männerfresserin. Aber selbst das gehört längst zum ausgewiesenen Standard.

Es wird die Zeit kommen, da sind die Altersheime voll von fiesen Opas, die ihre Medizin nicht einnehmen wollen. Müssen wir befürchten, dass der Everyman in der nächsten Generation Komödie zum neuen Tabubruch wird?
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The Lickerish Quartet
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Ein kontrastreich geführter Pop-Art-Strich lässt diesen Erotik-Kunstfilm unnötig prätentiös wirken, zumal er ein intellektuelles Selbstverständnis verströmt, wie es für die aufblühenden 70er Jahre charakteristisch werden würde. Dem Bauchgefühl der sexuellen Revolution setzt Radley Metzger eine analytische Note entgegen: Ein aus der Form gewachsenes Familienkonstrukt um ein älteres Ehepaar und einen erwachsenen Sohn, dessen ursprüngliche Funktion längst zu einer toten Zweckgemeinschaft pervertiert ist, schaut sich in einem großen Schlosssaal über einen Projektor einen erotischen Film an; nicht etwa der Erregung wegen, sondern um den Film und die Drehumstände mechanisch zu zerlegen.
Zeitgleich beginnt die Handlung, effektiv mit der Mediendialektik zu verschmelzen, die sich im Metakontext zu entfalten beginnt. In einer Folgeszene auf einem Jahrmarkt wird das Dreigespann zufällig mit der augenscheinlichen Hauptdarstellerin des Films-im-Film konfrontiert. Ab diesem Augenblick wird das bis dahin mit scharfem Trennstrich markierte Realitätsverständnis in feine Schichten verlagert und somit einer Veränderung ausgesetzt.

Den elitären Gestus der Schlossbewohner versucht Metzger damit offensichtlich aufzubrechen, tatsächlich gelingt es ihm aber allenfalls, ihn auf sich selbst umzuleiten: Während die unbekannte Besucherin aus einer anfangs noch defensiv erscheinenden, ja situativ fast der Silhouette eines Entführungsopfers aus einem Horrorfilm gleichenden, später aber klar dominanten Situation heraus die drei Gastgeber voneinander zu isolieren beginnt und deren emotionalen Kern freizulegen beginnt, projiziert sich der gesamte Elitarismus im Regiestil.

„The Lickerish Quartet“ kann mit geschmackvollen mise-en-scènes, einfallsreichen Dekors (diese Bibliothek...) und seiner prachtvollen Kulisse jeden Cineasten problemlos um den Finger wickeln, erst recht durch seine anregende narrative Struktur; der Chic jedoch, der aus diesen Reizen spricht, hat sein Jahrzehnt nicht überdauert.
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Money Monster
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Für Jodie Foster ist „Money Monster“ bezüglich der Herangehensweise eine Weiterentwicklung. Anders als ihre übrigen Regiearbeiten lässt diese das Pacing über den Inhalt dominieren. Dem Sujet gemäß wird die Kapitalismuskritik nicht über Tiefgang erzeugt, sondern über die Unausweichlichkeit und Irreversibilität einer Live-Situation. Von ihr erwartet sich die Regisseurin sozusagen eine automatische Aufdeckung medial verhüllter Wahrheit.

Entsprechend führt sie George Clooney als clownesken Showmaster ein, der die Seriosität des von ihm getragenen Broker-Anzugs vor laufender Kamera ad absurdum führt. Schade, dass die Figur schon auf lustige Knöpfe drücken und wahnwitzige Tänze aufführen muss, damit unter Garantie zum Zuschauer durchringt, dass er eine Show wie „Money Monster“ nicht ernst nehmen darf – und damit er später gewisse Sympathien für jenes Individuum aufbringen kann, das sich vom kapitalistischen System übergangen fühlt und deswegen eine Live-Show kapert.

Es beginnt ein Spiel, das munter die Früchte sämtlicher Medien- und Geiselthriller in einen Topf wirft und dabei handwerklich nicht einmal eine schlechte Figur macht, auch wenn es zu den Eigenarten des Films gehört, dass man jede seiner Wendungen entweder weit voraussieht oder zumindest erahnt. Die Kombination Clooney + Roberts steht derweil für ausgedientes Starkino, das mit solchen Adrenalin-Knallteufeln neue Reputation zu erlangen versucht zu einer Zeit, da sich fast alles in großen Multiplexen über Tempo dechiffriert. Um hier mitzuhalten, ist Fosters Regie jedoch wiederum zu unspektakulär; um mit den großen Thrillern der 70er Jahre mithalten zu können, zu eindimensional.
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Finding Dory
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Das Ende der Fahnenstange bereits in Sichtweite, übt sich Pixar in Sachen realistische Animation inzwischen in Zurückhaltung. Das wird gerade im Direktvergleich mit dem begleitenden Kurzfilm deutlich, der mit wesentlich höherem Detailgrad realisiert wurde als der eigentliche Hauptfilm. Diesem ist eher daran gelegen, die traumartige Unterwasserwelt in ihren leuchtend bunten Farben als Reminiszenz an die Anfänge des Computeranimationsfilms zu gestalten, zu denen immerhin auch das Original „Findet Nemo“ gehört.

Als späte Fortsetzung kann man „Findet Dorie“ in einem platten Verweis auf die bewässerte Umgebung als überflüssig bezeichnen, es handelt sich aber doch um eine konsequente Fortführung des ersten Abenteuers, die nur den Anschein macht, sie kopiere lediglich deren Mechanismen; tatsächlich spart das Drehbuch mutigerweise einen Großteil der Ursprungsfiguren aus (Dorie, Nemo und Marlin selbstverständlich nicht) und führt stattdessen neue ein, unter denen ein brummiger Oktopus seines Gemüts wegen ebenso wie aufgrund der mit präzisem Comedy-Timing versehenen Fortbewegungs- und Tarnungstechniken deutlich herausragt. Auch der Titel ist völlig anders zu verstehen als das, was er auf den ersten Blick zu vermitteln scheint: Nicht etwa handelt „Findet Dorie“ davon, die Titelfigur in den Weiten des Ozeans wiederzufinden, vielmehr geht es für den vergesslichen Paletten-Doktorfisch um eine Reise in die eigenen bruchstückhaften Erinnerungen und somit in die eigene Identität.

Aus einem eher uninspirierten Filmbeginn heraus schält sich so bald ein ambitioniertes Abenteuer, das lustvoll mit Filmreminiszenzen jongliert und in Sachen Drehbuch unerwarteten Entdeckergeist versprüht, der den Rückgriff auf alte Markenzeichen nur selten nötig hat. Hier und da wird mal der berühmte Walgesang angestimmt oder im Schildkröten-Track mitgereist, weder aber benötigt man eine Rückkehr alter Fressfeinde (nicht einmal, wenn sie das Cover des ersten Teils geziert haben), noch drängt man einen Nemo oder einen Marlin diesmal dazu, mehr zu sein als begleitende Nebenfiguren. Das sorgt für ein unaufdringliches und ungezwungenes Sehgefühl und lässt die Hidden Scene um so erfreulicher werden.

Natürlich ist „Findet Dorie“ nicht so hintersinnig und allegorisch wie ein „Zoomania“, als Fortsetzung eines waschechten Animationsfilmsrelikts muss er dies jedoch auch gar nicht; da reicht es schon, mit genug Fingerspitzengefühl einen guten Nachschlag zu servieren und die Fallen des Selbstplagiats geschickt zu umgehen. Zumindest dies kann man Pixar zusprechen.
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Vikings – Season 3
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Mit jeder Staffel steigen die Ambitionen des Wikingervolkes, das dem Tode gemeinhin oft mit Gleichgültigkeit begegnet und gerade dadurch Schrecken beim Feind verbreitet. Doch die Serie zeichnet kein Bild dummer Bauern, die sich blind in die gegnerischen Schwerter werfen und auf ihre Überzahl vertrauen. Die Taktiken werden gewiefter, die Ziele größer. Als die dritte Staffel in ihre achte Episode einbiegt, steht man vor den Toren von Paris, eine von Mauern und Wällen geschützte Großstadt, die definitiv zur anspruchsvollsten Aufgabe für Ragnar Lodbrok und sein Gefolge anwächst. In Sachen Aufwand und Choreografie schließt diese Folge zu den legendären Schlachtenepisoden von „Game Of Thrones“ auf.

Konflikte sucht die Serie allerdings weniger im Umgang mit dem Feind, der sich diesmal als echter Knackpunkt erweist und mit seiner völlig unterschiedlichen kulturellen Denkweise erfolgreiche Abwehrstrategien zu entwickeln imstande ist, sondern vielmehr in den eigenen Reihen. Die Erziehung der Kinder, gerade angesichts der hohen Kriegsverluste ein wichtiges Thema, wird zu einem der Knackpunkte; ein anderer ist das Verhältnis der Wikinger zum Christentum. Beide Aspekte werden in persönliche Fehden übertragen, die sich bedeutend auf den Zustand der Hauptfigur auswirken. Travis Fimmel darf seinen Charakter langsam in den Wahnsinn überführen, so sehr, dass er gegen Ende der Staffel seinem Vertrauten Floki zu ähneln beginnt.

Kurz wagt sich das Skript mit einem Gastauftritt von Kevin Durand sogar in die Mythologie, die bis dato hauptsächlich den Auftritten des blinden Sehers vorbehalten war. Ihre stilisierte visuelle Linie muss die Serie deswegen nicht verraten: Die Farbgebung beschränkt sich auf ein Spektrum aus Blau-, Grün- und Brauntönen, der Kontrast bleibt aufgedreht, das stets schwarze Wasser ohne jede Transparenz. Mit dem französischen Königsstand wird eine Palette neuer Kostüme und Waffen eingeführt, die das Ambiente auf eine edlere Stufe erheben; die eher bescheidene Denkweise der Nordmänner aus der ersten Staffel scheint einer längst vergangenen Epoche anzugehören. In nur 29 Folgen ist es „Vikings“ tatsächlich gelungen, einen vollständigen Paradigmenwechsel im Vorgehen der Krieger, Brandschatzer und Landräuber einzuleiten. Sie bleibt damit eine der wichtigsten noch laufenden Serien über eines der faszinierendsten Völker, die jemals im Fernsehen portraitiert wurden.
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Fargo – Season 2
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Andere Zeit, anderes Setting, gleicher Schlag: Nach der überragenden ersten Staffel „Fargo“ bleibt auch die zweite dem skurrilen Ton treu, der einstmals von den Coens vorgegeben wurde. Etwas weniger Schnee muss man in Kauf nehmen, ebenso wie einen praktisch komplett ausgetauschten Cast. Was man aber angesichts der Leistungen von Billy Bob Thornton, Colin Hanks und Allison Tolman als schweren Verlust auffassen müsste, machen Kirsten Dunst, Jesse Plemons, Patrick Wilson, Bokeem Woodbine, Zahn McClarnon und viele andere mit gewohnt schrulligen Charakteren wett.

Man könnte anfangs dem Eindruck erliegen, trotz oder gerade wegen der völlig neu aufgerollten Story mit vollständigem Figurentausch werde die Rezeptur der ersten Staffel einfach wiederholt; nicht nur zeigt sich aber später, dass durchaus eine gewisse Kontinuität über Anknüpfpunkte vorhanden ist, auch erzeugt das immer verrückter werdende Agieren der Handlungsträger einen sehr eigenen Sog. Die Ausgangskonstellation mag für den von Martin Freeman gespielten Versicherungsvertreter ähnlich gewesen sein wie nun für das von Dunst und Plemons gespielte Friseurs-Metzger-Pärchen, ebenso folgt der kausale Handlungsablauf genauso den physikalischen Gesetzmäßigkeiten eines Kugelstoßpendels oder einer Murmelbahn, doch schnell wächst die Akzeptanz für die neuen Figuren und man möchte ihnen Raum geben, sich frei entfalten zu können.
Mit Referenzen an das Coen'sche Gesamtwerk wird wieder nicht gespart; die exzellente Kameraarbeit fängt mit hohem Aufwand überwältigende Landschaften und liebevoll ausgestattete Interieurs ein; die Regie (wiederum in Form von Doppelepisoden bewerkstelligt) genügt höchsten Kinoansprüchen, was ganz ausdrücklich vor allem die Dialogregie inkludiert.

Eine spezielle Erscheinung mag dem Publikum zu sehr „over the top“ erscheinen, weil es die Regeln amerikanischer Kleinstadt-Krimis durchstößt; vielleicht benötigt eine Erzählung wie „Fargo“ aber hin und wieder eine solche Meta-Betrachtung, ums ich seiner lustvollen Konstruiertheit bewusst zu werden.
:liquid9:

Weitere Sichtungen:
Lethal Warrior
The Purge – Election Year
The Green Room
In A Valley Of Violence

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Beitrag von LivingDead » 26.02.2017, 11:44

Da muss ich dir bei vielen Filmen zustimmen. Auch "Dirty Grandpa", indem Zac Efron vor allem aus humoristischer Sicht sehr freudig aufzuspielen versteht. Ansonsten natürlich ein eher vernachlässigbares Filmchen.

Von der zweiten Staffel Fargo war ich ähnlich begeistert, evtl. sogar noch ein Stück mehr. Da fiebere ich doch tatsächlich schon der dritten Staffel entgegen. :D
Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von freeman » 26.02.2017, 20:18

Und ich High Five mal bei Dorie. Anfang extrem mau, dann eine zunehmende Steigerung und ein wirklich starkes Finish. Money Monster seh ich derweil aber deutlich stärker. Auch und vor allem wegen des von dir abgestraften Starkino-Anteils. Gerade weil vor allem Clooney megaspielfreudig daherkommt.

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 27.02.2017, 06:02

Spielfreudig ist er, keine Frage. Ich sehe das Problem auch eher in der recht biederen Regie als bei den Darstellern.

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Beitrag von Vince » 27.02.2017, 09:34

Everest
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Die Gürtelschnalle droht sich zu lösen. Ein Blick in den Abgrund, ein plötzlicher Ruck – im letzten Moment greift eine Hand nach unten und bekommt den Handschuh zu fassen. Doch der beginnt langsam, sich zu lösen. Das Ende scheint unausweichlich...

Szenarien wie diese kennt man aus Bergsteiger-Thrillern der Marke „Cliffhanger“ zuhauf und irgendwo erwartet man sie fortan in jeder weiteren Produktion dieser Gattung anzutreffen, doch Baltasar Kormákur, der schon seine handelsüblichen Straßen-Thriller eher spröde anlegte, umschifft jedes Pathos wohlweislich und lässt eher unspektakulär sterben. Es sind keine tiefen Abhänge, schwarzen Schluchten und spitzen Bergkanten, die zu rot glühenden Todesfallen stilisiert werden, sondern die reine Atmosphäre,die in Verbindung mit menschlicher Selbstüberschätzung den Tod im trockenen Stil bringt.

Insofern ist „Everest“ zwar ein bildgewaltiger, visuell streckenweise spektakulärer Film, der Hochgefühle wie Demut gleichermaßen auszulösen weiß und einen hohen Immersionsgrad erzeugt; spannend hingegen ist er nicht. Dialoge mit situativ bedingtem Inhalt und Ablauf stehen im Zentrum und erzeugen in der Kommunikation mit der Heimat leider auch so manches Klischee um bangende Ehefrauen, wie es eher vom Kriegsfilm bekannt ist. Auf dem Schlachtfeld hingegen scheint jedes Pathos von der kalten Umgebung eingefroren zu werden.

Die dadurch erzeugte Neutralität übt eine durchaus balsamierende Wirkung aus (insbesondere, wenn man der theatralischen Blockbuster-Gestik überdrüssig geworden ist), verhindert jedoch auch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den Motiven der Bergsteiger für ihr Handeln. Eine spontane Diskussionsrunde am Tisch im Zeltlager kann nicht aufwiegen, was während des Auf- oder Abstiegs deutlicher hätte herausgearbeitet werden können. Erfolglos kämpft auch das Casting mit einem namhaften Aufgebot gegen die Anonymität der dicken Mäntel, Brillen, Bärte und Ausrüstungen an.

Als Mahnmal funktioniert „Everest“ dennoch einwandfrei; gerade in Bezug auf diesen höchsten Berg der Erde, dessen Größe sich der Mensch dank heutiger technischer Möglichkeiten zu Unrecht ebenbürtig fühlt.
:liquid6:

Imperium
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Schon verrückt, dass Daniel Radcliffe als nerdiger Jungagent in den ersten Minuten keinen Fuß auf den Boden bekommt und dann im Undercover-Einsatz als intelligenter Nazi-Aktivist sämtliche Regler aufdreht und die wohl beste Leistung seiner bisherigen Karriere abliefert. Ihm ist zu verdanken, dass „Imperium“ in seinen allerbesten Momenten sogar an die wachrüttelnde Wirkung von „American History X“ heranreicht, auch wenn Drehbuch und andere Disziplinen langfristig keine höheren Weihen ernten können.

Immerhin, der Blick auf die Organisationsstrukturen der White-Supremacy-Gruppierungen ist entlarvend und bietet einen Einblick in die verqueren Ansichten ihrer Vertreter, die der Film zwar in der breiten Masse als dumm darstellt, jedoch nicht grundsätzlich als Ideologie der Dummen verkauft; immerhin besteht ihre Führung aus Geschäftstüchtigen und Intellektuellen, im Film angemessen glatt dargestellt von Schauspielern wie Sam Trammell und Tracy Letts. Herausgearbeitet wird vielmehr das ungenutzte Potenzial der Zellen, was dem Zuschauer als deutliche Warnung vor Augen geführt wird: Was, wenn sich weitere kluge Köpfe für die Bewegung gewinnen ließen? Erschreckend ist die Gewaltbereitschaft ohnehin bereits, doch noch viel erschreckender die Möglichkeiten, den Einfluss zur vergrößern...

Abstriche sind vor allem in der fehlenden Gesamtabdeckung der Szene zu machen. „Imperium“ bewegt sich ausschließlich innerhalb der abgesteckten Grenzen einer vorgeplanten Undercover-Mission und kann darüber keine flächendeckende Geltung erreichen, zumal die Ereignisse unter künstlichen Voraussetzungen geschehen und einen Ausnahmefall behandeln. Ein echter Vergleich zu Tony Kayes Referenzwerk verbietet sich also, dennoch bleibt ein Anklang seiner Klasse zurück.
:liquid7:

Die Insel der besonderen Kinder
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Wie ein verirrten Lumen in einer ausgebleichten Birne dreht Burtons Magie immer noch seine konfusen Bahnen. Ganz abgestorben ist sie noch nicht; das wird klar, wenn sich bizarre Puppenkreaturen auf einem Tisch einen liebevoll getricksten Stop-Motion-Kampf liefern und sich blutbeschmierte Mini-Herzen aus ihren kleinen Metall- und Stoffkörpern reißen.

Doch das einstmals unverwechselbare Burton-Flair wurde längst von einer generischen Begeisterung für das Skurril-Märchenhafte überspült, dessen sich auch Burton selbst inzwischen angeschlossen hat. Ein Film mit einem langen, verschwurbelten Titel, der etwas Besonderes einfangen soll, letztlich aber im Terry-Pratchett- und Harry-Potter-Konsens versinkt; ein Film basierend auf einer Romanvorlage vor allem, der damit droht, mindestens zur Trilogie ausgeweitet zu werden und dadurch den Glanz des Augenblicks zu verlieren. Eine im poetischen Realismus verankerte Idylle (hier eine malerische Insel in Wales) nicht zuletzt, die mit phantastischen Jahrmarktskreaturen und allerhand Spezialkräften zum Wunderland mutiert, das mit teuren Spezialeffekten für eine unbestimmte Masse attraktiv gemacht wird.

Ein Film wie dieser mag seelenlose Fortsetzungen wie „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ immer noch problemlos in die Schranken verweisen, zu einem originalen Burton jedoch fehlen spürbar die Pop-Up-Effekte aus dem Konsens heraus, die uns ins Gesicht springen, irritieren und begeistern. Über der Insel und ihren seltsamen Bewohnern, Monstern, Wurmlöchern und Zeitebenen liegt ein Schleier, den zu durchstoßen uns nicht gestattet ist. Selbst die absonderlichsten Kreaturen folgen einer unleugbaren Logik (Augenräuber, die selbst keine besitzen), wahrhaft verstörende Momente und morbide Abgründe sind somit ausgeschlossen, obgleich gerade ihnen die Aufmerksamkeit gebührt.

Kann man „Die Insel der besonderen Kinder“ guten Gewissens weiterempfehlen? Ja, es ist ein schöner Fantasyfilm mit wunderschöner Kulisse. In Bezug auf das Besondere jedoch bricht er seine Versprechen.
:liquid6:

Das Königreich der Katzen
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Die Ghibli-Produktion des Trickzeichners und Regisseurs Hiroyuki Morita zeigt sich vom Wesen der Katze tief beeindruckt und zimmert ihr ein stattliches Monument. Anthropomorphismen wie die Fähigkeit des Sprechens oder des aufrechten Ganges scheinen die tierischen Eigenarten der Katze zwar zu verdrängen, eigentlich wird dieses Mittel aber bloß als Brücke in den Surrealismus genutzt, dem der Animationsfilm tief verbunden ist, obwohl er bewusst einen Ankerplatz im lärmenden Großstadtrealismus aus dem Blickwinkel einer Jugendlichen auswählt.

Es sind dann auch Charaktereigenschaften der Katze, die in den Kaninchenbau führen: Seltsame, schwer zugängliche Schleichwege über Dächer und Terrassen, Miniaturstädte, nächtliche Prozessionen unter Ausschluss menschlicher Aufmerksamkeit, und das, wo einige Exemplare der Vierbeiner am Tage auch mal mitten in der Stadt auf dem Stuhl eines Cafés ihren Mittagsschlaf halten.

Der Fantasie sind bei der Transformation maunzender Pelzknäuel in kultivierte Adelsmitglieder inhaltlich wie optisch keine Grenzen gesetzt: Wenn auch „Alice im Wunderland“ zur lebensnotwendigen Stütze erhoben wird, so führt der Aufenthalt im Königreich der Katzen allerhand Eigenarten mit sich, deren Faszination in den fließenden Übergängen verborgen liegt, mit denen die Wirklichkeit gedehnt wird und einen neuen Mikrokosmos zum Vorschein bringt, der mitten in dem unseren liegt.
:liquid8:

Train To Busan
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Würde „Train To Busan“ wie so viele andere südkoreanische Filme in den hintersten Filmregalen zum Sterben zurückgelassen werden, müsste man ihn aufgrund seiner unbestreitbaren Qualitäten vor dem Vergessenwerden schützen. Da er nun aber sogar als der große Revitalizer des Zombiefilms gehandelt wird, gilt es vielmehr zu erden, denn das ginge wiederum ein wenig zu weit...

Unbestreitbar sicherlich die technischen Vorzüge. Der begrenzte Raum eines Hochgeschwindigkeitszuges wird vom Drehbuch effizient genutzt und verkettet Situationen, die stets wie Sackgassen erscheinen, zu einer Abfolge raffiniert arrangierter Kausalitäten. Kamera und Schnitt suggerieren hohes Tempo, erzeugen adrenalinhaltige Spannungsspitzen und lassen Sets und Make-Up vor allem aufwändiger erscheinen als es tatsächlich vielleicht der Fall ist. Wenig Blut ist nötig, um die Angriffe der Infizierten bedrohlich erscheinen zu lassen; in den Wettbewerb um den brutalsten Genrebeitrag steigt Yeon Sang-ho wohlweislich nicht ein, denn zu diesem Zeitpunkt wäre es eine Teilnahme ohne Aussicht auf Gewinn.

Unter Berücksichtigung des nicht minder rasant inszenierten „Snowpiercer“ von Bong Joon-ho löst sich der Originalitätsfaktor des Settings jedoch schnell in Wohlgefallen auf. In diesem Zusammenhang stört auch das fehlende Bekenntnis zum Comichaften. Wo das gezeichnete Cover-Artwork in Panels spricht, vergisst der Film, seine Charaktere ebenso wie die Setpieces mit entsprechenden Eigenarten auszustatten. Zwar versucht das Skript durchgehend, die Kapitalismus- und Ellbogengesellschaft mit Seitenhieben zu strafen, etwaige Versuche geraten aber aufgrund der wenig expressiven Darstellung etwas zu halbherzig. Einzig bei der konsequenten Fortbewegung der Infizierten wagt man sich an eine irreale Bildsprache, erzeugt damit aber eher ungewünschte Assoziationen zum missratenen A-Zombieschocker „World War Z“.

Trotz großzügig geschaffener Hintergründe gelingt es vor allem nicht, dem Zuschauer auch nur einen der vielen Charaktere nahe zu bringen, was vor allem bei der Vater-Tochter-Hauptbesetzung fast schon ein kleines Kunststück ist. Wer einmal die erste Staffel des Adventure-Videospiels „The Walking Dead“ gespielt hat (das übrigens ebenfalls eine Episode um einen Zug beinhaltet), bekommt eine Vorstellung davon, was man idealerweise aus einer solchen Konstellation herausholen könnte.

Ungeachtet dieser Mängel ist „Train To Busan“ ein geschickt mit dem gewählten Szenario jonglierender Horrorthriller, der sich internationale Aufmerksamkeit durchaus verdient hat. Derweil mutiert das Zombie-Genre wegen Beiträgen wie diesen langsam zu einem Äquivalent des Westernfilms, insofern allerhand Settings für eine zukünftige Postapokalypse durchkonjugiert werden, wie der Western sie zur Aufarbeitung der Geschichte vordeklinierte.
:liquid6:

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Die Rache der Zombies

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Beitrag von kami » 27.02.2017, 11:11

Vince hat geschrieben:Derweil mutiert das Zombie-Genre wegen Beiträgen wie diesen langsam zu einem Äquivalent des Westernfilms, insofern allerhand Settings für eine zukünftige Postapokalypse durchkonjugiert werden, wie der Western sie zur Aufarbeitung der Geschichte vordeklinierte.
Überstrapazierst du da nicht die Grammatikmetaphorik ein wenig? :lol:

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Beitrag von Vince » 27.02.2017, 12:29

:P Nee das war schon Absicht: Die Deklination gehört dem Substantiv, also quasi dem Stamm, den der Western als gegebenes Referenzgenre repräsentiert, die Konjugation dem Verb, also der (Nach-)Handlung, die vom Zombiefilm nach Muster des Westerns ausgeführt wird. :jaleckmichdoch: :wink:

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Beitrag von LivingDead » 27.02.2017, 12:48

:yeah: :lol:
Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von Vince » 24.03.2017, 08:36

Die Teuflischen von Mykonos
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Glaubt man der Darstellung des stets mit einem Augenzwinkern die eigene Arbeit resümierenden Regisseurs, so drehte er 1976 auf Mykonos aus der Not geboren einen Amateurfilm, der hauptsächlich Geld bringen und aus adoleszentem Eifer heraus die Grenzen darstellbarer Perversionen ausloten sollte. Und tatsächlich kramt die Regie in der griechischen Mittagssonne allerhand scharfe Kontraste hervor, in unzusammenhängenden Episoden aufgereiht und verknüpft nur durch die bigotten Maßstäbe, mit denen das Honeymoon-Killerpärchen die Insel aufräumt. Eine psychologische Analyse bleibt ebenso in Andeutungen stecken wie ein moralisches Statement oder eine Verurteilung; es ist vielleicht gerade die emotionale Teilnahmslosigkeit des Regisseurs, mit denen die von ihm drapierten Härten zwischen mediterranen Steinhäusern mit weißem Anstrich so selbstzweckhaft wirken.

Doch ein hoch geschätzter Nebeneffekt des Mediums Film ist es ja, dass er oft von der Intention seiner Macher befreit ein Eigenleben entwickelt. Diesem Exemplar gerät vor allem das einer typischen Horror-Atmosphäre zuwiderlaufende Mittelmeer-Setting zum Vorteil. Weil Mastorakis es wenigstens versteht, die Landschaft impressionistisch einzufangen, entwickelt seine Arbeit bald einen Sog, der sich selbst zum Atmen genügt. Ein zusätzliches Einlenken der Filmemacher scheint bald nicht mehr nötig, vielleicht sogar kontraproduktiv; wo Männer mit Messern gejagt, mit Farbe abgefüllt oder mit eine Schlinge an ein startendes Flugzeug gebunden werden oder Frauen gedemütigt, geschändet und als trockene Pointe mit einem Bagger enthauptet werden, haben die Erschaffer genug Ideen walten lassen. Hier liegen kommentarlos eingeworfene, ungeschliffene Abschlüsse ihres jeweiligen Aktes vor, die dem Gorebauern als stumpfes Highlight und der Interpretation als Ansatz dienen auf einem Feld, das praktisch größtmögliche Freiheit erlaubt, weil kaum Vorgaben gemacht werden. Gerade in Bezug auf angedeutete Themen wie Homosexualität und Individualität eine mehr als nur wünschenswerte Ausgangsposition.
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Die Unfassbaren 2
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Um als Fortsetzung dem Versprechen zu genügen, das Unfassbare noch zu toppen, wagt sich das zweite Abenteuer des schillernden Trickkünstler-Ensembles auf eine Special-Effects-Ebene, die auch mal die Gesetze der Realität aushebelt. Die vormals demonstrierte Zwanglosigkeit und die Leichtigkeit werden mit diesem Steigerungsversuch jedoch aufs Spiel gesetzt, denn wer interessiert sich in der Welt des phantastischen Films noch für das „wie“ in der Umsetzung?

Die „Reiter“ beginnen derweil, mit ihrer dank Doppelbödigkeit stets bewahrten Souveränität zu langweilen. Die zum Drehzeitpunkt schwangere Isla Fisher wurde verlustfrei gegen Lizzy Caplan ausgetauscht, Woody Harrelson gar verdoppelt, der Rest steigert sich weiter in seine kleinen selbstzweckhaften Ablenkungen hinein und beginnt als Kollektiv die Wirkung einer Mutanten-Ausgabe der „Ocean's Eleven“ zu verströmen, insbesondere bei einer hoffnungslos affektieren Kartenversteckspielorgie in einer Tresoranlage.

Das sympathisch finden zu wollen, fällt ziemlich schwer; lieber möchte man jedem dieser Zauberer eins auf die Nase gehen und das befreiende Gefühl genießen, wenn all die Taschentücher und Kaninchen endlich aus dem Ärmel purzeln und die traurige Wahrheit preisgeben.

Das in dieser Hinsicht völlig fehlkonzipierte Skript gibt immerhin dem Widersacher Raum zum Glänzen: Daniel Radcliffe ist als bärtiger Hipster-Unternehmer-Bond-Villain mit Anzug und Sneakern mal wieder eine echte Schau in einer ansonsten völlig verquasten Fortsetzung zu einem unterhaltsamen Original, das rückblickend aber auch schon ein wenig zu modern beginnt.
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Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt
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Die Regie ist stromlinienförmig, Steve Carell beruhigt mit seinem unaufdringlichen Schauspiel Körper und Seele wie Nervenbalsam und wolkenleichter Humor mischt sich sanft in die melancholisch-verhangene Stimmung eines drohenden Weltuntergangs – „Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt“ ist trotz seines sperrigen Titels und seines ausweglosen Sujets im Grunde ein sehr bekömmlicher Film. Ein nur zaghaft und sporadisch auftretender Realismus wird dauerhaft von Poesie verdrängt; dieses Muster zeichnet sich schon ab, als Carells Figur in der ersten Szene wortlos von seiner Frau verlassen wird. Im süßlichen letzten Akt übernimmt es vollkommen das Regiment.

Die Ausgangskonstellation böte Spielraum für unzählige anthropologische Studien, doch dieser Film beschränkt sich auf einige wenige, die sich skurril, aber doch leicht in das Konzept des Films integrieren lassen. Lorene Scafaria, die neben der Regie auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, begründet die unwahrscheinliche Zusammenkunft eines Spießers und einer Indie-Göre (Rollenbilder, mit denen Carell und Knightley ihre Karriere begannen) nicht ausschließlich mit romantischen Klischees, sondern auch mit der Unvorhersehbarkeit menschlichen Verhaltens in Extremsituationen. Den Überlebenskampf, um den sich ein Katastrophenfilm drehen würde, blendet sie fast vollständig aus, stattdessen interessiert sie sich für Einzelgänger und kleine Gruppen, die sich spezieller Rituale oder letzter Vorkehrungen verschrieben haben. Das sorgt in der Road-Trip-artigen ersten Hälfte für äußerst unkonventionelle Begegnungen, die bei dem ungleichen Paar ihre Spuren hinterlassen.

Etwas aktiver hätte die Regisseurin dennoch in die Fäden greifen dürfen. Dass der Plot unbeirrbar auf eine Romanze zusteuert, erscheint angesichts der pompösen Kulisse etwas zu schlicht. Es bleibt ein recht zufriedenstellendes, nachdenklich machendes Gefühl zurück, aber im Endeffekt leistet der Zuschauer im Kopfkino viel mehr als der eigentliche Film, der eigentlich nur die Vorlage leistet: Wie reagiert die Welt, wenn sie weiß, dass sie untergehen wird?
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Kubo And The Two Strings
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Das Regiedebüt des ehemaligen Rappers (!) und späteren Trickanimatoren Travis Knight zeigt sich mit kantigem Animationsstil, schwierigen Themen, wechselhafter Stimmung und dem von respektvoller Distanz geprägten Blick auf eine fremde Kultur relativ unzugänglich, jedoch in jeder Disziplin äußerst anspruchsvoll. Ein Publikum, das domestiziert durch Pixar und Artverwandte treffgenaue Gags im Minutentakt erwartet, wird mit den zögerlichen Einzelversuchen eines Käfer-Samurai und eines Affen, auch mal eine Pointe zu landen, vermutlich wenig anfangen können. Doch genau deswegen wirken Kubo und seine Begleiter nicht wie Schablonen, die auf Knopfdruck Oneliner werfen, sondern wie komplette Charaktere, die der Handlung eine mythologische Tiefe verleihen.

Streckenweise nimmt das im kantigen Design der Origami-Kunst umgesetzte, überwiegend in Vollmondnächten angelegte Abenteuer dramatische, beunruhigende, ja sogar gruselige Formen an, die für ein allzu junges Publikum nicht immer verständlich sein mögen, jedoch unbedingt ein Gefühl dafür hinterlassen, dass die Welt nicht nur aus Cartoonfiguren besteht oder aus Situationen, die inszeniert wirken. In „Kubo And The Two Strings“ darf eine Szene auch mal in schrägem Winkel dargestellt oder unorthodox aufgelöst werden, so wie man es zuletzt in „Anomalisa“ beobachten konnte oder einstmals in „Coraline“, an dem Knight ebenfalls beteiligt war.

Gegen Filme wie diesen wirkt letztlich jeder kleine Fortschritt, den die großen Studios mit ihren oftmals durchaus gelungenen Filmen erreichen, relativ belanglos; das hier ist unter filmischen Aspekten vielleicht etwas weniger rund, dafür aber ungleich menschlicher, gefühlvoller, intelligenter... und animationstechnisch auch noch faszinierender.
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Rupture
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Sobald Noomi Rapace in einem Lieferwagen verschleppt und von ihren Entführern in einen fensterlosen Raum gebracht wird, leuchten beim geschulten Publikum reflexartig alle Torture-Porn-Lämpchen auf. Zumal die Hauptdarstellerin in Filmen wie „Prometheus“ bereits reichlich leiden musste und diesmal auch noch in einem kammerspielartigen, schlicht ausgestatteten Film mit Heimvideo-Feeling zugegen ist, liegt der Bezug nahe; doch von selbstzweckhaftem Sadismus möchte Steven Shainberg gar nichts wissen. Er greift nach den Sternen erkenntnistheoretischer Philosophie und bevorzugt die intellektuelle Gesellschaft eines „Martyrs“. Während der französische Horrorthriller neben einer metaphysischen Erkenntnisreise jedoch auch drastische Härten ins Spiel brachte, ist „Rupture“ in beiderlei Hinsicht ein überraschend weicher Film, der zwar mit den Ängsten seiner Figuren spielt (und dabei hofft, auch die Ängste des Publikums zu erwischen), aber visuell mit zarten Violett- und Rottönen eine beruhigende, den Terror abmildernde Wirkung verströmt – ein Effekt, der auch eine Bedeutung hinsichtlich der Story erlangt.

Von der visuellen Komponente abgesehen ist „The Signal“ (2014) ein naher Verwandter, insbesondere beid er Vorgehensweise, den Zuschauer kaum mehr ins Bilde zu setzen als die durch ein Labyrinth irrende Hauptfigur. Der Geheimniskrämerei rund um seltsame Codes, bizarre Experimente und doppelbödige Kommunikation kann die skurrile Auflösung leider nicht gerecht werden; sie resultiert sogar in regelrecht obskuren Situationen, die einen schmalen Grat beschreiten zwischen anspruchsvoller Science Fiction und der Haltung eines B-Movies. Netter Versuch; von der hübschen Farbpalette abgesehen gelangt „Rupture“ aber kaum über die Pointe einer klassischen Twilight-Zone-Episode hinaus.
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American Horror Story: Hotel
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Obwohl man sich zuverlässig von Jahr zu Jahr chamäleonartige Themenwechsel der schrillsten Sorte einfallen lässt, bleiben die Problembilder eine wiederkehrende Konstante: Die ersten drei, vier Episoden versprechen jeweils immer die gruseligste, spannendste und fantasievollste Staffel, doch hat die Erzählung einmal Licht ins Dunkel gebracht und seine Figuren völlig entmythisiert, bleibt die Immersion auf der Strecke: Plötzlich lauscht man einfach nur noch irgendeiner „American Story“.

So eignet sich die Kreation von Ryan Murphy und Brad Falchuk seit jeher hauptsächlich für eine Betrachtung, die einen metatextuellen Blick auf das Schauspielfach. Es ist stets ein besonderes Vergnügen, die gleichen Schauspieler immer wieder in den unterschiedlichsten Rollen auftreten zu sehen und ihre Freude an der Herausforderung unmittelbar nachfühlen zu können. Als Rückschlag musste daher gelten, dass die für sämtliche ihrer Inkarnationen hochgelobte Hauptdarstellerin Jessica Lange nicht mehr länger von der Partie ist und gar mit der schauspielerisch eher unerfahrenen Popsängerin Lady Gaga ersetzt wurde.

Dabei liegt diese anfangs eine unerwartet großartige Performance hin, nicht zuletzt sicher auch, weil sie ihre eigene Bühnenkreation zum Teil für diese Rolle assimiliert. Begünstigt durch das in Sachen Architektur, Design und Beleuchtung unheimlich erscheinende Hotel gewinnt sie mit effektiven Kurzauftritten schnell ein enormes Maß an Präsenz.

Dann aber setzt der typische Konfusionseffekt dieser Serie ein und sowohl Gaga als auch die meisten ihrer Untergebenen verlieren ihre Körperlichkeit. Die kurzen Zeitraffer-Sequenzen eines Silent-Hill-artigen Geschöpfs mit stachelartigem Phallus referiert noch einmal auf den visuellen Stil der ersten Staffel, bleibt aber letztlich eine Fußnote in einer von Verlangen, Liebe, Missgunst und Selbstsucht gezeichneten Geschichte, die letztlich wieder nur wenig Platz lässt für Abstraktes oder Surreales.
Der Schauplatz allerdings überzeugt durchweg, insbesondere, wenn seine dunklen Winkel, doppelten Böden und nicht zuletzt seine ironisch belegte Schokoladenseite betont werden. Letztlich liegt es an den starken Nebendarstellern (hervorzuheben ist diesmal ohne Frage Denis O'Hare) und dem nicht uninteressanten Konzept (wer im Hotel stirbt, wird dort für immer umhergeistern und den Gästen auf die Nerven gehen), dass man sich doch vielleicht eine Spur stärker für die Story erwärmen kann als beispielsweise für die absurden Hexen- oder Irrenanstaltsjahre. Wer grundsätzlich etwas mit der Fremdartigkeit von Hotelräumen im Dienste des Horrors anfangen kann, wird außerdem nicht nur mit platten Filmzitaten der Marke „Zwillingskinder auf dem Dreirad im Flur“ gepeinigt, sondern mit tiefer gehenden Andeutungen dessen, was der Horrorfilm im Spiel mit fremder Umgebung und engen Räumen hervorgebracht hat.

Das Schöne an dieser Serie ist ja, dass jede Staffel das Potenzial hat, die Lieblingsstaffel zu werden. Die Produktionswerte stimmen ausnahmslos immer, der Kreativität sind bislang ebenfalls keine Grenzen gesetzt; so entscheidet am Ende meist die persönliche Themenaffinität. Anhänger der „Shining“-Schule dürfen sich also gerne in die Lobby wagen.
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Black Sails – Season 1
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Es ist schon etwas unglücklich, wenn man gerade die dritte Staffel der längst in die Oberklasse aufgestiegenen Brandschatzer-Serie „Vikings“ genossen hat, die vor lauter Produktionswerte und Charakterstärke nur so strotzt, um dann erstmals mit der zugegebenermaßen einige Jahre älteren ersten Staffel von „Black Sails“ konfrontiert zu werden, wo das Wasser nicht undurchdringlich schwarz ist, sondern karibisch blau, wo die Frauen selbst in Anführerpositionen nicht selbstbewusst sind, sondern ihre einzige scharfe Waffe begleitet von lasziven Blicken vor sich hertragen, wo Gesichter, Kleidung und Behausungen nicht vom Wetter gegerbt sind, sondern eine makellose Fassade halten können.

Die Vorgeschichte zur „Schatzinsel“ scheut zwar keine Kosten, um authentisches Piraten-Flair zu gewährleisten, investiert aber möglicherweise an falscher Stelle: Ob man sich nun gerade an Bord eines Schiffes befindet, das gerade mit Kanonenkugeln beschossen und geentert wird oder in einem Bordell mit rustikaler Bar, alles fühlt sich nach Themenparkattraktion an. Warum sollte die Kulisse auch eine Sonderstellung genießen, wenn die Gesichter einer Jessica Parker Kennedy, einer Hannah New oder eines Luke Arnold wie aus dem Ei gepellt aussehen, ungeachtet der Rußpartikel, die man je nach Szene auf ihren Teint bläst.

Vielleicht entsteht dieser Eindruck auch, weil die Kamera mit all den extravaganten Schauplätzen nicht viel anzufangen weiß. Exotischer kann man die Sets eigentlich kaum gestalten, im Vergleich mit der TV-Konkurrenz nimmt „Black Sails“ in dieser Kategorie auch durchaus eine Sonderposition ein, doch was nützt all das, wenn die Griffigkeit in etwa die Intensität eines mitgefilmten Making Ofs erreicht?

Obwohl „Black Sails“ überwiegend ein Charakterdrama mit ironischen Spitzen ist, bietet es auch ein, zwei Konzept-Actionszenen auf hohem Niveau an; und selbst wenn mal nicht die Kugeln fliegen oder Säbel rasseln, wissen die Drehbücher durchaus einige Handlungsstränge zu verknüpfen und ähnlich wie bei „Vikings“ mit politischen Fragmenten zu versehen. Potenzial ist also vorhanden, doch will man das trotz „Fluch der Karibik“ immer noch (un)tote Genre des Piratenfilms langfristig wiederbeleben, sind ab der zweiten Staffel einige Dinge zu ändern.
:liquid4:

Weitere Sichtungen:
Lurking Fear
Inherent Vice
Inferno
Herz aus Stahl

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Beitrag von SFI » 24.03.2017, 16:52

Buh zu Black Sails. :lol: Kriegst Freikarten für Karibik 5. :P
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„Fate: Protects fools, little children and ships named Enterprise.“

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Beitrag von Vince » 25.03.2017, 09:08

Nur her damit. Für umme geb ich mir fast jeden Müll. ;)

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Beitrag von freeman » 27.03.2017, 18:38

Buuuuuh! Wobei ich aber abwarten würde, was du zur zweiten Staffel sagst. Die hat nämlich gegenüber der ersten schon deutlich die Nase vorn.

Und mal sehen, wann wir in den Genuss von Staffel 3 und 4 kommen. Immerhin liefen die ja nun schon im Pay-TV. Aber anscheinend braucht Fox einfach noch fürs logische Downgrade zu VHS.

In diesem Sinne:
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Beitrag von SFI » 28.03.2017, 05:31

Der Downgrade auf 320x240 ist nicht das Problem wie ich gelesen habe, es ist der Bau des VHS-Werks in China, der sich in die Länge zieht. Verdammt! :lol:
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Beitrag von freeman » 28.03.2017, 18:24

:lol: :lol: :lol:

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 08.04.2017, 17:27

Father's Day
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Der desorientierende, unästhetische Digitalfilm-Look macht das Einfinden nicht leicht. Organe schlabbern in Nahaufnahme, als ein Opfer auf unappetitliche Weise auseinandergenommen und missbraucht wird, die Kamera wackelt bei einer Verfolgungsjagd wie Götterspeise und HD-Schärfe und extremer Kontrast neutralisieren sich gegenseitig. Derweil nimmt die ans Serienkiller-Genre angelehnte Handlung ungewohnt ernste Züge an, so dass der Troma-Jingle zu Beginn völlig deplatziert wirkt. Dass Familienväter Ziel der Attacken sind, hat man so auch noch selten gesehen; irgendwo untermauert es die Ernsthaftigkeit, denn welche Satire würde die Aussicht auf kreischende Jungfrauen in Not ungenutzt verstreichen lassen?

Dann aber beginnt das auf Grindhouse getrimmte Material zu wirken. Anders als diverse Tarantino-Schattengänger mit ihrem popkulturellen Popcorn-Verständnis stehen die Tromas stets noch mit einem Bein im Bahnhofsschmutz. Bis „Father's Day“ vordergründig witzig wird, dauert es eine Weile; um so bahnbrechender allerdings die Höllenvision, die wie eine South-Park-Realverfilmung ihren ganzen Charme ausleben darf. Wo kreischende Geisterfrauen wie vom Laufband bewegt ihre Bahnen ziehen und zappelnde Gesten machen, gibt es kein Halten mehr. Gleiches gilt für den Teufel höchstselbst, eine wie aus einem modrigen Underground-Comic entstiegene Fat-Suit-Absonderlichkeit, wie man sie nur im übelsten Bodensatz zu Gesicht bekommt.

Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Plot so manch verrückte Wendung durchlebt, die herzhaft Tabus auslebt, ohne sie als Tabubruch zu inszenieren. Die ein oder andere Entwicklung mag zu den typischen Längen führen, wie man sie in fast jeder Herz/Kaufman-Produktion durchstehen muss, aber auch das gehört eben zum klassischen Grindhouse-Kino dazu.
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Return Of The Living Dead 5 – Rave To The Grave
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Die loseste Zombie-Reihe der Welt biegt in ihre fünfte Runde ein und lässt als so ziemlich einzige inhaltliche Konstante mal wieder eine Menge Gehiiirrrrnnnnn ausrufen – diesmal auf einer Rave-Party, und so kommt man nicht umhin anzunehmen, dass die Hirntotenstarre des durchschnittlichen Feten-Abhotters auf dem Prüfstand stehen sollte.

Dass minutenlang niemand Notiz davon zu nehmen scheint, dass zwischen lauter Musik und gröhlender Meute eine Bregen-Fressorgie lostritt, schmeichelt dem IQ der Feierwütigen dann tatsächlich nicht unbedingt. Rave + Untot passt also schon mal, insofern ist zumindest die Grundidee nachzuvollziehen.

Härten musste Ellory „Arac Attack“ Elkayem zwingend aufbieten, denn ohne sie träte die Schockstarre völlig ereignislosen Bildmaterials in den Vordergrund. Die verblödeten Visagen der Hauptdarsteller und ein paar ebenso verblödet dreinglotzende Hupen freizügiger Li-La-Launelieschen halten die Aufmerksamkeit vielleicht noch in Sekundenmaßen aufrecht, wohl kaum aber über eineinhalb Stunden; also reichert man die Handlung sukzessive mit üblen Körperwunden an, die zwar recht einseitig ausfallen (einen besonderen Narren hat die SFX-Abteilung am herzhaften Biss in den Hinterkopf gefunden), jedem Schmodderjäger aber genug Fleisch am Knochen bieten. Der seit dem ersten Teil aktive Dosenzombie darf seinen Körperschleim als triefender Running Gag am Boden abschmieren und steht letztlich als einsamer Tramper mitten im Feld. Herzensgut!

Es handelt sich alles in allem um diese Art Überflüssigkeit, die man gerne mal demonstrativ mit der Tiefstnote abstraft. Aber Hand aufs Herz: Dafür war es dann doch zu kurzweilig und – bei aller Härte - zu niedlich.
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Blair Witch
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Zugegeben, im letzten Drittel zündet Adam Wingard endlich die Lunte an und besiegt für einen kurzen Moment die Statik des ausgelutschten Found-Footage-Prinzips. Der inzwischen im Regen liegende Wald lässt sein Grün wie eine Signalfarbe leuchten und eine alte Steinhütte wird zum einzigen Ausweg. Ab hier greift die Desorientierung, die Kamera greift den begrenzten Raum geschickt und lässt ihn wie ein endloses Labyrinth erscheinen. Immer von der Panik der Darsteller angetrieben, peitscht Wingard seinen Fortsetzung zur Mutter des Found Footage auf das unvermeidliche Finale hinzu.

In den Phasen davor allerdings hätte man von diesem Regisseur mehr erwartet als die Rucksacktour von ein paar Studenten auf Irrwegen, wie man sie vom Original und diversen Artverwandten längst in allen Varianten durchexerziert bekam. Es reicht nicht, eine Drohne als Nachweis für das Jahr 2016 ins Bild zu halten, wenn man ansonsten brav in den ausgetretenen Pfaden läuft. Visuell lässt sich durch die Machart begründet ohnehin nicht viel mehr aus dem Material holen. Vielleicht war das Projekt aber ohnehin von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Schwer vorzustellen, dass sich beispielsweise Ti West auf eine solche Verfilmung eingelassen hätte, in dessen Schatten Wingard somit stecken bleibt.
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Swiss Army Man
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So müssen Indies aussehen! Intim und persönlich, aber überbordend vor Spielwitz und visuellem Einfallsreichtum,waghalsig, furcht- und kompromisslos. Bei diesem Bastard aus psychologischem Einpersonenstück und flottem Buddy-Movie, aus Flatulenz-Humor und philosophischer Erkenntnisreise werden womöglich Hinterwäldler und Intellektuelle Hand in Hand vom Fernseher wegrennen und Zeter und Mordio kreischen. Die Verbliebenen (wer sind die eigentlich?) hingegen fragen sich: Wie kann ein Film um einen von der Gesellschaft abgetriebenen, in der Strand- und Wald-Wildnis gelandeten Einsiedler und seinen multifunktionalen Super-Wilson eine solche Wärme entwickeln?

Zugegeben, der „Dududududu“ und „Bibibibibi“ repetierende Weirdo-Soundtrack, so passend er das Gezeigte unterstreichen mag, geht auf Dauer ein wenig auf den Senkel; das begnadete Doppel aus dem immer schon ganz besonderen Paul Dano und dem jüngst ganz groß aufspielenden Daniel Radcliffe entschädigt aber für sämtliche Unannehmlichkeiten. Man muss allerdings speziell gepolt sein, um die Fähigkeiten der Schweizer-Taschenmesser-Leiche nicht merkwürdig zu finden – oder vielleicht sollte man zumindest ihre metaphorischen Qualitäten in Bezug auf den Überlebenskampf des Protagonisten zu schätzen wissen, der sämtliche Gefahrenquellen der Natur wie durch einen psychedelischen Schleier wahrnimmt.

Ja, „Swiss Army Man“ ist ein tragikomischer Ausdruckstanz von unvergleichlicher Art, getrieben von einer spritzigen Inszenierung, einem harmonisch interagierenden Duo der verrücktesten Sorte und der weithin unterschätzten Antriebskraft leiblicher Gase.
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Das Duell
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Die konstruierte Fehde zwischen einem aufrechten Texas Ranger (Liam Hemsworth) und einem gefährlichen Prediger (Woody Harrelson) lässt dem Szenario um verschwindende Mexikaner an der mexikanisch-amerikanischen Grenze nicht gerade viel Platz zur Entfaltung. Fantasie oder Einfühlung in die Story erfordert es erst recht nicht; dazu verlässt sich das Drehbuch zu sehr auf viel zu oft erlebte Schwarz-Weiß-Kontraste. Harrelsons Charisma, das wie immer bildschirmfüllend ausfällt, ist daher dringend vonnöten, denn mit einem blasseren Antagonisten würde die farblose Konstellation noch deutlicher ins Auge fallen und der seines Zeichens leider durchaus blasse Hauptdarsteller Liam Hemsworth wäre mit seinen begrenzten Mitteln völlig auf sich alleine gestellt.

Es wäre somit ein Leichtes, vom düster gehaltenen Prolog aus die gesamte Handlung vorherzusagen, doch vergeblich hofft man auf einen Kniff, der alles in ein neues Licht rückt. Zwar kann sich auch Ti Wests artverwandte Produktion „In A Valley Of Violence“ keiner ausgefeilteren Storyline rühmen, doch West findet effektivere Mittel, einen handwerklichen Stil von unverkennbarem Format zu bilden. Kieran Darcy-Smith müht sich anfangs spürbar um eine besondere Handschrift, verliert diese jedoch schnell aus den Augen und verlässt sich bald darauf nur noch auf seine Protagonisten, denen wiederum die Herausforderung fehlt. Denn die Geschichte des Westernfilms ist voll von diesen schmerzerfüllten Racheplots, die über Generationen hinaus Zeit zum Reifen hatten.
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Das Irrlicht
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Für eine Erzählung über einen suizidgefährdeten Mann ist „Das Irrlicht“ irritierend ruhig erzählt. Obgleich die Handlung einen Weg mit vielen Abzweigungen und Wendemöglichkeiten vorgibt, steht eine gewisse Alternativlosigkeit im Raum. Pathos und großes Drama entfallen somit und werden zu entbehrlichen Zutaten, denn Malles Figuren erweisen sich trotz ihrer vermeintlichen Schmucklosigkeit als so vielschichtig, dass sie nicht theatralisch in Szene gesetzt werden müssen, um ihren tragischen Kern freizulegen.

So lässt der Regisseur, obgleich er von der Romanvorlage in entscheidenden Punkten abweicht, kaum einen Zweifel am Ausgang. Maurice Ronet spielt im Grunde einen zwar unterkühlt, aber gesund wirkenden Mann. All seine Gesten deuten darauf hin, dass er sich problemlos in die von ihm abgelehnte Entwicklung seines Umfelds integrieren könnte, wenn er wollte; es ist allein seine Position in den vielen Dialogen mit früheren Freunden und Bekannten, die Einblick in sein Denken geben, und selbst sie sind mit einer Gabe für Rationalität präsentiert.

Stilistisch lehnt sich Malle näher an „Die Liebenden“ als an jeden anderen seiner bis dahin gedrehten Filme. Auch der für die Gesellschaft empfundene Nihilismus hat den gleichen Ursprung; jedoch sind die Umstände andere, ebenso die daraus gezogenen Schlüsse. Somit wird „Das Irrlicht“ in gewisser Weise zum Negativ seines skandalumwobenen Zweitwerks, was nicht nur seine qualitative Konstanz unter Beweis stellt, sondern auch ihren Ursprung, nämlich die seltene Fähigkeit, dem eigenen Denken das schnelle Wechseln zwischen unterschiedlichen Weltbildern zu ermöglichen – eine für das Einfühlen in die Figuren unersetzliche Gabe.
:liquid8: ,5

Victor Frankenstein – Genie und Wahnsinn
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„Sie kennen die Geschichte“. Mit diesem einleitenden Satz aus dem Off wird bereits nach Sekunden erkenntlich gemacht, dass es nicht um eine klassische Adaption des – tatsächlich allseits bekannten – Mary-Shelley-Stoffs gehen soll, sondern um eine frische Neuinterpretation. Nichts anderes konnte man von Paul McGuigan erwarten, der aus dem traditionell dynamisch geschnittenen Gangster-Movie-Fach der Guy-Ritchie-Ära stammt und passenderweise zuletzt auch Regiebeiträge zur „Sherlock“-TV-Serie geleistet hat.

„Sie kennen das schon alles, aber wir erzählen es jetzt mal anders“ ist inzwischen allerdings eine Tour, die man selbst schon längst zur alten Masche erklärt hat. Dennoch, der Mythos wird ohne Rücksicht auf Verluste auseinandergenommen und mit zeitgemäßen Versatzstücken präpariert; das in Einzelbildern wirklich schicke Szenenbild verströmt reine Künstlichkeit. Ein unnatürliches Nebeneinander lässt das viktorianische England wie eine artifizielle Scheinwelt voller bunter Farben aussehen, die fast folgerichtig mit knautschigen Verfolgungsjagden durchsetzt ist, stets begleitet vom Showeffekt aufleuchtender Blitze.

Die um Igor zentrierte Erzählperspektive steuert dem drohenden Zugangsverlust glücklicherweise etwas entgegen. Daniel Radcliffe lässt die Hochleistungen aus „Imperium“ und „Swiss Army Man“ bereits andeutungsweise erkennen und bildet gemeinsam mit dem heillos überdrehenden James McAvoy tatsächlich eine interessante Neuinterpretation. Zu wenig jedoch, um die überladene Regiearbeit über das Mittelfeld hinaus zu heben.
:liquid5:

Minions
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Eigentlich ist es überraschend, dass so etwas wie ein „Minions“-Solofilm vom Publikum überhaupt angenommen wird. Die Liebe zu den gelben Helferlein des Bösen muss endlos sein; schließlich baut das Spin-Off der erfolgreichen „Despicable Me“-Reihe zumindest streckenweise auf das Dogma einer beschränkten akustischen Kommunikation und ist somit in der Wirkung einem zeitgenössischen Stumm- oder Schwarzweißfilm nicht unähnlich. Man verfügt längst über die technischen Mittel des Ton- und Farbfilms, setzt sie aber bewusst nicht ein. Umgemünzt auf die „Minions“ bedeutet dies: Alle Trägerfiguren der Hauptfilme werden entfernt und übrig bleiben nur die Statisten; der Randgag wird zum Hauptakt erklärt, obwohl ihm offenbar die Eigenschaften fehlen, diese Aufgabe zu bewältigen.

Künstlerisch zahlen sich solche Experimente oft aus, weil es Spannung verschafft, zu sehen, mit welchen Mitteln die natürlichen Defizite ausgeglichen werden. Und das Abenteuer beginnt erstaunlich einfallsreich. Mit Rückgriff auf einen Off-Kommentar wird die gesamte Zeitgeschichte des Gelblingsvolkes aufgerollt: Von der Herrschaft des Tyrannosaurus Rex in der Kreidezeit zu den ägyptischen Pyramidenbauern über Napoleon (Hitler wäre wohl trotz seiner offensichtlichen Eignung als Gesicht des Bösen nicht ganz angemessen gewesen) bahnt es sich seinen Weg durch die Geschichte bis in die 60er Jahre, die fortan mit allen historischen Bezügen und visuellen Merkmalen zum Schauplatz erkoren werden. In dieser Phase stellt das Drehbuch Bemerkenswertes mit den Minions an – sie werden zu kulturellen Staubsaugern erklärt, was sich in einer erstaunlich ausgefeilten Mischsprache niederschlägt, die bei weitem nicht nur das Comic-Geblödel ausdünstet, das sie zu sein vorgibt.

Leider, leider passiert dann das Gleiche wie immer bei den großen Animationsstudios: Die fiese Antagonistin wird eingeführt und schon ist es wieder ein normaler Standard-Animationsfilm. Anstatt den gelungenen Ansatz beispielsweise zur Hommage an Stummfilm-Slapstick der Ära Chaplin / Keaton auszuarbeiten und sich somit an einem Ansatz à la Jacques Tati zu versuchen, holt man wieder Bazookas, Raketen und andere Supervillain-Instrumentarien aus dem Keller.

Sicher, nichts anderes hat man erwarten können; nachdem die ersten Minuten aber unerwartete Ansätze zeigten, folgt man der Angleichung an den Publikumsgeschmack aber doch mit einem weinenden Auge.
:liquid4: ,5

Mad Men – Season 3
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Mag die Serie durch ihr zeitloses Szenenbild und das unerschütterliche Selbstverständnis nach außen hin so erscheinen, als könnte sie jeden Uhrzeiger zum Stehen bringen, breitet sich unter der Oberfläche eben doch Geschichte aus wie eine Pfütze unter stetem Tropfen. Gerade die dritte Staffel versteht sich darauf, das Leben der Figuren in einen Parallelismus zu historischen Ereignissen zu setzen. Als Präsident John F. Kennedy in Dallas erschossen wird, scheint die Welt für einen Moment vor Ehrfurcht zu erstarren. Das bis dahin so fest etablierte Gesellschaftsbild gerät ins Wanken; es fängt sich zwar schnell wieder, doch im Grunde ist nichts mehr so wie es war, weder im Privaten noch im Beruflichen.

Es geschehen eine Menge Dinge im dritten Jahr der Serie im Hause Draper: Tochter Sally entwickelt einen störrischen Charakter, Dons Vergangenheit wird gelüftet und seine Ehe mit Betty gerät endgültig in Schieflage. Zudem verschwindet Sal für immer aus der Serie. Doch nichts davon bemüht einen vergleichbaren Exkurs wie Dons Tage in einer Hippie-Kommune in der zweiten Staffel.

Angesichts der sich überschlagenden Ereignisse der letzten Episode darf man davon ausgehen, dass sich fortan vieles ändern wird, auch wenn wohl auch weiterhin so viele Zigarren geraucht und so viel Whiskey getrunken wird wie bisher.
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Logan
Kong – Skull Island
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Beitrag von Vince » 24.04.2017, 16:39

Found – Mein Bruder ist ein Serienkiller
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Bei einem Begriff wie „Indie-Splatter-Horror“ denkt man automatisch an Amateurprojekte, deren beste Vertreter vielleicht mit großem Eifer an selbstgebastelten Spezialeffekten arbeiten, in der Handlung jedoch trotzdem oft nur Klischees abarbeiten. Der Faszination für das Handwerkliche folgen nur selten weitere Ambitionen.

„Found“ hingegen ist ein seltener Abkömmling selbstproduzierter Horrorware, der den feinen Unterschied zwischen „Indie“ und „Amateur“ noch einmal deutlich macht. Obgleich sich etliche Perversionen in Scott Schirmers Langspiel-Debüt tummeln, finden diese begonnen beim schlicht, aber effektiv animierten Vorspann bis zur rotgefärbten letzten Einstellung durchweg in einem reflektierten Rahmen statt.

So handelt es sich letztlich um ein Coming-Of-Age-Drama, das in der kindlichen Faszination für Horrorfilme eigentlich ein naheliegendes Sujet aufgreift, welches in dieser expliziten Form jedoch noch selten umgesetzt wurde. Unterstützt von dem gelöst aufspielenden Bruderpaar (Gavin Brown, Ethan Philbeck) gelingt es Schirmer, eine sehr reale Atmosphäre zu etablieren, in der schon das einfache Aussprechen des Wortes „Kopf“ einen Schauder verursachen kann.

Gewissermaßen sorgt das in einem von Abstumpfung befallenen Genre für eine erneute Sensibilisierung. Sobald die Filme-im-Film „Deep Dwellers“ und „Headless“ den metatextuellen Gang in die VHS-Schleuse antreten, tritt durch die künstliche und/oder überstilisierte Darstellung von verspeisten Augen, amputierten Brüsten und Sex mit abgetrennten Köpfen besagte Abstumpfung zwar wieder ein, jedoch wird diese als Teil der Jugendgeschichte der Hauptfigur verstanden, deren Bruder sich als Serienkiller herausstellt.

Auch auf die Gefahr hin, das Erzähltempo ins Wanken zu bringen, nimmt sich der Regisseur viel Zeit, um die kleinen Dinge zu beleuchten und die Charaktere zu vertiefen. Dabei helfen ihm Dialoge, die den schmalen Grat meistern, nicht allzu tief ins Philosophische abzudriften, aber auch nicht zu banal zu klingen. Gut und Böse sind nicht die Pole, als die sie scheinen; nicht nur die Beziehung zwischen den Brüdern erweist sich als sehr komplex, sondern auch jene zwischen ihnen und ihren Eltern oder ihren Freunden lassen Schatten der Vergangenheit eines jeden Zuschauers wieder aufblitzen – in einem eskalierten Rahmen, versteht sich.

Für die Indie-Szene müsste „Found“ eigentlich ein unerwarteter Wachruf sein. Mit minimalem Budget weist er ungewöhnlich hochwertige Production Values auf und auch in allen anderen Disziplinen eine Klasse, die man auf diesem Level normalerweise nicht erwarten kann.
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The Lady In The Car With Glasses And A Gun
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Joan Sfarr scheint viel für die Ästhetik des Jahrs übrig zu haben, in dem die Vorlage für seine Neuinterpretation entstand. Im cremefarbenen Trenchcoat der Hauptdarstellerin, ihrer getönten Brille und dem 67er Thunderbird spiegeln sich die 70er Jahre auffallend wider. Sie selbst, Freya Mavor, zieht als betörende Schönheit zwischen Naivität und Selbstbewusstsein alle Fäden der an minimalistisches Crime Cinema jener Zeit erinnernden Storyline und zugleich alle Blicke auf sich. Streng genommen könnte man dem Regisseur die manchmal selbstzweckhaft erscheinende Erotisierung über schweifende Kamerafahrten und lange Einstellungen zum Vorwurf machen; ehrlicher wäre es aber wohl, ihm für den sexiesten Thriller seit längerer Zeit zu danken.

Nachdem der Einstieg mit stilisierter Einrichtung und ebensolchen Kostümen gepfeffertes Style Over Substance verspricht, wird die Handlung mit der Zeit immer bedeutsamer. Plotholes werden ganz bewusst ausgeteilt und gehören gewissermaßen zum Spannungskonzept, das mit Mitteln einer Amnesie-Prämisse die Begegnung mit Fremden zur suspensereichen Angelegenheit erklärt uns die ewige Frage provoziert: Wem kann ich trauen?

Allzu viel ist nicht nötig, um dabei zu folgen, wie das Puzzle zusammengesetzt wird. Vielleicht ist man nach Ansicht auch ein wenig enttäuscht über die ausgebliebene Komplexität, die nach der ersten mysteriösen Wendung an einer Tankstelle versprochen wird. Freya Mavor allerdings sorgt in jedem Fall dafür, dass der Road Trip an ihrer Seite nicht langweilig wird – auch dank Sfarr, der sie geschmackvoll und stilsicher in Szene setzt.
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Retribution
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Blitzlicht, Regen, Wind und Donner. Scheppernde Requisiten, tosende Soundkulisse, Graffiti in grellen Neonfarben, gellende Schreie... all diese plakativen Behelfsmittel, die sich besonders gerne in den 80ern zur Bildung von audiovisuellem Spektakel versammelten, vermisst man jenseits des Jahrtausendwechsels zunehmend. Auf der Suche nach dieser zum Aussterben zurückgelassenen naiven Filmästhetik wird man wohl irgendwann auf den übernatürlichen Horrorthriller „Retribution“ stoßen. Der verpasst einem in der Rückschau allerdings eine derart heftige Überdosis des gewünschten Stoffs, dass man sabbernd auf dem Boden landet und Regenbogen vor dem inneren Auge tanzen sieht, die wiederum aus anderen Regenbögen sprießen...

Mit funkelnden Leuchtdioden in den Augenhöhlen, höhnischem Gelächter in der Brust und umherfliegenden Kleinteilen knüpfen die Spezialeffekte an bekannte Vertreter des Exorzismus- und Besessenheitskinos an, hier allerdings ohne jeden Sinn für Maßhaltung. Das kann durchaus zum Spaß für Freunde der Formel „Horror durch Chaos“ ausarten, wenngleich es natürlich im harten Kontrast zu der gewöhnlichen Optik steht, die sich zwischen den Phantastikelementen ausbreitet.

Dementsprechend ist auch der Plot eher kettenartig angelegt und regt somit das Warten auf die nächste große Effektsequenz an, zumal diese zusätzlich mit Rache-Motiven der Marke „The Crow“ angereichert sind.
Dennis Lipscomb ist als unscheinbarer Duckmäuserich ohne Selbstbewusstsein ein eher ungewöhnlicher Antiheld, der sich durch für ihn ungewöhnliche Milieus bewegt, doch solche Grobheiten machen in gewisser Weise den Reiz von „Retribution“ aus.
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Puls
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Ja, filmisch gesehen ist „Pulse“ die erwartete Grütze, mit der voller Verzweiflung versucht wird, sich an Verstrichenes zu klammern: Handy-Paranoia, Zombie-Hype, ja selbst an einen passenderen Filmtitel wie „Signal“. In jeglicher Hinsicht kommt die Produktion einfach zu spät. Man spürt einstmals große Ambitionen, die im Laufe der Zeit zum Videothekenramsch-Format zurechtgestutzt wurden – tödlich für ein Szenario, das episch wirken muss, um ernsthaft zu funktionieren. Garniert mit Plotholes, gelangweilten Schauspielern und ganz schön miesen Massen-Effektszenen kann man die cineastischen Qualitäten kaum verteidigen, es sei denn, man möchte einen selbstironischen Blick auf die Produktionsumstände wohlwollend herausarbeiten und das Ganze als Augenzwinkern mit Brechstange verkaufen.

Aaaber. Abgesehen davon, dass der Digitalisierungswahn nach wie vor hochaktuell ist und eine Thematisierung immer noch rechtfertigt (auch wenn er dem heutigen Stand leider kaum angepasst wurde und sich weiterhin fast ausschließlich mit Handy-Funkwellen befasst), übt die sehr eigenwillige Darstellung der King'schen Gedanken zum Thema Kommunikationstechnologie einen ganz speziellen Reiz aus. Eine gemächliche Einleitung leistet sich dieser Film nicht, vielmehr überfällt er uns mit einer Massenhysterie am Flughafen, in deren Verlauf Hunderte von Menschen ihren Verstand zu verlieren scheinen und den (nicht umsonst als Zentrum des Personenverkehrs gewählten) Schauplatz zum Amok-Kriegsfeld umfunktionieren. John Cusacks Charakter wird als Person somit gar nicht erst groß vorgestellt, sondern sozusagen zwischen Handy-Zombie und Gepäckband nach und nach mit Merkmalen ausgestattet. Ein No-Go in Sachen Charakterzeichnung, doch andererseits so erfrischend anders im Vergleich mit allem, was man sonst so konsumiert.

Wenn in diesem Zusammenhang dann auch von „Zombie-Klischees“ gesprochen wird, so ist dies vielleicht die Ohnmacht, die kleinen Unterschiede zwischen schnellem Zombie und schnellem Zombie zu erklären. Was hier mit mordlüsternem Blick in den Augen über Stock und Stein poltert, folgt völlig anderen Regeln als beispielsweise die Gelbäugigen aus „28 Days Later“, die ja gemeinhin als Urahnen des Leistungssport-Zombies gehandelt werden. Zu vergleichen ist das Geschehen in „Pulse“ vielmehr mit M. Night Shyamalans „The Happening“, vielleicht in Erbschaft des Körperhorrors der 50er Jahre, bei dem Außerirdische die Kontrolle über den menschlichen Körper übernehmen.
Die handwerkliche Umsetzung ist zweifellos in Frage zu stellen, aber ob nun freiwillig oder unfreiwillig, kerngesunde Menschen, die sich durch ein elektronisches Signal binnen Sekunden in blutrünstige Wahnsinnige verwandeln und sich so seltsam ferngesteuert verhalten wie Ameisen in einer Kolonie, das gibt es längst noch nicht so oft zu sehen wie den heillos überfilmten Infizierten und bietet selbst dann noch einen gewissen Wert, wenn die Darsteller eigentlich gerne ganz woanders wären.
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Das Versteck
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Einmal das Mädcheninternat betreten, gibt es kein Zurück: „Das Versteck“ sperrt den Beobachter mit einer Gruppe junger Mädchen in einen kleinen Mikrokosmos und verriegelt den Weg in die Zivilisation, um die von Bigotterie und konservativer Strenge geführte Erziehung zur Entfaltung zu bringen. Als Ausgleich allerdings nimmt sich Narciso Ibáñez Serrador viel Zeit, um uns das von bedrohlich großen Räumen, dunklen Ecken und edlen Fassaden bestimmte Innenleben der Einrichtung näher zu bringen.
Wenn von direkten Einflüssen auf Dario Argentos später entstandenen „Suspiria“ die Rede ist, bezieht man sich hauptsächlich auf das unsichtbare Wirken des Bösen hinter einer kommunenartig strukturierten Zusammenkunft formbarer Unschuld. Serrador geht dabei etwas stilorientierter vor als sein italienischer Kollege und bevorzugt enge Tunnel aus Licht mit partieller Freilegung geheimnisvoller Ecken des Gewölbes gegenüber einem hemmungslosen Farbenbad.

Der Kern der Geschichte hingegen führt eher zu ödipalen Konstrukten wie jenem aus „Psycho“, was durch Lilli Palmers diabolische Präsenz nochmals unterstrichen wird. Man hätte nicht unbedingt ein größeres Geheimnis daraus machen müssen, wohin die Handlungsfäden führen, aber trotz der relativen Übersichtlichkeit des Plots versteht der Regisseur sich sehr darauf, Suspense zu erzeugen und Terror zu schüren; Kamera- und Schnittexperimente wie Freeze Frames oder schnelle Wechsel zwischen Totalen und Schräg- oder Seitenwinkel-Körperaufnahmen werden mit Bedacht und stets in Hinblick auf einen Klimax eingearbeitet.

Auch wenn eine Handvoll Filmemacher auf dem gleichen Gebiet noch tiefere Spuren hinterlassen haben, so kann Serrador mit dieser Perle des spanischen Horrorkinos immerhin mithalten, die auch fast fünfzig Jahre nach Entstehung ihren Glanz bewahrt hat.
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Lisa und der Teufel
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Dass es sich bei „Lisa und der Teufel“ um das persönlichste Werk Mario Bavas handeln soll, steht nicht gleichbedeutend mit der Annahme, man habe fein geschwungene Linien der Erzählkunst zu erwarten oder besonders ausgefeiltes, auf Perfektionismus ausgelegtes Handwerk. Wenn der Betrachter zu dem abschätzigen Schluss kommt, er habe es mit einem sleazigen, konfus wirkenden Bastard aus übernatürlichem Drama und Horrortrash zu tun, so kann man ihm möglicherweise fehlende Sensibilität vorwerfen, jedoch noch nicht ganz an seiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln; und das gilt auch, wenn der Betrachter anstatt der mit Nachdrehs verwaschenen Exorzismus-Version des Produzenten die ursprüngliche Originalfassung gesehen hat.

Die künstlerische Freiheit, die dem Regisseur nach seiner kommerziell erfolgreichen letzten Arbeit zunächst gewährt wurde, legt sich also nicht im Konsens dessen nieder, was man als Meisterwerk verstehen würde, sondern in der zügellosen Komposition von Farben und Formen, die isoliert wie unter der transparenten Haube einer Schneekugel miteinander verschlungen werden und dabei nichts anderem folgen als ihrer eigenen Logik. Diese zu verstehen, gehört zu den großen Herausforderungen dieses Films, ja letztlich bilden sie seine eigentliche Klasse. Obgleich die Anzahl der zentralen Schauplätze – der verwinkelte Kern einer spanischen Altstadt, eine gotische Villa samt Anwesen und für das effektvolle Finale das Innere eines Flugzeugs – denkbar übersichtlich ist, nutzt Bava sie nicht banal als Übergangsstationen für seine Geschichte, sondern bewegt sich nach Belieben in ihnen vor und zurück, bearbeitet sie wie die Form eines Kissens vor dem Schlafengehen, bis sie ihm als angemessen erscheint, was, wie das Ergebnis unter Beweis stellt, nicht zwangsläufig mit der gängigen Schule für Filmdramaturgie in Einklang steht.

Entsprechend „unteuflisch“ tritt auch Telly Savalas auf, der sich mit offenem Gesicht, freundlichem Lächeln, Lolly im Mund und einer nüchtern betrachtet sehr profanen Funktion als Diener und Assistent keiner offensiven Villain-Konzeption anschließt – und gerade durch die vermeintliche Verspieltheit und Harmlosigkeit besonders diabolisch erscheint. Elke Sommer indes scheint mit ihrem blonden Haar, ihrer mintfarbenen Jacke und dem blau karierten Rock die gesamte Ausstattung aus Fresken und Statuen, opulenten Treppen, hohen Gräsern, Brunnen und Uhren gleichermaßen anzuziehen wie zu kontrastieren. Auch visuell steht Bava hiermit auf dem Höhepunkt seines Könnens, selbst wenn es ob der irritierenden Szenenkonstruktion ein wenig Einfühlung erfordert, um auf diese Erkenntnis zu stoßen.

Der Inhalt indes provoziert mit Tabuthemen und wird in dieser späten Phase seiner Entstehung durch punktuelle Nacktheit und Gewalt bereits dezent in eine anstößige Richtung gedrängt, andererseits hätte ein Hitchcock sich unter dem aufsehenerregenden Getöse eines großen Publikums vermutlich genauso wenig abschrecken lassen, einen solchen Stoff zu verfilmen. Eine gewisser Eindruck von Banalität hängt stets wie eine dunkle Wolke über dem Werk; weggewischt wird er spätestens mit der Finalsequenz, die wieder alles in ein anderes Licht rückt und die Vermutung bestätigt, dass „Lisa und der Teufel“ bei allen Zweifeln ein großartiger Film ist. Doch selbst hier ist es nicht einmal die Idee, die zu diesem Schluss führt, sondern eher die Umsetzung; ein nur sekundenlanger Schnitt, ein kleiner Moment der Perfektion in einem Irrgarten aus brüchigem, prunkvollen Mauerwerk.
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War Dogs
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„War Dogs“ führt durch seinen dokumentarischen Ansatz und seine Drama-Elemente einen leichten Stilbruch oder -Riss im derb-komödiantischen Gesamtwerk Todd Phillips' mit sich, steht dabei aber eigentlich für eine Entwicklung mit Ansage. So mag der mit ernster Miene und Doppelbödigkeit erzählte Klamauk von „Hangover 3“ innerhalb der Reihe zwar befremdlich gewirkt haben, er lieferte aber eine nicht grundsätzlich falsche Rezeptur für einen potenziell funktionierenden Grenzgänger zwischen den Genres, der nun also mit dieser wahren Geschichte über zwei Waffenhändler nachgeliefert wird.

Von „Lord Of War“ kennt man die Thematik und den zynischen Unterton, von „Blow“ (und natürlich dem hier mehrfach zitierten „Scarface“) die Dramaturgie, von Phillips selbst bereits die stilisierte Optik. Neue Gebiete werden also nicht erkundet, jedoch begibt man sich gemeinsam mit dem charakterstarken Doppel Miles Teller / Jonah Hill auf eine spannende Tour ins Ungewisse. Denn wenn man sich das Ergebnis ansieht, kann man beim Dreh unmöglich vorausgesehen haben, welche Wirkung es nach Fertigstellung einmal haben würde.

Sofern man in seiner Komödie auch einen Schuss Drama zu akzeptieren bereit ist und in seinem Drama einen Schuss Komödie, ist zumindest der Unterhaltungswert wohl fast schon garantiert – auch wenn man sich natürlich klar machen muss, dass hier immer noch kein Scorsese am Werk ist, sondern der Regisseur von „Road Trip“ und „Old School“. Weil sich die Erzählweise immer wieder an den großen Epen aus dem Drogen- und Krimimilieu orientiert, indem es Manierismen des manischen Crowdpleasers (damals Pesci, jetzt Hill) ausstaffiert oder bedeutungsschwanger Testtafeln mit Zitaten zwischen die Kapitel setzt, bekommt man tatsächlich das Gefühl, eine Art Mini-“Casino“ zu sehen. Da sich „War Dogs“ seines Standes jedoch jederzeit bewusst ist, wirkt das Anbandeln mit den Großen im Gangster-Zirkus nicht einmal unsympathisch. Es gelingt dem Film aus dieser Perspektive heraus sogar zu zeigen, wie schmal der Grat zwischen legalem und illegalem Geschäft ist und wie überwindbar die Grenzen zwischen Überlebenskampf und Überfluss, zwischen Gewinn und Verlust – gerade weil Tellers Figur, mit der man sich identifiziert, nicht plötzlich aus eigenem Antrieb sein Leben ändert, sondern in diese andere Welt praktisch hineingesogen wird und stets nur auf die Möglichkeiten reagiert, die sich ihm plötzlich bieten.

Das ist nun wirklich nichts Neues oder Aufregendes, aber es unterhält effektiv und regt, wenn auch in der Wohlfühlwolke der Fast-Food-Bedienung, ein wenig zum Nachdenken an über morsche Strukturen und blinde Flecken bei der globalen Versorgung mit militärischer Ausrüstung.
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Death Ship
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Es gibt kaum eine schönere Grusel-Kulisse als ein verlassenes Schiff auf hoher See – und doch verhältnismäßig wenig Filme, in denen Geisterschiffe eine Rolle spielen. „Death Ship“ hat als einer der Wenigen anfangs entsprechend leichtes Spiel, eine Gruppe Gekenterter mit seiner rostigen Fassade und der einschüchternden Aufsicht zu beeindrucken. Schiefe Winkel, aus denen der Wind pfeift, das Bullauge quietscht, Ketten rasseln oder Wasser auf den Bug tropft, sind so viel unverbrauchter als die überstrapazierte Monster Vision und führen zum gleichen gewünschten Ergebnis: Die Gruppe steht unter Beobachtung. Das bereitet so viel Stimmung, dass selbst die farb- und freudlose Videotheken-Optik nicht stört, sondern sogar der Atmosphäre zuträglich zu sein scheint.

Hat man sich aber erst einmal an Bord eingerichtet, geht besagte Atmosphäre ganz schnell im Meer baden. Die nie ausreichend charakterisierten Figuren verfolgen jeweils ihr eigenes Ding und machen ganze Fässer an kleinen Handlungsfäden auf, die nicht immer interessant oder zielgerichtet erscheinen. Der Plot beginnt, sich von einzelnen Ekel- und Blutszenen zu nähren, die sich besonders gut für Schaukastenbilder eignen und bei der Darstellung von Gewalt – in einem Fall auch Nacktheit – eine tendenziell exploitative Linie verfolgen. Macht immerhin Laune.

Einzig George Kennedy ist in der Hauptrolle eine Entwicklung mit Jack-Torrance'schen Ausmaßen gegönnt, doch echter Suspense kann aus seinem Verhalten nicht einmal gewonnen werden, wenn er ein argloses Kind im Arm hält. Mit der Zeit begnügt sich der Film damit, seinen Schauplatz als Sammlung perfider Todesfallen zu verstehen. Das führt ihn zu ähnlichen Mängeln wie dem Jahrzehnte später entstandenen „Ghost Ship“, der nach einer vielversprechenden Eröffnungssequenz auch nur noch wenig zu liefern wusste.
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Der Weisse Rausch
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Trotz volkstümlicher Blasmusik und der naiven Interpretation dessen, was „Lustspiel“ bedeuten kann - bemerkenswert, wie modern ein 86 Jahre alter Film über den Skisport aussehen kann. Vergleicht man den „Weissen Rausch“ mit einem seiner Urahnen, „The Art of Flight“ von 2011 beispielsweise, so hat sich in all der Zeit praktisch nichts verändert. Arnold Fancks Ode an die Beherrschung der Naturgewalten sollte Pflichtprogramm für jeden Extremsportler sein, denn Szene für Szene überrascht das lebensfrohe Hasch-Misch-Spiel zuverlässig mit spektakulären Tricks, umgesetzt durch Profisportler und inszeniert von jemandem, der sein Handwerk offenbar verstand.

So nutzt der Regisseur die realen Drehorte am österreichischen Arlberg immer wieder für Aufnahmen mit beeindruckender Tiefenwirkung. Mehrere Skifahrer ziehen synchron zueinander weit hinten auf dem Berg ihre Schneisen und bewegen sich langsam durch die verschiedenen Bildebenen auf die Kamera zu, wo Hauptdarstellerin Leni Riefenstahl bereits in einen angeregten Dialog mit ihrem Skilehrer oder ihren Kontrahenten vertieft ist. Die Kontraste im Schwarzweiß-Format werden durch die hohe Leuchtkraft der Schneeflächen auf einmalige Weise zur Bildung von Mustern genutzt; ohnehin handelt es sich bei diesem Film, obgleich bereits mit Ton ausgestattet, eher um eine Art Ballett der Formen als um einen vollumfänglichen Spielfilm, dessen Handlung auffallenderweise nur rudimentäres Mittel zum Zweck ist.

Riefenstahl, die als Regisseurin von ihrem Mentor Fanck auch durch diesen Film viele Grundlagen mitgenommen haben dürfte, bedient als ambitioniertes Fräulein mit Experimentierdrang noch viele Funktionsweisen aus der Stummfilmzeit; ihr Testsprung im Hotelbett, der in einer spektakulären Zeitlupenaufnahme eine der Schlüsselszenen darstellt, nimmt ganz direkt auf ihn Bezug. Sie gewinnt mit ihrer unbedarften Art und Weise schnell die Sympathien des Zuschauers, ebenso wie die von Walter Riml und dem späteren Abfahrts-Weltmeister Gustav Lantschner verkörperten Nordlichter Tietje und Fietje, deren ungleiche Größenverhältnisse gerne und oft für Slapstick eingesetzt werden.

Im Kontext des aufkeimenden Nationalsozialismus mag man dazu versucht sein, die Darstellungen entsprechend zu interpretieren oder metaphorisieren, doch in der rein auf kindliche Entdeckerfreude fokussierten Inszenierung ist viel eher eine gewisse Arglosigkeit gegenüber einer dunklen Zukunft verschlüsselt, deren Unerschütterlichkeit inzwischen wieder einen inspirierenden Effekt haben kann.

Fancks damalige Befürchtungen, seine Werke seien zur Flüchtigkeit verdammt und würden mit dem Verschwinden aus den Kinosälen zum langsamen Verblassen im Gedächtnis der Besucher zurückgelassen, haben sich glücklicherweise als Irrtum erwiesen. So hat sich „Der Weisse Rausch“ längst als Überbegriff für die Faszination Skisport etabliert und der zugehörige Film steht immer noch zur Wiederentdeckung bereit.
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Whiskey Tango Foxtrot
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Man kennt ja seine Tina Fey. Ein Opening Song wie „Jump Around“ von House Of Pain passt garantiert wie Arsch auf Eimer zu ihr. Man sieht sie hüpfen und erwartet, dass jeden Moment etwas Peinliches passiert. Und dann detoniert eine Bombe.

„Whiskey Tango Foxtrot“ (aka „W.T.F.“), der aus der Entfernung wie eine alberne Militärklamotte mit Mann-Frau-Klischees aussieht, kann einen binnen der ersten Minuten bereits auf dem falschen Fuß erwischen. Sooo witzig ist das ja doch alles gar nicht. Man sieht zwar im Laufe der eineinhalb Stunden erwartungsgemäß, wie Fey in die Wildnis uriniert, wie Alfred Molina einen dubiosen afghanischen Justizminister mit Fusselbart zur Schau gibt und Martin Freeman einen arroganten Schotten mimt; man sieht aber auch Explosionen und abgetrennte Gliedmaßen. Zur gleichen Zeit, am gleichen Ort.

Eingeleitet wird mit einer zynischen Sitcom- und Büroalltagsrealität amerikanischer Großstädte, für die Fey mindestens seit „30 Rock“ erste Botschafterin ist. Relativ unsanft und ruckartig wird sie dann in ein Kriegsgebiet katapultiert. Der hieraus erzeugte Kulturschock hätte für entsprechende Comedy genutzt werden können und wird es in einzelnen Szenen auch, langfristig liegt dem Film aber daran, die Faszination nicht für diesen speziellen Ort, aber für den Wert der Zusammenkunft so unterschiedlicher Menschen herauszustellen, was dank des angemessenen Mischverhältnisses aus Drama und Komödie auch funktioniert.

Um dieses ziel zu erreichen, vereinfacht das Drehbuch allerdings einige Aspekte deutlich, etwa die brüchige Beziehung der Hauptfigur zu ihrem in der Heimat zurückgelassenen Ehepartner oder gewisse Gegebenheiten vor Ort. Diese Unausgewogenheit lässt den streckenweise ohnehin sperrigen Film etwas zäh erscheinen. Ein Blick lohnt sich aber schon alleine, weil man eben nicht genau das bekommt, was man erwartet.
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Weitere Sichtungen:
Ted 2
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Beitrag von freeman » 24.04.2017, 18:33

Retribution findeste hier:
http://www.liquid-love.de/forum/viewtopic.php?t=16151

Haste den McClaneschen Booklettext denn net gesehen ;-)

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 25.04.2017, 05:24

Wenn ich euch nicht hätte... ;)

Jein. Hab die Amaray gekauft und dann kurz danach erst gesehen, dass er nen Text für das Digi-Booklet geschrieben hat. Aber er hat ihn mir dann freundlicherweise per Mail geschickt. :)

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Beitrag von freeman » 25.04.2017, 18:21

Hier wird Dienstleistungskultur noch großgeschrieben :lol:

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Beitrag von Vince » 02.05.2017, 08:45

Contamination
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Die meiste Zeit scheint die Sonne, Paraden werden abgehalten und Sonnenhüte getragen... und trotzdem kann dieser billige kleine Euro-Heuler nie verbergen, dass er eines der vielen schamlosen Alien-Rip-Offs seiner Zeit ist.

Die Synopsis entspricht in etwa dem, was Splatter-Kids mit ihren ersten kreativen Gehversuchen zu Tage brächten, die gerade durch ihre Erstsichtung des SciFi-Klassikers schwer inspiriert wurden: Es werden grüne Eier auf einem Geisterschiff und später weitere in einer Lagerhalle gefunden, die bei Erreichen einer gewissen Temperatur aufplatzen und deren Inneres bei Kontakt mit menschlichen Körpern Gleiches geschehen lässt. Auf diese Weise lässt Luigi Cozzi, zu dessen berüchtigsten Werken wohl „Starcrash“ und „Hercules“ gehören, immer wieder Blutpäckchen mit hohem Luftdruck explodieren, was er mit Zeitlupen und Slo-Mo-Geschrei der Explodierenden regelrecht zelebriert.

Neben diesen Splatter-Highlights wird noch eine Reihe weiterer Zutaten geboten, die einen gewissen Charme versprühen. Dazu gehört selbstverständlich der Soundtrack von Goblin, der wohl durch den engen Kontakt mit Dario Argento zustande gekommen sein dürfte; dann das memorable Sounddesign der schnatternd atmenden Alien-Eier; eine einzelne Bildeinstellung vom ursprünglichen Herkunftsort der Eier, der sich mit ausgeflipptem SciFi-Artdesign völlig mit den banalen Locations aus Rom und New York beißt; eine durchaus suspense-reiche Badezimmer-Sequenz; und dann eben der animatronische Gummi-Zyklop im Finale, dessen Unbeweglichkeit mit Schnitt, Beleuchtung und hypnotisierenden Close Ups auf das dumm stierende Plastikauge in der Mitte eines wulstigen Talgkörpers kaschiert werden soll.

Dass man diese erwähnenswerten Elemente so einfach aus dem Gesamtwerk isolieren kann (und das nicht einmal immer aus qualitativen Gründen), unterstreicht, wie vergessenswert der gesamte Rest ist. Trotz seiner partiellen Vorzüge als grieseliger Vertreter der Video-Nasty-Zeit ist „Contamination“ eine über weite Strecken elend langweilige Wiederentdeckung.
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Verhängnis
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So wie sich der englische („Damage“), französische („Fatale“) und deutsche („Verhängnis“) Filmtitel allenfalls darüber einig sind, dass etwas Irreversibles zu betrachten ist, nicht aber, welchen Aspekt davon man betonen soll (Eskalation oder Folgewirkung), arbeitet Louis Malle in seine Demontage des gehobenen Bürgertums und dessen zivilisierter Fassade eine breite Interpretationsfläche ein. Diese mag an den Fakten nichts ändern, provoziert jedoch eine Vielfalt an Werturteilen in der Frage um die Schuld des von Jeremy Irons gespielten Staatssekretärs und Familienvaters: Ist er tatsächlich Schuldiger oder vielmehr Opfer? Ist er es aus individuellen Zügen heraus oder wird er durch gesellschaftliche Verpflichtungen in die jeweilige Rolle gedrängt? Und sollte man die Femme Fatale im Spiel gemäß der eiskalten Ausstrahlung Juliette Binoches ausschließlich als Strippenzieherin betrachten, die nur als passive Variable zu berücksichtigen ist, oder sollte man sie in das Werturteil nicht viel eher mit einbeziehen: Entgegen der klassischen Dominanzverteilung der Geschlechter müsste doch gerade sie zur Rechenschaft gezogen werden... sofern man der Auffassung ist, dass ihr Handeln vom Egoismus bestimmt ist. Denn ebenso gut lässt sich argumentieren, dass sie eine liberale Auffassung vertritt, die sich nur nicht mit der Welt verträgt, in der sie ausgelebt wird.

Sein inhaltliches Denken scheint Malle mit den Jahren fortentwickelt zu haben, doch die strukturellen Ansätze sind seit seinen Anfängen als Regisseur gleich geblieben. Das Szenenbild spielt nach wie vor eine wichtige Rolle. In warmen Farben wird das Heim der anfangs noch intakten Kleinfamilie gezeigt, doch je nach Anlass der jeweiligen Zusammentreffen verändert sich der Charakter der Schauplätze: Die Hotelzimmer strahlen Unverbindlichkeit aus, die die berufsbezogenen Orte entweder Anonymität (Vater) oder Hektik (Sohn). Dinge bleiben in jeder Konversation unausgesprochen, Implikationen schwingen mit und werden entweder ignoriert oder auf fatale Weise fehlinterpretiert. Ausgerechnet in dieser verbitterten Atmosphäre schafft Malle Platz für Erotik, lässt die Hauptfiguren in mehreren Szenen miteinander schlafen, immer jedoch so, als säße der Teufel den Liebenden bereits im Nacken. Echte Romantik darf nicht einmal aufkeimen, wenn man eigens für ein Treffen in eine fremden Stadt reist.

Die vermeintlichen Zufälle, mit denen das Schicksal aller Beteiligten im letzten Akt besiegelt wird, sind eigentlich der Schlusspunkt einer langen Kausalkette. Diese zu planen, lässt den Regisseur manchmal notgedrungen zu Routinen greifen. Das lässt seine Arbeit stilistisch wie einen typischen Erotikthriller der 90er Jahre aussehen und hebt ihn von seinen Zeitgenossen durch kaum einen optischen Einfall hervor. Die Subtexte, die er aus Josephine Harts Debütroman zieht, sind das alles jedoch wert; sie entfachen auch Tage und Wochen nach der Sichtung noch Diskussionen.
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Sausage Party
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Es ist der erste Computeranimationsfilm mit R-Rating... und sicher auch der erste, jedenfalls mit diesem Bekanntheitsgrad, in dem gefickt, gekifft, gesoffen und gesplattert wird. Das ist schon alles ganz schön kontrovers, aufregend und spektakulär für das noch junge Nachfolgeformat des guten alten Zeichentrickfilms, welcher nicht nur dank „Fritz The Cat“ und „South Park – Der Film“ noch weitaus unanständigere Seiten zu bieten hat. Doch die Rogen-Clique nimmt sich hier ganz bewusst eine Jungfrau vor, deren niedliche Formen bislang als exklusives Familienvergnügen bestimmt waren und die überhaupt noch nie in ihrem Leben etwas anderes gesehen hat als mit Marshmallows gefüllte Stofftiere in einem Spielzimmer voller Süßigkeiten.

Ein Tabubruch ist „Sausage Party“ allerdings ausschließlich in Bezug auf die eigentlich anderen Stoffen vorbehaltene Machart, denn stellt man sich Seth Rogen und Jonah Hill als Würstchen verkleidet in einem Realfilm vor, wie sie mit einem als Bagel verkleideten Edward Norton sprechen, so hätte man es mit einem ganz normalen Rogen-Film zu tun. Es wird eben gefickt, gekifft, gesoffen und gesplattert. Nationalitäten werden in Schubladen aufgeteilt, Kinderwitze dazu erfunden und kichernd präsentiert, die Schublade wieder geschlossen. Wäre dies ein Realfilm, alles wäre so wie immer.

Diesmal sind die Gags sogar so schwer zu unterbieten, dass man sich schon tief in die Denkweise eines pubertierenden Kindes einfühlen muss, um sie überhaupt zu verstehen, geschweige denn ihnen etwas abgewinnen zu können. Nur die totale Überzeugung der Macher von ihrer eigenen genialen Idee rettet die banale Zuordnung von Offensichtlichkeiten, die in nationalsozialistischem Sauerkraut, indianischem Feuerwasser und lesbischem Salma-Hayek-Taco mündet. Die Euphorie ist bei aller Idiotie spürbar und letztlich ist sie es, die gelegentlich zum Schmunzeln verführt, nicht die Gags als solche: Ist das toll, dass es noch Erwachsene gibt, die mit all dem verdorbenen Wissen eines Erwachsenen irgendwie doch noch Kind geblieben sind.

Das subversive Potenzial findet sich weder in der albernen Story (der überaus misslungene „Free Birds“ hat die Rahmenhandlung ja eigentlich auch schon vorweggenommen), noch in den diversen Film- und Kulturanspielungen, sondern einzig in der geradewegs unverschämt selbstverständlichen Präsentation eines gewöhnlichen Kinder-CGI-Films mit all seinen bunten Farben und „Dreamworks Faces“. In gewisser Weise entlarvt er, wie generisch in dieser Sparte Unterhaltung für die Massen produziert wird. Dies wird er auch weiterhin jedes Mal unter Beweis stellen, wenn ein unaufmerksamer Elternteil seinem schreienden Gör die Streaming-Plattform (oder: Nanny 2.0) einschaltet und trotz gewisser Warnungen und Vorzeichen den Film mit den lustigen Würstchen auf dem Cover auswählt – bis die erste Metzelorgie beginnt (so gesehen fast schon ein Segen, dass das verstörte Kind es wohl niemals bis zur finalen Orgie schaffen wird).

Der vom Filmtitel versprochene Gay-Porno hätte vermutlich mehr Tiefe als diese simpel gestrickte, mäßig animierte (für das Budget aber immer noch ordentlich; dazu könnte man natürlich jetzt den Animatoren-Skandal in einer Fußnote anbringen) Nummernrevue, aber immerhin setzt sie mal ein Ausrufezeichen gegen die Gleichförmigkeit computeranimierter Trickfilme, auch wenn man sich nicht sicher sein kann, ob das tatsächlich die eigentliche Intention der Schöpfer war...
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The Final Girls
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„The Final Girls“ ist gar nicht einmal unbedingt die große Meta-Abhandlung über den Slasher-Film, so wie „Scream“ eine war; wenn so etwas in den letzten 20 Jahren nicht ohnehin bereits in Massen entstanden wäre, die betroffenen Serien würden sich mit ihren zehnten oder elften Teilen schon selbst um einen analytischen Blick in den Spiegel kümmern (nichts anderes geschah in „Freddy vs. Jason“). Nein, es handelt sich vielmehr um eine lustvolle Spielerei mit den längst eingebrannten Regeln, die wie ein altes Videotape zur Belustigung vor- und zurückgespult werden. Durch den (wenn auch plump über einen Riss in der Leinwand realisierten) Sprung in die fiktive Sommercamp-Welt kommen besagte Metaebenen zwar zustande, sie werden aber nicht etwa dazu verwendet, um in Hinblick auf Twists postmoderne Regeldehnungen auszuführen, sondern einfach nur, um die Bogensehne zu spannen und zu sehen, wie sie wieder in ihre Urform zurückschnellt – und was derweil mit dem Pfeil passiert.

Dass die Regeln also relativ unumstößlich sind, befreit die Autoren von der Last, etwas Bedeutungsvolles mit dem Szenario anzustellen. Zwar sind die Ereignisse aus dem Film mit dem Film im Film verankert und sie führen sogar am Ende zu berührenden Szenen, doch in erster Linie geht es um den Spaß im Camp. Parodiert werden dabei wie üblich die bedeutsamsten Slasher, allen voran wieder einmal „Freitag, der 13.“ und all seine Ableger, doch werden die vermeintlich einfallslosen Anspielungen immer treffend eingesetzt. Selbst wenn man der ironischen Betrachtung auf Jason, Michael und ihre Klone überdrüssig ist, muss man speziell das präzise Timing von Malin Akerman hervorheben. Hauptdarstellerin Taissa Farmiga überlässt ihr und anderen (speziell Adam DeVine als typisches Ekel und Angela Trimbur als aufgedrehtes Partygirl) das Rampenlicht, um ähnlich wie Alexander Ludwig („Vikings“) eine Stimme der Vernunft in diese irreale Welt zu bringen, in der niemand den nahenden Tod wirklich ernst zu nehmen scheint.

Texteinblendungen als physische Stolperfallen, Rückblenden als Dimensionstore und einsetzende Abspänne am Himmel gehören zu den vielen liebevollen Details, mit denen „The Final Girls“ letztlich für einen unerwartet hohen Unterhaltungswert sorgt, ohne deswegen tiefer in die Theorie zu langen als unbedingt notwendig.
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Visions
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Nach „Jessabelle“ ein weiterer Stangen-Grusler von Kevin Greutert, der sich ebenso hübsch gefilmt wie belanglos seinen Weg zur groß aufgebauschten Auflösung bahnt. Selten hat man die Konstruiertheit unerklärlicher Vorkommnisse im modernen Mystery-Horrorfilm deutlicher durchschaut als hier. Gerade retrospektiv, wenn man die ganze Auflösung kennt, wirkt der Aufbau von „Visions“ unheimlich billig und bequem. Die ganze Errungenschaft dieses Films ist im Grunde die Anatomie der Schlussszene, deren Einzelbestandteile man rückwirkend einfach auf die komplette Resthandlung verteilt hat und darauf vertraut, dass der fehlende Kontext für Schauergefühle sorgen würde.

Da auch die Motive rund um Kapuzengestalten, unheimliche Schaufensterpuppen und blutige Handabdrücke nicht gerade zu den innovativsten Erzeugnissen des Gegenwartskinos gehören, beginnt der dramaturgische Aufbau recht bald zu langweilen, zumal sich die Jump-Scare-Techniken zu sehr auf lange, ereignislose Einstellungen verlassen, die mit einem plötzlichen Buh-Effekt drohen.

Isla Fisher, die 2015 zum dritten Mal Mutter wurde, dürfte ob der Schwangerschaftsthematik in Interviews zum Film wohl mit einem persönlichen Zugang zum Drehbuch argumentiert haben und liefert eine annehmbare Leistung, muss in der absoluten Standardrolle eine jungen Frau mit vermeintlichen Halluzinationen allerdings auch keine Höchstleistungen bringen. Wenn man etwas wirklich Positives aus „Visions“ ziehen will, dann sind es die wahrlich fotogenen kalifornischen Weinberge und die sehr schmucke Landhausvilla an ihrem Fuße.
:liquid4:

Shut In
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Rollkragenpulli-Psychologie im verschneiten Landhaus, solche Stoffe beherrscht Naomi Watts wie eine Meisterin. Nach Durchsicht des Drehbuchs von Christina Hodson wird sie wohl auch deswegen zugesagt haben, weil sie sich in einer sehr produktiven Phase (alleine in den beiden vergangenen Jahren war sie in sieben Filmen zu sehen) vermutlich nicht allzu tief in die Rolle hat einfühlen müssen.

Die Routine sieht man ihr allerdings auch an. Gewitterwolken hängen tief in ihrem Blick, tagsüber hat sie die überforderte Pflegerin zu spielen und nachts in diversen Bett- und Raus-in-den-Schnee-Szenen das verschreckte Mäuslein, in den Alarmzustand versetzt durch unerklärliche Geräusche im Haus.

Was an Hodsons Drehbuch so gut sein soll, dass man es auf die Blacklist setzte, weiß dessen Verfilmung jedenfalls nicht zu vermitteln. Unbeholfen wird mit Anleihen aus dem Invasions- und Geisterkino jongliert, ohne jemals den gewünschten Zweck zu erzeugen, während man das unter der Oberfläche brodelnde Familiendrama samt Twist sogar regelrecht dilettantisch umgesetzt. Handlungsmotive bleiben nebulös, situative Schlussfolgerungen schwer nachvollziehbar. Vor allem aber entwickeln sie keinen echten Drive. Was in dem Haus geschieht, dessen Zimmer der Atmosphäre entsprechend in kühlen Farben gestrichen sind, sollte Suspense erzeugen, tut es aber nicht; vielleicht, weil sämtliche Spannungsmomente bei Hinz und Kunz abgekupfert wurden und sich zu ärgerlichen Filmklischees türmen. Als sich die Auflösung nach draußen verlagert (wo die Wahrheit erst ans Licht kommen kann) und dort Jack Torrances letzter Psycho-Run nachgestellt wird, ist der Kopfschüttel-Faktor längst so ausgeprägt, dass jedes positive Urteil verloren scheint – und das, wo die Kamera im Grunde die ganze Zeit über recht stimmungsvolle Bilder findet.
:liquid3:

Spider City
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Ähnlich wie „Lavalantula“ ein Grenzgänger zwischen B- und C-Movie, der sich wesentlich besser schlägt als so ziemlich alles, was die Asylum-Werke jemals verlassen hat, aber wiederum von einem „Arac Attack“ zum Frühstück verspeist wird und von einem „Arachnophobia“ nicht einmal mit dem A... der Spinndrüse angeschaut wird.

Anders als „Lavalantula“ nimmt sich das als 3D-Event vermarktete Werk des Creature-Feature-Spezialisten Tibor Takács auch viel zu ernst; dabei hätten Spinnen aus dem Weltraum zu einem ironischen Selbstverständnis eigentlich fast schon verpflichten müssen. Patrick Muldoon und Christa Campbell schlagen sich jedoch mit einer Miene durch die Achtbeiner-Horde, als müssten sie unter Zeitdruck ein Mittel gegen Krebs erfinden.

Dessen ungeachtet entwickelt „Spider City“ einen erstaunlich hohen Unterhaltungswert, der durch das Zusammenspiel der künstlichen Sets und Kreaturen in unterschiedlichen Ausmaßen erzeugt wird. Der Nachbau Manhattans durch Straßen, Hausfassaden und U-Bahntunnel offenbart seine Studio-Herkunft recht deutlich und wirkt dadurch recht klinisch und künstlich, allerdings sichert er damit zugleich den Eindruck, dass sich die Effektleute und Actionchoreografen in der selbst errichteten Spielwiese nach Belieben austoben können. Die Qualität der computererzeugten Spinnen ist in vielen Punkten ungenügend, gerade in Sachen Beschaffenheit und Schattenwurf, obwohl es speziell bei den handtellergroßen Exemplaren zu Beginn durchaus Momente gibt, in denen das typische Ekelgefühl eintritt, das man bekommt, wenn man ein besonders großes und widerliches Exemplar erblickt. Die Imitation der für Spinnen typischen Fortbewegung hat man also schon in schlechter gesehen. Echte Anflüge von Arachnophobie macht aber spätestens das schwache Design zunichte. Spinnenköpfe, die aussehen wie ein mutiertes Exemplar der „Critters“ und die Trompetengeräusche machen wie Dinosaurier aus einem 70 Jahre alten Abenteuerfilm, sind der Erzeugung von Gänsehaut jedenfalls nicht zuträglich.

„Sharknado“ und seinen absonderlichen Mutationen ist „Spider City“ trotz des kaum vorhandenen Humors allerdings in jedem Fall vorzuziehen.
:liquid5:

Der Ruf der Gradiva
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Alain Robbe-Grillets letzter Film schmiegt sich dank der staubigen Straßen Marrakeschs fast nahtlos in sein Gesamtwerk, greift aber stärker auf Konventionen zurück als gewöhnlich. Die Gralssuche nach (existenzialistischem) Sinn und (erotischer) Erfüllung führt über die bereits von vielen Filmemachern beschrittenen Wege eines – in diesem Fall - britischen Forschers in einem fremden Land, der sich geleitet von seinen Gefühlen bereitwillig auf eine Reise in den Mystizismus begibt, den ihm das Land bietet. Und dabei jede Warnung vor Gefahren ausblendet.

Der Zuschauer erlebt aus dieser Konstellation eine Mischung aus Angst vor dem Verderben, Abenteuerlust und Freiheitsempfinden. Diese regelrecht klassische Variante des Abenteuerfilms peppt Robbe-Grillet jedoch mit den für ihn typischen expressionistischen Mitteln auf: Wo die Taxifahrt mit einem vermeintlichen Blinden noch den poetischen, aber im Realismus verankerten Ton eines Jim-Jarmusch-Werks streift, führen schnelle Ortswechsel im Kontrast mit langen Einstellungen, das abrupte Verschwinden von Personen aus der Bildkomposition sowie theoretisierende Monologe zu einem abseitigen Filmerleben, das den Sprung der Hauptfigur in den selbst ausgehobenen Kaninchenbau auf effektvolle Weise unterstützt.

Das Wesen der Frau liegt auch diesmal wieder im Fokus des Regisseurs. Noch deutlicher als sonst mag er mit seinen Darstellungen auch männliche Opfer- und Machtfantasien bedienen, ist aber spürbar an einer komplexen Betrachtung interessiert, insofern er Frauen als Sklavinnen portraitiert ebenso wie als Liebende, mal abweisend, mal warmherzig und fürsorglich, aber auch als unnahbare Göttinnen. Zentral nähert sich Robbe-Grillet ihnen aus einer mythologischen Perspektive; entsprechend erklärt er die moderne Mythengestalt der „Gradiva“ zum Zentrum seiner Arbeit. Als fiktionale, unwirkliche Erscheinung taucht sie nahezu willkürlich mit Überblendungseffekten an bestimmten Orten auf und verschwindet ebenso schnell wieder. Es ist aber vor allem Dany Verissimo-Petit, die als Geliebte von Hauptfigur John Locke der Objektivierung des Weiblichen entgegenwirkt und dem Mystizismus etwas Greifbares gegenüberstellt.

Wenn auch deutlich zugänglicher als ein „Eden et l'après“, ist „C'est Gravida que vous appelle“ dennoch nur den geduldigsten Naturen zu empfehlen, die Erotik als etwas Komplexes betrachten, das sich nur langsam ausbreitet – und nicht immer auf schlüssigstem Wege.
:liquid7:

Elvis & Nixon
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Fotos können große Geschichten erzählen, die über den reinen Bildinhalt hinausgehen. Als Joe Rosenthal am 23. Februar 1945 sechs Soldaten dabei fotografierte, wie sie auf Iwojima eine amerikanische Flagge hissten, konnte er nicht ahnen, welche Symbolkraft seine Fotografie erringen würde. Clint Eastwood arbeitete die Umstände der Entstehung des Bildes sowie die zugehörige Schlacht mit „Flags Of Our Fathers“ und „Letters From Iwo Jima“ auf.

Nicht ganz so bekannt, aber dennoch eine Betrachtung wert ist ein Foto, das am 21. Dezember 1970 im Oval Office entstand. Darauf schüttelt der damalige US-Präsident Richard Nixon dem seinerzeit größten Rockstar der Erde, Elvis Presley, die Hände – eine absurd erscheinende Paarung, deren Zusammenkunft dieser Film zu rekonstruieren versucht.

Weil aus der Vorlage kein historisch bedeutsames Ereignis herauszuarbeiten ist, darf man handlungsbezogen 85 Minuten voller Nichtigkeiten erwarten, die grundsätzlich ins Leere laufen. Im Ziel wartet nicht etwa eine Heldensage oder ein außergewöhnliches geschichtliches Ereignis, sondern einfach nur ein Foto, wie es für hohen Besuch im Weißen Haus üblich ist. Regisseurin Liza Johnson hat mit Kevin Spacey und Michael Shannon zwei Schauspiel-Schwergewichte zu versorgen; die Qualität ihrer Arbeit hängt entscheidend vom Zusammenspiel der Beiden ab. Shannon nimmt figurenbedingt das Heft in die Hand. Die Exzentrik Presleys hat schon zu den absurdesten Abenteuern geführt („Bubba Ho-Tep“) und dieses hier liest sich gar nicht einmal weniger absurd: Der Rockstar will seinem Land etwas zurückgeben und bittet beim Präsidenten um Audienz in der Absicht, einen Status als Sonderagent der Regierung zu bekommen.

Wie es trotz dieser absonderlichen Bitte dennoch zu dem Treffen kommen konnte, wird in einer Kette verrückter Entscheidungsbäume auf Regierungsebene gezeigt, die den trockenen Humor zur Folge hat, den man bei der Synopsis dieses Films hat erwarten können. Shannon, der nicht einmal unbedingt wie Presley aussieht, entwirft ein durchaus interessantes Portrait, das über die kultivierten Zerrbilder seiner unsterblichen Armee von Kopisten hinaus geht, auch wenn es die Ich-bin-mehr-als-nur-der-King-Nummer etwas zu plump vermittelt. Entsprechend schwachbrüstig wirken fast alle Szenen, die er gemeinsam mit Alex Pettyfer oder Johnny Knoxville zu bestreiten hat.

Erst als er mit seinem eigentlichen Co-Star zusammengeworfen wird, beginnt die etwas krude Grundidee zu wirken. Spacey ist vorzüglich als Nixon, hat von der Körperhaltung bis zur knautschigen Mimik alle Finten drauf. Obgleich er der passive Part ist, wirkt sich seine Beteiligung automatisch extrem positiv auf Shannons Leistung aus. Die Unterschiedlichkeit der Charaktere wird zur Lunte für den Spannungsanteil, der von Drehbuch wegen eigentlich gar nicht da sein sollte – eine Schüssel mit Smarties oder ein Autogrammwunsch können da zu Auslösern für unausgesprochene Machtspiele zwischen Männern werden, die alles trennt und nur ihre Berühmtheit eint.

Bei den intimen Momenten Presleys hat man versäumt, mehr Tiefe einzubringen, doch das den unspektakulären Umständen entsprechend trockene Treffen zwischen Präsident und Rockstar hat unbestreitbar seinen Reiz, auch wenn der Abspann allen Vorwarnungen zum Trotz in Ratlosigkeit zurücklässt: Was war das denn gerade?
:liquid6:

The Walking Dead – Season 5
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Für einen adrenalinsteigernden Cliffhanger wie jenen, der am Ende der vierten Staffel platziert wurde, handelt man den Schauplatz Terminus nun womöglich etwas zu hastig ab. Binnen einer Episode ist der Spuk vorbei und Ricks Gruppe muss sich „nur“ noch mit den Nachwirkungen herumschlagen. Trotzdem war der Besuch bei der vermeintlichen Endstation einer langen Reise von großem Nutzen, um die Wirkung dieser fünften Staffel zur Entfaltung zu bringen.

Erst mit den Erfahrungen von Terminus bekommt die herbeigesehnte Rückkehr in die Zivilisation nämlich ihren perfiden Twist, der die Menschlichkeit in der Gruppe der Überlebenden in Frage stellt. Wenngleich sich die Muster oberflächlich längst wiederholen, ringen die Autoren dem Situativen immer wieder neue anthropologische Erkenntnisse ab. Infolge der Fokussierung auf das Terminus-Substitut „Alexandria“ wird ein zusätzlicher Nebenstrang um ein nach strengen Regeln geführtes Krankenhaus sogar unter Gebühr verkauft; selbst aus diesem Mikrokosmos sozialer Normen hätte man noch mehr Substanz ziehen können.

Die spannendere Beobachtung ist aber dann doch, wie Menschen, die Monate ihres Lebens mit der Gefahr im Nacken verbracht haben und gar kein anderes Leben mehr kennen, mit einer unverhofft sich bietenden Luftblase der Sicherheit umgehen. Das Ergebnis ist eine komplexe Studie zu Faktoren wie Misstrauen oder Gewöhnungsmustern, auch wenn dies bedeutet, dass einige Charaktere recht wunderliche Züge anzunehmen beginnen (Melissa McBrides freundliches Lächeln, während sie in biederner Hausmütterchen-Tracht steckt, wirkt gruseliger als jeder der vielen Zombies).

Auch wenn man nicht so weit gehen will zu behaupten, der Tod könne jeden ereilen, so gehen die Drehbücher doch nicht zimperlich mit den Figuren um und fordern auch gerne mal Opfer unter den sympathischeren Zeitgenossen. Der oftmals geäußerte Vorwurf, die Zombies seien gar keine echte Bedrohung mehr, ist kaum nachzuvollziehen; dass die Mitglieder der Gruppe sich an die neuen Lebensumstände gewöhnen, ist nur allzu logisch und durch unglückliche Fügung von Umständen oder manchmal auch nur aus Unachtsamkeit entstehen immer wieder bedrohliche Momente, die normalerweise mit dem gewohnten Maß an Erbarmungslosigkeit zu Ende geführt werden. Mit memorablen Make-Up-Effekten, diesmal unter anderem repräsentiert durch aufgedunsene Wasser-Zombies oder die wie Kaugummi am Asphalt klebenden Zombie-Schmierflecken auf dem Parkplatz des Krankenhauses, folgt man auch weiterhin der Tradition, die bittere Ironie der Apokalypse auszukosten – und sorgt bei konstant sich steigernder Gesamtqualität für einen stabilen Unterhaltungswert.
:liquid8:

Weitere Sichtungen:
Underworld - Blood Wars
Deadly Home
Guardians Of The Galaxy Vol. 2

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Beitrag von McClane » 02.05.2017, 14:14

Zu "Contamination": Den sehe ich ähnlich. Ein paar nette Momente in einem Meer aus Langeweile. Meine These, dass man einfallsarme Filme daran erkennt, dass jede Autofahrt ausführlich bebildert werden müssen um auf Spielfilmlänge zu kommen, wurde von dem Cozzi-Film klar bestätigt.
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