Filmtagebuch: Wallnuss
Moderator: SFI
Lucy
"Der Mensch nutzt nur 10% seiner Gehirnkapazität. Was wäre, wenn er 100% erreichen könnte?" - Nichts, denn das tun wir natürlich längst. Aus biologischer Sicht ist Luc Bessons Thriller "Lucy" von 2014, der mit jenem Satz ständig beworben wurde, daher eigentlich bereits beginnend bei seiner Prämisse völliger Blödsinn. Da es sich bei einem Film aber immer auch um ein fiktives Werk handelt, dass sich nicht an Gesetze der Realität halten muss, geht dieser "Fehler" in Ordnung, schließlich bietet die Ausgangsstellung einiges an Potenzial für einen fantasievollen und verspielten Film. Genau jene Adjektive wurden Bessons Film dann im Vorfeld auch gerne attestiert. Warum erschließt sich bei der Sichtung allerdings nicht. Viel mehr tun einem Stars wie Scarlett Johansson oder Morgan Freeman beinahe leid, wenn man sie in diesem "Werk" auf der Leinwand sieht und man sich nur noch fragt: Was um alles in der Welt ist hier schief gelaufen?
Was hat man sich dabei gedacht, wäre noch so eine weitere Frage. Wie man beim Ansehen von "Lucy" darauf kommt, ist aber die noch interessantere. Denn anfangs denkt man tatsächlich noch, einen spannenden und viel versprechenden Film zu schauen. Das Intro ist ansprechend aufgemacht und dennoch einfach gehalten, danach wird man praktisch direkt und unvermittelt ins Geschehen geschmissen. Ein kurzer Dialog, eine schnelle Exposition, eine junge Frau, die urplötzlich in gefährlicher Lage eine Handvoll Mafiosi um sich hat. Scarlett Johansson, bekannt unter anderem aus "The Island - Die Insel" oder "Marvels Iron Man 2" ist als Hauptdarstellerin immer eine gute Wahl, kann sie doch beinahe jede Emotion glaubhaft verkörpern. Das alles ist aber nicht mehr von Nöten, wenn nach zwanzig Minuten die Exposition endet und die eigentliche Handlung über die Super-Drogen beginnen, die aus der Studentin Lucy ein übermenschliches Wesen machen. Denn dort gibt es keine Emotionen mehr, die Johansson verkörpern kann. Und es gibt auch keinen wirklichen Charakter, den sie mehr spielen müsse. Dass man sich daher weder für sie noch ihre Rolle interessiert, ist wohl kaum ihre Schuld. Dass man diesen gelungenen Anfang nämlich auf das folgende Niveau stürzte, verantwortet ein ganz anderer.
Und um es mal deutlich zu sagen: Was Luc Besson uns als Zuschauern in den 89 Minuten dieses Filmes auftischt, ist eine Frechheit. Man weiß auch gar nicht, wo genau man anfangen soll, denn man muss sich einmal klar machen: nichts, was in diesen Anderthalb Stunden passiert, ergibt auch nur den geringsten Sinn. Besson etabliert allein mit seinem Konzept eine Protagonistin, die zu allem im Stande ist und muss dementsprechend vor jeder Actionszene die albernste Begründung aus dem Hut ziehen, um die in Anbetracht der Fähigkeiten von Lucy völlig überflüssigen Gefechte irgendwie zu rechtfertigen. In den ersten Minuten bekommen wir einen Mafiaring aufgezeigt, der dann später die Jägerposition einnimmt, ohne, dass wir je verstehen, worum es ihnen geht, wie sie organisiert sind, warum sie so handeln, wie sie es tun. Später, wenn es in Richtung Finale geht, wird es dann zunehmend sinnfreier. Lucy mordet in der einen Sekunde kaltblütig und emotionslos, um im nächsten Moment wieder ein emotionales Wesen zu werden, lässt manchmal Männer einfach schweben und muss sich im nächsten Moment mühsam durch den Pariser Gegenverkehr lenken. Die Actioneinstreuungen könnten wenigstens ganz nett sein, doch setzt Besson erstens zu oft auf CGI und zweitens liegt über jeder potenziell spannenden Situation einfach die Tatsache, dass Lucy als göttliche Figur ohnehin keinen Schaden nehmen kann. Zusätzlich wirken Kameraführung und Schnitt derartig unbeholfen, dass einige Aufnahmen doch stark nach Amateurhandwerk aussehen.
Ist das Lucys Problem? Nein. Inhaltsleere Filme gibt es wie Sand am Meer. Sie vermögen vielleicht zu langweilen und lassen einen als Betrachter kalt, doch "Lucy" geht eine Ebene weiter. Denn Besson verärgert hier sein Publikum mit einer Form der Selbstverliebtheit, die ein aufdringliches Gefühl der Abneigung hinterlässt. Sich selbst scheint er für den größten Künstler zu halten, wenn er seinen Film laufend mit Parallelmontagen versieht, beispielsweise analog zur weglaufenden Lucy einen Gepard zeigt, der sich eine Antilope reißt. Was die Regie für ästhetisches Kino hält, entpuppt sich aber in Wahrheit nur als ein simples Jäger-Motiv, das sich laufend wiederholt. Übel auch, wie Besson auf billigste Art und Weise das bisschen Dialog-Gestammel, welches die Produzenten mit einem Drehbuch verwechselten, durch philosophische Fragestellungen à la "Matrix" anreichern will und dabei bereits in den kurzen Momenten die pure Idiotie seiner Handlung offen legt. Ein letzter Aufreger ist dann nur noch das blödsinnige Finale. Während man die Handlung selbst nicht mehr verstehen kann und Morgan Freemans Figur dem Publikum nebenbei die Abläufe erklären muss (ohne Begründung, woher sein Wissen eigentlich kommt), dreht Besson die Zeit zurück, spielt sie vorwärts ab, hält sie an, lässt Menschenfrau Lucy auf Affenfrau Lucy (das erste "menschliche" Wesen) treffen, zeigt in wirren Abfolgen Teile des Universums und verquaste metaphysische Elemente, die Eric Serra mit einem lärmend-unharmonischen Soundtrack so zukleistert, dass man mit einem Gefühl der Leere und der Wut den Kinosaal verlässt.
Fazit: Wäre "Lucy" einfach nur ein langweiliger Film, man wäre geneigt, bei einer wenigstens handwerklich ansprechenden Leistung gnädig zu urteilen. Doch Luc Besson hielt sich hier wohl für einen der größten Ästheten des Kinos und wollte etwas denkwürdig Neues schaffen. Enden tut er bei einem Werk, das inhaltlich himmelschreiend dämlich ist und optisch zwar große Bilder liefert, diese aber durch einen total überflüssigen Pseudo-Anspruch als etwas verkauft, was sie nicht sind. "Lucy" ist dämlich, unfreiwillig komisch und erweckt gleichzeitig mit den sinnfreien Philosophie-Bezügen und der abschließenden Moral das Gefühl, sein Publikum für dumm zu erklären, obwohl selbst der anspruchsloseste Zuschauer sich nicht von diesem puren gar nichts an allem wird blenden lassen können. Pfui!
"Der Mensch nutzt nur 10% seiner Gehirnkapazität. Was wäre, wenn er 100% erreichen könnte?" - Nichts, denn das tun wir natürlich längst. Aus biologischer Sicht ist Luc Bessons Thriller "Lucy" von 2014, der mit jenem Satz ständig beworben wurde, daher eigentlich bereits beginnend bei seiner Prämisse völliger Blödsinn. Da es sich bei einem Film aber immer auch um ein fiktives Werk handelt, dass sich nicht an Gesetze der Realität halten muss, geht dieser "Fehler" in Ordnung, schließlich bietet die Ausgangsstellung einiges an Potenzial für einen fantasievollen und verspielten Film. Genau jene Adjektive wurden Bessons Film dann im Vorfeld auch gerne attestiert. Warum erschließt sich bei der Sichtung allerdings nicht. Viel mehr tun einem Stars wie Scarlett Johansson oder Morgan Freeman beinahe leid, wenn man sie in diesem "Werk" auf der Leinwand sieht und man sich nur noch fragt: Was um alles in der Welt ist hier schief gelaufen?
Was hat man sich dabei gedacht, wäre noch so eine weitere Frage. Wie man beim Ansehen von "Lucy" darauf kommt, ist aber die noch interessantere. Denn anfangs denkt man tatsächlich noch, einen spannenden und viel versprechenden Film zu schauen. Das Intro ist ansprechend aufgemacht und dennoch einfach gehalten, danach wird man praktisch direkt und unvermittelt ins Geschehen geschmissen. Ein kurzer Dialog, eine schnelle Exposition, eine junge Frau, die urplötzlich in gefährlicher Lage eine Handvoll Mafiosi um sich hat. Scarlett Johansson, bekannt unter anderem aus "The Island - Die Insel" oder "Marvels Iron Man 2" ist als Hauptdarstellerin immer eine gute Wahl, kann sie doch beinahe jede Emotion glaubhaft verkörpern. Das alles ist aber nicht mehr von Nöten, wenn nach zwanzig Minuten die Exposition endet und die eigentliche Handlung über die Super-Drogen beginnen, die aus der Studentin Lucy ein übermenschliches Wesen machen. Denn dort gibt es keine Emotionen mehr, die Johansson verkörpern kann. Und es gibt auch keinen wirklichen Charakter, den sie mehr spielen müsse. Dass man sich daher weder für sie noch ihre Rolle interessiert, ist wohl kaum ihre Schuld. Dass man diesen gelungenen Anfang nämlich auf das folgende Niveau stürzte, verantwortet ein ganz anderer.
Und um es mal deutlich zu sagen: Was Luc Besson uns als Zuschauern in den 89 Minuten dieses Filmes auftischt, ist eine Frechheit. Man weiß auch gar nicht, wo genau man anfangen soll, denn man muss sich einmal klar machen: nichts, was in diesen Anderthalb Stunden passiert, ergibt auch nur den geringsten Sinn. Besson etabliert allein mit seinem Konzept eine Protagonistin, die zu allem im Stande ist und muss dementsprechend vor jeder Actionszene die albernste Begründung aus dem Hut ziehen, um die in Anbetracht der Fähigkeiten von Lucy völlig überflüssigen Gefechte irgendwie zu rechtfertigen. In den ersten Minuten bekommen wir einen Mafiaring aufgezeigt, der dann später die Jägerposition einnimmt, ohne, dass wir je verstehen, worum es ihnen geht, wie sie organisiert sind, warum sie so handeln, wie sie es tun. Später, wenn es in Richtung Finale geht, wird es dann zunehmend sinnfreier. Lucy mordet in der einen Sekunde kaltblütig und emotionslos, um im nächsten Moment wieder ein emotionales Wesen zu werden, lässt manchmal Männer einfach schweben und muss sich im nächsten Moment mühsam durch den Pariser Gegenverkehr lenken. Die Actioneinstreuungen könnten wenigstens ganz nett sein, doch setzt Besson erstens zu oft auf CGI und zweitens liegt über jeder potenziell spannenden Situation einfach die Tatsache, dass Lucy als göttliche Figur ohnehin keinen Schaden nehmen kann. Zusätzlich wirken Kameraführung und Schnitt derartig unbeholfen, dass einige Aufnahmen doch stark nach Amateurhandwerk aussehen.
Ist das Lucys Problem? Nein. Inhaltsleere Filme gibt es wie Sand am Meer. Sie vermögen vielleicht zu langweilen und lassen einen als Betrachter kalt, doch "Lucy" geht eine Ebene weiter. Denn Besson verärgert hier sein Publikum mit einer Form der Selbstverliebtheit, die ein aufdringliches Gefühl der Abneigung hinterlässt. Sich selbst scheint er für den größten Künstler zu halten, wenn er seinen Film laufend mit Parallelmontagen versieht, beispielsweise analog zur weglaufenden Lucy einen Gepard zeigt, der sich eine Antilope reißt. Was die Regie für ästhetisches Kino hält, entpuppt sich aber in Wahrheit nur als ein simples Jäger-Motiv, das sich laufend wiederholt. Übel auch, wie Besson auf billigste Art und Weise das bisschen Dialog-Gestammel, welches die Produzenten mit einem Drehbuch verwechselten, durch philosophische Fragestellungen à la "Matrix" anreichern will und dabei bereits in den kurzen Momenten die pure Idiotie seiner Handlung offen legt. Ein letzter Aufreger ist dann nur noch das blödsinnige Finale. Während man die Handlung selbst nicht mehr verstehen kann und Morgan Freemans Figur dem Publikum nebenbei die Abläufe erklären muss (ohne Begründung, woher sein Wissen eigentlich kommt), dreht Besson die Zeit zurück, spielt sie vorwärts ab, hält sie an, lässt Menschenfrau Lucy auf Affenfrau Lucy (das erste "menschliche" Wesen) treffen, zeigt in wirren Abfolgen Teile des Universums und verquaste metaphysische Elemente, die Eric Serra mit einem lärmend-unharmonischen Soundtrack so zukleistert, dass man mit einem Gefühl der Leere und der Wut den Kinosaal verlässt.
Fazit: Wäre "Lucy" einfach nur ein langweiliger Film, man wäre geneigt, bei einer wenigstens handwerklich ansprechenden Leistung gnädig zu urteilen. Doch Luc Besson hielt sich hier wohl für einen der größten Ästheten des Kinos und wollte etwas denkwürdig Neues schaffen. Enden tut er bei einem Werk, das inhaltlich himmelschreiend dämlich ist und optisch zwar große Bilder liefert, diese aber durch einen total überflüssigen Pseudo-Anspruch als etwas verkauft, was sie nicht sind. "Lucy" ist dämlich, unfreiwillig komisch und erweckt gleichzeitig mit den sinnfreien Philosophie-Bezügen und der abschließenden Moral das Gefühl, sein Publikum für dumm zu erklären, obwohl selbst der anspruchsloseste Zuschauer sich nicht von diesem puren gar nichts an allem wird blenden lassen können. Pfui!
Mission: Impossible II
Die IMF (Impossible Mission Force) der USA scheint ein Problem mit der Loyalität ihrer Mitarbeiter zu haben. Nach dem Brian De Palma Tom Cruise als Ethan Hunt 1996 in "Mission: Impossible" auf die Jagd nach einen Verräter schickte, beauftragte ihn Regisseur John Woo vier Jahre später erneut mit einer solch unmöglichen Mission. Wo jedoch sein Vorgänger auf ausfallende Actionszenen verzichtete und sich eher auf eine komplexe und spannende Story konzentrierte, bietet Woo den krassen Gegenentwurf. Intelligent, vielschichtig oder spannend ist hier gar nichts mehr. Die Handlung ist sogar so dünn, dass sie auf einen Bierdeckel geschrieben noch genügend Platz für einen weiteren Film lassen würde. Fokus legt Woo aber trotzdem - auf hochgestyltes Actionkino in Ultra-Zeitlupe. So bleibt vom thrillerartigen Erstling zwar am Ende nicht mehr viel übrig, das Endresultat kann sich aber dennoch sehen lassen.
Diejenigen, welche sich besonders ein stil ähnliches Sequel zu De Palmas Film erhofft hatten, sollten "Mission: Impossible II" vollständig meiden. Alles, was vom Beginn der Reihe noch übrig ist, sind Tom Cruise als Protagonist, Ving Rhames als sein Nebenpart und das weltberühmte musikalische Theme von Lalo Schifrin. Doch bereits musikalisch zeigt sich eine erste deutliche Neuerung, denn den Soundtrack steuerte dieses Mal Hans Zimmer bei, dessen Musik sich hier so brachial und pompös zeigt, wie es dem Geschehen auf der Leinwand angemessen erscheint. Das funktioniert, auch wenn er leider manchmal dazu neigt, dem ohnehin schon pathetischen Treiben noch einmal die Krone aufzusetzen. Beinahe lächerlich theatralisch wirkt dieses "Zusammenspiel" besonders in den Momenten, in denen Woo inhaltlich versucht, uns als Zuschauern eine Liebesgeschichte zwischen Cruises Ethan Hunt und seinem Love Interest Nyah zu erzählen, diese ist nämlich derartig oberflächlich und billig aufgebaut und entwickelt, dass die sowieso bereits enorm schwülstigen Dialoge zusätzlich aufgesetzt wirken. Immerhin, die Romanze im Mittelpunkt hat ja auch was positives an sich, so haben wir zum einen wenigstens irgendeinen Aufhänger, damit man sich in dem eindimensionalen Bilderbuchplot rund um ein mörderisches Super-Virus orientieren kann und zum anderen steht so neben Actionheld Cruise die wunderschöne Thandie Newton wesentlich im Vordergrund, die in den ersten zwanzig Minuten für prickelnde Erotik sorgt und auch später noch ein absoluter Hingucker bleibt. Mehr Attraktivität geht gar nicht und "Mission: Impossible II" ist eben eindeutig ein Film für Männer.
Und als solchen versteht Woo seinen Film auch. Nicht nur auf die optischen Vorzüge der Hauptdarstellerin bezogen, auch darüber hinaus ist er stets bestrebt, die Leinwand abwechslungsreich zu füllen. Und dabei scheint es ihm nicht zu langen, einfach nur Autos oder Motorräder in Hochgeschwindigkeit über den Asphalt fegen zu lassen, bei ihm wird jeder Kilometer einzeln in epischer Länge zelebriert. Sein Faible für Zeitlupen lebt er in jedem Moment voll und ganz aus und genießt sichtlich die bildgewaltige Ästhetik, mit der er seine Gewaltorgien versieht. Besonders eine bleihaltige Auseinandersetzung in einem Laboratorium erinnert überdeutlich an den Kinohit "Matrix" der Gebrüder Wachowski. Toll anzusehen und besonders kreativ gestaltet sind all diese Sequenzen, Woo ist handwerklich auch viel zu versiert, als das er sich in seinem Metier Fehler erlauben würde. Die dazugehörige Soundkulisse ist ein wahrer Genuss, so laut und authentisch ist man nur selten in die Kämpfe und Verfolgungen involviert und es trägt enorm zum Spaß des Filmes bei. Schade nur, dass man die ganzen 124 Minuten über konstant merkt, dass ein wirkliches Drehbuch beim Dreh gar nicht vorhanden war. Man hatte die meisten Actionszenen im Sinn und die zugehörige Handlung halbwegs drum herum konstruiert. Dementsprechend einfallslos dümpelt das Geschehen vor sich hin und besonders im langen Mittelteil, der zwangsläufig hin und wieder ein wenig in Not gerät, etwas zu erzählen, hat hier ein paar Längen und dreht sich unnötig im Kreis.
Womit "Mission: Impossible II" allerdings steht und fällt, ist der Hauptdarsteller. Denn wie schon bei De Palma stellt Woo Tom Cruise ganz allein in den Vordergrund und es gibt kaum eine Szene, die ohne ihn läuft. An dieser Stelle spalten sich dann auch die Lager, die einen mögen Ethan Hunt als Charakter eine völlige Substanzlosigkeit attestieren. Dies ist soweit richtig, schadet in diesem Fall aber keineswegs, das auch keine andere Person im Film tiefgründiger oder mehrdimensionaler wäre, selbst der dafür gerne herangezogene Part des Bösewichts bleibt bei der Interpretation von Dougray Scott ein Statist. Die anderen erkennen dafür zu Recht an, dass Cruise dem Film enorm weiterhilft. Er zeigt in all seinen Szenen so viel Charisma und Spielfreude, dass man ohne Probleme (oder definierten Charakter) auch so mit ihm mitfiebert und hier beinahe derselbe Effekt eintritt, mit dem auch Sean Connery in den 60ern das Publikum an seine James Bond Rolle band. Die "Tom-Cruise-One-Man-Show" verspricht ironisch-süffisanten Humor, ein gesundes Maß an männlichem Testosteron (auch einige Machoposen wirken bei Cruise nicht peinlich) und wird zusätzlich positiv dadurch verstärkt, dass Cruise erkennbar alle großen Stunts selbst ausführte, was selbst abgehobenste Szenarien ein Stückweit erdet. Abgehoben im direkten Vergleich wirkt dafür Woos inflationärer Einsatz der aus Teil 1 bekannten Gesichtsmasken. Es mag ein netter Effekt sein, doch wenn beinahe alle 10 Minuten ein konstruierter Twist durch diese Gadgets zu Stande kommt, erscheint das irgendwann mehr als nervig.
Fazit: Regisseur John Woo, Produzent Tom Cruise und Komponist Hans "zimmern" mit "Mission: Impossible II" das exakte Gegenstück zum Vorgänger. Metaphern werden zu Running-Gags umfunktioniert, ruhige Einbruchssequenzen verkommen zu Materialschlachten erster Klasse. Subtil ist hier gar nichts mehr, dafür schlägt der Holzhammer konsequent auf jeden Moment ein. Damit bleibt zwar das Risiko, Liebhaber des ersten Teils dezent zu verärgern, ansonsten aber ein schön anzusehender reinrassiger Actionreißer für zwischendurch, dessen Drehbuch manchmal höchstens etwas zu laut "Arbeitsverweigerung" zu schreien scheint.
Die IMF (Impossible Mission Force) der USA scheint ein Problem mit der Loyalität ihrer Mitarbeiter zu haben. Nach dem Brian De Palma Tom Cruise als Ethan Hunt 1996 in "Mission: Impossible" auf die Jagd nach einen Verräter schickte, beauftragte ihn Regisseur John Woo vier Jahre später erneut mit einer solch unmöglichen Mission. Wo jedoch sein Vorgänger auf ausfallende Actionszenen verzichtete und sich eher auf eine komplexe und spannende Story konzentrierte, bietet Woo den krassen Gegenentwurf. Intelligent, vielschichtig oder spannend ist hier gar nichts mehr. Die Handlung ist sogar so dünn, dass sie auf einen Bierdeckel geschrieben noch genügend Platz für einen weiteren Film lassen würde. Fokus legt Woo aber trotzdem - auf hochgestyltes Actionkino in Ultra-Zeitlupe. So bleibt vom thrillerartigen Erstling zwar am Ende nicht mehr viel übrig, das Endresultat kann sich aber dennoch sehen lassen.
Diejenigen, welche sich besonders ein stil ähnliches Sequel zu De Palmas Film erhofft hatten, sollten "Mission: Impossible II" vollständig meiden. Alles, was vom Beginn der Reihe noch übrig ist, sind Tom Cruise als Protagonist, Ving Rhames als sein Nebenpart und das weltberühmte musikalische Theme von Lalo Schifrin. Doch bereits musikalisch zeigt sich eine erste deutliche Neuerung, denn den Soundtrack steuerte dieses Mal Hans Zimmer bei, dessen Musik sich hier so brachial und pompös zeigt, wie es dem Geschehen auf der Leinwand angemessen erscheint. Das funktioniert, auch wenn er leider manchmal dazu neigt, dem ohnehin schon pathetischen Treiben noch einmal die Krone aufzusetzen. Beinahe lächerlich theatralisch wirkt dieses "Zusammenspiel" besonders in den Momenten, in denen Woo inhaltlich versucht, uns als Zuschauern eine Liebesgeschichte zwischen Cruises Ethan Hunt und seinem Love Interest Nyah zu erzählen, diese ist nämlich derartig oberflächlich und billig aufgebaut und entwickelt, dass die sowieso bereits enorm schwülstigen Dialoge zusätzlich aufgesetzt wirken. Immerhin, die Romanze im Mittelpunkt hat ja auch was positives an sich, so haben wir zum einen wenigstens irgendeinen Aufhänger, damit man sich in dem eindimensionalen Bilderbuchplot rund um ein mörderisches Super-Virus orientieren kann und zum anderen steht so neben Actionheld Cruise die wunderschöne Thandie Newton wesentlich im Vordergrund, die in den ersten zwanzig Minuten für prickelnde Erotik sorgt und auch später noch ein absoluter Hingucker bleibt. Mehr Attraktivität geht gar nicht und "Mission: Impossible II" ist eben eindeutig ein Film für Männer.
Und als solchen versteht Woo seinen Film auch. Nicht nur auf die optischen Vorzüge der Hauptdarstellerin bezogen, auch darüber hinaus ist er stets bestrebt, die Leinwand abwechslungsreich zu füllen. Und dabei scheint es ihm nicht zu langen, einfach nur Autos oder Motorräder in Hochgeschwindigkeit über den Asphalt fegen zu lassen, bei ihm wird jeder Kilometer einzeln in epischer Länge zelebriert. Sein Faible für Zeitlupen lebt er in jedem Moment voll und ganz aus und genießt sichtlich die bildgewaltige Ästhetik, mit der er seine Gewaltorgien versieht. Besonders eine bleihaltige Auseinandersetzung in einem Laboratorium erinnert überdeutlich an den Kinohit "Matrix" der Gebrüder Wachowski. Toll anzusehen und besonders kreativ gestaltet sind all diese Sequenzen, Woo ist handwerklich auch viel zu versiert, als das er sich in seinem Metier Fehler erlauben würde. Die dazugehörige Soundkulisse ist ein wahrer Genuss, so laut und authentisch ist man nur selten in die Kämpfe und Verfolgungen involviert und es trägt enorm zum Spaß des Filmes bei. Schade nur, dass man die ganzen 124 Minuten über konstant merkt, dass ein wirkliches Drehbuch beim Dreh gar nicht vorhanden war. Man hatte die meisten Actionszenen im Sinn und die zugehörige Handlung halbwegs drum herum konstruiert. Dementsprechend einfallslos dümpelt das Geschehen vor sich hin und besonders im langen Mittelteil, der zwangsläufig hin und wieder ein wenig in Not gerät, etwas zu erzählen, hat hier ein paar Längen und dreht sich unnötig im Kreis.
Womit "Mission: Impossible II" allerdings steht und fällt, ist der Hauptdarsteller. Denn wie schon bei De Palma stellt Woo Tom Cruise ganz allein in den Vordergrund und es gibt kaum eine Szene, die ohne ihn läuft. An dieser Stelle spalten sich dann auch die Lager, die einen mögen Ethan Hunt als Charakter eine völlige Substanzlosigkeit attestieren. Dies ist soweit richtig, schadet in diesem Fall aber keineswegs, das auch keine andere Person im Film tiefgründiger oder mehrdimensionaler wäre, selbst der dafür gerne herangezogene Part des Bösewichts bleibt bei der Interpretation von Dougray Scott ein Statist. Die anderen erkennen dafür zu Recht an, dass Cruise dem Film enorm weiterhilft. Er zeigt in all seinen Szenen so viel Charisma und Spielfreude, dass man ohne Probleme (oder definierten Charakter) auch so mit ihm mitfiebert und hier beinahe derselbe Effekt eintritt, mit dem auch Sean Connery in den 60ern das Publikum an seine James Bond Rolle band. Die "Tom-Cruise-One-Man-Show" verspricht ironisch-süffisanten Humor, ein gesundes Maß an männlichem Testosteron (auch einige Machoposen wirken bei Cruise nicht peinlich) und wird zusätzlich positiv dadurch verstärkt, dass Cruise erkennbar alle großen Stunts selbst ausführte, was selbst abgehobenste Szenarien ein Stückweit erdet. Abgehoben im direkten Vergleich wirkt dafür Woos inflationärer Einsatz der aus Teil 1 bekannten Gesichtsmasken. Es mag ein netter Effekt sein, doch wenn beinahe alle 10 Minuten ein konstruierter Twist durch diese Gadgets zu Stande kommt, erscheint das irgendwann mehr als nervig.
Fazit: Regisseur John Woo, Produzent Tom Cruise und Komponist Hans "zimmern" mit "Mission: Impossible II" das exakte Gegenstück zum Vorgänger. Metaphern werden zu Running-Gags umfunktioniert, ruhige Einbruchssequenzen verkommen zu Materialschlachten erster Klasse. Subtil ist hier gar nichts mehr, dafür schlägt der Holzhammer konsequent auf jeden Moment ein. Damit bleibt zwar das Risiko, Liebhaber des ersten Teils dezent zu verärgern, ansonsten aber ein schön anzusehender reinrassiger Actionreißer für zwischendurch, dessen Drehbuch manchmal höchstens etwas zu laut "Arbeitsverweigerung" zu schreien scheint.
A Lonely Place to Die - Todesfalle Highlands
Die Erfindung des Mobiltelefones mag für die Menschheit im Allgemeinen eine nicht ganz unwesentliche gewesen sein, für Filmemacher speziell aber brachte sie einige Probleme mit sich: während früher ein kleines Waldgebiet bereits ausreichte, um glaubhaft die Protagonisten von der restlichen Welt abzuschirmen, ist das ganze heute schon etwas komplizierter, denn jeder ist immer und überall erreichbar. Ein Waldgebiet sorgt also nicht mehr für wirkliche Isolation - und wenn, dann muss man schon an etwas exotischere Orte gehen. Und was eignet sich da besser, als ein Abstecher in die schottischen Highlands? Das dachte sich offenbar auch Regisseur Julian Gilbey und so flog er - mit einem Budget von 4 Millionen Dollar im Gepäck - mit einer kleinen Crew nach Schottland, um dort einen Survival-Thriller über eine Gruppe von Bergsteigern zu drehen. Einen Originalitätspreis wird er dafür wohl kaum gewinnen, überzeugen kann sein Independent Streifen in Teilen aber dennoch.
Selten war ein Titel zutreffender: "A Lonely Place to Die" - In der Tat. Die schottischen Highlands als einsame, aber auch wunderschöne Kulisse sind für einen Film immer und zu jeder Zeit ein tolles Setting. Das man nirgendwo auf der Welt Trostlosigkeit und die Schönheit der Natur so eng beieinander findet, fand auch Gilbey und seine prächtigen Landschaftsaufnahmen zeigen, dass er sich tatsächlich ein wenig in seine Location verliebt zu haben scheint. Damit schafft er gleich auch den idealen Kontrast zu seiner Handlung, die er schnell und ohne große Abschweifungen in die kurze Laufzeit von 97 Minuten presst. Nach nur wenig Exposition, in der er uns einen Blick auf die fünf Charaktere gewährt, schafft er auch schon mit dem Entdecken eines entführten und im Wald vergrabenen Kindes den ersten Kloß im Hals und beginnt sehr schön, die Intensität langsam aufzubauen. Natürlich hält sich die daraus resultierende Hetzjagd insgesamt recht dicht an die Konventionen des Genres und wer von den Gejagten am Ende wahrscheinlich lebend aus der Sache rauskommen wird, ist recht schnell zu erkennen, dafür lebt das Geschehen eher aus kleineren Komponenten, in denen Gilbey nett mit den Erwartungen des Publikums jongliert. Besonders die erste Szene mit den Killern beinhaltet einen netten Twist, genau wie auch der erste Tod in der Geschichte inszenatorisch ein kleiner Protest gegen die reißerischen Schockmomente heutiger Horrorfilme ist: völlig ohne Musik, Ankündigung und in Zeitlupe scheidet der erste der Bergsteiger dahin.
Dass selbst Gimmicks wie Handkamera-Gewackel nicht aus der Atmosphäre rausreißen, verdankt Gilbey dem realistischen Szenario, welches besonders durch die Hauptdarstellerin Melissa George noch verstärkt wird. Während alle anderen größeren Rollen im Film weniger auffallend präsentiert werden, wird ihr doch eine zentral-geordnetere Position zu teil, die sie nicht nur mit Charme, sondern auch mit betonter Körperlichkeit auszufüllen weiß. Die Schauspieler bei den Kletteraktionen an steilen Felsen zuzuschauen ist beinahe beängstigender, als die Flucht vor den beiden Mördern. Dabei gefallen diese sogar recht gut, eben dadurch, keine unnötigen Dämonisierungen zu erfahren, alberne Grimassen zu schneiden oder in irrationiale Wutausbrüche auszubrechen. Die beiden dürfen einfach böse sein und das funktioniert viel besser, als ihnen zusätzliche Merkmale zuzuschreiben. Gelungen ist Gilbey auf jeden Fall, der etwas abgenutzten Handlung ein gewisses Tempo, aber auch einen gewissen Rhythmus abzugewinnen. Beispielhaft gelingt es ihm, kontinuierlich die Spannung zu steigern und mit mäandern-förmigen Umwegen nicht den Eindruck zu erwecken, einfach nur einzelne Passagen aneinander zu reihen. Besonders dieses feine Gespür für den passenden Moment, für gelungene Szenen-Übergänge, den Einsatz (oder eben Non-Einsatz) von Musik und andere Feinheiten akzentuiert das Geschehen und bereitet dem Genre-Fan schöne Augenblicke vor großartiger Kulisse.
Gerade, wenn die wunderbar aufgebaute Spannungskurve ihren Höhepunkt erreichen soll, muss man jedoch festhalten: das Finale ist leider ziemlich schwach und völlig unverständlich. Unverständlich deshalb, weil Gilbey ohne erkennbaren Grund dafür den Schauplatz wechselt und ein Dorf als Handlungsort bemüht, was hier erstens nicht nötig gewesen wäre und zweitens die aufgebaute Atmosphäre, die eng mit der Location verknüpft war, zu Nichte macht. Unverständlich aber auch deshalb, weil er eine dritte Partei ins Geschehen involviert, die ebenfalls hinter dem Mädchen her ist, allerdings die letzten Konfrontationen nur unnötig in die Länge zieht. Zudem häufen sich in den letzten 20 Minuten ein paar fragwürdig abgehobene Stunts. Zwar hatte man bereits im Mittelteil einen unbeschadet überstandenen Sturz aus 50 Metern Höhe und eine etwas seltsame Trefferquote der Verfolger zu verzeichnen, doch konnte man dies angesichts der gelungenen Seiten einfacher verzeihen als hier. Auch inszenatorisch verliert "A Lonely Place to Die" hier eindeutig an Raffinesse. Während die Regie viele inhaltliche Vorhersehbarkeiten durch die Tempi-Gestaltungen auszugleichen wusste, will hier das Verhältnis unter einander nicht mehr so ganz stimmen. Insgesamt ist aber auch dieses Kapitel sicherlich qualitativ immer noch in Teilen überzeugend. Nur ist es eben kaum der Abschluss, auf den der Film vorab eigentlich hingearbeitet hatte.
Fazit: Julian Gibley gelingt hier mit einfachen Mitteln ein einfacher Film. Dies ist als Kompliment zu verstehen, denn Einfachheit ist genau das, was den Blick aufs Wesentliche stärkt und wie er im Mittelteil zeigt, wie ein gelungener Survival-Thriller auszusehen hat, zeichnet ihn sowohl als Künstler als auch seinen Film aus. Grade in Zeiten der immer ausgefalleneren Spektakel sind solch kleinen Abenteuer genau das richtige, um sich wieder der Kunst des Geschichtenerzählens zu widmen. Schade, dass genau dies im Schlussakt überhaupt nicht mehr gelingt und Gibley hier alle verliert, die sich auf einen vernünftigen Abschluss gefreut hatten. So bleibt am Ende ein leicht überdurchschnittlicher Eindruck für einen leicht überdurchschnittlichen Film und eine Empfehlung für die Bewunderer der schottischen Natur.
Die Erfindung des Mobiltelefones mag für die Menschheit im Allgemeinen eine nicht ganz unwesentliche gewesen sein, für Filmemacher speziell aber brachte sie einige Probleme mit sich: während früher ein kleines Waldgebiet bereits ausreichte, um glaubhaft die Protagonisten von der restlichen Welt abzuschirmen, ist das ganze heute schon etwas komplizierter, denn jeder ist immer und überall erreichbar. Ein Waldgebiet sorgt also nicht mehr für wirkliche Isolation - und wenn, dann muss man schon an etwas exotischere Orte gehen. Und was eignet sich da besser, als ein Abstecher in die schottischen Highlands? Das dachte sich offenbar auch Regisseur Julian Gilbey und so flog er - mit einem Budget von 4 Millionen Dollar im Gepäck - mit einer kleinen Crew nach Schottland, um dort einen Survival-Thriller über eine Gruppe von Bergsteigern zu drehen. Einen Originalitätspreis wird er dafür wohl kaum gewinnen, überzeugen kann sein Independent Streifen in Teilen aber dennoch.
Selten war ein Titel zutreffender: "A Lonely Place to Die" - In der Tat. Die schottischen Highlands als einsame, aber auch wunderschöne Kulisse sind für einen Film immer und zu jeder Zeit ein tolles Setting. Das man nirgendwo auf der Welt Trostlosigkeit und die Schönheit der Natur so eng beieinander findet, fand auch Gilbey und seine prächtigen Landschaftsaufnahmen zeigen, dass er sich tatsächlich ein wenig in seine Location verliebt zu haben scheint. Damit schafft er gleich auch den idealen Kontrast zu seiner Handlung, die er schnell und ohne große Abschweifungen in die kurze Laufzeit von 97 Minuten presst. Nach nur wenig Exposition, in der er uns einen Blick auf die fünf Charaktere gewährt, schafft er auch schon mit dem Entdecken eines entführten und im Wald vergrabenen Kindes den ersten Kloß im Hals und beginnt sehr schön, die Intensität langsam aufzubauen. Natürlich hält sich die daraus resultierende Hetzjagd insgesamt recht dicht an die Konventionen des Genres und wer von den Gejagten am Ende wahrscheinlich lebend aus der Sache rauskommen wird, ist recht schnell zu erkennen, dafür lebt das Geschehen eher aus kleineren Komponenten, in denen Gilbey nett mit den Erwartungen des Publikums jongliert. Besonders die erste Szene mit den Killern beinhaltet einen netten Twist, genau wie auch der erste Tod in der Geschichte inszenatorisch ein kleiner Protest gegen die reißerischen Schockmomente heutiger Horrorfilme ist: völlig ohne Musik, Ankündigung und in Zeitlupe scheidet der erste der Bergsteiger dahin.
Dass selbst Gimmicks wie Handkamera-Gewackel nicht aus der Atmosphäre rausreißen, verdankt Gilbey dem realistischen Szenario, welches besonders durch die Hauptdarstellerin Melissa George noch verstärkt wird. Während alle anderen größeren Rollen im Film weniger auffallend präsentiert werden, wird ihr doch eine zentral-geordnetere Position zu teil, die sie nicht nur mit Charme, sondern auch mit betonter Körperlichkeit auszufüllen weiß. Die Schauspieler bei den Kletteraktionen an steilen Felsen zuzuschauen ist beinahe beängstigender, als die Flucht vor den beiden Mördern. Dabei gefallen diese sogar recht gut, eben dadurch, keine unnötigen Dämonisierungen zu erfahren, alberne Grimassen zu schneiden oder in irrationiale Wutausbrüche auszubrechen. Die beiden dürfen einfach böse sein und das funktioniert viel besser, als ihnen zusätzliche Merkmale zuzuschreiben. Gelungen ist Gilbey auf jeden Fall, der etwas abgenutzten Handlung ein gewisses Tempo, aber auch einen gewissen Rhythmus abzugewinnen. Beispielhaft gelingt es ihm, kontinuierlich die Spannung zu steigern und mit mäandern-förmigen Umwegen nicht den Eindruck zu erwecken, einfach nur einzelne Passagen aneinander zu reihen. Besonders dieses feine Gespür für den passenden Moment, für gelungene Szenen-Übergänge, den Einsatz (oder eben Non-Einsatz) von Musik und andere Feinheiten akzentuiert das Geschehen und bereitet dem Genre-Fan schöne Augenblicke vor großartiger Kulisse.
Gerade, wenn die wunderbar aufgebaute Spannungskurve ihren Höhepunkt erreichen soll, muss man jedoch festhalten: das Finale ist leider ziemlich schwach und völlig unverständlich. Unverständlich deshalb, weil Gilbey ohne erkennbaren Grund dafür den Schauplatz wechselt und ein Dorf als Handlungsort bemüht, was hier erstens nicht nötig gewesen wäre und zweitens die aufgebaute Atmosphäre, die eng mit der Location verknüpft war, zu Nichte macht. Unverständlich aber auch deshalb, weil er eine dritte Partei ins Geschehen involviert, die ebenfalls hinter dem Mädchen her ist, allerdings die letzten Konfrontationen nur unnötig in die Länge zieht. Zudem häufen sich in den letzten 20 Minuten ein paar fragwürdig abgehobene Stunts. Zwar hatte man bereits im Mittelteil einen unbeschadet überstandenen Sturz aus 50 Metern Höhe und eine etwas seltsame Trefferquote der Verfolger zu verzeichnen, doch konnte man dies angesichts der gelungenen Seiten einfacher verzeihen als hier. Auch inszenatorisch verliert "A Lonely Place to Die" hier eindeutig an Raffinesse. Während die Regie viele inhaltliche Vorhersehbarkeiten durch die Tempi-Gestaltungen auszugleichen wusste, will hier das Verhältnis unter einander nicht mehr so ganz stimmen. Insgesamt ist aber auch dieses Kapitel sicherlich qualitativ immer noch in Teilen überzeugend. Nur ist es eben kaum der Abschluss, auf den der Film vorab eigentlich hingearbeitet hatte.
Fazit: Julian Gibley gelingt hier mit einfachen Mitteln ein einfacher Film. Dies ist als Kompliment zu verstehen, denn Einfachheit ist genau das, was den Blick aufs Wesentliche stärkt und wie er im Mittelteil zeigt, wie ein gelungener Survival-Thriller auszusehen hat, zeichnet ihn sowohl als Künstler als auch seinen Film aus. Grade in Zeiten der immer ausgefalleneren Spektakel sind solch kleinen Abenteuer genau das richtige, um sich wieder der Kunst des Geschichtenerzählens zu widmen. Schade, dass genau dies im Schlussakt überhaupt nicht mehr gelingt und Gibley hier alle verliert, die sich auf einen vernünftigen Abschluss gefreut hatten. So bleibt am Ende ein leicht überdurchschnittlicher Eindruck für einen leicht überdurchschnittlichen Film und eine Empfehlung für die Bewunderer der schottischen Natur.
72 Stunden - The Next Three Days
Was tut man, wenn das Rechtssystem versagt? Wenn die eigene Ehefrau unschuldig für einen Mord hinter Gittern wandert, man aber nicht genügend Indizien hat, um die Polizei zur Wiederaufnahme des Falls zu bewegen? Die einen würden an dieser Situation wohl zerbrechen. Nicht aber John Brennan, Protagonist in "72 Stunden - The Next Three Days", bei dem Paul Haggis sowohl das Drehbuch beisteuerte als auch den Regieposten übernahm. Dass er für besagte Hauptrolle Charakterdarsteller Russell Crowe engagierte, scheint dabei allerdings langezeit sein einziger Verdienst, denn in den ersten 60 Minuten glaubt man beinahe schon, "The Next Three Days" sei ein weiterer langweiliger Möchtegern-Krimi von der Stange, der zu Unrecht auf Kinoformat gestreckt wurde. Gott sei Dank erweist sich das im späteren Verlauf aber doch als trügerisch. Man sollte einen Film eben doch nie ganz abschreiben, bevor er nicht auch zu Ende ist.
Zu allererst jedoch muss man wirklich festhalten, dass "The Next Three Days" mindestens eine halbe Stunde zu lang ist. Natürlich kann man, so wie Haggis es hier macht, die Hälfte seines Filmes dafür verwenden, die Charaktere ausführlich zu beleuchten und viel Exposition zu betreiben. Dann muss das ganze allerdings irgendeinen dramaturgischen Zusammenhalt haben. Ob man die Geschehnisse nun emotional auflädt oder inhaltlich auf einen Höhepunkt zu steuert, ist dabei egal, doch beides will Haggis irgendwie nicht leisten. Bis auf Russell Crowe gibt es in der ersten Hälfte des Filmes praktisch keinen anderen wirklichen Charakter, Auftritte von Liam Neeson oder Olivia Wilde beschränken sich auf wenige Minuten. Crowe muss den Film daher alleine tragen, vermag dies aber nicht immer zu schaffen, angesichts der Tatsache, dass er bewusst zurückhaltend agiert, um seine Figur umso unscheinbarer wirken zu lassen. In der Tat ist es zwar ganz interessant, ihm langsam dabei zuzusehen, wie er dazu lernt, wie er immer mehr in seine Rolle reinwächst und wie er teils auch mit sich hadert, nur schwenkt Haggis zu oft um und zeigt Szenen mit Crowe bei den Eltern, im Park mit seinem Film-Sohn, dessen Kinderdarsteller Ty Simpkins leider sehr ausdrucksschwach auftritt und im Gefängnis bei den Besuchen seiner Frau, die zwar einige interessante Charakterzüge aufweist, von Elizabeth Banks aber etwas zu drucklos portraitiert wird. Ein Nachteil ist leider auch, dass an der Unschuld von Johns Ehefrau nie der geringste Zweifel besteht. Gerade das wäre für das Publikum ein reizvoller Aspekt gewesen, der hier aber nicht ausgespielt wird.
Doch dann, ganz urplötzlich, ist jener erhoffte Nervenkitzel plötzlich da. Mit Brennans Angriff auf einen von Kevin Corrigan gespielten Drogendealer zieht das Tempo plötzlich merklich an und Crowe zeigt schnell, dass er mehr kann, als er bisher zeigen durfte. Danny Elfman und Alberto Iglesias hauen ein paar flotte Rhythmen unter die Szenarie und in dichter und düsterer Atmosphäre zeigt Haggis einen unerwarteten ersten Höhepunkt, nach dem man tatsächlich erstmal erstaunt durchatmen muss. Leider verfällt er daraufhin wieder etwas in vorherigere Mechanismen, dieses Mal jedoch merklich straffer und effizienter, die einzelnen Szenen geraten immer größer, der große Knall bahnt sich allmählich an und der Zuschauer ist tatsächlich gespannt, worauf die Handlung nun hinausläuft. Die ermittelnden Polizisten tauchen zwar an diesem Punkt deutlich zu spät auf, bringen aber endlich mal so etwas wie eine Hürde für den Protagonisten ins Spiel. Gelungen ist, wie Haggis die Anspannung, die er mit seiner kurzen starken Dealer-Episode etabliert hat, beibehält, ohne effekthascherische Momente einbauen zu müssen. So kann er das Publikum bei Laune halten, ohne absurde Wendungen herbei konstruieren zu müssen.
Und dann geht es auch schon in den finalen Akt. Und dieser ist nicht nur deshalb so schön anzusehen, weil Elizabeth Banks endlich richtig im Film angekommen ist, sondern auch, weil Haggis nun nicht mehr auf die Bremse tritt. Stattdessen passiert wirklich mal etwas, die Charaktere geraten mit der Geschichte in Bewegung. Was folgt, ist eine konsequente und geradlinig spannende Inszenierung, die unvorhersehbar bleibt und handwerklich überragend gemacht ist. Da gibt es tolle Stunteinlagen, starke Dialoge und die Regie erweist sich als fähig, das Gefühl der Flucht nur durch die Bilder und den Schnitt dem Zuschauer zu vermitteln. Zugleich ist es beinahe schon unfreiwillig komisch, dass "The Next Three Days" aufgrund der langen ersten Hälfte im Schlussteil etwas durch die restlichen Szenen hetzen muss, denn genau dieser Umstand verschafft dem Publikum einen Grad an Nervosität, der wunderbar zu dem Geschehen auf der Leinwand passt. Die Hetzjagd macht aber auch klar, was viel früher hätte im Vordergrund stehen müssen: der Gefängnisausbruch. Exposition ist sicher wichtig und echtes Drama kann eben auch nur entstehen, wenn ein gewisser Zugang zu den Charakteren vorhanden ist, aber am Ende liegt es an der Regie, da den richtigen Mittelweg zu finden. So kommt "The Next Three Days" nach 133 Minuten zwar noch mit einem blauen Auge davon, hätte aber bei kürzerer Laufzeit vielleicht effektiver wirken können.
Fazit: Wer "72 Stunden - The Next Three Days" nicht zu früh aufgibt, wird nach einer viel zu zähen und belanglos aufgezogenen ersten Hälfte mit einer ansprechend inszenierten Hetzjagd belohnt, in der Paul Haggis schließlich aufzeigt, dass er doch handwerklich versiert genug ist, einen Thriller von Kinoformat aufziehen zu können. Was anfangs nach TV-Unterhaltung aussah, entwickelt sich also zum tempolastigen Suspense-Drama, weshalb man die vielen schwachen anfänglichen Momente und die verpassten Chancen zwar nicht vergessen sollte, aber immerhin durchaus befriedigt und mit einem versöhnlichen Bauchgefühl das Lichtspielhaus verlassen kann. Fans gut gemachter Thrillerkost und besonders natürlich Fans von Russell Crowe sollten also ruhig mal einen Blick kassieren, wenngleich sie eben die lange Laufzeit in Kauf nehmen müssen. Weniger wäre hier - wieder einmal - mehr gewesen.
Was tut man, wenn das Rechtssystem versagt? Wenn die eigene Ehefrau unschuldig für einen Mord hinter Gittern wandert, man aber nicht genügend Indizien hat, um die Polizei zur Wiederaufnahme des Falls zu bewegen? Die einen würden an dieser Situation wohl zerbrechen. Nicht aber John Brennan, Protagonist in "72 Stunden - The Next Three Days", bei dem Paul Haggis sowohl das Drehbuch beisteuerte als auch den Regieposten übernahm. Dass er für besagte Hauptrolle Charakterdarsteller Russell Crowe engagierte, scheint dabei allerdings langezeit sein einziger Verdienst, denn in den ersten 60 Minuten glaubt man beinahe schon, "The Next Three Days" sei ein weiterer langweiliger Möchtegern-Krimi von der Stange, der zu Unrecht auf Kinoformat gestreckt wurde. Gott sei Dank erweist sich das im späteren Verlauf aber doch als trügerisch. Man sollte einen Film eben doch nie ganz abschreiben, bevor er nicht auch zu Ende ist.
Zu allererst jedoch muss man wirklich festhalten, dass "The Next Three Days" mindestens eine halbe Stunde zu lang ist. Natürlich kann man, so wie Haggis es hier macht, die Hälfte seines Filmes dafür verwenden, die Charaktere ausführlich zu beleuchten und viel Exposition zu betreiben. Dann muss das ganze allerdings irgendeinen dramaturgischen Zusammenhalt haben. Ob man die Geschehnisse nun emotional auflädt oder inhaltlich auf einen Höhepunkt zu steuert, ist dabei egal, doch beides will Haggis irgendwie nicht leisten. Bis auf Russell Crowe gibt es in der ersten Hälfte des Filmes praktisch keinen anderen wirklichen Charakter, Auftritte von Liam Neeson oder Olivia Wilde beschränken sich auf wenige Minuten. Crowe muss den Film daher alleine tragen, vermag dies aber nicht immer zu schaffen, angesichts der Tatsache, dass er bewusst zurückhaltend agiert, um seine Figur umso unscheinbarer wirken zu lassen. In der Tat ist es zwar ganz interessant, ihm langsam dabei zuzusehen, wie er dazu lernt, wie er immer mehr in seine Rolle reinwächst und wie er teils auch mit sich hadert, nur schwenkt Haggis zu oft um und zeigt Szenen mit Crowe bei den Eltern, im Park mit seinem Film-Sohn, dessen Kinderdarsteller Ty Simpkins leider sehr ausdrucksschwach auftritt und im Gefängnis bei den Besuchen seiner Frau, die zwar einige interessante Charakterzüge aufweist, von Elizabeth Banks aber etwas zu drucklos portraitiert wird. Ein Nachteil ist leider auch, dass an der Unschuld von Johns Ehefrau nie der geringste Zweifel besteht. Gerade das wäre für das Publikum ein reizvoller Aspekt gewesen, der hier aber nicht ausgespielt wird.
Doch dann, ganz urplötzlich, ist jener erhoffte Nervenkitzel plötzlich da. Mit Brennans Angriff auf einen von Kevin Corrigan gespielten Drogendealer zieht das Tempo plötzlich merklich an und Crowe zeigt schnell, dass er mehr kann, als er bisher zeigen durfte. Danny Elfman und Alberto Iglesias hauen ein paar flotte Rhythmen unter die Szenarie und in dichter und düsterer Atmosphäre zeigt Haggis einen unerwarteten ersten Höhepunkt, nach dem man tatsächlich erstmal erstaunt durchatmen muss. Leider verfällt er daraufhin wieder etwas in vorherigere Mechanismen, dieses Mal jedoch merklich straffer und effizienter, die einzelnen Szenen geraten immer größer, der große Knall bahnt sich allmählich an und der Zuschauer ist tatsächlich gespannt, worauf die Handlung nun hinausläuft. Die ermittelnden Polizisten tauchen zwar an diesem Punkt deutlich zu spät auf, bringen aber endlich mal so etwas wie eine Hürde für den Protagonisten ins Spiel. Gelungen ist, wie Haggis die Anspannung, die er mit seiner kurzen starken Dealer-Episode etabliert hat, beibehält, ohne effekthascherische Momente einbauen zu müssen. So kann er das Publikum bei Laune halten, ohne absurde Wendungen herbei konstruieren zu müssen.
Und dann geht es auch schon in den finalen Akt. Und dieser ist nicht nur deshalb so schön anzusehen, weil Elizabeth Banks endlich richtig im Film angekommen ist, sondern auch, weil Haggis nun nicht mehr auf die Bremse tritt. Stattdessen passiert wirklich mal etwas, die Charaktere geraten mit der Geschichte in Bewegung. Was folgt, ist eine konsequente und geradlinig spannende Inszenierung, die unvorhersehbar bleibt und handwerklich überragend gemacht ist. Da gibt es tolle Stunteinlagen, starke Dialoge und die Regie erweist sich als fähig, das Gefühl der Flucht nur durch die Bilder und den Schnitt dem Zuschauer zu vermitteln. Zugleich ist es beinahe schon unfreiwillig komisch, dass "The Next Three Days" aufgrund der langen ersten Hälfte im Schlussteil etwas durch die restlichen Szenen hetzen muss, denn genau dieser Umstand verschafft dem Publikum einen Grad an Nervosität, der wunderbar zu dem Geschehen auf der Leinwand passt. Die Hetzjagd macht aber auch klar, was viel früher hätte im Vordergrund stehen müssen: der Gefängnisausbruch. Exposition ist sicher wichtig und echtes Drama kann eben auch nur entstehen, wenn ein gewisser Zugang zu den Charakteren vorhanden ist, aber am Ende liegt es an der Regie, da den richtigen Mittelweg zu finden. So kommt "The Next Three Days" nach 133 Minuten zwar noch mit einem blauen Auge davon, hätte aber bei kürzerer Laufzeit vielleicht effektiver wirken können.
Fazit: Wer "72 Stunden - The Next Three Days" nicht zu früh aufgibt, wird nach einer viel zu zähen und belanglos aufgezogenen ersten Hälfte mit einer ansprechend inszenierten Hetzjagd belohnt, in der Paul Haggis schließlich aufzeigt, dass er doch handwerklich versiert genug ist, einen Thriller von Kinoformat aufziehen zu können. Was anfangs nach TV-Unterhaltung aussah, entwickelt sich also zum tempolastigen Suspense-Drama, weshalb man die vielen schwachen anfänglichen Momente und die verpassten Chancen zwar nicht vergessen sollte, aber immerhin durchaus befriedigt und mit einem versöhnlichen Bauchgefühl das Lichtspielhaus verlassen kann. Fans gut gemachter Thrillerkost und besonders natürlich Fans von Russell Crowe sollten also ruhig mal einen Blick kassieren, wenngleich sie eben die lange Laufzeit in Kauf nehmen müssen. Weniger wäre hier - wieder einmal - mehr gewesen.
Matrix Reloaded
Bereits bevor 2003 - und damit vier Jahre nach dem Vorgänger - die erste Fortsetzung zum Science-Fiction-Meisterwerk "Matrix" in die Kinos kam, wurde von Filmfans auf aller Welt kein gutes Haar an den beiden bevorstehenden Sequels gelassen. Die Erwartungen waren, spätestens als sich der erste Teil als Revolution des Mediums herausstellte, astronomisch hoch und so wunderte es niemanden, als die Regisseure Laurence und Andy Wachowski sowie Produzent Joel Silver von der versammelten Kritikerelite in Grund und Boden vernichtet wurden. "Matrix Reloaded" sei zu lang, zu kompliziert, zu selbstverliebt... tatsächlich aber ist Matrix 2 wohl eher perfekt dosiert, komplex aufgebaut und ästhetisch. Und damit der würdigste Nachfolger, den man sich hätte wünschen können.
In jeder Hinsicht baut "Matrix Reloaded" auf dem Erfolgsrezept des Vorgängers auf, nur immer mit einer zusätzlichen Ergänzung. Wie bereits in "Matrix" nehmen sich die Wachoswki-Brüder fast eine Stunde Zeit, alle Charaktere neu in Stellung zu bringen, die neuen Ausgangssituationen zu etablieren (den unbesiegbaren gottgleichen Neo, die Zerstörung Zions etc.) und gleichzeitig die Entwicklung der Charaktere aufzuzeigen. Bereits in dieser langen Zeitspanne aber ist es ihr Gespür für Szenenlängen, der epische und brachiale Look in Kombination mit dem mutigen und ungewöhnlichen Soundtrack und die ersten kurzen Actionmomente, die "Matrix Reloaded" auf ein höheres Niveau als die Konkurrenz heben. Doch was auf die Exposition folgt, lässt sich kaum in Worte fassen: mit dem erneut grandios geschriebenen Auftritt des Orakels und der Wiedergeburt von Hugo Weavings Agent Smith beginnt ein Actionfeuerwerk, dass es in sich hat, einen Höhepunkt auf den anderen kommen lässt und dazwischen philosophisch-bedeutsame Themen so geschickt mit dem Plot verpackt, dass die Erläuterungen niemals oberlehrerhaft wirken, sondern sogar verständlich (aber nicht zu vereinfacht) ankommen und gleichzeitig zur Spannung und Intensität einer Szene beitragen. Grandios!
Die Handlung selbst ist eigentlich furchtbar simpel. Neo muss eine Geisel retten, mit dieser eine verborgene Tür öffnen und dann den Computer der Maschinenwelt abschalten. Doch bereits in Teil 1 war der Aufhänger für das monumentale Finale einfachster Natur. Wirklich beeindruckend ist viel eher, welche Themenvielfalt die Wachowskis in diesem Film verpackt haben. Bereits in der Exposition geht es um die Abhängigkeit des Menschen von den Maschinen, aber auch im umgekehrten Verhältnis, was später aber vergessen wird, wenn das Script noch tiefgründiger wird. Das Orakel spricht davon, dass der Auserwählte eine Entscheidung wird treffen müssen, die er aber bereits getroffen hätte. Doch nur kurz darauf begeistert "Matrix Reloaded" mit einer seltenen Dialogperle des Blockbusters: dem Auftreten von Lambert Wilson als Merowinger. Seine philosophischen Exkurse über die Kausalität und das Verhältnis von Aktion - Reaktion sind nicht nur ungemein nährreich und auf den Punkt gebracht geschrieben, sondern auch noch für den Film ein spannender Wendepunkt, der das vorher aufgebaute direkt in Frage stellt. Und wenn dann im Showdown der wunderbare Helmut Bakaitis in einem facettenreichen und vielschichtigen Monolog die wahre Bestimmung des Auserwählten offenbart, dann ist zwar nicht alles was er sagt beim ersten Mal verständlich und nur das in dem Moment wirklich bedeutsame klar formuliert, doch lohnt sich speziell diese Szene zum mehrfachen Anschauen, so viele verschiedene Deutungsmöglichkeiten stecken in ihr, von Anfang an aufgelockert durch die Aussage, Neo (und damit der Zuschauer) würde ohnehin das Folgende nicht vollständig verstehen. "Matrix Reloaded" hat wie eine Zwiebel Schichten, die man nach Lust und Laune interpretieren kann. Ansätze dafür gibt es en masse.
Nun hat sicher nicht jeder Zuschauer aber Lust auf eine komplexe Auseinandersetzung mit all diesen Themen. Doch "Matrix Reloaded" überfordert sein Publikum niemals. Denn auch in den tiefgründigsten Metaphern bleibt das auf Handlungsebene geschehende immer klar verständlich und zielgerichtet. Außerdem gibt es da ja noch einen anderen Aspekt: die Action. Praktisch immer auf einen langen komplizierten Dialog folgt eine große Actionsequenz. Und auch hier folgt das Sequel sklavisch dem Vorgänger, denn Action ist bei den Wachowskis nicht einfach nur abgefilmtes Handeln. Jede Aktion kommt einem Tanz gleich. Die Kung-Fu-Kampfszenen sind organisch, lebendig und elegant, die Effekte ergänzen perfekt die echten Aufnahmen, die visuellen Spielereien reichen von großzügig eingesetzten Zeitlupen bis hin zu Bullet-Time-Einsätzen. Aber sogar in der Action, besonders in den drei größten, jeweils 15-minütigen Szenen, hört die Symbolik nicht auf. Smith wird als gefallener Engel inszeniert, Neos Wandel vom Auserwählten zum Märtyrer in den Bildern deutlich gemacht, Autokennzeichen in der famosen Autoverfolgungsjagd verweisen auf Bibelverse, die die Handlung betreffen. Es ist Detailverliebtheit im Zusammenspiel mit dem Mut, bei diesem Film noch einen Schritt weiterzugehen, in der Philosophie über den Tellerrand hinaus zu schauen und sogar am Ende den christlichen Gott in seinem Umgang mit den Menschen des alten Testamentes zu kritisieren. Die Wachowskis setzen auf ästhetisches Kino und übertreffen sich und ihr vorheriges Schaffen dabei sogar selbst.
Fazit: Wo dem Rezensenten die Worte ausgehen, fängt "Matrix Reloaded" erst an. Für die einen bietet das erste Sequel der Matrix-Reihe einfach nur optischen Bombast und astethisch zelebriertes Actionkino der modernsten Art und Weise, das intellektuellere Publikum findet in all den Themen zusätzlich jedoch so viel mehr, dass man ganze Abhandlungen über die verschiedenen Verständnisebenen schreiben könnte. Was man "Matrix Reloaded" in der Tat vorwerfen könnte und weshalb er bei vielen wohl auch so scheiterte, ist natürlich, nicht denselben Überraschungseffekt erzielt zu haben, wie der Vorgänger. Doch entweder will man etwas völlig anderes, dann ist eine Fortsetzung überflüssig oder eine konsequente Weiterentwicklung. Und wenn "Matrix" die Revolution des Blockbusters war, ist "Matrix Reloaded" der Prototyp einer neuen Ära.
Bereits bevor 2003 - und damit vier Jahre nach dem Vorgänger - die erste Fortsetzung zum Science-Fiction-Meisterwerk "Matrix" in die Kinos kam, wurde von Filmfans auf aller Welt kein gutes Haar an den beiden bevorstehenden Sequels gelassen. Die Erwartungen waren, spätestens als sich der erste Teil als Revolution des Mediums herausstellte, astronomisch hoch und so wunderte es niemanden, als die Regisseure Laurence und Andy Wachowski sowie Produzent Joel Silver von der versammelten Kritikerelite in Grund und Boden vernichtet wurden. "Matrix Reloaded" sei zu lang, zu kompliziert, zu selbstverliebt... tatsächlich aber ist Matrix 2 wohl eher perfekt dosiert, komplex aufgebaut und ästhetisch. Und damit der würdigste Nachfolger, den man sich hätte wünschen können.
In jeder Hinsicht baut "Matrix Reloaded" auf dem Erfolgsrezept des Vorgängers auf, nur immer mit einer zusätzlichen Ergänzung. Wie bereits in "Matrix" nehmen sich die Wachoswki-Brüder fast eine Stunde Zeit, alle Charaktere neu in Stellung zu bringen, die neuen Ausgangssituationen zu etablieren (den unbesiegbaren gottgleichen Neo, die Zerstörung Zions etc.) und gleichzeitig die Entwicklung der Charaktere aufzuzeigen. Bereits in dieser langen Zeitspanne aber ist es ihr Gespür für Szenenlängen, der epische und brachiale Look in Kombination mit dem mutigen und ungewöhnlichen Soundtrack und die ersten kurzen Actionmomente, die "Matrix Reloaded" auf ein höheres Niveau als die Konkurrenz heben. Doch was auf die Exposition folgt, lässt sich kaum in Worte fassen: mit dem erneut grandios geschriebenen Auftritt des Orakels und der Wiedergeburt von Hugo Weavings Agent Smith beginnt ein Actionfeuerwerk, dass es in sich hat, einen Höhepunkt auf den anderen kommen lässt und dazwischen philosophisch-bedeutsame Themen so geschickt mit dem Plot verpackt, dass die Erläuterungen niemals oberlehrerhaft wirken, sondern sogar verständlich (aber nicht zu vereinfacht) ankommen und gleichzeitig zur Spannung und Intensität einer Szene beitragen. Grandios!
Die Handlung selbst ist eigentlich furchtbar simpel. Neo muss eine Geisel retten, mit dieser eine verborgene Tür öffnen und dann den Computer der Maschinenwelt abschalten. Doch bereits in Teil 1 war der Aufhänger für das monumentale Finale einfachster Natur. Wirklich beeindruckend ist viel eher, welche Themenvielfalt die Wachowskis in diesem Film verpackt haben. Bereits in der Exposition geht es um die Abhängigkeit des Menschen von den Maschinen, aber auch im umgekehrten Verhältnis, was später aber vergessen wird, wenn das Script noch tiefgründiger wird. Das Orakel spricht davon, dass der Auserwählte eine Entscheidung wird treffen müssen, die er aber bereits getroffen hätte. Doch nur kurz darauf begeistert "Matrix Reloaded" mit einer seltenen Dialogperle des Blockbusters: dem Auftreten von Lambert Wilson als Merowinger. Seine philosophischen Exkurse über die Kausalität und das Verhältnis von Aktion - Reaktion sind nicht nur ungemein nährreich und auf den Punkt gebracht geschrieben, sondern auch noch für den Film ein spannender Wendepunkt, der das vorher aufgebaute direkt in Frage stellt. Und wenn dann im Showdown der wunderbare Helmut Bakaitis in einem facettenreichen und vielschichtigen Monolog die wahre Bestimmung des Auserwählten offenbart, dann ist zwar nicht alles was er sagt beim ersten Mal verständlich und nur das in dem Moment wirklich bedeutsame klar formuliert, doch lohnt sich speziell diese Szene zum mehrfachen Anschauen, so viele verschiedene Deutungsmöglichkeiten stecken in ihr, von Anfang an aufgelockert durch die Aussage, Neo (und damit der Zuschauer) würde ohnehin das Folgende nicht vollständig verstehen. "Matrix Reloaded" hat wie eine Zwiebel Schichten, die man nach Lust und Laune interpretieren kann. Ansätze dafür gibt es en masse.
Nun hat sicher nicht jeder Zuschauer aber Lust auf eine komplexe Auseinandersetzung mit all diesen Themen. Doch "Matrix Reloaded" überfordert sein Publikum niemals. Denn auch in den tiefgründigsten Metaphern bleibt das auf Handlungsebene geschehende immer klar verständlich und zielgerichtet. Außerdem gibt es da ja noch einen anderen Aspekt: die Action. Praktisch immer auf einen langen komplizierten Dialog folgt eine große Actionsequenz. Und auch hier folgt das Sequel sklavisch dem Vorgänger, denn Action ist bei den Wachowskis nicht einfach nur abgefilmtes Handeln. Jede Aktion kommt einem Tanz gleich. Die Kung-Fu-Kampfszenen sind organisch, lebendig und elegant, die Effekte ergänzen perfekt die echten Aufnahmen, die visuellen Spielereien reichen von großzügig eingesetzten Zeitlupen bis hin zu Bullet-Time-Einsätzen. Aber sogar in der Action, besonders in den drei größten, jeweils 15-minütigen Szenen, hört die Symbolik nicht auf. Smith wird als gefallener Engel inszeniert, Neos Wandel vom Auserwählten zum Märtyrer in den Bildern deutlich gemacht, Autokennzeichen in der famosen Autoverfolgungsjagd verweisen auf Bibelverse, die die Handlung betreffen. Es ist Detailverliebtheit im Zusammenspiel mit dem Mut, bei diesem Film noch einen Schritt weiterzugehen, in der Philosophie über den Tellerrand hinaus zu schauen und sogar am Ende den christlichen Gott in seinem Umgang mit den Menschen des alten Testamentes zu kritisieren. Die Wachowskis setzen auf ästhetisches Kino und übertreffen sich und ihr vorheriges Schaffen dabei sogar selbst.
Fazit: Wo dem Rezensenten die Worte ausgehen, fängt "Matrix Reloaded" erst an. Für die einen bietet das erste Sequel der Matrix-Reihe einfach nur optischen Bombast und astethisch zelebriertes Actionkino der modernsten Art und Weise, das intellektuellere Publikum findet in all den Themen zusätzlich jedoch so viel mehr, dass man ganze Abhandlungen über die verschiedenen Verständnisebenen schreiben könnte. Was man "Matrix Reloaded" in der Tat vorwerfen könnte und weshalb er bei vielen wohl auch so scheiterte, ist natürlich, nicht denselben Überraschungseffekt erzielt zu haben, wie der Vorgänger. Doch entweder will man etwas völlig anderes, dann ist eine Fortsetzung überflüssig oder eine konsequente Weiterentwicklung. Und wenn "Matrix" die Revolution des Blockbusters war, ist "Matrix Reloaded" der Prototyp einer neuen Ära.
Da ich genau dieses "Gefühl" oder diesen Genuss in Filmen immer suche, kann ich Matrix 2 da letzten Endes auch nichts anderes geben. Er steht da für mich auch völlig auf einem Niveau mit dem ersten Teil und ich finde es doch immer sehr schade, wie er oft in der Wahrnehmung der Leute mit Teil 3 gleichgesetzt und daher schlechter geredet wird, als er ist. (Obwohl es natürlich auch genügend Personen gibt, die Matrix 2 da ganz unabhängig von seinem Nachfolger sehen.) Aber in Matrix 2 steckt wirklich sehr viel drin und ich kann da jedem nur mal empfehlen, sich das Teil (besonders wenn es schon mehrere Jahre her ist) noch einmal anzusehen und zu versuchen, diese ganzen Ansätze in den Dialogen nachzuvollziehen. Da steckt immens viel drin, was auch die Handlung selbst aufwertet, da es dem einfachen Geschehen ganz neue Kniffe und Identitäten verleiht. (Ähnlich, wie das auch die Vasen-Frage aus dem ersten Teil tat.) Schade, dass der Trilogie-Abschluss dann... naja, dazu vielleicht später mehr.SFI hat geschrieben:Schön, wenn man so viel Genuß bei einem Film verspürt.
Mortdecai - Der Teilzeitgauner
Ein überaffektierter Aristokrat mit buschigem Gesichtsaccessoire jettet um die Welt, um ein verschwundenes Gemälde zu retten? Das schreit doch nahezu nach einer Komödie mit Gesichtsakrobatiker Johnny Depp, nicht wahr? So kam es auch, als Regisseur David Koepp für seine Verfilmung der Roman-Trilogie von Kyril Emanuel George Bonfiglioli nach der Idealbesetzung für den schrulligen Protagonisten Ausschau hielt. Dass Depp Grimassen schneiden kann, wie kein anderer in Hollywood, dürfte bekannt sein. Dementsprechend ist "Mortdecai" auch voll und ganz auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten. Stören sollte das allerdings niemanden, denn der ist mit reichlich Spaß bei der Sache und macht wie immer eine gute Show. Das ist auch bitter nötig, denn unterm Strich ist "Mortdecai" ein kurzweiliges Vergnügen, aber leider auch ziemlich ideenlos.
Johnny Depp ist - wie erwähnt - mal wieder bester Laune und albert sich gekonnt und grinsend durch das Abenteuer. Dabei hat er eigentlich mit einem ziemlichen Problem zu kämpfen, denn im Gegensatz zu den charmanten Nebenfiguren ist sein Lord Mortdecai selbst eine recht unsympathische Figur, die wenig Identifikationspotenzial mit sich bringt. Depp gelingt es aber, mit seinem natürlichen Charme das Publikum an sich zu binden und beweist ohnehin ein gutes Timing in den Gags. An seiner Seite begeistert vor allem Ewan McGregor, der als James-Bond-Verschnitt locker aufspielt und in seinen besten Momenten der wunderschönen Gwyneth Paltrow hinterher schmachtet, die hier unter Beweis stellt, dass man auch mit 42 immer noch zu den attraktivsten Frauen des Filmgeschäfts gehören kann. In einigen Dialogen spielt sie Depp förmlich an die Wand, hat aber unabhängig davon meist die schlechteren Witze abbekommen. Als heimlicher Sympathieträger überzeugt außerdem Paul Bettany als Mortdecais Diener Lock, der auf der einen Seite die meisten Actionszenen spielen darf und damit bereits relativ aktiv auf der Leinwand zu sehen ist, dessen Charakter allerdings auch noch für einen amüsanten Running-Gag sorgt, schließlich nagelt der gute Lock in diesem Film häufiger als die Römer im neuen Testament.
Dies mag erst einmal billig klingen und ist es vielleicht auch. Aber deshalb noch lange nicht unwitzig. Fest steht nämlich, "Mortdecai" bedient sich haufenweise am heute typischen Fäkalhumor. Doch Koepps Film ist insgesamt dennoch, auch durch seine britischen Attribute, sehr charmant und verkauft selbst die flachsten Gags mit einer entlarvenden Würde, sodass man sich ungeniert traut, darüber zu lachen. Natürlich funktioniert das aber nicht immer und so gehen etwa 30 Prozent dieser Witze daneben, dafür gibt es aber über die gesamte Laufzeit verteilt auch ungemein clevere Späße. Einige Stellen sind gelungene satirische Bemerkungen, in der zweiten Hälfte erlaubt sich Depps Mortdecai sogar Seitenhiebe auf das moderne US-amerikanische Selbstverständnis, was den britischen Charakter des Filmes enorm steigert. Schön ist auch, dass Koepp eben nicht einfach nur abfilmt, sondern mit bunter Effektspielerei, meist bei der Reise Mortdecais von einer Stadt zur anderen, sich auch hin und wieder mal bemerkbar macht. Was man "Mortdecai" allerdings vorwerfen muss, ist, dass er bei aller Leichtigkeit auch immer etwas gezwungen daherkommt. Besonders in den oberflächlich gesehen dramatischeren Phasen beschreit man die heitere Stimmung des Filmes etwas zu sehr, was den Zuschauer eher stört, als das es das Lachen fördern würde.
Das wirklich gravierende Problem des Filmes liegt aber woanders. Während besonders die erste Hälfte noch ein hohes Tempo bereithält und mit vielen sehr guten Gags aufwarten kann, gerät man im Mittelteil in Not, ein wenig von der Geschichte erzählen zu müssen, um die es oberflächlich gesehen geht. Und eine solche ist hier wirklich nie vorhanden. Da ist ein verschollenes Goya-Gemälde, da sind böse Russen (Gähn!), die dieses stehlen wollen, da sind drei oder vier weitere interessierte Parteien, da tauchen mit Olivia Munn und dem Cameo von Jeff Goldblum wichtige Charaktere viel zu spät auf. Daher muss man leider immer, wenn es Richtung Handlung geht, leidenschaftslos den Kopf schütteln. Eine Komödie wie "Mortdecai" braucht nicht mehr als einen kleinen Anreiz und ein paar schrullige Figuren könnte man meinen, aber nicht einmal das bekommt das Drehbuch vernünftig geordnet. Schlimmer noch, der episodenhaften Aneinanderreihung von Geschehnissen, die meist in - immerhin souverän inszenierten - Actionszenen ihren Höhepunkt finden, fehlt es völlig an einem roten Faden. Wer wo mit wem gerade weshalb was eigentlich erlangen will, wird nie so recht deutlich. Hier hätte man wesentlich kompakter und damit effektiver erzählen müssen, stattdessen verliert man den Zuschauer so zwischendurch immer mal wieder für ein paar Minütchen. Ein Glück, dass nach einer längeren Durststrecke am Ende der Humor wieder goldrichtig sitzt und so der Abschluss versöhnlich geraten ist.
Fazit: Muss man sich fragen, ob man zu hohe Ansprüche gehabt hat, wenn man bei einer Gaunerkomödie wie "Mortdecai" zumindest ein wenig Handlung im Vorfeld voraussetzte? Nein, muss man nicht, denn unterfordert werden will man auch in lustigen Filmen nicht. Unterforderung langweilt. Und zumindest das tut "Mortdecai" nicht. Dies liegt zwar weniger an der Verbindung unzusammenhängender Gags, welches im Abspann fälschlicherweise als Drehbuch bezeichnet wurde, sondern mehr an der spaßigen Atmosphäre des betont britischen Abenteuers, welche einem auch die niveauloseren Witze schmackhaft macht und an den perfekt aufgelegten Darstellern, bei denen zwar ein gewohnt großartiger Johnny Depp heraussticht, sich aber das restliche Ensemble sicher nicht vor ihm zu verstecken braucht. "Mortdecai" ist kurzweilig und amüsant und erfüllt damit genau die Erwartungen seines Publikums. Die wirre Story dürfte daher kaum jemanden stören. In diesem Zusammenhang passen auch die Worte des antiken lateinischen Schriftstellers Aulus Gellius: "Ich sehe einen Bart und einen Mantel, aber noch keinen Philosophen." Dafür sitzen Bart und Mantel immerhin.
Ein überaffektierter Aristokrat mit buschigem Gesichtsaccessoire jettet um die Welt, um ein verschwundenes Gemälde zu retten? Das schreit doch nahezu nach einer Komödie mit Gesichtsakrobatiker Johnny Depp, nicht wahr? So kam es auch, als Regisseur David Koepp für seine Verfilmung der Roman-Trilogie von Kyril Emanuel George Bonfiglioli nach der Idealbesetzung für den schrulligen Protagonisten Ausschau hielt. Dass Depp Grimassen schneiden kann, wie kein anderer in Hollywood, dürfte bekannt sein. Dementsprechend ist "Mortdecai" auch voll und ganz auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten. Stören sollte das allerdings niemanden, denn der ist mit reichlich Spaß bei der Sache und macht wie immer eine gute Show. Das ist auch bitter nötig, denn unterm Strich ist "Mortdecai" ein kurzweiliges Vergnügen, aber leider auch ziemlich ideenlos.
Johnny Depp ist - wie erwähnt - mal wieder bester Laune und albert sich gekonnt und grinsend durch das Abenteuer. Dabei hat er eigentlich mit einem ziemlichen Problem zu kämpfen, denn im Gegensatz zu den charmanten Nebenfiguren ist sein Lord Mortdecai selbst eine recht unsympathische Figur, die wenig Identifikationspotenzial mit sich bringt. Depp gelingt es aber, mit seinem natürlichen Charme das Publikum an sich zu binden und beweist ohnehin ein gutes Timing in den Gags. An seiner Seite begeistert vor allem Ewan McGregor, der als James-Bond-Verschnitt locker aufspielt und in seinen besten Momenten der wunderschönen Gwyneth Paltrow hinterher schmachtet, die hier unter Beweis stellt, dass man auch mit 42 immer noch zu den attraktivsten Frauen des Filmgeschäfts gehören kann. In einigen Dialogen spielt sie Depp förmlich an die Wand, hat aber unabhängig davon meist die schlechteren Witze abbekommen. Als heimlicher Sympathieträger überzeugt außerdem Paul Bettany als Mortdecais Diener Lock, der auf der einen Seite die meisten Actionszenen spielen darf und damit bereits relativ aktiv auf der Leinwand zu sehen ist, dessen Charakter allerdings auch noch für einen amüsanten Running-Gag sorgt, schließlich nagelt der gute Lock in diesem Film häufiger als die Römer im neuen Testament.
Dies mag erst einmal billig klingen und ist es vielleicht auch. Aber deshalb noch lange nicht unwitzig. Fest steht nämlich, "Mortdecai" bedient sich haufenweise am heute typischen Fäkalhumor. Doch Koepps Film ist insgesamt dennoch, auch durch seine britischen Attribute, sehr charmant und verkauft selbst die flachsten Gags mit einer entlarvenden Würde, sodass man sich ungeniert traut, darüber zu lachen. Natürlich funktioniert das aber nicht immer und so gehen etwa 30 Prozent dieser Witze daneben, dafür gibt es aber über die gesamte Laufzeit verteilt auch ungemein clevere Späße. Einige Stellen sind gelungene satirische Bemerkungen, in der zweiten Hälfte erlaubt sich Depps Mortdecai sogar Seitenhiebe auf das moderne US-amerikanische Selbstverständnis, was den britischen Charakter des Filmes enorm steigert. Schön ist auch, dass Koepp eben nicht einfach nur abfilmt, sondern mit bunter Effektspielerei, meist bei der Reise Mortdecais von einer Stadt zur anderen, sich auch hin und wieder mal bemerkbar macht. Was man "Mortdecai" allerdings vorwerfen muss, ist, dass er bei aller Leichtigkeit auch immer etwas gezwungen daherkommt. Besonders in den oberflächlich gesehen dramatischeren Phasen beschreit man die heitere Stimmung des Filmes etwas zu sehr, was den Zuschauer eher stört, als das es das Lachen fördern würde.
Das wirklich gravierende Problem des Filmes liegt aber woanders. Während besonders die erste Hälfte noch ein hohes Tempo bereithält und mit vielen sehr guten Gags aufwarten kann, gerät man im Mittelteil in Not, ein wenig von der Geschichte erzählen zu müssen, um die es oberflächlich gesehen geht. Und eine solche ist hier wirklich nie vorhanden. Da ist ein verschollenes Goya-Gemälde, da sind böse Russen (Gähn!), die dieses stehlen wollen, da sind drei oder vier weitere interessierte Parteien, da tauchen mit Olivia Munn und dem Cameo von Jeff Goldblum wichtige Charaktere viel zu spät auf. Daher muss man leider immer, wenn es Richtung Handlung geht, leidenschaftslos den Kopf schütteln. Eine Komödie wie "Mortdecai" braucht nicht mehr als einen kleinen Anreiz und ein paar schrullige Figuren könnte man meinen, aber nicht einmal das bekommt das Drehbuch vernünftig geordnet. Schlimmer noch, der episodenhaften Aneinanderreihung von Geschehnissen, die meist in - immerhin souverän inszenierten - Actionszenen ihren Höhepunkt finden, fehlt es völlig an einem roten Faden. Wer wo mit wem gerade weshalb was eigentlich erlangen will, wird nie so recht deutlich. Hier hätte man wesentlich kompakter und damit effektiver erzählen müssen, stattdessen verliert man den Zuschauer so zwischendurch immer mal wieder für ein paar Minütchen. Ein Glück, dass nach einer längeren Durststrecke am Ende der Humor wieder goldrichtig sitzt und so der Abschluss versöhnlich geraten ist.
Fazit: Muss man sich fragen, ob man zu hohe Ansprüche gehabt hat, wenn man bei einer Gaunerkomödie wie "Mortdecai" zumindest ein wenig Handlung im Vorfeld voraussetzte? Nein, muss man nicht, denn unterfordert werden will man auch in lustigen Filmen nicht. Unterforderung langweilt. Und zumindest das tut "Mortdecai" nicht. Dies liegt zwar weniger an der Verbindung unzusammenhängender Gags, welches im Abspann fälschlicherweise als Drehbuch bezeichnet wurde, sondern mehr an der spaßigen Atmosphäre des betont britischen Abenteuers, welche einem auch die niveauloseren Witze schmackhaft macht und an den perfekt aufgelegten Darstellern, bei denen zwar ein gewohnt großartiger Johnny Depp heraussticht, sich aber das restliche Ensemble sicher nicht vor ihm zu verstecken braucht. "Mortdecai" ist kurzweilig und amüsant und erfüllt damit genau die Erwartungen seines Publikums. Die wirre Story dürfte daher kaum jemanden stören. In diesem Zusammenhang passen auch die Worte des antiken lateinischen Schriftstellers Aulus Gellius: "Ich sehe einen Bart und einen Mantel, aber noch keinen Philosophen." Dafür sitzen Bart und Mantel immerhin.
Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)
Ein Film spielt Theater. Regisseur Alejandro González Iñárritu bringt 2014 mit "Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)" einen Film in die Kinos, der vom Theater handelt, aber gleichzeitig auch vom Beruf des Schauspielers und der Filmwelt im Allgemeinen. Mit "Birdman" kritisiert er gleichzeitig den aktuellen Boom des Superheldenkinos durch Filme wie "The Avengers", "Sin City" oder "X-Men", teilt kräftig gegen Kollegen wie Robert Downey Jr., Michael Fassbender oder Jeremy Renner aus, prügelt voller Bosheit mit demaskierender Satire auf die heutige Medienlandschaft à la facebook und twitter ein, erlaubt sich deftige Seitenhiebe auf die elitäre und selbstverliebte Kritikerbranche und erzählt nebenbei auch noch behutsam und authentisch die Geschichte eines gescheiterten Stars, der zurück in den Olymp will. Und glaubte man anfangs noch, dass so viele Inhalte nicht in 119 Minuten passen werden, muss man sich von Iñárritus kleinem cineastischem Wunder überraschen lassen.
Während in modernen Actionfilmen immer mehr auf Wackelkamera und schnelle wirre Schnittfolgen gesetzt wird, liefert Iñárritu das Kontrabeispiel: "Birdman" wirkt durch unsichtbare Schnitts und andere Tricks, als sei er eine lange Plansequenz. Mit Ruhe, aber bestimmt folgt Kameramann Emmanuel Lubezki den Schauspielern durch das St. James Theatre und das Labyrinth dieser Gänge, nur selten verlässt er für kurze Zeit das Theaterhaus und macht beispielsweise eine Fahrt über den Times Square. Mit dieser nie aufhörenden Rotierung verleiht er seinem Film nicht nur eine gewisse Nervosität, sondern auch ein tolles Maß an Eleganz, Leichtfüßigkeit und irgendwann entwickelt diese Technik ihren eigenen Sog, der einen ganz tief an die Geschichte fesselt. Immer wieder fängt die Kamera einen Schauspieler ein und folgt ihm ein Stückweit, ohne, dass es eine episodenhafte Aneinanderreihung von kurzen Szenen zu werden droht. Natürlich funktioniert das auch, weil die Besetzung selbst wie die berühmte Faust aufs Auge passt. In Nebenrollen glänzen Naomi Watts, Andrea Riseborough und Amy Ryan und Komiker Zach Galifianakis sowie Schönheit Emma Stone überzeugen in für sie völlig untypischen Rollen durch ein besonders nuanciertes Auftreten.
Die wahren Stars sind aber zwei Darsteller, die (ironischerweise) bereits in großen Comic-Blockbustern den Helden spielten. Als erster ist da "Der unglaubliche Hulk"-Edward Norton zu nennen, der als exzentrischer Schauspieler Mike Shriner eine hervorragende Performance abgibt. In seinen besten Momenten darf er völlig enthemmt und irre aufspielen, nur um kurz darauf im Zusammenspiel mit Stone tiefe Einblicke in das Seelenleben Shriners offen zu legen. Doch die mit Abstand beste Leistung liefert Hauptdarsteller Michael Keaton, dessen Schauspiel hier vermutlich der Höhepunkt seiner Karriere sein dürfte. Die Parallelen zwischen ihm und seiner Figur Riggan Thomson sind unübersehbar: während Keaton 1989 in Tim Burtons "Batman" als titelgebender Held berühmt wurde, ist Thomson Held der fiktiven 90er "Birdman"-Trilogie gewesen und sehnt sich nun, ein wenig wie Keaton vielleicht auch, nach neuen Erfolgen. Und wie Keaton dieser ihm nicht unähnlichen Figur Leben einhaucht, ist ganz großes Kino. Er trifft mit jedem Gesichtsausdruck perfekt die Stimmung seiner Person, spielt sich gleichermaßen in Ekstase wie auch in eine erschreckende Authenzität. Wenn er in einem tosenden Wutanfall voller Selbsthass sein Zimmer verwüstet, seine imaginäre Stimme anschreit, auf der Bühne nicht nur eine fremde Person spielt, sondern auch sein Selbst offenbart, all das gelingt Keaton mit spielerischer Leichtigkeit.
Ansonsten schert sich Iñárritu außerdem einen Dreck um filmische Konventionen. Riggan Thomson, seinem Protagonisten, verleiht er eine surreale Aura. Thomson schwebt über den Boden, bewegt Dinge mit Kraft seiner Gedanken und kann sogar fliegen... zumindest erzählt uns das die Kamera. Wie viel "Birdman" wirklich in Thomson steckt, erfahren wir nie. Wie bei einem guten Film gewollt, verwischt Iñárritu die Grenze zwischen Realität und Fiktion und der Zuschauer kann sie nie ganz sicher sein, woran er ist. Der heftige Schlagzeug-Soundtrack von Antonio Sánchez verstärkt diesen unwirklichen Eindruck ungemein, erst recht, wenn der Schlagzeuger plötzlich im Film selbst zu sehen ist und völlig ohne Erklärung im Theater rum sitzt. Und mit seinen zahlreichen kritischen Ansätzen hält der Regisseur auch nie lange hinterm Berg. Thomson wird regelmäßig als mittelmäßiger Schauspieler bezeichnet, was einem direkter Schlag ins Antlitz aller Superhelden-Darsteller gleichkommt, er selbst teilt ordentlich gegen eine selbstdarstellerische Theaterkritikerin aus und wenn er durch einen blöden Zufall nackt durch die Öffentlichkeit rennt, hat das nicht nur eine gewisse Komik, an der es in "Birdman" aber auch nie mangelt, tatsächlich ist Iñárritus Drehbuch voller lustiger Dialoge, sondern auch ein direkter Seitenhieb auf die Generation Facebook, an einigen Stellen blitzen sogar kurz existenzialistische Inhalte von Albert Camus oder Jean-Paul Sartre durch. Aber jetzt nicht gleich erschrecken: in erster Linie ist "Birdman" einfach nur große Unterhaltung. Und perfekt gelungene auch noch dazu.
Fazit: "Birdman" ist kein Film für irgendwen. Er ist für ein sehr spezielles Publikum gedacht und richtet sich besonders an Film- und Theaterliebhaber, aber ist gleichzeitig auch offen genug, alle irgendwo faszinieren zu können. Und genau das tut er auch: faszinieren, begeistern und erstaunen. Jedoch auf eine Art, die mit Worten schwer zu beschreiben ist. Denn Iñárritus Werk ist ungemein filmisch, mutig sowieso und von Vergleichen ausgeschlossen, da es so etwas in der Form in der Tat noch nicht gegeben hat. Es ist eine überzeugende Charakterstudie eines Mannes, der um ein wenig Anerkennung kämpft, es ist eine selbstironische und ungemein witzige Parodie ihrer selbst und gleichzeitig ein direkter Angriff nicht nur auf die Traumfabrik Hollywood, sondern auch auf die Zuschauer, die immer weniger an echter Kunst interessiert sind. Doch was genau den Reiz Birdmans ausmacht, ist nicht zu erklären und sollte vielleicht deshalb auch nicht versucht werden. Viel mehr sollte den Rhythmus und Flow, die Symbiose aus Bild und Ton, jeder einzelne selbst auf sich wirken lassen und dann entscheiden, was "Birdman" für ihn bedeutet. Magie ist eben etwas Abstraktes. Und das sollte sie manchmal auch bleiben.
Ein Film spielt Theater. Regisseur Alejandro González Iñárritu bringt 2014 mit "Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)" einen Film in die Kinos, der vom Theater handelt, aber gleichzeitig auch vom Beruf des Schauspielers und der Filmwelt im Allgemeinen. Mit "Birdman" kritisiert er gleichzeitig den aktuellen Boom des Superheldenkinos durch Filme wie "The Avengers", "Sin City" oder "X-Men", teilt kräftig gegen Kollegen wie Robert Downey Jr., Michael Fassbender oder Jeremy Renner aus, prügelt voller Bosheit mit demaskierender Satire auf die heutige Medienlandschaft à la facebook und twitter ein, erlaubt sich deftige Seitenhiebe auf die elitäre und selbstverliebte Kritikerbranche und erzählt nebenbei auch noch behutsam und authentisch die Geschichte eines gescheiterten Stars, der zurück in den Olymp will. Und glaubte man anfangs noch, dass so viele Inhalte nicht in 119 Minuten passen werden, muss man sich von Iñárritus kleinem cineastischem Wunder überraschen lassen.
Während in modernen Actionfilmen immer mehr auf Wackelkamera und schnelle wirre Schnittfolgen gesetzt wird, liefert Iñárritu das Kontrabeispiel: "Birdman" wirkt durch unsichtbare Schnitts und andere Tricks, als sei er eine lange Plansequenz. Mit Ruhe, aber bestimmt folgt Kameramann Emmanuel Lubezki den Schauspielern durch das St. James Theatre und das Labyrinth dieser Gänge, nur selten verlässt er für kurze Zeit das Theaterhaus und macht beispielsweise eine Fahrt über den Times Square. Mit dieser nie aufhörenden Rotierung verleiht er seinem Film nicht nur eine gewisse Nervosität, sondern auch ein tolles Maß an Eleganz, Leichtfüßigkeit und irgendwann entwickelt diese Technik ihren eigenen Sog, der einen ganz tief an die Geschichte fesselt. Immer wieder fängt die Kamera einen Schauspieler ein und folgt ihm ein Stückweit, ohne, dass es eine episodenhafte Aneinanderreihung von kurzen Szenen zu werden droht. Natürlich funktioniert das auch, weil die Besetzung selbst wie die berühmte Faust aufs Auge passt. In Nebenrollen glänzen Naomi Watts, Andrea Riseborough und Amy Ryan und Komiker Zach Galifianakis sowie Schönheit Emma Stone überzeugen in für sie völlig untypischen Rollen durch ein besonders nuanciertes Auftreten.
Die wahren Stars sind aber zwei Darsteller, die (ironischerweise) bereits in großen Comic-Blockbustern den Helden spielten. Als erster ist da "Der unglaubliche Hulk"-Edward Norton zu nennen, der als exzentrischer Schauspieler Mike Shriner eine hervorragende Performance abgibt. In seinen besten Momenten darf er völlig enthemmt und irre aufspielen, nur um kurz darauf im Zusammenspiel mit Stone tiefe Einblicke in das Seelenleben Shriners offen zu legen. Doch die mit Abstand beste Leistung liefert Hauptdarsteller Michael Keaton, dessen Schauspiel hier vermutlich der Höhepunkt seiner Karriere sein dürfte. Die Parallelen zwischen ihm und seiner Figur Riggan Thomson sind unübersehbar: während Keaton 1989 in Tim Burtons "Batman" als titelgebender Held berühmt wurde, ist Thomson Held der fiktiven 90er "Birdman"-Trilogie gewesen und sehnt sich nun, ein wenig wie Keaton vielleicht auch, nach neuen Erfolgen. Und wie Keaton dieser ihm nicht unähnlichen Figur Leben einhaucht, ist ganz großes Kino. Er trifft mit jedem Gesichtsausdruck perfekt die Stimmung seiner Person, spielt sich gleichermaßen in Ekstase wie auch in eine erschreckende Authenzität. Wenn er in einem tosenden Wutanfall voller Selbsthass sein Zimmer verwüstet, seine imaginäre Stimme anschreit, auf der Bühne nicht nur eine fremde Person spielt, sondern auch sein Selbst offenbart, all das gelingt Keaton mit spielerischer Leichtigkeit.
Ansonsten schert sich Iñárritu außerdem einen Dreck um filmische Konventionen. Riggan Thomson, seinem Protagonisten, verleiht er eine surreale Aura. Thomson schwebt über den Boden, bewegt Dinge mit Kraft seiner Gedanken und kann sogar fliegen... zumindest erzählt uns das die Kamera. Wie viel "Birdman" wirklich in Thomson steckt, erfahren wir nie. Wie bei einem guten Film gewollt, verwischt Iñárritu die Grenze zwischen Realität und Fiktion und der Zuschauer kann sie nie ganz sicher sein, woran er ist. Der heftige Schlagzeug-Soundtrack von Antonio Sánchez verstärkt diesen unwirklichen Eindruck ungemein, erst recht, wenn der Schlagzeuger plötzlich im Film selbst zu sehen ist und völlig ohne Erklärung im Theater rum sitzt. Und mit seinen zahlreichen kritischen Ansätzen hält der Regisseur auch nie lange hinterm Berg. Thomson wird regelmäßig als mittelmäßiger Schauspieler bezeichnet, was einem direkter Schlag ins Antlitz aller Superhelden-Darsteller gleichkommt, er selbst teilt ordentlich gegen eine selbstdarstellerische Theaterkritikerin aus und wenn er durch einen blöden Zufall nackt durch die Öffentlichkeit rennt, hat das nicht nur eine gewisse Komik, an der es in "Birdman" aber auch nie mangelt, tatsächlich ist Iñárritus Drehbuch voller lustiger Dialoge, sondern auch ein direkter Seitenhieb auf die Generation Facebook, an einigen Stellen blitzen sogar kurz existenzialistische Inhalte von Albert Camus oder Jean-Paul Sartre durch. Aber jetzt nicht gleich erschrecken: in erster Linie ist "Birdman" einfach nur große Unterhaltung. Und perfekt gelungene auch noch dazu.
Fazit: "Birdman" ist kein Film für irgendwen. Er ist für ein sehr spezielles Publikum gedacht und richtet sich besonders an Film- und Theaterliebhaber, aber ist gleichzeitig auch offen genug, alle irgendwo faszinieren zu können. Und genau das tut er auch: faszinieren, begeistern und erstaunen. Jedoch auf eine Art, die mit Worten schwer zu beschreiben ist. Denn Iñárritus Werk ist ungemein filmisch, mutig sowieso und von Vergleichen ausgeschlossen, da es so etwas in der Form in der Tat noch nicht gegeben hat. Es ist eine überzeugende Charakterstudie eines Mannes, der um ein wenig Anerkennung kämpft, es ist eine selbstironische und ungemein witzige Parodie ihrer selbst und gleichzeitig ein direkter Angriff nicht nur auf die Traumfabrik Hollywood, sondern auch auf die Zuschauer, die immer weniger an echter Kunst interessiert sind. Doch was genau den Reiz Birdmans ausmacht, ist nicht zu erklären und sollte vielleicht deshalb auch nicht versucht werden. Viel mehr sollte den Rhythmus und Flow, die Symbiose aus Bild und Ton, jeder einzelne selbst auf sich wirken lassen und dann entscheiden, was "Birdman" für ihn bedeutet. Magie ist eben etwas Abstraktes. Und das sollte sie manchmal auch bleiben.
You ever dance with the devil in the pale moonlight?
Batman
Er ist einer der größten Helden der Filmgeschichte. Was ihn auszeichnet? Natürlich sein fabelhafter Sinn für einen ausgefallenen Kleidungsstil. Sein guter Geschmack im Punkto Frauen. Seine unglaublichen Fähigkeiten im Nahkampf. Sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn. Seine übernatürlichen technischen Spielzeuge. Und sein Fledermaus-Kostüm. Moment, was? In diesem Fall ist die Rede eben nicht von Geheimagent James Bond, sondern von einem seiner ebenbürtigsten Konkurrenten im Blockbuster-Bereich: Batman. Auf einer Comicreihe von Zeichner Bob Kane basierend, machte sich Regisseur Tim Burton 1989 daran, mit "Batman" einen Helden in die Kinos zu bringen, der sich in seiner Extravaganz perfekt für die große Leinwand eignet.
Dabei spielt Burton sehr geschickt mit seinen Charakteren, wobei hier drei zentral im Vordergrund stehen. Da wäre natürlich einmal Michael Keaton, der in seiner Doppelrolle als Milliardär Bruce Wayne und als maskierter Rächer enorme Wandlungsfähigkeiten unter Beweis stellen muss. Besonders als Bruce Wayne gelingt es ihm dabei sehr gut, durch sein schüchternes Auftreten, dass so gar nicht zu einem Superhelden passen will, einen Kontrast der beiden Persönlichkeiten wirken zu lassen, sodass die leichte Schizophrenie des Protagonisten immer wieder leise thematisiert wird. Doch da der Held, grade ein eher schweigsamer, meist nur so gut wie der Bösewicht funktioniert, liegt natürlich großes Augenmerk auf Jack Nicholson, der erst als Mafiagangster Jack Napier auftritt, dann aber relativ früh seine Verwandlung zum wahnsinnigen Psychpathen-Clown Joker vollzieht. Und Nicholson füllt diese Rolle hervorragend mit Leben. Grade der Joker, der ob seiner puren Abgedrehtheit eine schmale Gradwanderung ist, interpretiert er perfekt und ohne ein zu übertriebenes Maß an Overacting. Kim Basinger ist in ihrer Rolle als Reporterin Vicki Vale leider nur optisches Beiwerk und ihre Liebesgeschichte mit Bruce Standardware. Genauso ist es auch schade, dass andere potenziell interessante Rollen wie Harvey Dent alias Billy Dee Williams oder James Gordon alias Pat Hingle nicht genug Screentime erhalten, um einen größeren Eindruck zu hinterlassen.
Wenn man aber von der wirklich belanglosen Prozedur zwischen Bruce und Vicki mal absieht, ist die Geschichte in Burtons "Batman" zwar denkbar einfach, wird aber ungemein packend erzählt. Wie Burton den Helden in einer stilvollen Passage einführt und dann im zunehmenden Verlauf immer mehr auf den Charakter Batmans blickt, meist aus der Sicht von anderen heraus, ist toll gemacht und charmant erzählt. Stil und Charme stehen ohnehin ganz groß in "Batman". Burtons Film hat die Aura eines Märchens für ein erwachsenes Publikum, es ist eine Stilrichtung, die sich irgendwo zwischen einem Comicheft und einem Gothic-Festival versammelt, einem Trend, dem auch Danny Elfmans pompöser Soundtrack größenteils folgt. Was ihm dabei grandios gelingt ist sicherlich, eine Atmosphäre zu schaffen, in der das korrupte Gotham gleichermaßen existiert, man sich aber dennoch als Zuschauer wohl fühlt während der Sichtung. Burton weiß eben, wie man einen Unterhaltungsfilm aufzieht. Besonders schön ist, dass er die Unterhaltung häufig durch Humor erreicht, was sich durch den Joker ja schließlich auch anbot. Die Spannung in "Batman" ist keine nervenzerfetzende, es ist eher leichte Unterhaltung, die dafür aber schwungvoll und witzig erzählt wird. Grade in den Actionszenen, die sehr elegant, aber eben durch die Gadgets des Helden (besonders im Finale) auch recht abgedreht daherkommen, ist der Humor das ironische Augenzwinkern, das dem Zuschauer den Zugang zu dieser "Comicwelt" deutlich erleichtert.
Wer die Vorlagen kennt, könnte von "Batman" zwar ursprünglich mehr erwartet haben, als eine Gut-Böse-Konstellation als Aufhänger, doch kommen am Rande von Burtons Spektakel, dass sich übrigens nie im Gigantismus verliert, viele Facetten der Charaktere durchaus zum Vorschein. Die bereits erwähnte Zweipoligkeit der Hauptfigur wird schön aufgezeigt, ohne, dass man zu tief ginge und damit vom Thema abweiche und besonders in Nicholsons Joker Rolle finden sich viele angedeutete Möglichkeiten für eine tiefere Beschäftigung mit den Motiven, die Burton aber bewusst ungenutzt lässt, aber für die Fans immerhin in vereinfachter Form beinhaltet. Was sein Film dafür nicht beinhaltet, ist eine wirkliche Einordnung in die Zeit. Gotham existiert einfach irgendwann. Natürlich kommen moderne Waffen und ähnliches vor, doch der Kleidungsstil und die Setgestaltungen lassen auf kein Jahrzehnt schließen, sodass "Batman" optisch zeitlos funktioniert, inhaltlich unterstützt davon, dass die Geschichte eher durch die Charaktere, als durch die Ereignisse lebt. Was aber auch für eine enorme Schwäche sorgt: die späte Wendung rund um Jokers und Waynes gemeinsame Vergangenheit ist nicht nur unnötig an den Haaren herbeigezogen, sondern auch ein vergeblicher Versuch Burtons, dass Finale mit einer zusätzlichen dramatischen Komponente zu versehen, was jedoch durch die viel zu späte und dafür im Kern zu absurde Wendung nicht erreicht werden kann. Das ist besonders deshalb schade, weil die Hintergrundgeschichte Bruce Waynes umso besser funktioniert hätte, wenn sie für sich gestanden hätte, durch ihre Involvierung in die Haupthandlung wirkt dieses Kapitel dann allerdings am Ende beinahe abgeschlossen, was den Charakter Batman aber entkräften würde. Zwar bemüht sich Burton, eine gewisse Metapher im gegenseitigen Erschaffen von gut und böse einzubringen, die aber nur schwach über den müden Twist hinwegtrösten kann.
Fazit: "Batman" ist nicht nur in den Comics eine interessante Figur, sondern präsentiert sich auch in seinem ersten Leinwandauftritt als potenziell vielversprechender Franchise-Protagonist. Burtons zeitlose und stilsichere Regie verleiht der Geschichte gleichzeitig etwas altmodisches, aber auch frisches, sodass der Film auch in vielen Jahren einen Großteil seines Charmes nicht verloren haben wird. Kleine Schwächen wie die schwache Liebesgeschichte und der unnötige Twist sind da nur kleine Schönheitsfehler in einem ansonsten unterhaltsamen und - vor allem - flüssig erzählten Märchenfilm für Jung und Alt.
Er ist einer der größten Helden der Filmgeschichte. Was ihn auszeichnet? Natürlich sein fabelhafter Sinn für einen ausgefallenen Kleidungsstil. Sein guter Geschmack im Punkto Frauen. Seine unglaublichen Fähigkeiten im Nahkampf. Sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn. Seine übernatürlichen technischen Spielzeuge. Und sein Fledermaus-Kostüm. Moment, was? In diesem Fall ist die Rede eben nicht von Geheimagent James Bond, sondern von einem seiner ebenbürtigsten Konkurrenten im Blockbuster-Bereich: Batman. Auf einer Comicreihe von Zeichner Bob Kane basierend, machte sich Regisseur Tim Burton 1989 daran, mit "Batman" einen Helden in die Kinos zu bringen, der sich in seiner Extravaganz perfekt für die große Leinwand eignet.
Dabei spielt Burton sehr geschickt mit seinen Charakteren, wobei hier drei zentral im Vordergrund stehen. Da wäre natürlich einmal Michael Keaton, der in seiner Doppelrolle als Milliardär Bruce Wayne und als maskierter Rächer enorme Wandlungsfähigkeiten unter Beweis stellen muss. Besonders als Bruce Wayne gelingt es ihm dabei sehr gut, durch sein schüchternes Auftreten, dass so gar nicht zu einem Superhelden passen will, einen Kontrast der beiden Persönlichkeiten wirken zu lassen, sodass die leichte Schizophrenie des Protagonisten immer wieder leise thematisiert wird. Doch da der Held, grade ein eher schweigsamer, meist nur so gut wie der Bösewicht funktioniert, liegt natürlich großes Augenmerk auf Jack Nicholson, der erst als Mafiagangster Jack Napier auftritt, dann aber relativ früh seine Verwandlung zum wahnsinnigen Psychpathen-Clown Joker vollzieht. Und Nicholson füllt diese Rolle hervorragend mit Leben. Grade der Joker, der ob seiner puren Abgedrehtheit eine schmale Gradwanderung ist, interpretiert er perfekt und ohne ein zu übertriebenes Maß an Overacting. Kim Basinger ist in ihrer Rolle als Reporterin Vicki Vale leider nur optisches Beiwerk und ihre Liebesgeschichte mit Bruce Standardware. Genauso ist es auch schade, dass andere potenziell interessante Rollen wie Harvey Dent alias Billy Dee Williams oder James Gordon alias Pat Hingle nicht genug Screentime erhalten, um einen größeren Eindruck zu hinterlassen.
Wenn man aber von der wirklich belanglosen Prozedur zwischen Bruce und Vicki mal absieht, ist die Geschichte in Burtons "Batman" zwar denkbar einfach, wird aber ungemein packend erzählt. Wie Burton den Helden in einer stilvollen Passage einführt und dann im zunehmenden Verlauf immer mehr auf den Charakter Batmans blickt, meist aus der Sicht von anderen heraus, ist toll gemacht und charmant erzählt. Stil und Charme stehen ohnehin ganz groß in "Batman". Burtons Film hat die Aura eines Märchens für ein erwachsenes Publikum, es ist eine Stilrichtung, die sich irgendwo zwischen einem Comicheft und einem Gothic-Festival versammelt, einem Trend, dem auch Danny Elfmans pompöser Soundtrack größenteils folgt. Was ihm dabei grandios gelingt ist sicherlich, eine Atmosphäre zu schaffen, in der das korrupte Gotham gleichermaßen existiert, man sich aber dennoch als Zuschauer wohl fühlt während der Sichtung. Burton weiß eben, wie man einen Unterhaltungsfilm aufzieht. Besonders schön ist, dass er die Unterhaltung häufig durch Humor erreicht, was sich durch den Joker ja schließlich auch anbot. Die Spannung in "Batman" ist keine nervenzerfetzende, es ist eher leichte Unterhaltung, die dafür aber schwungvoll und witzig erzählt wird. Grade in den Actionszenen, die sehr elegant, aber eben durch die Gadgets des Helden (besonders im Finale) auch recht abgedreht daherkommen, ist der Humor das ironische Augenzwinkern, das dem Zuschauer den Zugang zu dieser "Comicwelt" deutlich erleichtert.
Wer die Vorlagen kennt, könnte von "Batman" zwar ursprünglich mehr erwartet haben, als eine Gut-Böse-Konstellation als Aufhänger, doch kommen am Rande von Burtons Spektakel, dass sich übrigens nie im Gigantismus verliert, viele Facetten der Charaktere durchaus zum Vorschein. Die bereits erwähnte Zweipoligkeit der Hauptfigur wird schön aufgezeigt, ohne, dass man zu tief ginge und damit vom Thema abweiche und besonders in Nicholsons Joker Rolle finden sich viele angedeutete Möglichkeiten für eine tiefere Beschäftigung mit den Motiven, die Burton aber bewusst ungenutzt lässt, aber für die Fans immerhin in vereinfachter Form beinhaltet. Was sein Film dafür nicht beinhaltet, ist eine wirkliche Einordnung in die Zeit. Gotham existiert einfach irgendwann. Natürlich kommen moderne Waffen und ähnliches vor, doch der Kleidungsstil und die Setgestaltungen lassen auf kein Jahrzehnt schließen, sodass "Batman" optisch zeitlos funktioniert, inhaltlich unterstützt davon, dass die Geschichte eher durch die Charaktere, als durch die Ereignisse lebt. Was aber auch für eine enorme Schwäche sorgt: die späte Wendung rund um Jokers und Waynes gemeinsame Vergangenheit ist nicht nur unnötig an den Haaren herbeigezogen, sondern auch ein vergeblicher Versuch Burtons, dass Finale mit einer zusätzlichen dramatischen Komponente zu versehen, was jedoch durch die viel zu späte und dafür im Kern zu absurde Wendung nicht erreicht werden kann. Das ist besonders deshalb schade, weil die Hintergrundgeschichte Bruce Waynes umso besser funktioniert hätte, wenn sie für sich gestanden hätte, durch ihre Involvierung in die Haupthandlung wirkt dieses Kapitel dann allerdings am Ende beinahe abgeschlossen, was den Charakter Batman aber entkräften würde. Zwar bemüht sich Burton, eine gewisse Metapher im gegenseitigen Erschaffen von gut und böse einzubringen, die aber nur schwach über den müden Twist hinwegtrösten kann.
Fazit: "Batman" ist nicht nur in den Comics eine interessante Figur, sondern präsentiert sich auch in seinem ersten Leinwandauftritt als potenziell vielversprechender Franchise-Protagonist. Burtons zeitlose und stilsichere Regie verleiht der Geschichte gleichzeitig etwas altmodisches, aber auch frisches, sodass der Film auch in vielen Jahren einen Großteil seines Charmes nicht verloren haben wird. Kleine Schwächen wie die schwache Liebesgeschichte und der unnötige Twist sind da nur kleine Schönheitsfehler in einem ansonsten unterhaltsamen und - vor allem - flüssig erzählten Märchenfilm für Jung und Alt.
Agent Smith = Neo-Nazi?
Matrix Revolutions
"Everything that has a beginning has an end." - Vielen Dank, liebes Orakel. Welch fundamental neue Erkenntnis! Und so ungemein passend. Nicht nur, weil mit "Matrix Revolutions" eine Filmtrilogie endet, die mit ihren beiden Erstlingen zwei absolut fantastische und tiefgründige Meisterwerke für das Action- und Sci-Fi-Genre geschaffen hat, sondern weil an diesem Punkt dann auch Schluss mit allem ist, was die Wachowskis aufgebaut haben. Das faszinierende Universum, das riesige Aufgebot an philosophischen Inhalten und die packend-innovative Actioninszenierung. All das endet in diesen zwei Stunden. Doch was eigentlich erst mit dem Abspann hätte beendet sein dürfen, ist bereits gestorben, bevor es überhaupt beginnt. Der dritte Matrix-Film erweist sich leider als eine der erschütternsten Enttäuschungen aller Zeiten. "Inevitable", wie Agent Smith so schön sagen würde.
Dabei gibt es im Fall von "Matrix Revolutions" durchaus positives zu berichten und der Film hat Passagen, die wirklich großartig sind. Die erste Viertelstunde, in der der Cliffhanger von "Matrix Reloaded" aufgelöst wird und mit dem Trainman und dem erneuten Auftritt von Lambert Wilson als Merowinger zwei tolle Charaktere auf der Leinwand auftauchen, schließt, auch mit den Gedanken über die Bedeutung von Wörtern wie Liebe oder Karma, nahtlos an den Vorgänger an. Und auch die Orakel-Szenen, bei denen hier Mary Alice die verstorbene Gloria Foster ersetzt, sind wie immer ein Vergnügen. Doch bereits diese zwanzig Minuten offenbaren erste Schwächen dieses dritten Teils. Die kurze Actionszene auf dem Weg zum Merowinger, die überdeutlich beim ersten "Matrix"-Film abgeguckt ist, hat nicht mehr den Überraschungseffekt und Esprit der Vorgänger und die Philosophie in den Dialogen zwischen Neo und den Orakel bleibt, wie am oben aufgeführten Zitat erkennbar, eher seicht und oberflächlich. Doch, hätte man das Potenzial von hier an genutzt, welches dieser Beginn zeigte, "Matrix Revolutions" wäre immer noch ein würdiger Abschluss der Reihe geworden. Leider kam es etwas anders.
Denn was die Gebrüder Wachowski sich im viel zu langen Mittelteil erlauben, ist, nett gesagt, eine Frechheit. Das grundsätzliche Problem, nämlich, dass wir uns kaum noch in der Matrix aufhalten, haben sie zwar bewusst in Kauf genommen, dafür aber stattdessen ihr eigenes Franchise mit Füßen getreten. Das fängt damit an, dass Trinity alias Carrie-Anne Moss und Laurence Fishburnes Morpheus zu Stichwortgebern degradiert werden, die entweder Neo oder Niobe aka Jada Pinkett Smith hinterher schauen dürfen. Das ist ärgerlich und schade, da so nicht mehr das Trio der Vorgänger im Vordergrund steht, sondern teilweise sogar Nebenfiguren die Sympathieträger verdrängen. Richtig ärgerlich gerät dann aber die gefühlt ewig lange Schlacht um Zion. Was einer Apokalypse hätte gleichkommen müssen, gerät unter der Regie zu einem einfallslosen Schlachtgetümmel. Und es ist absolut unverständlich, wie ausgerechnet die Wachowskis eine so konventionelle Actionszene aufziehen konnten. Mindestens eine halbe Stunde lang bekriegen sich Menschen in unschönen Kampfanzügen mit schrecklich getricksten CGI-Schwärmen von Drohnen, gesichtslose Nebenfiguren, die schon im direkten Vorgänger nur Ausstattung waren, stehen plötzlich mitten im Zentrum und sterben dramatische Heldentode, die aber den Zuschauer völlig kaltlassen. Dass dann die Konfrontation zwischen Neo und Bane, auf die man sich vorab freute, ähnlich müde verläuft und auch noch einen unangenehmen Nebengeschmack entfaltet, ist ein weiterer Tritt in die Magengrube der Matrix-Fans...
... für den das Finale leider auch nicht so recht entschädigen kann. Fest steht sicher, Hugo Weaving ist als Agent Smith immer noch ein hassenswerter Antagonist und Neo, trotz seines neuen Handicaps, dass Keanu Reeves Spiel endgültig einschränkt, eine echte Identifikationsfigur. Doch der Endkampf der beiden ist dennoch nicht so magisch, wie er hätte sein können. Statt eines langen und umwerfenden Kung-Fu-Kampfes, wollen die Wachowskis mit vielen Effekten Endzeitstimmung erzeugen, überspannen den Bogen aber etwas zu sehr. Auch die musikalische Untermalung von Don Davis schießt mit dem Frauenchor an dieser Stelle über das Ziel hinaus. Dennoch, und das soll hier nicht unerwähnt bleiben, fiebert man mit Neo mit und bangt um die Zukunft Zions. Das ist zwar mehr den Vorgängern, als dem dritten Teil selbst zu verdanken, doch soll ein Trilogie-Abschluss ja auch von dem vorher aufgebauten profitieren. Großartig ist dafür alles, was nach dem Showdown kommt. Wenn Agent Smith noch einmal einen letzten Monolog über die menschliche Natur hält, wenn Neo seine Konsequenzen zieht und wenn am Ende das Orakel und der Architekt über die Zukunft der Menschheit rätseln, dann ist man plötzlich wieder mittendrin und ärgert sich beinahe, dass die Matrix-Trilogie nun doch schon zu Ende ist. Warum, liebe Wachowskis? Dieses Gefühl 120 Minuten früher und es wäre perfekt gewesen.
Fazit: Wie groß war die Vorfreude auf das, was einer der epischsten Filme aller Zeiten hätte werden müssen und wie schockierend ist das, was man am Ende zu sehen bekam? "Matrix" hatte die Chance, eine perfekte Filmtrilogie zu werden. Als man kurz davor war, den dritten Teil zu sehen, hatte man bereits bedauert, dass es hiermit gewesen sein wird. Und hinterher gibt einem dieser dann fast das Gefühl, dass es vielleicht ganz gut ist, wenn Schluss ist. So hätte es nicht kommen dürfen. Doch bei aller Kritik: als simpler Actionfilm für die MTV-Generation ist "Matrix Revolutions" sicher zufrieden stellende Kost, die dem jugendlichen Publikum gefallen wird. Doch diese Filmreihe war eigentlich mehr und hätte daher auch mit einem höheren Anspruch an sich selbst beendet werden müssen. So gerät der Zuschauer in eine Zwickmühle: mitgefiebert hat man und man war auch nach wenigen Sekunden sofort wieder drin im Universum. Und einige Passagen waren dann eben doch auf einem so hohen Niveau, dass man beinahe schon melancholisch das sieht, was hätte sein können. Doch Fakt ist leider: was nicht ist, dass ist nicht. Und das ist fast so fundamental, wie die Aussage des Orakels. "Everything that has a beginning has an end." - Traurig, aber wahr.
"Everything that has a beginning has an end." - Vielen Dank, liebes Orakel. Welch fundamental neue Erkenntnis! Und so ungemein passend. Nicht nur, weil mit "Matrix Revolutions" eine Filmtrilogie endet, die mit ihren beiden Erstlingen zwei absolut fantastische und tiefgründige Meisterwerke für das Action- und Sci-Fi-Genre geschaffen hat, sondern weil an diesem Punkt dann auch Schluss mit allem ist, was die Wachowskis aufgebaut haben. Das faszinierende Universum, das riesige Aufgebot an philosophischen Inhalten und die packend-innovative Actioninszenierung. All das endet in diesen zwei Stunden. Doch was eigentlich erst mit dem Abspann hätte beendet sein dürfen, ist bereits gestorben, bevor es überhaupt beginnt. Der dritte Matrix-Film erweist sich leider als eine der erschütternsten Enttäuschungen aller Zeiten. "Inevitable", wie Agent Smith so schön sagen würde.
Dabei gibt es im Fall von "Matrix Revolutions" durchaus positives zu berichten und der Film hat Passagen, die wirklich großartig sind. Die erste Viertelstunde, in der der Cliffhanger von "Matrix Reloaded" aufgelöst wird und mit dem Trainman und dem erneuten Auftritt von Lambert Wilson als Merowinger zwei tolle Charaktere auf der Leinwand auftauchen, schließt, auch mit den Gedanken über die Bedeutung von Wörtern wie Liebe oder Karma, nahtlos an den Vorgänger an. Und auch die Orakel-Szenen, bei denen hier Mary Alice die verstorbene Gloria Foster ersetzt, sind wie immer ein Vergnügen. Doch bereits diese zwanzig Minuten offenbaren erste Schwächen dieses dritten Teils. Die kurze Actionszene auf dem Weg zum Merowinger, die überdeutlich beim ersten "Matrix"-Film abgeguckt ist, hat nicht mehr den Überraschungseffekt und Esprit der Vorgänger und die Philosophie in den Dialogen zwischen Neo und den Orakel bleibt, wie am oben aufgeführten Zitat erkennbar, eher seicht und oberflächlich. Doch, hätte man das Potenzial von hier an genutzt, welches dieser Beginn zeigte, "Matrix Revolutions" wäre immer noch ein würdiger Abschluss der Reihe geworden. Leider kam es etwas anders.
Denn was die Gebrüder Wachowski sich im viel zu langen Mittelteil erlauben, ist, nett gesagt, eine Frechheit. Das grundsätzliche Problem, nämlich, dass wir uns kaum noch in der Matrix aufhalten, haben sie zwar bewusst in Kauf genommen, dafür aber stattdessen ihr eigenes Franchise mit Füßen getreten. Das fängt damit an, dass Trinity alias Carrie-Anne Moss und Laurence Fishburnes Morpheus zu Stichwortgebern degradiert werden, die entweder Neo oder Niobe aka Jada Pinkett Smith hinterher schauen dürfen. Das ist ärgerlich und schade, da so nicht mehr das Trio der Vorgänger im Vordergrund steht, sondern teilweise sogar Nebenfiguren die Sympathieträger verdrängen. Richtig ärgerlich gerät dann aber die gefühlt ewig lange Schlacht um Zion. Was einer Apokalypse hätte gleichkommen müssen, gerät unter der Regie zu einem einfallslosen Schlachtgetümmel. Und es ist absolut unverständlich, wie ausgerechnet die Wachowskis eine so konventionelle Actionszene aufziehen konnten. Mindestens eine halbe Stunde lang bekriegen sich Menschen in unschönen Kampfanzügen mit schrecklich getricksten CGI-Schwärmen von Drohnen, gesichtslose Nebenfiguren, die schon im direkten Vorgänger nur Ausstattung waren, stehen plötzlich mitten im Zentrum und sterben dramatische Heldentode, die aber den Zuschauer völlig kaltlassen. Dass dann die Konfrontation zwischen Neo und Bane, auf die man sich vorab freute, ähnlich müde verläuft und auch noch einen unangenehmen Nebengeschmack entfaltet, ist ein weiterer Tritt in die Magengrube der Matrix-Fans...
... für den das Finale leider auch nicht so recht entschädigen kann. Fest steht sicher, Hugo Weaving ist als Agent Smith immer noch ein hassenswerter Antagonist und Neo, trotz seines neuen Handicaps, dass Keanu Reeves Spiel endgültig einschränkt, eine echte Identifikationsfigur. Doch der Endkampf der beiden ist dennoch nicht so magisch, wie er hätte sein können. Statt eines langen und umwerfenden Kung-Fu-Kampfes, wollen die Wachowskis mit vielen Effekten Endzeitstimmung erzeugen, überspannen den Bogen aber etwas zu sehr. Auch die musikalische Untermalung von Don Davis schießt mit dem Frauenchor an dieser Stelle über das Ziel hinaus. Dennoch, und das soll hier nicht unerwähnt bleiben, fiebert man mit Neo mit und bangt um die Zukunft Zions. Das ist zwar mehr den Vorgängern, als dem dritten Teil selbst zu verdanken, doch soll ein Trilogie-Abschluss ja auch von dem vorher aufgebauten profitieren. Großartig ist dafür alles, was nach dem Showdown kommt. Wenn Agent Smith noch einmal einen letzten Monolog über die menschliche Natur hält, wenn Neo seine Konsequenzen zieht und wenn am Ende das Orakel und der Architekt über die Zukunft der Menschheit rätseln, dann ist man plötzlich wieder mittendrin und ärgert sich beinahe, dass die Matrix-Trilogie nun doch schon zu Ende ist. Warum, liebe Wachowskis? Dieses Gefühl 120 Minuten früher und es wäre perfekt gewesen.
Fazit: Wie groß war die Vorfreude auf das, was einer der epischsten Filme aller Zeiten hätte werden müssen und wie schockierend ist das, was man am Ende zu sehen bekam? "Matrix" hatte die Chance, eine perfekte Filmtrilogie zu werden. Als man kurz davor war, den dritten Teil zu sehen, hatte man bereits bedauert, dass es hiermit gewesen sein wird. Und hinterher gibt einem dieser dann fast das Gefühl, dass es vielleicht ganz gut ist, wenn Schluss ist. So hätte es nicht kommen dürfen. Doch bei aller Kritik: als simpler Actionfilm für die MTV-Generation ist "Matrix Revolutions" sicher zufrieden stellende Kost, die dem jugendlichen Publikum gefallen wird. Doch diese Filmreihe war eigentlich mehr und hätte daher auch mit einem höheren Anspruch an sich selbst beendet werden müssen. So gerät der Zuschauer in eine Zwickmühle: mitgefiebert hat man und man war auch nach wenigen Sekunden sofort wieder drin im Universum. Und einige Passagen waren dann eben doch auf einem so hohen Niveau, dass man beinahe schon melancholisch das sieht, was hätte sein können. Doch Fakt ist leider: was nicht ist, dass ist nicht. Und das ist fast so fundamental, wie die Aussage des Orakels. "Everything that has a beginning has an end." - Traurig, aber wahr.
Grand Budapest Hotel
Bill Murray, Edward Norton, Jeff Goldblum, Willem Dafoe, Mathieu Amalric, Jude Law, Owen Wilson, Tom Wilkinson, Léa Seydoux und Adrien Brody sind nur einige der hochkarätigen Namen aus der Besetzungsliste von Wes Andersons 2014 erschienenen Groteske "Grand Budapest Hotel". Dabei sind es am Ende gar nicht unbedingt die exquisiten darstellerischen Leistungen, die aus "Grand Budapest Hotel" einen vergnüglichen Film machen, schließlich müssen sie alle verblassen neben den extrem exzentrischen Farben und dem eigentümlichen Inszenierungsstil Andersons, der sich nie um Konventionen schert und dabei vor allem eines bietet: großen, aber nie einfältigen Spaß für die ganze Familie, welcher sich selbst nie ernster nimmt, als er eigentlich gemeint ist.
Dennoch muss bei einer Rezension zu "Grand Budapest Hotel" ein Schauspieler besonders gewürdigt werden. Während Tony Revolore als einer der beiden Hauptdarsteller eher unauffällig agiert, spielt sein Gegenüber die Rolle seines Lebens: Ralph Fiennes geht M. Gustave völlig auf und ist mit enormer Spielfreude am Werk. Natürlich begeistert sein Protagonist vor allem auch durch seine wundervollen Wortwitze und sein allgemeines Auftreten, doch erst Fiennes erweckt die von Anderson brillant konstruierte Figur so zum Leben und er ist sichtlich euphorisch dabei. Seine Darbietung brodelt vor Nonchalance und Charme gerade zu über. Zwei Eigenschaften, die man allerdings auch dem ganzen Rest des Filmes zu schreiben kann. Denn nicht nur bei der Bezahlung der Darsteller hat sich Anderson nicht lumpen lassen: "Grand Budapest Hotel" ist ein überfülltes quietschbuntes Sammelsurium an Ideen und Einfällen. Auf drei Zeitebenen (die jeweils ihr eigenes Bildformat erhalten) erzählt Anderson dabei eine eigentlich recht simple Geschichte. So ist die Krimi-Erzählung über den zu Unrecht eines Mordes beschuldigten Erben, der Opfer eines besitzsüchtigen Monarchen wird, nicht sonderlich neu und in ihren Grundzügen kaum spannend. Das macht aber nichts, denn Anderson stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass man allein durch filmische Gestaltung selbst der einfachsten Geschichte noch etwas Besonderes verleihen kann.
Das beginnt mit seinem guten Auge für die Symmetrie. Immer wieder - eigentlich pausenlos - verharrt das Bild auf symmetrisch angeordneten Bildern oder Locations, was sehr schnell seinen ganz eigenen Stil findet. Doch Anderson nur hier rauf zu beschränken, wäre viel zu einfach. Selbst zu sagen, der Film sei voll von Fantasie, würde ihm nicht gerecht werden. Anderson erschafft mit Herz und Seele seine eigene kleine Welt rund um das titelgebende Hotel und setzt dabei auf die ältesten Tricks: antiquierte Matte Paintings (gemalte Kulissen) erschaffen einen Hauch von nostalgischer Erinnerung an die großen Klassiker des Ausstattungsfilmes, in die man schon sehr bald auch diesen Film einreihen wird. Von den Kostümen der Darsteller über die Vielzahl an Frisuren bis hin zu den Gebäuden, der Aufmachung der Treppen im Hotel, dem Hotel selbst, alles steht prunkvoll und inspirierend für den künstlerischen Geist des Regisseurs und bleibt trotzdem stets ohne jeden Anflug von Größenwahn oder Gigantomanie. Als der Zuschauer im Mittelteil ein wenig Gefahr läuft, sich zu sehr an den Stil zu gewöhnen und ihn somit nicht mehr als ungewöhnlich wahrzunehmen, beweist Anderson auch noch ein hervorragendes Gespür für eben jenen Fall und bietet mit einer Skiverfolgungsjagd, die selbst "James Bond 007 - Im Geheimdienst ihrer Majestät" in ihre Schranken verweist, einen unerwarteten Höhepunkt.
Insgesamt verkauft sich "Grand Budapest Hotel" aber natürlich als Komödie und als solche will sie selbstredend lustig sein. Und das Drehbuch bietet wahrlich spritzige Dialoge, die dem Publikum leise Schmunzler von der ersten Minute an entlocken. Die meisten stehen dabei leider etwas zu selten im Dienste der Geschichte, funktionieren aber dennoch auf schöne Art und Weise. Gefallen tut, dass Anderson nie auf den heute modernen effekthascherischen Humor setzt, sondern es eher schwarz und "hinten herum" mag. So gibt es die Gags, welche einem recht offen ins Gesicht springen, aber auch die, die etwas länger brauchen, bis sie zünden. Überraschend ist, wie viele Witze letzten Endes wirklich sitzen. Während bei den meisten Komödien etwa 60 Prozent aller Späße eine Reaktion erzeugen, hört bei "Grand Budapest Hotel" das Grinsen gar nicht mehr auf, wenn Fiennes beispielsweise mal wieder eine lange vornehme Wortkette zum Besten gibt, um sie dann mit einem "Fuck it" zu beenden. Und besonders im Finale dreht Anderson noch einmal richtig auf. Allerdings fehlen der ganzen Scharade dann eben doch die 3-4 richtig großen Brüller, bei denen man herzhaft und lange lachen kann. So entsteht hinterher zwar der Eindruck, sich gut amüsiert zu haben, doch der eine wirkliche Kracher ist nicht unter den zahllosen sehr guten Momenten zu erkennen gewesen.
Fazit: "Grand Budapest Hotel" ist eine schwarzhumorige und im höchsten Maße amüsante Angelegenheit für den Zuschauer, aber auch ein visueller Genuss. Wes Anderson verkauft die Odyssee seines Protagonisten als Bonbon-buntes Paket und wartet darüber hinaus durch Ralph Fiennes Darstellung mit einer der besten schauspielerischen Leistungen des Jahres auf. Besonders überzeugend bleibt dabei vor allem der Eindruck des Unfassbaren im Raume stehen: vielem von dem, was man in diesem Film zu sehen bekommt, kann man nur mit Staunen begegnen. Für Filmhistoriker ist außerdem natürlich auch die Nutzung alter Hilfsmittel und damit die Erinnerung an längst vergangene Zeiten zu nennen, doch ist es gerade dieser Hauch von melancholischer Nostalgie gepaart mit den offensiven Dialogfeuerwerken und der einfach gehaltenen Geschichte, was Andersons Film die letzte Zutat verleiht, durch welche er wohl auch in vielen Jahren noch ein angesehener Familienfilm sein wird: seine Zeitlosigkeit. Charmant, ungezügelt, gerissen und bunt - Willkommen im "Grand Budapest Hotel"! Wir hoffen, dass Ihnen der Aufenthalt gefällt. Und wenn Sie noch Fragen haben, hilft Ihnen unser Concierge gerne weiter!
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Bill Murray, Edward Norton, Jeff Goldblum, Willem Dafoe, Mathieu Amalric, Jude Law, Owen Wilson, Tom Wilkinson, Léa Seydoux und Adrien Brody sind nur einige der hochkarätigen Namen aus der Besetzungsliste von Wes Andersons 2014 erschienenen Groteske "Grand Budapest Hotel". Dabei sind es am Ende gar nicht unbedingt die exquisiten darstellerischen Leistungen, die aus "Grand Budapest Hotel" einen vergnüglichen Film machen, schließlich müssen sie alle verblassen neben den extrem exzentrischen Farben und dem eigentümlichen Inszenierungsstil Andersons, der sich nie um Konventionen schert und dabei vor allem eines bietet: großen, aber nie einfältigen Spaß für die ganze Familie, welcher sich selbst nie ernster nimmt, als er eigentlich gemeint ist.
Dennoch muss bei einer Rezension zu "Grand Budapest Hotel" ein Schauspieler besonders gewürdigt werden. Während Tony Revolore als einer der beiden Hauptdarsteller eher unauffällig agiert, spielt sein Gegenüber die Rolle seines Lebens: Ralph Fiennes geht M. Gustave völlig auf und ist mit enormer Spielfreude am Werk. Natürlich begeistert sein Protagonist vor allem auch durch seine wundervollen Wortwitze und sein allgemeines Auftreten, doch erst Fiennes erweckt die von Anderson brillant konstruierte Figur so zum Leben und er ist sichtlich euphorisch dabei. Seine Darbietung brodelt vor Nonchalance und Charme gerade zu über. Zwei Eigenschaften, die man allerdings auch dem ganzen Rest des Filmes zu schreiben kann. Denn nicht nur bei der Bezahlung der Darsteller hat sich Anderson nicht lumpen lassen: "Grand Budapest Hotel" ist ein überfülltes quietschbuntes Sammelsurium an Ideen und Einfällen. Auf drei Zeitebenen (die jeweils ihr eigenes Bildformat erhalten) erzählt Anderson dabei eine eigentlich recht simple Geschichte. So ist die Krimi-Erzählung über den zu Unrecht eines Mordes beschuldigten Erben, der Opfer eines besitzsüchtigen Monarchen wird, nicht sonderlich neu und in ihren Grundzügen kaum spannend. Das macht aber nichts, denn Anderson stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass man allein durch filmische Gestaltung selbst der einfachsten Geschichte noch etwas Besonderes verleihen kann.
Das beginnt mit seinem guten Auge für die Symmetrie. Immer wieder - eigentlich pausenlos - verharrt das Bild auf symmetrisch angeordneten Bildern oder Locations, was sehr schnell seinen ganz eigenen Stil findet. Doch Anderson nur hier rauf zu beschränken, wäre viel zu einfach. Selbst zu sagen, der Film sei voll von Fantasie, würde ihm nicht gerecht werden. Anderson erschafft mit Herz und Seele seine eigene kleine Welt rund um das titelgebende Hotel und setzt dabei auf die ältesten Tricks: antiquierte Matte Paintings (gemalte Kulissen) erschaffen einen Hauch von nostalgischer Erinnerung an die großen Klassiker des Ausstattungsfilmes, in die man schon sehr bald auch diesen Film einreihen wird. Von den Kostümen der Darsteller über die Vielzahl an Frisuren bis hin zu den Gebäuden, der Aufmachung der Treppen im Hotel, dem Hotel selbst, alles steht prunkvoll und inspirierend für den künstlerischen Geist des Regisseurs und bleibt trotzdem stets ohne jeden Anflug von Größenwahn oder Gigantomanie. Als der Zuschauer im Mittelteil ein wenig Gefahr läuft, sich zu sehr an den Stil zu gewöhnen und ihn somit nicht mehr als ungewöhnlich wahrzunehmen, beweist Anderson auch noch ein hervorragendes Gespür für eben jenen Fall und bietet mit einer Skiverfolgungsjagd, die selbst "James Bond 007 - Im Geheimdienst ihrer Majestät" in ihre Schranken verweist, einen unerwarteten Höhepunkt.
Insgesamt verkauft sich "Grand Budapest Hotel" aber natürlich als Komödie und als solche will sie selbstredend lustig sein. Und das Drehbuch bietet wahrlich spritzige Dialoge, die dem Publikum leise Schmunzler von der ersten Minute an entlocken. Die meisten stehen dabei leider etwas zu selten im Dienste der Geschichte, funktionieren aber dennoch auf schöne Art und Weise. Gefallen tut, dass Anderson nie auf den heute modernen effekthascherischen Humor setzt, sondern es eher schwarz und "hinten herum" mag. So gibt es die Gags, welche einem recht offen ins Gesicht springen, aber auch die, die etwas länger brauchen, bis sie zünden. Überraschend ist, wie viele Witze letzten Endes wirklich sitzen. Während bei den meisten Komödien etwa 60 Prozent aller Späße eine Reaktion erzeugen, hört bei "Grand Budapest Hotel" das Grinsen gar nicht mehr auf, wenn Fiennes beispielsweise mal wieder eine lange vornehme Wortkette zum Besten gibt, um sie dann mit einem "Fuck it" zu beenden. Und besonders im Finale dreht Anderson noch einmal richtig auf. Allerdings fehlen der ganzen Scharade dann eben doch die 3-4 richtig großen Brüller, bei denen man herzhaft und lange lachen kann. So entsteht hinterher zwar der Eindruck, sich gut amüsiert zu haben, doch der eine wirkliche Kracher ist nicht unter den zahllosen sehr guten Momenten zu erkennen gewesen.
Fazit: "Grand Budapest Hotel" ist eine schwarzhumorige und im höchsten Maße amüsante Angelegenheit für den Zuschauer, aber auch ein visueller Genuss. Wes Anderson verkauft die Odyssee seines Protagonisten als Bonbon-buntes Paket und wartet darüber hinaus durch Ralph Fiennes Darstellung mit einer der besten schauspielerischen Leistungen des Jahres auf. Besonders überzeugend bleibt dabei vor allem der Eindruck des Unfassbaren im Raume stehen: vielem von dem, was man in diesem Film zu sehen bekommt, kann man nur mit Staunen begegnen. Für Filmhistoriker ist außerdem natürlich auch die Nutzung alter Hilfsmittel und damit die Erinnerung an längst vergangene Zeiten zu nennen, doch ist es gerade dieser Hauch von melancholischer Nostalgie gepaart mit den offensiven Dialogfeuerwerken und der einfach gehaltenen Geschichte, was Andersons Film die letzte Zutat verleiht, durch welche er wohl auch in vielen Jahren noch ein angesehener Familienfilm sein wird: seine Zeitlosigkeit. Charmant, ungezügelt, gerissen und bunt - Willkommen im "Grand Budapest Hotel"! Wir hoffen, dass Ihnen der Aufenthalt gefällt. Und wenn Sie noch Fragen haben, hilft Ihnen unser Concierge gerne weiter!
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Marvels The Avengers
Das ist es nun also. Nach jahrelanger Vorbereitung in Form der fünf Blockbuster "Iron Man", "Der unglaubliche Hulk", "Iron Man 2", "Thor" und "Captain America: The First Avenger" erscheint mit "Marvels The Avengers", wie immer unter dem wachsamen Auge des Produzenten Kevin Feige, das erste große Crossover dieses filmischen Comicuniversums mit Marvel-Helden im Fokus. Mit einem mehr als üppigen Budget ausgestattet, ließ man Joss Whedon auf dem Regiestuhl Platz nehmen und das Script schreiben, der bis dato eher im TV-Bereich bekannt war. Mit diesem Film macht er jedoch eindrucksvoll klar, dass er seine Stärken aus dem Fernsehen auch aufs Kino übertragen kann.
Besonders interessiert zeigt sich Whedon meist in gruppendynamischen Prozessen, ganz wichtig sind ihm aber auch schnelle, abwechslungsreiche und humorvolle Dialoge, die bei ihm eine ganz eigene Handschrift haben und die, weshalb er für diesen Film eine perfekte Besetzung ist, sich wunderbar mit dem Comicbackground der Avengers und den Figuren vertragen. Sein Ziel war hier, aus den Protagonisten der Solo-Filme eine Einheit zu formen, wofür er seinen Film bewusst dreiteilig gliedert. Im ersten Drittel führt er alle Charaktere noch einmal schnell ein und bereitet gleichzeitig die Bedrohung vor, im Mittelteil lässt er die Helden sich aneinander annähern und im Ende müssen sie zusammenarbeiten. Das funktioniert gut, vor allem deshalb, weil Whedon nichts überstürzt, aber auch immer Ergebnis-orientiert arbeitet. Man hat stets den Eindruck, in der Handlung voran zu kommen und einer Entwicklung zu folgen. Sehr schnell fällt Whedons Talent auf, in Dialogen kleinere Bemerkungen fallenzulassen, die erst nebensächlich wirken, aber später mehr Bedeutung kriegen, ohne dies zu offensichtlich zu gestalten. Überhaupt steckt in jedem Schlagabtausch sehr viel Inhalt, der meist nicht unbedingt nur mit der Handlung selbst, sondern auch mit den Charakteren oder Hintergründen zu tun haben kann und einem bei der ersten Sichtung entgeht. Es empfiehlt sich daher sehr, "The Avengers" ruhig ein zweites oder drittes Mal zu sehen, um auch die feinen und wohl überlegten kleineren Details vollends mitzubekommen.
In "The Avengers" kann Whedon dank der Vorgänger auf eine gigantische Besetzung zurückgreifen und weiß diese sehr gekonnt einzusetzen. Selbst kleinere Rollen sind mit Samuel L. Jackson, Stellan Skarsgård oder Gwyneth Paltrow hochkarätig besetzt. Für die Protagonisten im Fokus gilt, dass Whedon sie versucht, in der Tradition ihrer Solo-Einsätze zu zeigen. Sein Vorteil ist hierbei natürlich, dass er niemanden mehr einführen muss und die Charaktere alle bereits über einen detaillierten Hintergrund verfügen. So geht es schnell zur Sache und es ist ein großes Vergnügen, echten Könnern bei der Arbeit zuzusehen. Scarlett Johansson überzeugt so zum zweiten Mal als eiskalte Martial-Arts-Geheimagentin und Chris Hemsworth mimt erneut ohne Übertreibungen den überirdischen Donnergott Thor. Wirklich grandios sind die drei, die wohl auch (zu Recht) die meiste Screentime bekommen: der aus "Thor"-bekannte Loki wird von Tom Hiddleston erneut herrlich machiavellistisch als Bösewicht inszeniert und erfüllt angesichts der vielen Helden die Mammutaufgabe, als Bösewicht dennoch als Bedrohung zu erscheinen mit Bravour. Auf Heldenseite begeistert erneut Robert Downey Jr., der als Tony Stark wieder einmal alle Augen auf sich richtet und den Film oft beinahe zu einem dritten "Iron Man" Film werden lässt, so sehr richten sich die Blicke auf ihn. Edward Norton wiederholt seinen Auftritt als Bruce Banner nicht, stattdessen übernimmt Mark Ruffalo als genialer Wissenschaftler mit Monsterkomplex. Vermissen tut man Norton jedenfalls keine Sekunde, was alles über den grandiosen und nuancierten Auftritt Ruffalos aussagen sollte. Einzig Chris Evans als Captain America und Jeremy Renner als Bogenschütze Hawkeye bleiben blass, haben aber eigentlich auch nie sonderlich viel zu tun.
Wie bereits erwähnt: der Humor sitzt und die Wortgefechte zwischen der Gruppe sind exzellent geschrieben und gespielt. Besonders in den Passagen macht "The Avengers" richtig Spaß, wenn die Handlung sich um den MacGuffin aus "Captain America" dreht und die Charaktere, meist durch Clark Greggs Rolle, miteinander bekannt gemacht werden, sich verbal und physisch fetzen und sich dabei unterschiedliche Gruppen formen. Folglich ist die erste richtig große Actionszene nach 80 Minuten dann auch ein herrliches Chaos und setzt auf viele kurze, toll inszenierte Spannungsepisoden, in denen sich handgemachte Action mit CGI-Einlagen abwechseln. Schade, dass Whedon im dritten Akt der Film allerdings völlig entgleitet, bei dem Versuch, ein Actionhighlight zu markieren, das die fünf Vorgänger in den Schatten stellt. Die ewig lange Schlacht in New York gefällt zwar in ihrem Streben, jedem Helden seinen Höhepunkt zu widmen, ist aber insgesamt nur ein unendlich langes Zelebrieren einer Tötungsorgie von gesichtslosen Feinden. Der Humor wirkt hier zum ersten Mal aufgesetzt, viele Heldentaten ähneln sich unter einander zu sehr und mit dem Schielen auf ein jugendliches Publikum fehlt es leider bei aller Zerstörung an wirklichen zivilen Opfern und somit an echtem Drama. Für eine riesige Schlacht ist das Geschehen zu geleckt, zu geordnet, zu sauber und insgesamt viel zu brav. Schade, dass auch Hiddlestons Loki am Ende keinen ordentlichen Abgang bekommt, sondern nebenbei abgehandelt wird. Tony Starks finaler Moment ist dann wieder spannend und packend, kommt aber zu spät nach einem viel zu ermüdenden Ablauf immer gleicher Explosionen.
Fazit: Joss Whedon macht aus dem großen Marvel-Crossover den idealen Partyfilm und wahrscheinlich den Blockbuster des Jahres 2012. Der perfekte Film, um sich von coolen Typen 140 Minuten lang gepflegt unterhalten zu lassen. Die Sprüche sitzen, die Handlung ist auf simple Art effektiv, die Stimmung passt, die Darsteller sind grandios, die Ereignisse der Vorgänger werden gekonnt zusammengeführt und die Action kracht, wenn am Ende leider deutlich zu lange und zu sehr. Die erste Phase des Marvel Cinematic Universes ist damit abgeschlossen. Man darf daher gespannt sein, was in weiteren Teilen unterschiedlicher Reihen folgen wird.
Das ist es nun also. Nach jahrelanger Vorbereitung in Form der fünf Blockbuster "Iron Man", "Der unglaubliche Hulk", "Iron Man 2", "Thor" und "Captain America: The First Avenger" erscheint mit "Marvels The Avengers", wie immer unter dem wachsamen Auge des Produzenten Kevin Feige, das erste große Crossover dieses filmischen Comicuniversums mit Marvel-Helden im Fokus. Mit einem mehr als üppigen Budget ausgestattet, ließ man Joss Whedon auf dem Regiestuhl Platz nehmen und das Script schreiben, der bis dato eher im TV-Bereich bekannt war. Mit diesem Film macht er jedoch eindrucksvoll klar, dass er seine Stärken aus dem Fernsehen auch aufs Kino übertragen kann.
Besonders interessiert zeigt sich Whedon meist in gruppendynamischen Prozessen, ganz wichtig sind ihm aber auch schnelle, abwechslungsreiche und humorvolle Dialoge, die bei ihm eine ganz eigene Handschrift haben und die, weshalb er für diesen Film eine perfekte Besetzung ist, sich wunderbar mit dem Comicbackground der Avengers und den Figuren vertragen. Sein Ziel war hier, aus den Protagonisten der Solo-Filme eine Einheit zu formen, wofür er seinen Film bewusst dreiteilig gliedert. Im ersten Drittel führt er alle Charaktere noch einmal schnell ein und bereitet gleichzeitig die Bedrohung vor, im Mittelteil lässt er die Helden sich aneinander annähern und im Ende müssen sie zusammenarbeiten. Das funktioniert gut, vor allem deshalb, weil Whedon nichts überstürzt, aber auch immer Ergebnis-orientiert arbeitet. Man hat stets den Eindruck, in der Handlung voran zu kommen und einer Entwicklung zu folgen. Sehr schnell fällt Whedons Talent auf, in Dialogen kleinere Bemerkungen fallenzulassen, die erst nebensächlich wirken, aber später mehr Bedeutung kriegen, ohne dies zu offensichtlich zu gestalten. Überhaupt steckt in jedem Schlagabtausch sehr viel Inhalt, der meist nicht unbedingt nur mit der Handlung selbst, sondern auch mit den Charakteren oder Hintergründen zu tun haben kann und einem bei der ersten Sichtung entgeht. Es empfiehlt sich daher sehr, "The Avengers" ruhig ein zweites oder drittes Mal zu sehen, um auch die feinen und wohl überlegten kleineren Details vollends mitzubekommen.
In "The Avengers" kann Whedon dank der Vorgänger auf eine gigantische Besetzung zurückgreifen und weiß diese sehr gekonnt einzusetzen. Selbst kleinere Rollen sind mit Samuel L. Jackson, Stellan Skarsgård oder Gwyneth Paltrow hochkarätig besetzt. Für die Protagonisten im Fokus gilt, dass Whedon sie versucht, in der Tradition ihrer Solo-Einsätze zu zeigen. Sein Vorteil ist hierbei natürlich, dass er niemanden mehr einführen muss und die Charaktere alle bereits über einen detaillierten Hintergrund verfügen. So geht es schnell zur Sache und es ist ein großes Vergnügen, echten Könnern bei der Arbeit zuzusehen. Scarlett Johansson überzeugt so zum zweiten Mal als eiskalte Martial-Arts-Geheimagentin und Chris Hemsworth mimt erneut ohne Übertreibungen den überirdischen Donnergott Thor. Wirklich grandios sind die drei, die wohl auch (zu Recht) die meiste Screentime bekommen: der aus "Thor"-bekannte Loki wird von Tom Hiddleston erneut herrlich machiavellistisch als Bösewicht inszeniert und erfüllt angesichts der vielen Helden die Mammutaufgabe, als Bösewicht dennoch als Bedrohung zu erscheinen mit Bravour. Auf Heldenseite begeistert erneut Robert Downey Jr., der als Tony Stark wieder einmal alle Augen auf sich richtet und den Film oft beinahe zu einem dritten "Iron Man" Film werden lässt, so sehr richten sich die Blicke auf ihn. Edward Norton wiederholt seinen Auftritt als Bruce Banner nicht, stattdessen übernimmt Mark Ruffalo als genialer Wissenschaftler mit Monsterkomplex. Vermissen tut man Norton jedenfalls keine Sekunde, was alles über den grandiosen und nuancierten Auftritt Ruffalos aussagen sollte. Einzig Chris Evans als Captain America und Jeremy Renner als Bogenschütze Hawkeye bleiben blass, haben aber eigentlich auch nie sonderlich viel zu tun.
Wie bereits erwähnt: der Humor sitzt und die Wortgefechte zwischen der Gruppe sind exzellent geschrieben und gespielt. Besonders in den Passagen macht "The Avengers" richtig Spaß, wenn die Handlung sich um den MacGuffin aus "Captain America" dreht und die Charaktere, meist durch Clark Greggs Rolle, miteinander bekannt gemacht werden, sich verbal und physisch fetzen und sich dabei unterschiedliche Gruppen formen. Folglich ist die erste richtig große Actionszene nach 80 Minuten dann auch ein herrliches Chaos und setzt auf viele kurze, toll inszenierte Spannungsepisoden, in denen sich handgemachte Action mit CGI-Einlagen abwechseln. Schade, dass Whedon im dritten Akt der Film allerdings völlig entgleitet, bei dem Versuch, ein Actionhighlight zu markieren, das die fünf Vorgänger in den Schatten stellt. Die ewig lange Schlacht in New York gefällt zwar in ihrem Streben, jedem Helden seinen Höhepunkt zu widmen, ist aber insgesamt nur ein unendlich langes Zelebrieren einer Tötungsorgie von gesichtslosen Feinden. Der Humor wirkt hier zum ersten Mal aufgesetzt, viele Heldentaten ähneln sich unter einander zu sehr und mit dem Schielen auf ein jugendliches Publikum fehlt es leider bei aller Zerstörung an wirklichen zivilen Opfern und somit an echtem Drama. Für eine riesige Schlacht ist das Geschehen zu geleckt, zu geordnet, zu sauber und insgesamt viel zu brav. Schade, dass auch Hiddlestons Loki am Ende keinen ordentlichen Abgang bekommt, sondern nebenbei abgehandelt wird. Tony Starks finaler Moment ist dann wieder spannend und packend, kommt aber zu spät nach einem viel zu ermüdenden Ablauf immer gleicher Explosionen.
Fazit: Joss Whedon macht aus dem großen Marvel-Crossover den idealen Partyfilm und wahrscheinlich den Blockbuster des Jahres 2012. Der perfekte Film, um sich von coolen Typen 140 Minuten lang gepflegt unterhalten zu lassen. Die Sprüche sitzen, die Handlung ist auf simple Art effektiv, die Stimmung passt, die Darsteller sind grandios, die Ereignisse der Vorgänger werden gekonnt zusammengeführt und die Action kracht, wenn am Ende leider deutlich zu lange und zu sehr. Die erste Phase des Marvel Cinematic Universes ist damit abgeschlossen. Man darf daher gespannt sein, was in weiteren Teilen unterschiedlicher Reihen folgen wird.
Mayrathon - I
Der Schatz im Silbersee
Seine Reiseromane über den weisen Apachenhäuptling Winnetou erlangten schnell große Beliebtheit: Karl May, einer der berühmtesten deutschen Schriftsteller des Abenteuergenres, verstand es perfekt, den romantischen Hauch des wilden Westens in packende Geschichten einzubinden. 1962 waren die Bücher immer noch Bestseller und so wurden sie für den deutschen Film-Produzenten Horst Wendlandt interessant und er begann mit der Absicht, viele weitere Winnetou-Verfilmungen zu produzieren, mit der Arbeit an einem der bekanntesten Romane Mays. "Der Schatz im Silbersee" sollte das potenzielle Franchise begründen. Zwar erzählt eigentlich "Winnetou I" die Anfänge der Blutsbrüderschaft von Winnetou und dem Westmann Old Shatterhand, doch entschied man sich, den Zuschauern die beiden zuerst als Duo vorzustellen, bevor man später eventuell ihre Anfänge zeigen wollten. Das Ergebnis ist ein deutscher Western, der auch nach vielen Jahren nichts von seinem Esprit verloren hat.
Obwohl "Der Schatz im Silbersee" eben nicht die Anfangsgeschichte seiner Helden erzählt, gelingt es dem Regisseur Harald Reinl in einem wunderbar einfachen und kurzen Intro, die beiden Protagonisten sehr stimmig einzuführen. Im weiteren wird er davon profitieren, die beiden brillant besetzt zu haben. Lex Barker ist eine charismatische und agile Personalie, der es mit spielerischer Leichtigkeit gelingt, den berühmten Träger des legendären Henrystutzen (sein "Zaubergewehr") innerhalb weniger Minuten zum Sympathieträger zu machen. Der Franzose Pierre Brice bekommt als Winnetou zwar deutlich weniger Screentime als sein Kollege und spricht nur wenig Text, wird von Reinl aber so würdevoll in Szene gesetzt, dass seine Rolle etwas beinahe mythisches enthält und ganz ohne weitere Aktionen hervorragend seinen Teil zur Wirkung des Filmes herbeiträgt. Übrigens gelingt Reinl die Besetzung sämtlicher Nebencharaktere ähnlich passend. Besonders Ralf Wolter als kauziger Sam Hawkins und Eddi Arent als Lord Castlepool, deren Aufgabe es ist, für die humorvollen Momente der Handlung zu sorgen, sind eine enorm bereichernde Auflockerung, denn obwohl es auf die beiden bezogen immer wieder zu Slapstick-Momenten kommt, sind gerade diese es, die es dem Zuschauer erleichtern, die stark idealisierte Geschichte Mays schnell zu akzeptieren und die überromantisierten Bilder des Westens bekommen beinahe eine Aura der Selbstironie verliehen.
Die Geschichte selbst ist mittlerweile wohl jedem bekannt, hat keine großen Überraschungen und wird sicher etwas zu lang erzählt. Den Vorwurf sollte sich Reinl durchaus gefallen lassen, denn wo er in der ersten Hälfte seines 106 Minuten langen Abenteuers noch die Handlung stetig auf ein konkretes Ziel hinfokussiert und die Ereignisse mit dem großen Angriff auf die Farm der Pattersons einen waschechten Actionhöhepunkt bekommen, dem man die aufwenigen Choreographien anmerkt und der sich vor vergleichbaren amerikanischen Filmen keinesfalls zu verstecken braucht, verliert die wirkliche Reise zum Silbersee in der zweiten Hälfte etwas diesen dichten Aufbau, weil man merkt, wie die Handlung durch die Einbeziehung der feindlichen Utahs merklich gestreckt wird. Zwar sind die Episoden und besonders der Kampf zwischen Shatterhand und dem Häuptling Großer Wolf spannend und atmosphärisch, lassen aber leider auch die Kerngeschichte etwas in den Hintergrund rücken. Und wenn dann später die Utahs sogar noch ein zweites Mal für eine zusätzliche Streckung verwendet werden, schaut man schon einmal auf die Uhr. Das hängt aber auch damit zusammen, dass eine echte Identifikationsperson, in diesem Fall der junge Fred Engel, toll verkörpert vom jungen Götz George, der in der ersten Stunde noch sehr aktiv und in die Geschehnisse einbezogen ist, im späteren Verlauf immer passiver wird und man teilweise glaubt, er sei von der Regie ein wenig vergessen worden.
Was jedoch konstant ganz stark ist, ist die Einbindung Jugoslawiens, welches hier die Vereinigten Staaten doubelt. Die Landschaftsaufnahmen Reinls sind prächtig und großzügig opulent eingefangen, ohne sich jemals zu sehr aufzudrängen. Ob nun die weiten Felder, die weißen Felsen oder das klare Wasser des Silbersees, die Regie beweist an allen Orten ein gutes Auge für schöne Einstellungen und elegante Kamerafahrten. Noch imposanter ist nur die Musik von Martin Böttcher. Das legendäre Thema ist ohnehin genial und kann heutzutage jedes Kind summen, aber auch so ist es besonders seine Arbeit, die den Film enorm aufwertet und gerade in den, wie bereits erwähnt, zu langen und zu langatmigen Mittelteil hin und wieder etwas Würze hineinbringt. Eine letzte Erwähnung gilt Herbert Lom als gierigem Colonel Brinkley, der wirkt, als habe man ihn direkt von einem Italo-Western-Dreh aus nach Jugoslawien einfliegen lassen. Er darf zwar nur den stereotypen Widersacher spielen, tut dies aber mit einer Aura der Gewissenlosigkeit, die ihn als Bösewicht sofort qualifiziert. Schade ist, dass seine Rolle wie die von George viel zu passiv ist und er ebenfalls in dem ewig gestreckten Utah-Part der Geschichte in Vergessenheit gerät. Sein Abgang ist allerdings erinnerungswürdig, wenn man sich vielleicht auch eher gewünscht hätte, die Abrechnung mit dem Schurken direkter durch Einfluss der Helden zu erfahren. Aber sei es drum, die bestehende Szene ist auch eine nette Idee und thematisch absolut passend.
Fazit: Die Action, besonders der ganz große Actionmoment zur Mitte des Filmes, ist wirklich beeindruckend und die Besetzung durchweg stark. Von der Geschichte des ersten Karl-May-Leinwand-Abenteuers, dass sich allerdings dann doch nur selten an die Romanvorlage hält, kann man das nicht unbedingt behaupten, dazu ist der Film ungefähr zwanzig Minuten zu lang. Dafür begeistern die Musik Böttchers, die tiefen Einblicke in die Natur Jugoslawiens und der lockere Humor, der sich auch traut, ruhig mal ein wenig ungezügelt auf Albernheiten zu setzen, die sich erstaunlich gut integrieren. Bei all dem spricht durchaus auch ein wenig Verklärung aus dem Zuschauer, denn "Der Schatz im Silbersee" ist sicherlich ein guter deutscher Western, dem es jedoch oft am sehr gutem oder grandiosem fehlt, dass ihn zu mehr gemacht hätte. Ein verheißungsvoller Beginn war und ist er jedoch allemal.
Seine Reiseromane über den weisen Apachenhäuptling Winnetou erlangten schnell große Beliebtheit: Karl May, einer der berühmtesten deutschen Schriftsteller des Abenteuergenres, verstand es perfekt, den romantischen Hauch des wilden Westens in packende Geschichten einzubinden. 1962 waren die Bücher immer noch Bestseller und so wurden sie für den deutschen Film-Produzenten Horst Wendlandt interessant und er begann mit der Absicht, viele weitere Winnetou-Verfilmungen zu produzieren, mit der Arbeit an einem der bekanntesten Romane Mays. "Der Schatz im Silbersee" sollte das potenzielle Franchise begründen. Zwar erzählt eigentlich "Winnetou I" die Anfänge der Blutsbrüderschaft von Winnetou und dem Westmann Old Shatterhand, doch entschied man sich, den Zuschauern die beiden zuerst als Duo vorzustellen, bevor man später eventuell ihre Anfänge zeigen wollten. Das Ergebnis ist ein deutscher Western, der auch nach vielen Jahren nichts von seinem Esprit verloren hat.
Obwohl "Der Schatz im Silbersee" eben nicht die Anfangsgeschichte seiner Helden erzählt, gelingt es dem Regisseur Harald Reinl in einem wunderbar einfachen und kurzen Intro, die beiden Protagonisten sehr stimmig einzuführen. Im weiteren wird er davon profitieren, die beiden brillant besetzt zu haben. Lex Barker ist eine charismatische und agile Personalie, der es mit spielerischer Leichtigkeit gelingt, den berühmten Träger des legendären Henrystutzen (sein "Zaubergewehr") innerhalb weniger Minuten zum Sympathieträger zu machen. Der Franzose Pierre Brice bekommt als Winnetou zwar deutlich weniger Screentime als sein Kollege und spricht nur wenig Text, wird von Reinl aber so würdevoll in Szene gesetzt, dass seine Rolle etwas beinahe mythisches enthält und ganz ohne weitere Aktionen hervorragend seinen Teil zur Wirkung des Filmes herbeiträgt. Übrigens gelingt Reinl die Besetzung sämtlicher Nebencharaktere ähnlich passend. Besonders Ralf Wolter als kauziger Sam Hawkins und Eddi Arent als Lord Castlepool, deren Aufgabe es ist, für die humorvollen Momente der Handlung zu sorgen, sind eine enorm bereichernde Auflockerung, denn obwohl es auf die beiden bezogen immer wieder zu Slapstick-Momenten kommt, sind gerade diese es, die es dem Zuschauer erleichtern, die stark idealisierte Geschichte Mays schnell zu akzeptieren und die überromantisierten Bilder des Westens bekommen beinahe eine Aura der Selbstironie verliehen.
Die Geschichte selbst ist mittlerweile wohl jedem bekannt, hat keine großen Überraschungen und wird sicher etwas zu lang erzählt. Den Vorwurf sollte sich Reinl durchaus gefallen lassen, denn wo er in der ersten Hälfte seines 106 Minuten langen Abenteuers noch die Handlung stetig auf ein konkretes Ziel hinfokussiert und die Ereignisse mit dem großen Angriff auf die Farm der Pattersons einen waschechten Actionhöhepunkt bekommen, dem man die aufwenigen Choreographien anmerkt und der sich vor vergleichbaren amerikanischen Filmen keinesfalls zu verstecken braucht, verliert die wirkliche Reise zum Silbersee in der zweiten Hälfte etwas diesen dichten Aufbau, weil man merkt, wie die Handlung durch die Einbeziehung der feindlichen Utahs merklich gestreckt wird. Zwar sind die Episoden und besonders der Kampf zwischen Shatterhand und dem Häuptling Großer Wolf spannend und atmosphärisch, lassen aber leider auch die Kerngeschichte etwas in den Hintergrund rücken. Und wenn dann später die Utahs sogar noch ein zweites Mal für eine zusätzliche Streckung verwendet werden, schaut man schon einmal auf die Uhr. Das hängt aber auch damit zusammen, dass eine echte Identifikationsperson, in diesem Fall der junge Fred Engel, toll verkörpert vom jungen Götz George, der in der ersten Stunde noch sehr aktiv und in die Geschehnisse einbezogen ist, im späteren Verlauf immer passiver wird und man teilweise glaubt, er sei von der Regie ein wenig vergessen worden.
Was jedoch konstant ganz stark ist, ist die Einbindung Jugoslawiens, welches hier die Vereinigten Staaten doubelt. Die Landschaftsaufnahmen Reinls sind prächtig und großzügig opulent eingefangen, ohne sich jemals zu sehr aufzudrängen. Ob nun die weiten Felder, die weißen Felsen oder das klare Wasser des Silbersees, die Regie beweist an allen Orten ein gutes Auge für schöne Einstellungen und elegante Kamerafahrten. Noch imposanter ist nur die Musik von Martin Böttcher. Das legendäre Thema ist ohnehin genial und kann heutzutage jedes Kind summen, aber auch so ist es besonders seine Arbeit, die den Film enorm aufwertet und gerade in den, wie bereits erwähnt, zu langen und zu langatmigen Mittelteil hin und wieder etwas Würze hineinbringt. Eine letzte Erwähnung gilt Herbert Lom als gierigem Colonel Brinkley, der wirkt, als habe man ihn direkt von einem Italo-Western-Dreh aus nach Jugoslawien einfliegen lassen. Er darf zwar nur den stereotypen Widersacher spielen, tut dies aber mit einer Aura der Gewissenlosigkeit, die ihn als Bösewicht sofort qualifiziert. Schade ist, dass seine Rolle wie die von George viel zu passiv ist und er ebenfalls in dem ewig gestreckten Utah-Part der Geschichte in Vergessenheit gerät. Sein Abgang ist allerdings erinnerungswürdig, wenn man sich vielleicht auch eher gewünscht hätte, die Abrechnung mit dem Schurken direkter durch Einfluss der Helden zu erfahren. Aber sei es drum, die bestehende Szene ist auch eine nette Idee und thematisch absolut passend.
Fazit: Die Action, besonders der ganz große Actionmoment zur Mitte des Filmes, ist wirklich beeindruckend und die Besetzung durchweg stark. Von der Geschichte des ersten Karl-May-Leinwand-Abenteuers, dass sich allerdings dann doch nur selten an die Romanvorlage hält, kann man das nicht unbedingt behaupten, dazu ist der Film ungefähr zwanzig Minuten zu lang. Dafür begeistern die Musik Böttchers, die tiefen Einblicke in die Natur Jugoslawiens und der lockere Humor, der sich auch traut, ruhig mal ein wenig ungezügelt auf Albernheiten zu setzen, die sich erstaunlich gut integrieren. Bei all dem spricht durchaus auch ein wenig Verklärung aus dem Zuschauer, denn "Der Schatz im Silbersee" ist sicherlich ein guter deutscher Western, dem es jedoch oft am sehr gutem oder grandiosem fehlt, dass ihn zu mehr gemacht hätte. Ein verheißungsvoller Beginn war und ist er jedoch allemal.
Don't laugh, I'm being cool.
Chappie
Im Jahre 2016 ist die Korruption und Brutalität auf den Straßen Johannesburgs soweit voran geschritten, dass Polizei-Roboter eingesetzt werden müssen, um den Verbrechern Einhalt zu gebieten. Was wie eine düstere Zukunftvision eines modernen George Orwells klingt, ist in Wahrheit die Ausgangssituation des Sci-Fi-Thrillers "Chappie" von Regisseur Neill Blomkamp. Dieser wurde eigentlich für seinen dokumentationsartigen Look bekannt, erzählt "Chappie" allerdings durchgehend in der üblichen Hollywood-Hochglanzoptik, sofern man angesichts der Zustände in Johannesburg von "Hochglanz" sprechen kann. Die Coming of Age Handlung über einen Roboter, der zwischen Moral und Gangstermilieu hin und her gerissen ist und die zusätzliche Thematik über künstliche Intelligenz und dem Fortbestehen des Bewusstseins nach dem Tod machen dabei auf den ersten Blick einiges her, dennoch verlässt man "Chappie" leider trotzdem mit einem ziemlichen faden Beigeschmack.
Inszenatorisch macht Blomkamp eigentlich gar nicht so viel verkehrt. Die Handlung ist angenehm aufgebaut und erfreulicherweise überraschend rasch und schnell eingeleitet, ohne den Zuschauer aber zu sehr an die Hand zu nehmen. Die erste halbe Stunde gestaltet sich zwar etwas wacklig, da einiges an Vorbereitung für das Publikum noch keinen erkennbaren Zweck erfüllt, doch wenn dann alle Charaktere in Position gebracht sind und der titelgebende Chappie auftaucht, dann ist der Film voll in seinem Element. Chappie selbst wird durch das Motion-Capture-Verfahren von Sharlto Copley verkörpert und das funktioniert, weil die Effekte doch wirklich grandios aussehen und so die Interaktion mit den Darstellern funktionieren. Die wesentlichen Protagonisten sind im Mittelteil die Mitglieder der Rap-Band Die Antwoord, hier Watkin Tudor Jones, Jose Pablo Cantillo und Yolandi Visser, welche knallharte Gangster überzeugend porträtieren und Chappie in ihre Kreise ziehen. Das führt zu mehr als nur amüsanten Momenten (das Durchführen mehrerer Grand Theft Autos oder das Üben von Beschimpfungen) und die Beziehung der Gangster zu Chappie, die mehr und mehr durch ihn gezwungen werden, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen und einem so immer weiter ans Herz wachsen, ist das Herzstück des Filmes.
Genauso ist auch Chappie toll anzusehen, wenn er anfangs in der Kindesphase einem scheuen Reh ähnelt und später als "Jugendlicher" die prolligen möchtegern-coolen Verhaltensweisen seiner Bezugspersonen nachäfft. Nein, der Gangster-Teil des Filmes ist ein großer Spaß und lässt dennoch immer leichte gesellschaftskritische Züge erkennen, was das ganze sogar noch um eine Ecke raffinierter macht. Zusammen mit der staubigen Atmosphäre Johannesburgs und dem tollen und für ihn sehr ungewöhnlichen, aber absolut druckvollen Soundtrack von Hans Zimmer hätte das für einen guten Film gereicht. Leider gibt es da aber noch die andere Seite des Filmes, rund um Chappies Entwickler Deon. Und Deon-Darsteller Dev Patel hat leider erschreckend wenig Leinwandpräsenz, muss aber der Geschichte wegen immer wieder in den Gangster-Plot eingreifen und die moralisch vertretbare Seite spielen. Dass eine solche Figur von Nöten ist, sollte klar sein, doch sein Verhältnis zu Chappie ist zu schnell aufgebaut, zu schnell wieder zerstört und die beiden teilen sich (weil Blomkamp den Film eben auf die Macho-Gangster fokussiert) auch zu wenig Szenen, damit man ihnen die tiefe Verbundenheit abkaufen kann.
Dennoch ist "Chappie" in den ersten neunzig Minuten gute und unterhaltsame Sci-Fi-Kost. Leider ist die letzte halbe Stunde ziemlich misslungen. Das beginnt damit, dass der bereits vorher unnötige Nebenpart über "X-Men"-Star Hugh Jackman, bei dem man bereits nach wenigen Minuten weiß, worauf alles hinauslaufen wird, tatsächlich genau so verläuft, wie man es erwartet, was in einem leider mehr als seelenlosen und konventionell gemachten Actionfinale endet, dass man so schon hundert Mal gesehen hat und das in der Form niemanden mehr vom Hocker reißen wird (auch wenn Jackman sichtlich Spaß am fies sein hat). Ganz übel ist, wie ein vorher sich als effizienter Regisseur erwiesener Mann wie Blomkamp hier plötzlich auf übelsten Kitsch zurückgreifen muss und damit beinahe ungewolltes Lachen im Kinosaal aufkommen lässt. Zwar ist man durch die Bindung an die Figuren weiterhin in das Geschehen involviert und handwerklich ist besonders die Kameraführung zu loben, doch über die eindeutige Einfallslosigkeit der Geschichte kann das nicht hinwegtäuschen. Noch peinlicher ist aber, was "Chappie" sich nach dem Showdown erlaubt. Blomkamp bemüht sich zwar, das Thema "Bewusstsein" und "Verbleib der Seele" einen vernünftigen Abschluss zu geben, verliert sich aber in einer Mischung aus esoterischem Blödsinn und absurder Rührseligkeit. Mit einem persönlicheren und mutigeren Finale wäre hier viel mehr drin gewesen.
Fazit: Ein wenig zeigt Blomkamp mit "Chappie" ziemlich genau auf, wie schnell aus dem Eindruck eines passablen und unterhaltsamen Filmes der eines missratenen werden kann, wenn man den Zuschauer mit dem falschen Gefühl entlässt. Deswegen muss man bei der Bewertung am Ende auch etwas differenzieren. Denn die ersten drei Viertel des Abenteuers sind überzeugend, witzig und machen Spaß, weil sie einerseits durch die interessante Dynamik zwischen den Hauptcharakteren und andererseits durch die mal etwas anders erzählte Version der üblichen Coming-of-Age-Storys einen angenehmen Schwung haben, dem Blomkamps schnelles Erzähltempo und Zimmers abgedrehte Musik zu Gute kommen. Doch das Ende ist nun mal ein Dämpfer und zwar ein ganz gewaltiger. Und ob seiner gravierenden Auswirkungen auf die letztendliche Stimmung des Filmes ein ungemein gewichtiger. Natürlich sollen die letzten fünfundzwanzig Minuten nicht die vorherigen anderthalb Stunden völlig unvergessen machen, doch angesichts der puren Einfallslosigkeit und geballten Unkreativität, mit der das zudem auch noch wenig intelligente Finale aufwartet, geht man schon leicht verärgert aus dem Kino. Und wenn man das Kino mit einer Stimmung nicht verlassen will, dann mit Ärger.
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Im Jahre 2016 ist die Korruption und Brutalität auf den Straßen Johannesburgs soweit voran geschritten, dass Polizei-Roboter eingesetzt werden müssen, um den Verbrechern Einhalt zu gebieten. Was wie eine düstere Zukunftvision eines modernen George Orwells klingt, ist in Wahrheit die Ausgangssituation des Sci-Fi-Thrillers "Chappie" von Regisseur Neill Blomkamp. Dieser wurde eigentlich für seinen dokumentationsartigen Look bekannt, erzählt "Chappie" allerdings durchgehend in der üblichen Hollywood-Hochglanzoptik, sofern man angesichts der Zustände in Johannesburg von "Hochglanz" sprechen kann. Die Coming of Age Handlung über einen Roboter, der zwischen Moral und Gangstermilieu hin und her gerissen ist und die zusätzliche Thematik über künstliche Intelligenz und dem Fortbestehen des Bewusstseins nach dem Tod machen dabei auf den ersten Blick einiges her, dennoch verlässt man "Chappie" leider trotzdem mit einem ziemlichen faden Beigeschmack.
Inszenatorisch macht Blomkamp eigentlich gar nicht so viel verkehrt. Die Handlung ist angenehm aufgebaut und erfreulicherweise überraschend rasch und schnell eingeleitet, ohne den Zuschauer aber zu sehr an die Hand zu nehmen. Die erste halbe Stunde gestaltet sich zwar etwas wacklig, da einiges an Vorbereitung für das Publikum noch keinen erkennbaren Zweck erfüllt, doch wenn dann alle Charaktere in Position gebracht sind und der titelgebende Chappie auftaucht, dann ist der Film voll in seinem Element. Chappie selbst wird durch das Motion-Capture-Verfahren von Sharlto Copley verkörpert und das funktioniert, weil die Effekte doch wirklich grandios aussehen und so die Interaktion mit den Darstellern funktionieren. Die wesentlichen Protagonisten sind im Mittelteil die Mitglieder der Rap-Band Die Antwoord, hier Watkin Tudor Jones, Jose Pablo Cantillo und Yolandi Visser, welche knallharte Gangster überzeugend porträtieren und Chappie in ihre Kreise ziehen. Das führt zu mehr als nur amüsanten Momenten (das Durchführen mehrerer Grand Theft Autos oder das Üben von Beschimpfungen) und die Beziehung der Gangster zu Chappie, die mehr und mehr durch ihn gezwungen werden, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen und einem so immer weiter ans Herz wachsen, ist das Herzstück des Filmes.
Genauso ist auch Chappie toll anzusehen, wenn er anfangs in der Kindesphase einem scheuen Reh ähnelt und später als "Jugendlicher" die prolligen möchtegern-coolen Verhaltensweisen seiner Bezugspersonen nachäfft. Nein, der Gangster-Teil des Filmes ist ein großer Spaß und lässt dennoch immer leichte gesellschaftskritische Züge erkennen, was das ganze sogar noch um eine Ecke raffinierter macht. Zusammen mit der staubigen Atmosphäre Johannesburgs und dem tollen und für ihn sehr ungewöhnlichen, aber absolut druckvollen Soundtrack von Hans Zimmer hätte das für einen guten Film gereicht. Leider gibt es da aber noch die andere Seite des Filmes, rund um Chappies Entwickler Deon. Und Deon-Darsteller Dev Patel hat leider erschreckend wenig Leinwandpräsenz, muss aber der Geschichte wegen immer wieder in den Gangster-Plot eingreifen und die moralisch vertretbare Seite spielen. Dass eine solche Figur von Nöten ist, sollte klar sein, doch sein Verhältnis zu Chappie ist zu schnell aufgebaut, zu schnell wieder zerstört und die beiden teilen sich (weil Blomkamp den Film eben auf die Macho-Gangster fokussiert) auch zu wenig Szenen, damit man ihnen die tiefe Verbundenheit abkaufen kann.
Dennoch ist "Chappie" in den ersten neunzig Minuten gute und unterhaltsame Sci-Fi-Kost. Leider ist die letzte halbe Stunde ziemlich misslungen. Das beginnt damit, dass der bereits vorher unnötige Nebenpart über "X-Men"-Star Hugh Jackman, bei dem man bereits nach wenigen Minuten weiß, worauf alles hinauslaufen wird, tatsächlich genau so verläuft, wie man es erwartet, was in einem leider mehr als seelenlosen und konventionell gemachten Actionfinale endet, dass man so schon hundert Mal gesehen hat und das in der Form niemanden mehr vom Hocker reißen wird (auch wenn Jackman sichtlich Spaß am fies sein hat). Ganz übel ist, wie ein vorher sich als effizienter Regisseur erwiesener Mann wie Blomkamp hier plötzlich auf übelsten Kitsch zurückgreifen muss und damit beinahe ungewolltes Lachen im Kinosaal aufkommen lässt. Zwar ist man durch die Bindung an die Figuren weiterhin in das Geschehen involviert und handwerklich ist besonders die Kameraführung zu loben, doch über die eindeutige Einfallslosigkeit der Geschichte kann das nicht hinwegtäuschen. Noch peinlicher ist aber, was "Chappie" sich nach dem Showdown erlaubt. Blomkamp bemüht sich zwar, das Thema "Bewusstsein" und "Verbleib der Seele" einen vernünftigen Abschluss zu geben, verliert sich aber in einer Mischung aus esoterischem Blödsinn und absurder Rührseligkeit. Mit einem persönlicheren und mutigeren Finale wäre hier viel mehr drin gewesen.
Fazit: Ein wenig zeigt Blomkamp mit "Chappie" ziemlich genau auf, wie schnell aus dem Eindruck eines passablen und unterhaltsamen Filmes der eines missratenen werden kann, wenn man den Zuschauer mit dem falschen Gefühl entlässt. Deswegen muss man bei der Bewertung am Ende auch etwas differenzieren. Denn die ersten drei Viertel des Abenteuers sind überzeugend, witzig und machen Spaß, weil sie einerseits durch die interessante Dynamik zwischen den Hauptcharakteren und andererseits durch die mal etwas anders erzählte Version der üblichen Coming-of-Age-Storys einen angenehmen Schwung haben, dem Blomkamps schnelles Erzähltempo und Zimmers abgedrehte Musik zu Gute kommen. Doch das Ende ist nun mal ein Dämpfer und zwar ein ganz gewaltiger. Und ob seiner gravierenden Auswirkungen auf die letztendliche Stimmung des Filmes ein ungemein gewichtiger. Natürlich sollen die letzten fünfundzwanzig Minuten nicht die vorherigen anderthalb Stunden völlig unvergessen machen, doch angesichts der puren Einfallslosigkeit und geballten Unkreativität, mit der das zudem auch noch wenig intelligente Finale aufwartet, geht man schon leicht verärgert aus dem Kino. Und wenn man das Kino mit einer Stimmung nicht verlassen will, dann mit Ärger.
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Mayrathon - II
Winnetou I
Glauben zahlt sich offenbar manchmal aus. Nach dem 1962 "Der Schatz im Silbersee", die erste Karl-May-Verfilmung unter der Leitung von Produzent Horst Wendtlandt, tatsächlich den erhofften Erfolg brachte, kam bereits ein Jahr später das nächste Spektakel ins Kino, welches den deutschen Westmann Old Shatterhand und den Apachenhäuptling Winnetou in den Vordergrund stellt. "Häuptling" hier allerdings in Anführungszeichen, denn nach dem die Paarung der beiden sich am Silbersee als erfolgreich bewiesen hatte, wagte man sich nun, die Anfänge des Duos zu beleuchten und in Form eines Prequels ihr erstes Aufeinandertreffen zu zeigen, bei dem Winnetou noch der Sohn des Häuptlings ist und sich seine späteren Moralvorstellungen noch in der Entwicklung befinden. Auf dem Weg dorthin fliegen wie im Vorgänger die Fäuste, wiehern die Pferde und rauchen die Gewehre, vor prächtiger Naturkulisse im alten Jugoslawien.
So ganz genau nimmt es "Winnetou I" zwar nicht unbedingt mit der Mayschen Vorlage, orientiert sich aber stärker als der Silbersee-Schatz an den Romanen. Eine gute und richtige Entscheidung, schließlich bietet die Handlung alles, was das Westernherz erfreut: große Actionmomente, spannende Szenarien, eine episch-breite Geschichte und viele Emotionen. Und Harald Reinl, der wieder auf dem Regiestuhl Platz nahm, gibt sich sichtlich Mühe, dies auch genauso einzufangen. Oft gelingt ihm das wunderbar, so ganz leugnen lässt sich aber in all den Szenen dennoch nicht, dass Reinl zwar ein guter, aber kein grandioser Regisseur war. Gerade in Punkto "Emotionen" und "Humor" lässt er einiges liegen. Nicht, das Ralf Wolter als Sam Hawkins nicht immer noch ein Brüller wäre. Aber seine "Freundin" Vollmond, gespielt von Ana Kranjcec, kann in der Form nur als schlechter Scherz gemeint gewesen sein. Noch schlimmer sind nur die Slapstick-Szenen mit Chris Howland als Fotografen, der mit der Handlung nichts zu tun hat und immer wieder kurze Sketche spendiert bekommt, die den Charme und Witz eines Eddi Arents aus dem Vorgänger völlig vermissen lassen und schnell eher nerven, als unterhalten. Andere kleine Nebencharaktere, denen Reinl sichtlich versucht, ein Innenleben zu verleihen, wie der Kellnerin Belle oder dem Gangster Bullock, bleiben unauffällig, weil Reinl es nicht schafft, den Zuschauer an diese Leute zu binden und sie nur im Schatten der vier bis fünf zentralen Charaktere stehen dürfen.
Dafür zeigt er seine technische Versiertheit in den Actionszenen, die ihm allesamt gelungen sind. Der anfängliche Indianerangriff auf den Track oder die große Schlacht im Eisenbahn-Camp sind toll in Szene gesetzt und temporeich inszeniert und brauchen sich vor ähnlichen Produktionen der damaligen Zeit keinesfalls zu verstecken. Dass Jugoslawien im Übrigen nur mit viel Mühe und Not an den wilden Westen erinnert, stört erneut gar nicht, weil es seinen ganz eigenen Charme hat und Reinl seine Locations mit einer gewissen Prise Romantik einzufangen weiß. Ein wirkliches Highlight der Reihe stellt später die Glaubensprüfung da, die Old Shatterhand bestehen muss. Nicht nur, das dies wohl der spannendste Moment des Filmes ist, die Anspannung ist förmlich greifbar und die Musik von Martin Böttcher, die sich natürlich immer wieder besonders durch das berühmte Thema bemerkbar macht, treibt hier den Zuschauer zum Nägelkauen geradezu an. Überhaupt gefällt, wie es Reinl gelingt, den Film vom Rhythmus und Tempo her sehr gut auf diesen Höhepunkt zuzusteuern, da gibt es an all den kleinen Feinheiten nur sehr wenig zu meckern. Schade ist, das nach der Blutsbrüderschaft Winnetous und Shatterhands nur noch wenig folgt. Das Finale kann zwar mit ein paar "überraschenden" Todesfällen aufwarten, geht aber zu schnell und der Weg dahin wirkt doch etwas sehr arg konstruiert, was aber auch der ähnlichen Vorlage geschuldet ist.
Bei der Betrachtung der Besetzung stechen natürlich zuerst die alten Bekannten ins Auge: Lex Barker und Pierre Brice. Und die beiden passen eben wie die Faust aufs Auge in ihre Rollen. Gerade Brice scheint sich nach dem Vorgänger in seinem Indianerkostüm nun richtig wohlzufühlen und bringt die edle Rothaut genau richtig wirkend rüber. Barker als eigentlicher Protagonist der Geschichte liefert eine charismatische und engagierte Performance ab und überzeugt erneut in den Faustkämpfen mit der nötigen Sportlichkeit. Wirklich großartig ist die Leistung von Mario Adorf, der einen Bösewicht zum besten gibt, den man wirklich hassen kann. Zwar ist die Rolle, wie alle bei Karl May, idealisiert und eindimensional bis zum geht nicht mehr, was hier aber gerade hervorhebt, wie hassenswert sein Santer doch ist. Und auch Walter Barnes, der in einer kleinen Nebenrolle auftaucht, bleibt durch seine natürliche Ausstrahlung in Erinnerung, auch wenn man hier fairerweise sagen muss, dass es für ihn wenig zu spielen gibt. Abfallen tut die Besetzung leider auf Seite der Apachen. Mavid Popovi als Winnetous Vater Intschu-tschuna wirkt und tritt wie eine beliebige Randfigur auf, Klekih-petra-Darsteller Hrvoje Svob kommt nie so recht im Film an und wirkt etwas neben der Spur und die hübsche Französin Marie Versini als Schwester Winnetous Nscho-tschi leidet stark an ihrer deplatziert wirkenden Rolle und darunter, das Reinl nie die behauptete Beziehung zwischen ihr und Shatterhand spürbar macht. So wirkt sie leider mehr wie ein Mittel zum Zweck und weniger wie eine tatsächliche Person im Film.
Fazit: Auch bei ihrem zweiten Leinwandausflug überzeugt die kinderfreundliche Wild-West-Nummer "basierend auf Karl May" bei einer knackigen Länge von 100 Minuten mit schicken Naturaufnahmen, packenden Actionszenen, einer zweckorientierten, aber gelungen ausbalancierten Geschichte und einer größenteils spielsicheren Besetzung. Leider versäumt es Reinl, nach der Klimax einen passenden Ausgang zu inszenieren und strapaziert mit seinen fehlgeleiteten humoristischen Versuchen vorab ein wenig die Nerven des Zuschauers. Insgesamt stellt jedoch auch "Winnetou I" unter Beweis, das der deutsche Film in den 60er Jahren durchaus in der Lage war, einen, den konkurrierenden Amerikanern ebenbürtigen, Film vorzulegen, der spannend, aber auch absolut zeitlos ist.
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Glauben zahlt sich offenbar manchmal aus. Nach dem 1962 "Der Schatz im Silbersee", die erste Karl-May-Verfilmung unter der Leitung von Produzent Horst Wendtlandt, tatsächlich den erhofften Erfolg brachte, kam bereits ein Jahr später das nächste Spektakel ins Kino, welches den deutschen Westmann Old Shatterhand und den Apachenhäuptling Winnetou in den Vordergrund stellt. "Häuptling" hier allerdings in Anführungszeichen, denn nach dem die Paarung der beiden sich am Silbersee als erfolgreich bewiesen hatte, wagte man sich nun, die Anfänge des Duos zu beleuchten und in Form eines Prequels ihr erstes Aufeinandertreffen zu zeigen, bei dem Winnetou noch der Sohn des Häuptlings ist und sich seine späteren Moralvorstellungen noch in der Entwicklung befinden. Auf dem Weg dorthin fliegen wie im Vorgänger die Fäuste, wiehern die Pferde und rauchen die Gewehre, vor prächtiger Naturkulisse im alten Jugoslawien.
So ganz genau nimmt es "Winnetou I" zwar nicht unbedingt mit der Mayschen Vorlage, orientiert sich aber stärker als der Silbersee-Schatz an den Romanen. Eine gute und richtige Entscheidung, schließlich bietet die Handlung alles, was das Westernherz erfreut: große Actionmomente, spannende Szenarien, eine episch-breite Geschichte und viele Emotionen. Und Harald Reinl, der wieder auf dem Regiestuhl Platz nahm, gibt sich sichtlich Mühe, dies auch genauso einzufangen. Oft gelingt ihm das wunderbar, so ganz leugnen lässt sich aber in all den Szenen dennoch nicht, dass Reinl zwar ein guter, aber kein grandioser Regisseur war. Gerade in Punkto "Emotionen" und "Humor" lässt er einiges liegen. Nicht, das Ralf Wolter als Sam Hawkins nicht immer noch ein Brüller wäre. Aber seine "Freundin" Vollmond, gespielt von Ana Kranjcec, kann in der Form nur als schlechter Scherz gemeint gewesen sein. Noch schlimmer sind nur die Slapstick-Szenen mit Chris Howland als Fotografen, der mit der Handlung nichts zu tun hat und immer wieder kurze Sketche spendiert bekommt, die den Charme und Witz eines Eddi Arents aus dem Vorgänger völlig vermissen lassen und schnell eher nerven, als unterhalten. Andere kleine Nebencharaktere, denen Reinl sichtlich versucht, ein Innenleben zu verleihen, wie der Kellnerin Belle oder dem Gangster Bullock, bleiben unauffällig, weil Reinl es nicht schafft, den Zuschauer an diese Leute zu binden und sie nur im Schatten der vier bis fünf zentralen Charaktere stehen dürfen.
Dafür zeigt er seine technische Versiertheit in den Actionszenen, die ihm allesamt gelungen sind. Der anfängliche Indianerangriff auf den Track oder die große Schlacht im Eisenbahn-Camp sind toll in Szene gesetzt und temporeich inszeniert und brauchen sich vor ähnlichen Produktionen der damaligen Zeit keinesfalls zu verstecken. Dass Jugoslawien im Übrigen nur mit viel Mühe und Not an den wilden Westen erinnert, stört erneut gar nicht, weil es seinen ganz eigenen Charme hat und Reinl seine Locations mit einer gewissen Prise Romantik einzufangen weiß. Ein wirkliches Highlight der Reihe stellt später die Glaubensprüfung da, die Old Shatterhand bestehen muss. Nicht nur, das dies wohl der spannendste Moment des Filmes ist, die Anspannung ist förmlich greifbar und die Musik von Martin Böttcher, die sich natürlich immer wieder besonders durch das berühmte Thema bemerkbar macht, treibt hier den Zuschauer zum Nägelkauen geradezu an. Überhaupt gefällt, wie es Reinl gelingt, den Film vom Rhythmus und Tempo her sehr gut auf diesen Höhepunkt zuzusteuern, da gibt es an all den kleinen Feinheiten nur sehr wenig zu meckern. Schade ist, das nach der Blutsbrüderschaft Winnetous und Shatterhands nur noch wenig folgt. Das Finale kann zwar mit ein paar "überraschenden" Todesfällen aufwarten, geht aber zu schnell und der Weg dahin wirkt doch etwas sehr arg konstruiert, was aber auch der ähnlichen Vorlage geschuldet ist.
Bei der Betrachtung der Besetzung stechen natürlich zuerst die alten Bekannten ins Auge: Lex Barker und Pierre Brice. Und die beiden passen eben wie die Faust aufs Auge in ihre Rollen. Gerade Brice scheint sich nach dem Vorgänger in seinem Indianerkostüm nun richtig wohlzufühlen und bringt die edle Rothaut genau richtig wirkend rüber. Barker als eigentlicher Protagonist der Geschichte liefert eine charismatische und engagierte Performance ab und überzeugt erneut in den Faustkämpfen mit der nötigen Sportlichkeit. Wirklich großartig ist die Leistung von Mario Adorf, der einen Bösewicht zum besten gibt, den man wirklich hassen kann. Zwar ist die Rolle, wie alle bei Karl May, idealisiert und eindimensional bis zum geht nicht mehr, was hier aber gerade hervorhebt, wie hassenswert sein Santer doch ist. Und auch Walter Barnes, der in einer kleinen Nebenrolle auftaucht, bleibt durch seine natürliche Ausstrahlung in Erinnerung, auch wenn man hier fairerweise sagen muss, dass es für ihn wenig zu spielen gibt. Abfallen tut die Besetzung leider auf Seite der Apachen. Mavid Popovi als Winnetous Vater Intschu-tschuna wirkt und tritt wie eine beliebige Randfigur auf, Klekih-petra-Darsteller Hrvoje Svob kommt nie so recht im Film an und wirkt etwas neben der Spur und die hübsche Französin Marie Versini als Schwester Winnetous Nscho-tschi leidet stark an ihrer deplatziert wirkenden Rolle und darunter, das Reinl nie die behauptete Beziehung zwischen ihr und Shatterhand spürbar macht. So wirkt sie leider mehr wie ein Mittel zum Zweck und weniger wie eine tatsächliche Person im Film.
Fazit: Auch bei ihrem zweiten Leinwandausflug überzeugt die kinderfreundliche Wild-West-Nummer "basierend auf Karl May" bei einer knackigen Länge von 100 Minuten mit schicken Naturaufnahmen, packenden Actionszenen, einer zweckorientierten, aber gelungen ausbalancierten Geschichte und einer größenteils spielsicheren Besetzung. Leider versäumt es Reinl, nach der Klimax einen passenden Ausgang zu inszenieren und strapaziert mit seinen fehlgeleiteten humoristischen Versuchen vorab ein wenig die Nerven des Zuschauers. Insgesamt stellt jedoch auch "Winnetou I" unter Beweis, das der deutsche Film in den 60er Jahren durchaus in der Lage war, einen, den konkurrierenden Amerikanern ebenbürtigen, Film vorzulegen, der spannend, aber auch absolut zeitlos ist.
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