Filmtagebuch: deBohli

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Vince » 03.01.2022, 11:44

geht mir inzwischen auch wieder so, die goldene Ära der TV-Serien ist einfach vorbei, trotz der reduzierten Episodenanzahl wird jetzt wieder zu viel herumgeschwafelt.

Allerdings gibt es trotzdem noch mehr Serien, die mich interessieren, als ich schauen kann. Filme haben aber definitiv wieder Priorität.

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 04.01.2022, 09:41

Das empfinde ich ebenfalls als so - die Masse der Streaminganbieter hat der Kunstform keine guten Dienste getan.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von gelini71 » 04.01.2022, 16:28

Es gibt noch richtig gute Serien die aber in dem Wulst vom Schrott leider immer schwieriger zu finden sind. Gerade bei Netflix ist das richtig schlimm, weniger wäre wirklich mehr...
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 07.01.2022, 10:10

Das Jahr ist erst eine Woche alt und ich bin bereits wieder im Hintertreffen mit meinen Filmkommentaren. Legen wir los.

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The Faculty
BD / Regie: Robert Rodriguez
Ein Test: Hält «The Facutly» noch, was er mir damals als Teenager versprach? Mit all seinen jungen, hübschen Schauspieler:innen, dem Bodysnatchers-Revamp und Cover bekannter Rocksongs? Ja, auch 2022 macht der Film von Rodriguez mit all seinen energetischen Momenten, spritzigen Dialogen und identifizierbaren Fantasien viel Spass. Weiterhin wäre ich gerne mit Jordana Brewster im Wandschrank eingesperrt, oder würde mit diesem neumodischen Breakfast-Club die Schule retten.
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A Hidden Life
DVD / Regie: Terrence Malick
Passend zum Thema des Bauernlebens in Österreich wirkt «A Hidden Life» im Vergleich zu Malicks letzten Filmen geerdet. Die Geschichte ist kohärent erzählt, die Kamera kreist nur selten von allen Gesetzen losgelöst durch die Szenerie. Trotzdem wirkt die Produktion ätherisch und wunderschön, die Schrecken des zweiten Weltkriegs werden mit Humanität und Moral bekämpft. Berührend und bewegend.
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Behinderte Zukunft
BD / Regie: Wim Wenders
Der erste längere Film von Wim Wenders war eine dokumentarische Kollaboration über die Alltagssituationen von körperlich beeinträchtigten Menschen in der DDR der Siebzigerjahre. Ein kurzer Überblick mit Interviews, Siedlungsbesuch und dem Blick nach Amerika. Ein treffender Kommentar zur Lage, der ästhetisch zwar etwas altbacken wirkt, aber viele, bis heute wunde Punkte anspricht.
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The Cars That Ate Paris
BD / Regie: Peter Weir
In einem abgelegenen Teil von Australien versucht sich ein Dort mit provozierten Autounfällen das Überleben zu sichern. Die Bevölkerung wird vergrössert und der Warenfluss konstant gehalten. Ein satirischer Blick auf die vorherrschenden Zustände der damaligen Zeit. Weirs erste Regiearbeit. «The Cars That Ate Paris» ist ein interessanter, kleiner Film, der nicht nur «Mad Max» beeinflusst hat, sondern viel mehr Gewicht auf Zurückhaltung, Trostlosigkeit und Stille setzt, als auf die Action- und Krawallszenen.
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Tomorrow I’ll Wake Up and Scald Myself with Tea
BD / Regie: Jindrich Polák
Mit dem Film «Ikarie XB-1» beeinflusste Jindrich Polák das Science-Fiction-Kino auf der gesamten Welt, seine eigentliche Stärke, der humoristische Film, verband er später bei «Tomorrow I’ll Wake Up and Scald Myself with Tea» mit Zeitreisen und Satire. Es treffen in diesem Abenteuer der Siebzigerjahre nicht nur Touristen auf Hitler, sondern Zwillingsbrüder auf junggebliebene Nazis und eine gehörige Menge Klamauk. Ein kurioser Streifen, der immer wieder überrascht und am Schluss mit szenischen Wiederholungen entzückt.
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La fille inconnue
Streaming, Filmingo / Regie: Luc und Jean-Pierre Dardenne
Adèle Haenel, egal in welcher Rolle du in einem Film zu sehen bist, dein Spiel begeistert mich immer wieder von neuem. Zwar ist ihre zentrale Figur als Ärztin ein etwas flacher Charakter, «La fille inconnue» macht dies aber mit einem spannenden Plot und moralischen Fragen wett. Ohne unrealistisch zu werden, tastet sich den Film an einen Mordfall heran und wirbelt diverse Leben durcheinander.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Vince » 07.01.2022, 10:50

Ja, The Faculty hat wahrlich den Test der Zeit bestanden, hab ich kürzlich auch festgestellt (mit der gleichen Disc).

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 07.01.2022, 11:32

Da wünschte ich mir, es gäbe eine hübsche Edition mit Booklet und nettem Bonusmaterial.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 11.01.2022, 10:39

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Hiroshima Mon Amour
Streaming, Filmingo / Regie: Alain Resnais
Die Liebe zweier Menschen im Kontrast zu einem der grössten Verbrechen der Menschheit. Resnais grossartiger Film «Hiroshima Mon Amour» ist eine Abhandlung von intimen Gedanken und zugleich eine Untersuchung der globalen Schuldfrage. Genial geschnitten, stilsicher inszeniert und beeindruckend geschrieben, ein Drama, das zum Nachdenken anregt und Gewalt in jeder Form verteufelt.
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Feuerwerk am helllichten Tage
DVD / Regie: Yi'nan Diao
Ein Neo-Noir aus China, der mit schönen Bildern überzeugt, bei der Kriminalgeschichte um diverse Leichen und verschwundene Personen aber ab der Hälfte stellenweise mit dem Tempo kämpft. «Feuerwerk am helllichten Tage» weiss immer wieder zu überraschen und Yi'nan Diao zeigt die brutale Direktheit der chinesischen Kultur, reicht aber nicht ganz an seine Vorbilder heran.
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Annette
Kino / Regie: Leos Carax
Der Regisseur, die Band Sparks und alle Hauptdarsteller:innen tanzen zu Beginn des Filmes gemeinsam durch die Strassen. Ein Auftakt der klar macht, bei «Annette» ist alles möglich. Leos Carax hält sich in den 2.5 Stunden daran, dieses Musical ist eine Explosion an Ideen, emotionalen Schlägen und kurios-faszinierenden Momenten. Nach seinem letzten Film «Holy Motors» ist der französische Filmemacher wieder beim kohärenten Stoff angelangt und zaubert ein Feuerwerk auf die Leinwand, das vor den Kopf stösst, berührt, verwirrt und verzaubert.
Grenzen und Ebenen überschreitend, als Spiegel der heutigen Unterhaltungsindustrie, der fantastischen Liebesutopie und unseren Erwartungen. Was für ein Spektakel, was für Musik!
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Gagarine
Kino / Regie: Fanny Liatard, Jérémy Trouilh
Was sich zuerst als Sozialstudie über die Bewohner:innen des ehemaligen Wohnkomplexes Gagarine in Paris gibt, wird zu einem beeindruckend gefilmten Portrait über einen jungen, autistischen Mann, der mit seinem Zuhause nicht brechen will. Fanny Liatard und Jérémy Trouilh stellen die urbane Umgebung als Ort der Träume, Wünsche und Hoffnungen dar, ermöglichen ein Wiedersehen mit der wunderbaren Lyna Khoudri und berühren das Herz. Trotz des etwas gar überspitzten Endes.
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Symbiopsychotaxiplasm: Take One
BD / Regie: William Greaves
Was ist ein Film? Wie erhält man aus einer singulären Vision ein plurales Resultat? William Greaves ging Ende der Sechzigerjahre diesen Fragen mit seinem experimentellen Werk «Symbiopsychotaxiplasm: Take One» nach und liess bei der Produktion sein Team oft mit den offenen Fragen allein. Herausgekommen ist einer der besten Essays zum Thema Film, das kontrollierte Inszenierung und spontane Dokumentation mischt, die damalige Gegenkultur hochhält und an unseren Gewohnheiten rüttelt.
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Don’t Look Up
Streaming, Netflix / Regie: Adam McKay
Vielleicht besser doch nicht hinsehen? Mit seinem satirischen Hochglanzfilm «Don’t Look Up» zeigt Adam McKay die heutige Verfassung der Gesellschaft (besonders die Situation der USA) und lässt ein Staraufgebot gegen den drohenden Weltuntergang in Form eines Kometeneinschlags antreten. Das ist leider ein durchwachsenes Vergnügen trotz vieler guter Einfälle und lässt den Kopf wegen dem schrecklichen Schnitt rauchen. Da viele der Witze nicht zünden und sich die plumpe Grundlage nie clever entwickelt, kann ich keine Empfehlung aussprechen.
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Die große Ekstase des Bildschnitzers Steiner
BD / Regie: Werner Herzog
Das Skifliegen, eine gefährliche Disziplin im Wintersport, die in den Siebzigerjahren vom Schweizer Walter Steiner beherrscht wurde. Werner Herzog untersucht mit seiner kurzen Dokumentation «Die große Ekstase des Bildschnitzers Steiner» den Sport und die Psyche des Sportlers, wagt sarkastische Untertöne (wie etwa die Darstellung des Regisseurs als Sportreporter) und unterlegt Sprünge in Zeitlupenaufnahmen mit der schönen Musik von Popol Vuh. Spannend und berührend.
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Apocalypse Now Redux
DVD / Regie: Francis Ford Coppola
Lange hat es gedauert, jetzt endlich habe ich das Meisterwerk von Francis Ford Coppola gesehen. Da bereits so vieles über den Film geschrieben wurde, will ich dem Erlebnis «Apocalypse Now Redux» nicht mehr viel hinzufügen. Ein wichtiger Antikriegsfilm über das Debakel in Vietnam und zugleich eine freie Adaption des Romans «Herz der Finsternis» von Joseph Conrad. Ein Fiebertraum, ein erschütternder Marathon, ein wahnsinniges Unterfangen. Zwar in der «Redux»-Version stellenweise zu lange, aber essenziell. «The horror, the horror!»
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 14.01.2022, 13:06

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A Symphony Of Noise
Streaming, Norient Film Festival / Regie: Enrique Sánchez Lansch
Einatmen, ausatmen. Hinhören. Was umgibt uns? Welche Geräusche formen die Welt? Für den Künstler Matthew Herbert ist Musik nicht bloss die Wiedergabe von Noten und kompositorischen Gedanken, sondern das Dasein mit allen Facetten. Davon zeugt sein Oeuvre, das mit Werken wie «One Pig», der Brexit Big Band oder dem Buch «The Music: A Novel Through Sound» unglaublich vielseitig ist. Enrique Sánchez Lansch hat den Musiker für seinen Dokumentarfilm "A Symphony Of Noise zehn Jahre lang begleitet.
Das Resultat ist ein Einblick in die kreative und empathische Welt Herberts, in der jeder Gedanke zu einem neuen Projekt anwachsen kann – in der die Grenzen der Ordnung gesprengt werden. Politische Inhalte werden zu Sounds, Klänge und Geräusche zu einem Manifest. Fernab von den clubtauglichen Tracks der ersten Jahre in der Karriere. Der Versuch, die Menschheit dazu zu bringen, den Planeten mit neuen Ohren zu erlauschen, innezuhalten und zuzuhören, gelingt nicht nur bei den Arbeiten des Künstlers, sondern auch mit dem Film. Ein faszinierendes Portrait, das sich niemals auf die Person versteift, sondern eine intelligente Gesamt aufzuzeigen vermag.
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Here We Move Here We Groove
Streaming, Norient Film Festival / Regie: Sergej Kreso
Wer in den letzten 20 Jahren im Nachtleben unterwegs war hatte auf jeden Fall Kontakt mit Tanzmusik aus dem Balkan. Daran ist zu einem grossen Teil Robert Soko schuld, der nach seiner Flucht vor dem Jugoslawienkrieg in Berlin die Partyreihe «Balkan Beats» gründete und europaweit zu einem Grosserfolg führte. Die Dokumentation Here We Move Here We Groove von Sergej Kreso setzt später an, im Heute, bei der Suche nach dem europäischen Sound und einer hoffnungsvollen Zukunft für den Kontinent.
Das ist auf der einen Seite faszinierend und offenbart viele Ebenen und Facetten, verliert ab der Hälfte aber den Fokus und die Dringlichkeit. Der Film packt zu viel in die Laufzeit und verliert den Blick auf Soko, der eine sehr interessante Persönlichkeit ist. Es fehlt ein abschliessendes Fazit, trotz reflektierten Aussagen zum Thema Migration und Flucht. Das persönliche Schaffen wird zur universalen Handlung, leider nur ausgefranst dargestellt.
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Max Richter’s Sleep
Streaming, Norient Film Festival / Regie: Natalie Johns
Allen Besucher:innen des Norient Film Festival sei es herzlich empfohlen, Max Richter’s Sleep im Kino zu geniessen. Der Dokumentarfilm von Natalie Johns ist ein Werk zwischen Mystik und Realität, ein wundervoller, berührender und intimer Film. Nachdenklich und melancholisch stimmende Passagen wechseln sich mit purer Schönheit ab, die Open-Air-Aufführung des Albums in Los Angeles bildet den eindrücklichen Rahmen – angenehm ruhig bebildert.
Nicht nur wird das schier unmögliche Unterfangen des acht Stunden dauernden Konzertes aufgezeigt, sondern die Hintergründe zur Tour, zum Album «Sleep» und den wissenschaftlichen, psychologischen Gedanken erörtert. Max Richter und Produzentin Yulia Mahr bieten Einblicke in ihr privates Leben und das Dasein als Künstler:in, Sorgen und Probleme treffen auf den ewigen Zauber der Musik. Einiges bleibt bis zum Schluss in der Schwebe, das Herz wird dafür stark berührt und die Sehnsucht nach einem solchen Konzerterlebnis geweckt.
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Lima Grita
Streaming, Norient Film Festival / Regie: Dana Bonilla, Ximena Valdivia
Einem klassischen Narrativ folgt Lima Grita von Dana Bonilla und Ximena Valdivia nicht. Die Regisseurinnen zeigen mit ihrem Film ein szenisches Werk, das die peruanische Hauptstadt Lima aus der Sicht der experimentellen Musiker:innen des Untergrunds präsentiert. Soziopolitische Probleme werden den Sounds und Versuchen gegenübergestellt, Aufnahmen des Alltags treffen auf Momente der Nacht, auf Partys in Kellern und Wohnungen. Über allem die Jams, Konzerte und Improvisationen.
Man könnte zu Lima Grita sehr wohl in Gedanken abdriften, es lohnt sich aber, konzentriert dabeizubleiben. Zwar werden nur wenige Dialoge geboten und die Dokumentation bleibt angenehm rätselhaft, die einzelnen Momente fügen sich aber mit der Zeit zu einem spannenden Ganzen zusammen. Widerstand und Tradition, Schönheit und Wagnisse – eine Stadt im Wandel, eine Gesellschaft mit Mut und Sehnsucht.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 14.01.2022, 22:59

Die Booster-Impfung fesselte mich aufs Sofa, der Filmkonsum dankte.

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Le quatre cents coups
BD / Regie: François Truffaut
Truffaut beginnt, mit einem feinfühligen Film über die Schwierigkeiten der Kindheit. Missverstanden, unterdrückt und immer wieder den Launen der Erwachsenen ausgesetzt, Antoine erlebt schwierige Zeiten. «Le quatre cents coups» holt als Grundpfeiler der Nouvelle Vague trotzdem viel Lebenslust und Hoffnung aus der Geschichte, zugleich bleibt der Film immer realistisch und scheut sich nicht vor den schwierigen Momenten.
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Antoine et Colette
BD / Regie: François Truffaut
Zwar ist Antoine Doinel als Teenager selbstversorgend unterwegs, doch die Liebe stellt ihm ein Bein. Die Pubertät zu erleben, macht nicht nur Spass. Dafür setzt der Kurzfilm von François Truffaut die Lebensgeschichte der Figur interessant fort und lässt viele Szenen in kulturellen, ernsten Veranstaltungen spielen. Rebellion sah damals eindeutig anders aus als heute. Schade nur, weist die Tonspur der BluRay immer wieder Lücken und Fehler auf.
Stellenweise autobiografisch und ursprünglich Teil des Episodenfilmes «L'Amour à vingt ans».
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Grosse Pointe Blank
Streaming, Disney+ / Regie: George Armitage
Eine Rom-Com mit Auftragskillern in den Hauptrollen, ein Film vollgepackt mit absurden Situationen – ach ja, die Neunziger. Die Geschehnisse sind ohne Hinterfragung zu akzeptieren, sonst zerfällt alles in seine Einzelteile, das machte den Genuss nicht so einfach. «Grosse Pointe Blank» hat seinen Charme stellenweise beibehalten, besonders John Cusak und Minnie Driver retten viele Szenen, ein merkwürdiger Nachgeschmack bleibt trotzdem haften. Dafür kann Dan Aykroyd mehrfach durchdrehen.
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Symbiopsychotaxiplasm: Take 2 ½
BD / Regie: William Greaves
«Take One» ist ein Meisterwerk des analytischen Films, Doku und Fiktion zugleich. 2005 konnte William Greaves seinen Wunsch nach einer Fortsetzung endlich erfüllen und stolpert in die logischen Fallen: Die ehemalig herrschende Magie ist aus dem Projekt verschwunden, die Intention offengelegt, das Endprodukt fast ein Abklatsch. «Symbiopsychotaxiplasm: Take 2 ½» ist nicht weltbewegend, schafft es trotzdem, neue Facetten aus dem Ursprungsgedanken zu gewinnen. Besonders am Schluss, als neue Wendungen und Figuren eingeführt wurden, machte es bei mir doch noch «klick». Die Erzählung gewann die Überhand, die unendlichen Möglichkeiten der Zukunft wurden zum Antrieb.
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The Krays
BD / Regie: Peter Medak
Gangstergeschichten aus London begegnen mir selten, damit brüsten sich meist die Amerikaner. Peter Medak hat den teuflischen Brüdern, welche in den Fünfziger- und Sechzigerjahren zu grossem Wohlstand in der Unterwelt kamen, mit «The Krays» einen episodenhaft wirkenden Film gewidmet. Als Abkehr zum englischen «Kitchen Drama» umspannt die Geschichte praktisch das gesamte Leben der Brüder, scheut vor Brutalität nicht zurück und umfasst sogar die engen Familienmitglieder. Das ist spannend, aber verzettelt, die Brüder Gary und Martin Kemp (damals Musiker der Gruppe Spandau Ballett) machen ihre Sache sehr gut.
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Major Dundee
BD / Regie: Sam Peckinpah
(Extended Cut) Mit seinem epischen Western hat Sam Peckinpah einen Film geschaffen, der erst durch das nötige Hintergrundwissen zur Produktion und deren widrigen Umstände wirklich gross wird. «Major Dundee» ist ein bis heute zerschnittener Film, der ohne fertiges Drehbuch angegangen wurde und während der Produktion unzählige Konflikte aushalten musste. Das merkt man, dafür dient die Titelfigur als Spiegel für Hauptdarsteller Charton Heston und Peckinpah selbst. Egomanische Momente, extreme Brutalität, die Sinnlosigkeit von Rache und Gewalt, wundervolle Aufnahmen – faszinierend.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 16.01.2022, 09:48

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Fata Morgana
BD / Regie: Wim Wenders
Die Geburt der Welt, erzählt in Bildern, die niemals etwas Falsches darstellen wollen. Gleichzeitig ist «Fata Morgana» ein Versuch, Täuschungen einzufangen, mit Wörtern und Aufnahmen den Zuschauer:innen eine andere Realität vorzusetzen und reine Ehrlichkeit zu erschaffen. Werner Herzog als Poet des Unnahbaren, als humorvoller Beobachter und Meister der schräg schönen Aufnahmen. Ein meditativer Film, der das Prinzip der Dokumentation mit viel Inszenierung aufsprengt.
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I Am Not A Witch
BD / Regie: Rungano Nyoni
Tradition und Moderne im ewigen Kräftemessen, «I Am Not A Witch» aus Sambia untersucht die Spannungen in der Gesellschaft, welche durch Aberglauben, Riten und der kapitalistischen Gier entstehen. Leicht mystisch erzählt und beeindruckend gefilmt, gelingt es Rungano Nyoni mit seiner Erzählung zu fesseln. Plumpe Lösungen gibt es keine, dafür wundervolle Details, überraschende Einfälle und starkes Spiel.
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How Much Wood Would a Woodchuck Chuck
BD / Regie: Werner Herzog
Sind wir am Ende der Sprache angelangt? Werner Herzog scheint dies zu glauben, als er in den Siebzigerjahren einer Viehversteigerung beiwohnt, bei der die Meisterschaft des Aktionärs abgehalten wird. Rasend schnell werden die Sätze geliefert, das eigentümliche Geschehen wird zu einem unglaubwürdigen Schauspiel. «How Much Wood Would a Woodchuck Chuck» ist ein kritisch-satirischer Blick auf die Gesellschaft, ein kleiner Film, der trotz der Themenwahl nicht mehr loslässt.
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Drive My Car
Kino / Regie: Ryusuke Hamaguchi
Für seine Geschichten nimmt sich Ryusuke Hamaguchi gerne bis zu fünf Stunden Zeit, da ist «Drive My Car» mit drei Stunden Laufzeit fast kurz. Das Drama, basierend auf einer Kurzgeschichte des famosen und von mir geliebten Autors Haruki Murakami, ist ruhig, poetisch und emotional unglaublich dicht. Die Schicksale der Figuren überlagern und stapeln sich, Begegnungen und Interaktionen lösen neue Gefühle aus, die wahren Tiefen erblickt man erst im Kollektiv. Mit Gesprächen, Gesten und Kunst wird das Leben ergründet, Schmerz, Verlust und Trauer angegangen.
Mich hat der Film stark berührt und ich war während jeder Minute wie verzaubert. Szenen wie das gemeinsame Abendessen, das Gespräch am Meeresufer, die Probe im Park oder die steten Spiegelungen und Ergänzungen von Filmhandlung und Theatertext waren umwerfend.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 17.01.2022, 08:23

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Monster A-Go-Go
BD / Regie: Bill Rebane, Herschell Gordon Lewis
War es wirklich nötig, dass Herschell Gordon Lewis den ersten Filmversuch von Bill Rebane vervollständig hat? Eindeutig nicht, denn «Monster A-Go-Go» ist ein langweiliger, sehr schlecht gemachter und vor allem horrorfreier Streifen. Es wird weder herumgemonstert, noch verspürte ich die Wim-Wams. Allein die Partyszene mit den jugendlichen Tänzer:innen verursachte ungute Erinnerungen an «Sting Of Death» (William Grefe), ansonsten wirkten die Szenen eher wie alltägliche Beobachtungen des Lebens in Chicago. Als Kuriosum dank gewisser Entscheidungen (Schnitt, Kameraplatzierung, Erzählerstimme) aber immerhin für Filmfreaks interessant.
:liquid1:

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Gas Food Lodging
BD / Regie: Allison Anders
In einem Kaff in New Mexico passiert nichts, ausser, dass die Männer ihre Frauen schlecht behandeln und nach einer Schwangerschaft sitzen lassen. Allison Anders untersucht in diesem trostlosen Umfeld die familiären Bindungen zwischen einer Mutter und ihrer zwei Töchter. Gefühlvoll, tief in den Anfängen der Neunzigerjahre verankert (die Mode!) und mit notwendigem Witz ausgestattet ist «Gas Food Lodging» ein schöner kleiner Film, der seine Figuren wie echte Menschen behandelt. Verzierend die Gitarrenklänge von J Mascis zu den Bildern.
:liquid7:

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Spencer
Kino / Regie: Pablo Larraín
And we'll never be royals. Macht nichts. Weder hege ich romantische Vorstellungen vom Leben im Königshaus, noch interessieren mich die Geschehnisse der heute existierenden Persönlichkeiten. Da Pablo Larraín mit «Ema» mein Lieblingsfilm 2020 geschaffen hatte und Kristen Stewart eine grossartige Schauspielerin ist, war «Spencer» trotzdem Pflicht im Kino.
Und es hat sich mehr als gelohnt. Nicht nur das Spiel von Stewart, Sean Harris, Timothy Spall und Sally Hawkins ist fantastisch, die Inszenierung ist bis ins letzte Detail durchdacht (die Farben, die Kleider) und der mysteriös-dissonante Score von Jonny Greenwood begleitet das entrückte Geschehen perfekt. Die Szenen mit dem Soldaten-Spiel, die Gespräche in der Küche und am Strand, und die abschliessende Autofahrt brachten mich den Tränen nahe. Was für ein emotional aufwühlender Film.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von SFI » 17.01.2022, 16:12

Ob Spencer was für Downton Fanboys ist?
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Vince » 17.01.2022, 17:17

deBohli hat geschrieben:
17.01.2022, 08:23
Monster A-Go-Go
BD / Regie: Bill Rebane, Herschell Gordon Lewis
War es wirklich nötig, dass Herschell Gordon Lewis den ersten Filmversuch von Bill Rebane vervollständig hat? Eindeutig nicht, denn «Monster A-Go-Go» ist ein langweiliger, sehr schlecht gemachter und vor allem horrorfreier Streifen. Es wird weder herumgemonstert, noch verspürte ich die Wim-Wams. Allein die Partyszene mit den jugendlichen Tänzer:innen verursachte ungute Erinnerungen an «Sting Of Death» (William Grefe), ansonsten wirkten die Szenen eher wie alltägliche Beobachtungen des Lebens in Chicago. Als Kuriosum dank gewisser Entscheidungen (Schnitt, Kameraplatzierung, Erzählerstimme) aber immerhin für Filmfreaks interessant.
:liquid1:
Wie geil, den hab ich mir vor ein paar Wochen auch vorgenommen. Eine Kritik ist schon längere Zeit für die Hauptseite hinterlegt (kommen aber vorher erst noch ein paar Pflicht-Promos). Bei der Note, oh Wunder, sind wir uns einig.

Edit: Und "Spencer" interessiert mich thematisch ungefähr so sehr wie ein grauer Kieselstein, aber ein Kumpel hat mich auf eine Kritik aufmerksam gemacht, in der Vergleiche mit Geisterhausfilmen in Bezug auf Atmosphäre und Setting gezogen wurden. Das hat mich dann doch neugierig gemacht. Die 10 Punkte hier lassen mich dann doch leicht interessiert zurück.

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 18.01.2022, 07:21

SFI hat geschrieben:
17.01.2022, 16:12
Ob Spencer was für Downton Fanboys ist?
Das kann ich leider nicht beurteilen, da ich nie eine Folge der Serie gesehen habe. Allerdings handelt es sich bei "Spencer", wie es Vince oben erwähnt hat, um ein psychologisches Drama, das stellenweise sogar in Richtung Geistergeschichte abbiegt. Dies immer in einem realistischen und verständlichen Rahmen, aber weit entfernt von leicher Royal-oder Kostümkost.
Vince hat geschrieben:
17.01.2022, 17:17
Wie geil, den hab ich mir vor ein paar Wochen auch vorgenommen. Eine Kritik ist schon längere Zeit für die Hauptseite hinterlegt (kommen aber vorher erst noch ein paar Pflicht-Promos). Bei der Note, oh Wunder, sind wir uns einig.
Sehr schön, halt eine Perle aus Wisconsin. Ich hoffe doch, dass die weitere Filme von Rebane, welche in der Arrow-Box enthalten sind, etwas mehr können. :lol:
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von LivingDead » 18.01.2022, 08:42

Klingt für mich bei „Spencer“ eher nach „The Crown“ mit einem Hauch „Jane Eyre“.
Mit freundlichem Gruß
LivingDead

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 18.01.2022, 08:49

Wunderbar an "Spencer" ist, dass der Film losgelöst von seinem Setting funktioniert und sich für die Figur und ihr Innenleben interessiert, weniger für das englische Königshaus.

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Paura in città (Stadt in Panik)
BD / Regie: Giuseppe Rosati
Maurizio Merli kämpft mit seiner Waffe und seinem Schnurrbart gegen das überbordende Verbrechen in Rom. Leichen pflastern den Weg zum reinen Gewissen und den sicheren Strassen, weder seine Vorgesetzten noch die Politik können ihn bremsen. Bloss die Szenen zwischen den Verfolgungsjagden und Schiessereien verlangsamen den Poliziottesco, die Geschichte selbst ist eher mittelmässig erzählt. Die real und schmutzig wirkende Umgebung und die brutale Action machen «Paura in città» aber zu einem unterhaltsamen Genrevertreter.
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Graveyard of Honor
BD / Regie: Kinji Fukasaku
Chaos und Wahnsinn, Blut und Gewalt – «Graveyard of Honor» von Kinji Fukasaku ist ein Yakuza-Film, der stets kurz vor der Explosion steht. Dokumentarisch anmutende Aufnahmen, bei denen die Kamera inmitten von Körpern platziert, rasant bewegt und auf den Kopf gestellt wird, füllen die Laufzeit und lassen Gangster, die US-Armee und Zivilisten aufeinanderprallen. In dieser Geschichte um Vorherrschaft, Loyalität und Machtgier gibt es weder Moral noch Ehre – nur die Brutalität siegt. Man wird als Zuschauer:in hin- und hergeworfen, schockiert und atemlos zurückgelassen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Montana » 18.01.2022, 17:27

deBohli hat geschrieben:
17.01.2022, 08:23
Spencer
Kino / Regie: Pablo Larraín
And we'll never be royals. Macht nichts. Weder hege ich romantische Vorstellungen vom Leben im Königshaus, noch interessieren mich die Geschehnisse der heute existierenden Persönlichkeiten. Da Pablo Larraín mit «Ema» mein Lieblingsfilm 2020 geschaffen hatte und Kristen Stewart eine grossartige Schauspielerin ist, war «Spencer» trotzdem Pflicht im Kino.
Und es hat sich mehr als gelohnt. Nicht nur das Spiel von Stewart, Sean Harris, Timothy Spall und Sally Hawkins ist fantastisch, die Inszenierung ist bis ins letzte Detail durchdacht (die Farben, die Kleider) und der mysteriös-dissonante Score von Jonny Greenwood begleitet das entrückte Geschehen perfekt. Die Szenen mit dem Soldaten-Spiel, die Gespräche in der Küche und am Strand, und die abschliessende Autofahrt brachten mich den Tränen nahe. Was für ein emotional aufwühlender Film.
:liquid10:
Inwieweit unterscheidet sich der Film zu den "Diana" Passagen in "The Crown" ? Die fand ich schon da sehr stark umgesetzt.

Das "Spencer" abliefert hatte ich jetzt eigentlich nicht erwartet, irgendwann ist so ein Thema schliesslich auch abgenutzt, oder ein Regisseur vergeigt es. Aber anscheinend geben sich die Macher bei so "Wichtigen" Persönlichkeiten immer besonders mühe, auch in Anbetracht der Oscars. Ein solches Werk sollte ja in dem Fall ein Oscar Garant sein. Werde ich mir sicher auch geben.

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 18.01.2022, 17:42

Zu "The Crown" kann ich nichts sagen, da ich die Serie nicht geschaut habe.

Was allerdings bei "Spencer" im Hinterkopf zu behalten ist: Pablo Larraín ist kein Regisseur, der sich auf Schauwerte oder Oscar-Chancen versteift. Er ist ein Meister darin, interne Regungen, Gedankengänge und isolierte Situationen von Menschen zu zeigen. Mit "Jackie" und "Neruda" etablierte er sich als Meister der biografischen Einblicke und Untersuchungen, mit wiederum "Jackie" und "Ema" (was für ein Film!) als fähiger Dirigent von vielschichtigen und emotionalen Geschichten über Frauen. "Spencer" bedient beide Erzählweisen und hat, wie bereits geschrieben, weniger mit dem Königshaus am Hut, als mit der erdrückenden Situation und den unterdrückenden Systemen, in denen man sich als Mensch immer wieder findet. Das unterstreicht der Film mit dem andersartigen Soundtrack, den Geistererscheinungen und der erdrückenden Atmosphäre. Typisch Oscar ist daran wenig.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Montana » 18.01.2022, 20:10

Die Person “Dina Spencer” und der Titel aleine verpflichtet schon für einen Oscar :) Ob es nun gewollt ist, oder einfach ein nebeneffekt sei dahingestellt :)
(wenn auch vieleicht nicht bester Film mindestens Beste hauptdarstellerin… Bei The Crown wurde seit Jeher auch jede Hauptdarstellerin ausgezeichnet:) )

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 19.01.2022, 07:15

Klar, das ist so und dagegen will nichts sagen. Bloss halt, dass der Film keine typische Oscar-Haltung und Struktur aufweist. Es ist kein billiges Biopic, das bloss existiert, um goldene Statuen abzugreifen. Kristen Stewart hat die Auszeichnung mehr als verdient, ebenfalls Jonny Greenwood. Aber die Form ist nicht üblich für biografische Massenfilme.
Schon alleine deswegen, weil der Film an nur drei Weihnachtstagen spielt und den Rest von Dianas Leben weglässt. Da denke ich, ist der grösste Unterschied zu der Serie "The Crown" zu finden.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 19.01.2022, 07:55

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Playland USA
DVD / Regie: Benjamin Schindler
Amüsieren wir uns zu Tode? Vergessen wir, wo die Grenze zwischen Realität und Fiktion liegt? Mit dem Dokumentarfilm «Playland USA» geht Benjamin Schindler sehr frei diesen Fragen nach. Eine Reise durch die USA offenbart ein zwanghaftes Klammern an inszenierte Geschichtsschreibung, an Schauspiel und dem Leben im kontrollierten Rampenlicht. Leider kratzt der Film durch fehlende Diskussionen oder Erörterungen nur an der Oberfläche der Thematik und lässt etwas ratlos zurück, die herrschende Verhaltensweisen in Gesellschaft und Politik machen trotzdem Sorgen.
:liquid6:

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Un poliziotto scomodo (Convoy Busters)
BD / Regie: Stelvio Massi
Da ist er wieder, Maurizio Merli, und schiesst die bösen Männer in Italien über den Haufen. Dieses Mal heisst sein Kommissar Olmi, das Verhalten bleibt aber gleich wie in «Paura in città». Auch weiss Massi leider nicht, wie eine Geschichte mit Tiefe und emotionaler Bindung zu inszenieren wäre, aneinandergeschnittene Szenen, in denen etwas passiert, machen die Sache nicht rund. Vieles ist aufregend und gelungen (Helikopter, Flirt in der Kantine), will sich aber nicht zu einem mitreissenden Film verbinden. Dafür mag ich die Umgebung des damaligen Italiens, dreckig und rau.
:liquid5:
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Cinefreak » 21.01.2022, 22:33

dto zu Moxie (schreibt auf meinen Grabstein "zu blöd zum quoten gewesen" ;):
Hat mir auch sehr gut gefallen. Gerade auch, weil sie nicht wie die typische Rebellin wirkte. Gab eher wenig zu lachen, aber die Dynamik und die Power hat mirgerissen, ich war auch ein Moxie für die Zeit :-D :cool:
Unser neuestes Projekt: https://open.spotify.com/show/35s3iDdkQ12ikEFT9hOoTP - Talk rund um Filme und Serien

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 24.01.2022, 07:22

"Moxie" macht viel Laune und tut dem Herzen gut, das stimmt. Schade bloss, fokusiert sich der Film auf die privilegierte Weisse. Da wäre eine andere Perspektive gelungener gewesen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 24.01.2022, 16:21

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Matthias & Maxime
DVD / Regie: Xavier Dolan
Aus einer langjährigen Männerfreundschaft wird Liebe, lange unterdrückte Gefühle brechen aus. Im Film «Matthias & Maxime» passiert dies leider fast zu spät und nur durch äussere Einwirkung, dafür wird die stereotypische Haltung von Männer gegenüber ihren Freunden aufgebrochen. Von Gabriel D'Almeida Freitas und Xavier Dolan gut gespielt, mit angenehmen Indie-Flair und mit stringentem Drehbuch inszeniert. Ein kleiner Film, der das Herz wärmen kann, aber nicht viel bewegt.
:liquid7:

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Encanto
Streaming, Disney+ / Regie: Byron Howard, Jared Bush
Wenn sich ein Unternehmen 100 Jahre nach der Gründung etwas von seinen etablierten Klischees entfernt und eine Erzählung ausnahmsweise etwas anders angeht, dann ist dies weder revolutionär noch ein Grund zum Jubeln. Sicher, «Encanto» ist ein hübscher Film, der ohne die sexistischen Standards auskommt, wirklich mitreissend fand ich die Geschichte aber leider nicht. Die Animation ist über alle Zweifel erhaben, das Geschehen irrelevant und meist ohne Spannung.
Und bitte Lin-Manuel Miranda, kannst du in Zukunft bei deinen Songs mehr Wagnis eingehen? Seit «Hamilton» klingen alle Kompositionen gleich.
:liquid5:

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Genesis: The Last Domino?
Streaming, Youtube / Regie: James Tonkin
Natürlich ist diese, nicht ganz eine Stunde lange Dokumentation vor allem ein Marketingprodukt, trotzdem gibt es einige interessante Aussagen und Aufnahmen zu erleben. Während der Vorbereitungen der aktuell laufenden und ziemlich sicher letzten Tour von Genesis gedreht, ist «Genesis: The Last Domino?» Einblick in Proben, Bühnenaufbau und Musikerleben. Allerdings zeigt sich die Wahrheit, dass die Herren wirklich alt geworden sind, die Show eine statische Nostalgiefeier darstellt und die eigentliche Kreativität der Band nicht mehr zu spüren ist. Covid oder nicht, diese Konzertreihe besuche ich nicht.
:liquid5:
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