Filmtagebuch: deBohli
Moderator: SFI
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
The Last Broadcast
BD / Regie: Stefan Avalos, Lance Weiler
Ein Jahr vor «The Blair Witch Project» vermischten Stefan Avalos und Lance Weiler Low-Budget-Ästhetik, True-Crime-Dokumentation und das Found-Footage-Genre zu einem unheimlichen Film über ungeklärte Mordfälle. Aufgezogen wie eine TV-Reportage, spielt der Film von Beginn an mit der Frage nach Realität. Die damalig neue Technologie Internet wird mit Direct-To-Video kombiniert, das Bildmaterial vielfach verfremdet und am Ende sprengt der Film das eigene Gerüst und die Erwartungen. Das kann nerven, ist aber eine kluge Erweiterung der Grundsatzfrage. Stimmungsmässig erinnerte mich «The Last Broadcast» oft an die früheren Staffeln von «The X-Files» und faszinierte mich mit der DIY-Attitüde.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
The House
Streaming, Netflix / Regie: Paloma Baeza, Niki Lindroth von Bahr, Emma De Swaef, Marc James Roels
Stop-Motion-Animation, ein Wunder der Filmtechnik. Besonders, wenn es auf feinfühlige und detailreiche Weise gestaltet wird, wie es bei diesem dreigeteilten Episodenfilm gemacht wurde. «The House» ist eine Mischung vieler Talente, deren Erzählungen sich um ein Gebäude drehen, in dem schreckliche Dinge passieren, die Hoffnung aber nie verloren geht. Rätsel, Grusel und dystopische Fantasien, vieles wird in den 90 Minuten versammelt, trotzdem ist es bedächtig erzählt.
Die erste Episode von Emma De Swaef und Marc James Roels erweitert deren Animationsstil von «Ce magnifique gâteau!» (gesehen am Fantoche 2018) mit dunklen Schattierungen, Niki Lindroth von Bahr lässt ihre süssen und ekligen Tierfiguren erneut in moderne Problemsituationen auftreten («Något att minnas», Fantoche 2020). Paloma Baeza taucht alles in wundervolles Licht. Optisch ist «The House» hervorragend, inhaltlich mit einigen Schwachstellen.
Mindwarp
BD / Regie: Steve Barnett
Der erste Film, der damals von Fangoria Films produziert wurde, sieht aus, wie von deren Magazinseiten gepurzelt. Alles ist in rot-braune Farbtöne getaucht, Bruce Campbell und Angus Scrimm wühlen sich durch Kostüme, schmutzige Sets und mittelmässige Dialoge, überall spritzt das Blut. «Mindwarp» ist sinnlose Unterhaltung, die einige versuchte Gesellschaftskritik in sich trägt und das Element des Cyberpunks rasch über Bord wirft. Trotzdem, irgendwie macht dieses Getue Spass, Steve Barnett setzt zwar keine besonderen Akzente, machte aber das Beste aus dem Budget.
Eurocrime! The Italian Cop and Gangster Films That Ruled the ’70s
BD / Regie: Mike Malloy
Die Dokumentation «Eurocrime! The Italian Cop and Gangster Films That Ruled the ’70s» ist unterhaltsamer als viele Poliziotteschi. In etwas überdrehter Weise stellt der Film von Mike Malloy das Subgenre aus Italien vor, welches vor allem die Siebzigerjahre beherrschte. Unterschiedliche Akteure kommen zu Wort, viele Filmausschnitte unterstreichen die Aussagen, die Produktionen und damaligen Modeströmungen werden in den soziopolitischen Kontext gebracht. Als Einstieg ins Gerne oder zur Wissenserweiterung sehr geeignet.
Gaza mon amour
DVD / Regie: Tarzan und Arab Nasser
Unser Wissen über den Gaza-Streifen beinhaltet vor allem Tod und Krieg. Die Nasser-Brüder legen mit ihrem Film «Gaza mon amour» eine gefühlvolle Arbeit über die Liebe vor, die das problematische Gebiet auf wundervolle Weise darstellt. Gefüllt mit kleinen Momenten der Schönheit, wird das alltägliche Leben beleuchtet und die politische Situation mit Sarkasmus kommentiert. Schön auch, Hiam Abbass («Lemon Tree») und Maisa Abd Elhadi («Tel Aviv On Fire») wieder zu erleben.
Julieta
DVD / Regie: Pedro Almodóvar
Ein reifes Spätwerk vom Meister der farblichen Gestaltung und Ausstattung. Pedro Almodóvar erzählt die Geschichte einer Frau, welche durch diverse Schicksalsschläge in den Depressionen landet und die Verbindung zu ihrer Tochter verliert. Mit Rückblenden aufgebaut, bleibt vieles an «Julieta» ruhig und unterschwellig, gemeinsam mit der Hauptfigur entdeckt man die wahren Gründe in der Geschichte. Eine ehrliche Geschichte, gefüllt mit wahren Gefühlen und grossartigen Garderoben.
Il Grande Silenzio
BD / Regie: Sergio Corbucci
Was für ein hoffnungsloses und grausames Ende. Mit «Il Grande Silenzio» entfernte Sergio Corbucci die Romantik aus dem Western-Genre und zeigt die grausamen Geschehnisse, welche sich am Ende des 19. Jahrhunderts abgespielt haben. Im Schnee spielend, mit einem stummen Helden und Klaus Kinski als erstaunlich manierlich auftretenden Gegenspieler stürzt sich der Film in das Loch der Gewalt, aus dem niemand unbeschadet herauskriecht. Einer der wichtigsten Filme zu diesem Thema aus Italien und bis heute deprimierend brutal.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
The Whalebone Box
BD / Regie: Andrew Kötting
Eine geheimnisvolle Kiste aus Walknochen wird von befreundeten Männern nach dreissig Jahren an ihren Ursprungsort zurückgebracht und an dem Strand vergraben, an dem damals ein Wal verendete. Andrew Kötting inszeniert diese spirituelle und künstlerische Reise als fragmentarisch exzentrisches Erlebnis, seine eigene Kunst wird mit vielen Archivelementen und Arbeiten der Tochter Eden verknüpft. Das packt emotional, ohne, dass man die Gründe dazu erklären kann, wie es bei moderner Kunst vielfach passiert. «The Whalebone Box» ist niemals normale Filmunterhaltung, sondern immer etwas anderes und für viele eventuell zu sperrig.
Bait
BD / Regie: Mark Jenkin
Hätte sich die Filmindustrie nicht der digitalen Produktion zugewandt, würde man heutzutage vermehrt solch wundervoll bebilderte Dramen erleben dürfen. 16mm-Aufnahmen, schwarz-weisse Farbgebung, grobe Körnung und eine nachträgliche Vertonung – was für ein Erlebnis, welch berührende Momente. «Bait» von Mark Jenkin ist ein Kleinod, ein Meisterwerk des modernen Films, das tief in die Vergangenheit zurückgreift und eine unaufgeregte Geschichte menschlicher Schicksale auf betörende Weise präsentiert. Die Kameraarbeit und Schnitttechnik erinnerten mich an die vergessene Perle «Spring Night, Summer Night» (Joseph L. Anderson, 1967).
Infinite Football
BD / Regie: Corneliu Porumboiu
Seit einigen Jahren versucht Laurențiu Ginghină die Regeln des Fussballs zu verändern, um das Spiel schneller und interessanter zu gestalten. Mit dem Dokumentarfilm «Infinite Football» untersucht Corneliu Porumboiu die Ideen des rumänischen Beamten und entdeckt dabei ein Leben, das seit der Kindheit nach Freiheit und Möglichkeiten strebt. So ist das «Fussball 2.0» für den Film nur ein Werkzeug, um die Situation Rumäniens zu untersuchen und herrschende Unterdrückungen mit gewissem Witz zu begegnen.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Rashomon
Streaming, Filmingo / Regie: Akira Kurosawa
Die Wahrheit, welch Qual es ist, deren Reinheit zu erhaschen. Im Klassiker «Rashomon» präsentiert Akira Kurosawa den Zuschauer:innen einen Überfall mit Mord aus diversen Perspektiven, ohne definitiven Antworten, dafür mit tiefreichenden Gedanken zu Moral und Erinnerung. Die Kameraarbeit fängt das Geschehen wahnsinnig gut ein, die Schauspieler:innen überzeugen, der Film zementiert seinen Klassikerstatus. Eine Erzählung, die mehrfach betrachtet werden möchte.
The Endless
BD / Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead
Das aktuelle Amateurschaffen der US-amerikanischen Filmszene hält immer wieder sehr interessante Produktionen bereit, die das Genrekino auf neue Weise angehen. Mit ihrem dritten Film «The Endless» gelingt Justin Benson und Aaron Moorhead eine Erzählung über brüderliche Liebe inmitten eines UFO-Kultes, mysteriösen Geschehnissen und scheinbaren Brüchen in der linearen Zeit.
Das erdfarbene Setting Südkaliforniens wird geschickt eingefangen, die Regisseure überzeugen als Hauptdarsteller, die Science-Fiction-Elemente sorgen für wohligen Grusel und Rätsel. Diese Mischung konnte mich überzeugen. Noch grösser ist der Genuss, wenn man sich zuvor das Debütwerk «Resolution» anschaut – viele Elemente der Filme greifen ineinander.
La leggenda del santo bevitore
BD / Regie: Ermanno Olmi
Wie durch die göttliche Fügung erhält Rutger Hauer als Obdachloser in Paris immer wieder Geld, um seiner Alkoholsucht zu frönen. Die Flucht vor seiner Vergangenheit wird damit ermöglicht und zunichte gemacht, «La leggenda del santo bevitore» untersucht die Situation poetisch und in schönen Bildern. Der Film von Ermanno Olmi ist wie ein klassisches Konzert und spielt unaufdringlich mit den Emotionen. Meisterlich die Rückblenden ohne Dialoge, fesselnd Hauers Spiel.
The Second Game
BD / Regie: Corneliu Porumboiu
Vater und Sohn schauen ein Fussballspiel aus dem Jahre 1988 und sprechen zusammen über die damaligen Verhältnisse in Rumänien. Das klingt nicht nur merkwürdig, das ist es auch – besonders, da Corneliu Porumboiu nur die VHS-Aufzeichnung des Matchs bietet, unterlegt mit einer Art Audiokommentar. Die Dialoge sind zu Beginn systemkritisch und offenbaren Eigenheiten der politischen Situation im Kommunismus (es spielten nämlich die Mannschaften der Polizei gegen die der Armee), in der zweiten Halbzeit bleibt es zu oft still. «The Second Game» ist zwar mehr als seine Grundlage, bleibt aber hinter den Möglichkeiten zurück.
Resolution
BD / Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead
Man könnte Justin Benson und Aaron Moorhead vorwerfen, dass sie mit ihrem Debütfilm «Resolution» zu viel wollten. Die Geschichte scheint wirr, stets werden neue Aspekte und Elemente eingeführt. Aus dem Drama zweier Freunde, die in einer abgelegenen Hütte einen unfreiwilligen Drogenentzug durchstehen, wird ein Mystery-Thriller mit übernatürlichen Aspekten. Im Kern aber überzeugt die Geschichte um Freundschaft und Lebensgestaltung, die Ambitionen der Macher sind bemerkenswert, gewisse Passagen erschreckend unheimlich.
Wer mehr Klarheit sucht: Die Geschichte wird im Film «The Endless» auf gewisse Weise zu ihrem Abschluss gebracht und viele der Fragen beantwortet. Es lohnt sich, die beiden Streifen zeitlich nahe zu betrachten.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Die beiden haben auch wunderbar zur Serie "Archive 81" gepasst bzw. Gutes zu der beigetragen.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Nice. Zuerst wird aber "Spring" nachgeholt.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Deux jours, une nuit
Streaming, Filmingo / Regie: Luc Dardenne, Jean-Pierre Dardenne
Die Struktur ist simpel: Während 48 Stunden muss Marion Cotillard als Sandra ihre Mitarbeiter:innen davon überzeugen, auf den Bonus zu verzichten, um die eigene Stelle zu retten. «Deux jours, une nuit» ist ein Drama über das Prekariat, die unterdrückenden Machenschaften in der Privatwirtschaft und den ewigen, finanziellen Kampf. Luc Dardenne und Jean-Pierre Dardenne, welche sich 2016 mit «La Fille inconnue» in Richtung Krimi bewegten, drehten einen emotionalen und trotzdem zurückhaltenden Film, der zu Diskussionen anregt.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Das neue Evangelium
DVD / Regie: Milo Rau
Wenn sich Milo Rau eines Projektes annimmt, dann kann dies keine typische Neuinterpretation einer bekannten Geschichte werden. So auch bei der Passionsgeschichte Jesu, die Rau in «Das neue Evangelium» zu einer Hybriddokumentation macht, voller Kommentare zur Flüchtlingsthematik und Sklavenarbeit in Italien. In den besten Momenten offenbart dies die Problematik eines solchen Projektes und demontiert das Filmgerüst, was mich an die Arbeiten von William Greaves erinnerte. Sehr spannend und voller relevanter Fragen.
F for Fake
BD / Regie: Orson Welles
Die Suche nach der Wahrheit und den Originalen in der Kunstgeschichte ist eine unendliche, Orson Welles treibt das Spiel in diesem Dokumentarfilm so weit, dass er die Zuschauer:innen gar unter Vorsatz hinters Licht führt. «F for Fake» ist ein kurioser und sehr unterhaltsamer Film, der in den Aufnahmen umherspringt und Welles als raffinierter Kauz mit Humor offenbart.
Felidae
Streaming, Apple+ / Regie: Michael Schaack
Den Roman von Akif Pirinçci habe ich vor einigen Jahren gelesen, dass die Geschichte um den Kater Francis allerdings so brutal und düster ist, wusste ich nicht mehr. Im deutschen Animationsfilm «Felidae» prallen Katzen-Krimi und die Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges aufeinander, eine Parabel, die in rasendem Tempo erzählt wird und durchgerüttelt zurücklässt. Nicht alles am Design überzeugt und die Struktur ist zu verdichtet, der Mut einer Sichtung wird aber trotzdem belohnt.
The Worst Person In The World
Kino / Regie: Joachim Trier
Die Generation der Millennials, welcher ich angehöre, fühlen sich oft verloren im Leben. Was darf und sollte man? Wohin führt das alles? Joachim Trier hat diese Gefühle in seinem neuen Drama «The Worst Person In The World» perfekt auf die Leinwand gebracht, mehrere Male fand ich mich selbst in den Szenen wieder. Renate Reinsve spielt die Hauptrolle grossartig und transportiert alle Emotionen perfekt, die anfänglich lockere Darstellung verdichtet sich immer mehr zur Tragik. Ein Film, der mich berührt hat, der mir Ansporn gab und zugleich Befürchtungen unterstrich.
Licorice Pizza
Kino / Regie: Paul Thomas Anderson
Was für ein Wunder ist es, Alana Haim und Cooper Hoffman zuzuschauen. Das sichere Spiel, die Gefühle, die Blicke und die Verbindungen im echten Leben zu Paul Thomas Anderson – «Licorice Pizza» ist wie ein warmer Traum, aus dem man nicht mehr aufwachen möchte. Ohne viel zu bewegen oder ein schwieriges Thema aufzuarbeiten, wird man von der episodenhaften Geschichte mitgerissen, verliebt sich in das Los Angeles der Siebzigerjahre und möchte bei den Songs laut mitsingen.
Subito – Das Sofortbild
DVD / Regie: Peter Volkart
Klick und das Foto ist da, fertig entwickelt in der Hand. Nicht nur auf einer Party ist ein Polaroid-Bild ein Hit, in der heutigen Zeit der rastlosen Digitalisierung hat das kultige Objekt gar neuen Aufschwung erhalten. Peter Volkart geht der Entwicklung der Sofortbildkameras im Dokumentarfilm «Subito» nach und verbindet animierte Archivaufnahmen mit aktuellen Interviews. Schnell ist der Zauber an den Experimenten und Fotografien vorhanden, die lustvolle Präsentation trösten über die stellenweise fehlende Tiefe.
Memory: The Origins Of Alien
DVD / Regie: Alexandre O. Philippe
«Memory» hat mich überrascht. Die Dokumentation über die Entstehung des Filmes «Alien» ist vielseitig und feinfühlig und wagt sich an die Untersuchung einzelner Elemente ohne Effekthascherei. Im Zentrum stehen das Drehbuch und die Designs, die Nuancen in der Geschichte und die sozialkritischen Aspekte. Ohne in einen Personenkult zur verfallen, werden die Macher vorgestellt, man erfährt viel Neues, die üblichen Fakten werden selten wiederholt. Alexandre O. Philippe hat eine Studie geschaffen, die auch grossen Fans des SF-Horror-Klassikers gefallen wird.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Das Maddock Manifest
Streaming, Play Suisse / Regie: Dimitri Stapfer
Von der Frage, ob die Kunst durch den Tod den Kapitalismus beenden kann zum Suizid von Hermann Maddock, über das Theaterstück «Das Maddock Manifest» zum gleichnamigen Film von Dimitri Stapfer – ein Strudel an Verweisen, Fragen und Rätsel. Benjamin Burger in der Hauptrolle lässt sich während der Pandemie in einer menschenleeren Welt von Enigma verzaubern, das verhinderte Bühnenstück wird zum Film. Fragmentarisch, ohne definitiven Antworten und andersartig – hier wird der persönliche Dialog mit der Kunst zum Ziel.
Jodorowsky’s Dune
Streaming, Apple+ / Regie: Frank Pavich
Ob die Verfilmung von Alejandro Jodorowsky wirklich gut geworden wäre, das lässt sich nicht beurteilen. Klar ist aber, dass seine Pläne für die Verfilmung des SF-Romans «Dune» gewaltig waren. Die versammelte Gruppe an kreativen Köpfen war perfekt ausgewählt, die Grenzen allesamt gesprengt. Mit seinem Dokumentarfilm geht Frank Pavich dem Mythos nach und erforscht die Überbleibsel von «Jodorowsky’s Dune». Eine Gewissheit bleibt: Wäre dieses Projekt zustande gekommen, sähe die Filmwelt von heute anders aus.
Spring
BD / Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead
Jeremy Gardner ist nur kurz dabei, man kann diesen Auftritt aber als Ritterschlag im amerikanischen Indie-Genre-Kino betrachten. Mit ihrem dritten Film «Spring» zeigen Justin Benson und Aaron Moorhead erneut, dass sie Horror, Science-Fiction und Mystery auf frische Weise angehen. In Italien spielend und im eigentlichen Sinne eine Ode an die bedingungslose Liebe zwischen zwei Menschen, ist «Spring» ein erfrischender Film, der mitreisst. Komplett verzaubert war ich von der deutschen Schauspielerin Nadia Hilker.
Session 9
BD / Regie: Brad Anderson
David Caruso trägt nicht immer Sonnenbrillen, aber es dreht sich auch bei «Session 9» viel um Verbrechen und Tod. Während die asbesthaltigen Baustoffe in einem ehemaligen Irrenheim abgebaut werden, dringt eine dämonische Entität in die Männer ein. Geschickt baut Brad Anderson in seinem Film die unheimlichen Aspekte auf und arbeitet viel mit der Tonspur und dem realen Setting. Das ist gruselig und psychologisch hart, nur am Ende etwas gar überspitzt.
Censor
BD / Regie: Prano Bailey-Bond
In den Achtzigerjahren hatte England Angst um seine Bevölkerung, die «Video Nasties» verdorben den Geist. Mit ihrem ersten Langfilm transportiert uns Prano Bailey-Bond in diese Zeit zurück und legt mit «Censor» einen psychologischen Horrorfilm vor, der mit viel Tiefe die Themen Verlust und Verdrängung angeht. Von Niamh Algar grossartig gespielt, wundervoll ausgeleuchtet und gleichzeitig als Kommentar zu Zensur und Gewalt in Filmen fungierend, ist «Censor» ein sehr guter Vertreter der modernen Horrorszene. Ohne die Mechanik der berühmt-berüchtigten Blutorgien selbst anzuwenden.
Withnail & I
BD / Regie: Bruce Robinson
Während das erste Drittel sehr stark an «Fear & Loathing In Las Vegas» erinnert (nicht nur wegen dem Plakat von Ralph Steadman), wandelt sich «Withnail & I» weg vom absurden Kommentar auf das Ende der Sechzigerjahre und wird gegen Ende versöhnlich. Liebe und Zugehörigkeit werden behandelt, Richard E. Grant und Paul McGann spielen sich mühelos in die Herzen. Ein ungewöhnlicher Film, in den man sich verliebt.
Suburbia
BD / Regie: Penelope Spheeris
Trostlos und brutal ist der Blick, welcher Penelope Spheeris auf das Leben der amerikanischen Vorstädte wirft. In ihrem Film wird weder die Punk-Antikultur glorifiziert noch die Jugend als Missetäter abgestempelt. Bevor die Regisseurin sich den Komödien zuwandte («Wayne’s World» zum Beispiel) gab es schonungslose Realität, dreckig nah und mit Laien-Darsteller:innen gefilmt – ganz gemäss ihrer Doku-Vergangenehit. Das ist stellenweise hölzern und karg, aber hey, Flea spielt mit einer Ratte.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Over The Edge
BD / Regie: Jonathan Kaplan
Die Gesellschaft kümmert sich selten um die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen. Das war früher so, das ist heute noch der Tenor. Die Geschichte, welche «Over The Edge» von Jonathan Kaplan authentisch erzählt, wirkt deswegen immer noch anstachelnd. Zu gerne würde man sich gegen die herrschenden Mächte auflehnen und jubelt beim abschliessenden Chaos, das im Film ausbricht. Matt Dillon war bereits damals cool, Michael Eric Kramer die gut gewählte Identifikationsfigur. Nieder mit Suburbia! Kinder an die Macht.
A Chiara
Kino / Regie: Jonas Carpignano
Das Leben in einer Mafiafamilie, erzählt aus der Perspektive einer 15-Jährigen. «A Chiara” nimmt ein bekanntes Thema und versucht es auf realistische Weise anzugehen, ohne in Klischees zu verfallen. Mit seinem neusten Film ist Jonas Carpignano ein emotionales und stellenweise feinfühliges Stück gelungen, das immer leicht schwebt und ohne viel Entwicklung trotzdem packt. Die Musik und Aufnahmen sind atmosphärisch (es wurde auf Film gedreht), das Ende erscheint logisch und nicht erzwungen. Lohnt sich, auch wenn gewissen Szenen die Tiefe fehlt.
Babylon 5: The Gathering
DVD / Regie: Richard Compton
Die ersten Schritte, das Herantasten. Mit der Pilotfolge in Spielfilmlänge positionierte sich «Babylon 5» 1993 im TV als neue Hoffnung im Bereich Science-Fiction. Vieles wirkt noch sehr billig und unfertig, gewisse Figuren und Masken wurden danach für die erste Staffeln ausgetauscht. Aufregend ist aber, wie viele Hintergründe und Elemente der Geschichte bei «The Gathering» bereits eingeführt wurden. Handwerklich gut von Richard Compton inszeniert, aber noch weit von den Sternstunden der Serie entfernt.
The Guest
BD / Regie: Adam Wingard
Vergesst die Klopperei zwischen Godzilla und Kong, mit «The Guest» hat Adam Wingard einen Film inszeniert, der viel Spass macht. Schön ausgeleuchtet, straff und packend erzählt, mit Maika Monroe in der weiblichen Hauptrolle und brutalen Gewaltausbrüchen versehen. Dazu der Synthwave-Soundtrack, inklusive Gassenhauer der Achtzigerjahre – hier wird man mitgerissen.
Und jetzt mal ehrlich: Wie attraktiv ist denn Dan Stevens? Nicht nur seine Augen stechen ins Herz, die Szene, in der er bunt beleuchtet mit zwei grossen Bierfässern an der Party auftaucht, lässt alles andere schmelzen. Kein Wunder bezirzte der Schauspieler später sogar als Roboter in «Ich bin dein Mensch» (Maria Schrader, 2021).
Funny Face
DVD / Regie: Stanley Donen
Dass die bezaubernde Audrey Hepburn den doppelt so alten Fred Astaire anhimmelt, nachdem dieser sie aus dem Hinterhalt geküsst hat, passt natürlich in die Fünfzigerjahre. «Funny Face» ist aber erstaunlich progressiv und umgeht viele Rassismus- und Sexismusfallen (wenn auch nicht alle). Mitreissend und herzerwärmend die musikalischen Szenen, beeindruckend die Leistungen der Hauptdarsteller:innen beim Tanz.
Stanley Donen verfilmte die Geschichte, welche an das Wirken von Fotograf Richard Avedon angelehnt wurde, routiniert. Die Gegenüberstellung der Modebranche und der philosophischen Denker ist zwar holprig, dem Sog des Filmes konnte ich mich trotzdem nicht entziehen. «Think Pink!»
The Head Hunter
BD / Regie: Jordan Downey
Ein Kammerspiel im Fantasy-Gewand, ein Low-Budget-Film, der gut aussieht und eine passende, gruslige Atmosphäre generiert. Allerdings passiert in den 70 Minuten sehr wenig und «The Head Hunter» würde als Kurzfilm wohl besser funktionieren. Trotzdem ist es beeindruckend zu sehen, was Jordan Downey mit den Landschaften Portugals, seinem einzigen Schauspieler und diversen Monster und Requisiten anstellt.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Thief
BD / Regie: Michael Mann
Talent ist früh erkennbar, so zeigte sich Michael Mann mit seinem Debüt «Thief» als fähiger Regisseur im Bereich des realistischen und düsteren Gangsterfilmes. James Caan gibt alles in der Hauptrolle und spielt sich emotional durch Dialog- und Actionszenen, Personen wie Tuesday Weld und Willie Nelson ergänzen den guten Cast. Die graue Umgebung von Chicago wird perfekt eingefangen, der Pfad Richtung Wohlstand ist mit Fallen und illegalen Geschäften gepflastert. Das kann nicht gut ausgehen, für die Zuschauer:innen ist dies positiv.
Glass
Streaming, Disney+ / Regie: M. Night Shyamalan
«Unbreakable» bleibt mein liebster Film von M. Night Shyamalan: Inhalt, Tempo, Inszenierung und Score, alles greift perfekt ineinander. Mit der Erweiterung des Superhelden-Themas wusste Jahre später «Split» zu überzeugen, «Glass» ist der Abschluss dieser Trilogie und bringt alle Figuren und Geschichten zusammen.
Leider nicht sehr überzeugend, gefallen zwar James McAvoy, Bruce Willis, Sarah Paulson und Anya Taylor-Joy (ihr Auftritt ist viel zu kurz) in ihren Rollen, das Drehbuch aber schwächelt an diversen Stellen. Weder wird eine Balance zwischen den einzelnen Aspekten gefunden, noch weiss die Auflösung zu gefallen. Wer nicht unter dem Komplettierungswahn leidet, muss hier nicht einschalten.
My Childhood
BD / Regie: Bill Douglas
Das Bild ist grobkörnig, die Umgebung trostlos. Trotzdem lässt sich zwischen den Schicksalsschlägen und dem brutalen, zwischenmenschlichen Umgang die kindliche Freude nicht unterkriegen. Mit seinem ersten Film der semi-biografischen Trilogie kreierte Bill Douglas ein Kleinod des realistischen Kinos. Weniger als eine Stunde lang, fast ohne Dialoge und als lose Erzählung konzipiert – «My Childhood» lebt von Gefühlen und bildlichen Ausdrücken, ein Zauber entsteht.
Happy Death Day 2 U
Streaming, Netflix / Regie: Christopher Landon
Mit dem ersten und tödlichen Geburtstagsgruss lieferte Christopher Landon durch die Einführung einer Zeitschlaufe eine meist unterhaltsame Abwandlung des Slasher-Themas ab. Die Fortsetzung macht dies noch einmal, verzichtet aber grösstenteils auf Blut und Morde, sondern lässt das Drehbuch ganz tief in der High-School-Comedy waten. Jessica Rothe darf erneut leiden, Sarah Yarkin ist cool und Ruby Modine muss unbedingt mehr Rollen erhalten. Ansonsten aber gibt es viele Totalausfälle in den Bereichen Geschichte, Struktur, Stimmung und Inszenierung zu verzeichnen. Feiert ohne mich weiter.
The Exam
Streaming, Filmingo / Regie: Shawkat Amin Korki
Wenn Rojin die Aufnahmeprüfungen für die Universität nicht besteht, muss sie eine Zwangsheirat eingehen. Leider aber scheint die einzige Lösung das Schummeln zu sein. Mit jeder Handlung und jedem Tag greift die patriarchale Zange wieder stärker zu, die Zukunft verdunkelt sich.
«The Exam» ist ein Drama aus dem irakisch-kurdischen Souleimaniye, das die dort vorherrschenden Strukturen und Unterdrückungen darstellt, ohne eine übertriebene Handlung zu präsentieren. Shawkat Amin Korki bleibt nahe bei seinen Figuren und lässt die Ausweglosigkeit spürbar werden, auch wenn vieles im gewohnten, dramatischen Schema abläuft.
Wer hat die Konfitüre geklaut?
Kino / Regie: Cyrill Oberholzer, Lara Stoll
Verwirrung, nicht nur im Kopf von Patrick Frey. Dabei hätte mir klar sein sollen, dass bei einem Film von Cyrill Oberholzer und Lara Stoll (Bild mit Ton) vor allem eines passiert: Chaos. «Wer hat die Konfitüre geklaut?» ist 90 Minuten Schabernack, Kasperli-Theater mit echten Menschen, Krimigeschichte mit sinnlosen Szenen, herrlichen Copyright-Verletzungen und viel Humor, direkt aus dem Internet. Das ist verflucht doof, unterhält grossartig und zeugt von einer Lust an Gefahr und Wahnsinn, die dem Schweizer Filmschaffen zu oft fehlt. Die wirre Kameraführung und knallbunte Beleuchtung tun ihr Übriges. Aber Achtung: Nach dem Filmgenuss will man sich sofort durch die Diskografie von Michael Jackson hören – oder unzählige Berliner verspeisen.
My Ain Folk
BD / Regie: Bill Douglas
Von der harten Kindheit in «My Childhood» zur zerrütteten Familienstruktur bei «My Ain Folk». Bill Douglas bietet mit dem zweiten Teil seiner Trilogie eine realistische Erweiterung der Geschichte um Jamie und Tommy. Unterdrückung, häusliche Probleme und die Widerstände in Schule und Alltag – der kurze Film ist eine harte, poetische, aber niemals verklärende Darstellung des Lebens im England der Fünfzigerjahre. Die schwarzweissen Aufnahmen sind wundervoll komponiert, die Emotionen real.
Quo Vadis, Aida?
Streaming, Filmingo / Regie: Jasmila Zbanic
Als wäre die Geschichte von «Quo Vadis, Aida?» nicht bereits genügend bedrückend, wiederholt sich das Geschehen aktuell in der Ukraine. Die Menschheit will nicht lernen, die machtgierigen Egomanen können nicht aus der Welt geschafft werden.
Der Spielfilm von Jasmila Zbanic behandelt das Massaker von Srebrenica aus der Sicht einer UN-Übersetzerin (sehr gut von Jasna Djuricic gespielt), ein Schmelztiegel aus moralischen Fragen, Problemen und persönlichen Wünschen entsteht. Gut gefilmt und mit greifbarer Atmosphäre ausgestattet, ist die Produktion emotional eindringlich. Besonders die ruhigen Momente und die Nahaufnahmen von Gesichtern beinhalten viel Wucht. Ein wichtiger Film über einen schrecklichen Tiefpunkt in der Geschichte Europas.
Premonition
DVD / Regie: Norio Tsuruta
Tartan packte «Premonition» seinerzeit in die DVD-Reihe «Asia Extreme», gefährlich und heftig ist an diesem J-Horror aber nichts. Norio Tsuruta versucht sich an einer überkonstruierten Geschichte, die an Genre-Vertreter wie «Ringu», «One Missed Call» oder «The Grudge» erinnert, allerdings nie deren Güte erreicht. So hangelt man sich durch einen langsamen Film voller uninteressanter Charaktere, die in trist-urbaner Umgebung dem mörderischen Rätsel von Schlagzeilen aus der Zukunft auf den Grund gehen. Macht selten Sinn und Spass.
An Evening with Beverly Luff Linn
BD / Regie: Jim Hosking
Mit dem eklig-absurden “The Greasy Strangler” begeisterte mich Jim Hosking. Sein nächster Film “An Evening with Beverly Luff Linn” ist erneut ein kurioses Stück, durchdesignt und voller unsympathischer Figuren. Leider aber schleicht die Geschichte in zu langsamem Tempo voran und packt nie. Das verhindert einen Volltreffer, besonders dank der starken Leistung von Aubrey Plaza und dem Rest des Casts (ausgenommen Emile Hirsch, dessen Spiel nicht atmosphärisch ist) ist jede Szene trotzdem sehenswert.
Ganz zu schweigen von den fantastischen Aufnahmen, der farblichen Gestaltung, der Kostüme und der Musikauswahl («Supernature» von Cerrone!). Kurios, anders.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Chimères
Streaming, Play Suisse / Regie: Olivier Beguin
Die Schweiz versucht sich an einem Genrefilm, genauer an einer Version des Vampir-Mythos. Olivier Beguin hat dafür wohl nicht sehr viel Geld erhalten und muss seinen Film ohne grosse Schauwerte passieren lassen, stimmungsvoll ist das meiste trotzdem. Leider aber fügt «Chimères» der bekannten Geschichte wenig neues hinzu und lässt am Schluss die Hauptpersonen gegen Kriminelle im Industriegebiet kämpfen. Was lernen wir daraus? Mache nie Urlaub in Rumänien.
2010 – The Year We Make Contact
BD / Regie: Peter Hyams
Einen der besten SF-Filme aller Zeiten übertrumpfen? Das versuchte Peter Hyams mit seiner Fortsetzung zu «2001 – A Space Odyssey» gar nicht und präsentiert uns lieber ein Krimi im Weltall mit viel Säbelrasseln zwischen Russland und USA, esoterischen Gedanken und netten Modellsequenzen. Das Rätsel um den Monolithen wird zwar nicht gelöst, aber mit ausserirdischen Lebensformen und Terraforming angereichert. Macht heute noch Freude, wirkt aber stellenweise stark veraltet.
Ninjababy
Kino / Regie: Yngvild Sve Flikke
Eine ungewollte Schwangerschaft, ein nutzloser Vater, ein Leben ohne Plan oder Perspektive. Mit «Ninjababy» nimmt Yngvild Sve Flikke das oft verfilmte Thema und präsentiert es modern und zeitgemäss. Ohne falschen Kitsch oder erzwungene Romantik wird das Leben von Mittzwanzigern realistisch abgebildet. Die Animationselemente ergänzen den schmissigen Film wunderbar, Kristine Kujath Thorp spielt grossartig.
Nosferatu
BD / Regie: F.W. Murnau
100 Jahre ist «Nosferatu» alt, der gruslige Stummfilmklassiker von F.W. Murnau. Staubig sind allerdings nur die Möbel im Schloss von Graf Orlok. Der wunderbar restaurierte Film besticht noch heute mit der grandiosen Inszenierung (Kamera, Sets, Texttafeln), der ikonischen Gestaltung von Orlok und den eingefärbten Aufnahmen, welche je nach Ton die Tageszeit darstellen. Ein unendlich einflussreicher Film von einem sehr grossen Talent, ein Muss für alle Horror-Fans.
My Way Home
BD / Regie: Bill Douglas
Bill Douglas schliesst seine realistische Trilogie über das Heranwachsen in Schottland mit dem längsten Beitrag der Reihe ab. Jamie sagt sich vom harten und unglücklichen Leben los, um in der Fremdenlegion eine Zukunft zu finden. «My Way Home» zeigt diese Phase als Möglichkeit der Entwicklung, jedoch nicht als sicheren Hafen. Wundervoll gefilmt (wie die Kamera vielfach Distanz hält, wie der Ton von den Aufnahmen losgelöst das Geschehen erweitert) und atemberaubend gespielt von Stephen Archibald.
La Vérité
DVD / Regie: Hirokazu Kore-eda
Nach dem famosen «Shoplifters» drehte Hirokazu Kore-eda zum ersten Mal ausserhalb Japans und zeigte mit «La Vérité» eine Geschichte um familiäre Probleme, in der grosse Egos, schauspielerische Karrieren und verdrehte Erinnerungen aufeinanderprallen. Von Catherine Deneuve und Juliette Binoche gut gespielt, mit einem verwirrten und sympathischen Ethan Hawke in der Nebenrolle – doch allgemein etwas zu lauwarm dargeboten. Ein Film, der sehr französisch wirkt und nebst den warmen und weichen Bildern mit wenigen Elementen aufzutrumpfen vermag.
Wild Zero
Streaming, Apple+ / Regie: Tetsuro Takeuchi
Hey world. This is Rock’n’Roll!!! Die legendäre, japanische Garage-Rock-Band Guitar Wolf kämpft unter der Regie ihres Videoclip-Meisters Tetsuro Takeuchi gegen Zombies und machtgierige Club-Besitzer. Mit dabei: Der Fan Ace, Raumschiffe, die thailändische Armee, ein riesiges Waffenarsenal und viele, scheppernde Songs. Was für ein Spass, der nie mehr sein möchte als ein Low-Budget-Trashfest. «Wild Zero» ist wie eine chaotische Party, mit dem Herzen am rechten Fleck.
Die Band gibt es immer noch und manchmal touren sie gar durch Europa.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Battle Royale
BD / Regie: Kinji Fukasaku
(Director’s Cut) Brutal ist ja nur der Vorname, wenn sich 42 Kids gegenseitig umbringen müssen. Die Romanverfilmung von Kinji Fukasaku verstörte 2000 nicht nur die Leute in Japan und ist auch heute unangenehm anzusehen, aber weiterhin ein sehr guter Film. Die Inszenierung lebt von der realistisch-direkten Weise (man denkt an die Yakuza-Filme des Regisseurs zurück), der theoretische Überbau wird nicht zu stark strapaziert. «Battle Royale» ist zwar Kritik und Satire, aber vor allem ein Film über Jugendliche in tödlichen Situationen.
Dans La Ville Blanche
DVD / Regie: Alain Tanner
Nicht nur wenn sich die grossen Schiffe langsam durch das Meer bewegen, denk man bei «Dans La Ville Blanche» an die Dokumentation «Les Hommes Du Port», ebenfalls von Alain Tanner. Mit dem famosen Bruno Ganz in der Hauptrolle, wird hier allerdings fiktiv dargestellt, was im Leben passieren kann, wenn man Ziel und Antrieb verliert. Paul weiss nicht mehr weiter und verbringt seine Tage in Lissabon fast wie in einem Fiebertraum. Das ist zurückhaltend und realistisch inszeniert, betört durch die fragmentarische Struktur und regt zum Nachdenken und Mitfühlen an.
Graveyard Of Honor
BD / Regie: Takashi Miike
Dass die meisten Menschen in diesem Film auch nach diversen Treffern einer Pistole weiterhin aufstehen und kämpfen, ist nicht sehr glaubenswürdig, unterstreicht aber den gnadenlosen Aspekt von «Graveyard Of Honor». Takashi Miike nimmt das fiebrige Werk von Kinji Fukasaku, transportiert die Geschichte um den Aufsteiger bei den Yakuza in das moderne Japan und entzieht dem Gangster-Genre jegliche Anflüge von Romantik oder Glanz. Was hier präsentiert wird ist chaotisch, voller Wahnsinn und am Ende ohne jegliche Ethik oder Menschlichkeit. Beeindruckend gespielt, der Nihilismus ist fast nicht auszuhalten.
Almost Human
DVD / Regie: Joe Begos
Mit seinem Rock’n’Roll-Vampir-Film «Bliss» (2019) konnte mich Joe Begos überzeugen, sein Debüt «Almost Human» hingegen muss mit weniger Geld und Schauwerten aufkommen. Was zuerst wie eine Folge von «The X-Files» wirkt, wird zu einem schmutzigen Film über Aliens, dem bloss noch der VHS-Look für die perfekte Imitation eines billigen Streifes aus den Achtzigerjahren fehlt. Da leider die Schauspieler:innen schlecht sind und auch die Effekte wenig überzeugen, konnte mich diese Produktion nicht überzeugen.
Battle Royale II
BD / Regie: Kenta Fukasaku
(Revenge Cut) Was «Battle Royale II» alles an Rechtfertigungen für Krieg und Terror aufbietet, das grenzt an komplettem Geschmacksverlust. Kenta Fukasaku nimmt die gelungene Vorlage des ersten Teils, erweitert das Konzept der «Survival Program» auf hirnrissige Weise, füllt 2.5 stunden fast nur mit mühsamen Ballereien und vergisst dabei eine gute Geschichte zu erzählen. Jugendliche kämpfen gegen Erwachsene, alle verlieren sich in idiotischen, pseudo-intellektuellen Dialogen. Egal wie stark man «Battle Royale» liebt, dieser Film muss ausgelassen werden.
Short Term 12
BD / Regie: Destin Daniel Cretton
Was für eine Leistung von Brie Larson. Was für ein Cast mit Rami Malek, Lakeith Stanfield, Stephanie Beatriz und Kaitlyn Dever (die mich 2019 in «Booksmart» erneut vollends überzeugte). «Short Term 12» ist ein Kleinod und eine Achterbahnfahrt der Gefühle, Destin Daniel Cretton bringt warme Aufnahmen und Tiefschläge nahe zusammen. Man will Weinen, Lachen und viel mehr Zeit mit den Charakteren verbringen, der Zauber ist in jeder Sekunde vorhanden. Viel Liebe wird auch mit der Wahl des Credit-Songs bewiesen, Stanfield darf mit «After Party» noch einmal alle Gefühle hervorbringen.
Dass der Regisseur mittlerweile für Marvel den Film «Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings» inszeniert hat, will überhaupt nicht dazu passen.
The Batman
Kino / Regie: Matt Reeves
Langsam ist der Film, dreckig und dunkel. Immer wenn Batman mit anderen Personen im Bild ist, wirkt er wie ein Geisteskranker und genau das macht viel vom Reiz dieses Filmes aus. «The Batman» ist die Fledermaus-Interpretation von Matt Reeves, dieser überzieht alles mit Narben und lässt nicht einmal den steten Regen die Flammen löschen. Mit Ideen aus Geschichten wie «The Long Halloween» und «Cataclysm» wird eine neue Epoche für den Helden angebrochen, die mich sehr fesseln konnte.
Der tolle Cast überzeugt in allen Situationen (von Zoë Kravitz und Paul Dano hätte ich gerne mehr gesehen), die Bilder sind sehr stark gestaltet, die Musik untermalt das Geschehen gelungen. Schade bloss, fühlte sich alles eher wie eine Miniserie an – eine Trimmung auf zwei Stunden hätte der Produktion nicht geschadet.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Ja... "Short Term 12" ist einfach toll.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Aktuell im Kino ist übrigens eine Schweizer Produktion, die das Thema mit ähnlicher emotionaler Wucht angeht, "La Mif":
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Khrustalyov, My Car!
BD / Regie: Aleksei German
In «Khrustalyov, My Car!» weiss man nie so genau, ob man eine satirische Betrachtung der Realität erlebt, oder bereits dem Wahnsinn verfallen ist. Aleksei German zeigt die Zeit von Russland unter Stalin als Fiebertraum zwischen vollgestellten Räumlichkeiten, zwischenmenschlichen Streitereien und politischer Willkür. Die schwarz-weissen Aufnahmen sind immer inmitten des Chaos, die Figuren verhalten sich dreckig und gemein, alles passiert zugleich. Eine unvergleichliche und energieraubende Art des Filmemachens, die German später bei «Hard to Be a God» zum perfekten Extrem trieb.
Cop Car
BD / Regie: John Watts
Kevin Bacon ist immer super. Kevin Bacon mit Schnurrbart und Highway-Sonnenbrille ist grossartig. Vor allem, weil er bei «Cop Car» einen dreckigen Cop spielen darf, der sich auf die Jagd nach zwei Knaben macht, die sein Polizeiauto gestohlen haben. John Watts verfilmte die Geschichte ohne grosses Aufsehen, findet die nötige Wärme und lässt die Kinder den nötigen Raum. Eine gute Referenz dachten sich auch die Marvel Studios und liessen den Regisseur danach für viele Jahre mit Spider-Man spielen.
The Void
BD / Regie: Jeremy Gillespie, Steven Kostanski
Horrorfilme dürfen Hommagen an vergangene Zeiten und Macher:innen sein, solange sie Spass machen und keine billigen Kopien werden. Dem Regie-Duo Jeremy Gillespie und Steven Kostanski ist dies mit «The Void» vorzüglich gelungen: John Carpenter trifft auf Lovecraft, praktische Effekte auf hübsch ausgeleuchtete Szenerien. Die Geschichte um einen gefährlichen Kult, ein Monster aus dem Leerraum und wenige Personen, die sich gegenseitig an die Gurgel gehen, ist minimalistisch und doof, im Verbund mit der Inszenierung passt aber alles.
Pam & Tommy
Streaming, Disney+ / Schöpfer: Robert Siegel
Nachdem Lily James in der ersten Folge von «Pam & Tommy» praktisch nicht vorkam, wunderte ich mich doch kurz, wieso ich diese Miniserie überhaupt schaue. Die Geschichte um das berühmt-berüchtigte Sex Tape von Pamela Anderson und Tommy Lee interessiert mich nicht, die Personen sind mir egal, die Inszenierung zu fest auf Unterhaltung und Hochglanz poliert. Aber tja, Lily James ist umwerfend und als Pam eine Wucht. Ihre Ausdrucksweise, die Bewegungen, dazu Maske und Kostüme – die Schauspielerin verschwindet in der Rolle. Nicht weniger beeindruckend die Leistung von Sebastian Stan, diesen zwei zuzuschauen zu dürfen ist grossartig.
Der Rest ist leider gewohnt amerikanisch überspitzt, sehr stark auf schnelle Unterhaltung zugeschnitten und oft weniger tief als es einem vorgemacht wird. Da fehlt das dramaturgische Feingefühl.
Antiviral
DVD / Regie: Brendan Cronenberg
Alles ist weiss, nirgends ist es angenehm: Die Gestaltung und Bilder von «Antiviral» erinnerten mich sehr stark an «Cypher» (Vincenzo Natali, 2002), der Inhalt hingegen lässt nicht nur aufgrund von Viren die Körpertemperatur steigen. Das Debütwerk von Brendan Cronenberg mischt den Kult nach Berühmtheiten und Schönheit mit Body Horror, lässt Pharmakonzerne Krankheiten verkaufen und zeigt eine nihilistische Gesellschaft. Das ist teilweise etwas unrund inszeniert, überzeugt aber nicht nur dank Caleb Landry Jones in der Hauptrolle.
Frantz
DVD / Regie: François Ozon
Pierre Niney und Paula Beer versuchen die Nachwehen des ersten Weltkrieges auszuhalten und klammern sich an die Erinnerungen an den «Frantz». Was zuerst ein homoerotisches Geheimnis zu sein scheint, offenbart immer weitere Abgründe. Doof nur, wird das Drehbuch in der zweiten Hälfte schwächer und lässt die Strahlkraft vermissen. Die Regie von François Ozon ist aber gekonnt und findet immer wieder emotionale und magische Momente. Die Bilder hingegen erschienen mir etwas zu klinisch und aufgeräumt, trotz der schwarz-weissen Farbgebung.
Lingui
Streaming, Filmingo / Regie: Mahamat-Saleh Haroun
Wie setzt man sich als Frau in einem patriarchalen, unterdrückenden System durch? Keine einfache Frage, die oft mit vielen Gefahren einhergeht. Mit dem Film «Lingui» hat Mahamat-Saleh Haroun eine mögliche Lösung in seiner Heimat Tschad gedreht. Eine Mutter und ihre schwangere Tochter verbünden sich, um die Kontrolle über die eigenen Körper und das Leben wiederzuerlangen. Das sehr gute Spiel der Schauspielerinnen wird durch die starken Aufnahmen ergänzt, die Geschichte berührt. Eine sehr empfehlenswerte Produktion aus einem Land, aus dem man leider selten Filme sieht.
Street Mobster
BD / Regie: Kinji Fukasaku
Wenn Kinji Fukasaku etwas konnte, dann war es Szenen zu filmen, in denen sich hyperaktive Yakuza gegenseitig in die Mangel nehmen. Wackelnde Kamera, viel Geschrei und noch mehr Herumgefuchtel. Dazwischen driftet der Abschaum in Japan immer weiter in die Misere, Freunde sterben, Feinde auch. Mit viel Energie zeigt «Street Mobster» genau das auf und war sozusagen die Blaupause für die Reihe «Battles Without Honor and Humanity». Bunta Sugawara etablierte sich als charismatische Hauptperson, die Würde wird mit Füssen getreten.
Compartment No. 6
Kino / Regie: Juho Kuosmanen
Das Reisen mit dem Zug ist abenteuerlich und romantisch zugleich, ausser man steckt mit einer Person im Abteil, die scheinbar mühsam ist. Bei «Compartment No. 6» passiert dies, als eine Finnin durch Russland fährt. Doch hinter jeder harten Fassade verbirgt sich Menschlichkeit, eventuell gar Liebe. Juho Kuosmanen verfilmt das Buch mit realer und einfühlsamer Grundstimmung, lässt die Figuren einander umkreisen und bricht Vorurteile auf. Schön gefilmt und mit Liedern versehen, die im Kino immer wieder Freude machen («Love Is The Drug» von Roxy Music und «Voyage, voyage» von Desireless). Glücklicherweise wird auf ein erzwungen kitschiges Ende verzichtet.
Picnic At Hanging Rock
BD / Regie: Peter Weir
Junge Frauen verschwinden am Hanging Rock, ein Internat wird gestürzt. Mit «Picnic At Hanging Rock» wurde Regisseur Peter Weir weltbekannt und hat ein Film geschaffen, der Wunsch und Albtraum zugleich ist. Mit warmen Bildern, tollen Darstellerinnen und einem fesselnden Stimmungsbogen. Aus jugendlicher Hoffnung wird ein realistischer Schrecken, die klaren Strukturen machen mysteriösen Geschehnissen Platz – was mich oft an die Arbeitsweise von Nicolas Roeg erinnerte. Man lässt sich von den Szenen tragen und versinkt immer mehr in der Geschichte.
The Secret Garden
DVD / Regie: Marc Munden
Ein Kinderfilm muss nicht langweilig und einfach sein, schliesslich denken nicht nur erwachsene Personen gerne nach. Bei der neusten Neuverfilmung von «The Secret Garden» ging dieser Grundsatz leider vergessen und das Drehbuch weiss während 90 Minuten keine interessante Geschichte zu erzählen. Es passiert nichts, die Hauptfigur nervt, die Schnitte sind stellenweise katastrophal. Schade, sieht das Werk von Marc Munden eigentlich gut aus und hätte im Kern wichtige Aussagen zu bieten.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Loro
DVD / Regie: Paolo Sorrentino
(Director’s Cut) Wenn Paolo Sorrentino und Toni Servillo zusammenarbeiten, sind Opulenz und ein kritischer Blick auf die Gegenwart in Italien garantiert. Mit «Loro» werden die Jahre 2006-2009 von Silvio Berlusconis Machenschaften inszeniert, der schmutzige Kampf um die Position als Ministerpräsident wird mit Geld, Hedonismus und Unterdrückung geführt. Szenen voller nackter Haut und Party, manipulative Gespräche, Schein und Sein im Ringkampf.
Manchmal eine wilde Fahrt, oft etwas am Ziel vorbei und mit Überdruss. Schlussendlich war ich froh, die internationale und nicht die knapp vier Stunden lange Fassungen gesehen zu haben. Und immer dieses Grinsen, da schaudert es einen sofort.
Du rififi chez les hommes
BD / Regie: Jules Dassin
Ein Film Noir aus den Fünfzigerjahren, diese Vorzeichen sorgen für eine grosse Freude bei mir. «Du rififi chez les hommes» löst diese Erwartungshaltung locker ein, Jules Dassin hat ein Meisterstück des Gaunerfilmes inszeniert. Das Herzstück ist der fulminante, aufregend lang dauernde und ohne Dialoge gefilmte Überfall. Dazu überzeugen die Schauspieler:innen, die Kamerapositionen sind super und das düstere, rabenschwarze Ende ein Schlag in den Magen. Eine Perle des Genres.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Azor
Streaming, Filmingo / Regie: Andreas Fontana
Die Geschichte um den Angestellten einer Privatbank, der in Lateinamerika mit der reichen Oberschicht anbandelt, fühlt sich durch die langsame und nachdenkliche Inszenierung wie ein Roman von Max Frisch an. Je länger der Film von Andreas Fontana dauert, desto grösser das Bewusstsein, dass es sich hier um «Heart Of Darkness» handelt. Die Hölle in schönen Bildern, die Dekadenz am Abgrund.
Les Garçons sauvages
BD / Regie: Bertrand Mandico
Kein Einzelbild von «Les Garçons sauvages» ist ordinär oder langweilig. Was Regisseur Bertrand Mandico mit diesem Film zusammengezaubert hat, ist ein glitzerndes, leicht unscharfes, feucht-fröhliches Fantasiekonstrukt. Ein hemmungsloser Gegenentwurf zur Geschlechternorm des Patriarchats, ein Ausbruch aus Gender und Hemmung. Körpersäfte, Hitze, Träumereien und ein Besetzungscoup, den man bis zum Schluss nicht vermutet hätte.
Der Film bleibt trotz plakativer Aussagen, etwas langwierigen Stellen und grotesker Ideen sehenswert. Ich bin sehr auf «After Blue» gespannt.
Sterne über uns
Streaming, ARTE / Regie: Christina Ebelt
Die versteckte Armut existiert auch in unseren Ländern. «Sterne über uns» ist eine TV-Produktion, die Thema in Spielfilmform nachgeht. Wir begleiten Melli und ihren Sohn durch den Alltag, der von Lügen und Unsicherheiten beherrscht wird. Obdachlos, ohne Aussicht auf eine gute Anstellung und vom sozialen Netz fallengelassen: Christina Ebelt sucht in der Geschichte kein Happy End, sondern zeigt die Realität. Die Inszenierung und das Schauspiel erfüllen diesen Anspruch leider nicht immer und die Produktionsherkunft lässt sich nicht leugnen.
Silent Running
BD / Regie: Douglas Trumbull
Hippies im Weltraum: Das wäre so weit alles interessant und von guten Aussagen vorangetrieben, wenn allerdings Joan Baez zu singen beginnt, implodiert das Science-Fiction-Gerüst. Diese kurzen Momente weggelassen, ist «Silent Running» ein weiterhin aktueller Film, bei dem sich Douglas Trumbull der Frage stellt, was die Menschheit machen kann, wenn wir unseren Heimatplaneten zerstört haben.
Fantastische Modellaufnahmen, ein ehemaliger Flugzeugträger als Set, eine simple, aber wirkungsvolle Geschichte. Noch ist es nicht zu spät, retten wir die Menschheit, in dem wir uns mit der Natur in Einklang bringen.
Tyrannosaur
BD / Regie: Paddy Considine
Die Lust nach England zu reisen ist nach der Sichtung von «Tyrannosaur» verpufft. Die Lust, sich mit Menschen zu umgeben ebenfalls. Das Regiedebüt von Paddy Considine ist ein deprimierender, brutaler und dreckiger Film über Verlust, Hass und Einsamkeit. Peter Mullan und Olivia Colman suchen in ihren Rollen nach Erlösung und Frieden, doch der Weg zum schönen Leben ist mit Grausamkeit gepflastert. Nach diesem Film fühlt man sich wie die Figuren; verprügelt und von aller Positivität verlassen.
Color Out Of Space
DVD / Regie: Richard Stanley
Mystik, Magie, moderne Darstellung mit schönen Menschen: Die ersten Minuten von «Color Out Of Space» fesseln, dann jedoch driftet die Neuinterpretation von Lovecrafts Geschichte in ein absurd-doofes Gehabe ab. Zwar packt Richard Stanley wunderbar viel Blut, Effekte und schräge Einfälle in seinen Film, das Drehbuch ist aber vor allem sinnlos. Nicolas Cage nervt als überdrehter Vater in der Hauptrolle, Nebenfiguren tauchen nur dann auf, wenn die Geschichte diese braucht, die letzte halbe Stunde ist pures Chaos. Davon habe ich mir mehr versprochen, die Optik funktioniert hingegen sehr gut. Madeleine Arthur ist cool!
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
East Of Eden
DVD / Regie: Elia Kazan
Was für ein Bildformat, was für eine Grösse. Mit «East Of Eden» hat Elia Kazan ein Film geschaffen, der die Liebe, die Frage nach Zugehörigkeit und die Rastlosigkeit der Jugend in wärmenden Farben und mit dem liebenswürdigen James Dean zelebriert. Da schmachtet man sehr gerne mit und fühlt sich selbst hin- und hergerissen.
Sound Of Metal
Streaming, Amazon / Regie: Darius Marder
Der Film geht tief, nicht nur wegen dem grossartigen Sounddesign, das den Gehörverlust und die unterschiedliche Wahrnehmung packend darstellt. Riz Ahmed brilliert als Schlagzeuger, der während eines Konzertes sein Gehör verliert. Eine schreckliche Vorstellung, die Darius Marder emotional berührend mit «Sound Of Metal» inszeniert hat. Sicherlich ist vieles an der Geschichte sehr amerikanisch geraten, der Spielfilm lässt einen aber nachdenklich zurück. Besonders, wenn man wie ich seit einigen Jahren einen Tinnitus hat, verursacht durch zu viele und laute Konzertbesuche.
Gumshoe
BD / Regie: Stephen Frears
Mit seinem ersten Langfilm hat sich Stephen Frears nicht bloss an einem Kriminalfilm versucht, sondern die Standards des Genres von den USA nach England verlegt und die Eigenheiten als Parodie neu aufgezogen. Das funktioniert erstaunlich gut, optisch hingegen werden wenige Highlights geboten. Schade bloss, ist die von Albert Finney gespielte Hauptfigur rassistisch. Sympathie wird darum nicht generiert, eine Bindung findet nicht statt.
L'Événement
Kino / Regie: Audrey Diwan
Mein Körper, meine Rechte. Leider gilt dieser Grundsatz weiterhin nicht überall auf der Welt, noch schlimmer war es in den Sechzigerjahren, auch in Frankreich. «L'Événement» von Audrey Diwan widmet sich der wahren Geschichte von Autorin Annie Ernaux und zeigt ihre schrecklichen Erfahrungen mit Abtreibung und Unterdrückung der Frauen als Spielfilm. Immer nah an Hauptdarstellerin Anamaria Vartolomei gefilmt, mit Szenen die unter die Haut gehen und aufwühlender Klangkulisse. Lohnt sich sehr. Dazu kommt die immer gut spielende Luàna Bajrami, welche mir auch in diesem Film sehr gefallen hat.
Synchronic
DVD / Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead
Das Regie-Duo Justin Benson und Aaron Moorhead hat es mir mit kleinen Indie-Filmen wie «The Endless» und «Spring» angetan. «Synchronic» bringt ihre Herangehensweise an Science-Fiction in eine höhere Budget-Ebene, verliert unterwegs aber alle Faszination. Die Geschichte um eine Droge, welche Zeitreisen ermöglicht, ist uninteressant aufgezogen, strukturell lückenhaft und wird dem eigentlich guten Konzept niemals gerecht. Da habe ich mir mehr davon erhofft.
Pig
DVD / Regie: Michael Sarnoski
Ach, wie süss ist denn dieses Trüffelschwein. Da wäre ich auch sehr wütend, wenn es mir geklaut werden würde. Verständlich also, zieht der zottelige und dreckige Koch (zurückhaltend gespielt von Nicolas Cage) los, um in der Stadt die Verbrecher ausfindig zu machen. Michael Sarnoski lässt «Pig» aber nicht zu einem Rache-Thriller verkommen, sondern hat die Geschichte introvertiert und langsam inszeniert.
Das bietet viel Tiefe und Menschlichkeit, verwirrt aber mit den merkwürdigen Einfällen. Ein Fight-Club im Keller für Mitarbeiter aus der Gastrobranche? Eine satirische Darstellung der heutigen Hipster-Küchen? Die stimmungsvollen Gespräche und Aufnahmen der restlichen Szenen waren mir lieber.
C’mon C’mon
Kino / Regie: Mike Mills
Dass Mike Mills mich nie mehr so stark bewegen wird, wie er es mit «20th Century Women» geschafft hat, war klar. Seine Art, die Menschheit auf eine emotionale und leicht schwebende Art darzustellen, gelingt ihm bei «C’mon C’mon» gleichermassen hervorragend. Joaquin Phoenix ist wunderbar zerzaust, Woody Norman fantastisch, der strukturelle Kniff, Interviews mit Kindern und Jugendliche als Rahmen für den Film aufzubauen sehr überzeugend.
Man lässt sich von den Aufnahmen verzaubern, wandert mit den Figuren durch die Szenen und Städte der USA und findet Schönheit und Liebe in diesen tragischen Zeiten. Niemals aufgeben, immer füreinander da sein und vor allem: zuhören.
Malcolm & Marie
Streaming, Netflix / Regie: Sam Levinson
Zendaya und John David Washington spielen hervorragend, die schwarzweissen Bilder sind stimmungsvoll, die Inszenierung technisch sehr gelungen. Doch der Film von Sam Levinson überzeugt selten. Zu keiner Sekunde weiss man bei «Malcolm & Marie» was die Aussage sein soll, ob die Kommentare zum Filmbusiness eine Metaebene generieren sollen und was daran so befriedigend ist, zwei Menschen bei einem Dauerstreit zuzusehen. Froh bin ich nur darüber, diese Charaktere nicht in meinem Leben zu haben.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
One Million Years B.C.
DVD / Regie: Don Chaffey
Dass Raquel Welch in ihrem Fell-Bikini im Zentrum dieses Vergnügens steht, muss niemandem gesagt werden. Dass die Damen in dieser trashigen Version der Steinzeit aber mit einer Muschel-Handtasche herumlaufen, dass sich Stop-Motion-Dinosaurier gegenseitig hauen und kein Wort gesprochen wird, hat auch Charme. «One Million Years B.C.» von Don Chaffey ist trotzdem doof, unterhaltsam doof.
The Personal History of David Copperfield
DVD / Regie: Armando Iannucci
Die Herangehensweise Armando Iannuccis an bekannte und selbstgeschriebene Geschichten ist meist eine sarkastische und ironische, bei «The Personal History of David Copperfield» will dies aber nicht gelingen. Der Film wirkt wie eine lose Reihe von Szenen und Inszenierungen, fantastisch besetzt und mit vielen Schauwerten verfilmt. Den Figuren zuzusehen macht immer Spass, es fehlt aber die gesamtheitliche Botschaft.
[REC]²
BD / Regie: Jaume Balaguero, Paco Plaza
Nahtlos an den Zombie-Schocker «[REC]» schliesst die Fortsetzung von Jaume Balaguero und Paco Plaza an und präsentiert erneut Found-Footage-Schrecken mit Polizei, blutrünstigen Menschen und einer abstrusen Hintergrundgeschichte um Dämonen und die Kirche?! Hinterfragen sollte man bei dieser Ausweitung der Mythologie besser nichts, dann ist der rasante Film geniessbar. Logik und Gehalt wurden schon lange im Treppenhaus zerfleischt.
Wrath of Man
DVD / Regie: Guy Ritchie
So trocken und brutal wie bei «Wrath Of Man» lässt Guy Ritchie selten seine Figuren aufeinanderprallen. Das Remake des französischen Filmes «Cashtruck» ist düster und ernst, mit einem passend stoischen Jason Statham in der Hauptrolle. Das ist nicht falsch, die Struktur des Drehbuches mit den unterschiedlichen Parteien und Zeitetappen will aber mehr, als es eigentlich bieten kann. Hauptsache, die Selbstjustiz ist das richtige Mittel zum Zweck.
Soul of a Beast
Kino / Regie: Lorenz Merz
Zürich au seiner neuen, cineastischen Perspektive: Was Lorenz Merz mit «Soul Of A Beast» abzieht, sieht man praktisch nie in der Schweizer Kinolandschaft. Dass er seinen Film mit einer atemlos-feurigen Geschichte um Freundschaft, Liebe und Sehnsüchte ausstaffiert, macht das surreale Geschehen noch besser. Man beginnt in der Clique und endet in einer dystopischen Vision voller Verderben, Wildtiere und einer Abwandlung von «Lone Wolf And Cub». Dazu Ella Rumpf und Luna Wedler, ich war besonders von der zweiten Filmhälfte sehr angetan.
Where Eagles Dare
DVD / Regie: Brian G. Hutton
Auf ins Abenteuer, gegen Nazis und für die Freiheit im Zweiten Weltkrieg. Mit «Where Eagles Dare» hat Brian G. Hutton ein dieser Sechzigerjahrefilme inszeniert, die wahrscheinlich bei unseren Vätern für viel Begeisterung gesorgt haben. Dass die Mission mit Richard Burton und Clint Eastwood im Zentrum heute noch gut funktioniert, ist den guten Set-Pieces zu verdanken und den spannenden Action-Momenten. Die Geschichte ist erstaunlich positiv verworren, auch wenn nicht alles ganz aufgeht.
Conversation Piece
DVD / Regie: Luchino Visconti
Der verdiente Ruhestand in der schicken Wohnung, umgeben von Kunst und Literatur? Für den Professor in «Conversation Piece» geht dieser Wunsch leider nicht in Erfüllung, muss er sich schon bald mit einer Gräfin, ihrer Tochter und den Verehrern herumschlagen. Das wird als dialoglastiges Kammerspiel inszeniert, mit einem grossartigen Drehbuch und herrlichen Wortgefechten. Luchino Visconti lässt sich Zeit und untersucht damit die Wertvorstellungen in unseren Leben, sowie verpasste Chancen.
Malignant
Streaming, Sky / Regie: James Wan
Als meine Freundin beim Vorspann die Meinung äusserte, dass dies wie «Grey’s Anatomy» in einer Horror-Version wirkt, waren die Vorzeichen klar. Mit seiner Rückkehr zu den Gruselfilmen hat James Wan ein teures Hochglanz-Kuriosum geschaffen, das totaler Trash ist, sich dieser offensichtlichen Herkunft aber nie komplett hingibt. «Malignant» nimmt sich viel zu ernst, serviert hanebüchene Dialoge, Stimmungswechsel und Entwicklungen, fährt den Karren am Ende komplett gegen die Wand und lässt ratlos zurück. Das kann als stupide Unterhaltung funktionieren, für mich war es nur schlecht.
Fresh
Streaming, Disney+ / Regie: Mimi Cave
Dass Daisy Edgar-Jones und Sebastian Stan zum Anbeissen sind, steht ausser Frage. Allerdings geht diese Zuneigung im Film «Fresh» von Mimi Cave etwas weit und lässt ein angenehmes Date zu einem Albtraum mit Kannibalismus und Frauenhass einer satanischen Gemeinschaft ausarten. Modern gefilmt, mit vielen, traurigen Wahrheiten über die Verhaltensweisen der Männer und den Credits nach erst 30 Minuten. Obwohl die Geschichte in viel gesehener Manier erzählt wird, reisst die Produktion doch mit.
Patrick
BD / Regie: Tim Mielants
Kaum ist der Hammer weg, gerät die Welt aus den Fugen. «Patrick» ist ein kauziges Drama über ein Nudisten-Camp und deren internen Probleme, dargestellt aus der Sicht des eigenbrötlerischen Sohns der Campleitung. In wunderbare Aufnahmen gepackt (Licht, Perspektiven, Farben) und mit Humor und Feingefühl, voller kleiner Momente die das Herz erwärmen. Ohne das Gewicht von Verlust und Trauer zu schmälern, hat Tim Mielants ein kleiner und feiner Film geschaffen.
Je suis Karl
Streaming, Filmingo / Regie: Christian Schwochow
Die Radikalisierung der Jugend, das erstarken der Neuen Rechten. Mit «Je suis Karl» geht Christian Schwochow ein aktuelles und brisantes Thema an und inszeniert dies mit vielen Schauwerten und einer überzeugenden Luna Wedler in der Hauptrolle. Leider aber ist vieles an der Geschichte überhastet und zu plakativ, Momente der Reflektion oder des Nachdenkens finden bei den Figuren nicht statt. Die wichtigen Inhalte gehen in diesen reisserischen zwei Stunden darum etwas unter und haben nicht den gewünschten Lerneffekt.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Wow. So extrem wie bei Malignant waren wir wohl selten auseinander.
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Endlich einmal?
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass man "Malignant" mag und dieser überspitzte "Anything Goes"-Ansatz von Wan abfeiert. Für mich war es aber nur Schrott.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass man "Malignant" mag und dieser überspitzte "Anything Goes"-Ansatz von Wan abfeiert. Für mich war es aber nur Schrott.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Die Malignant Wertung begrüße ich als Abbrecher, erst recht von einem versierten Arthouser!
- deBohli
- Palmenkicker
- Beiträge: 10928
- Registriert: 15.10.2005, 10:32
- Wohnort: Zofingen, Schweiz
- Kontaktdaten:
Re: Filmtagebuch: deBohli
Die Masse hat halt selten recht.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Das ist ja das Absurde bei diesem Film: Alles sprach dafür, dass die Masse hier eure Position einnimmt. Hätte ich den Film als erster Mensch gesehen, wäre ich mir sicher gewesen, dass er verrissen werden würde.
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste