Filmtagebuch: deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Animalia
Kino / Regie: Sofia Alaoui
(NIFFF 23-01) Wie weit bringt dich Glauben? Wie wichtig ist Religion? Sofia Alaoui streift mit ihrem Film «Animalia» wichtige Fragen, ohne zu stark eine Position zu beziehen. Die fantastischen Elemente der Geschichte fügen sich gut im Drama ein, die Kameraarbeit ist sehr gelungen und das Spiel von Oumaïma Barid überträgt die Emotionen perfekt.
Ein stimmungsvolles, leicht psychedelisches Erlebnis, das nachhallt.
Perpetrator
Kino / Regie: Jennifer Reeder
(NIFFF 23-02) Was für ein wildes Ding! Jennifer Reeder zieht ihren eigenen Stil durch und serviert mit «Perpetrator» ein Cocktail aus TV-Serien-Feeling («Riverdale»!), blutigen Szenen, feministischer Anarchie und einem spassig-energetischen Angriff auf das Patriarchat.
Da blieb ich ungläubig zurück und fühlte mich an «Sedmikrásky – Daisies» von Věra Chytilová erinnert. Cool auch, Alicia Silverstone wieder einmal auf der Leinwand zu sehen.
Vincent doit mourir
Kino / Regie: Stéphan Castang
(NIFFF 23-03) «Vincent doit mourir», scheint die ganze Welt zu denken. Oder ist es ein Virus? Der brutale und humorvolle Film von Stéphan Castang startet mit vielen Ideen und einer grossen Energie, das Zusehen macht Spass.
Leider entwickelt sich die Geschichte in der zweiten Hälfte etwas zu gewohnt, die Mischung aus Gesellschaftssatire, Liebesgeschichte und Zombie-Variation gefällt trotzdem.
Consecration
Kino / Regie: Christopher Smith
(NIFFF 23-04) Da hat Christopher Smith Jena Malone als Hauptdarstellerin in seinem neuen Film gecastet und lässt die Bilder mit schrecklicher Weichzeichnung unschön aussehen. Warum bloss?
Die Optik ist nicht die einzige falsche Entscheidung bei «Consecration», ist die Geschichte leer und unlogisch, die Kritik an der Kirche platt und oft vernommen. Da wäre mehr drin gewesen, sein Film «Triangle» gefiel mir damals besser.
Tiger Stripes
Kino / Regie: Amanda Nell Eu
(NIFFF 23-05) Als Frau hat man es in Malaysia nicht einfach, besonders in den Teenager-Jahren. Im Film «Tiger Stripes» von Amanda Nell Eu werden die körperlichen und hormonellen Veränderungen ins Extrem überzeichnet, Sagen und Folklore darin verwoben.
Fantasy und Geistergeschichte als Coming-Of-Age Drama, mit netten Momenten und guten Aufnahmen: Doch die Mischung wollte nicht immer aufgehen und der Film wagte es selten tief zu gehen. Mehr Mystik wäre mir lieber gewesen.
The Cuckoo’s Curse
Kino / Regie: Mar Targarona
(NIFFF 23-06) Ein Häusertausch mit fremden Menschen als Ferienidee? Nein danke! Mar Targarona zeigt im Film «The Cuckoo’s Curse», dass dies eine schlechte Entscheidung ist und bloss zu viel Gewalt und Horror führt.
Dass sich die Geschichte an zu vielen Klischees bedient und sehr vorhersehbar ist, konnte den Spass nicht trüben. Trotzdem werde ich den Film wohl schnell vergessen haben.
Phoenix
DVD / Regie: Christian Petzold
Nach der unsäglichen Zerstörung des Zweiten Weltkriegs will alles wieder auferstehen: Deutschland, die Juden, die Unterhaltungsindustrie und KZ-Überlebende Nelly Lenz (wunderbar emotional von Nina Hoss gespielt). Doch die Gegenwart ist gnadenlos.
«Phoenix» wurde von Christian Petzold auf geschickte und vielseitige Weise inszeniert. Was zuerst eine kollektive Betrachtung des Schmerzes ermöglicht, wird zu einem persönlichen Spiel um Liebe und Vergebung. Alles arbeitet auf die letzte Szene hin, die ihre Wirkung stechend entfaltet.
Carmilla
DVD / Regie: Emily Harris
Was bereits viele Male verfilmt wurde, darf unter der Regie von Emily Harris zu einem Drama mit ganz leichten Spuren von Gothic-Horror werden. Viel von dem Vampir-Mythos ist in «Carmilla» allerdings nicht zu finden und die Geschichte wird zur halbgaren Metapher für Queer-Hass.
Die zwei Hauptdarstellerinnen überzeugen, gleichwohl die ruhige Stimmung und die Belichtung – wenn auch vor allem in der ersten Hälfte, in der die Sehnsüchte von Lara wunderbar zu spüren sind.
Everything Will Change
DVD / Regie: Marten Persiel
Die Intention von Marten Persiel ist eine sehr gute, will er mit seinem Film «Everything Will Change» uns dazu anregen, etwas gegen die drohende Klimakatastrophe zu machen. Doch leider wirkt die Mischung aus Spielfilm und Dokumentation nie überzeugend genug.
Das Gewicht liegt auf den emotionalen Aspekten, die Handlungsebene der Zukunft wird optisch ansprechend dargestellt. Bekannte Fakten und esoterisch wirkende Phrasen gestalten das Erlebnis aber halbgar, trotz den Wahrheiten und depressiven Gewissheiten.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Mahatah - Side Stories from Main Stations
Stream, Filmingo / Regie: Sandra Gysi, Ahmed Abdel Mohsen
Ein Film über Bahnhöfe und einer davon ist Zürich HB? Was sich auf Papier wie eine Traumproduktion für mich SBB-Fan anhört, entpuppte sich als schleppende Beobachtung des alltäglichen Lebens diverser Angestellten in Kairo und Zürich.
«Mahatah - Side Stories from Main Stations» hat zwar Musik von Julian Sartorius und am Ende eine nette Montage der Gegenüberstellung, meist allerdings hat man das Gefühl, dass so viel mehr möglich gewesen wäre. Beim Schnitt, bei der Wahl der Portraits, bei den politischen Aspekten und bei den Aufnahmen hinter den Kulissen der Bahnhöfe.
Hope
Stream, Filmingo / Regie: Boris Lojkine
«Die Reise der Hoffnung» liegt lange zurück, die gesellschaftlichen Probleme und Fragen zu Migration und Flucht wurden in den Jahren nicht kleiner. Was trotz menschenverachtender Politik in Europa nie aufgegeben wurde, ist die Hoffnung. Boris Lojkine benannte in seinem Drama die weibliche Hauptfigur danach, und lässt uns alle an ihrem schrecklichen Weg von Nigeria nach Europa teilhaben.
«Hope» ist ein Spielfilm, der ungeschönt den täglichen Überlebenskampf auf der Fluchtroute auf die Leinwand bringt, ohne Klischees oder Weichzeichnung. Brutalität, sexuelle Gewalt und die gnadenlose Haltung der Staaten werden in realistisch wirkenden Szenen gezeigt, einzelne Momente der Zuneigung bringen die Menschlichkeit zurück. Ein eindringlicher, wichtiger Film.
Disco Boy
Kino / Regie: Giacomo Abbruzzese
Von der Titeleinblendung zu den letzten Tanzbewegungen im Club ist «Disco Boy» ein audiovisuell berauschendes Abenteuer. Die Musik von Vitalic, die Kameraarbeit von Hélène Louvart und die wenigen Dialoge machen den ersten Film von Giacomo Abbruzzese sehr stimmungsvoll.
Da die Geschichte etwas ziellos wirkt, bleibt aber nicht viel mehr. Zu oft erinnert das Drama mit dem grossartigen Franz Rogowski in der Hauptrolle an «Beau Travail» von Claire Denis, bleibt aber mystischer und weniger eindringlich.
Moments
BD / Regie: Peter Crane
Mit dem dritten und letzten Film aus der ungestümen Produktionsfirma The Pemini Organization versuchten Peter Crane und seine Freunde das steife Genre des Kitchen Drama mit neuer Energie zu versehen. «Moments» ist in dieser Hinsicht ein Erfolg mit depressivem Ende.
Die Zeitsprünge, das lange Gespräch, welches sich über viele Szenen und Handlungsorte erstreckt, die Fragen zu Leben und Tod – alles verbindet sich zu einer interessanten Erzählung, die zusätzlich mit toller Kameraarbeit überzeugt.
2 ou 3 choses que je sais d'elle
Stream, Mubi / Regie: Jean-Luc Godard
Kapitalismuskritik im Experimentalfilm, philosophisches Essay im genresprengenden Drama: «2 ou 3 choses que je sais d'elle» ist ein Schwellenwerk im Schaffen von Jean-Luc Godard und eine Analyse der Veränderungen, die Paris (und damit Frankreich) Ende der Sechzigerjahre durchmachte.
Mit Texttafeln, einer angedeuteten Geschichte aus der Arbeiterklasse und ins Bild drängenden Baumaschinen wird an den Gewissheiten gerüttelt. Das Resultat ist zu gleichen Teilen interessant wie anstrengend.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Adam
Stream, Filmingo / Regie: Maryam Touzani
Mit ihrem Spielfilm «Adam» zeigt uns Maryam Touzani eine neue Sicht auf Marokko, die der Frauen. Getragen von den zwei Hauptdarstellerinnen Lubna Azabal und Nisrin Erradi wird ein intimer Blick auf die Rollen der Frau und deren Platz in der Gesellschaft ermöglich.
Geschickt wechselt die Perspektiven in den Szenen, wunderbar warm sind die Bilder. Leckere Backwaren und ehrliche Emotionen finden zusammen während Mutterschaft und zwischenmenschliche Beziehungen realistisch dargestellt werden. Und das, ohne am Ende die üblichen Klischees bedienen zu müssen.
But I’m A Cheerleader
BD / Regie: Jamie Babbit
Ein queerer Kultfilm, der weiterhin sehr gut unterhält. Besonders dank den Leistungen von Natasha Lyonne und Clea DuVall, der grossartigen Farbgestaltung und der bitterbösen Satire. «But I’m A Cheerleader» nimmt die homophobe Gesellschaft der USA auseinander und entlarvt die vorherrschende Doppelmoral.
Gewisse Szene und Entwicklungen im Film von Jamie Babbit fühlen sich zwar unrund und nach SitCom an, besonders die spritzigen Dialoge wissen dies aber auszugleichen.
Mission: Impossible – Dead Reckoning Part One
Kino / Regie: Christopher McQuarrie
Willkommen zur grossen Ethan MacGuffin Hunt! Ein rasantes Abenteuer, beherrscht von Tom Cruise als Meister der Stunts, überflügelt von realen Schauplätzen und dem tollen Ensemble. «M:I – DR P1» hat hingegen im Titel mehr Gewicht, als in der Geschichte.
Was Christopher McQuarrie abliefert, ist ein bis ins letzte Detail durchgeplanter, riesiger Action-Spass, der inhaltlich absoluter Blödsinn verzapft. Doch egal, mein Gehirn schaltete auf Durchzug und ich liess mich von der Teamchemie, den Setpieces und der Selbstironie überzeugen. «Fallout» fühlt sich nachträglich zwar wie der verpasste, perfekte Abschluss an, ich freu mich gleichwohl auf die kommende Fortsetzung.
Sehr schön auch der Cast mit Namen wie Shea Whigham, Hayley Atwell, Vanessa Kirby und Pom Klementieff, die mitunter vom Drehbuch ziemlich im Regen stehen gelassen werden.
(Übrigens ist es ein grosser Spass bei Letterboxd dazu eine Review zu posten. Es wurde ein nettes Gimmick eingebaut.)
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Re: Filmtagebuch: deBohli
La resa dei conti
BD / Regie: Sergio Sollima
Sie hassen und sie lieben sich: Lee Van Cleef und Tomas Milian umkreisen einander als Erzfeinde in «La resa dei conti», ohne in die üblich brutale Masche der italienischen Western zu verfallen. Die Jagd durch Mexico enthält Witz, körperliche Anziehung und die Frage nach Gerechtigkeit.
Der Film von Sergio Sollima bietet viele tolle Szenen, unerwartete Momente und eine interessante Neuausrichtung der damaligen Präsentation von Held und Verbrecher.
Masculin Féminin
Stream, Mubi / Regie: Jean-Luc Godard
Peng; Jean-Luc Godard schiesst scharf. «Masculin Féminin» betrachtet die Jugend in Frankreich in den Sechzigerjahren und bohrt bei Sex, Liebe und politischem Aktivismus tief. Rasant in kleinen Episoden erzählt, mit Regisseur-typischen Texteinblendungen und abrupten Schnittwechsel.
Jean-Pierre Léaud und Chantal Goya sind famos, viele Momente sehr komisch und der Film ein im Gleichgewicht zwischen Experiment, Essay und Drama.
The Scary Of Sixty-First
BD / Regie: Dasha Nekrasova
Dass ich unvorbereitet in die Welt von Dasha Nekrasova eintrat, rächte sich. Ihr Horrorfilm «The Scary Of Sixty-First» wirkte ohne Hintergrundinfos wirr, überbordend und stellenweise lächerlich abstossend. Doch die Giallo-Hommage und Abrechnung mit rechten Gedankenströmungen in Verschwörungstheorien ist zugleich faszinierend und unterhaltsam.
Queerer Sex, die Verflechtung realer Gewalttaten mit dämonischer Besessenheit und eine Ästhetik wie in den Siebzigerjahren – alles vermengt sich zu einem leicht giftigen Cocktail, der berauscht und viele Fragen unbeantwortet lässt.
The Dungeonmaster
BD / Regie: Steven Ford, Charles Band, Ted Nicolaou, John Carl Buechler, Peter Manoogian, Rosemarie Turko, David Allen
Ein Abenteuerfilm aus den Achtzigerjahren, der noch mehr Achtzigerjahre nicht ertragen hätte. Spandexkleidung, Aerobic-Sequenz, Heavy-Metal-Konzert, optische Zaubereffekte, Comupternerd und eine Fantasywelt – «The Dungeonmaster» hat alles.
Was leider fehlt, nebst einem angemessenen Budget und Schauspieler:innen mit guten Fähigkeiten, ist eine packende Geschichte. Die Duelle sind langweilig, der Inhalt mehr als doof. Unterhaltsam ist das Ganze trotzdem.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Was ging so im Urlaub?
Level Five
Stream, Mubi / Regie: Chris Marker
Während Chris Marker mit «Level 5» die digitalen Welten zu erkunden begann, ist der Film zugleich eine Brücke zwischen der realen Vergangenheit und fiktiven Charakteren im Heute. Die Schrecken des Zweiten Weltkrieges beeinflussen ein persönliches Schicksal, dokumentarische Aufnahmen landen im Cyberspace.
Ein experimentelles Vergnügen, das fasziniert und nebst den realen Gewalttaten viel Wärme und beruhigende Momente bietet.
Last Sentinel
Kino / Regie: Tanel Toom
Während die ersten Sekunden bei mir Erinnerungen an «Tides» (Tim Fehlbaum, 2021) wachwerden liessen, konnte mich «Last Sentinel» bis zum Schluss nicht gewinnen. Der Endzeitfilm von Tanel Toom wirkt unausgegoren und hantiert bloss mit den üblichen Zutaten solcher Produktionen.
Kate Bosworth reisst wenig raus, Wasser und die graue Farbgebung bestimmen die Laufzeit. Immerhin darf Peter fröhlich auf dem Deck wackeln – was das «überraschende» Ende und die fehlende Logik nicht ausbügelt.
Gesehen an der Sneak Peek des Zeise Open Air Kinos in Hamburg.
Barbie
Kino / Regie: Greta Gerwig
When life gives you patriarchy you paint that shit pink.
Before dismantling it and making the world a better place.
Viel Kritik könnte an «Barbie» geäussert werden, doch seien wir ehrlich: Für ein vom Spielzeughersteller initiiertes Marketingprodukt ist der Film von Greta Gerwig das bestmögliche Ergebnis. Ein bunter, emotionaler und frecher Schlag gegen das herrschende Machtgefüge, ein perfekt besetztes Abenteuer mit erstaunlich gefühlvollen Szenen.
Von netten Gags im Hintergrund bis zur grossen Story, vom zu kleinen Haus bis zur praktisch gedrehten Reise in allen Fahrzeugen ist das pinke Abenteuer vor allem ein Must-See für Männer und Menschen, die weiterhin glauben, Feminismus sei unnötig. Plus: Der Soundtrack besteht nur aus Knallersongs!
Oppenheimer
Kino / Regie: Christopher Nolan
Optisch ist «Oppenheimer» eine Wucht. Verstärkt durch das Erlebnis der 70mm-Projektion, sind alle Aufnahmen betörend – unterstützt von der genialen Ausstattung, den praktischen Effekten und dem sehr gut spielenden Cast mit Namen wie Cillian Murphy, Emily Blunt, Robert Downey Jr. und Florence Pugh.
Doch wie bei Christopher Nolan üblich, verfehlt er es auch mit dieser Nacherzählung wahrer Ereignisse echte Emotionen zu finden und präsentiert die Geschichte um den Bau und Abwurf der ersten Atombombe als überkompliziert geschnittenes, verworrenes Geflecht von Situationen.
Die eigentliche Aussage des Filmes ist zu plump, die Frauenrollen miserabel geschrieben und die Effekthascherei überwiegt. Dafür ist der Soundtrack von Ludwig Göransson so richtig gut.
Windfall
Stream, Netflix / Regie: Charlie McDowell
Da ist man im Urlaub und schaut sich doch gerne an, wie Jason Segel, Lily Collins und Jesse Plemons gemeinsam einige nette Wochen auf einer Orangenfarm verbracht haben. Dass diese drei Schauspieler:innen unter der Leitung von Charlie McDowell eigentlich einen Film gedreht haben, wird fast unwichtig.
Denn «Windfall» ist unspektakulär, führt ins Nichts und ein typischer Vertreter der Pandemie-Produktionen mit Netflix-Aroma. Geschichte und Szenen plätschern dahin, nach dem Abspann vergisst man alles sofort wieder.
Level Five
Stream, Mubi / Regie: Chris Marker
Während Chris Marker mit «Level 5» die digitalen Welten zu erkunden begann, ist der Film zugleich eine Brücke zwischen der realen Vergangenheit und fiktiven Charakteren im Heute. Die Schrecken des Zweiten Weltkrieges beeinflussen ein persönliches Schicksal, dokumentarische Aufnahmen landen im Cyberspace.
Ein experimentelles Vergnügen, das fasziniert und nebst den realen Gewalttaten viel Wärme und beruhigende Momente bietet.
Last Sentinel
Kino / Regie: Tanel Toom
Während die ersten Sekunden bei mir Erinnerungen an «Tides» (Tim Fehlbaum, 2021) wachwerden liessen, konnte mich «Last Sentinel» bis zum Schluss nicht gewinnen. Der Endzeitfilm von Tanel Toom wirkt unausgegoren und hantiert bloss mit den üblichen Zutaten solcher Produktionen.
Kate Bosworth reisst wenig raus, Wasser und die graue Farbgebung bestimmen die Laufzeit. Immerhin darf Peter fröhlich auf dem Deck wackeln – was das «überraschende» Ende und die fehlende Logik nicht ausbügelt.
Gesehen an der Sneak Peek des Zeise Open Air Kinos in Hamburg.
Barbie
Kino / Regie: Greta Gerwig
When life gives you patriarchy you paint that shit pink.
Before dismantling it and making the world a better place.
Viel Kritik könnte an «Barbie» geäussert werden, doch seien wir ehrlich: Für ein vom Spielzeughersteller initiiertes Marketingprodukt ist der Film von Greta Gerwig das bestmögliche Ergebnis. Ein bunter, emotionaler und frecher Schlag gegen das herrschende Machtgefüge, ein perfekt besetztes Abenteuer mit erstaunlich gefühlvollen Szenen.
Von netten Gags im Hintergrund bis zur grossen Story, vom zu kleinen Haus bis zur praktisch gedrehten Reise in allen Fahrzeugen ist das pinke Abenteuer vor allem ein Must-See für Männer und Menschen, die weiterhin glauben, Feminismus sei unnötig. Plus: Der Soundtrack besteht nur aus Knallersongs!
Oppenheimer
Kino / Regie: Christopher Nolan
Optisch ist «Oppenheimer» eine Wucht. Verstärkt durch das Erlebnis der 70mm-Projektion, sind alle Aufnahmen betörend – unterstützt von der genialen Ausstattung, den praktischen Effekten und dem sehr gut spielenden Cast mit Namen wie Cillian Murphy, Emily Blunt, Robert Downey Jr. und Florence Pugh.
Doch wie bei Christopher Nolan üblich, verfehlt er es auch mit dieser Nacherzählung wahrer Ereignisse echte Emotionen zu finden und präsentiert die Geschichte um den Bau und Abwurf der ersten Atombombe als überkompliziert geschnittenes, verworrenes Geflecht von Situationen.
Die eigentliche Aussage des Filmes ist zu plump, die Frauenrollen miserabel geschrieben und die Effekthascherei überwiegt. Dafür ist der Soundtrack von Ludwig Göransson so richtig gut.
Windfall
Stream, Netflix / Regie: Charlie McDowell
Da ist man im Urlaub und schaut sich doch gerne an, wie Jason Segel, Lily Collins und Jesse Plemons gemeinsam einige nette Wochen auf einer Orangenfarm verbracht haben. Dass diese drei Schauspieler:innen unter der Leitung von Charlie McDowell eigentlich einen Film gedreht haben, wird fast unwichtig.
Denn «Windfall» ist unspektakulär, führt ins Nichts und ein typischer Vertreter der Pandemie-Produktionen mit Netflix-Aroma. Geschichte und Szenen plätschern dahin, nach dem Abspann vergisst man alles sofort wieder.
Re: Filmtagebuch: deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Barbenheimer lohnt sich echt, auf der Leinwand zu erleben. Da würde ich nicht warten.
Die Meinung ist in den Fred reingestellt.
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Rote Sonne
BD / Regie: Rudolf Thome
Gegenkultur oder doch die versuchte Vereinnahmung der amerikanischen Motive? «Rote Sonne» von Rudolf Thome ist ein merkwürdiger Film, der die gesellschaftlichen Strömungen Deutschlands Ende der Sechzigerjahre satirisch und furchtlos zeigt.
Mit Uschi Obermaier und Marquard Bohm wird man durch die roh gehaltenen Szenen geleitet, scheinbar politische Aussage verpuffen in Filmklischees. Ein interessantes Spiel mit Bedeutung und Projektion entsteht.
Szürkület (Twilight)
BD / Regie: György Fehér
Aus Dürrenmatts «Das Versprechen» wird eine trostlose Wanderung durch graue Nebelwälder und verregnete Dörfer. György Fehér nimmt uns mit langen, schnittlosen Einstellungen auf eine Reise ins Dunkle des Herzens; «Szürkület» klingt bedrohlich und sieht hoffnungslos aus.
Ein langsamer, fesselnder und aufwühlender Film. Zu selten gesehen und dank der neuen BD von Second Run endlich erreichbar gemacht.
La belle saison
Stream, Filmingo / Regie: Catherine Corsini
Die grösste Leistung von Catherine Corsini ist es, dass sie den schwerwiegenden Problemen in «La belle saison» eine sommerliche Leichtigkeit verleihen konnte. Ihr Drama um zwei junge Frauen, die sich zu Beginn der Siebzigerjahre verlieben und gegen die patriarchalen Zwänge kämpfen, streift viele Themen.
Der Fokus der Produktion liegt auf der Liebe, die Emotionen werden durch das gute Spiel von Izïa Higelin und Cécile de France wunderbar transportiert, die warmen Farben der Bilder passen in den August. Schade, wirkt der Schnitt stellenweise etwas hastig und weiss die Geschichte wenig Neues zu erzählen.
Limite
BD / Regie: Mário Peixoto
Mit seinem einzigen Film «Limite» drehte Mário Peixoto eine betörende Träumerei zwischen narrativem Stummfilm und Experiment. Lose wird eine Geschichte um drei Personen auf einem abgetriebenen Ruderboot erzählt, die Laufzeit aber von Natur- und Detailaufnahmen beherrscht.
Bedächtig und von schöner Musik begleitet, erlebt man Zeit und Dasein ausserhalb der gewohnten Chronologie. Das ist faszinierend, durch den unentschlossenen Mittelweg in der Form aber auch zäh.
Talk To Me
Kino / Regie: Michael Philippou, Danny Philippou
Ein Handschlag mit schlechtem Ausgang: «Talk To Me» ist düster, brutal und bleibt nicht nur dank dem depressiven Ende im Kopf. Die Regisseure Michael Philippou und Danny Philippou haben mit ihrem Debüt einen ansprechenden Schocker geschaffen, der auf billige Jumpscares verzichtet und das Maximum aus dem Budget herausholt.
Gut gespielt, gruselig und audiovisuell mitreissend (gewisse Kamerafahrten sind echt toll); da stört es nicht, dass die Geschichte wenig Neues zu erzählen weiss. So funktioniert Horror in der heutigen Zeit.
Smile
Stream, Sky / Regie: Parker Finn
Es hilft nicht, dass «Smile» seine Elemente aus besseren Filmen zusammengeklaut hat, so dass man stets lieber die Vorbilder schauen würde. Parker Finn gibt sich zwar Mühe bei der Inszenierung und die grinsenden Gesichter sind wunderbar gruselig, doch die Geschichte wird nach zähem Schema F abgespult.
Sosie Bacon in der Hauptrolle macht ihre Sache ganz gut, das Ende ist gelungen düster – dafür gibt es viele Stellen die ultrabillig wirken (Innenaufnahmen von Autofahrten). Die Umsetzung wird der reizvollen Grundidee nicht gerecht.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Dito zu Smile!
Re: Filmtagebuch: deBohli
Der is sogar noch schlechter
In diesem Sinne:
freeman
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- deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Wie, ich bewerte einen Film höher als freeman? Was ist bloss mit mir passiert?
Re: Filmtagebuch: deBohli
Und dabei habt Ihr ihn auch noch beide unterbewertet. Also Glückwunsch (?)
Re: Filmtagebuch: deBohli
Vermutlich haben wir zusammen net mal so viel wie du. Aber das kennt man ja, bei Horror muss man immer zwei und mehr Punkte bei dir abziehen, um meine objektiven Wertungen zu erreichen Muhar har har
In diesem Sinne:
freeman
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Re: Filmtagebuch: deBohli
So ist´s treffender
- deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Je blonder die Haarfarbe des Leads, desto höher die Wertung?
Re: Filmtagebuch: deBohli
Jung und Emo sind die reizvollen Attribute.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Da wir ja bei "Smile" sind: Seit jeher mag ich bekanntlich Caitlin Stasey sehr gern.
Weder blond noch emo noch unter 30. So!
Weder blond noch emo noch unter 30. So!
Re: Filmtagebuch: deBohli
Naja, du mochtest sie ja sicher schon, als sie in Tomorrow, When the War Began mitspielte. Da finden sich sicher Beweise hier im Forum.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Seitdem durchgehend, auf jeden Fall ...aber damals war ich ja auch noch jünger.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Erfüllt wohl deine MILF-Quote...Seit jeher mag ich bekanntlich Caitlin Stasey sehr gern.
In diesem Sinne:
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Medusa Deluxe
Stream, Mubi / Regie: Thomas Hardiman
Während sich die Story von «Medusa Deluxe» etwas zäh mit der Kamera durch die Gänge bewegt, sind die Outfits und Frisuren genial. In der zweiten Hälfte verflechten sich die Ereignisse wie Zöpfe, die Inszenierung von Thomas Hardiman überzeugt.
So gut wie der Style des Films und dessen Tanznummer beim Abspann ist das Gesamtpaket nicht, unterhält auf spassige Weise gleichwohl.
They Cloned Tyrone
Stream, Netflix / Regie: Juel Taylor
Ein Feuerwerk an unerwarteten Momenten: «They Cloned Tyrone» ist POC-ermächtigung, Science-Fiction-Vergnügen und eine dystopische Zeichnung der Zukunft. Von Juel Taylor mit vielen Vibes und gutem Flow inszeniert, sind besonders John Boyega, Teyonah Parris und Jamie Foxx in den Hauptrollen ein Gewinn.
Plus logischerweise die genialen Sprüche und absurden Dialoge. Diese tragen die verrückte Geschichte wie ein Rap-Track durch Höhen und Tiefen.
Twentynine Palms
BD / Regie: Bruno Dumont
Dieser Film ist Anti, in jeglicher Hinsicht. Bruno Dumont unterwandert die Erwartungen des Publikums an einen Horrorfilm, demontiert die voyeuristischen Aspekte und lässt die wahren Geschehnisse um Schauspielerin Yekaterina Golubeva mit dem misogynen Verhalten von David Wissaks Figur schmerzhaft sichtbar werden.
«Twentynine Palms» ist keine Unterhaltung, keine Freude und während der gesamten Laufzeit eine Herausforderung. Was als Grundlage zur theoretischen Diskussion und als Demontage von Genrefilmen funktioniert, kann nicht zum Vergnügen geschaut werden.
Minutes
BD / Regie: Danny Madden, Jim Cummings, Dustin Hahn
Was Danny Madden, Jim Cummings und Dustin Hahn mit dieser Sammlung von sechs Single-Take-Episoden abgeliefert haben, ist ein emotionaler Ritt durch Situationen, die das Leben der Figuren drastisch verändert.
«Minutes» ist wirklich gut gespielt, ansprechend gedreht und angenehm experimentell gehalten – ein weiterer Gewinn in der Karriere von Cummings, der mich bisher immer überzeugen konnte.
Dungeons & Dragons: Honour Among Thieves
BD / Regie: John Francis Daley, Jonathan Goldstein
Selber habe ich D&D nie gespielt, doch genau so unterhaltsam und leicht durchgeknallt stelle ich mir Spielabende mit Freund:innen vor. John Francis Daley und Jonathan Goldstein transportieren den Humor perfekt in ihren Spielfilm, nie wirkt «Dungeons & Dragons: Honour Among Thieves» zu bemüht.
Ja, die Geschichte ist hanebüchen und nicht alle Szenen sehen gleich gut aus. Doch mit Chris Pine, Michelle Rodriguez, Sophia Lillis und Co. durch diese Welt zu ziehen, ist spassig.
The Chair
Stream, Youtube / Regie: Curry Barker
In weniger als einer halben Stunde und mit kleinem Budget liefert Curry Barker eine Horror-Geschichte ab, die mit tollen Einfällen überzeugt. «The Chair» beantwortet die gestellten Fragen zwar nicht, wird besonders gegen Ende dafür wunderbar bedrückend.
Haley Schwartz macht ihre Sache super, trotzdem hoffe ich, dass daraus nie ein Langfilm gemacht wird. Der Zauber wäre wohl weg.
Magic Mike’s Last Dance
Stream, Sky / Regie: Steven Sonderbergh
Wieso versucht man eine unterdurchschnittliche Geschichte zu erzählen, um krampfhaft keine Tanz-Clipshow abzuliefern, wenn das letzte Drittel eine Clipshow aus Tanzszenen ist? Nein, Steven Sonderbergh, der Abschluss der Trilogie ist nichts.
«Magic Mike’s Last Dance» ist ein letzter Auftritt, der technisch und körperlich mehr als überzeugt, leider aber all die sexy Momente in eine solch dumme Geschichte packt, dass das Gehirn einschläft und die Lacher nicht aus Freude passieren.
Re: Filmtagebuch: deBohli
Tyrone hat mich irgendwie nicht so gepackt, obwohl eigentlich alles dafür sprach. Den Magic Mike habe ich auch tapfer durchgestanden (geliehen hat ihn allerdings meine Frau) und fand das Drehbuch ähnlich dumm wie du, fand den aber auch choreografisch ziemlich schwach und einfallslos. Komme da nur auf 2 Punkte.
The Chair sieht ganz interessant aus, vielleicht schau ich da mal rein...
The Chair sieht ganz interessant aus, vielleicht schau ich da mal rein...
- deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Witzigerweise war es meine Freundin, die "Magic Mike" vorgeschlagen hat - sonst bin es meist ich, der die Filmvorschläge macht. Aber sie war auch nicht überzeugt und fand die Story ebenfalls richtig schlecht.
"The Chair" ist schnell geschaut:
"The Chair" ist schnell geschaut:
- deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Les Passagers de la nuit
DVD / Regie: Mikhaël Hers
«A slice of life» – nicht mehr, aber auch nicht weniger ist das Drama von Mikhaël Hers. Der Regisseur lässt das Paris aus den Achtzigerjahren wiederaufleben und begleitetet die von Charlotte Gainsbourg gespielte Elisabeth und ihre Kinder durch diverse Höhen und Tiefs.
Unaufgeregt und oft in ähnlicher Form gesehen, vermag es der Film mit seinen Zeitsprüngen eine Nähe zu den Figuren zu generieren, die echt wirkt.
Walking the Edge
BD / Regie: Norbert Meisel
Dreckig ist das Los Angeles der Achtzigerjahre, die Aufnahmen des Thrillers «Walking the Edge» sind ungeschönt und dank des tiefen Budgets realistisch. Norbert Meisel machte das Beste aus den Voraussetzungen, Robert Forster und Nancy Kwan spielen gerne mit.
Schmutzig, schmuddelig und unterhaltsam – was der Film inhaltlich nicht schafft, geschieht durch die Bilder und Situationen und löst damit Faszination aus. Ein schönes Zeitdokument der dreckigen Aspekte Hollywoods.
Past Lives
Kino / Regie: Celine Song
Von Liebe und Verlangen zu erzählen, von verpassten Chancen und Sehnsüchten, das geschieht sehr oft romantisch verklärt oder klischiert. Nicht so beim Debütfilm «Past Lives» von Celine Song. Ihr Drama um drei Menschen, die sich auf verschiedene Weise lieben, ist ruhig, akzentuiert und berührend.
Greta Lee und Teo Yoo sind in den Hauptrollen grossartig, die Musik von Christopher Bear und Daniel Rossen ist betörend, die Kameraarbeit und der Schnitt zeichnen die Reise durch die Jahre und Gefühle perfekt nach.
Close
DVD / Regie: Lukas Dhont
«Close» wäre ein sehr guter Film, hätte sich Lukas Dhont nicht auf eine Wendung in der Geschichte versteift, die so drastisch und brutal ist, dass sie jegliche Feinheiten verhindert. In vielen ruhigen Szenen drückt die emotionale Dichte durch, das Spiel der beiden Jungs Eden Dambrine und Gustav De Waele ist sehr gut.
Trotzdem habe ich das Gefühl, das nebst den sonnendurchfluteten Aufnahmen, den Schicksalsschlägen und den intensiven Blicken das Drama das Thema der gleichgeschlechtlichen Liebe zu klischiert behandelt.
- deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Under the Fig Trees
Stream, Filmingo / Regie: Erige Sehiri
Die gesamte Gesellschaft, mit all ihren Schichten und Problemen, konzentriert auf einen sonnigen Tag im Feigenhain. «Under the Fig Trees» untersucht als Drama die sozialen und politischen Mächte in Tunesien, die sich frei bewegende Kamera sucht die Charaktere in immer neuen Konstellationen.
Das ist wunderbar von Erige Sehiri inszeniert und hat eine sommerliche Atmosphäre – ohne Schwierigkeiten kleinreden zu wollen. Ein kleiner, sehr guter Film.
The Maltese Falcon
BD / Regie: John Huston
All diese Gespräche, all diese Streitereien, all diese Fallen und doppelten Spiele. «The Maltese Falcon» ist Film Noir mit einer dichten Geschichte und dem eleganten Humphrey Bogart in der Hauptrolle.
Der Film von John Huston verlangt viel Aufmerksamkeit und könnte stellenweise etwas lockerer sein, das Rätselraten und die Charaktere machen aber viel Spass.
Teknolust
Stream, Mubi / Regie: Lynn Hershman-Leeson
Wie wundersam die digitalen Möglichkeiten Anfang der Nullerjahre waren – und wie passend Trip-Hop als Soundtrack dazu. Lynn Hershman-Leeson stopft all die audiovisuellen Eigenheiten der damaligen Zeit in «Teknolust» rein, allein das macht Freude.
Dazu darf man einer mehrfachen Tilda Swinton zusehen und in der Geschichte über Klonen, künstliche Intelligenz und die fortschreitende Digitalisierung des Lebens nachdenken. Ein skurriler, selten gesehener Film.
Blue Film Woman
Stream, Mubi / Regie: Kan Mukai
«Blue Film Woman» war meine erste Begegnung mit dem Pink Film Genre und hinterliess keinen guten Nachgeschmack. Nebst den unschönen Vergewaltigungen einer Frau und dem mittelmässigen Pacing wusste Kan Mukai keine richtige Geschichte zu erzählen.
Misery Porn trifft auf Misogynie, in Szenenfolgen, die repetitiv wirken und damit langweilen, sowie eine Aussage vermissen lassen.
Inflatable Sex Doll of the Wastelands
Stream, Mubi / Regie: Atsushi Yamatoya
Pink Film goes Experimental: «Inflatable Sex Doll of the Wastelands» ist ein wunderbar schräger Film, dessen schwarzweisse Bilder im gelungenen Schnitt nicht nur mit der Zeit spielen, sondern den Figuren einige Fallen stellen.
Atsushi Yamatoya hat nicht bloss Interesse daran, nackte und misshandelte Frauen zu zeigen, sondern wirft Yakuza-Gangster, mögliche Realitäten und eine sehr gelungene Ästhetik mit ins Spiel.
No Bears
Kino / Regie: Jafar Panahi
Mit seinem neusten Spielfilm zeigt Jafar Panahi sein Dasein als verstossenen Regisseur in Metaebenen. Der iranische Künstler spielt sich selbst, zeigt sich in einem abgelegenen Dorf nahe der Grenze zur Türkei und übt geschickt Kritik am System und den traditionellen Werten im Iran.
«No Bears» ist Drama und Komödie zugleich, dessen Bilder etwas unschön aussehen, dafür mit den Momenten im Dorf viel Humor offenbart. Eine interessante Arbeit, die zum Nachdenken anregt.
- deBohli
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Re: Filmtagebuch: deBohli
Hey there!
Stream, Mubi / Regie: Reha Erdem
Wer andern einen Streich spielt… Pandemie und Videogespräche, «Hey there!» ist ein Film, mit wenigen Mitteln und viel Kreativität entstanden ist, aber die Trägheit des Lockdowns nicht abzuschütteln vermag.
Reha Erdem bringt Witz in die Geschichte um Betrug in der Türkei und vergisst dabei die Staatskritik nicht. Aufnahmen der leeren Städte lockern die technisch minderwertigen Bildschirmaufnahmen auf.
Luz: The Flower of Evil
BD / Regie: Juan Diego Escobar Alzate
Immer diese verblendeten Sektenführer und Religionsfanatiker – dabei wäre es doch ganz hübsch in der Region, in der «Luz: The Flower of Evil» spielt. Besonders dank den Bildern mit starker Sättigung und den magischen Elementen.
Als Horrorfilm eher Durchschnittsware, weiss Juan Diego Escobar Alzate bei seinem Werk mit der Folk-Atmosphäre zu überzeugen.
Love After Love
Stream, Mubi / Regie: Ann Hui
Ann Hui macht es den Zuschauenden bei «Love After Love» nicht einfach, bleiben die Figuren unnahbar, die Geschichte undurchsichtig. Doch mit jeder weiteren Szene verfiel ich dem Zauber dieses romantischen Historien-Dramas mehr.
Schichten und Facetten zeigten sich, die lange Laufzeit sorgte dafür, dass man eine Verbindung zu den Charakteren aufbauen konnte. Zusätzlich überzeugen die Ausstattung und die Kameraarbeit sehr.
Powaqqatsi
DVD / Regie: Godfrey Reggio
Das Leben wandelt sich stets, der Mensch verändert seit Jahrtausenden die Erde. Godfrey Reggio versuchte dies in seinem experimentellen Dokumentarfilm «Powaqqatsi» darzustellen und damit an den betörenden Grosserfolg von «Koyaanisqatsi» anzuknüpfen.
Das gelingt nicht, wirkt der Film ziellos, die Musik zu repetitiv und die Verbindungen forciert. Immerhin sind die Aufnahmen faszinierend und der Schnitt gelungen.
Remember The Night
BD / Regie: Mitchell Leisen
Die Vierzigerjahre, die damalige Unschuld, die grosse Liebe: «Remember The Night» ist herzerwärmend und trotz des Kitschs bis heute ein famoser Film. Die Regie von Mitchell Leisen ist zielgerichtet und kompetent, das Spiel von Barbara Stanwyck (sie ist zauberhaft) und Fred MacMurray perfekt passend.
Trzecia część nocy
BD / Regie: Andrzej Żuławski
Das Debütwerk von Andrzej Żuławski ist ein formell berauschender Film, der sich den Untergrundkämpfen im zweiten Weltkrieg annimmt. «Trzecia część nocy» stolpert zwar bei dem Erzählfluss, dafür sind die Kamerafahrten genial und der Ideenreichtum gross.
Schuld, Vergeltung, Widerstand und Trauer werden behandelt, die Wahrheit stellenweise von der Fantasie überrumpelt.
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