Filmtagebuch: deBohli

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von StS » 07.11.2021, 19:29

Trotz Noomi freu ich mich sehr auf "Lamb" :D

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 10.11.2021, 07:25

Da kann man auch wegen Noomi schreiben. :wink:

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Patti Cake$
Streaming, Apple+ / Regie: Geremy Jasper
«PBNJ!» Was für eine grossartige Gang hat sich denn hier zusammengefunden, da Feier ich sogar mit, trotz wenig Gefallen an Hip-Hop. Mit der Geschichte um Patti und ihren Traum, den Dreck von New Jersey verlassen zu können und als Rap-Star berühmt zu werden, wird vieles richtig gemacht. Der Film folgt zwar dramaturgisch den Genre-üblichen Stationen, hat dafür viel Herz, sorgt am Ende für gute Laune und serviert einen treibenden Soundtrack. Sogar The Boss taucht darin auf – das tröstet über einige Schwachstellen hinweg.
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Oleanna
BD / Regie: David Mamet
Theater als Film muss nicht funktionieren, tut es bei «Oleanna» glücklicherweise. Mamet hat sein erfolgreiches Bühnenstück mit Hauptdarsteller William H. Macy selbst adaptiert und präsentiert ein Kammerspiel über Machtgefälle, (sexuelle) Unterdrückung, hohe Bildung und unsere Unfähigkeit, externe Perspektiven einzunehmen. Die Dialoglastigkeit wirkt stellenweise erdrückend und Debra Eistenstadt findet erst etwas spät in den Film, als Gesamtheit regt «Oleanna» hingegen zu interessanten Diskussionen an. Eine singuläre Wahrheit existiert eh nicht.
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Blue Velvet
BD / Regie: David Lynch
Das Vorstadtmärchen wird zur blutrünstigen Tragödie, die Unterwelt kriecht über die heile Umgebung und hinterlässt nur Tod und Verderben. Trotzdem, «Blue Velvet» bezirzt wir eine Revue-Show, wie das vielgesungene Lied und der glitzernde Stoff. Laura Dern ist die bezaubernde Sonne, Dennis Hopper der Teufel – und verpasst nicht nur mit seinem Heineken-Hass dem Film unvergessliche Szenen. Wie bei Lynch üblich kann nicht alles erklärt werden, die Geschichte bleibt aber angenehm stringent. Angesteckt von der Neugierde Kyle MacLachlan taucht man in jede Szene und reibt sich am Schluss die Augen.
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Cruising
BD / Regie: William Friedkin
Ich war sehr erstaunt, dass in «Cruising» mehr Slasher-Film steckt als Drama. Friedkin lässt den unsicher wirkenden Al Pacino durch das Nacht- und Sexleben der Schwulenszene vom damaligen New York stolpern und eine Mordserie aufklären. Dreckig und nahe der Realität gefilmt, leider etwas zerfranst und klischeehaft. Das offene Ende und die Atmosphäre entschädigen für so manche Schwachstelle und machen aus der Produktion auf gewisse Weise ein Unikat.
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WW84
DVD / Regie: Patty Jenkins
Wow, was für ein Müll. Wie kann so ein Drehbuch nur verfilmt werden? War bereits «Wonder Woman» kein überragendes Beispiel für einen Superheldinnenfilm, ist die Fortsetzung in jedem Belang schlechter. Schauspiel, Inszenierung, Effekte – und dann die Geschichte. Sinnentleert, voller Löcher und Plattitüden, unlogischen Abläufen und Entscheidungen, sowie einem Ende, das die Grenzen der Dämlichkeit meilenweit überschreitet.
Immerhin gibt es einen zu Spässen gelaunten Pedro Pascal zu sehen, eine sehr heisse Kristen Wiig und die Gewissheit, dass Teile 2 bis 83 nie gedreht worden sind. Ba Dum Tss.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von SFI » 10.11.2021, 16:22

Bin bei Wonder Woman auch schon gespannt, ab welcher Minute der Spulfinger einsetzt! :lol:
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 11.11.2021, 07:48

Bereits ab Minute 1, denn die erste, 11 Minuten andauernde Eröffnungsszene ist sinnlos und hätte komplett weggelassen werden können. :lol:
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Montana » 11.11.2021, 18:04

deBohli hat geschrieben:
11.11.2021, 07:48
Bereits ab Minute 1, denn die erste, 11 Minuten andauernde Eröffnungsszene ist sinnlos und hätte komplett weggelassen werden können. :lol:
Nee, die ist nötig um zu zeigen wie krass Wonder Woman ist :00000694

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 14.11.2021, 11:51

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Giants And Toys
BD / Regie: Yasuzô Masumura
Nach dem Betrachten von «Giants And Toys» muss man vor allem: Durchatmen und kurz Innehalten. Die satirische Kritik an der Gesellschaft Japans wurde von Yasuzô Masumura rasend und überbordend laut inszeniert. Schnittfolgen, Dialoge und Charakteranzahl sind unglaublich hoch, die Szenerie der Süssigkeitenfirmen stellenweise absurd. Trotzdem fesselt der Einblick in die Machenschaften der Marketingabteilungen und zeigt den verlorenen Kampf der Menschen gegenüber der Maschinerie.
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Godzilla Vs. Kong
Streaming, Sky / Regie: Adam Wingard
Jetzt also ist es so weit, die beiden Titanen treffen aufeinander und dürfen sich fast zwei Stunden lang verkloppen. Das endet natürlich in einem CGI-Überfluss inmitten der digitalen Städte. Millionen von Menschen scheinen zu sterben, Häuser fallen zusammen, Affe und Echse wälzen sich durch die Ruinen. Wenn dazwischen Millie Bobby Brown, Rebecca Hall oder Eiza Gonzalez in die Kamera schauen, bietet das dem Film wenig Mehrwert. Ebenso wird das Gehirn zu keiner Sekunde benötigt, viel eher ist die strunzdoofe Geschichte mit den Verwicklungen von Tech-Firmen und geheimen Plänen unnötig verworren. Kann Spass machen, ist aber seelenlos.
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Last Night In Soho
Kino / Regie: Edgar Wright
Natürlich ist das Drehbuch im letzten Drittel grosser Schwachsinn, auch wenn man beachtet, dass sich Edgar Wright in gewisser Weise an einer Giallo-Hommage versucht hat. Trotzdem, was «Last Night In Soho» an inszenatorischer Fertigkeit aufweisen kann, wie gut die Bilder aussehen und wie genial Bewegungen, Licht und Musik aufeinander abgestimmt sind, das hat mich begeistert. Dass mit Anya Taylor-Joy und Thomasin McKenzie zwei der besten Schauspielerinnen ihrer Generation die Hauptrollen innehaben und mit jeder Sekunde betören und erfreuen, hilft dem Film ebenfalls. Ich hatte im Kino viel Spass und summte danach noch lange «Downtown (Downtempo)» vor mich hin.
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Johnny Guitar
BD / Nicholas Ray
In Amerika scheinbar bis heute nicht geliebt, zeigt Nicholas Ray mit «Johnny Guitar», was ein Western ebenfalls sein kann. Ein oft ruhiger Film, der von genialen Dialogen getragen wird, der die Eigenheiten des Genres bis zur Grenze der Parodie aufbläst und in wunderbar ausgeleuchteten Studioszenerien immer wieder den menschlichen Kern findet. Joan Crawford und Mercedes McCambridge sind als Rivalinnen gnadenlos und liefern ein schauspielerisches Fest ab, die Gewaltspitzen sind passend eingebunden. Zu Unrecht geht diese Produktion oft vergessen.
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Strange Days
BD / Regie: Kathryn Bigelow
Stets ist es Nacht, die Gesellschaft verabschiedet sich in ein dystopisches Chaos, die Grenzen zwischen Gut und Böse sind schon lange verschwunden. In diesem Getümmel tobt sich ein Reigen an Schauspieler:innen aus, die den dreckigen Cyberthriller noch besser machen. Ralph Fiennes, Angela Bassett, Juliette Lewis, Vincent D'Onofrio, William Fichtner und natürlich Tom Sizemore – was für eine Liste.
Dass Bigelow mit ihrem Film die Los-Angeles-Unruhen von 1992 auf intelligente Weise weiterspinnt und die damalig nahe Zukunft als Horrorvision zeigt, verleiht der Action eine interessante Tiefe. Handwerklich stimmt eh alles und der Soundtrack rockt noch heute die Bude.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 17.11.2021, 19:17

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The Truffle Hunters
Kino / Regie: Michael Dweck, Gregory Kershaw
Ich mag Trüffel sehr und freue mich immer, wenn es wieder Saison ist und man in den italienischen Restaurants die verfeinerten Gerichte erhält. Wie eine nette Prise Würze ist auch «The Truffle Hunters», der nicht nur die merkwürdige Tätigkeit der Trüffelsuche in Italien aufzeigt, sondern herrlich schrullige und alte Menschen portraitiert. Grossartige Bilder, wunderschöne Musik und Aussagen wie Begegnungen, die zum Schmunzeln einladen. Ein perfekter Sonntagsfilm.
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Petite Maman
Kino / Regie: Céline Sciamma
Céline Sciamma versteht es, mit wenig Aufwand eine riesige Emotionalität zu erzeugen. Mit dem kurz gehaltenen Film «Petite Maman» nimmt uns die Regisseurin auf eine Reise in die fantasievolle, zugleich aber von dunklen Wolken umgebene Zeit der Kindheit mit. In nur wenig mehr als 70 Minuten wird der Umstand von Depression in der Familie auf zuerst lockere und unschuldige Weise, dann mit unglaublicher Wirkung behandelt. Eine in goldenen Farben gehaltene Erzählung, die tief ins Herz dringt und mit kleinen Gesten viel bewegt.
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Bud Abbott and Lou Costello Meet Frankenstein
BD / Regie: Charles Barton
Kalauer und Monster, das funktioniert als Gesamtheit besser als in Einzelteilen. Wie bereits bei den «House Of..» Filmen treffen hier dank dem Komiker-Duo Abbott und Costello Frankensteins Monster, der Wolfmann und Dracula aufeinander. Es wird herumgegrunzt, Missgeschicke passieren am laufenden Band und die alten Witze funktionieren teilweise auch heute noch erstaunlich gut. Ein Film ohne Tiefe oder Botschaft, dafür mit Lon Chaney Jr. und Bela Lugosi in ihren bekannten Rollen.
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The Island of Saint Matthews
BD / Regie: Kevin Jerome Everson
Wasser, Leben und Tod zugleich, Segen und Fluch. Mit dem Dokumentarfilm «The Island of Saint Matthews» untersucht Everson die Erinnerungen an eine grosse Flut im Jahre 1973, welche die Landschaft und den Ort von Westport verändert haben – bis heute. Mit geschickten Kompositionen und interessanten Ton- und Bildschnitten ist der kurze Film poetisch und weitsichtig, Glauben, Alltag und Hoffnungen finden ebenso ihren Platz, wie die harsche Realität und die Urkraft der Natur.
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Passing
Streaming, Netflix / Regie: Rebecca Hall
So gerne ich die Geschichte von «Passing» stärker mögen möchte, die technischen Aspekte überstrahlen die Erzählung. Rebecca Hall beweist ihr Talent als Regisseurin mit diesem Debütwerk und hat die richtigen Entscheidungen getroffen. Starke Kontraste im schwarz-weissen Bild, 4:3-Format und langsame Shots, die viel Gefühl und Atmosphäre in sich tragen. Dazu mit Tessa Thompson und Ruth Negga in den Hauptrollen perfekt besetzt. Das Geschehen um zwei afroamerikanische Frauen, die im New York der 1920er-Jahren mit Klasse, Rassismus und Fragen zur Ehrlichkeit konfrontiert werden, ist interessant, wirkt aber stellenweise etwas flach.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 19.11.2021, 11:31

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Der Himmel über Berlin
BD / Regie: Wim Wenders
Viele Male bereits war ich in meinem Leben in Berlin, was Wim Wenders am Anfang von «Der Himmel über Berlin» aber an Aufnahmen und Optik serviert ist trotzdem unglaublich beeindruckend. Vogelperspektive, ungeschminkte Nahaufnahmen, fliessende Bewegungen – man begleitet das Leben aus der Sicht der Engel. Wie ein Kaleidoskop verbinden sich Szenen und Emotionen zu einer Gesamtheit, Farbaufnahmen pointieren Entwicklungen.
Ohne sich komplett vom Kitsch abwenden zu können, gelingt es dem Film, das komplex vielseitige Leben auf wundervolle Weise darzustellen. Zweifel, Sorgen, Glück und Hoffnungen, alles fliesst von der Produktion in die Zuschauer:innen – und Nick Cave fungiert als Amor. Was will man mehr?
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Men & Chicken
BD / Regie: Anders Thomas Jensen
Da hatte man Lust auf einen Filmabend mit dem talentierten und überaus attraktiven Mads Mikkelsen und was kriegt man? Ein absurdes Stück Tragikomödie mit entstellten Gesichtern, animalischen Praxen und ekelerregenden Bildern. «Men & Chicken» passt zwar in den Kosmos von Anders Thomas Jensen, in dem sich Erzählungen immer nur um weisse Männer drehen, die wegen ihren Marotten oder Einstellungen an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden, ist aber zugleich erschreckend abstossend. Man braucht lange, um sich an den Film zu gewöhnen und auch dann ist die plumpe Untersuchung von Familienbanden und Herkunft eher ein Fehltritt in Jensens Schaffen.
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The Third Man
BD / Regie: Carol Reed
Welch Meisterwerk des Film Noir, bei dem sogar die Zither niemals negativ auffällt. Vielmehr ist der andersartige Soundtrack ein Baustein in der Genialität von «The Third Man», die auch 70 Jahre nach der Veröffentlichung anhält. Reed hat das Buch packend ins Filmische übersetzt, liess Kameramann Robert Krasker zu Höchstleistungen anwachsen und Orson Welles genügend Raum, um in kurzen Auftritten Momente für die Ewigkeit zu schaffen.
Was mir der Film ebenfalls aufzeigte: Ich liebe Dutch Angles in geschickter Verwendung.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 21.11.2021, 10:45

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The Power Of The Dog
Kino / Regie: Jane Campion
Die Trostlosigkeit der amerikanischen Steppe, die Brache im Herzen. Campions Western «The Power Of The Dog» ist eine Erzählung über karge Landschaften und Gefühlswelten. Mit vielen Leerstellen inszeniert, geben sich die Wahrheiten der Figuren und der Geschichte nur langsam preis, jede Enthüllung trifft mit grosser Wucht. Fantastisch gespielt von Benedict Cumberbatch, mit Kirsten Dunst, Kodi Smit-McPhee und Jesse Plemons zu einem mehr als fähigen Ensemble ausgeweitet, von der Musik Johnny Greenwoods beklemmend begleitet. Grosse Bilder und lange nachhallende Gedanken, zum Glück durfte ich diesen Film im Kino erleben.
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Nobody
DVD / Regie: Ilya Naishuller
In einer Welt, in der nur Selbstjustiz als korrekte Verhaltensweise für einen Mann angeschaut wird, übt ein Mann Selbstjustiz aus. Gedeckt durch die Regierung, dürfen russische Mafiakerle massenweise über den Haufen geschossen, sowie gleich komplette Gebäude heruntergebrannt werden. Bob Odenkirk im Zentrum als stoischer Einzelkrieger, nicht unverwundbar, aber unbesiegbar. Ohne wirkliche Substanz beim Drehbuch, dafür mit Tempo und netten Sequenzen. Trotz extremer Brutalität macht der Film Laune.
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tick, tick … BOOM!
Streaming, Netflix / Regie: Lin-Manuel Miranda
Niemals hätte ich es für möglich gehalten, aber ich habe mir bei diesem Musical-Film mehr Gesang gewünscht. Das Regiedebüt von Miranda macht technisch fast alles richtig und zaubert innert weniger Minuten die richtige Stimmung herbei, ist passend besetzt und weiss in einigen Szenen visuell zu entzücken. Da es sich um die Lebensgeschichte von Komponisten und «Rent»-Erfinder Jonathan Larson dreht, ist die Produktion entsprechend tief in den Genre-Konventionen verankert und hat vor allem bei gewissen Liedern wenig Eigenständigkeit vorzuweisen. Emotional packend und überlebensgross sind die zwei Stunden eh.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von StS » 27.11.2021, 10:31

...alle 3 stehen auch noch auf meiner Liste ("Nobody" am Nachrangisten von den 3).

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 27.11.2021, 11:48

Dann viel Spass, es lohnen sich alle.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 27.11.2021, 11:57

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Werewolf of London
BD / Regie: Stuart Walker
In den Dreissigerjahren wusste die Welt noch nichts vom Grusel-Universum von Universal, die erste filmische Werwolf-Erzählung funktioniert ausserhalb dieser Legenden. Dafür erhält man eine einigermassen spannende Geschichte um alte Sagen, wissenschaftliche Forschung und den Kampf gegen die eigenen Dämonen. Wären allerdings die alten Säuferinnen nicht, die sich als Hotelbesitzerinnen gegenseitig aufs Dach geben, würden die Highlights klar fehlen.
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La Grande Bellezza
BD / Regie: Paolo Sorrentino
(Extended Cut) Man kann schon sagen, dass gewisse Stilelemente, welche Sorrentino in seinen Filmen anwendet, bei «La Grande Bellezza» fast zu einer Parodie ihrer Selbst verkommen. Trotzdem, wie die Kamera durch Rom gleitet, Partys, Denkmäler und Gassen besucht. Wie Toni Servillo feinfühlig und zurückhaltend die Zuschauer:innen durch sein schales Leben aus Wohlstand und Alter führt. Wie die Musik und die Farben miteinander agieren. Ein erhabenes Gefühl entsteht, das Leben wird in seinen fragilen und pathetischen Aspekten aufgezeigt und kreiert eine emotionale Grösse, wie es nur der Film kann.
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She-Wolf of London
BD / Regie: Jean Yarbrough
Wenn man in einem Film über einen weiblichen Werwolf nicht einmal eine Verwandlungsszene oder grusliges Make-Up bestaunen darf, dann fehlt viel vom Reiz. Da sich «She-Wolf of London» lieber einer langweiligen Geschichte um Liebe und Familienerbe widmet, bleibt nebst der wahrlich zauberhaften June Lockhart wenig Überzeugendes an diesem Film übrig.
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De grønne slagtere
BD / Regie: Anders Thomas Jensen
Er schwitzt wie ein Schwein und hat einen unmöglich aussehenden Haaransatz – bei Anders Thomas Jensen wird Mads Mikkelsen immer wieder seiner Attraktivität beraubt. Das muss allerdings sein, suchen die Hauptfiguren und Schlachter in «De grønne slagtere» nämlich verzweifelt einen Ausweg aus dem Mittelmass, dem langweiligen Alltag. Das widert an, stinkt und endet in mörderischen Taten – natürlich mit merkwürdigen Happy End und dem schwierigen Beweis, dass Männer ihre Ziele erreichen können, wenn sie an sich glauben. Eine dänische Komödie mit etwas faulem Nachgeschmack.
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There Is No Evil
DVD / Regie: Mohammad Rasoulof
Gibt es das Böse? Ist der Mensch von Grund auf schlecht? Philosophische Grundsätze, die Mohammad Rasoulof trotz Arbeitsverbot in seinem beeindruckenden Film «There Is No Evil» auf teilweise fast fantastische Weise untersucht. Vier Kurzgeschichten formen ein unerschrockenes und gleichermassen romantisches Portrait des Iran, politische und soziale Mechaniken werden hinterfragt. Zusammenhänge findet man zwischen den Geschichten nur im Grundthema, trotzdem wirkt der Film rund und beeindruckt mit den Aufnahmen.
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Girl, Interrupted
Streaming, Netflix / Regie: James Mangold
Irgendwie bringe ich Mangolds Karriere nicht zusammen. «The Wolverine» und «3:10 To Yuma» waren eher stupide Actionkracher, mit «Girl, Interrupted» hingegen inszenierte er ein Drama, gefüllt mit netten Einfällen und feinfühliger Momente. Obwohl man eigentlich nicht sollte, wünscht man sich Teil der Klapsen-Clique um Winona Ryder, Angelina Jolie, Clea Duvall, Brittany Murphy (MVP!) und Elisabeth Moss zu sein, schmachtet mit den Popsongs der Sechzigerjahre mit und hofft auf einen guten Ausweg.
Ein mitreissender Film, der leider die anfänglich angewandten Zeitsprünge und faszinierenden Szenenmontagen nach wenigen Minuten vergisst und mit dem abschliessenden Voice-Over das Happy End unrealistisch heraufbeschwört.
:liquid8:

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Lost Highway
BD / Regie: David Lynch
Die dunkle Nacht, die ewige Strasse. Wo beginnt diese, wo endet sie? Gibt es eine lineare Richtung in Zeit und Dasein, oder ist das Chaos der Gleichzeitigkeit in Handlungen und Persönlichkeit unüberwindbar? Mit «Lost Highway» hat Lynch einen inszenatorisch perfekten und inhaltlich packend-verstörenden Spielfilm vorgelegt, der tief in die psychologischen Fragen zur Identität eintaucht und immer wieder anwidert wie fasziniert. Bill Pullman und Patricia Arquette reizen, Robert Blake schockt. Ein Film, der von mir für eine definitive Meinung mehrfach genossen werden wird, in David Lynchs Werdegang aber ganz klar eine Spitzenposition einnimmt.
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Footsteps In The Fog
BD / Regie: Arthur Lubin
Das damalige Ehepaar Stewart Granger (gelangweilt, missmutig) und Jean Simmons (engagiert, emotional) spielt sich als Gegensatz durch ein Gothic-Noir-Drama, das sich vor allem mit den farbigen Aufnahmen von hübschen Innenräumen und nebelgefüllten Gassen profiliert. Die Geschichte, welche zwischen Krimi und Romanze pendelt, will hingegen nur in wenigen Szenen (Gerichtsverhandlung) wirklich packen. Als atmosphärische Perioden-Produktion Englands funktioniert die Buchverfilmung aber.
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Il Divo
BD / Regie: Paolo Sorrentino
Über die italienische Politik weiss ich leider nicht sehr viel, «Il Divo» kann mit seiner Vielzahl an Figuren und Zeitsprüngen deswegen verwirren. Sorrentino gelingt es trotzdem, mit seinem stilistisch herrlich vielseitigen Portrait über den damaligen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti (grossartig wie immer: Toni Servillo) eine packende Erzählung zu präsentieren. Gangsterstreifen zu Beginn, Biopic in der Mitte und schelmische Gesellschaftskritik an vielen Stellen – der Film übersteigt seine Grundlage und bietet eine Weltsicht, die realistisch und träumerisch zugleich wirkt.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Wallnuss » 30.11.2021, 20:24

deBohli hat geschrieben:
19.11.2021, 11:31
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The Third Man
BD / Regie: Carol Reed
Welch Meisterwerk des Film Noir, bei dem sogar die Zither niemals negativ auffällt. Vielmehr ist der andersartige Soundtrack ein Baustein in der Genialität von «The Third Man», die auch 70 Jahre nach der Veröffentlichung anhält. Reed hat das Buch packend ins Filmische übersetzt, liess Kameramann Robert Krasker zu Höchstleistungen anwachsen und Orson Welles genügend Raum, um in kurzen Auftritten Momente für die Ewigkeit zu schaffen.
Was mir der Film ebenfalls aufzeigte: Ich liebe Dutch Angles in geschickter Verwendung.
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Ich stimme von Anfang bis Ende zu und betrachte "The Third Man" als einen meiner 20 Lieblingsfilme der Geschichte. Alleine der erste Auftritt von Orson Welles ist locker auf dem Podest der größten Magic Moments, die das Kino zu bieten hat. Hast du die schöne Bluray-Box von Arthaus, die drei Discs plus den Soundtrack enthält? Eines der Schmuckstücke meiner Sammlung. :D

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 01.12.2021, 07:33

Wie wundervoll. Und Magic Moment ist genau der richtige Ausdruck für diese Sequenz.
Genau, allerdings die britische Variante von Studio Canal, der Inhalt sollte aber deckungsgleich sein. :cool:
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 01.12.2021, 17:52

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L'Année dernière à Marienbad
BD / Regie: Alain Resnais
Mit jedem geschauten Film lernt man mehr über sich selbst, so beispielsweise kristallisieren sich die Vorlieben an der Kunstform heraus. Alain Resnais sei Dank weiss ich nun mit Gewissheit, dass die Ära der Nouvelle Vague zu meiner liebsten Phase in der Kinogeschichte gehört. «L'Année dernière à Marienbad» ist zwar ein Spätwerk dieser Entwicklung, mit seiner Antihaltung und der dekonstruierten Inszenierung aber ein Juwel. Schlaufen, abenteuerliche Schnittfolgen, wenige Anhaltspunkte zum Inhalt und ein Soundtrack, der mit Kirchenorgel alles übertönt – fantastisch.
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Repo Man
BD / Regie: Alex Cox
Chaos, Punk, Willkür. Wenn Zwangsvollstrecker Autos stehlen und diese gegen einen Obolus an zwielichtige Typen freigeben, dann sollte man besser nicht mit UFO-Fanatikerinnen ins Bett, sich nicht mit der Regierung anlegen und schon gar kein Chevy Malibu voller Aliens (?) entwenden.
«Repo Man» zu erklären will nicht gelingen, ist der Film wie ein Bierabend mit abstrusen Ideen. Harry Dean Stanton und Emilio Estevez haben Spass an der Sache, die Komik passt stellenweise und die Inszenierung ist kompetent. Wirklich Sinn macht das alles aber nicht.
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Romeo Is Bleeding
BD / Regie: Peter Medak
Ein Vertreter des Neo-Noirs mit Gary Oldman, dem obligaten Bläser-Soundtrack und vielen gerauchten Zigaretten: «Romeo Is Bleeding» ist ein stimmungsvoller Film, der zwar mit Lena Olin, Annabella Sciorra und Juliette Lewis nicht gut umgeht, dafür die Femme Fatale ebenso ins Verderben laufen lässt, wie seine Hauptfigur. Etwas weniger Voice-Over-Erklärungen und mehr Stringenz hätten ebenfalls nicht geschadet.
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Jubilee
BD / Regie: Derek Jarman
Anarchie und Punk – Derek Jarman nutzt seinen Film «Jubilee» als schonungslosen Blick auf das England der Siebzigerjahre. Dreck, Unterdrückung, Anzeichen des Faschismus und Ausweglosigkeit, die Themen sind dunkel, die Inszenierung ohne Scham und Grenzen. Mit dem treibenden Soundtrack wird man von Szene zu Szene gebracht, Zeitreisen, dystopische Fantasien und Schmuddel finden als lose Momentaufnahmen nur stellenweise zusammen. Der Film ist als Zeitdokument wichtig und fängt das Gefühl der Szene gut ein, konnte mich aber nicht abholen.
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Black Book
BD / Regie: Paul Verhoeven
Ein filmischer Groschenroman, angesiedelt in der Endphase des zweiten Weltkrieges. «Black Book» zeigt Verhoeven als Zeremonienmeister des Pulps, irgendwo zwischen realer Inspiration und überzeichneter Darstellung. Carice van Houten und Sebastian Koch überzeugen in ihren Rollen, die Geschichte hingegen sprintet atemlos von Wendung zu Wendung und vergisst dabei die grössere Botschaft und Emotionalität. Die multilinguale Produktion unterhält auf jeden Fall, kann es aber niemals mit ernsten Vertretern des Genres aufnehmen.
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To Sleep With Anger
BD / Regie: Charles Burnett
Es braucht nicht viel von Danny Glover, ein Blick, das Lachen, ein paar Gesten und seine Worte. «To Sleep With Anger» gehört ihm, sobald er in die Geschichte eintritt. Dabei wirbelt er das Leben seiner Familie gehörig durcheinander, bringt dunkle Seiten bei den Menschen zum Vorschein und lässt Aberglauben und Ängste grösser werden. Der Film von Charles Burnett bleibt bedächtig und fokussiert, nimmt sich schwierigen Themen wie der Versklavung an und verdichtet alles mit den Situationen in einem Wohnhaus. Da denkt man länger darüber nach.
:liquid8:

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Birds of Prey (and the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn)
Streaming, Netflix / Regie: Cathy Yan
Ist es nicht erstaunlich, dass ein Film mit solchen Bildern und Figuren so langweilig sein kann? Margot Robbie gibt sich als Harley zwar alle Mühe, die Charaktere sind interessant und das dargestellte Milieu von «Birds Of Prey» gelungen, dank dem Drehbuch und der Struktur wird dem Actionfilm aber von Beginn an jegliche Spannung verwehrt. Der Inhalt ist egal, die Dialoge beginnen zu nerven, das Ende nichtssagend. Schade um Huntress, aber bei DC will es nicht klappen.
:liquid4:

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Waves
DVD / Regie: Trey Edward Shults
Modern, bunt, oft wie ein langes Musikvideo anmutend. «Waves» zeigt das Talent von Trey Edward Shults sehr gut und ist besonders dann ein Highlight, wenn sich die dramatische Familiengeschichte nicht auf Erklärungen und Handlung verlässt, sondern in Farben, Licht und Klängen aufgeht. Mit der gespiegelter Struktur, den guten Schauspieler:innen und den wechselnden Bildformaten können zwar nicht alle Makel aufgehoben werden, die Weise der Inszenierung traf aber genau mein Geschmack und mein Herz.
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A Man Of Integrity
DVD / Regie: Mohammad Rasoulof
Karg ist die Umgebung, in der sich die Geschichte von «A Man Of Integrity» abspielt. Clever wird der enge Handlungsspielraum von Reza mit den Aufnahmen unterstrichen, die Geschichte weist bis zum Schluss Leerstellen auf. Umso grösser wird dabei der Raum für die eigenen Gedanken. In seiner Heimat Iran hat Mohammad Rasoulof ein system- und sozialkritisches Drama über Aufrichtigkeit und Korruption geschaffen, das die Grenzen einer Person auf universelle Art untersucht.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Montana » 04.12.2021, 16:22

Also den "Birds of Prey" fand ich alles andere als langweilig.
Klar: Die Story ist Müll / die titelgebenden "Birds of Prey" sind komplett überflüssig. Zusätzlich ist der "Bad Guy" in seiner Brillanz komplett verschenkt, da hat sich der Film definitiv im Tempo und der Wirkung verschätz (Richtig inszeniert wäre das ein klarer + punkt gewesen).
Aber: Ich hatte eine menge Spass mit der witzigen, abwechslungsreichen Action inc. Origineller off Kommentare von "Harley Quinn".
:D

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 05.12.2021, 10:09

Das ist doch toll, wenn man daran Spass finden kann. Da für mich leider ein optisches Blendwerk aus Actionsequenzen nicht mehr ausreicht um unterhalten zu werden und auch du alle essentiellen Aspekte als Negativpunkte aufzählst, die einen Film ausmachen, ist es eher erstaunlich, fand ich den Film bloss langweilig und nicht grottenschlecht. :lol:
Mich haben die Off-Kommentare in dem Fall genervt, da alles so ziellos war. Wenn Miss Quinn die Hauptperson sein soll, dann müsste man halt ein Drehbuch zustandekriegen, das weiss, was mit der Figur anzustellen ist.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 05.12.2021, 12:35

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Das Mädchen und die Spinne
Streaming, Filmingo / Regie: Silvan Zürcher, Ramon Zürcher
Horrorsituation Umzug: Als Lisa aus der WG mit Mara auszieht, wird der Alltag nicht nur von Kisten und Helfer:innen blockiert, die Angst vor der Veränderung hemmt so manche Aussprache oder Entwicklung. Dieses beklemmende Gefühl bringen die beiden Herren Zürcher mit ihrem sehr präzise inszenierten und faszinierend gefilmten «Das Mädchen und die Spinne» auf die Leinwand.
Henriette Confurius und Liliane Amuat brillieren in den Hauptrollen, die gestelzten Dialoge und schräg anmutenden Handlungen drängen den Film in Richtung modernes Theater. Das macht alles sehr mühselig und benötigt viel Energie, ist zugleich aber eine beachtliche Leistung im Bereich Regie.
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Ich bin dein Mensch
Streaming, Filmingo / Regie: Maria Schrader
Welche Rechte stehen Robotern zu? Was passiert, wenn diese Maschinen in unserem Alltag ihren Platz finden und als Partner:innen und Liebhaber:innen eingesetzt werden? Maria Schrader geht diesen Fragen mit ihrem Drama «Ich bin dein Mensch» nach, ohne jemals zu moralistisch oder didaktisch zu werden. Für viele Teile bleibt der Film lieber bei der Liebesgeschichte als der philosophischen Diskussion, weiss dank Dan Stevens und der Gestaltung aber stets zu überzeugen. Auch wenn die eventuell gewünschte Tiefe nicht erreicht wird.
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HUMAN RIGHTS FILM FESTIVAL Zürich, Freitag
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Les enfants terribles
Kino, HRFF / Regie: Ahmet Necdet Cupur
«Les enfants terribles», das sind Regisseur Ahmed Necdet Cupur und seine Geschwister. Für seinen Dokumentarfilm besuchte er seine Familie, die in einer ländlichen Gegend der südlichen Türkei lebt; im Mittelpunkt stehen seine Schwester Zeynep und sein Bruder Mahmut. Beide möchten – wie Ahmed – dem Leben, das die Eltern für sie vorgesehen haben, entfliehen. Zeynep möchte in der Stadt studieren, unabhängig leben und sich keinem Mann unterordnen. Mahmut hingegen wurde bereits in eine von den Eltern arrangierte Ehe gedrängt. Doch er liebt Nezahat nicht und möchte die Scheidung; es belastet ihn jedoch, dass er damit ihren Ruf und möglicherweise ihre Zukunft ruiniert.
Die Eltern zeigen derweil keinerlei Verständnis für den Selbstbestimmungsdrang der Kinder. Sie wünschen sich die Einhaltung der traditionellen, konservativen Werte, wie sie immer schon galten und können nicht verstehen, was daran plötzlich falsch sein soll. Ihr Umgangston ist dabei nicht nur rau, sondern – in unserem Verständnis – regelrecht bösartig, wenn sie sich einmal mehr wünschen, ihre Kinder wären besser nicht mehr am Leben.
Ahmed Necdet Cupur gelingt es hervorragend, diesen zermürbenden Befreiungskampf seiner Geschwister einzufangen. Es sind die ewig gleichen Diskussionen, ein stetiger Wechsel von Attacke und Rückzug und Beharrlichkeit, die schliesslich zum Ziel führen: Das Recht erhalten, den eigenen Weg einzuschlagen. (ch)
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Brother’s Keeper
Kino, HRFF / Regie: Ferit Karahan
Es ist eine Kunst, grosse Probleme in kleinem Massstab darzustellen und auf die Art des Kammerspiels zu reduzieren. Ferit Karahan hat mit dem Spielfilm «Brother’s Keeper» den Kunstgriff geschafft und seine persönlichen Erfahrungen als Schüler mit den Geschehnissen einer gesamten Nation verknüpft. In der Region Anatoliens werden heute noch kurdisch stämmige Knaben zu «echten türkischen Bürger» erzogen. Stellvertretend für diese Methode stehen im Film Yusuf und sein Freund Memo, welche im kalten Winter durch diverse Umstände einen Tag voller Schicksalswendungen erleben.
Mit Laiendarstellern inszeniert und sanften Momenten garniert, ist «Brother’s Keeper» ein Film, der im tragischen Thema der Unterdrückung sehr wohl humane und gar humoristische Momente findet. Die Schuld ist keiner Figur abzusprechen, das System hingegen agiert unfair. Karahan symbolisiert diese Standpunkte mit den schönen Aufnahmen, dem dichten Drehbuch und den Verhaltensweisen der Charaktere. Das Drama muss nie die Umgebung der Schule verlassen, um die falsche Politik zu entlarven.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Cinefreak » 05.12.2021, 13:34

BIRDS OF PREY fand ich für die Art von Film auch recht unterhaltsam. Kein Überding, aber ein Film, den man mal schauen kann, da gibt es gerade im Superhelden-Bereich deutlich Schwächeres ;)
Unser neuestes Projekt: https://open.spotify.com/show/35s3iDdkQ12ikEFT9hOoTP - Talk rund um Filme und Serien

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 05.12.2021, 21:40

Ganz klar, ich habe im Bereich Superhelden diverse Male weniger Punkte verteilt als die 4, welche ich "Birds Of Prey" zugesprochen habe. :lol:
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 06.12.2021, 13:34

HUMAN RIGHTS FILM FESTIVAL Zürich, Samstag
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Wet Sand
Kino, HRFF / Regie: Elene Naveriani
Konflikte lauern im Spielfilm von Elene Naveriani, die in Genf lebende Regisseurin hat sich mit ihrer ruhigen und wundervoll gefilmten Erzählung “Wet Sand” in die Heimat Georgien zurückbegeben, um dort das ländliche Küstenleben zu beleuchten. Das Titelgebende Strandcafé ist Dreh- und Angelpunkt für die statischen Tage, es treffen sich die immer gleichen Personen zu den immer gleichen Gesprächen. Als sich der Aussenseiter Eliko das Leben nimmt und dessen Enkelin Moe an den Ort zurückkehrt, wird nicht nur der Alltag von Amnon und Fleshka durcheinandergebracht.
Ruhig sind die Szenen, jede Geste und jeder Blick trägt viel Gewicht mit sich. Während Naveriani mit kurzen TV-Einspielungen die Aussenwelt mit all ihrer Zerstörung und dem Chaos kurz an der stoischen Oberfläche von “Wet Sand” kratzen lässt, ist das Filmgeschehen gefangen in Lähmung und der Präsenz alter Geister. Die Figuren stehen wie bei Roy Andersson in der Landschaft, die Sozialkritik an der georgischen Gesellschaft schleicht sich mit jeder Minute näher heran. Ein beeindruckender Film, der die Hoffnung nicht ausschliesst und trotz allen Repressionen Lebensmut und -sinn zulässt. «Follow Your Fucking Dreams», niemand hat gesagt, es werde einfach.
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Grosser Baum auf Reise
Kino, HRFF / Regie: Salomé Jashi
Ein grosser Baum wird, in tagelanger Arbeit, mitsamt Wurzeln dem Erdreich enthoben. Er wird eine Reise antreten, durch Strassen, über Berge und über das Schwarze Meer, um ein neues Zuhause zu bekommen. Um ihm den Weg freizumachen, müssen neue Strassen gebaut werden und andere Bäume ihr Leben lassen. Es ist ein logistischer Wahnsinn.
Hinter dem Projekt steht ein reicher Mann; er sammelt alte Bäume. Wir wissen, dass es sich bei dem Mann um den ehemaligen georgischen Premierminister Bidsina Iwanischwili handelt, doch der Film zeigt und benennt ihn nicht; er bleibt eine namenlose, rätselhafte treibende Kraft hinter den absurden Verschiebungen. Die Bilder, die Regisseurin Salomé Jashi zeigt, sind ruhig und beinahe meditativ, von skurriler Schönheit. Sie fokussiert aber nicht nur die Bäume; oft stehen auch die Menschen im Vordergrund, deren Umgebung sie entrissen werden. Die Geld dafür erhalten, aber auch trauern.
Erst ganz zum Schluss erhält man Einblick in die Destination der Bäume. Es ist ein Park immensen Ausmasses, gelegen an der Westküste Georgiens. Hier werden die Bäume wieder verwurzelt. Bis das passiert ist, wird es aber noch einige Jahrzehnte dauern: sie werden alle mit gespannten Seilen gesichert, bewässert und gepflegt. Der Anblick: schön und skurril zugleich. (ch)
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Should The Wind Drop
Kino, HRFF / Regie: Nora Martirosyan
Die Situation um das international nicht anerkannte Land Bergkarabach ist keine einfache. Geopolitische Spannungen und ethnische Unterschiede verhindern Annäherungen, seit dem Krieg in den Neunzigerjahren ist der bewaffnete Konflikt nie zu einem Ende gekommen. Die Bevölkerung sehnt sich nach Normalität und Akzeptanz, ein Flughafen soll dies ermöglichen. Doch der französische Prüfer Alain stösst bei seinem Audit nicht nur auf technische Unklarheiten, sondern eine Umgebung, die stets kurz vor der Explosion steht.
«Should The Wind Drop» ist das Debütwerk von Nora Martirosyan und beschäftigt sich mit sehr realen und aktuellen Schwierigkeiten. Der Konflikt um Bergkarabach ist bei uns selten präsent, schon gar nicht im Kino, ein überraschendes Novum stellt die Erzählung also dar. In nachdenklichen Szenen und schön gefilmten Bildern wird das zerbrechliche Kaleidoskop von Bevölkerung und Politik aufgezeigt, Hoffnung und Freude erhalten ihren Raum. Trotzdem leider ist das Drehbuch zu wenig überzeugend, dass der Film emotional lange nachhallen könnte. Die Komplexität der Situation steht den gewählten Mitteln im Weg, ein situatives Vorwissen ist bei der Sichtung auf jeden Fall zu empfehlen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Vince » 07.12.2021, 07:45

Also mir fallen nicht viele Superheldenfilme ein, die ich noch schlechter fand als Birds of Prey... den Vorgänger vielleicht, dann noch das Fantastic-Four-Reboot, und vielleicht noch den Silver Surfer (wäre aber nochmal zu verifizieren). Sonst ist das schon ziemlicher Bodensatz.

P.S. sorry fürs wieder Hochbringen, eigentlich stehen hier viel interessantere Filme, über die es sich mehr lohnen würde zu sprechen. ;)

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 07.12.2021, 09:31

Vince, auf dich ist Verlass. :wink:
Es stimmt schon, viele Superheldenfilme habe ich ebenfalls nicht schlechter bewertet. Wobei es bei Produkten wie "Birds Of Prey" eh schwierig ist, von einem Film zu reden. Schliesslich missachtet dieser alle eigentlichen Fixpunkte wie Struktur, Drehbuch, Logik und Mechanik. Alles passiert einfach und man soll es sofort wieder vergessen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 07.12.2021, 11:42

HUMAN RIGHTS FILM FESTIVAL Zürich, Sonntag
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Mis hermanos sueñan despiertos
Kino, HRFF / Regie: Claudia Huaiquimilla
Die Brüder Ángel und Franco stecken seit einem Jahr in einem Jugendgefängnis in Chile, ohne Verhandlung oder Urteil. Ihre Mutter besucht sie nicht mehr, die täglichen Träumereien werden zum letzten Rettungsanker. Bis Rebell Jamie ins Gefängnis versetzt wird und die Jungs zu Fluchtgedanken und Meuterei anstachelt. Das geht nicht gut aus.
Hunderte von Jugendlichen wurden und werden in Chile hart bestraft und gefangen gehalten, «Mis hermanos sueñan despiertos» von Claudia Huaiquimilla erzählt als Spielfilm keine konkrete Geschichte, sondern eine Möglichkeit, die sich zu oft abgespielt hat. Mit Laiendarsteller:innen inszeniert, feinfühlig und voller warmer Bilder, ist der Film ein emotionaler Standpunkt gegen die Willkür der Justiz und für die Perspektiven der Jugend. Das tieftraurige Ende weckt wenig Mut, aber genau deswegen sind solche Produktionen wichtig, damit wir niemals vergessen, welche Zustände teilweise herrschen und angegangen werden müssen.
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Flee
Kino, HRFF / Regie: Jonas Poher Rasmussen
Der Animationsfilm kann ein gutes Mittel sein, die Anonymität seiner Protagonisten zu wahren – so auch die von Amin, der als Kind aus dem post-kommunistischen Afghanistan geflohen ist. Noch immer hat er mit dem Fluchttrauma zu kämpfen und kann mit der Vergangenheit nicht abschliessen; nicht zuletzt, weil er nie jemandem die wahre Geschichte erzählen konnte. So wie ihm ergeht es vielen Geflüchteten: Sie müssen den Behörden im Ankunftsland eine möglichst glaubwürdige Geschichte präsentieren, die ihnen das Aufenthaltsrecht garantieren soll. Auch Amin hielt an der Geschichte fest, die der russische Schlepper ihm damals eingebläut hatte: Er sei allein geflüchtet, seine Eltern und Geschwister nicht mehr am Leben.
Heute lebt Amin in Dänemark und ist ein angesehener Akademiker. Erst jetzt, über zwanzig Jahre nach seiner Flucht, gelingt es ihm, über seine echte Vergangenheit zu sprechen. Trotzdem schwingt noch immer die Angst mit, das hart aufgebaute Leben – für das unter anderem seine Geschwister grosse Opfer brachten – zu zerstören. Das Erzählen fällt ihm schwer, aber die stetige Selbstzensur belastet seine Beziehung und seine Freundschaften; und so öffnet er sich langsam seinem Freund und teilt seine Erinnerungen. Nur sparsam durchbrechen reale Videoaufnahmen die Animationen in «Flee», wie um mit Nachdruck zu betonen, dass all die Grausamkeiten tatsächlich passiert sind. Meist aber erzählt Amin aus seiner Perspektive, aus seiner Vergangenheit und der Gegenwart. Das Resultat ist ein sehr intimer, tragischer Film, der berührt und fesselt. (ch)
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The Last Duel
Streaming, Disney+ / Regie: Ridley Scott
Herr Scott wagt es in seinem Alter noch einmal in das Mittelalter, in die dreckigen Schlachten und patriarchal-christlichen Traditionen. Mit «The Last Duel» hat er eine wahre Geschichte über Feindschaft, Besitzansprüche und Vergewaltigung verfilmt, kompetent und namhaft besetzt mit Matt Damon, Adam Driver und Jodie Comer (beste Leistung im Film). Aus drei Perspektiven wird das Geschehen beleuchtet, schnelle Schnitte und brutale Schlachten gehören ebenso dazu wie intime Gespräche.
Leider aber vermag es Scott nicht, die nötige Intensität aufzubauen und die Essenz der Geschichte zu erfassen. Der Beginn ist verwirrend und rast von Szene zu Szene, die Katharsis von Lady Marguerite de Carrouges wird durch das abschliessende und effekthascherische Duell verhindert. Es hätte ein interessanter Blick auf damalige, misogyne Strukturen werden können, bleibt aber bloss ein weiteres Aufplustern von männlicher Egozentrik.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 13.12.2021, 18:31

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Hexenkinder
DVD / Regie: Edwin Beeler
Während im Mittelalter auch in der Schweiz Kinder durch die Kirche hingerichtet wurden, bloss, weil sie nicht der «Normalität» entsprachen, wurden und werden bis heute Menschen in Erziehungs- und Waisenheime gesteckt. Die dortigen Behandlungen sind selten human. Über solche Schicksale berichtet der Dokumentarfilme «Hexenkinder» von Edwin Beeler. In einer TV-Optik nahe einer Nachrichtensendung werden harte Wahrheiten ans Licht gebracht und die Aufarbeitung eines oft verschwiegenen Aspekts der Schweizer Gesellschaft angegangen. Unaufgeregt und nahe bei den Menschen.
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Benedetta
Kino / Regie: Paul Verhoeven
Religion. Gewalt. Lesbensex. Mittelalter. Bei solchen Zutaten läuft Paul Verhoeven das Wasser im Mund zusammen und die Mahlzeit «Benedetta» ist genau das, was man vom Regisseur erwarten kann. Pulp im Bereich von ernster Thematik, stilistisch ausufernde Momente und gewohnte Schockbilder. Näher bei «Hollow Man» und «Black Book» als seinen Kultfilmen, im letzten Drittel dafür angenehm düster und mitreissend. Kein Ausreisser, egal in welche Richtung.
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It’s a Mad, Mad, Mad, Mad World
BD / Regie: Stanley Kramer
Welt, du bist verrückt. Nicht erst seit der Pandemie, jetzt aber umso mehr. Da passt die Kult-Komödie «It’s a Mad, Mad, Mad, Mad World» aus den Sechzigerjahren wunderbar, wenn man auf Slapstick und fast drei Stunden nervöse Unterhaltung steht. Still ist der Film nie, die Schauspieler:innen brennen ein Feuerwerk ihres Könnens ab und das Wettrennen wird mit jeder Szene verrückter. Ein atemloser Film, der in der gekürzten Fassung bis heute mehr als begeistert.
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Lucy In The Sky
Streaming, Disney+ / Regie: Noah Hawley
Jedes Stilmittel hat seine Berechtigung, wenn es der Geschichte und dem Film mehr Tiefe hinzufügt. Die ewigen und unmotivierten Formatwechsel bei «Lucy In The Sky» zerstören aber viel der Absicht und des Vergnügens. Nicht nur damit fährt Noah Hawley seinen Film gegen die Wand, sondern mit dem stupiden Drehbuch, der misslungenen Struktur, den nervenden Charakteren und der fehlenden Empathie. Natalie Portman, Jon Hamm und Zazie Beetz spielen gut, alles andere ist mühsam. Diese Rakete explodierte noch vor dem Start.
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House Of Gucci
Kino / Regie: Ridley Scott
Passend zu seinem Thema ist der neuste Film von Ridley Scott ein aufgeblasenes Hochglanzprodukt, das mit viel Schein den stickenden Kern tarnen will. Ein Film, der viel zu lange dauert, merkwürdige Entscheidungen in sich trägt und sich fatale Fehltritte erlaubt. Lady Gaga und Adam Driver sind die hellen Sterne nebst der Opulenz, dagegen halten der miserabel aufspielende Jared Leto (her mit der goldenen Himbeere, er versenkt mit seinem Overacting fast dem kompletten Film), die Willkür bei der Songauswahl, die merkwürdigen Szenenschnitte und das ermüdende Drehbuch. Sogar «The Last Duel» ist ein besserer Film.
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The Harder They Fall
Streaming, Netflix / Regie: Jeymes Samuel
Style Over Substance im wilden Westen. Man reitet zu Dub und Hip-Hop durch bunte Ausstattungen, schiesst sich ultrablutig durch die Bösewichte und hat die Coolness für immer gepachtet. «The Harder They Fall» ist ein Western, der weder ernsthaft wirkt noch über Tiefgang verfügt. Die Besetzung ist aber so gut (Lakeith Stanfield oder Idris Elba beispielsweise), dass die Arbeit von Jeymes Samuel Spass macht. Viel nimmt man nach dem Abspann allerdings nicht in die folgenden Tage mit.
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