Filmtagebuch: deBohli

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 14.05.2021, 14:42

Lohnt sich wirklich. Für meine Freundin und mich war es nebst "Promising Young Woman" der Film, auf den wir während des Lockdowns am sehnlichsten gewartet haben.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Vince » 14.05.2021, 17:25

Oh, von dem hab ich ja noch gar nix mitbekommen. Den setz ich mir auch mal ganz oben auf die Liste. Vinterbergs "Die Jagd" ist für mich eines der besten Dramen des bisherigen Jahrtausends, insofern freue ich mich natürlich auf eine weitere Zusammenarbeit mit ihm und Mikkelsen. Auch "Das Fest" fand ich hervorragend.

Die furzenden Matschmonster kommen dann gleich an zweiter Stelle auf dem Notizblock. :lol:

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 15.05.2021, 09:53

Vinterberg und Mikkelsen ist eine berauschende Kombination, ich kann dir nur empfehlen, "Another Round" bald zu kredenzen. Und ja, "Spookies" ist ein klarer Fall für das Weird-Shit-Regal. :lol:

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Bottle Rocket
BD / Regie: Wes Anderson
Ach, wie jung alle damals noch waren. Mit der ersten Regiearbeit Andersons etablierte er sich nicht nur als Talent in Hollywood, sondern sorgte für den Karrierestart der Wilson-Brüdern. Noch etwas unsicher und kantiger als in den nachfolgenden Projekten, aber mit viel Herz und der gewohnten Verschrobenheit zeigt sich die Geschichte um Raubüberfälle und neu gefundene Liebe. Lumi Cavazos als Inez ist wundervoll.
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Sedel – Rock’n’Roll Kingdom
DVD / Regie: Thomas Horat, Luzius Wespe
Seit 40 Jahren existiert der Sedel, ein ehemaliges Gefängnis oberhalb Luzerns, in dem Bandräumlichkeiten und ein Club untergebracht sind. Rock’n’Roll ausserhalb der Norm, der Film von Horat und Wespe wurde vor zehn Jahren zum 30. Geburtstag gedreht. Man erhält Einblicke in die Proberäume diverser Gruppen und Musiker (viel zu wenige Frauen sind dabei!), darf zu den Sounds den Kopf nicken und in den bis heute herrschenden Kosmos eintauchen. Tiefschürfendes gibt es nicht, ebenso nur spärliche Infos zum Gebäude und Konzept selbst. Fragt sich bloss, welche von den gezeigten Acts heute noch existieren.
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Sweat
Kino / Regie: Magnus von Horn
Der Social-Media-Wahn ist nicht selten zentrales Thema eines Films, die Schwedisch-Polnische Produktion verfängt sich glücklicherweise nicht in den üblichen Klischees. So ist von Beginn an klar, dass die erfolgreiche Fitness-Influencerin Sylwia Zając mit ihrem Leben nicht mehr klarkommt, allerdings unfähig ist, die herrschende Welt aus Schein und Selbstdarstellung zu verlassen. Viel neues wagt das Drehbuch nicht, die Inszenierung und das Spiel (Magdalena Koleśnik ist sehr sympathisch) bieten aber genügend Substanz.
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I Care A Lot
Kino / Regie: J Blakeson
Darum fand ich den Film nirgends bei uns im Streaming, der läuft doch noch im Kino! Was für eine Wucht ist denn Rosamunde Pike, und wieso gab es dafür keinen Oscar? Sie spielt sich phänomenal durch den bunt gefilmten und wunderbar frechen Film über Verbrechen, Betrug und kapitalistischen Wahn. Das ist Pop, das knallt herrlich rein, mit genialen Kostümen und der perfekten Frisur Pikes. Da fällt fast nicht mehr auf, dass die eigentlich versuchte Kritik am System zu plump verpufft und die Handlung im letzten Drittel stark die Bodenhaftung verliert. Soundgestaltung, Darsteller*innen (Eiza González!) und Atmosphäre sind allerdings auf höchstem Niveau.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von SFI » 15.05.2021, 14:37

Dito zu I Care A Lot!
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 18.05.2021, 10:22

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The Invisible Man
BD / Regie: James Whale
Diesen Film 1933 im Kino erlebt haben zu können, muss ein fesselndes Erlebnis gewesen sein. Ein unsichtbarer Mann, herumschwebende Gegenstände, ein Fahrrad, das von selbst losfährt. Bis heute sind die Aufnahmen beeindruckend und der Film überzeugt nicht nur im technischen Bereich. Als Metapher auf die immer grösser werdende Paranoia ist die Geschichte eine Vorahnung der schlimmen Dinge, welche die Welt befallen werden. Zusätzlich wunderbar böse und düster, ein sehenswerter Klassiker.
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Host
BD / Regie: Rob Savage
Grundsätzlich liefert Savage mit diesem Horrorfilm, der während dem Lockdown 2020 gedreht wurde, einen weiteren Vertreter des Found-Footage-Genres, in Kombination mit Haunted-House. Dämonen, Beschwörungen, Jump-Scares – und trotzdem ist alles packend und in der zweiten Hälfte nervenzerfetzend. Das liegt daran, dass die Darstellerinnen sympathisch sind und die Dynamik von bekannten Standards wegbewegt wurden, sowie «Host» unsere aktuelle Lage der sozialen Isolation und des technischen Alltags clever ausnutzt. Zeitgemäss und gelungen.
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Demoni
BD / Regie: Lamberto Bava
In den Achtzigern war es egal, wie sinnentleert ein Film daherkam, solange die Musik stimmte und die Action die Realität übertraf. Mit «Demoni» erhält man genau dies im Umfeld des VHS-Horror-Stils. Ein grusliges Kino in Berlin als Ausgangslage, alte Dämonen, die sich an den Zuschauer*innen vergreifen. Das wirkt eher, als sollte es New York darstellen und verliert gegen Ende jegliche Zurückhaltung (mit Motorrad und Samuraischwert durch die Ränge, Helikopter kracht durchs Dach) – und macht viel Spass.
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Promising Young Woman
Kino / Regie: Emerald Fennell
Lange musste man auf dieses Kinoerlebnis warten, jede Sekunde hat sich aber gelohnt. Der Film von Fennell ist ein knallbunter, tiefschwarzer und vielschichtiger Kommentar zu den herrschenden Zuständen im Patriarchat. Sexuelle Übergriffe von Männern an Frauen, institutionelle Ungerechtigkeit und korrupte Systeme – Carey Mulligan hält als Cassie dagegen an. Die Bilder sind aufrüttelnd, die letzten 20 Minuten extrem brutal, der Film funktioniert als bissiger Kommentar und Spiegel zur eigenen Vergangenheit. Auf jeder Ebene ein Meisterstück, brandaktuell und mit viel Kraft – ganz klar einer der besten Filme des Jahres.
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Hollow Man
BD / Regie: Paul Verhoeven
Auf DVD habe ich diesen Film früher oft geschaut, er mutierte zu einer dieser nostalgischen Teenager-Erinnerungen betreffend Hollywood. Heute können sich die sexistischen Momente, das doofe Drehbuch und die vielen Neunziger-Aspekte nicht mehr verstecken, trotzdem macht die etwas zu stark auf Erotik getrimmte Neuerfindung von «The Invisible Man» weiterhin Spass. Das liegt am wunderbar grosskotzig auftretenden Kevin Bacon und den starken Effekten. Ja, Rhona Mitra schaut auch super aus.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 22.05.2021, 12:18

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Hollow Man II
BD / Regie:
Direkt für den Heimkinomarkt produziert, versucht sich die theoretische Fortsetzung zum lüsternen Film von Paul Verhoeven schon gar nicht an kritischen Botschaften. Hier geht es nur darum, dass ein unsichtbarer Killer zur Strecke gebracht werden muss. Die stupide Geschichte wird von mittelmässigen Schauspieler*innen getragen und vermag es zu keiner Sekunde, Spannung aufzubauen. Ein unsichtbarer Feind war nie so langweilig wie hier.
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Animal Factory
BD / Regie: Steve Buscemi
Dramatische Filme über Gefängnisinsassen verfügen über eine eigene Dynamik, Buscemis zweite Regiearbeit gibt sich in dieser Hinsicht erstaunlich zurückhaltend und ruhig. Mit starker Besetzung und authentischen Aufnahmen überzeugt das Gesehene, könnte aber etwas mehr Tragweite verkraften. Interessant hingegen die sanften Aspekte möglicher Beziehungen und Liebesbekenntnisse zwischen den Mannen.
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Irreversible
BD / Regie: Gaspar Noé
In keiner Weise befürworte oder unterstütze ich Gewalt und sexuelle Unterdrückung gegenüber Frauen. Als weisser Cis-Mann hadere ich oft mit meiner persönlichen Wahrnehmung vieler Probleme dieser Welt, möchte ich mich aber von solchen Taten klar distanzieren. Womit wir beim springenden Punkt von Noés zweitem Spielfilm «Irreversible» wären: Mit der minutenlangen und gnadenlosen Darstellung einer Vergewaltigung suggeriert der Film nicht eine glorifizierte und fantasiegefüllte Projektion solcher Taten, sondern konstruiert einen Spiegel für die Zuschauer*innen.
Mit Anbindung an das Exploitation-Genre erweckt «Irreversible» die stete Frage: Wieso geniesst und sucht man gewisse Darstellungen oder Standards in Filmen? Wieso fühle ich mich durch die Werke von Herschell Gordon Lewis oder Genreklassiker wie «The Last House On The Left» unterhalten? Durch die umgekehrt chronologische Erzählweise und der direkten Konfrontation mit realistisch dargestellter Gewalt (welche zu keiner Sekunde sexuelle Lust generiert oder eventuelle Vorstellungen nährt) unterwandert Noé die typischen Vertreter solcher Stilrichtungen. Das Prinzip des Rape-And-Revenge wird dekonstruiert, die eigentlichen Mechanismen und Befriedigungen zerschmettert.
Ohne den typischen und gewohnten Ablauf wird aus dem Schrecken eine alles zerstörende Geburt durch den Untergang, die nicht nur die Theorie der Entropie über das gesamte Leben stülpt, sondern Fragen zu Vorbestimmung und Fragilität der scheinbaren Sicherheit in unseren Leben aufwirft. Ob absichtlich oder zufällig (der Film wurde stark improvisiert und mit sehr kurzem Drehbuch in eigentlich chronologischer Reihenfolge gedreht), je weiter man vordringt, desto bitterer werden die fröhlichen und ausgelassenen Momente der Geschichte und jede neue Szene verändert das Bisherige. Aus der eventuellen Vorahnung und möglichen Gier wird eine depressive Gewissheit. Das Fortschreiten der Zeit wird zu einem nihilistischen Prozess, die Entscheidungsfreiheit einzelner Menschen ohne Genuss zerdrückt. Schicksal und Freiheit treten ihren ungleichen Kampf an.
«Irreversible” ist durch die Verbindung all dieser Gedanken und Bildern ein extrem aufrüttelnder Film, dessen gezeigte Gewalt in keinem Verhältnis zu jeglicher Rechtfertigung steht. Noés Arbeit deswegen allerdings als verherrlichend oder krank abzutun, würde den zugleich entstandenen Aussagen und Wirkungen aber Unrecht tun. Ob der Film sich mit dem ebenfalls auf BluRay veröffentlichten «Straight Cut» nicht all diesen Tiefen und Untersuchungen beraubt, wird sich zeigen.
Le temps detruit tout.
Addendum: Die technischen Aspekte des Filmes sind meisterhaft, von Kamera, Schnitt, Ausleuchtung über Musik und Sounddesign beweist Noé sein grosses Talent als Fillmemacher und führt viele Elemente ein, die seine kommenden Produktionen sogar noch weitertreiben werden.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Vince » 23.05.2021, 08:33

Von dem Begriff "Cis-Mann" hab ich glaub ich zum ersten Mal im zweiten South-Park-Videospiel gehört. :lol:

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 23.05.2021, 10:06

Man lernt nie aus. :wink:
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 28.05.2021, 15:54

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La La Land
Streaming, Amazon / Regie: Damien Chazelle
Obwohl die Zweitsichtung nicht im Kinosaal passierte, wurde die emotionale Wucht dadurch keinesfalls gemindert. Ein wunderschön komponierter Film, der mit seiner Ausstattung und dem nostalgisch-kitschigem Blick auf die vergangenen Jahrzehnte Hollywoods erstaunlich gut funktioniert. Das realistisch gehaltene Ende hilft, Emma Stone ist phänomenal. Da kullern die Tränen.
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Loving
DVD / Regie: Jeff Nichols
Joel Edgerton und besonders Ruth Negga in den Hauptrollen tragen den Film und dessen Gewicht ohne Probleme auf ihren Schultern, vieles wird mit leisen Momenten und knappen Dialogen erzählt. Das funktioniert zwar nicht gleich gut wie bei «Take Shelter» von Nichols (und Michael Shannon ist hier viel zu wenig zu sehen), ist trotzdem eine schöne Ode an die Liebe.
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Zürcher Tagebuch
DVD / Regie: Stefan Haupt
Ein Jahr in Zürich, eine scheinbar heile Welt mit genügend Wohlstand, um die globalen Probleme zu verdrängen. Oder? Stefan Haupt lässt seine persönliche Sicht auf die Stadt und somit die Schweiz zu einem Kommentar der heutigen Gesellschaft werden und stellt einige interessanten Fragen. Wirklich befriedigend werden diese allerdings nicht beantwortet, auch wenn diverse Interviewpartner eine vielseitige Sicht garantieren. Wirklich Aufrichtiges gibt es allerdings nur von den Kindern Haupts.
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The Duke Of Burgundy
BD / Regie: Peter Strickland
Der Moment nach etwa zwanzig Minuten, wenn bei «The Duke Of Burgundy» die Verschiebung des präsentierten Machtgefüges passiert, ist grandios. Das konstruierte Konzept wird auf den Kopf gestellt, der Film zu einer wunderschön gefilmten Überlegung über Liebe und Aufopferung in Beziehungen. Ein Cast mit nur Frauen, ein toller Score, eine neue Interpretation des europäischen Kinos der Siebziger- und Achtzigerjahre; sehr gelungen.
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Demoni 2
BD / Regie: Lamberto Bava
Es funktioniert nicht immer, wenn man bewährte Rezepturen praktisch deckungsgleich erneut auf Film bannen möchte. Bava und Argento versuchten dies mit einer schon fast anstandslosen Kopie des Horror-Hits «Demoni», bloss kam dabei nicht ein weiteres Vergnügen voller Dämonen, Überzeichnungen und Achtziger-Songs heraus, sondern ein bis zur letzten Sekunde langweiliger Film, der nicht einmal mit den Effekten zu überzeugen weiss.
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Toy Story
Streaming, Disney+ / Regie: John Lasseter
Ja, dies war meine Erstsichtung und ja, der Film ist wirklich gut. Auch wenn die Animationen heute etwas angestaubt wirken (im gegebenen Kontext allerdings gut funktionieren), überzeugt die Erzählung über Freundschaft und Zugehörigkeit weiterhin. Tim Allen und Tom Hanks sind passende Stimmen, die Ideen und versteckten Hinweise auf weitere Filme und Serien (The Shining, Home Improvement, The Lion King und mehr) machen viel Laune.
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Ready Or Not
Streaming, Disney+ / Regie: Matt Bettinelli-Olpin, Tyler Gillett
Entschuldigung, da hätte man eigentlich eine coole Idee für einen angenehm blutigen Film in schicker Umgebung, weiss aber nichts besseres, als alle Bilder in einen unschönen Farbfilter zu tauchen? Was für eine Fehlentscheidung, denn Samara Weaving hätte ich gerne in hübscheren Bildern zugeschaut. Obwohl der Film Standardware ist, macht die Hetzjagd trotzdem Freude und Weavings Schreie sind beeindruckend. You go girl!
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 02.06.2021, 11:24

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To Die For
BD / Regie: Gus Van Sant
Plötzlich wird der Soundtrack von Metal übernommen und man ist sich nicht mehr sicher, was Gus Van Sant dabei gedacht hat. Überraschungen wie diese passen zum sehr sarkastischen Blick auf Aufmerksamkeitssucht und dem Verlangen nach Rampenlicht in den USA. Wunderbar Nicole Kidman in der Hauptrolle, schön jung und passend Matt Dillon, Joaquin Phoenix und Casey Affleck als ergänzende Darsteller. Geltungsdrang und Gier wurden als destruktive Kräfte selten so quirlig dargestellt wie hier.
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Suntan
BD / Regie: Argyris Papadimitropoulos
Das zeitgenössische Kino in Griechenland hat einige merkwürdige Filme hervorgebracht, «Suntan» streift diese neue und verrückte Bewegung allerdings nur am Rande. Die Geschichte über einen Arzt, der auf einer Touristeninsel den Verlockungen junger Frauen verfällt, ist vor allem eine bösartige Studie männlicher Gewalt. Papadimitropoulos inszeniert dies als Spirale voller Extreme und einer Spur Misogynie und trifft die Wahrheit fehlgeleiteter Männer damit ziemlich gut.
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The Last Seduction
BD / Regie: John Dahl
Der Erotik-Thriller, was für ein merkwürdiges Genre und Relikt. Vieles will heute nicht mehr funktionieren, sei es die Inszenierung oder der Blick auf Geschlecht und Sex. Trotzdem, John Dahl darf sich dank Linda Fiorentino glücklich schätzen, einen bis heute unterhaltsamen und packenden Film geschaffen zu haben. Alles steht und fällt mit der weiblichen Hauptfigur, Peter Berg und Bill Pullman sind da nur Beigemüse. Lang lebe die «Bitch».
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Ammonite
Kino / Regie: Francis Lee
Vorschusslorbeeren und Vergleiche mit «God's Own Country» und «Portrait de la jeune fille en feu» liessen meine Erwartungen grosswerden, die Besetzung mit Kate Winslet und Saoirse Ronan in den Hauptrollen versprach sehr vieles. Doch leider wirkt der neue Film von Francis Lee sehr klischiert und fällt immer wieder in plumpe Mechaniken zurück. Das Drehbuch ist nie clever, sondern stolpert von Szene zu Szene, die Liebesbeziehung wirkt nicht natürlich. Schade, ist dem Regisseur scheinbar der Zauber für diese Produktion abhandengekommen.
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The Insivible Man Returns
BD / Regie: Joe May
Eine Fortsetzung, die mit dem eigentlichen Original eigentlich gar nichts zu tun haben möchte, dafür das Unsichtbarkeitsserum gleich von Beginn an vorweisen kann. Hier geht es weniger um tiefere Botschaften, Joe May wollte einen spannenden Film über Schuld und Verurteilung drehen. Das hat ziemlich gut geklappt und darf bis heute mit den Effekten begeistern (oder unterhalten, je nach Szene), reicht aber nicht an «The Invisible Man» heran.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 06.06.2021, 10:30

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Bullhead
DVD / Regie: Michaël R. Roskam
Bei uns würde der Film wohl «Stiernacken» heissen, dafür gäbe es keine solch herrlich absurden Dialoge in Flämisch und dialektstarkem Französisch. Matthias Schoenaerts überzeugt in der Hauptrolle dieser brutalen und depressiven Milieu-Studie über Drogenmissbrauch, Familienfehden und Doping von Tieren. Ein Film, der hart austeilt und einen mit flauem Gefühl zurücklässt.
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The Day The Earth Caught Fire
BD / Regie: Val Guest
Die Angst vor dem Atomkrieg war damals gross, leider ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses wieder gestiegen – was diesen packenden Katastrophenfilm aus den Sechzigerjahren aktuell werden lässt. Edward Judd, Janet Munro und Leo McKern spielen sich durch reale Schauplätze in London und das Gewimmel einer Zeitungsredaktion, gehen in der steigenden Hitze fast drauf und klammern sich an die letzten Hoffnungen der Menschheit. Ein Mahnmal, das einige Regierungspersonen sichten sollten.
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King Of New York
BD / Regie: Abel Ferrara
Moral und ethische Hoheit existieren in diesem kernigen Gangsterfilm von Ferrara nicht, er zeigt lieber auf, wie in Strassenkriegen zwischen brutalen Gesetzeshütern und furchtlosen Drogendealern nur etwas regiert: Tod und Verderben. Bis heute sehr sehenswert und mit (unter anderem) Christopher Walken, David Caruso, Laurence Fishburne, Wesley Snipes, Janet Julian und Steve Buscemi sehr gelungen besetzt und fesselnd inszeniert.
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L'inconnu de Shandigor
Streaming, Filmingo / Regie: Jean-Louis Roy
Ende der Sechzigerjahre beherrschte das Bond-Fieber die Filmwelt, alle wollten ein Stück vom Kuchen –auch die Schweiz. Mit «L'inconnu de Shandigor» entstand glücklicherweise keine billige Kopie, sondern ein surrealistisch angehauchter und tiefironischer Film über Atombomben, Machtmissbrauch und verfeindete Agenten. Etwas zu lose in der Inszenierung, überzeugen vor allem die absurd-komischen Momente, die wunderbar inszenierten Bildern und das übertriebene Schauspiel diverser Personen. Ein Kuriosum zwischen Godard und Buñuel, das in der Schweizer Filmgeschichte zu lange vergessen blieb.
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Bonditis
Streaming, Filmingo / Regie: Karl Suter
Wie dreht man eine James-Bond-Kopie, ohne Rechte zu verletzen und in Klischeefallen zu tappen? In dem man der Hauptperson eine «Bonditis»-Krankheit verleiht, dank deren diese Tagträume von Agentenabenteuer erlebt – bis Frank Born in einem malerischen Schweizer Alpendorf wirklich zwischen die Fronten der Agenten gerät. Träge, sexistisch, rassistisch und ganz offensichtlich ein Kind seiner Zeit, will dieser Exploitation-Auswuchs selten wirklich gefallen. Ein Morsecode gackerndes Huhn ist aber schon etwas.
:liquid4:

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Caught In The Net
Kino / Regie: Vít Klusák, Barbora Chalupová
Das Internet ist an vielen Stellen ein rechtsfreier Raum, in dem sich die scheusslichsten Menschen herumtreiben. Mit dem Dokumentarfilm aus Tschechien werden die Geschehnisse auf Social-Media-Plattformen untersucht und aufgezeigt, wie viele Mädchen im Alter von 12-13 Jahren sexuell und psychisch misshandelt werden. Ein erschreckender Film, der den Glauben an die Menschheit schmälert und die Misere ungefiltert darlegt. Leider emotional etwas zu extrem inszeniert und mit einem Tribunal voller Selbstjustiz endend, trotzdem sehr sehenswerte und harte Kost.
:liquid7:

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Fête de famille
DVD / Regie: Cédric Kahn
Noch französischer geht es fast nicht und darin liegt das Problem. Die Geschichte um ein Familientreffen, das nicht nur alte Wunden aufreisst, sondern die Abgründe zwischen den Personen offenbart, wurde schon oft verfilmt. Und wie es sich gehört, wird sehr oft geschrien. Das Stück von Kahn weiss zwar dank der gelungenen Inszenierung und dem guten Ensemble zu gefallen, fügt dem Grundprinzip aber keine aufregenden, neuen Aspekte hinzu.
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Valhalla
DVD / Regie: Peter Madsen, Jeffrey James Varab
Gerne würde ich in diesem Animationsfilm aus den Achtzigerjahren mehr sehen als eine nervenstrapazierende und zu kindlich geratene Adaption der nordischen Mythologie. Mit eher kruden Bildern, bei denen die Details weggelassen wurden, lernt man Thor und Loki kennen, darf sich in Asgard umschauen und vor allem über Kalauer und Slapstick-Einlagen lachen. Das traf weder meinen Geschmack noch meine Gewohnheiten und konnte mich überhaupt nicht überzeugen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 12.06.2021, 18:18

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The Turin Horse
BD / Regie: Béla Tarr
Ein Meisterwerk, das sprachlos macht. Ein Film, bei dem ich vergass, gestellte Szenen vor mir zu haben und nicht durch ein verzaubertes Fenster in eine andere Realität blicken zu können. Langsam, tiefgründig, melancholisch und bedrohlich. Ein Stück über die Dualität von Gott und Leben, ein schleichend dargestelltes Armageddon. Diese Stille ist wahrlich eine intensive Wucht und hätte gerne noch weitere Stunden andauern können.
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The Cooler
BD / Regie: Wayne Kramer
Anfang der 2000er-Jahre gedreht, atmet der Las-Vegas-Film viel Luft der Achtziger und Neunziger. Sei es wegen dem Drehbuch, dem Setdesign oder den Farben, vieles scheint überholt. Trotzdem macht es Freude, William H. Macy als Pechvogel zuzuschauen, während sich Maria Bello in ihn verliebt und Alec Baldwin meisterhaft durch die Szenen wütet. Eine Betrachtung über den Wandel der Zeit, ein Stück Märchen, eine Prise Gangster-Film, ergänzt mit einigen Klischees.
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Happy Death Day
Streaming, Netflix / Regie: Christopher Landon
Das Murmeltier feiert Geburtstag und wird täglich gemeuchelt. Vom Grundgedanken her keine schlechte Idee, kommt der Film von Landon mit genügend Energie daher, um bei der Stange zu halten. Bloss wirken alle Personen etwas zu alt für ihre Rollen, die Charaktere scheinen aus der Serie «Riverdale» gepurzelt zu sein und die Läuterung kommt sehr plötzlich und überspitzt. Dafür bin ich nun definitiv Fan von Ruby Modine und werde die Fortsetzung dank der merkwürdigen Prämisse bestimmt einmal anschauen.
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The Strangers
Streaming, Netflix / Regie: Bryan Bertino
Random acts of violence. Das Böse ist immer sehr wirkungsvoll, wenn es nicht erklärt wird. Liv Tyler und Scott Speedman werden eine Nacht lang von unbekannten Personen terrorisiert und erleben, was die amerikanische Gesellschaft für extreme Untiefen geschaffen hat. Das ist sehr aufreibend und geschickt gefilmt, die Masken sind effektiv. Trotzdem wirkt alles etwas weniger clever, als es gerne wäre.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Cinefreak » 12.06.2021, 18:54

Dein Ernst? Happy death day habe ich nach einigen Minuten total gefeiert. ANfangs fand ich sie richtig scheiße, die Frau, aber als sie etwas mehr Seele und Herz bekommt, gefiel mir das ganze und ich habe mit ihr richtig mitgefiebert und an einigen Stellen auch lachen können (Kirchenglocken-Szene z. B: ;)
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Vince » 13.06.2021, 08:19

Cinefreak hat geschrieben:
12.06.2021, 18:54
Dein Ernst?

Ist das jetzt so ungewöhnlich? Die Kritiken waren generell sehr gemischt und verhalten. Völlig zu Recht, wie ich finde. Bin da selbst wertungstechnisch ebenfalls im Mittelfeld unterwegs.

"The Cooler" hab ich ähnlich im Gedächtnis, habe laut ofdb auch 6/10 gegeben. Den hab ich aber jetzt 16 Jahre lang nicht gesehen. Zum Turiner Pferd muss ich gar nichts weiter sagen, auch hier sind wir uns mehr als einig. "The Strangers" hab ich wohl damals nur 5/10 gegeben, könnte mir aber vorstellen, dass der relativ gut gereift ist.

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 13.06.2021, 10:05

Allgemein zu meinen Wertungen: 5 ist kein wirklich schlechter Film, sondern Mittelmass, wie Vince es sagt. Besonders Horrorfilme machen weiterhin viel Spass beim Schauen, auch wenn keine höhere Wertung möglich ist. So bekam ich wie du, Cinefreak, viel Unterhaltung geboten, konnte mitfiebern und lachen. Bloss nur ist die Figur, welche Jessica Rothe verkörpert, ein merkwürdiges Konstrukt das weder in ihre Umgebung passt, noch sympathisch aufgezogen ist. Ihre Wandlung, welche dank der gefälligen Darstellung immerhin zum Weiterschauen animierte, ist aber trotzdem extrem unwahrscheinlich und übertrieben. Und leider weiss der Film auch sonst nicht wirklich aus den typischen Genre-Bahnen auszubrechen und macht es sich und den Zuschauer*innen sehr einfach.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 20.06.2021, 17:36

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The Breadwinner
Streaming, Netflix / Regie: Nora Twomey
Am Fantoche Festival habe ich diesen Film, aus welchen Gründen auch immer, verpasst, aber im Heimkino ist die animierte Erzählung gleichermassen eine emotionale Wucht. Wunderbar gezeichnet, mit dem richtigen Mass kindlicher Naivität ausgestattet und als treffender Kommentar zu den anhaltenden Konflikten in Afghanistan und der grausamen Sinnlosigkeit von Krieg trifft die Produktion von Twomey die richtigen Töne. Was ein Märchen sein könnte wird zu einem Albtraum, ehrlich und sehenswert.
:liquid8:

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Nomadland
Kino / Regie: Chloé Zhao
Es wurde viel über den Film geschrieben und diskutiert, der Oscar-Gewinn wurde in Frage gestellt, Zhao Verherrlichung gewisser Zustände vorgeworfen. Aber eigentlich ist dieser sanfte und naturalistisch anmutende Film vor allem eines: Wahrhaftig und beobachtend. Tieftraurig und wundervoll hübsch zugleich, eine Momentaufnahme nach der grossen Immobilienkrise 2008 und ein feinfühliger Einblick in die prekären Zustände. Dokumentarische Aspekte verbinden sich mit der Romantik, das eigene Konsumleben wird durch die Geschichte kritisch untersucht.
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The Witch Who Came From The Sea
BD / Regie: Matt Cimber
Was damals in England ein «Video Nasty» war, ist vor allem erstaunlich anders als sonstige Filme der Siebzigerjahre. Cimber zeigt keine Schlachterei, die Verbrechen sind psychologisch erklärt und motiviert. Horror, der immer möglich ist und auf den bösen Aspekten der Menschheit basiert. Leider will die Inszenierung dem Inhalt nicht gerecht werden und stösst an manchen Stellen etwas vor den Kopf.
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Ivansxtc.
BD / Regie: Bernard Rose
Ab dem Moment, in dem Danny Huston endlich im Film auftritt, wendet sich alles zum Besseren. Was zuvor wie eine ultrabillige TV-Produktion wirkte, ist danach eine interessante Neuinterpretation von Tolstois Drama «Der Tod des Iwan Iljitsch». Angesiedelt im drogen- und geldverseuchten Hollywood, mit Peter Weller und Lisa Enos interessant besetzt, digital und ohne falsche Fassaden – am Ende hat man mit der Hauptfigur sogar Mitleid. Ruhm, Geld und Drogen sind halt doch nicht die wahren Freunde des Lebens.
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Hvítur, Hvítur Dagur
DVD / Regie: Hlynur Pálmason
Der Verlust seiner Frau führt den isländischen Polizisten in obsessive Zustände. Verdachte auf eine Affäre kommen auf, der Zorn wird immer grösser. Bis sich am Ende des beeindruckend gefilmten und geschnittenen Filmes die Wut auf brutale Weise entlädt und die positiven Seiten des Lebens endgültig im grauen Nebel des Alltags verschwinden. Liebe, Beziehungen, Trauer – dargeboten mit hoher Spannung und faszinierenden Montagen.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 24.06.2021, 14:55

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Lux Æterna
BD / Regie: Gaspar Noe
Über Regisseure und Zustände an den Sets gibt es unzählige Geschichte, Mythen und Gerüchte, als aussenstehende Person wird man die wahren Situationen wohl nie erfahren. Gaspar Noe hat mit seinem nur 50 Minuten langen Film diesen Umständen eine Hommage hingezaubert, über Chaos und Streit beim Dreh, über seine persönlichen Regie-Vorbilder und über die schreckliche Praxis der Hexenjagd. Inszenatorisch sehr überzeugend und aufreibend, ist «Lux Æterna» weit mehr als der ursprünglich angedachte Werbefilm für YSL und wie immer bei Noe nachhaltig. Aber Achtung: Die stroboskopischen Lichteffekte am Ende sind schwer auszuhalten.
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La maschera del demonio
BD / Regie: Mario Bava
Bavas erste Regiearbeit, seine Befreiung von den vorherigen Fesseln und ein schwarzweisses Horrorstück. Mit dem herrlich doofen deutschen Titel «Die Stunde, wenn Dracula kommt» versehen, ist der Film eine stimmungsvolle Interpretation des Viy-Mythos, den Nikolai Gogol mit seiner Kurzgeschichte verewigte. Barbara Steele spielte sich in die Herzen der Zuschauer*innen, die tollen Sets und Effekte überzeugen. Auch wenn so manches eher wie ein Gothic-Theaterstück oder ein Stummfilm anmutet, drehte Mario Bava die Gewaltspirale ziemlich weit und schuf eine Erzählung, die heute noch mitreisst.
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Searching Eva
DVD / Regie: Pia Hellenthal
Tief in der Ästhetik und dem Narrativ von Vice verankert, ist das Portrait über Eva interessant, weil es den eigenen Umgang mit den Rollen und Mechanismen des Patriarchats hinterfragt. Was definiert eine Person, sind Geschlecht und sexuelle Ausrichtung wirklich wichtig? Lebe ich so wie ich muss, oder wie ich möchte? Das Spiel mit den Rollen wird im Abspann erneut aufgegriffen, allerdings allgemein etwas oberflächlich behandelt. Viele Bilder und Aufnahmen bleiben unkommentiert, der Inszenierungsstil erhielt mehr Gewicht als der eigentliche Inhalt, obwohl es sich um die schamlose Offenlegung aller Aspekte des Lebens dreht.
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Fish & Cat
Streaming, Filmingo / Regie: Shahram Mokri
Geschickt führt einem die anfängliche Texttafel auf eine falsche Fährte, «Fish & Cat» ist nämlich kein Horrorfilm – lässt uns aber bis zum Schluss in diesem Glauben. Der One-Take-Streifen vom iranischen Regisseur untersucht lieber das Verhalten und den Ablauf der Zeit, mit Szenenschlaufen, sich wiederholenden Momenten und einer komplexen Struktur. Nicht immer ist dem Inhalt einfach zu folgen, ebenso wirkt die braun-graue Umgebung eintönig. Trotzdem, inszenatorisch ist der Film ein Meisterstück, mit dessen Ebenen und gestellten Fragen man sich noch lange beschäftigen kann.
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Ten Skies
Streaming, Youtube / Regie: James Benning
Eigentlich ist es Paradox, dass man sich der Natur näher fühlt, nachdem man 100 Minuten auf einen Bildschirm gestarrt hat. Nach den zehn Himmelaufnahmen von Künstler James Benning ist man aber nicht nur verzaubert und auf angenehme Weise melancholisch, sondern nimmt die Umwelt anders wahr. Das Leben ist zerbrechlich-intensiv, der Film mit den zehn statischen Aufnahmen voller poetischer Schönheit. Ein Kunstfilm, den ich zu gerne einmal in einem Museum erleben würde, um so seine volle Wirkung und Kraft zu spüren.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von Vince » 26.06.2021, 07:07

Jep, Lux Aeterna hatte den krassesten Abspann, den ich bisher gesehen habe, da konnte man ja gar nicht hinschauen. Aber das Zitat am Ende kam richtig gut.
Der Bava war auch mein erster. Den fand ich schon sehr sehr gut, vor allem auch seher einflussreich. Aber die großen Kracher kommen noch danach.
Ich müsste Bava eigentlich auch nochmal weiterschauen, hab noch den ein oder anderen Film hier liegen.

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 27.06.2021, 09:03

Allgemein waren die Zitate sehr inspirierend und ich habe nun grosse Lust, endlich wieder vermehrt Filme von Rainer W, Carl Th, Jean-Luc und Konsorten zu schauen. :cool:
Das klingt vielversprechend, ich bin gespannt.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 27.06.2021, 20:06

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Dogs Don’t Wear Pants
BD / Regie: J-P Valkeapää
In Filmen wird die Welt der BDSM-Praktiken zu oft als sexualisiertes Werbe- und Stilmittel genutzt. Dabei entstehen selten gute Geschichten, noch werden die psychologischen Aspekte berücksichtig. «Dogs Don’t Wear Pants» ist anders und bietet nebst stilvollen und hübschen Bildern eine Geschichte, in der Unterwürfigkeit, Dominanz, Liebe, Sehnsucht und Selbstfindung viel Raum erhalten und in packender Weise dargestellt werden. Aber Vorsicht; gewisse Passagen sind wirklich brutal und nicht einfach wegzustecken.
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The New Mutants
Streaming, Disney+ / Regie: Josh Boone
Es ist wunderschön passend, läuft im Gemeinschaftsraum der Anstalt stets eine Episode von «Buffy», denn «The New Mutants» wirkt während der gesamten Laufzeit wie die Folge einer mittelmässigen TV-Serie. Der Abschluss der X-Men-Saga aus dem Hause Fox ist ein unterdurchschnittlicher Film, gefüllt mit billig wirkenden Aufnahmen, kruden Figuren und einem inkompetenten Drehbuch. Nicht nur beinhaltet es rassistische Dialoge und lauter Stereotypen, jede Szene scheint willkürlich zu passieren und eine organische Entwicklung sucht man vergebens. Schade um die Grundidee und Anya Taylor-Joys coole Mutantenkräfte.
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American Honey
Streaming, Apple+ / Regie: Andrea Arnold
Das Leben in der Unterschicht dient als Nährboden für Wunschträume und Fantasien, so auch beim Film von Andrea Arnold. In fliessenden Kameraperspektiven und von Sonnenlicht getränkten Bildern begleiten wird Sasha Lane , Shia LaBeouf und Riley Keough durch eine reale Welt voller Abhängigkeiten, Konflikte und schmutzigen Begegnungen. Emotional mitreissend und wunderbar gespielt, ist «American Honey» das ehrliche Portrait der amerikanischen Staaten, in denen der Alltag selten etwas mit dem ursprünglichen Freiheitstraum zu tun hat.
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Stereo
BD / Regie: David Cronenberg
Der erste Langfilm von Cronenberg, ein ästhetisches Experiment ohne Ton, nur der Off-Kommentar begleitet durch die losen Bildreihen mit merkwürdig pseudo-wissenschaftlichen Aussagen. Als Lehrfilm getarnt, ist “Stereo” streckenweise wegen den Aufnahmen interessant, meist allerdings ein langweiliges Unterfangen, das sich nicht wirklich lohnt. Die Thematik des Body-Horros ist hier aber bereits vorhanden.
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Crimes Of The Future
BD / Regie: David Cronenberg
Auch der zweite Langfilm von Cronenberg wurde wie der Erstling «Stereo» auf dem Uni-Campus gedreht und dauert nur knapp mehr als eine Stunde. Dialoge gibt es nicht, bloss Off-Kommentare und ein paar Soundeffekte. Dazu lose Szenenfolgen, welche eine kaputte Zukunft skizzieren, in der nur noch Männer leben und sich mit diversen, merkwürdigen Praktiken versuchen fortzupflanzen. Abstrakt, künstlerisch und etwas zäh. Für Komplettisten interessant.
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The Father
Kino / Regie: Florian Zeller
Welch emotionale Wucht in diesem Spielfilm steckt, scheinbar mühelos inszeniert von Florian Zeller, der damit sein eigenes Theaterstück für die Leinwand adaptiert hat. Anthony Hopkins spielt grandios einen alten Mann, der immer tiefer in den Gedächtnisschluchten seiner Demenzerkrankung versinkt. Genial konzipiert und gefilmt, werden die Krankheit und die damit Verbundenen Leugnungen und Gefühlsschwankungen als verschachtelte und spiralmässige Szenen gezeigt, die mit jeder Minute dichter werden und eine hohe Spannung erzeugen. Niemals wird dabei der Vorgang überzeichnet oder betroffene Personen falsch dargestellt, «The Father» ist bis zur letzten Sekunde ein feinfühliges, beeindruckendes Werk.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 30.06.2021, 13:52

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Force 10 From Navarone
BD / Regie: Guy Hamilton
Bei vielen Reviews auf Letterboxd wird von einem Dad-Movie gesprochen, das ist nicht falsch. Ein Abenteuer im zweiten Weltkrieg, ältere weisse Männer als Helden, der Triumph durch den Westen. Die Fortsetzung zu “The Guns of Navarone” ist heute zwar fast vergessen, weiss aber gut zu unterhalten. Das liegt vor allem an der starken Besetzung, die mit Namen wie Robert Shaw, Harrison Ford, Barbara Bach, Carl Weathers und Richard Kiel glänzen darf und so unter der Führung von Hamilton ein kleines James-Bond-Reunion beinhaltet. Da stört die eher Action-arme und mutlose Geschichte wenig.
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The Invisible Woman
BD / Regie: A. Edward Sutherland
Grusel? Spannung? Ach, was. Der Film will das unheimliche Element der Unsichtbarkeit gar nicht mehr, viel lieber darf sich Virginia Bruce durch eine doofe Geschichte spielen, mit Kleidungsstücken herumgeistern und betrunken in Ohnmacht fallen. Dazu stolpern strunz doofe Gangster, ein tollpatschiger Buttler und ein unverbesserlicher Playboy in den Film. Das ist ergraute Slapstick ohne Tiefe, dafür mit einem urplötzlichen Patriarchats-Ende. Autsch.
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Greenland
DVD / Regie: Ric Roman Waugh
Eigentlich sollte man bei Katastrophenfilmen nicht wegen fehlender Logik oder schlechten Drehbüchern mosern, «Greenland» wirft aber selbst erbaute Eckpfeiler so schnell wieder um, dass es den Spass fast verdirbt. Moralische Fragen werden mit klischierten Handlungen gelöst, etwaige Spannungen und melancholische Gefühle mit dem üblen Ende umgangen. Dafür spielt Gerard Butler gut und Morena Baccarin ist wie immer wundervoll – wenn auch in der typischen Rolle der Frau in Nöten gefangen.
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Pather Panchali
BD / Regie: Satyajit Ray
Der erste Teil der Apu-Trilogie ist ein wundervoll bebilderter Lehrgang über die Simplizität der Schönheit im Leben. Das Zusammenspiel von Natur und Mensch, die kleinen Gesten, die unerfüllten Träume und Hoffnungen – alles verbindet sich zu einer realistischen und niemals überzeichneten Geschichte der Geschwister Durga und Apu und deren Familie. In den Fünfzigerjahren in Indien gedreht, erstrahlt der Film heute wieder in herrlich restaurierten Bildern und wirkt zu keiner Sekunde überholt – auch dank den tollen Darsteller*innen. Eine grosse Empfehlung.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 06.07.2021, 10:23

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For No Good Reason
BD / Regie: Charlie Paul
Schade wenn der portraitierte Künstler von der Vision des Regisseurs und gewissen egomanisch wirkenden Elementen verdrängt wird. Das Leben und Schaffen von Ralph Steadman würde mehr als genügend Aufregung und Reiz mitbringen, doch leider werden vor allem seine Begegnungen und Arbeiten mit Hunter S. Thompson beleuchtet und die Szenen überdramatisch nachgestellt. Johnny Depp muss ohne ersichtlichen Grund danebenstehen, die Wahl der Songs wirkt wie eine Karikatur, die Aufmachung ist zu reisserisch. Wenn Steadman aber an die Arbeit geht und aus dem leeren Blatt eine neue Zeichnung entstehen lässt, springt der magische Funken über.
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Don’t Breathe
Streaming, Netflix / Regie: Fede Alvarez
Ein kleiner Horrorfilm, der mit seiner Grundidee überzeugt, es in der Ausführung aber nicht unbeschädigt über die Ziellinie schafft. Zu selten nutzt Alvarez die Set-Pieces wirkungsvoll und vergisst meist, dass der blinde Gegenspieler auf vielseitige Weise einsetzbar wäre. Da mich die Hauptfiguren mit ihrem Gebaren etwas nervten und gewisse Sachen absolut keinen Sinn machen (eine halb zerfallene Kellertür aus Holz wird zur Flucht nicht eingetreten?), ist der Nachgeschmack schal.
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Judas And The Black Messiah
Kino / Regie: Shaka King
Meine Abneigung gegenüber der Polizei wurde durch diesen furiosen Film nicht kleiner, ACAB sind die Buchstaben, die lange nachhallen. Mit Lakeith Stanfield und Daniel Kaluuya perfekt besetzt, ist der Film von Shaka King kein typisches Bio-Pic über den Führer der Black Panthers in Illinois, sondern eine Charakterstudie und Analyse von Verzweiflung und Chancenlosigkeit. Ein Abbild der rassistischen Teilung der USA, eine Brücke der Sechzigerjahre ins heute, perfekt inszeniert als Action- und Dramafilm. Den sollte man sich nicht entgehen lassen.
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Fracture
Streaming, Netflix / Regie: Gregory Hoblit
Ein typisches Gerichtsdrama, das inszenatorisch noch tief in den Neunzigerjahren steckt. Ryan Gosling ist blass und chancenlos gegen die famose Rosamunde Pike und gegen Anthony Hopkins, der viel Spass mit der Rolle hat, das Drehbuch tappt in einige Fallen. So ist das Rätsel um das perfekte Verbrechen eher ein lottriges Kartenhaus als felsenfeste Justizakte, unterhaltsam ist der Film trotzdem. Diesen an einem Sonntag zu schauen, passt perfekt.
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Tambour Battant
DVD / Regie: François-Christophe Marzal
Das kommende Musikfest spaltet in einem kleinen Walliser Bergdorf die Bevölkerung – inmitten des Trubels um die Abstimmung zum Frauenstimmrecht und den Spannungen zwischen Unternehmensführer und Migrantenarbeiter. Nicht nur Trompeten werden verbogen, auch alte Beziehungen herausgefordert und Weltsichten angeknabbert. Mit tollen Bildern und gut aufgelegten Spieler*innen ist diese Zeitreise in die Siebzigerjahre der Schweiz sehr gelungen und auf lockere Weise unterhaltsam, ohne damalige Problempunkte in der Gesellschaft unter den Teppich zu kehren.
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I’ll Be Your Mirror
Streaming, Filmingo / Regie: Johanna Faust
Was darf man sich als Mutter alles erlauben? Darf man befreienden Wünschen im Leben nachgehen und die Kinder als zweitrangig betrachten? Faust wirft in ihrem intimen und sehr persönlichen Dokumentarfilm keine einfachen Fragen auf und gräbt dabei tief in den Wunden ihrer Familie. Dies offenbart nicht nur schwierige Zustände, sondern scheinbare Wiederholungen in den Lebensweisen und psychologischen Mustern. Grossmutter, Mutter, Tochter – eine Kette voller repetitiven Fehltritten oder eine stete Möglichkeit zur Besserung? Ich bin jedenfalls froh, selbst keinen Nachwuchs herangezüchtet zu haben.
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The Wolf Man
BD / Regie: George Waggner
Nach verrückten Wissenschaftlern und merkwürdigen Seren ist es an der Zeit für Folklore und Aberglauben. Der Universal-Klassiker über den behaarten Mann ist ein sehr stimmungsvoll gefilmter Streifen, der zwar mit den damaligen Klischees hantiert und besonders beim Verhalten zwischen Mann und Frau grosse Misstritte macht, gleichwohl weiterhin gut unterhält. Zwar ist der Wolfmann selten zu sehen und die Überfälle passieren meist ausserhalb des Bildes, durch die nebligen Kulissen kommt trotzdem Grusel auf.
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von StS » 06.07.2021, 12:16

deBohli hat geschrieben:
06.07.2021, 10:23
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Judas And The Black Messiah
Kino / Regie: Shaka King
Meine Abneigung gegenüber der Polizei wurde durch diesen furiosen Film nicht kleiner, ACAB sind die Buchstaben, die lange nachhallen. Mit Lakeith Stanfield und Daniel Kaluuya perfekt besetzt, ist der Film von Shaka King kein typisches Bio-Pic über den Führer der Black Panthers in Illinois, sondern eine Charakterstudie und Analyse von Verzweiflung und Chancenlosigkeit. Ein Abbild der rassistischen Teilung der USA, eine Brücke der Sechzigerjahre ins heute, perfekt inszeniert als Action- und Dramafilm. Den sollte man sich nicht entgehen lassen.
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Den will ich auch unbedingt noch sehen.
Generell find ich Lakeith Stanfield seit einigen Jahren richtig gut.

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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 06.07.2021, 13:10

Ich auch, seit "Get Out" fand ich all seine Rollen (oder zumindest, was ich von seinem Werk gesehen habe) grossartig gespielt. Ein wahres Talent!
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Re: Filmtagebuch: deBohli

Beitrag von deBohli » 18.07.2021, 10:44

So, da gibt es einiges aufzuholen. Beginnen wir.

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Aparajito
BD / Regie: Satyajit Ray
Welch schöner Film, welch tragische Entwicklungen. Praktisch nahtlos am ersten Teil der Apu-Trilogie anschliessend, behandelt «Aparajito» das Gefälle zwischen Stadt und Land, die Konflikte zwischen Jugendlichen und ihren Eltern. Einfühlsam gespielt, in wundervollen Bildern dargeboten und mit erstarkten, weiblichen Positionen – Verlust, Trauer und Tod erhalten den nötigen Platz, die Menschheit ihre Facetten.
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Torino Violenta
BD / Regie: Carlo Ausino
Verbrechen, wo man hinschaut, in Turin ist der Teufel los. Schade nur, schaffte es Ausino nicht, seine verzweigte Geschichte voller Mord, Autoexplosionen und dreckigen Polizisten in eine kohärente Erzählweise zu bringen. Verwirrende Szenenwechsel, sinnlose Schnitte, chaotische Dialoge – wirklich Spass machen leider doch nur die Gewaltexplosionen, welche in absurder Menge vorkommen.
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Spider-Man: Far From Home
Streaming, Netflix / Regie: Jon Watts
So viel Spass hatte ich seit langem nicht mehr mit einem Marvel-Film, vor allem in der ersten Hälfte. Da strahlt die Geschichte, welche in klischierten Standardsituationen Europas stattfindet, einen RomCom-Charme der Achtzigerjahre aus, Tom Holland und Zendaya sind ein tolles Gespann. Mit dem Auftauchen der CGI-Monster, dem griesgrämigen Samuel L. Jackson und dem schelmischen Jake Gyllenhaal verliert sich die entspannte Weise und alles steuert auf eine typische Prügelei aus dem Computer zu. Mehr ist leider doch nicht mehr.
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Apur Sansar
BD / Regie: Satyajit Ray
Der Abschluss der Apu-Trilogie ist dunkler als die vorangegangenen Filme, Träume werden endgültig aufgegeben, das neugefundene Glück bringt weitere Abgründe mit sich. Erneut sind die Darstellerinnen die hellen Sterne der Erzählung, die Geschichte sucht nach dem persönlichen Sinn im Leben und findet diesen in der offenen Freiheit. Ein bewegender Abschluss zu einer der besten Trilogien, die je gedreht wurden.
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Save The Green Planet!
DVD / Regie: Jang Joon-hwan
Korea und ihre wilden Genre-Mischung, ein Fest. Besonders, wenn höchst absurde Geschichten voller ernst erzählt werden und scheinbar verrückt zwischen Action, Comedy, Thriller und Science-Fiction wechseln. Dazu erhält man hier Kritik am System, am Umgang mit der Umwelt und den unterdrückenden Gesellschaftsschichten – garniert mit sehr blutigen Folterszenen. Farbig ausgeleuchtet, mit nervöser Kamera und vielen, sonderbaren Ideen – kultig.
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Komm und sieh
BD / Regie: Elem Klimov
Falls man der Menschheit nur einen Film über den zweiten Weltkrieg lassen dürfte, es müsste wohl dieser sein. Eindringlich, brutal, ohne falschen Pathos – im klaustrophobisch wirkenden Format gedreht, nahe an den Gesichtern und wie als Portraits der damaligen Zeit wird der unsägliche Schrecken von Krieg dargestellt. Unmenschliche und albtraumhafte Handlungen treffen auf falsche Hoffnungen, höhlen diese aus und lassen jeglichen Glauben an das Gute in Flammen aufgehen. Bis zu den letzten Minuten jedenfalls, die zwischen Schlamm und Propaganda einen Funken Moral finden.
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Invisible Agent
BD / Regie: Edwin L. Marin
Die Geheimwaffe gegen Nazis? Ein unsichtbarer Kämpfer, der Pläne und Absichten direkt bei den Feinden stehlen kann. Schade nur, weiss der Film selten, wie diese Grundlage geschickt genutzt werden könnte und verlässt sich vor allem auf ermüdenden Slapstick und Eigenheiten der damalig vorherrschenden Gesellschaftsnorm. Gruselig ist nichts, aufregend auch nur das explodierende Flugfeldmodell.
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Die 1000 Augen des Dr. Mabuse
BD / Regie: Fritz Lang
Bei seinem letzten Spielfilm lässt Fritz Lang sein Können gleich zu Beginn noch einmal aufblitzen. Ton- und Bildschnitt auf höchstem Niveau, ein meisterliches Jonglieren mit Geschichte und Szenen. Zwar wird der Film um den kriminellen Dr. Mabuse diesem Auftakt nicht ganz gerecht, packend und voller guter Momente ist dieser Krimi trotzdem. Und auch wenn Gert Fröbe etwas missmutig durch seine Szenen poltert, ihm zuzuschauen macht Freude.
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The Painted Bird
BD / Regie: Václav Marhoul
Sehr vereinfacht gesagt, ist «The Painted Bird» eine Mischung aus Béla Tarr und «Komm und sieh», ein gnadenloser und sehr brutaler Film über den zweiten Weltkrieg, langsam und aus der Perspektive eines Jungen erzählt. Mit beeindruckenden Aufnahmen und einem ergreifenden Spiel geht die Buchverfilmung tief unter die Haut und offeriert eine Studie über die korrumpierten Seelen von Menschen. Trotz übertriebener Darstellungsweise ist der Film nie voyeuristisch und ein wichtiges Abbild einer rabenschwarzen Zeit.
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The Host
BD / Regie: Bong Joon-ho
So müssen Monsterfilme sein: Gleich von Beginn an ist das Vieh zu sehen und schmatzt sich durch die Menschen. Bei Bong Joon-Ho ist das Kaiju-Wesen aber vor allem ein Katalysator für unterdrückte Gefühle und zerrüttete Familienkonstellationen. So wechselt die Erzählung zwischen Schock und emotionaler Anbindung, zwischen Komik und Nachdenklichkeit. Das Drehbuch hält bis zum Schluss Überraschungen bereit, der Film fesselt von Beginn an.
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Wrong
BD / Regie: Quentin Dupieux
Bei Dupieux ist es für mich immer ein Treffer ins Schwarze oder der Schlag daneben. Seine abstrakten und oft nahe dem Dadaismus stehenden Filme faszinieren aus fast unerklärlichen Gründen, «Wrong» hingegen zog an mir vorbei. Trotz William Fichtner und Alexis Dziena, welche mich an Emilia Clarke erinnerte, trotz herrlich doofen Einfällen und einer ausgehebelten Logik. Eine emotionale Bindung stellte sich keine ein, viele Szene waren mir zu langatmig.
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