
Originaltitel: Cloudy with a Chance of Meatballs
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Phil Lord / Chris Miller
Sprecher: Bill Hader, Anna Faris, James Caan, Andy Samberg, Bruce Campbell, Mr. T, Benjamin Bratt, Neil Patrick Harris, Lauren Graham u.a.
Die Animationsschmiede von Sony tauchte vor Jahren unvermittelt mit einem eigenen Beitrag zur aktuellen Animationswelle auf und bewies dank schrulligem Humor, eigenwillig verschrobener Story und tadelloser Animationstechnik, dass man durchaus in der Lage war, im Konzert der Großen mitzumischen, ohne deren Erfolgsformeln zu wiederholen. „Jagdzeit“ hieß das Animationsdebüt der Sony Animationsstudios und verbuchte einen beachtlichen Erfolg in den Kinos. Dann legte man mit „Könige der Wellen“ nach und landete erneut einen ordentlichen Erfolg. Doch nachdem man diese Marken gesetzt hatte, wurde es seltsam ruhig. Etwas später legte man zwar mit „Jagdzeit 2“ nach, vermarktete diesen aber Direct to Video. Um diesen Umstand wissend, schraubte man gleich einmal die Animationstechnik deutlich um einige Fortschritte zurück und ging letztlich ziemlich baden. Doch zumindest machte der in „Jagdzeit 2“ angeschlagene Humor wieder deutlich, dass man weder dem giftigen und erwachsenenkompatiblen Humor von Dreamworks noch dem familienkompatiblen Humor von Pixar nacheiferte. Vielmehr arbeitete man weiter daran, sich eine skurrile und schräge Nische zu schaffen. Doch der Wille, sich eindeutig am Markt als Player zu etablieren, schien hier nirgends durch. Und dann, erneut wie aus heiterem Himmel, tauchten die ersten Trailer zu „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ auf und wussten dank sympathischer Figuren, schräger Ideen und seltsamer Story zu begeistern. Und - soviel vorweg - dieser erste Eindruck sollte nicht täuschen.

Der fertige Film basiert lose auf einem in den USA sehr erfolgreichen Kinderbuch von Ron und Judi Barrett, dessen Handlungsteil man enorm ausbaute und um diverse Figuren bereicherte. Dabei erzählt man von Flint, einem verschrobenen Wissenschaftsnerd, der es schon als Kind nicht einfach hatte, in seiner Mutter aber eine willfährige Förderin fand. Als diese starb, kapselte er sich noch mehr von der Realität ab und fand vor allem zu seinem Vater keinen echten Zugang mehr – vor allem da dieser Flints Wissenschaftsspielereien für reine Zeitverschwendung hielt. Doch die letzte Erfindung von Flint erweist sich als erstaunlicher Erfolg! Eine Maschine, die Regenwasser in Essen umwandeln kann! Das hat es in Affenfels, einer Insel, die auf allen Weltkarten unter dem A in Atlantischer Ozean versteckt ist, dringend gebraucht, denn die Wirtschaft und das allgemeine Leben liegen auf dem kleinen Eiland total danieder. Doch dank Flints Erfindung mutiert sie nun zu Schlaraffenfels und bietet die Möglichkeit, den Hunger in der ganzen Welt zu bekämpfen. Doch dank des gierigen Bürgermeisters kommt es zu einer Fehlfunktion der Maschine, die fortan riesiges Essen gen Erde sendet und somit zur tödlichen Gefahr mutiert …
„Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ nimmt das übliche Loser Storykonstrukt daher, reichert es mit ungemein sympathischen Figuren an, erlaubt sich einige Seitenhiebe auf Konsumwahn und Fast Food Terror, ermahnt unsere Kids, an sich zu glauben und gibt den guten Rat, immer so zu sein, wie man ist und sich nicht für andere zu verbiegen. Dies vermengt man mit einer wahren Flut an Gags und Slapstickaction, garniert das Ganze mit einem unglaublichen Tempo, tollen Wortspielen und megarasantem Showdown und schmeckt das ganze Konstrukt gar köstlich mit einem wahren Feuerwerk an Ideen ab. Da laufen Zombiebrathähnchen Amok, verhalten sich Gummibärchen wie Gremlins, klauen laufende Fernseher! bei Plünderungen auf der Insel Fernsehverkäufer!! aus Technikläden!!!, gibt es Wirbelstürme aus Spaghettis, Pizzaflugformationen und sexy Computerstimmen.

Kurzum: „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ ist erneut voll von schrägen und noch schrägeren Ideen, die auch einem erwachsenen Publikum ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern und Kinderaugen verzückt glänzen lassen. Obendrein beweist man den unbedingten Willen zu grandios geilen Running Gags, wie beispielsweise ALLE Szenen um die Rattenvögel, die so ziemlich die kultigste Idee am ganzen Film darstellen und so herrlich beiläufig für geniale Witze benutzt werden, dass es nur so scheppert. Doch auch die Figuren sind durchweg wundervoll schräg angehaucht. Nerd Flint mit seinen Marotten (er macht Zischgeräusche, wenn er Türen öffnet) ist dabei die sicherste Bank, doch auch sein Vater mit den dichtesten Augenbrauen der Welt, der immigrierte Kameramann, der in Wirklichkeit Arzt, Pilot und Alleskönner ist, in den USA aber keinen gescheiteren Job bekam als Wetterkameramann, oder der bewindelte Superstar der Insel – „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ kennt keinerlei Halten, um mit schrägen Einlagen zu punkten. Glücklicherweise wirkt dieses Bemühen nie angestrengt, was den Spaß dann richtig rund macht.

Auch animationstechnisch schöpfte man bei dem Streifen aus den Vollen. Bei den menschlichen Figuren setzte man auf eine cartoonhafte Überzeichnung, was den jeweiligen Charakteren stark entgegenkommt und niemals den Anschein erweckt, man wolle die Natur imitieren. Ganz im Gegenteil zu den Speisen, die vom Himmel fallen. Wer da mitten im Film keinen Hunger bekommt, hat sicherlich vorher schon gut gespeist ;-). Richtig imposant wird es aber, wenn in „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ die Action steigt. Diese ist nämlich wahrlich rasant, bietet viele Möglichkeiten für schräge Kameraperspektiven, punktet mit einigen Massenszenen und coolen Partikeleffekten und ist absolut State of the Art. Leider bleibt die Musik von Mark Mothersbaugh hinter diesem optischen Feuerwerk ziemlich zurück und klingt durchweg belanglos. Erstaunlich, wenn man bedenkt, wie stark man ohnehin seltsame Situationen mit passender Musik noch überzeichnen kann.
Die deutsche Synchronisation verzichtete dankenswerterweise auf das allseits gehasste Crashcasting irgendwelcher deutscher B-Prominenz und setzte auf wirklich tolle Sprecher, die Ahnung von ihrem Job haben und den Figuren ordentlich Leben einhauchen. Selbst anfangs unpassende Übersetzungen wie der Name der Insel, der im Original Swallow Island ist und bei uns als Affenfels geführt wird, macht mit der späteren Erweiterung zu Schlaraffenfels durchaus Sinn. Und auch sonst haben es einige wirklich nette Wortspielereien in den Film geschafft, die den schrägen Grundton des Filmes gut unterstreichen.

Was bleibt ist ein rundum gelungener Animationsfilm, der bei allem Tempo ganz nebenbei nette Botschaften einflicht und durchaus auch einige kritische Untertöne enthält, ohne sich dabei zu verheben oder sich selbst zu ernst zu nehmen. Dabei verliert der Film obendrein nie sein Hauptanliegen aus den Augen: Das Wuchern mit schrägen Ideen, abgefahrenen Situationen, verschrobenen Figuren und brachialen, eigenwilligen Gags. Das dadurch entstehende Unterhaltungspotential ist enorm und für ein junges Publikum genauso witzig, wie für die erwachsenen Begleiter. Absolut empfohlen sei die 3D Variante des Streifens, die mit großartiger Räumlichkeit punktet und trotz diverser Gelegenheiten nicht auf überzogene „In den Raum rag Gags“ setzt. Und vergesst bitte nicht, über die kalte Jahreszeit etwas Futter für die Rattenvögel rauszulegen …

In diesem Sinne:
freeman