
Originaltitel: Ugly Truth, The
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Robert Luketic
Darsteller: Katherine Heigl, Gerard Butler, Bree Turner, Eric Winter, Nick Searcy, Jesse D. Goins, Cheryl Hines, John Michael Higgins, Noah Matthews, Bonnie Somerville u.a.
Abby arbeitet als Produzentin einer Newsshow bei einem amerikanischen Lokalsender und ist sowohl in ihrer Arbeit als auch in ihrem Privatleben auf beruflichen Erfolg orientiert und vollkommen durchorganisiert. Dass dabei vor allem ihr romantisches Privat- und Liebesleben auf der Strecke bleibt und ihr die Männer in Scharen davonrennen, beziehungsweise den Kontrollfreak gar nicht erst an sich heranlassen, ist ein Umstand, den Abby zu akzeptieren gelernt hat. Doch egal, wie sehr sie sich der Arbeit auch verschrieben hat, der Erfolg bröckelt, die Einschaltquoten sinken und die Wiederbelebungsversuche für ihre Show scheinen nicht den gewünschten Erfolg zu bringen. Darum engagiert ihr Chef eine Type namens Mike. Dieser reißt in seiner Sendung auf einem offenen Kanal Machosprüche im Sekundentakt und erweist sich als wenig feinfühlig in zwischenmenschlichen Angelegenheiten.
Seine direkte und unverblümte Art gerät umgehend zum roten Tuch für Abby, die in der Ankunft Mikes auch einen Hauch Bedrohung ihres beruflichen Status vermutet. Und wirklich, Mike übernimmt ihre Show, drückt ihr den Namen "Die nackte Wahrheit" auf, durchsetzt sie mit seinem verqueren Gedankengut zum Thema Beziehungen zwischen Mann und Frau und senkt das Niveau der Show ins Bodenlose. Abby will ihn schnellstens loswerden und willigt daher in eine eigenwillige Wette mit Mike ein. Wenn es der selbsternannte Beziehungsexperte schafft, Abby mit ihrem traummanngleichen Nachbarn zu verkuppeln, wird sie Mike in ihrer Show dulden. Schafft er es nicht, soll Mike kündigen. Doch können es die beiden wirklich bei dieser Zweckgemeinschaft belassen? Denn letztlich ist Abby gar nicht so streng, wie sie gerne vorgibt, und auch Mike scheint einen weichen Kern unter der harten Machoschale zu haben ...

Ok, ok, ok, diese Frage ist rein hypothetisch. Wieso? Nunja, weil wir doch im Endeffekt alle schon wissen, wie dieser Film enden wird. Dieser ist nämlich die typische Romantic Comedy in drei Akten. Der erste Akt etabliert die Grundsituation. Dies geschieht in "Die nackte Wahrheit" auf sehr effektive, teils rasend komische Art und Weise, die die gestrenge und sortierte Abby mit ihrer Nemesis Mike konfrontiert, der das genaue Gegenteil von Abby ist ... nicht nur geschlechtsspezifisch gesehen. Dass der Streifen dabei vor allem auf althergebrachten Klischees aufbaut, kann man ihm gar nicht einmal so krumm nehmen, denn wenn an Klischees keine Wahrheit dran wäre, warum gibt es sie dann? Und vor allem: Die geschlechtsspezifischen Vorurteile werden mit einem netten Augenzwinkern präsentiert und gerade aus dem Aufeinanderprallen der beiden überzogenen Klischeefiguren Abby und Mike entstehen hier rundum gelungene und vor allem unterhaltsame Situationen. Dabei seien vor allem die Vibratorslipszene und die "Mike steuert Abby während ihres Dates fern" Szene erwähnt, die beide humoristisch grandios ausgekostet werden und teils wahnwitzigen Slapstickhumor auffahren.

Doch dann steigt Akt zwei. Unsere Protagonisten schauen sich ein wenig zu tief in die Augen. Der Ton im Film verschiebt sich, wahre Gefühle rücken in den Mittelpunkt und auf einmal stehen sich die Charaktere mit tränenunterlaufenen Augen gegenüber und können sich nicht eingestehen, wie es um sie bestellt ist. Das geschieht in der nackten Wahrheit so abrupt, dass man von diesem Storyschlenker richtiggehend erschlagen wird, selbiger die Pointendichte und das Tempo empfindlich ausbremst, die Stimmung viel zu gefühlsduselig wird und man den vorher so offen klischeelastigen Figuren diese Gesinnungswandlung einfach nicht so recht abnehmen will. In dieser Phase wird der Streifen vor allem für die männliche Zuschauerschar zur echten Geduldsprobe.
Doch wir Männer, die wir die Rom Coms schon weit vor den Frauen durchschaut haben und nur die Creme de la Creme des Genres hochleben lassen, wissen, Akt drei wird hundertprozentig noch einmal richtig zulegen. Leider verpasst "Die nackte Wahrheit" diese Gelegenheit und anscheinend fehlte wohl für ein richtig überzogenes Ende als logische Entsprechung zum rasanten Einstieg die Lust (und wenn man sich die miesen Effekte anschaut, fehlte es wohl auch am Geld!). So gibt es zwar noch einmal nette Dialogscharmützel, wirklich schwungvoll und witzig fällt der Liebes-Showdown aber nicht aus.
Wie man sehen kann, traute sich Regisseur Robert Luketic, Macher von "Natürlich Blond", formal bei "Die nackte Wahrheit" nicht wirklich viel zu. Weder brach er aus dem Regelwerk der Romantic Comedies aus, noch schaffte er es, die Grundregeln im Genre passabel zu bedienen. Der wirklich mühsame zweite Part und der misslungene Showdown sprechen dahingehend Bände.

Und doch überrascht "Die nackte Wahrheit" den geübten Rom Com Zuschauer. Denn die Produktion orientierte sich in Sachen Wortwitz offen an TV-Serien wie "Sex and the City" oder "Californication" und spricht offen aus, was Phase ist. Die Folge sind ausgesprochen derbe Gags und sexuelle Anspielungen, die man so in dem wohl konservativsten und prüdesten aller Filmgenres absolut nicht gewohnt ist und die dem Film in Amerika sogar ein harsches "ab18" einbrachten. Dementsprechend zieht vor allem Mike derart beherzt vom Leder, dass es eine wahre Freude ist und die in einer "Harry und Sally" ähnlichen Orgasmusszene mündende Vibratorslipszene hat man so definitiv auch noch nicht im Rom Com Genre gesehen. Zwar bleibt man ansonsten genauso prüde wie gewohnt, dennoch reagiert man als Zuschauer schon überrascht, wenn sich die männliche und weibliche Hauptfigur in ihrer "Kennenlernphase" offen über Mösen, das Ficken, Masturbation und dergleichen mehr unterhalten.
Neben diesem erfrischend "neuen" Element ist der größte Pluspunkt an "Die nackte Wahrheit" die offenkundig zwischen den Darstellern vorhandene Chemie. Wenn sich Gerard Butler, einem Flegel gleich, in jeder Szene daneben benimmt und dies mit seinem jungenhaften, herrlich schiefen Lächeln abfedert, funktioniert dies am besten, wenn es direkt im Angesicht der herrlich verkniffen agierenden Katherine Heigl geschieht. Fehlt Abby als Gegenpol, werden die überbordenden Sexmonologe von Mike irgendwann regelrecht langweilig. Dem tollen Zusammenspiel der beiden Schauspieler ist es auch zu verdanken, dass der gefühlsduselige und unglaubwürdige Mittelteil nicht vollends verunglückt, da der herbe Charme des "300" Recken Gerard Butler in Verbindung mit dem charmanten Auftreten der Greys Anatomy Darstellerin Katherine Heigl so manches Frauenherz zum Schmelzen bringen sollte und das Unglaubwürdige der Situation halbwegs überspielen kann.

Allerdings sollte gerade die schauspielerisch definitiv begabte Frau Heigl aufpassen, dass sie, nachdem sie nun in Folge ausschließlich in Romantic Comedies mitspielte, nicht auf diesen Rollentypus beschränkt bleibt. Denn schon Meg Ryan musste spüren, dass man zum einen irgendwann einfach zu alt für derartige Rollen ist und zum anderen irgendwann die Angebote für reife Rollen in schwereren Filmen ausbleiben.
Das Ergebnis ist ein netter, in aller Farbenpracht bebilderter und mit schmissigen Songs unterlegter Liebesreigen, der vollends auf die stimmige Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern ausgerichtet ist und vor allem in der ersten Stunde gigantischen Spaß macht, indem er einige – zwar vorhersehbare, dennoch erstaunlich gut zündende – Gags der überraschend derben Art abfeuert, ohne sich dabei im in Amerika gerade En Vogue seienden Fäkalhumor zu suhlen. Leider verliert der Film mit zunehmender Laufzeit deutlich an Verve und wird – mit Verlaub – extrem schnulzig und im Rahmen der bisher erfolgten Figurenzeichnung auch unglaubwürdig. So bleibt ein definitiv unterhaltsames Datemovie, ein Klassiker im Romantic Comedy Genre sieht allerdings anders aus.

In diesem Sinne:
freeman