Anknüpfend an den aktuellen Trend suburbaner Melodramen in unterkühlter Optik, wie ihn zunächst diverse Skandinavien-Thriller und dann „Prisoners“ und „Gone Girl“ vorgaben, versucht sich „The Girl On The Train“ an einem besonders raffinierten Netz aus Selbstzweifeln, Vorurteilen und falschen Erinnerungen, um sich letztlich aber in seinen willkürlichen Wendungen zu verwirren. Basierend auf dem noch sehr jungen Debütroman von Paula Hawkins wird eine zeitlich desorientierend gestaltete Kapitelstruktur zum Aufhänger erklärt, der zur eigenständigen Kombination gedacht ist wie ein Zeitreise-Puzzle.
Eingerahmt in edle Herbstoptik gelingt es Tate Taylor („The Help“, „Get On Up“) in den Anfangsminuten, das von Anonymität bestimmte Vorstadtleben über die großen Gartenflächen, Zäune und Baumwipfel hinaus transparent zu gestalten. Mit dem Zug-Thema etabliert er ein Motiv, das gleichermaßen für Entflüchtigung wie für Verknüpfung steht, aber auch für Beobachtung aus einem sicheren Winkel. Eine mehr als solide Basis, um den Arbeiten von Denis Villeneuve und David Fincher das Wasser zu reichen.
Je tiefer die Verstrickungen greifen, desto uninteressanter mutet jedoch sein Kern an. Der erzählerische Aufwand scheint dem Sujet schon bald nicht mehr angemessen zu sein. Emily Blunt liefert glücklicherweise eine starke Leistung, anderenfalls würde dieser Umstand möglicherweise schon viel früher deutlich werden; man hofft vergebens, dass sich in ihren offenen, von Melancholie getränkten Augen etwas Gleichwertiges spiegelt.
Zurück bleibt ein optisch ansprechender Film mit extravaganter Erzählstruktur, der seine Versprechen aber nicht erfüllen kann und in der Folge aufgesetzt erscheint.