Wind River

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Wind River

Beitrag von StS » 10.09.2017, 16:11

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Originaltitel: Wind River
Herstellungsland: USA-Kanada-GB
Erscheinungsjahr: 2017
Regie: Taylor Sheridan
Darsteller: Jeremy Renner, Elizabeth Olsen, Graham Greene, Gil Birmingham, Julia Jones, Kelsey Asbille, Jon Bernthal, …

Nach "Sicario" (2015) und "Hell or High Water" (2016) markiert der atmosphärische, u.a. mit Jeremy Renner, Elizabeth Olsen und Graham Greene ebenso gut besetzte wie gespielte dramatische Thriller "Wind River" nun (2017) den Abschluss der von Taylor Sheridan verfassten "American Frontier"-Trilogie…

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starke :liquid8:

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McClane
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Beitrag von McClane » 11.09.2017, 12:55

Da bin ich auch mal gespannt, da ich die beiden "Vorgänger" sehr gerne mochte.
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]

Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]

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Beitrag von McClane » 27.02.2018, 07:01

Ein stark bebilderter Thriller, der vor allem durch seine famosen Leistungen und die aufgebaute Stimmung überzeugt: Hier wird das harte Leben der amerikanischen Ureinwohner, vor allem in Reservaten, nebenher geschildert, ohne dass Sheridan das Ganze zum Social-Problem-Film macht, der wahlweise mit dem mahnenden Zeigefinger oder gleich dem Holzhammer daherkommt. Das Ganze erinnert stark an die Indianerthriller (hier nur in der Schneevariante), die Anfang der 1990er kurz eine Marktlücke besetzten ("Halbblut", "Canyon Cop", "Sioux City" usw.) und hat mit Graham Greene auch einen Schauspieler jener Ära in einer markanten Rolle zu bieten. Jeremy Renner ist famos in der männlichen Hauptrolle, Elizabeth Olsen fast ähnlich gut und die Nebenakteure durch die Bank weg überzeugend - darunter auch Jon Bernthal, dem man eine wirklich gute Projektwahl in den letzten Jahren attestieren muss, auch wenn ich meine Zeit gebraucht habe, um mit ihm warm zu werden (vielleicht hab ich ihn nach der Rolle als Shane in "The Walking Dead" zu sehr als Arschloch vom Dienst gespeichert). Man muss freilich zugeben, dass die Auflösung des Falles fast schon banal erscheint, jetzt nicht superviel ermittelt wird, auch wenn die Recherchen immer wieder auf gesellschaftliche Missstände hinweisen. Dafür sind die Rückblende und das druckvolle finale Shoot-Out für einen starken Abgang verantwortlich. In meinen Augen der schwächste der Sheridan-Trilogie, was angesichts der durchweg hohen Qualität nichts heißen muss.

:liquid7: bis :liquid7:,5

Übrigens schön, dass du nicht der Legende erlegen bist, dass Sheridan hier angeblich sein Regiedebüt abgeliefert habe, wie es sogar manches professionelle Filmmagazin tat. Selbst der Wikipedia-Eintrag zu Taylor Sheridan behauptet im Anfangsparagraphen, dass "Wind River" sein Regiedebüt sei, obwohl später folgt, dass er vorher schon "Vile" drehte: https://en.wikipedia.org/wiki/Taylor_Sheridan Passt vielleicht nicht zur schönen PR-Legende, dass der Mann nach mehreren famosen Scripts gleich noch ein Knallerregiedebüt ablieferte, da stört ein (vermutlich nicht so doller) B-Horrorschinken schon den Mythos.
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]

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Beitrag von Vince » 01.11.2018, 14:01

Spürbare Ehrfurcht vor dem Indianerland spricht aus den Kompositionen aus Eis, Gewalt und Meditation, die Taylor Sheridan für seinen Krimi-Thriller "Wind River" findet. Der Abschluss der mit den Drehbüchern zu "Sicario" und "Hell Or High Water" begonnenen "American Frontier"-Trilogie steckt einerseits voller mystischer Verklärung, andererseits aber auch voller Statistik und bitterer Realität. In den menschenleeren Gebirgs- und Waldlandschaften könnte man gesellschaftlichen Eskapismus vermuten, eine Flucht vor Autolawinen und Fassaden aus Glas und Metall. Dabei steht der Schnee, der ins Grenzland fällt, symbolisch für die Verdeckung der Schuld, die Amerika nach Überzeugung des Autoren gegenüber dem indogenen Volk empfinden sollte.

Natürlich, "Wind River" ist ein "weißer" Film. Mit Jeremy Renner als männlichem und Elizabeth Olsen als weiblichem Lead werden native Belange explizit aus einer Outsider-Perspektive behandelt. Die Zerrissenheit des Films, sein Pendeln zwischen der Faszination für ein Land und der Trauer über die Entwicklung des darin lebenden Volkes, ist ein Ausdruck dieser Perspektive und die einzige authentische Möglichkeit für einen weißen Writer-Director, seinen Standpunkt zu diesem Thema zu vermitteln.

Sheridans Markenzeichen spiegeln sich auf Anhieb in den ungewöhnlich arrangierten Erzählbögen eines Films, der unter anderer Führung ebenso schnell zu einem standardisierten Krimi hätte geraten können. Doch hier ist fundiertes Wissen am Werk, wie man Rückblenden einbaut, ohne sie zum Klischee geraten zu lassen, wie man Übergänge schafft, ohne offensichtliche Match Cuts einzusetzen, wie man Beklemmung erzeugt, weil sich das Grauen oft erst durch die Nachbetrachtung einer vergangenen Sequenz ergibt. Und kaum jemand versteht es so wie Sheridan, den Geltungsbereich eines Filmes, der in diesem Fall immerhin 3000 Quadratkilometer umfasst, gen Finale derart einzuengen, dass am Ende nur eine klassische Western-Situation zurückbleibt - zwei Männer und ein abgesteckter Platz, den nur einer der Männer lebend verlassen wird.

In der Anlage bloß ein weiterer Grenzland-Thriller, gelingt es Sheridan also zum wiederholten Male, etwas Besonderes aus dem Gegenstand seiner Betrachtung zu ziehen. Die Schuld reicht er an das Publikum weiter; ebenso allerdings die Fähigkeit, das Schöne in den Bildern zu sehen.
:liquid8:

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