Es gibt Komödien, die verwenden gerne Fantasy-Elemente, um ihre Themen bildhafter zu gestalten und Originalität vorzutäuschen, wo am Ende nur der altbekannte moralische Konsens wartet. Das können Bodyswitch-Stoffe sein oder solche, die Tools und Gadgets einbringen, um die Auswirkungen des zu Beginn stets dummen Verhaltens der Hauptfigur zu potenzieren. Adam Sandler und seine Fernbedienung bzw. magischen Schuhe lassen grüßen.
"Colossal" tarnt sich nun als eine solche Komödie mit betont romantischen Anklängen. Er stellt uns seine verpeilte Protagonistin vor (leider nicht so sympathisch wie angedacht: ), während sie gerade eine ziemliche Lebenskrise durchmacht; dazu ihren pedantischen Freund (), der nicht dazu in der Lage ist, sich in die Situation seiner Freundin einzufühlen oder ihr echte Empathie entgegenzubringen. Kurz darauf lernen wir einen sympathischen Schluffi aus Jugendtagen kennen (), der die gebeutelte Beziehung - wir kennen es aus x Romantikkomödien - zum Dreieck formt. Und dann kommt auch schon der magische Sandkasten ins Spiel, mit dem aus dieser generischen Suppe doch noch irgendwie etwas Besonderes entstehen soll.
Einen Kaiju zu materialisieren, indem man also auf der anderen Seite der Erdkugel in einem Sandkasten steht und sich bewegt, ist zugegebenermaßen eine ziemlich irre Idee, die der Unerklärlichkeit des Monsterfilm-Genres ebenso auf den Grund geht wie sie Fragen zu Virtualität aufwirft; außerdem fühlt man sich einmal mehr auf die Mechanismen sozialer Medien gestoßen, in denen es ebenso möglich ist, quasi aus dem eigenen Bett- oder in diesem Fall eben Sandkasten heraus sein Ego vor der ganzen Welt zur Schau zu stellen. Doch selbst ein weniger erfahrenes Filmpublikum bemerkt instinktiv, dass dieses ganze Possenspiel im Grunde nur eine Ablenkung sein kann, und zwar hinsichtlich der Erkenntnis, dass wir es mit einer völlig normalen Komödie zu tun haben.
Aber denkste! Während man sich innerlich schon darauf vorbereitet, den typischen RomCom-Abläufen mit all ihren Last-Minute-Wendungen beiwohnen zu dürfen (womöglich auf einem Flughafen oder an einem Bahnhof), beginnen die Charaktere sich angesichts der ungewöhnlichen Ereignisse zu verändern und von den Abziehbildern ihrer Rollenschemata zu lösen. Nicht jeder ist der, der er zu sein scheint; auch wenn einige Rollenklischees bis zum Schluss durchgehalten werden, drehen sich andere um 180 Grad.
Das kommt auch dem Fantasy-Element zugute, denn mit der Projektion emotionaler Ausbrüche instabiler Erwachsener auf gigantische Riesen, die sich in der Innenstadt von Seoul prügeln, stellt Vigalondo so viel mehr an als einfach nur eine Parodie auf die japanische Monsterfilm-Gattung, die mit "Godzilla" aus der Taufe gehoben wurde. Sie lässt Dinge mit ungewöhnlicher Härte eskalieren und regt zum Ende hin sogar zum Nachdenken an.
"Colossal" ist in der Endabrechnung ohnehin eher Indie-Film als Massenunterhaltung; insofern fällt es nicht weiter ins Gewicht, wenn sich ein Teil der Zuschauerschaft keinen Reim darauf machen kann, wohin die schräge Verquirlung aus Monsterfilm und Kleinstadt-Dramedy überhaupt führen soll.