Ice Age 3 – Die Dinosaurier sind los
Originaltitel: Ice Age: Dawn of the Dinosaurs
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Carlos Saldanha / Mike Thurmeier
Sprecher: Denis Leary, John Leguizamo, Simon Pegg, Ray Romano, Seann William Scott u.a.
Blue Sky schien zu Beginn der großen Animationsfilmwelle durchaus gewillt zu sein, das Feld der Animationsfilme nicht kampflos den Studios Dreamworks und Pixar zu überlassen. Vor allem technisch vermochten sie mühelos mit den beiden großen Filmschmieden im Computeranimationsbereich mitzuhalten, ja schlugen ihnen gar ein Schnippchen, was die Punkte der Schattensetzung und Lichtsetzung in Animationsfilmen anging. Doch leider ließen die Macher hinter Blue Sky die beiden großen Konkurrenten irgendwann ziehen und begnügten sich mit einer Auswechselbankposition im Kampf um die Animationskrone. Nicht anders ist ihr eher geringer Ausstoß zu erklären, der obendrein wenig wagemutig anmutet, da man immer und immer wieder das etablierte Ice Age Franchise befeuert. Da nun gerade selbiges immer und immer wieder beweist, wie nahezu spielend die Macher von Blue Sky Sentiment und Humor verbinden können und sowohl ein erwachsenes Publikum als auch ein sehr junges Publikum zu erreichen vermögen, kann man nur von einem herben Verlust für alle Filmfans sprechen... Zumindest war es nun endlich mal wieder an der Zeit für einen neuen Film von Blue Sky ... und wie sollte es anders sein, es ist ein weitere Ice Age Teil: Ice Age III – Die Dinosaurier sind los.
In diesem lebt die seltsamste Herde der Filmgeschichte (Faultier Sid, Säbelzahntiger Diego, Mammut Manfred mit Mammutdame Ellie und deren Opossum„Brüdern“ Crash und Eddie) eigentlich friedlich vor sich hin, als sich bei dem Mammutduo Nachwuchs ankündigt. Dies hat verheerende Folgen für die Herdendynamik, denn in Manfreds Leben dreht sich auf einmal alles nur noch um den Nachwuchs. Als Manfred sogar die Natur vollkommen kindersicher zu machen versucht, spürt Sid, dass er bald keine große Rolle mehr in der „Herde“ spielen wird, bzw. diese sich komplett aufzulösen droht. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, als Diego andeutet, dass ihn das Herdenleben zu weich mache und er endlich wieder Lone Wolf ... sorry ... Tigermäßig umherziehen will. Da bricht Sid kurzerhand auf, um sich eine neue Herde zu suchen und findet diese in drei großen Eiern, aus denen drei kleine T-Rexe schlüpfen. Gerade, als jene sich wie ihr „Vater“ Sid am Arsch zu kratzen beginnen, taucht die wütende Mama der drei kleinen Racker auf und verschleppt sie samt Sid in „ihr Reich“. Diego und Manfred, bei dieser Entführung zur Untätigkeit verdammt, haben aber nicht vor, die T-Rex Dame mit Sid alleine ziehen zu lassen und brechen auf, um das Faultier zu retten. Mit Crash, Eddie und Ellie finden sie einen Eingang in eine unterirdische Welt, in der noch mehr Dinos leben und wo ihnen ein Wiesel namens Buck den Weg weist ...
„Ich dachte, Dinosaurier seien ausgestorben?“ „Dann ist das da das lebendigste Fossil, dass ich je gesehen habe!“ Einfacher kann man ein logisches Unding (sprich Dinos zur Zeit der Eiszeit) eigentlich gar nicht umschiffen, doch Ice Age 3 macht es sich letztlich nicht gar so leicht. Vielmehr hängt man die ganze Geschichte an Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde auf, angereichert um ganz viele Moby Dick Elemente. Und so jagt man eben in einer unterirdischen, reichhaltig und üppig blühenden Welt hinter einem gigantischen weißen Dinosaurier her, der auf den angsteinflößenden Namen Rudy hört und in Wiesel Buck einen Ahabgleichen Intimgegner gefunden hat. Dazwischen feuern die Macher von Ice Age ihre gewohnten familienwertorientierten Botschaften ab und lassen immer, wenn eine Tempoverschleppung droht, die Eichhörnchenratte Scrat über die Leinwand wüten. Nichts Neues also im Staate Eiszeit. Dabei orientiert man sich handlungstechnisch eher an der II als an der arg sentimentalen und rührseligen I und liefert so eine sehr straffe, immer in Bewegung befindliche Story ab, die durchgehend zu unterhalten vermag und einen netten Spannungsbogen aufzubauen versteht.
Figurentechnisch wird vor allem die neue Figur des Wiesels Buck mit unglaublich viel Verve und schrägen Charme eingeführt. Bis ins groteske überzeichnet darf die neue Figur über die Leinwand poltern und sich mehr als einmal als echter Showstealer betätigen. Der eigentliche Erfüller dieser Aufgabe, nämlich Scrat, zeigt dann aber immer wieder einmal, wie das richtig funktioniert und hat von den Machern so derart abstrus geniale Einlagen spendiert bekommen, dass man sich vor Lachen kaum noch auf dem Sitz halten kann. Auch er hat diesmal Gesellschaft bekommen. Eine Dame namens Scratte, die dem kleinen Nager in Sachen Nusssucht in nichts nachsteht und ihm einiges Kopfzerbrechen bereitet. Wortwörtlich. Und anhand dieser beider Figuren wird auch wieder deutlich, wie brillant Blue Sky arbeitet. Denn natürlich sind die Slapstickgags um die beiden Figuren einwandfreies Kiddiesfutter, das gar nicht genug von den jungen Zuschauern belacht werden kann. Doch im Laufe des Filmes findet in den Scratgags eine Art Tonverschiebung statt. Denn auf einmal werden viele Gags abgeschossen, die sich um Themen wie Liebe, Eifersucht und Trennung drehen und dabei thematisch das ganz junge Publikum komplett verfehlen dürften (vor allem das geniale Eifersuchtsdrama um Scrat, Scratte und Nuss sei hier genannt), aber von dem erwachsenen Publikumsanteil teils brachial belacht wurden.
Und so funktioniert der ganze Film wieder als geniale Melange aus Gags für ein sehr junges aber auch ein erwachsenes Publikum, das sich vor allem an den verbalen Bonmots von Manfred, Diego und Sid zum Thema Beziehungen erfreuen kann. Zudem wird der Film auch für ein erwachsenes Publikum niemals langweilig, da vor allem die Entlehnungen aus der Reise zum Mittelpunkt der Erde und Moby Dick immer wieder für echte Schmunzler sorgen. Und sollte dies so manchem nicht ausreichen, kann er ja auch einfach die Technik bewundern.
Und diese ist erneut vom Feinsten. Nach wie vor präsentiert sich Ice Age im reduzierten Look. Bei Blue Skys Erfolgsfranchise spielte eine überdetaillierte Welt mit vollkommen fotorealistischer Flora und Fauna oder darin lebenden Tieren noch nie eine Rolle. Alles wirkte immer ein wenig kantiger, schroffer, ohne dass die eigentlichen Animationen der Charaktere irgendwie lieblos gewirkt hätten. Ganz im Gegenteil. Animationstechnisch war man immer state of the art. Das setzt sich in der drei unisono fort, erfährt aber diesmal eine deutliche Steigerung in Sachen Detailfreude, da mit dem Eindringen in die unterirdische Welt eine andere Umwelt etabliert wird. Und so präsentiert sich Ice Age lebendiger und farbiger als je zuvor und beweist erneut die definitive Vorherrschaft der Filmschmiede auf dem Gebiet der Lichtsetzung. Obendrein erlaubt man sich auch in dieser neuen Welt die Freiheit, keinen Animationsfilm abliefern zu müssen, der die Wirklichkeit kopiert. Und so hat auch hier jeder neu eingeführte Unterweltcharakter unbedingt cartooneske Anwandlungen. Das reicht von schrägen Körperverbiegungsmöglichkeiten hin zu schielenden Dinosauriern und macht vor zu Vegetariern umerzogenen Fleischfresserbabies lange nicht Halt. Als besonders edel erweist sich die (mittels genialer Partikeleffekte erstellte) Rückblende in Bucks Kampf mit Rudy, die nicht atmosphärischer hätte umgesetzt werden können. Die unglaublich schnellen Kamerafahrten und Zooms (etwa bei Bucks Aufzählung der zu befolgenden Regeln) sind dann quasi die Cocktailkirsche auf dem technischen zehn Gänge Menü. Großartig.
Doch damit noch lange nicht genug, denn Ice Age 3 kommt in einigen Kinos auch in einer 3D optimierten Fassung daher und verblüfft da mit ungemein plastischen Bildern, die vor außerordentlicher Tiefenschärfe nur so strotzen. Große Anforderungen stellte die 3D Technik ganz sicher an die Animatoren der Fellbedeckungen der Hauptcharaktere, denn dieses wirkt dank der 3D Technik realer als je zuvor und macht förmlich Lust, sich mal in Manfred reinzukuscheln. Zudem ist Ice Age 3 der erste 3D Film der neuen Generation, der keine billigen 3D Effekte einbaut. Hier ragen keine Gegenstände sinnlos in den Raum, fliegt irgendetwas vor unserer Nase herum usw. Die Technik wird hier nur genutzt, um der durchweg funktionierenden Story eben eine interessante Tiefenwirkung zu verpassen, ihr also quasi etwas „Tiefgang“ zu verschaffen! Das konnte man bisher von noch keinem anderen neuen 3D Film behaupten. Dennoch wirkte Scrat nie kultiger als jetzt im gigantischen 3D Verfahren ... ;-)
Will man an dem Film herummäkeln, müsste man konstatieren, dass John Powell bei seinem Soundtrack diesmal nichts eingefallen ist und er recht belanglos zu Werke ging. Hier und da hinkt der Witz der eigentlichen Story dem Witz der Scrateinlagen deutlich hinterher, doch das ist man ja schon gewohnt. Subjektiv nervt mich persönlich die Ottoomnipräsenz, wenn es um die deutsche Synchronisation geht. Zum Glück spielt Sid wie schon in der zwei keine so wichtige Rolle mehr, weswegen man von der ganz großen Ottobreitseite verschont bleibt, das verhinderte aber nicht, dass Otto für den Abspann einen Song namens Ice Age beisteuerte, der zumindest in meiner Vorstellung das Publikum blitzartig flüchten ließ.
Im Großen und Ganzen ist Ice Age 3 aber rundum gelungene und saubere, technisch hochklassige Unterhaltung, die erneut beweist, wie souverän Blue Sky alle Publikumsschichten zu bedienen vermag! Man kann nur hoffen, dass sie ihr Schneckenhaus bald einmal wieder abseits der Ice Age Filme verlassen werden und den Großen im Business nicht gar so kampflos das Feld überlassen. Zumindest aber dürfte eine Fortsetzung des Ice Age Franchises nach diesem rundum witzigen dritten Teil beschlossene Sache sein. Und wann immer ihr die Möglichkeit habt, sei euch unbedingt die 3D Version empfohlen. Näher werdet ihr Scrat und Co wohl nie kommen ... aber Vorsicht: Frostbeulengefahr ;-)
In diesem Sinne:
freeman