W.A.S.P. - W.A.S.P. (Winged Assassins)
Erscheinung: 1984
Tracks: 11 (10)
Genre: Sleaze Rock / Heavy Metal
Eine der besten – und bis zum heutigen Tage erfolgreichen – Bands der in den frühen 80ern florierenden L.A. Glam Metal – Szene veröffentlichte 1984 ihr Debütalbum, das Genre mit einer großartigen Melange aus dreckigem Rock’n’Roll und hymnischem Heavy Metal um die düster-brutale Sleaze-Alternative zur mainstream-poppigen Pudel-Pussy-Konkurrenz der Radio-Haarsprayer zu bereichern: W.A.S.P.
Ob sich hinter dem kryptischen Titel ein profanes „White Anglo-Saxon Protestants“, ein werbewirksam von der Presse ins Spiel gebrachtes „We Are Sexual Perverts“, ein von den obligatorisch Satanismus witternden religiösen Sittenwächtern vermutetes „We Are Satan’s People“ oder eine schlichte optische Aufpolierung des Wortes „wasp“ verbirgt, lässt Chef-Wespe Blackie Lawless bis zum heutigen Tage mit ironischem Verweis auf die Variante „We Ain’t Sure Pal“ offen – keinerlei offene Fragen gab es dagegen von Anfang an hinsichtlich Image und stilistischer Marschrichtung. W.A.S.P. zelebrierten den genussvoll dekadenten Sex, Drugs & Rock’n’Roll – Lifestyle, für den die Kollegen von Mötley Crüe das populärste und skandalumwittertste Aushängeschild werden sollten. Doch im Gegensatz zur Crüe verfolgten W.A.S.P. nicht nur musikalisch einen heavyeren Ansatz, sondern auch was das Marketing betraf: Bühnenshows mit Folter, Blut und rohem Fleisch präsentierten die Band in der Schockrock-Tradition eines Alice Cooper. Was heutzutage, da man sich längst mit deathmetallischen Splatterlyrics, blackmetallischem Satanismus und Marilyn Mansonscher Mainstream-Provokation arrangiert hat, seine Schockwirkung verloren und gegen nostalgischen Charme eingetauscht hat, rief damals die Sittenwächter auf den Plan. Lustvoll kreisen Blackies Songtexte auf der auch unter „Winged Assassins“ bekannten Debütscheibe um Folter, Gewalt, Sex und Satan („I’ll take the women / curse those who enter / I am a killer / and tormentor“). Auf besonders wenig Gegenliebe der Moralapostel stieß die– heute von Blackie aus neugewonnener Religiosität leider nicht mehr live gespielte – W.A.S.P.-Hymne schlechthin: „Animal (Fuck Like A Beast)“, Platz 9 der „Filthy 15“ der P.M.R.C, von der Plattenfirma Capitol Records aufgrund zu heikler Lyrics kurzerhand vom Album geschmissen, lediglich als Single (mit megakultigem Cover) releast und erst auf der 1998er Reissue-Version wieder dort, wo es hingehört: Als Opener eines der großartigsten Metal-Alben der 80er.
Im Gegensatz zu den glatteren, mainstreamigeren, dabei noch immer großartigen Followups „The Last Command“ und „Inside The Electric Cirucs“, welche das Trio der klassischen W.A.S.P.-Phase vor dem Schwenk zur anspruchsvolleren Konzept-Düsternis der „Headless Children“ / „Crimson Idol“-Ära, vervollständigten, geht es auf „W.A.S.P.“ wunderbar evil und sleazy zu, ohne in einem einzigen Song auf großartige Ohrwurm-Melodien zu verzichten: 11 Tracks lang jagt eine Hymne die nächste, überbieten sich die hier versammelten Klassiker an Eingängikeit und Qualität. Auf den Übersong „Animal“ folgt mit dem Opener der 80er-Erst-VÖ, „I Wanna Be Somebody“, ein weiterer der größten Klassiker der Bandgeschichte, der auf der Härte- und Tempo-Skala klar die Spitzenposition des Albums einnimmt und „L.O.V.E. Machine“ mit typischer Glam-Abkürzungs-Spielerei im Titel ist ein melodischer Ohrwurm vor dem Herrn, der den Auftakt-Dreier der unantastbaren Überhits auf einer Stufe mit später folgenden Großtaten wie „Wild Child“ oder „Blind in Texas“ abschließt. Doch auch der Rest der Scheibe verzeichnet kaum Qualitätsabfall. Abgesehen von der atmosphärischen Gänsehaut-Powerballade „Sleeping in the Fire“ („Taaaaaste the love, the Lucifer’s magic…“) ist das kompositorische Strickmuster zwar nicht eben variantenreich, dies gereicht dem Werk aber keineswegs zum Nachteil: Ob „School Daze“, „Hellion“, „On Your Knees“ oder „Tormentor“ – riesige Refrain-Ohrwürmer, pfeilschnelle Gitarrensoli, Blackies unverwechselbare Stimme, die gelungenen Lyrics und stilistisch die dreckige Rock’n’Roll-Schlagseite der schwermetallischen Marschrichtung machen „W.A.S.P.“ zu einem unsterblichen All-Time-Favorite des 80er-Metals.
Zudem komplettiert das stimmungsvolle Endzeit-Cover die atmosphärische Klasse der Scheibe überzeugend auf visueller Ebene.
Fazit: Das Debüt verbleibt das unangefochtene Highlight der W.A.S.P.-Diskografie: Sleazerock, gleichzeitig düster-hart und hymnisch-melodisch, Sex, Drugs & Rock’n’Roll: „Iiiiiii Come round, round / I Come feeeel your loooove / Tiiiiiiiiiiie you down, down / I come steal your loooooove.“
