[Testbericht] Canton GLE 420

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[Testbericht] Canton GLE 420

Beitrag von SFI » 04.04.2012, 20:34

Bereits zu meiner Schulzeit entwickelte ich eine Faszination für Lautsprecher, die damals allerdings seltsame Blüte trieb. Mein Vater, der selbst eine sehr hochwertige Anlage samt massiven Knöpfen und VU Meter im heute gesuchten 70er Vintage Stil besaß, kaufte mir mit 15 meine erste Sony Kompaktanlage für damals sagenhafte 700 DM. Noch bevor 5.1 Surround zur Modeerscheinung avancierte, war mein Zimmer schon mit 18.0 Surround ausgestattet. Dazu sammelte ich allerlei Gebrauchtware vom Sperrmüll, baute Chassis aus alten TVs aus und topfte diese Chassis willkürlich in irgendwelche Holzkisten ohne jemals das Wort Frequenzweiche gehört zu haben. Ganze 6 solcher Kisten plus etliche willkürlich im Raum verteilte Chassis bildeten somit die Grundlage. Da Chassis dank Magnet auch an der Heizung haften, brauchte es ja auch nicht immer ein Gehäuse, eine so angebrachte 6er Phalanz Basschassis war somit das erste betriebene Subwoofer Array der Welt ohne all das, was sonst noch dazu benötigt wird. Was bisweilen lustig und naiv klingt hätte auch nach hinten los gehen können, denn fern ab von Impedanz-Kenntnissen musste diese Surroundanlage ja auch verkabelt werden. Bewerkstelligt wurde das Ganze durch Gartenzaundraht, der kreuz und quer unter den Teppichboden verlegt wurde. Reihen und Parallelschaltungen waren mir unbekannt, aber der Zufall brachte beide in ein Gleichgewicht, so dass es ordentlich rumpelte. :lol:

Nun was hat das Ganze mit Canton zu tun? Da in meinem Freundeskreis nur Plastikanlagen diverser Versandhäuser vorherrschten, die außer Krach und 1000 Watt PMPO Leistungsangaben nichts konnten [auch wenn es ein Schulkamerad angeblich damit geschafft hat, seine Fensterscheibe zu sprengen], hatte ich natürlich auch keine Vergleichsmöglichkeiten geschweige denn eine Orientierungshilfe. Dies änderte sich, als ich Ende der 90er einen Typen kennenlernte, der zu Hause eine Canton / Rotel Kette besaß und damit genau das tat, was ich heute tue: Missionarsarbeit am anspruchslosen Volk. :lol: Die "Canton Ergo 91", wahnsinnige 3.000 DM teuer, Lautsprecher und Möbelstück in einem, das "Must Have" damaliger deutscher Lautsprecherkunst [vielleicht auch noch die Quadral Titan]. Dieses Klangbild samt Bühne war für mich ein Erlebnis und wegweisend zugleich. Keine zwei Jahre später zog die "Magnat Vintage 760" samt Marantz Kette bei mir ein. Das es dann doch keine Canton wurde, lag einfach an der "Zwergengröße" von 105 cm, die mir damals etwas unmännlich erschien, während der 130 cm hohe und 50 kg schwere Magnat Sarg ein ganz anderes Kaliber darstellte. Vorbei also die Zeiten fahrlässiger Verkabelung und filzbezogener 99 DM Tröten, ein Hoch auf Canton, welche mich das Hören lehrte.

Bild


2003 richtete Canton den Fokus vermehrt auf den armen Hifi Einsteiger, der sich keine hochpreisigen Boxen leisten konnte oder wollte. Die LE Reihe war ein voller Erfolg, zumal die UVP von rund 350 EUR pro Paar deutlich unterboten wurde. So kam dann auch meine Freundin für gerade mal 120 EUR im Ausverkauf in den Genuss der Canton LE 102, die einen gelungenen Mix von Postfordimus und skandinavischem Sozialstaatsmodell für das ausgebeutete Volk darstellte. Eine Volksbox also, die bei dem Preis klanglich so gut war, dass Canton endgültig Deutschlands Marktführer im Lautsprecherbau wurde. Mittlerweile wurde aus der LE Reihe die GLE Reihe, die GLE 420 ist dabei die 4. Ausbaustufe und stellt, vom Wandlautsprecher GLE 410 abgesehen, das kleinste Modell innerhalb der Serie dar. Der Preis ist dabei über all die Jahre stabil geblieben, rund 350 EUR pro Paar gemäß UVP, wer den Marktpreis nimmt, darf 70-100 EUR abziehen und bekommt das Paar als aktuelles Auslaufmodell auch schon für 200 EUR.

Verarbeitung
In der Preisklasse sind Furniere selten, entsprechend geht die Folierung auch in Ordnung zumal sie sich dank dem Farbton "mocca" auch wohlwollend von den üblichen Farben der Sorte kirsche, eiche, schwarz abhebt. Die Kantenverarbeitung ist ebenso typisch für die Preisklasse, Rundungen sucht man vergebens. Dafür kann das Anschlussterminal (Singlewiring) überzeugen, welches mit stabilen Schraubklemmen aufwartet, die auch Bananas aufnehmen. Highlight ist natürlich die Front, die mit ihrer weißen Lackschicht optisch wunderbar mit dem Mocca Ton harmoniert. Die Spaltmaße sind genauso gelungen wie das stabile Metallgitter, welches effektiv vor der Zerstörungswut einiger Kleinkinder schützen dürfte.


Bild


Technische Daten
Prinzip 2-Wege Bassreflexsystem
Nenn-/Musikbelastbarkeit 70 / 130 Watt
Wirkungsgrad (1 Watt/1m) 86,5 db (1 W, 1 m)
Übergangsfrequenz 3.200 Hz
Impedanz 4-8 Ohm
Abmessungen (BxHxT) 17 x 29,5 x 26 cm
Gewicht 4,6 kg
UVP 340 EUR / Paar

Mit ihrer kompakten Größe erscheint die Canton gerade im Vergleich zur monströsen Klipsch RB 61 fast schon zierlich. Spätestens wenn man die 4,6 kg schwere Box auspackt, wird deutlich welchen Kaventsmann die Klipsch mit ihren 10 kg darstellt. Trotzdem ist die Canton wie auch die Klipsch mit einem 16 cm Alu Tiefmitteltöner ausgestattet, komplettiert wird das Ganze mit einer 25mm Gewebekalotte. Selbstverständlich handelt es sich dabei um eigens bei Canton entwickelte Chassis und nicht etwa um zugekaufte Ware.

Testgeräte: Rotel RA-1062 | Denon DVD 2910

Klang
Neigte die Urgroßmutter in Form der Canton LE 102 noch zu einem stellenweise harschen und spitzen Hochtonbereich, der je nach Aufnahme und Raum auch durchaus ins Nervige abdriften konnte, päsentiert sich die GLE 420 fast schon als Musterschüler in Sachen Neutralität. Im Vergleich zur ebenfalls anwesenenden Klipsch RB 61 II besitzt die Canton ein etwas helleres Klangbild, bleibt aber selbst bei höheren Pegeln geschmeidig ohne nervige Attitüden zu zeigen. Die Stimmenwiedergabe ist ebenfalls als gelungen zu bezeichnen und löst sich wunderbar von der Schallwand. Der Bass kommt knackig und straff, bei ungefähr 60 Herz geht es dann aber steil bergab, Tiefbassattacken sind und können auch nicht ihr Metier sein. Generell ist die Canton eher schlank abgestimmt, schaltet man auf die Klipsch RB 61 um, spürt man förmlich wie Patrick Doyles Trommelwirbel bei "Rise of the Planet of the Apes" deutlich an Wucht, Ausdruck und Kontur gewinnt. Natürlich hat die Klipsch einen höheren Kennschalldruck und somit wäre für eine objektive Beurteilung ein Pegelabgleich von Nöten, aber selbst beim Nachregeln der Canton wird dieses "Defizit" deutlich. Vergessen darf man natürlich nicht, dass die Klipsch mehr Volumen zur Verfügung hat und die klangliche Abstimmung mit einer Betonung im Oberbass aufwartet. Was gefällt ist Geschmackssache, ich stehe auf die Klipsch, die nicht nur bei orchestraler Filmmusik eine tolle Dynamik an den Tag legen. Die Canton kann hier einfach nicht mithalten, überzeugt aber im Mittel/Hochtonbereich. Daher empfiehlt sie sich auch eher für kleinere Räume, kann dank ihrer schlanken Abstimmung auch wandnah aufgestellt werden, was der Bassperformance sicherlich gut tut.

Fazit
Für aktuell schmale 200 EUR bekommt man einen technisch hochsoliden Lautsprecher, dem es aber an Glanz und Gloria fehlt um sich deutlich von Mitbewerbern [Magnat Quantum, Heco Metas] abzuheben, zumal ihr gerade bei der Bassperformance einige Attribute fehlen um von einer eierlegenden Wollmilchsau sprechen zu können. In Anbetracht des Preises ist dies natürlich auch gar nicht das Ziel, eine hochwertige Einsteigerbox ist sie aber allemal. Für den versierten Hifi-Fan aber dann doch eher etwas für die Zweitanlage im Schlafzimmer.

:liquid7:
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Beitrag von gelini71 » 05.04.2012, 06:03

Verdrahtung mit Gartenzaundraht ? :shock:
Dir gehört dafür heute noch der Hintern versohlt :lol:
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Beitrag von SFI » 05.04.2012, 06:46

Mit seinerzeit 40 DM Taschengeld musste manN eben erfinderich sein, den Gartenzaundraht gab es umsonst in Vaters Werkbank. :lol:
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Beitrag von gelini71 » 05.04.2012, 07:44

Trotzdem Au-Weia , gab es denn Kurzschlüße ? Der ist doch nicht isoliert. Mensch - da stellen sich mir als gelernter Elektriker die Nackenhaare auf.... :lol:
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Beitrag von SFI » 05.04.2012, 08:13

Nun, der ist doch gummiert. :lol: Wirklich schade, dass ich das Experiment nicht photographisch für die Ewigkeit konserviert habe.
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Beitrag von gelini71 » 05.04.2012, 08:44

Ich denke eher das ist für die Menschheit eher besser so :lol:
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