[Review] Sherlock Holmes - Crimes & Punishments

Der Bezirk für den ewigen Spieltrieb des Mannes, bei dem man aber zwei Hände anlegen muss.
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Wallnuss
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[Review] Sherlock Holmes - Crimes & Punishments

Beitrag von Wallnuss » 21.02.2015, 17:11

Sherlock Holmes - Crimes & Punishments

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Entwickler: Frogwares Game Development
Publisher: Focus Home Interactive
Erstveröffentlichung: 30 September 2014
Plattform: Playstation 3, Playstation 4, Xbox 360, Xbox One, PC
Genre: Point & Click Adventure
Laufzeit: je nach Spielweise 8-14 Stunden

Wie läuft es eigentlich bei dem Meister unter den Detektiven? Aktuell könnte es besser für ihn ja gar nicht aussehen. Im Kino wird er unter anderem durch Robert Downey Jr. vertreten, in mehreren verschiedenen Fernsehserien ist er ebenfalls gut unterwegs und erfreut sich allgemein in den letzten Jahren wieder großer Beliebtheit, was man aber eben auch darauf zurückführen muss, dass eigentlich alle heutigen Adaptionen mit einem gewissen Anspruch produziert wurden. "Crimes & Punishments" von Frogwares ist das neueste aus einer Reihe von Videospielen über den beliebten Meisterdetektiv und seinen Kollegen Dr. Watson, allerdings das erste, bei welchem es keine durchgehende Geschichte gibt, sondern der Spieler stattdessen sechs Einzelfälle löst. Neu ist auch, dass man durch ein aufwendiges Herleitungssystem selbst kombinieren muss, wer denn nun der Täter ist und so jeder Fall mehrere Enden hat, bei denen man jeweils auch noch abhängig davon, ob man sich für eine Verurteilung oder gnädigeren Maßnahmen entscheidet, unterschiedliche Resultate erzielt. Das macht Spaß und ist auf den ersten Blick sehr überzeugend, im Nachhinein aber auch großes verschenktes Potenzial.

Zu allererst aber ein paar Worte zu den technischen Aspekten. Die Grafik ist bei Weitem nicht auf den allerneusten Standards. Und damit verkaufen sich die Entwickler unter Wert, denn gerade die Unreal Engine 3 kann deutlich mehr als das, was uns vom Spiel präsentiert wird. Die Gesichtsanimationen sind in einigen Bereichen doch recht unschön und stören besonders in dem Zusammenhang, als das gerade die Mimik eines Verdächtigen zu beobachten in einer Verhörsituation viel spannender hätte sein können. Auch die Umgebungsdetails und die generelle Bildschärfe lassen hin und wieder zu Wünschen übrig und sind konstant recht einfach gehalten. Ähnliches gilt für die Soundkulisse, die es hier übrigens nur in englischer Synchronisation gibt. Holmes und Watson wurden zwar stimmlich passend besetzt, während Lestrade etwas merkwürdig verstimmt klingt, allerdings ist die allgemeine Arbeit der Sprecher recht eindimensionaler Natur. Typisch für Point and Click Adventures bleibt die Welt im Spiel leblos und es gilt eine gewisse Monotonie. An diese gewöhnt man sich allerdings, denn das Geschriebene klingt schlimmer als es ist, schließlich kauft man sich ein solches Spiel ja nicht, um sich an den tollen Gebäudedesigns und der hübschen Umgebung zu erfreuen.

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Sondern man kauft es, um als Detektiv ein paar echte Rätselnüsse zu knacken. Wie erwähnt bieten die Entwickler dafür ganze sechs Fälle. Und diese sind größenteils sehr gelungen. Während der erste Fall "Der schwarze Peter" noch recht einfach abläuft und bewusst Einsteiger-freundlich aufgezogen wird, begeistern bereits die Nachfolger "Das Rätsel auf den Gleisen" und "Das Blutbad" mit wirklich cleveren Geschichten, die durchaus spannend sind und bei denen man ein wahres Interesse dafür hat, den Täter zu ermitteln. Unterschiedlich genug sind dafür auch die Locations, die einem nie das Gefühl vermitteln, man würde immer nur durch die selben dunklen Gassen Londons laufen. Von überfluteten Bergminen über eine archäologische Ausgrabungsstätte bis hin zu einem Wanderzirkus ist alles dabei, was das Detektivherz begehrt. Auch die Fälle "Das Drama um Kew Gardens" sowie das finale Kapitel "Schüsse bei Mondlicht" sind interessante Geschichten, einzig die Episode "Die Affäre Abbey Grange" ist eine herbe Enttäuschung mit offensichtlichen Logikproblemen und zu dem einer recht kurzen Spielzeit. Das ist schade, da bei der ohnehin geringen Anzahl an Fällen eigentlich jeder einzelne für sich genommen ein Highlight sein müsste. So ist es auch verschenkte Produktionszeit, die man in andere Dinge hätte stecken können.

Doch ich will hier gar nicht groß meckern, denn die allgemeine Art und Weise wie man hier aktiv wird, ist großartig und für ein Point and Click Adventure regelrecht fortschrittlich. Dabei sind die langen Tatortinspizierungen und Verdächtigenbefragungen eigentlich noch zu einfach und für den geübten Spieler business as usual. Die richtig harte Arbeit erfolgt immer erst, wenn der Fall beinahe zu Ende geht, dann aber mit voller Wucht. Im Verlauf eines Falles sammelt man Hinweise und findet Beweise, nur, um dann vom Spiel völlig hilflos stehen gelassen zu werden, denn nun muss der Spieler ganz allein entscheiden, wen er für das jeweilige Verbrechen hinter Gittern bringen (oder in speziellen Fällen nicht vielleicht sogar Gnade walten lassen) will. In einem interessanten Menü, in welchem alle Schlussfolgerungen durch Synapsen in Holmes Gehirn visualiziert werden, liegt es nun an einem selbst, genau zu überlegen und die relevanten von den irrelevanten Informationen zu trennen. Und dies ist wirklich herausfordernd schwer, aber nicht unmöglich, da alle Fälle in sich logisch funktionieren. Für ein erfolgreiches Abschließen sollte also auch mit Bedacht kombiniert werden. Man denke nur daran, wie häufig man in den Medien von falschen Beschuldigungen und Anklagen hört. Will man den Fehler nicht selbst machen, ist echter Denksport angesagt, Arbeit, die eines Detektiven würdig ist.

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Dennoch hat "Crimes & Punishments" eindeutig seine Probleme. Und diese ergeben sich stets aus Eigenschaften, die das Spiel haben könnte, hätte man die Stärken konsequenter ausgebaut. Denn so genial das System des eigenen Ermittelns auch sein mag: es ist am Ende völlig nutzlos. Verhaftet man den falschen Verdächtigen, bekommt man eben ein alternatives Ende vorgesetzt und der nächste Fall beginnt. Entschließt man sich bei der moralischen Entscheidung dafür, Gnade walten zu lassen, wo eine Auslieferung an die Justiz klüger gewesen wäre, ist das eben so. Es klingt völlig absurd, aber für den Spielverlauf ist es tatsächlich total egal, wie man die einzelnen Fälle abschließt, da dies das Folgende in keiner Hinsicht verändert oder überhaupt beeinflusst. Das liegt leider auch an einer inhaltlichen Komponente: die Fälle haben keinen Zusammenhang. Hätten die Entwickler sie in anderer Reihenfolge angeordnet, wäre das vermutlich nicht einmal aufgefallen. Es gibt zwar einen kleinen roten Faden, der allerdings so beiläufig behandelt wird, dass man ihn genauso gut auch völlig ignorieren kann. Schade, dass ausgerechnet das Finale (oder besser: die finale Entscheidung) einen enormen Bezug zu diesem roten Faden nimmt, bei welchem mancher Spieler sich vermutlich fragen wird, wovon gerade überhaupt die Rede ist.

Ein anderer großer Dorn im Auge sind auch die langen Ladebildschirme. Diese gehen einem nämlich - gelinde gesagt - irgendwann gehörig auf die Nerven. IMMER wenn der Spieler von A nach B reist, sieht man Holmes gefühlte zwei Minuten in einer Kutsche sitzend. Das ist deutlich zu lang und auch ein wenig komisch, gerade in Anbetracht dessen, dass keine der Locations im Spiel eine so lange Ladezeit rechtfertigen würde. Etwas langweilig wird irgendwann auch das Knacken von Türschlössern, welches immer gleich abläuft und offenbar nur eingebaut wurde, um das Spiel deutlich in die Länge zu ziehen. Eine letzte große Erwähnung gilt aber dem - meist - heimlichen Helden der Sherlock Holmes Geschichten: Dr. Watson. Über diesen wäre allerdings eigentlich nur zu sagen, dass er "dabei" ist. Anders kann man den Zustand, in dem er sich befindet nicht beschreiben. Aktiv tut er genau genommen gar nichts im ganzen Spiel, außer Holmes hinterher zu laufen und hin und wieder mal ein Ereignis mit "Unglaublich!", "Sagenhaft!" oder einem ähnlich euphorischen Begriff zu kommentieren. Das ist deutlich zu wenig. Gerade die Guy Ritchie Kinofilme zeigen derzeit recht gut, wie man Watson aktiver in eine Detektivgeschichte integrieren kann. Sicher war Watson bei Holmes-Erfinder Arthur Conan Doyle auch nur ein Stichwortgeber, schöner wäre es dennoch gewesen, sich hier etwas mehr Mühe zu geben.

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Fazit: "Sherlock Holmes - Crimes & Punishments" ist ein passables Point and Click Adventure, mit all den Stärken und Schwächen, die dieses Genre bietet. Gelungen ist dabei vor allem, dass der Spieler selbst im späteren Verlauf nicht zu sehr an die Hand genommen wird und die Spannung wirklich darin besteht, dass man hofft, die gesammelten Beweise richtig kombiniert zu haben. Enttäuschend gerät dagegen, dass man im Nachhinein jeden Fall genauso gut einfach auch irgendwie anders hätte abschließen können, da es das Spiel eigentlich nicht interessiert, für welchen Weg man sich am Ende entscheidet. Wäre dies der Fall, würde auch viel länger Interesse für die Fälle bestehen, was allgemein bei einem besseren Zusammenhalt der Episoden gegeben wäre. So ist es ansprechende Standard-Kost, die aber selbst Fans nicht bis zum Ende wird fesseln können. Ärgerlich, hier wäre deutlich mehr drin gewesen. Frogwares hat jetzt aber immerhin ausprobiert, was möglich ist und wird in Folgespielen sicher die Möglichkeit haben, diese Ideen und Ansätze weiter zu entwickeln. Bis dahin trauern wir Fans erstmal darum, dass jüngste Abenteuer Holmes schon wieder beendet zu haben.

:liquid6:

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Beitrag von Orco » 22.02.2015, 00:38

Ja ist kein Burner, aber leichte Platin.
Nur dieses Popel Verknüpfen hat mich genervt.
Storymäßig auch langweiliger als der Vorgänger
Und wenn sich deine Schulter bewegt, dann seh ich das.

Best Buddies: Sir Jay, SFI und freeman

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