#034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Könnte Jean-Claude van Damme einen Roundhouse Kick von Chuck Norris überleben? Schafft es Steven Seagal noch einmal ins Kino? Welcher Actionheld verbucht den besten Oneliner für sich? Verlinkt hier eure Podcasts.
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John_Clark
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#034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Beitrag von John_Clark » 13.08.2021, 19:02

Darf Kriegspielen Spass machen? Wir werfen einen Blick auf den kontroversen Streifen "Die Rote Flut" aus dem Jahr 1984 und fragen uns, ob dieser Film wirklich eine fragwürdige politische Botschaft beinhaltet.

Finden könnt ihr die Episode wie immer auf Spotify, Apple Podcast und vielen weiteren Podcatchern - und natürlich auch hier:
https://fratzengeballer.podigee.io/34-neue-episode
https://open.spotify.com/episode/2pLif8 ... b0f42d49d0

Wie steht Ihr zur roten Flut?

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kami
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Re: #034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Beitrag von kami » 14.08.2021, 11:48

Hab mich über diese Folge tatsächlich etwas geärgert. Gerade Sergej hat sich von diesem Red Dawn-Youtube-Apologeten sauber einseifen lassen und wiederholt dessen schönfärberische Fehlinterpretationen deutlich zu unkritisch, die viel stichhaltigere Argumentation aus dem Renegade-Cut-Video findet hingegen kaum Berücksichtigung. Geradezu entsetzt war ich von Sergeis Behauptung, Red Dawn hätte Ansätze eines Antikriegsfilmes. Die Belege, die er dafür anführt, lassen aber eigentlich nur den gegenteiligen Schluss zu. Schauen wir uns die Situation doch mal an: Getreu den üblichen reaktionären Opfermythen ist das Red Dawn-Amerika natürlich ein braves, friedfertiges Lamm, verlassen von untreuen, von den Grünen regierten Verbündeten, und so schutzlos, dass kubanische Truppen einfallen können, so entwaffnet, dass es einer Gruppe von Jugendlichen anheim fällt, die Heimat zu verteidigen. Die logische realpolitische Konsequenz aus diesem Schreckensszenario: Auf Verbündete sollte man sich nicht verlassen und am besten auch keine Rücksicht nehmen, Pazifismus ist Schwäche, Abrüstung Verrat an der Heimat, nur ständige Wachsamkeit, Kriegstüchtigkeit und Aufrüstung können das Land vor den roten Barbaren schützen, Jugendliche sollten am besten schon in der Schule militärisch gedrillt werden, damit sie nicht erst im Ernstfall ausgebildet werden müssen, und maskuline Jocks sollten den Ton angeben, nicht intellektuelle, bedenkenträgerische Grübler.
Ich weise auch resolut die Behauptung zurück, die Kubaner und Sowjet stünden im Film für eine abstrakte Gefahr. In den USA standen seit 1812 keine fremden Truppen mehr, es gab auch seitdem nie die Gefahr einer ausländischen Invasion, die Bedrohung in Red Dawn ist also bewusst herbei konstruiert, um genau gegen diesen speziellen und tagespolitisch aktuellen Gegner Stimmung zu machen. Dass der Film aus Tätern Opfern macht und die USA, die sich gerade in den 80ern unter Reagan als vermutlich größter globaler Aggressor aufführte, zum bedauernswerten Ziel eines heimtückischen Angriffs macht, ist niederträchtig und dummdreist. Dass man den heroischen jugendlichen Widerstandskämpfern, die sich mit faschistoiden Methoden selbst disziplinieren, Elemente antifaschistischer Symbolik zuschreibt, ist ebenfalls ganz sicher nichts, das man Milius positiv anrechnen sollte. Anders als andere 80s Cold War-Actionklopper schlägt Red Dawn auch nie weit genug über die Stränge, um sich als offensichtliches Over-The-Top-Spektakel zu entlarven. Auch sind die Actionszenen längst nicht so reißerisch und spektakulär wie die eines Commando, eines Delta Force, eines Rambo 2 oder 3. Red Dawn nimmt sich ernst und möchte auch ernst genommen werden, was seine kriegstreiberische, autoritäre und generell reaktionäre Agenda um so wirkungsvoller macht, wenn sie auf un- oder desinformierte Rezipienten wie die intendierte jugendliche Zielgruppe trifft. Er ist Hetze im Gewand eines pathetischen Kriegsabenteuers.
Sergej meint zu Beginn und gegen Ende, Red Dawn wäre einer der interessantesten Filme bislang im Podcast, weil man über ihn und seine politische Ebene so trefflich streiten und diskutieren könne. Aber das tut ihr leider nicht, es herrscht braver bis bequemer Konsens, außer beim Fazit, und selbst da unterscheiden euch nur Nuancen.
Finde das Remake übrigens deutlich stärker, da es inhaltlich straffer erzählt ist, politisch weniger hetzerisch vorgeht und vor allem die deutlich druckvollere Action auffährt. Kein Highlight und dem australischen Tomorrow When The War Began dramaturgisch und spannungstechnisch unterlegen, aber doch ein hübsches Actionfest mit beeindruckender Pyrotechnik.

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Re: #034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Beitrag von John_Clark » 14.08.2021, 15:45

In vielen US-Actionfilmen sind die Amerikaner die Guten. Das können wir im Real Life-Kontext vielleicht hinterfragen, aber Filme sind oft einfach nur Geschichten und keine Dokumentationen.

Auf Verbündete soll man sich nicht verlassen - ich habe diese Message aus dem Film nicht rausgehört und kann mir auch nicht vorstellen, wie man diese "Botschaft" so in die Köpfe des Publikums indoktrinieren will. Wegen der 8 Texttafeln zu beginn? Weil es heisst, die USA stehen allein? Dann kann ich ja jeden Star Trek-Film ebenfalls mit dieser Botschaft versehen, denn da ist die Enterprise auch praktisch immer das einzige Raumschiff in Reichweite von Problem X. :D

Natürlich hatten die Amerikaner während des kalten Krieges Angst vor den Sowjets. Die Angst vor einer Invasion, wohl noch eher von nuklearer Bedrohung war in den US-Haushalten wohl sogar allgegenwärtig. Ja, die Amerikaner sind in diesem Film die Opfer, die zurückschlagen. Wie in jedem x-beliebigen Norris-Film.

Du wirfst uns jetzt echt grad vor, dass wir nicht einen künstlichen Streit vom Zaun gebrochen haben?
Hätten wir, wenns was zu streiten gäbe. Aber Sergej und ich machen halt gerne mal diesen hier -> :26

Manchmal ist ein Tisch eben ein Tisch, ein Stuhl ein Stuhl - und ein Film eben einfach nur ein Film.

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Re: #034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Beitrag von kami » 14.08.2021, 16:03

John_Clark hat geschrieben:
14.08.2021, 15:45
Manchmal ist ein Tisch eben ein Tisch, ein Stuhl ein Stuhl - und ein Film eben einfach nur ein Film.
Manchmal aber eben auch nicht. Das ist ein Totschlag-Argument, mit dem man auch die berechtigste Kritik abblitzen lassen kann.

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Re: #034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Beitrag von John_Clark » 14.08.2021, 16:04

Man kann aber auch massive Überinterpretation betreiben.

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Re: #034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Beitrag von kami » 14.08.2021, 16:21

All meine Behauptungen lassen sich ziemlich deutlich aus dem Film heraus begründen. Man muss sich am propagandistischen Charakter des Films nicht stören, aber man sollte ihn auch nicht leugnen. Und warum ich die Chuck Norris-Filme (die politisch häufig ziemlich übel sind) auf einem anderen Level sehe, hab ich oben schon begründet.
Einen künstlichen Streit habe ich mir übrigens keineswegs gewünscht, ich hatte nur angesichts der Ankündigung eine lebhaftere Diskussion erwartet.

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Re: #034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Beitrag von Sir Jay » 14.08.2021, 18:08

Ich finde der Kami hat schon berechtigte Punkte, ändert aber nichts daran, dass ich die Ausführungen bei Collative Learning persönlich überzeugender fand als bei Renegade Cut, weil dieser mehr Grau Töne aufgezeigt hat, statt schwarz weiß zu malen.

Die vorwürfe die dem Film gemacht wurden, haben wir denke ich zur Sprache gebracht, viel wichtiger aber, ich bin darauf eingegangen, dass ich trotz allem dem Film vorgeworfen habe zureißerisch mit dem Thema umzugehen und er eben doch noch irgendwie als "Soldatenrekrutierungsvideo" durchgeht.

Falls ichs nicht im CAst erwähnt habe, führe ich gerne hier nochmal aus, dass auch ich finde, dass bei einem Film wie Rambo 2 der Eskapismus deutlich besser funktioniert, weil er sich klarer von der Realität abgrenzt (trotz politisch ekligem Beigeschmack) und red dawn eben nicht, weshalb ich die Action in dem Film zu keinem Zeitpunkt auch wirklich genießen konnte.

Ihn als plumpes right wing propaganda werk abzustempeln, wird dem film aber auch nicht ganz gerecht, da er unter der Oberfläche dann eben wie im cast ausgeführt, doch interessante Details inne hat...

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Re: #034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Beitrag von kami » 14.08.2021, 18:30

Sir Jay hat geschrieben:
14.08.2021, 18:08
Falls ichs nicht im CAst erwähnt habe, führe ich gerne hier nochmal aus, dass auch ich finde, dass bei einem Film wie Rambo 2 der Eskapismus deutlich besser funktioniert, weil er sich klarer von der Realität abgrenzt (trotz politisch ekligem Beigeschmack) und red dawn eben nicht, weshalb ich die Action in dem Film zu keinem Zeitpunkt auch wirklich genießen konnte.
Doch, hast du erwähnt. :D Das Collective Learning Video hatte ich nicht gefunden, werde es mir mal anschauen.

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Re: #034 - Review: Die Rote Flut (1984)

Beitrag von Sir Jay » 15.08.2021, 06:50


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