
Originaltitel: Revenge Of The Warrior - Tom Yum Goong
Regie: Prachya Pinkaew
Darsteller: Tony Jaa, Petchtai Wongkamlao, Bongkoj Khongmalai, Xing Jing, Nathan Jones, Johnny Nguyen, Lateef Crowder, Jon Foo u.a.
Ong Bak - Ein Film wie eine Backpfeife, so oder so ähnlich wurde das Filmdebüt von Tony Jaa vor einigen Jahren beworben und der Beginn einer neuen Kampfkunstära angekündigt. Das Ergebnis, und damit die Reaktion der Zuschauer, war insgesamt aber alles andere als ungeteilte Zustimmung, denn Ong Bak hatte einige gravierende Mängel zu verzeichnen, die vielen Filmfans bitter aufstießen. Häufiger wurden die miese Story und ein nicht vorhandenes Schauspiel kritisiert, was allerdings ein wenig am Ziel vorbeiging, denn Ong Bak wollte in erster Linie ein Kampfkunstfilm sein, kein Film im eigentlich Sinne. Doch auch im Bereich der Kampfkunst gab es einige Probleme zu vermelden. So war man sich zwar absolut einig, dass Jaa über eine brillante Körperbeherrschung verfügt und seine Aktionen wirklich spektakulär anmuteten, aber die kurzen Abschnitte zwischen diesen High Risk Manövern zeugten vom Unvermögen der Filmcrew flüssige Bewegungsabläufe auf die Leinwand zu bannen. So legte Jaa zwischen seinen Aktionen immer seltsame Pausen ein, die die Kämpfe allesamt sehr abgehackt, seltsam stotternd und vor allem unästhetisch wirken ließen. Das sollte sich mit dem neuen Film nun ändern. Dieser heißt in unseren Breiten Revenge of the Warrior und entführt uns in die thailändische Pampa.
Hier lebt Kham mit seinem Vater. Dieser züchtet Elefanten und möchte sein mächtigstes und schönstes Exemplar dem Herrscher des Landes vermachen. Leider gerät er bei diesen Bemühungen an einen Haufen Banditen, wird niedergeschossen und seines Elefanten und dessen Nachwuchs beraubt. Da Elefanten in diesem Landstrich als heilige Tiere angesehen werden, verspricht Kham die Elefanten zurückzubringen. Nachdem er mit ein paar Bad Asses den Boden gewischt hat, erfährt er, wohin die Tiere verbracht wurden ...
Also setzt er seine Prügeltour nach Australien fort. In Sydney schlittert er dann unversehens auch noch in den Machtkampf einer Verbrecherorganisation. Und da er zu einem freigiebigen Menschen erzogen wurde, verteilt er nun Down Under gerecht diverse Backpfeifen ...
Ich denke, es wird bei der kurzen Zusammenfassung klar, dass man Elefanten mit Steinbuddha und Verbrecherorganisationssubplot mit Drogensubplot ersetzen kann und schon hat man Ong Bak 2. Nichts anderes ist Revenge of the Warrior. Dieselbe Ausgangssituation, derselbe Storyverlauf und die gleichen dummen Dialoge (wenn es denn mal welche gibt). Wer hier also einen schlüssigen, eventuell sogar intelligenten Plot erwarten sollte, sollte diesen Film schon einmal von Grund auf meiden. Leider braucht der Film zu Beginn eine Weile, um richtig in Schwung zu kommen. Da ist zum einen eine arg herzige Elefantengeschichte, die erzählt werden will und auch die Vorstellung der Ausgangssituation bei der Verbrecherorganisation geht nicht eben sehr flüssig vonstatten, weshalb man vor allem in den ersten 30 Minuten doch häufiger mal auf ein hohes Bein hofft. Auch optisch gibt es hier einige Probleme. Bei den Szenen mit den Elefanten und Tony Jaa wird ein seltsamer Unschärfeeffekt verwendet, der den Film immer mal einen Softpornolook verpasst, um kurz darauf wieder auf eine ganz normale Optik umzuschwenken. Diese Wechsel erfolgen so plump und willkürlich, dass man nicht wagt zu behaupten, dieser Effekt sei Absicht gewesen. Die Krönung sind aber die Bilder aus der Verbrecherorganisation, die zu 100 Prozent nach puren 80er Jahre China-Trash aussehen: inklusive alten bebrillten Opi mit Gehhilfe und einer She-Male als Oberbösewicht. Das hat zwar irgendwo einen ganz eigenen Charme, harmoniert aber absolut nicht mit der Kracheroptik der Actionszenen! Doch dazu gleich mehr, denn es gilt noch einige Negativpunkte zu benennen. Wie zum Beispiel der megamiese Score! Sobald nicht gefightet wird, präsentiert man dem geneigten Zuschauer hier ein Musikspurgejammer, dass man unwillkürlich die Ohren anlegt! Und wenn die erste Actionszene des Filmes auch noch so mies und vor allem unpassend unterlegt wird, ahnt man schon Schlimmes, doch glücklicherweise kam man dann schnell auf den Trichter, zumindest die Kampfsporteinlagen mit knackigen Techno/Frankreichhiphopklängen zu unterlegen (zumindest in der internationalen Fassung). Dennoch wird sich sicher kaum ein Abnehmer für diesen Soundtrack finden lassen ...
Auch Fans von großen schauspielerischen Leistungen sollten um diesen Film tunlichst einen großen Bogen machen! Tony Jaa soll kicken ... der Rest soll umfallen! Nicht mehr und nicht weniger wird hier geboten! Man versucht auch gar nicht erst, Jaa irgendwie anderweitig zu fordern. Beispielsweise bestreitet er die letzten 60 Minuten mit folgenden Sätzen: Wo ist Johnny? (2 mal) Wo sind die Elefanten? (3 mal) Ansonsten sprechen wirklich nur die Fäuste. Auch Charisma oder dergleichen kann man bei ihm einfach nicht ausmachen. Er ist durch und durch ein Kampfsportler und wirklich absolut kein ActionHELD im eigentlichen Sinne. Doch das eine derartige Unfähigkeit und mangelndes Charisma nicht wirklich ein Hinderungsgrund für eine Actionkarriere sein müssen, hat ja ein Steven Seagal beispielsweise schon eindrucksvoll bewiesen. Zum Punkt der Darsteller (ich meide mal den Begriff Schauspieler ;-) ) sollte man vielleicht noch erwähnen, dass ein Jackie Chan Look a Like ein kurzes Cameo abliefert, das in etwa wie Schwarzeneggers Cameo in Welcome zu the Jungle funktioniert, wo uns Arnie ja filmisch den Staffelstab im Actionbereich an die junge Garde weitergab. So in etwa könnte man eben auch dieses augenzwinkernde, fingierte Chan Cameo in Revenge of the Warrior sehen, denn, und damit sind wir endlich bei der Action angelangt, Jaa schafft es diesmal wirklich eine Art Channachfolgerschaft zu beanspruchen!
So ist seine erste wirklich große und langgezogene Actionszene eine einzige Hommage an den Meister, in der im Chan Style alles gegen die Gegner gewandt wird, was der Schauplatz gerade her gibt. Dazu kommt noch unglaublich viel Tony Jaa Akrobatik und hätte man noch ein Quäntchen Humor eingebracht, die Referenz an das große Vorbild wäre zu hundert Prozent perfekt gewesen. Doch Jaa macht auch nicht wirklich den Eindruck, als wolle er in seine krachlederne Old School Martial Arts Action Humor hineintragen. Die besten Belege dafür liefern die weiteren Scharmützel im Film, die die Kinnlade mehr als einmal straight gen Erdboden gehen lassen! Dabei nimmt sich Jaa in der spektakulären Ausrichtung seiner Aktionen im Vergleich zu Ong Bak ein wenig zurück (aber keine Angst, er kommt dennoch häufiger mal mit angezogenen Beinen aus 10 Metern Entfernung auf den Kopf eines Gegners zugeflogen ;-) ) und legt viel Wert auf flüssige Bewegungen und einen homogen wirkenden Kampfstil, bei dem sich Aktion und Reaktion gegenseitig bedingen und die Wechsel zwischen Angriff und Abwehr unmerklich und fließend sind! Das Ergebnis, dass durchaus auch verschiedene Kampfsportarten verschmelzen lässt, ist schlicht und ergreifend spektakulär und lässt ihn nun mühelos in die Phalanx der ganz großen Showkämpfer um Jackie Chan oder Jet Li vordringen! Und auch inszenatorisch glänzt man in den Actionszenen über die Maßen! Highlights sind ewig lange Plansequenzen, die nicht etwa selbstverliebte Dialoge zelebrieren (a la de Palme und Co.) sondern wirklich Fünf- bis Sechsminütige, vollkommen schnittfreie Kampfkunstdemonstrationen vom allerfeinsten zelebrieren! In der genialsten Sequenz bahnt sich Jaa minutenlang seinen Weg durch die verschiedenen Stockwerke eines Freudenhauses und macht dabei an die 30 Gegner platt. Da dies am Stück und ungeschnitten passiert, muss er hier zwar mit seinen Kräften haushalten und kann auch nicht so viele Sahnestücke an Moves auspacken, doch dieser Umstand gereicht dieser Szene sogar zum Vorteil, weil sie dadurch sehr roh und unmittelbar wirkt! Grandios. Spitze auch die Sequenz, wo Jaa mit roher Gewalt einen Capoeira Kämpfer niederringen muss, weil dieser ihn mit seiner unglaublichen Schnelligkeit mehr als nur düpiert. Und wenn im Showdown Jaa dann einer Horde von 40 - 50 Mann im Akkord fein säuberlich zumindest einen Knochen des Beines oder Armes bricht, fragt man sich schon, wie der Film bei uns ab 16 durch die FSK rutschen konnte. Seagal hätte dereinst für einen gebrochenen Arm eine Spio/Jk bekommen ;-). Kurzum: Actiontechnisch übertrumpft Revenge of the Warrior Ong Bak mühelos!
Und mehr muss man eigentlich zu dem Film nicht sagen! Wer Ong Bak wegen der miesen Story, den hinterletzten Dialogen oder dem nicht vorhandenen schauspielerischen Talent nicht mochte, der wird an Revenge of the Warrior auch keinen Gefallen finden! Wer sich bei Ong Bak an den Kampfkunsteinlagen erfreuen konnte (auch wenn sie nicht perfekt waren), der findet hier sein persönliches El Dorado und eine der Actionbomben im Kampfkunstbereich!

PS.: diese Kritik basiert auf der - in den Handlungsszenen offensichtlich massiv - gekürzten internationalen Fassung des Filmes, die den Film ungemein schnell wirken lässt und einen wiederum - dank den übergebliebenen Resten der "Story" - glauben lässt, dass es irgendwo schon besser war, dass knapp 15 Minuten an Handlung über Bord gegangen sind!
In diesem Sinne:
freeman