
Originaltitel: Next
Produktionsjahr: 2007
Herstellungsland: USA
Regie: Lee Tamahori
Darsteller: Nicolas Cage, Julianne Moore, Jessica Biel, Thomas Kretschmann, Tory Kittles, José Zúñiga, Peter Falk u.a.
Cris Johnson, ein abgehalfterter Showzauberer, tingelt durch die Casinos von Las Vegas. Sein Einkommen bessert er durch Glücksspiel auf, bei dem er im Grunde genommen nie verliert. Denn Cris hat eine Gabe. Er ist in der Lage zwei Minuten in die Zukunft zu schauen. Seine ewig anhaltende Glückssträhne macht bald das FBI auf ihn aufmerksam. Dieses vermisst nämlich eine Atombombe und erhofft sich von Cris' hellseherischer Gabe Hinweise auf den Verbleib der nuklearen Bedrohung, nicht wissend, dass Cris eigentlich nur in seine eigene Zukunft schauen kann. Dieser steigt ohnehin lieber seiner Traumfrau Liz hinterher, in deren Gegenwart seine Gabe seltsamerweise phallusähnlich beachtliche Ausmaße anzunehmen beginnt. Kurzerhand schleicht er sich mit Hilfe seiner Gabe in Liz' Herz ein und flieht fortan mit ihr vor dem FBI und den Räubern der Atombombe ...

Next hat im Großen und Ganzen große Ähnlichkeit mit John Woos Paycheck, eine der letzten Philip K. Dick Verfilmungen. Die auf der Kurzgeschichte "The Golden Man" basierende Grundidee hat einiges an Potential zu bieten, doch die Umsetzung der ganzen Chose ersäuft geradezu in Belanglosigkeit. Zunächst muss man dem Film zu Gute halten, dass er das Thema weitaus weniger trashig transportiert als es die Inhaltsangabe vermuten lässt. Doch es gelingt dem Film niemals so etwas wie Spannung oder eine gewisse Stringenz zu erzeugen, da er sich viel zu früh auf das Liebesgeschwurbel um Cris und Liz konzentriert und immer nur dann kurz den Begriff Atombombe in den Raum wirft, wenn die Handlung gerade mal wieder massivst in den Seilen hängt. Zwar wird durch diverse Andeutungen klar, dass diese Liebesexkursion für Cris' Flucht vor seiner Verantwortung stehen soll, das verhindert aber nicht, dass sich in diesem Storypart doch massive Längen einschleichen. Vollkommen vor den Baum geht die Geschichte spätestens dann, wenn man sie auf ihre Logik abklopft. Ob man sich dann noch über verkitschte und megapeinliche Szenerien aufregen will, in denen Jessica Biel vor einem idyllischen Wasserfall kleine Indianerkiddies unterrichtet und von denen belehrt wird, wie scharf Cris doch auf sie sei, muss dann jeder für sich selbst entscheiden. Ein einziges Ärgernis ist allerdings das Bäddieinterieur. Dieses rekrutiert sich aus den liebsten Feindbildern der Amis nach all den Turbanträgern dieser Welt: Krauts und Froschfresser. Ganz großes Kino. Dass die Bösewichter nicht einmal eine Art Motivation für ihr Handeln auf den Weg mitbekommen und niemals geklärt wird, warum sie eigentlich Cris als Gefahr ansehen und wieso sie überhaupt von ihm wissen, ist dann fast schon nebensächlich.
Richtig gut ist Next eigentlich nur dann, wenn Mark Ishams starker Soundtrack ertönt und wenn der Film sich auf seine Grundidee um den in die Zukunft sehenden Cris konzentriert. Hier gelingen dann fast schon beiläufig humorige Szenen, die dem Film hervorragend stehen. Sei es das Durchspielen der verschiedenen Möglichkeiten bei einer Frau zu landen oder das Austesten verschiedener Fluchtwege vor den Verfolgern, in genau diesen Momenten hat Next eine Schlitzohrigkeit, die man gerne den ganzen Film über gesehen hätte.

Regisseur Lee Tamahori ergeht es bei dem Film insgesamt wie John Woo bei Paycheck: Sein Potential (man denke nur einmal an seinen grimmig düsteren Die letzte Kriegerin) wird vollkommen verschleudert zugunsten einer gelackten und langweiligen Inszenierung, die immer nur dann greift, wenn Tamahori handfeste Action inszenieren darf. Diese geht ihm nämlich wie Woo in Paycheck sehr wuchtig und präzise von der Hand und rettet den Film über die eine oder andere Länge. Leider mischen sich unter diese gelungenen Actionszenen immer wieder extrem schlechte CGIs, die einen mehrfach peinlich berührt den Blick abwenden lassen. Warum Tamahori nach seinen negativen Erfahrungen bei Die Another Day und xXx 2 noch immer so bewusst zu schlechten Effekten greift, wird mir persönlich ein Rätsel bleiben, illustriert aber seinen leider sehr straighten Abstieg in Richtung Hollywood Auftragsregisseur, der im Grunde nichts mehr zu melden hat. Nicht anders kann man erklären, wie es der mies getrickste CGI Zug (der bereits Zweite nach xXx 2) in den Film geschafft hat, oder wieso ein auf eine Motorhaube knallender Baumstamm NULL Berührungsfläche mit der Motorhaube hat und förmlich über ihr zu schweben scheint. Dies sind nur zwei von einigen wahrlich nicht funktionierenden, extrem miesen Effekten. Ganz zum Schluss gibt es dann auf einmal eine gigantische Effektszene, die hundertprozentig funktioniert und im Film aufgrund ihrer Perfektion auf einmal wie ein Fremdkörper wirkt. Was soll man davon nur halten?

Darstellerisch sieht es in Next ebenfalls nicht besonders gut aus und der durchwachsene Eindruck des Streifens setzt sich unisono fort. Nicolas Cage trägt den Film alleine aufgrund seiner Präsenz und seines Charismas, fährt ansonsten aber gelangweilt auf Standgas und zeigt keinen einzigen seiner Cagetypischen, exaltierten Momente. Man wird mit zunehmender Laufzeit irgendwann den Eindruck nicht mehr los, dass Next für ihn nicht viel mehr war als eine lästige Verpflichtung. Warum er dann auch noch einen Produzentenposten übernahm, weiß vermutlich auch nur er selbst. Das Gleiche gilt für Julianne Moore, die wie Cage immer an der Grenze zum Einschlafen agiert und in keinem Moment so etwas wie Schauspielkunst betreibt. Jessica Biel ist an Bord, um die Blicke der Männerwelt auf sich zu ziehen, was formidabel gelingt. Leider häufen sich im Verlauf des Filmes die peinlichen Szenen für ihre Figur und wenn sie irgendwann empört aufstöhnt, Cris habe seine Gabe auch missbraucht, um sie zu becircen, beginnt man unweigerlich die Augen zu verdrehen. Thomas Kretschmann als deutsche Führungspersönlichkeit in den Reihen der Bäddies muss man fragen, was ihn dazu bewegt hat, diese Rolle anzunehmen. Motivlos chargiert seine Figur durch den Film und besitzt die Bedrohlichkeit, das Charisma und die Ausstrahlung eines von hinten gebügelten Hamsters. Derartige Schauspielstationen haben schon ganz anderen Karrieren geschadet, also in Zukunft bitte etwas mehr Vorsicht walten lassen, lieber Thomas. Und wenn du dich schon selber synchronisierst, könnte da ruhig auch mal ein wenig Verve mitschwingen ...
Im Ergebnis zehrt Next enorm von seiner netten Grundidee, dem Charisma von Cage, dem tadellosen Aussehen der süßen Jessica und der einen oder anderen wirklich gelungenen Actionszene. Über weite Strecken kann Next allerdings nur als langweilige Belanglosigkeit abgetan werden, die im Vorabendprogramm eines Privatsenders besser aufgehoben wäre als im Kino ...

In diesem Sinne:
freeman