Flash Point

Der Action Film der 80er, der 90er und heute.
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freeman
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Flash Point

Beitrag von freeman » 16.09.2008, 08:59

Flash Point

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Originaltitel: Dao huo xian
Herstellungsland: China / Hongkong
Erscheinungsjahr: 2007
Regie: Wilson Yip
Darsteller: Donnie Yen, Louis Koo, Collin Chou, Ray Lui, Fan Bingbing, Xing Yu, Kent Cheng, Xu Qing, Xia Ping, Lin Guo Bin u.a.

Wilson Yip und Donnie Yen hatten unlängst mit Sha Po Lang bewiesen, dass das Hongkongactionkino nach wie vor hochgradig konkurrenzfähig ist und sich hinter den Konkurrenzprodukten aus Südkorea und Thailand nicht verstecken muss. Leider missglückte der Folgefilm Dragon Tiger Gate bzw. konnte er in den Augen der Fans nicht wirklich bestehen. Die überzogene Fantasygeschichte aus Comicgefilden mit ihren wenig geerdeten Kampfszenen ist zwar bei weitem nicht so schlecht, wie sie hier und da gemacht wird, im Vergleich zu Sha Po Lang (in Deutschland eher als Killzone bekannt) ist der Streifen jedoch deutlich schwächer. Zeit also zur Rückbesinnung auf alte Tugenden. Zeit für Flash Point.

Dieser erzählt seine Geschichte im Umfeld der Übergabe Hongkongs an die Chinesen und berichtet von einem obsessiven Cop namens Jun Ma, der mit seiner wenig zimperlichen Art schon viele Gangster in den Knast brachte, selber dabei aber immer wieder mit seinen Vorgesetzten aneinander gerät. Mit seinem Kumpel Wilson versucht er aktuell, eine Bande umtriebiger und brutaler Vietnamesen auszuhebeln, die Hongkong mehr und mehr mit ihrem eisernen Griff umklammern. Zwar kann man schnell einen der Köpfe der Bande festsetzen, doch da wird der undercover in der Gang arbeitende Wilson enttarnt und eine Hatz auf seinen Kopf beginnt ...

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Flash Point mutet aufgrund der Macher und seines Hauptdarstellers an, als sei er eine Art Prequel zu Killzone, das Donnie Yens Charakter eingehender beleuchten will. Die unterschiedliche Namensgebung ist dann so ziemlich der einzige Punkt, der dieser Vermutung entgegensteht. Die Folge ist aber auch, dass man Flash Point und Killzone augenblicklich miteinander vergleicht und das bekommt Flash Point leider nicht wirklich. Weniger in technischer Hinsicht, denn hier ist Flash Point wie Killzone absolut perfekt. Nüchtern kalte, edel durchkomponierte und umgesetzte Bilder machen immer wieder Staunen und zeugen von einem unheimlichen Stilwillen. Die wenigen, aber allesamt hochgradig effektiv eingesetzten Stilmittel reichen von Jump Cuts zu Fast Forward und Zeitlupen Elementen und auch die Bourne Wackelkamera kommt in einigen kurzen Szenen sehr effektiv zum Einsatz (keine Angst, in der Action bleibt sie außen vor!). Darunter ertönt erneut ein fast schon genialer, sehr eingängiger und immer passender Score, der aber gleichzeitig schon die Probleme von Flash Point vorweg nimmt.

Denn im Vergleich zu Killzone ist der Score in Flash Point beständig am Pumpen und Vorantreiben. Der Score soll Flash Point beschleunigen, ihm noch mehr Drive geben. In jeder Szene. Und hier wird offenkundig, was der Hauptunterschied zwischen Flash Point und Killzone ist: Wo Killzone wuchtig dramatisch und hochemotional daherkam (selbst in den brachialen Actionszenen), geht Flash Point dieses Sentiment vollkommen ab! Seine Story ist zu geradlinig und zu simpel, um wirklich mitzureißen. Viel mehr bedient er sich bei allen Klischees, die einem zu Filmen mit Undercoveragenten in den Sinn kommen: Die Augen funkeln, verstohlene Blicke, saudämlich arrangierte Kontaktaufnahmen, heimliche Handyspielereien, beständiges Schwitzen des Undercoveragenten und dazu die ständige Angst vor der Enttarnung. Alles an Flash Point hat man so oder ähnlich bereits gesehen. Auch die Ambivalenz der Figuren, die mir in Killzone so extrem zusagte, ist hier wie weggewischt. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass das Drehbuch zu Flash Point von dem Drehbuchautoren der Hongkongperle Dog Bite Dog stammt, in dem es überhaupt KEINE Trennlinie mehr zwischen Gut und Böse gab. In Flash Point sind die Fronten immer klar und das leider nicht immer zu seinem Vorteil. Vor allem, da Flash Point den Fehler macht, seine komplette erste Stunde auf diese Klischeereiterei zu verschwenden und dem Zuschauer immer nur kurz anzudeuten, worauf er sich noch einstellen kann.

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Denn wenn die Story dann ihre von Weitem vorhersehbare Klimax hatte, schaltet Wilson Yip in den Actiongang und pfeift fortan auf die Handlung. Jetzt ist Flash Point das, was man sich von ihm erwartet hatte: eine actiongeladene Stilbombe sondergleichen. Dazu verlegt Yip den Schauplatz in ein entlegenes Dörfchen irgendwo am Arsch von Hongkong ;-) und lässt hier die Kontrahenten wuchtig brachial aufeinander prallen. Und hier scheppert es gar sehr und zeigt sich, dass Yip bei den Heroic Bloodshed Epen seiner Hongkonger Regievorgänger genau aufgepasst hat. Nicht was Brutalität und Blutzoll angeht, sondern viel mehr, was Stil und Eleganz dieser Streifen betrifft. In edelster Super Slow Mo werden hier einzelne Posen zelebriert, fliegen Waffen durch die Luft, um von Partnern gefangen und in cooler Pose geladen zu werden, um damit sogleich manchen Gegner punktgenau und obercool zu zerlegen. Das Ergebnis ist ein wirklich feiner Shoot Out, der die Latte für etwaige Folgewerke recht hoch legt und eigentlich nur unter einem viel zu geringen Gegneraufkommen leidet.

Den eigentlichen Endkampf bestreiten dann zwei Meister ihres Faches: Donnie Yen und Collin Chou. Chou (Seraph aus der Matrixtrilogie und die kleine Sensation aus Tsui Harks The Blade) begegnet dabei Donnie Yen in dem sehr brutalen und zugleich wunderschönen Kampf absolut auf Augenhöhe und zeigt, was in seinem drahtigen Körper steckt! Donnie Yen selber beschränkte sich diesmal wirklich nur auf die Zelebrierung seiner Kampfsportkünste und hielt sich komplett aus der Choreographie der Kämpfe heraus. Dies merkt man auch, da alle seine Markenzeichen wie beispielsweise der doppelte Dropkick keinerlei Verwendung finden. Statt dessen begibt sich Yen diesmal sehr häufig in den Infight am Boden! Das Ergebnis sind megaschnelle Ringer- und Judokamoves, die belegen, dass der Tausendsassa in Sachen Martial Arts niemals aufsteckt, sondern sich permanent weiterzuentwickeln versucht. Der daraus resultierende Endkampf mag nicht die spektakulären Handlungsabfolgen haben, die sein (Wirework gestützter) Kampf gegen Sammo Hung in Killzone hatte, aber die erdverbundene Choreographie und die damit einhergehende, deutlich brutalere Wirkung des Kampfes machen ihn erstens, zum Highlight von Flash Point und zweitens, zum besseren Fight im Vergleich mit Killzone.

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Schauspielerisch muss man im Vergleich zu Killzone dann wieder Abstriche machen. Donnie Yen beweist erneut, dass er mit zunehmendem Alter und damit verbundener Erfahrung immer besser aufzuspielen versteht und mittlerweile weiß, dass Charisma und Ausstrahlung viel wichtiger sein können als Method Acting oder Overacting Einlagen. Er wird nie ein großer Darsteller werden, aber er macht sich und seine Bemühungen übertragen sich auch mühelos aufs Zelluloid und den Zuschauer. Seinen Partner Wilson gibt Louis Koo, den man unlängst an der Seite von Jackie Chan in der Benny Chan Produktion Rob B Hood erleben durfte. Er hat in Flash Point am meisten unter den kolportierten Klischees zu leiden und kommt gegen sie auch nicht an. Daher bleibt er verhältnismäßig blass, müht sich aber redlich, einen sympathischen Eindruck zu hinterlassen. Collin Chou als Ober Bäddie bekommt leider zu wenig Screentime zugestanden, um einen wirklich bedrohlichen Charakter entwerfen zu können. Dabei spielt er aber seine leider ein wenig übertreibenden Brüder allesamt mühelos an die Wand. Einen Simon Yam mit seiner hochemotionalen Performance in Killzone oder den zurückhaltenden Sammo Hung aus dem Vorbild - und damit hochklassige Schauspieler - vermisst man aber eben wirklich an allen Ecken und Enden.

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Flash Point ist somit im Vergleich zu Killzone erneut ein Schritt zurück für Wilson Yip, eben weil er im Vergleich zu Killzone wirklich NUR ein Actionthriller ist. Ihm geht so gut wie alles ab, was Killzone ausmachte: Es fehlt die Wucht, die Dramatik, die Ambivalenz und so manche grandiose Darstellerleistung. Sieht man Flash Point allerdings losgelöst von seinem großen Vorbild, ist er ein zwar sehr klischeereicher aber dennoch megaedel umgesetzter Copactioner mit einem Finale Furioso. Zwischen Enttäuschung und befriedigter Stilsucht schwankend vermache ich Flash Point:
:liquid7: mit Tendenz nach unten

Die DVD von Legend ist mit einer FSK 18 ungeschnitten und kommt in hervorragender Bild und Tonqualität daher. Leider hielt man sich extratechnisch extrem bedeckt und liefert abgesehen von ein paar Trailern keinerlei Bonusmaterial. Als sehr cool empfinde ich persönlich das Coverart des Schubers und die reduzierte Aufmachung der eigentlichen DVD Verpackung unter dem edlen Schuber.

In diesem Sinne:
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kami
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Beitrag von kami » 16.09.2008, 15:58

Ich gehe mit den meisten Kritikpunkten mit, sie wiegen bei mir allerdings nicht ganz so schwer, da der Film ein zackiges Tempo anschlägt und die Action wirklich hervorragend ist. Im Vergleich zu SPL ist er aber der klar unterlegene Film, und zum ganz großen Actionhighlight hätte einfach noch ein wenig mehr Action aufgefahren werden müssen. Zu knappen 8/10 Punkten langt´s dennoch.

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Beitrag von McClane » 17.09.2008, 08:48

Würde in den Tenor miteinstimmen... "SPL" unterlegen, aber doch ein schöner Actionthriller, nicht allzu innovativ, aber flott runtergerissen. In der Mitte gibt es kleine Hänger, u.a. wegen leichtem Actionmangel, aber das fanastische Showdown entschädigt. Vor allem sind die Fights nicht nur wunderbar choreographiert, sondern auch von einer angenehmen Härte (z.B. als Yen den Kindermörder im wahrsten Sinne des Wortes totschlägt).

Ordentliche :liquid7:
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]

Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]

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Beitrag von LivingDead » 17.09.2008, 17:31

Damals im Filmtagebuch:
Im Gegensatz zum hervorragenden "S. P. L." besitzt dieser Film nur wenig Intensität und echte Emotionalität. Natürlich gibt es viele spannend inszenierte Szenen und die kurze Laufzeit kommt ohne merkliche Längen aus, doch der Funke springt nie so wirklich über. Selbst die Actionszenen - natürlich 1A inszeniert - kommen nur selten an das Original heran. Zudem fragte ich mich stets, wieso überhaupt ein Prequel nachgeschoben wurde, wenn der Film doch nichts, aber auch rein gar nichts mit dem Vorgänger zu tun hat... Doch besser als "Dragon Tiger Gate" ist er allemal.
:liquid6:
Mit freundlichem Gruß
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