Australia
Originaltitel: Australia
Herstellungsland: Australien, USA
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: Baz Luhrmann
Darsteller: Hugh Jackman, Nicole Kidman, David Wenham, Bryan Brown, Ray Barrett, Tony Barry
Nachdem er sich mit „Romeo & Julia“ und „Moulin Rouge“ als König der Seltsamkeit empfohlen hatte, inszenierte der Australier Baz Luhrman 2008 mit „Australia“ im Gegensatz zu seinen vorangegangenen Werken eine in allen Belangen sehr klassische, traditionelle und gewissermaßen altmodische Liebeserklärung an seine Heimat, die Schema-F-Plotmotive des US-Westerns mit WW2-Dramatik, großen Gefühlen und Humor mixt. Hochkarätig besetzt mit Oscarpreisträgerin Nicole Kidman und „X-Men“-Wolverine Hugh Jackman erweist sich „Australia“ als beileibe nicht perfektes, über seine stattliche die Zweieinhalbstunden-Marke überschreitende Laufzeit hinweg jedoch stets unterhaltsames Epos, dessen erklärtes Ziel es ist, die Zuschauer zur schleunigen Buchung eines Australien-Trips im nächstbesten Reisebüro zu animieren.
1939: Die englische Aristokratin Lady Sarah Ashley (Nicole Kidman) nimmt die weite Reise nach Australien auf sich, um geschäftliche Angelegenheiten mit ihrem dort eine Rinderfarm besitzenden Mann zu regeln. Unter Führung des raubeinigen Viehtreibers Drover (Hugh Jackman) im Outback angekommen, muss sie allerdigns erkennen, dass ihr Gatte kürzlich mit einem Speer ermordet wurde. Während man offiziell den Aborigine King George als Schuldigen anprangert, kommt Sarah schnell einem auf der Farm angestellten Gehilfen des Rinderbarons King Carney (Bryan Brown) auf die Schliche, der alles daran setzt, ihr ihr Landgut abzujagen, um sein Monopol zu festigen. Gut, dass Lady Ashley im Kampf um ihren Besitz Drovers Hilfe gewinnen kann…
Hauptaugenmerk wie Hauptqualität von „Australia“ liegen in der majestätischen Postkartenmotiv-Präsentation des entlegenen Kontinents, dessen Schönheit Luhrmann mit wundervollen Naturaufnahmen und herausragender Kameraarbeit ein mehr als beeindruckendes Denkmal setzt. Gigantische Rinderherden, epische Schwenks über das Outback und selbstverständlich ein Maximum an Sonnenuntergängen formen in Verbindung mit Cowboy-Romantik und Westernfeeling den perfekten Werbefilm für die Urlaubsplanung 2009 – letzterer Bestandteil ist dabei nicht nur den zahlreichen Aufnahmen Rindertreibender, in Slow-Motion posender Cowboy-Hut-Träger, sondern auch dem klassischen amerikanischen Western entlehnten zentralen Plotmotiv des mit allen Mitteln das letzte ihm noch nicht gehörende Stück Land begehrenden, skrupellosen Großgrundbesitzers geschuldet. Mit einem übermäßig originellen Skript kann „Australia“ somit nicht punkten, zumal auch das im Schlussdrittel aufkommende Kriegsmotiv als „Pearl Harbor“ light daherkommt. Die Schwerpunkte der Handlung liegen dabei weniger auf der verhältnismäßig erstaunlich wenig im Zentrum stehenden Romanze zwischen Kidman und Jackman als der Problematisierung der Aborigine-Diskriminierung und „verlorenen Generation“ von den Weißen geächteter Mischlingskinder.
So sehr der von Luhrmann fast ausschließlich mit Australiern besetzten Produktion die Aborigine-Thematik glaubwürdig am Herzen zu liegen scheint, so klar steht bei alldem aber der Unterhaltungscharakter des Geschehens im Vordergrund – schlagen die Versuche, selbigen in der ersten Dreiviertelstunde mit völlig verunglücktem, albernem over-the-top-Humor zu unterstützen, bedauerlicherweise spektakulär fehl, so entwickelt sich „Australia“ mit zunehmender Laufzeit doch noch zum mitunter Erinnerungen an die großen Epen der Kinogeschichte wahr werden lassenden, emotionalen Abenteuerdrama, das seinen großartigen Aufnahmen und spektakulären Schauwerten eine große, gegen Ende an der Kitschgrenze kratzende Portion Gefühl an die Seite stellt.
Trotz angesichts der stattlichen Laufzeit sehr souverän gegebener Kurzweiligkeit ist „Australia“ dabei nicht frei von Problemen: Neben zu Anfang allzu albernen Humor und der wenig Neues bietenden Story machen sich die mir persönlich mit ihrem Overacting tierisch auf die Nerven gehende Nicole Kidman, die teils verschenkten Actionmomente und die kaum glänzenden Bösewichter negativ bemerkbar. Von letzteren geht abgesehen vom Versuch, Lady Ashleys Rinderherde in einen Abgrund zu treiben, bedauerlicherweise selten eine über bloße mündliche Drohungen hinausgehende Gefahr aus und selbst als es am Schluss zur Lebensgefahr für ein Aborigine-Kind einschließenden Konfrontation kommt, rückt Luhrmann die sich ankündigende Rettung schon frühzeitig so prominent ins Bild, dass Spannungspotential kaum genutzt wird. Auch bzw. vor allem die Action hinterlässt daneben den Eindruck, weitaus überzeugender hätte gestaltet werden zu können – neben einem mäßigen Auftakt-Faustkampf in einer Bar kommt in der Hauptsache der finale japanische Fliegerangriff auf den Hafen nicht über Durchschnittsniveau hinaus. Explosionen stets nur aus unmittelbarer Nähe, wenige, dann aber durchaus überzeugende dynamisch eingefangene Totalen – da hatte Michael Bays offensichtliche Referenz „Pearl Harbor“ weitaus mehr auf dem Kasten.
Schauspielerisch liefert vor allem Hugh Jackman als cooles Viehtreiber-Raubein eine famose Leistung ab, während Nicole Kidman darstellerisch zwar ihrer aristokratischen Lady-Rolle gerecht wird, mir mit ihrem vor allem in der Weltenclash-dominierten, humoristisch ausgerichteten Anfangsphase des Films mit ihrem over-the-top-Gezicke aber fürchterlich an den Nerven gezerrt hat. Die finalen Gefühlsausbrüche im Rahmen des kitschigen Friede-Feuer-Eierkuchen-Happy-Ends gehen ihr dafür immerhin souverän von der Hand.
Fazit: Mit „Australia“ setzte Baz Luhrman seiner Heimat als Regisseur und Drehbuchautor ein bildgewaltiges Denkmal, das in der Hauptsache als wunderschön eingefangener, epischer Australien-Reiseprospekt funktioniert, daneben altmodisch-traditionelle, mit mal mehr, mal weniger gelungener Komik aufgelockerte Abenteuerromantik mit Elementen des Westerns und des Weltkriegsdramas liefert und die Diskriminierung der Aborigines problematisiert. Wenngleich man aus Action und Spannung noch mehr hätte machen können, gestaltet sich „Australia“ doch als überzeugendes, unterhaltsames Natur- und Gefühls-Epos in der Tradition großen Hollywood-Kinos – nur eben voll und ganz dem titelgebenden Känguru-Kontinent gewidmet.
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