Red Cliff
Red Cliff
Red Cliff
Originaltitel: Chi Bi / Red Cliff
Herstellungsland: VR China
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: John Woo
Darsteller: Tony Leung Chiu Wai, Takeshi Kaneshiro, Chang Chen, Zhang Fengyi, Hu Jun, Lin Chi Ling, Vicki Zhao Wei, You Yong, Shido Nakamura, Hou Yong, Sun Chun, Song Jia
DIE GESCHICHTE DER DREI KÖNIGREICHE, im 14.Jahrhundert von Luo Guanzhong verfasst und einer der vier großen Klassiker der chinesischen Literatur, genießt in China, aber auch im Rest Südostasiens eine Popularität, die sich in Dutzenden TV-Serien, Comics, Animes und Videospielen, allen voran Koeis DYNASTY WARRIORS-Serie, manifestiert, eine Popularität eines klassischen Werkes, für die es im Westen ganz sicher kein Pendant gibt.
Für seine filmische Heimkehr ins Mutterland wählte Hongkongs international sicher erfolgreichster Regisseur John Woo genau diesen klassischen Roman als Vorlage, ein gewagtes Unterfangen, finanziell wie künstlerisch, zumal der enorme Umfang des Originals die Konzentration auf einen von vielen Handlungssträngen notwendig machte.
In diesem steht der Kampf eines loyalen Han-Gouverneurs, des Herrschers des südlichen Königreiches Wu und ihrer gleichermaßen treuen wie fähigen Strategen und Generäle gegen den usurpatorischen Premierminister des Nordens, Cao Cao, im Mittelpunkt, welcher einen ersten Höhepunkt in der Schlacht von Chi Bi (Rote Klippen) findet.
Exakt diese Schlacht und den Weg dorthin thematisiert John Woos RED CLIFF betiteltes Historienepos, mit ca.80 Millionen US$ Budget das teuerste seiner Art aus asiatischen Landen. Trotz inhaltlicher Kondensierung erschien den Produzenten die Story immer noch zu umfangreich, um sie in einem Film zu erzählen, aus diesem Grund wird RED CLIFF in Asien zweigeteilt veröffentlicht, der erste Teil kam Anfang Juli 2008 kurz nach Daniel Lees konkurrierender Adaption THREE KINGDOMS: RESURRECTION OF THE DRAGON in die Kinos und brach dort sogleich alle Einspielrekorde.
Nun ist finanzieller Erfolg nicht zwangsläufig Folge einer künstlerischen Großtat, stellt sich also die Frage, ob John Woo sein durch einen eher durchwachsenen Hollywood-Output leicht ramponiertes Ansehen wiederherstellen und die Rückkehr nach China als Glücksgriff verbuchen kann.
Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, man darf Woo mit Fug und Recht attestieren, mit RED CLIFF seinen besten Film seit Jahren, vielleicht seit dem sträflich unterschätzten HARD TARGET inszeniert zu haben, dennoch ist das Resultat zumindest teilweise eine kleine Enttäuschung.
Im Gegensatz zur Monumentalfilmkonkurrenz stellt Woo nämlich den Inhalt so offensichtlich vor die Form, dass RED CLIFF trotz Rekordbudget und einiger großer Szenen recht banal aussieht. In Kombination mit dem epischen, gut gemachten, aber unglaublich konventionellen und hollywood-esquen Orchesterscore umweht so ein steter Hauch von Biederkeit das Projekt, welche den Film einiges an Stimmung kostet. Gerade ein solcher Stoff lebt von der mythischen Überhöhung, die filmisch äqivalent umgesetzt werden sollte und die auf artifizielle Verfremdungen gerne zurückgreifen darf.
Bei Woos neuestem Werk ist die Zeitlupe aber schon das höchste der Gefühle in Sachen Stilisierung (von einingen Over-The-Top-Actionszenen abgesehen), Farbfilter sind ebenso Mangelware wie übertrieben schmutzige Pseudorealität a la WARLORDS.
Das heißt nicht, dass RED CLIFF nicht das eine oder andere schöne Bild und attraktive Einstellungen bieten würde, sie bilden aber kein geschlossenes visuelles Gesamtkonzept.
Zur etwas schmucklosen Optik passt auch der Mangel an ganz großem Bombast: Klar, es gibt Massenszenen, schöne Sets sind vorhanden, an der Austattung gibt´s nichts zu meckern. Dennoch, diese Attribute weisen auch alle der 20 Millionen US$ teuren Produktionen auf, es fehlt zumindest dem ersten Teil von RED CLIFF an Schauwert, der das Budget rechtfertigt.
Am nächsten kommt diesem Anspruch die Flotte von Cao Cao, dem Bösewicht der Geschichte, in Aktion wird die aber wohl so richtig erst in der Fortsetzung treten.
Das große Faustpfand von RED CLIFF stellt ganz klar die fesselnde Geschichte und das auf ihr basierende und von Woo mitverfasste Drehbuch dar, welches recht stringent den Plot vorantreibt, auf der anderen Seite aber auch Raum für die gut ausgearbeiteten und charismatischen Charaktere als auch für komische und besinnliche Momente lässt.
John Woos Adaption der THREE KINDOMS-Vorlage wählt im Gegensatz zu Daniel Lees RESURRECTION OF THE DRAGON einen deutlich nüchterneren Ansatz, seine Geschichte zu erzählen. Der Zeitraum ist kleiner und erzählt zum Großteil Ereignisse, die bei der Lee-Variante in Form einer Montage nach der Ernennung Zilongs zum General stattfinden.
Die Erzählweise ist konventioneller, übersichtlicher und vornehmlich auf die Strategien der von Tony Leung und Takeshi Kaneshiro verkörperten Charaktere konzentriert.
Mit diesem Drehbuch als Basis und dem stattlichen Aufgebot an gleichermaßen populären wie fähigen Darstellern war ein wirklichen Scheitern des Projektes schon nahezu ausgeschlossen, John Woos Inszenierung macht daraus sicher nicht den schönsten und bombastischsten, dafür aber einen der inhaltlich interessantesten und bodenständigsten Genreverteter, der auch dem westlichen Mainstream-Publikum die Rezeption trotz Unkenntnis der Vorlage vergleichsweise einfach machen sollte.
Die Schauspieler verkörpern ihre Rollen glaubhaft und ohne übertriebene Posen, Meisterleistungen sollte man nicht erwarten, aber Professionalität im positivsten Sinne.
Die euphorisierendsten Momente bieten aber dennoch nicht die dramatischen Szenen, vielmehr lässt RED CLIFF in den von Corey Yuen choreographierten Kampfsequenzen das Herz des Actionfreundes höher schlagen. Zwei sehr lange Schlachtszenen bieten viel Raum, in dem Woo und sein Choreograph die Darsteller in ästhetisch sehr ansprechendes Gemetzel schicken. Meist passiert das recht glaubwürdig, häufig blitzt aber der alte John Woo durch und die Protagonisten dürfen stylish im Alleingang halbe Armeen aufschlitzen, pfählen und mit Pfeilen durchlöchern, wobei mit Blut ebensowenig gegeizt wird wie mit Zeitlupen.
Sehr wirkungsvoll unterstützt wird das martialische Treiben von einer virtuosen Montage, welche Rasanz, Dynamik und Spannung generiert, dies gleichwohl weniger aufdringlich als in RESURRECTION OF THE DRAGON tut.
Schade, dass der begleitende Soundtrack die Intensivität von Henry Lais Musik zu dem Lee-Film vermissen lässt, dennoch kann man gerade nach den wenig beglückenden THE WARLORDS- und An EMPRESS AND THE WARRIORS-Scores durchaus mit der Arbeit von Taro Iwashiro (AZUMI, MEMORIES OF MURDER) zufrieden sein.
Geradezu berückend schön ist der auch von Iwashiro komponierte und von der tibetanischen Newcomerin A Lan gesungene Endsong HEART, BATTLE ~ RED CLIFF, welcher die erste Episode des epischen Zweiteilers würdig ausklingen lässt und die Vorfreude auf die abschließende Fortsetzung steigert, so dass das Publikum in der Mehrheit wohlwollend auf die reichlich zwei Stunden zuvor zurückblicken wird.
Die ganz großen Höhepunkte lässt der Film zwar vermissen, auffällige Schwächen aber ebenso, so dass man John Woo zu seiner Rückkehr nach China nur beglückwünschen kann.
Knappe
Der zweite Teil von RED CLIFF (Name noch unbekannt) wird Anfang nächsten Jahres in Südostasien veröffentlicht, kurz zuvor kommt im Westen der gesamte Film in die Kinos, als dreistündige gestraffte Fassung.
Eine DVD des ersten Teiles ist derzeit aus China erhältlich in befriedigender Bild- und Tonqualität sowie mit eingebrannten englischen UT.
Update: Mittlerweile ist aus China auch eine 2 Disc- und 3 Disc-Veröffentlichung des Filmes erschienen, wobei die 3 Disc-Variante zusätzlich ein Buch sowie eine John Woo-Best of-DVD enthält.
Auf der Bonus-DVD befinden sich die üblichen Extras (Making of, Interviews, Trailer, Musikvideo), allerdings ohne engl.UT.
Bild- und Tonqualität des Hauptfilmes sind im Vergleich zur Single-DVD besser (DTS), die UT ausblendbar.
Originaltitel: Chi Bi / Red Cliff
Herstellungsland: VR China
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: John Woo
Darsteller: Tony Leung Chiu Wai, Takeshi Kaneshiro, Chang Chen, Zhang Fengyi, Hu Jun, Lin Chi Ling, Vicki Zhao Wei, You Yong, Shido Nakamura, Hou Yong, Sun Chun, Song Jia
DIE GESCHICHTE DER DREI KÖNIGREICHE, im 14.Jahrhundert von Luo Guanzhong verfasst und einer der vier großen Klassiker der chinesischen Literatur, genießt in China, aber auch im Rest Südostasiens eine Popularität, die sich in Dutzenden TV-Serien, Comics, Animes und Videospielen, allen voran Koeis DYNASTY WARRIORS-Serie, manifestiert, eine Popularität eines klassischen Werkes, für die es im Westen ganz sicher kein Pendant gibt.
Für seine filmische Heimkehr ins Mutterland wählte Hongkongs international sicher erfolgreichster Regisseur John Woo genau diesen klassischen Roman als Vorlage, ein gewagtes Unterfangen, finanziell wie künstlerisch, zumal der enorme Umfang des Originals die Konzentration auf einen von vielen Handlungssträngen notwendig machte.
In diesem steht der Kampf eines loyalen Han-Gouverneurs, des Herrschers des südlichen Königreiches Wu und ihrer gleichermaßen treuen wie fähigen Strategen und Generäle gegen den usurpatorischen Premierminister des Nordens, Cao Cao, im Mittelpunkt, welcher einen ersten Höhepunkt in der Schlacht von Chi Bi (Rote Klippen) findet.
Exakt diese Schlacht und den Weg dorthin thematisiert John Woos RED CLIFF betiteltes Historienepos, mit ca.80 Millionen US$ Budget das teuerste seiner Art aus asiatischen Landen. Trotz inhaltlicher Kondensierung erschien den Produzenten die Story immer noch zu umfangreich, um sie in einem Film zu erzählen, aus diesem Grund wird RED CLIFF in Asien zweigeteilt veröffentlicht, der erste Teil kam Anfang Juli 2008 kurz nach Daniel Lees konkurrierender Adaption THREE KINGDOMS: RESURRECTION OF THE DRAGON in die Kinos und brach dort sogleich alle Einspielrekorde.
Nun ist finanzieller Erfolg nicht zwangsläufig Folge einer künstlerischen Großtat, stellt sich also die Frage, ob John Woo sein durch einen eher durchwachsenen Hollywood-Output leicht ramponiertes Ansehen wiederherstellen und die Rückkehr nach China als Glücksgriff verbuchen kann.
Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, man darf Woo mit Fug und Recht attestieren, mit RED CLIFF seinen besten Film seit Jahren, vielleicht seit dem sträflich unterschätzten HARD TARGET inszeniert zu haben, dennoch ist das Resultat zumindest teilweise eine kleine Enttäuschung.
Im Gegensatz zur Monumentalfilmkonkurrenz stellt Woo nämlich den Inhalt so offensichtlich vor die Form, dass RED CLIFF trotz Rekordbudget und einiger großer Szenen recht banal aussieht. In Kombination mit dem epischen, gut gemachten, aber unglaublich konventionellen und hollywood-esquen Orchesterscore umweht so ein steter Hauch von Biederkeit das Projekt, welche den Film einiges an Stimmung kostet. Gerade ein solcher Stoff lebt von der mythischen Überhöhung, die filmisch äqivalent umgesetzt werden sollte und die auf artifizielle Verfremdungen gerne zurückgreifen darf.
Bei Woos neuestem Werk ist die Zeitlupe aber schon das höchste der Gefühle in Sachen Stilisierung (von einingen Over-The-Top-Actionszenen abgesehen), Farbfilter sind ebenso Mangelware wie übertrieben schmutzige Pseudorealität a la WARLORDS.
Das heißt nicht, dass RED CLIFF nicht das eine oder andere schöne Bild und attraktive Einstellungen bieten würde, sie bilden aber kein geschlossenes visuelles Gesamtkonzept.
Zur etwas schmucklosen Optik passt auch der Mangel an ganz großem Bombast: Klar, es gibt Massenszenen, schöne Sets sind vorhanden, an der Austattung gibt´s nichts zu meckern. Dennoch, diese Attribute weisen auch alle der 20 Millionen US$ teuren Produktionen auf, es fehlt zumindest dem ersten Teil von RED CLIFF an Schauwert, der das Budget rechtfertigt.
Am nächsten kommt diesem Anspruch die Flotte von Cao Cao, dem Bösewicht der Geschichte, in Aktion wird die aber wohl so richtig erst in der Fortsetzung treten.
Das große Faustpfand von RED CLIFF stellt ganz klar die fesselnde Geschichte und das auf ihr basierende und von Woo mitverfasste Drehbuch dar, welches recht stringent den Plot vorantreibt, auf der anderen Seite aber auch Raum für die gut ausgearbeiteten und charismatischen Charaktere als auch für komische und besinnliche Momente lässt.
John Woos Adaption der THREE KINDOMS-Vorlage wählt im Gegensatz zu Daniel Lees RESURRECTION OF THE DRAGON einen deutlich nüchterneren Ansatz, seine Geschichte zu erzählen. Der Zeitraum ist kleiner und erzählt zum Großteil Ereignisse, die bei der Lee-Variante in Form einer Montage nach der Ernennung Zilongs zum General stattfinden.
Die Erzählweise ist konventioneller, übersichtlicher und vornehmlich auf die Strategien der von Tony Leung und Takeshi Kaneshiro verkörperten Charaktere konzentriert.
Mit diesem Drehbuch als Basis und dem stattlichen Aufgebot an gleichermaßen populären wie fähigen Darstellern war ein wirklichen Scheitern des Projektes schon nahezu ausgeschlossen, John Woos Inszenierung macht daraus sicher nicht den schönsten und bombastischsten, dafür aber einen der inhaltlich interessantesten und bodenständigsten Genreverteter, der auch dem westlichen Mainstream-Publikum die Rezeption trotz Unkenntnis der Vorlage vergleichsweise einfach machen sollte.
Die Schauspieler verkörpern ihre Rollen glaubhaft und ohne übertriebene Posen, Meisterleistungen sollte man nicht erwarten, aber Professionalität im positivsten Sinne.
Die euphorisierendsten Momente bieten aber dennoch nicht die dramatischen Szenen, vielmehr lässt RED CLIFF in den von Corey Yuen choreographierten Kampfsequenzen das Herz des Actionfreundes höher schlagen. Zwei sehr lange Schlachtszenen bieten viel Raum, in dem Woo und sein Choreograph die Darsteller in ästhetisch sehr ansprechendes Gemetzel schicken. Meist passiert das recht glaubwürdig, häufig blitzt aber der alte John Woo durch und die Protagonisten dürfen stylish im Alleingang halbe Armeen aufschlitzen, pfählen und mit Pfeilen durchlöchern, wobei mit Blut ebensowenig gegeizt wird wie mit Zeitlupen.
Sehr wirkungsvoll unterstützt wird das martialische Treiben von einer virtuosen Montage, welche Rasanz, Dynamik und Spannung generiert, dies gleichwohl weniger aufdringlich als in RESURRECTION OF THE DRAGON tut.
Schade, dass der begleitende Soundtrack die Intensivität von Henry Lais Musik zu dem Lee-Film vermissen lässt, dennoch kann man gerade nach den wenig beglückenden THE WARLORDS- und An EMPRESS AND THE WARRIORS-Scores durchaus mit der Arbeit von Taro Iwashiro (AZUMI, MEMORIES OF MURDER) zufrieden sein.
Geradezu berückend schön ist der auch von Iwashiro komponierte und von der tibetanischen Newcomerin A Lan gesungene Endsong HEART, BATTLE ~ RED CLIFF, welcher die erste Episode des epischen Zweiteilers würdig ausklingen lässt und die Vorfreude auf die abschließende Fortsetzung steigert, so dass das Publikum in der Mehrheit wohlwollend auf die reichlich zwei Stunden zuvor zurückblicken wird.
Die ganz großen Höhepunkte lässt der Film zwar vermissen, auffällige Schwächen aber ebenso, so dass man John Woo zu seiner Rückkehr nach China nur beglückwünschen kann.
Knappe
Der zweite Teil von RED CLIFF (Name noch unbekannt) wird Anfang nächsten Jahres in Südostasien veröffentlicht, kurz zuvor kommt im Westen der gesamte Film in die Kinos, als dreistündige gestraffte Fassung.
Eine DVD des ersten Teiles ist derzeit aus China erhältlich in befriedigender Bild- und Tonqualität sowie mit eingebrannten englischen UT.
Update: Mittlerweile ist aus China auch eine 2 Disc- und 3 Disc-Veröffentlichung des Filmes erschienen, wobei die 3 Disc-Variante zusätzlich ein Buch sowie eine John Woo-Best of-DVD enthält.
Auf der Bonus-DVD befinden sich die üblichen Extras (Making of, Interviews, Trailer, Musikvideo), allerdings ohne engl.UT.
Bild- und Tonqualität des Hauptfilmes sind im Vergleich zur Single-DVD besser (DTS), die UT ausblendbar.
Red Cliff I und II
freeman im Woo Fieber
Red Cliff I und II
Originaltitel: Chi bi
Herstellungsland: China
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: John Woo
Darsteller: Tony Leung Chiu Wai, Takeshi Kaneshiro, Chang Chen, Zhang Fengyi, Hu Jun, Lin Chi Ling, Vicki Zhao Wie, You Yong, Shidô Nakamura, Hou Yong, Sun Chun, Song Jia u.a.
Red Cliff oder: Der Mozart der Zerstörung kehrt zurück zu seinen Wurzeln.
John Woo ... Vor Jahren kehrte er kurz vor der Rückgabe der Kronkolonie Hongkong an die Chinesen seiner Heimat den Rücken und folgte dem Ruf der amerikanischen Filmfabrik. Den Einstieg ermöglichte ihm van Damme mit seinem Vehikel Hard Target. Dieses wurde von der Kritik als einer der schlechtesten Woo Filme und als bester van Damme Filme abgetan, machte aber mit seiner Actionkettenreaktion im Showdown eines unmissverständlich klar: Hier war ein ganz Großer nach Hollywood gekommen, um den Actionmachern der Traumfabrik – die er dank Hongkong Krachern wie The Killer, A Better Tomorrow oder Hard Boiled seit Jahren beeinflusst hatte – das Fürchten zu lehren. Es folgte mit Broken Arrow eine Speed mit Atombomben Actionextravaganz und darauf sein ultimatives US Meisterwerk: Face/Off, mit dem er das Genre gewaltig durcheinanderwirbelte und aufzeigte, dass gute Story, Top Darsteller und brachiale Action einander nicht ausschließen müssen. Erfolgstechnisch stand nun mit Mission Impossible 2 der absolute Höhenflug in den Startlöchern, doch danach ging es bergab. Woo verhob sich an dem etwas unausgegorenen und unglücklich besetzten Ben Assleck Flop Paycheck. Die Tatsache, dass in der deutschen Journalie bei Ankündigung des hier zu besprechenden Streifens Red Cliff behauptet wurde, dies sei der erste Film von Woo seit Paycheck, deutet bereits an, dass auch sein letzter US Streifen Windtalkers nicht ganz den Zuspruch erhielt, den man von einem Woo Werk erwartet hätte.
Woo hatte vorerst genug von der Traumfabrik und folgte nach einer längeren Auszeit dem Ruf der ehemaligen Heimat. Er sollte eines der größten Prestigeprojekte des Landes stemmen. Red Cliff, die Geschichte des Übergangs von der Han Dynastie in die geschichtliche Phase der Drei Königreiche und damit eine Episode aus der im 14.Jahrhundert veröffentlichten "Geschichte der Drei Reiche" nach Luo Guanzhong, die Literatur und Filmschaffen der Chinesen über Jahrhunderte hinweg beschäftigte. Woo erhielt vollkommen freie Hand, ein überbordendes Budget und die Zusicherung, sein mehr als episch angelegtes Werk als Zweiteiler in die Kinos bringen zu dürfen. Damit haben wir die einleitende Phrase schon einmal mit der offensichtlichsten Ausprägung umschrieben. John Woo kehrte nach Jahren des Fremdelns für Red Cliff in seine Heimat zurück. Doch auch filmisch kehrte er zu seinen Wurzeln zurück, waren doch seine ganz frühen Werke Filme für das große HK Studio Golden Harvest, das zu Woos Lehrjahren vor allem mit astreinen Kung Fu Krachern Geld machte. Red Cliff ist nun auch eine Hommage an diese Zeit, ein übermächtiges Kostümspektakel mit ausufernden Martial Arts Einlagen. Eines, das ihm auch ermöglichte, thematisch zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Dazu nun mehr ...
Red Cliff I
Die Han Dynastie hat sich mehr oder weniger inzwischen selbst überlebt. Der aktuell amtierende, viel zu junge Kaiser des Landes herrscht über ein zersplittertes Reich, das sein Premierminister Cao Cao, ein engagierter und karriereversessener Mann, gewaltsam unter seiner Knute einen will. Er manipuliert den Kaiser ausgiebig, der ihm daraufhin den Befehl erteilt, die „rebellischen“ Teile des Landes zu unterwerfen. Der erste Leidtragende ist der Herrscher des Westens, Liu Bei, der den mit aller Kraft in seine Machgefilde drängenden Nordchinesen nichts entgegenzusetzen hat und umsichtig vor allem das Wohl der Millionen Flüchtlinge seines Landes im Blick hat. Sein strategischer Berater Zhuge Liang weiß, dass man den Truppen Cao Caos nichts entgegenzusetzen hat und man Verbündete suchen muss. Also wendet er sich an die Südchinesen unter Sun Quan, ein junger Herrscher, der sich aber gegen seine der Tradition verhafteten Minister nicht so recht durchsetzen kann. Also wendet sich Zhuge Liang an den eigentlichen militärischen Befehlshaber des Südens. Zhou Yu ist der Bruder des südchinesischen Herrschers und mehr als nur angetan von dem taktischen Geschick Zhuge Liangs. Um sein Land zu retten, bewegt er seinen Bruder zum Kriegseintritt und zum Kampf gegen Cao Cao. Dieser stellt die verbündeten Heere am Red Cliff ...
Red Cliff I dient Woo vor allem dazu, die Figuren für die große Endschlacht in Teil II in Position zu bringen. Dabei bewegt er sich zunächst auf ihm vertrauten Terrain und lässt in den ersten 25 Minuten Actionszene auf Actionszene folgen und postuliert das Ziel seines Filmes: Die Schaffung eines Machtdreiecks in China, das sich machttechnisch vollkommen ausbalanciert und drei Reiche präsentiert, bei denen es ein einzelnes nicht schaffen wird, die anderen zu unterjochen. In flottem Tempo liefert Woo wuchtige Actioneinlagen und zeichnet ein gar düsteres Bild der Zustände in China. In der Folge beginnt das große Taktieren. Parteien, die sich belauern, aufeinander zugehen, sich wieder voneinander entfernen und er legt den moralischen und emotionalen Grundstein für seine Geschichte, indem er die Männerfreundschaft (Woos absolutes Lieblingsthema) von Zhuge Liang und Zhou Yu anberaumt und immer weiter vertieft, was in einer seiner grandiosen Heroic Blooshed Beziehungen mündet, die dem Zuschauer beide Figuren aufs Innigste ans Herz wachsen lässt. Zudem spielen Woos favorisierte Themen Freundschaft, Ehre und Loyalität die Hauptrollen im umfangreichen Handlungsabschnitt von Red Cliff I, was den Zuschauer ungeheuer wirkungsvoll mitten in die Geschichte von Red Cliff hineinzieht.
Und obwohl im Mittelteil des Filmes eigentlich actiontechnisch gar nichts passiert, flirrt der Film vor Spannung und erschafft Woo einzigartige Szenen, wie die großartige Sequenz, in der sich Zhuge Liang und Zhou Yu eine Art Musikwettstreit liefern, um kurz darauf aus der Art des Spiels des Gegenübers Schlussfolgerungen über dessen Charakter und Einstellung zu ziehen. Hier ist Woo absolut auf der Höhe seines Schaffens und er kreiert beinahe beiläufig endlich mal wieder einen echten Höhepunkt in seiner Karriere. Der zudem mit einer echten Neuerung aufwartet. Denn so stark manche Frauenfigur in Face/Off auch angemutet haben mag, Frauen spielten für Woo noch nie eine Rolle. Man munkelte gar häufig, dass er mit Frauenfiguren so gar nichts anfangen könne und er seine Moralkodizes nicht in der Art auf sie übertragen könne, wie es ihm bei seinen grandiosen Männerfreundschaften immer wieder gelang. Doch in Red Cliff sieht das ganz anders aus. Und in Red Cliff II wird sich dieser Eindruck noch verstärken. Denn die Frauenfiguren in Red Cliff lassen sich nicht herumschubsen, sich nicht bevormunden und begehren sogar gegen Traditionen wie abgesprochene Heiraten auf, nur um in Teil II sogar aktiv ins kriegerische Geschehen einzugreifen und für echte emotionale Berg und Talbahnen in der Spannungskurve des Filmes zu sorgen.
Inszenatorisch erkennt man Woo natürlich vor allem in den Actionszenen wieder, die alle seine Manierismen transportieren, die man so kennt. Highlight ist dahingehend freilich die erste große Schlacht, die mit einer so noch nie gesehenen Kriegstaktik aufwartet, die sich nicht nur Anregungen aus der Natur holt, sondern auch Kriegerformationen auffährt, die erstaunlich organisch anmuten und sich scheinbar andauernd zu verändern und an die Gegebenheiten anzupassen scheinen. Dies ist eine weitere Stärke der Actionszenen in Red Cliff, denn hier spielen in bisher unbekanntem Maße Taktiken eine große Rolle. Es gibt Einsatzbesprechungen vor den Schlachten, Gruppenbewegungen werden geplant, sogar das Wetter eingerechnet und nichts in den Schlachtenszenen mutet irgendwie zufällig an. Dazu kommt dann freilich noch Woos Auge für großartige Actionszenen. Gemeinsam mit dem Choreographen Corey Yuen entwirft er gigantische Actioneinlagen, die wuchtig, brachial, urstbrutal und martialisch daherkommen und dennoch die für Woo typische Poesie in den heftigsten Materialschlachten transportieren. In Ultrazeitlupe wird hier durchbohrt, aufgeschlitzt und zerhackt. Jede noch so brutale Szene wird überstilisiert und in etwas Formvollendetes und Wunderschönes verwandelt und um die Kamera herum tanzen die Gegner den Tanz des Todes und spritzt das Blut fast schon anmutig an der Kameralinse vorbei. Fraglos, so kann aktuell nur einer inszenieren UND das Beste: Er hat endlich wieder bemerkt, dass er es kann! Klar, die daraus resultierende Action gewinnt keinen Preis in Sachen Realismus und Wirework in heftigstem Schlachtengetümmel wird so manchem Nichtasiaten sauer aufstoßen, aber wenn man sich darauf einlässt, wird man belohnt mit einem Bildgedicht in Dunkelrot ...
Das Ergebnis präsentiert den Actionmaestro John Woo in vollendeter, aus der Asche emporgestiegener, phönixscher Größe. Er besinnt sich vollkommen auf seine größten Stärken und wetzt einige altbekannten Scharten (Die Damenwelt!) gar formidabel aus. Das Ergebnis ist ein optischer Bilderrausch voll von Figuren, die handeln, wie Figuren im John Woo Kosmos eben handeln: selbst in aussichtlosesten Situationen fordern sie Fairness und gegenseitigen Respekt voneinander ein, lassen die Freundschaft und Ehre hochleben und schwelgen in überhöhten Männerritualen. Garniert mit fettester Action kommt hier zu keiner Sekunde Langeweile auf und kann man eigentlich nur an einem Punkt wirklich mäkeln: Die Effektfirma The Orphanage liefert zwar gute Arbeit ab, erreicht aber leider bei Weitem keinen durchweg befriedigenden Standard ...
Red Cliff II
Red Cliff II beginnt, wie man es sich am Ende von Teil I denken konnte. Die Nordchinesen belagern die Südchinesen und deren westchinesische Verbündete am Red Cliff mit einem gigantischen Heer auf der Landseite und einer riesigen Flotte auf der Seeseite. Doch nicht die Belagerten haben mit dieser Situation ihre Probleme, vielmehr sind es die Belagerer. Diese kommen mit den klimatischen Bedingungen im Süden des Landes nicht klar und Typhus bricht aus. Während sich die Belagerten aus Gründen der Ehre weigern, einen hinterhältigen Guerillakrieg zu führen, verschiffen die Belagerer ihre Toten ins belagerte Feindesland und lassen dort den Virus wüten. Und wirklich, der Virus ereilt auch die Südchinesen und das ohnehin fragile Bündnis zwischen West- und Südchinesen zerbricht. Bis auf den Taktiker Zhuge Liang ziehen die Mannen um Liu Bei ab, um fortan nur noch ihr eigenes Land gegen Cao Cao zu verteidigen. Ihrem Schicksal überlassen beginnen sich die Südchinesen auf die finale Schlacht vorzubereiten und versuchen dem übermächtigen Gegner trotz aller Hindernisse niederzuringen. Da erfährt die Frau von Zhou Yu, dass Cao Cao nicht nur wegen der Eroberung des Südens und Westen ausgezogen ist! Vielmehr hat er seit Jahren ein Interesse an ihr und hofft, mit der Unterwerfung des Südens und ihres Mannes auch ihr Herz erobern zu können ...
Teil II beginnt im Vergleich zum rasant voranpreschenden Erstling tempomäßig ein wenig verhalten, ist dafür aber vor allem zu Beginn ungleich düsterer geraten. Vor allem die Szenen um die typhuserkrankten Soldaten und das Taktieren mit dieser verheerenden Krankheit verschaffen dem Film einige beklemmende Momente. In der Folge und zur Auflockerung der düsteren Grundstimmung entwirft John Woo ein erstaunlich witziges Intrigenverwirrspiel, das absolut vollendet auf die beiden Hauptfiguren Zhuge Liang und Zhou Yu zugeschnitten ist, die hier mit schelmischen Witz beweisen, dass man, egal wie aussichtslos eine Lage auch scheinen mag, niemals den Mut und seinen Humor verlieren sollte. In dieser Entwicklungsphase seines Filmes legt Woo dann auch den Grundstein für den emotional unwahrscheinlich aufgeladenen Schlussakt um verschmähte und wirklich gelebte, tief empfundene Liebe, was der Darstellerin von Chiling Lin und damit Zhou Yus Frau viele Momente zum Glänzen beschert. Auch um Wei Zhao, die andere Frau im Film, webt Woo ein fragiles, höchst zerbrechliches Liebesgewirr, eingebettet in eine niedliche Verwechslungsposse, die wie die anderen humorigen Einlagen im Film zwar für Verschnaufpausen ob der Dramatik sorgen, aber niemals ins Alberne oder Überzogene abdriften. Denn freilich liegt das Hauptaugenmerk des Drehbuches und der Geschichte auf der Schlacht von Red Cliff ...
Diese bildet dann den knapp 40minütigen, waffenstarrenden, blutspritzenden, knochenzerberstenden Höhepunkt der beiden Red Cliff Teile und entfesselt eine Feuerwalze, die einem reinigenden Gewitter gleich in die Figurenkonstellationen fährt und keinerlei Fragen mehr offen lässt. In allerfeinster Heroic Bloodshed Manier sterben hier die Helden, die Bösewichter, scheinbar unschuldige Soldatenseelen und auch die ganze Gegend um Red Cliff scheint bis auf die Grundmauern niedergebrannt zu werden, um auf der Asche etwas Neues errichten zu können, das Jahrhunderte überdauern soll. Zwar ist The Orphanage mit diesem gigantischen Inferno wieder ein wenig überfordert, doch Woos straffe Actionregie setzt nicht allzu oft auf computergenerierte Komplettansichten, sondern geht mitten rein ins Geschehen, um in nie gesehener Detailverliebtheit Gegnerhorden aufeinanderprallen und sterben zu lassen.
Was bei dem Komplettwerk erstaunt, ist, dass Red Cliff zwar ungemein episch angelegt ist, die Personenzahl, die es zu beobachten gilt, aber durchaus begrenzt anmutet. Es gibt keine von der Haupthandlung wegführenden Nebenhandlungen und –schauplätze. Jede Szene ist einzig und allein auf die finale Schlacht ausgerichtet und genauso kommen nur die Figuren zum Zug, mit denen der Regisseur eben straight auf dieses Finale hinarbeiten kann. Dementsprechend werden zwar manche Randfiguren immer mal kurz ins Rampenlicht gerückt, doch erfahren tut man über sie nichts. Genannt sei einmal stellvertretend Zhao Zilong, ein Held der chinesischen Geschichte, der hier wirklich nur eine fast dialoglose Nebenrolle spielt. Wer mehr über ihn erfahren möchte sollte sich den hyperkinetischen Genrekracher Three Kingdoms zu Gemüte führen, dessen Fokus dann komplett auf der von Superstar Andy Lau verkörperten Heldenfigur liegt. Doch in Red Cliff ist im Grunde nur Platz für Zhuge Liang, Zhou Yu, Cao Cao, Chiling Lin und Wei Zhao. Und von diesen Figuren sind Wootypisch die in inniger Freundschaft verbundenen Zhuge Liang und Zhou Yu die wichtigsten Figuren, die den Film auch durchweg tragen und dafür vom Drehbuch mit vielschichtigen, interessanten Charakterprofilen belohnt werden. Wofür sich beide Darsteller der Figuren mit absoluten Edelperformances bedanken. Zwar wirkt Takeshi Kaneshiro als Supertaktiker Zhuge Liang ein wenig zu jung, doch diesen Eindruck lässt man ob seiner charmanten und ungemein verschmitzten Darstellung schnell fahren. (Wann immer er im Film erleuchtet lächelt, muss man als Zuschauer auch immer sofort mitschmunzeln!) Kaneshiro wurde mit Tony Leung als Zhou Yu einer der Edelschauspieler Hongkongs an die Seite gestellt, der zunächst rückhaltend agiert, um dann im weiteren Verlauf zunächst immer diffiziler und dann immer wuchtiger aufzuspielen. Zudem gibt er sogar seit Langem mal wieder einen sehr kämpferischen Actioncharakter, was ihm ebenfalls hervorragend steht. Und wir erinnern uns: Der letzte Film von John Woo in Hongkong war Hard Boiled. Wer war hier einer der großen Actionhelden? Genau, Tony Leung. Man sieht, hier schließen sich einfach viele Kreise.
Ein gelungener Bösewicht ist bei einem solch epischen Filmgroßunterfangen immer die halbe Miete und Fengyi Zhang gibt als Cao Cao einen gar formidablen Gegner der beiden Helden ab. In Teil I wirkt er zwar noch recht eindimensional, dafür umso grausamer und rücksichtsloser. Doch mit zunehmender Laufzeit wächst sein Charakter. Er wird verschlagener, gewiefter, zugleich aber auch menschlicher, denn seine fast schon irreal anmutende Liebesbeziehung zu einer Frau, in der er meint, seine große Liebe gefunden zu haben, bricht seinen Charakter enorm auf und entschärft die bloße Machtmenschanmutung. Großartig. Die Frauen haben – wie bereits angedeutet – eine unerwartet wichtige Rolle in dem Film inne und spielen beide im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr ordentlich, kommen aber gegen das großartige männliche Ensemble nicht so recht an. Nur Xiao Qiao darf als Chiling Lin im direkten Duell mit Cao Cao einen eindrücklichen und lange nachwirkenden Schauspielmoment generieren. Der Rest des Castes spielt großartig und auf den Punkt, fernab von den gewohnten asiatischen Overacting Einlagen und macht durchweg Laune. Hier beweist sich, das Woo auch als Schauspielführer zu alter Größe aufläuft und sich von keinem Ben Assleck der Welt mehr eine 0815 Performance bieten lassen wird.
Und Woo selber ist auch in Teil II absolut auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Die Heroic Bloodshed Momente geraten noch eindrücklicher als in seinen größten Klassikern, die emotionalen Momente sitzen auf den Punkt und Szenen, in denen er die Siegesfeiern der Einen mit den Trauerfeiern der Anderen parallel montiert, beweisen in ihrer Wirkung die ganze Klasse des kleinen Chinesen. Der schafft es sogar Standoffs / Pattsituationen in einen Schwertkampffilm zu integrieren und selbst die seit längerem zur Selbstdemontage / Selbstverarsche verkommenen Taubeneinsätze machen in Red Cliff richtig Sinn und bringen den Film voran bzw. verschaffen ihm eindrückliche optische Momente. Dazu kommt eine vor Dynamik förmlich berstende Kameraarbeit (alleine wie Woo hier manchen Dialog zwischen Zhuge Liang und Zhou Yu inszeniert und ihnen mittels seiner Kameraarbeit eine ganz eigene Dramatik verleiht, ist ganz großes Kino!) und die wie schon in Teil I Staunen machende detailverliebte Ausstattung überzeugt in jedweder Hinsicht.
Red Cliff II setzt damit nahtlos fort, was Red Cliff andeutete. John Woo kehrt zurück zu alter Größe. Sein zweiter Teil beginnt ruhiger als der rasante Vorgänger, wirkt aber im Storyteil weitaus ausgereifter als Teil I. Die Dialoge sind griffiger, die Figurenbeziehungen werden deutlicher und sowohl Gegner als auch Helden gewinnen eindeutig an Kontur. Auch wird der Sinn des Krieges offensiver hinterfragt und die Fragilität jedes Friedens ob der menschlichen Natur, die sich immer wieder in Zerstörung äußert, angedeutet. Zwar schaltet Woo daraufhin selbst komplett in den Zerstörungsmodus und präsentiert eine der epischsten Schlachten der jüngeren Filmgeschichte, doch der unsentimentale Schluss, der ungewöhnliche Ausgang für den Bösewicht usw. beweisen, dass die philosophisch angehauchten Gespräche in den Momenten vor dem großen Showdown kein bloßer Vorwand waren. Ganz großes Actionkino ...
Kurzum: Red Cliff ist in seiner Gesamtheit der begeisternde Befreiungsschlag von John Woo, dem im Grunde gar nichts Besseres passieren konnte, als sich auf seine Wurzeln zu besinnen. Egal ob er in seine Heimat zurückkehrte, ein urvertrautes Genre bediente oder seine Lieblingsthemen eindrucksvoll filmisch umsetzte. Der Mozart der Zerstörung is back! Zum Glück!
Und was machen die Ausländer draus? Als hätte der Name John Woo kein Gewicht und sei eine asiatische Prestigeproduktion zu anspruchsvoll oder zu voll mit Leuten, die alle gleich aussehen, wird der Film vom internationalen Verleih komplett kastriert! Aus einem Zweiteiler wird ein Einteiler. Aus 275 Minuten geballter Filmpower wird ein 150minütiges Skelett, das es schwer machen wird, die Figurenkonstellationen und deren Beziehungen so zu verstehen, dass der Film seine Wucht behält. Apropos Wucht: In Deutschland traute man sich dann nicht einmal das Ergebnis dieses Schnittwirrsinns auf die große Leinwand loszulassen ... und vermarktet diesen Film, der die große Leinwand schlicht und ergreifend wie die Luft zum Atmen braucht, auf DVD ... Stattdessen bringt man lieber das x-te Remake eines Horrorfilmes in die Kinos, den im Original schon keiner mochte. Schöne neue Filmwelt ...
Dieses Review basiert auf der chinesischen Veröffentlichung von Zoke Culture, die in ordentlicher, leider nicht anamorpher Bildqualität daherkommt und neben simplifizierten chinesischen Untertiteln auch eine englische Variante anbietet. Die deutsche DVD, basierend auf der internationalen Schnittfassung, kommt von Constantin. Was dort alles fehlt, ist schwer abzuschätzen. Ersten Informationen zufolge ist einiges aus dem Film geflogen, das ihn in der neuen Kürze stimmungstechnisch unrund wirken lässt. Ergo sind die schlitzohrigen Momente aus Teil II (die gesamte von mir erwähnte Intrigensequenz soll beispielsweise gewichen sein) vollkommen Geschichte. Auch und vor allem einige wichtige Charaktermomente, wie die grandios metaphorische Tigerjagd in Teil I, die man braucht, um zu verstehen, warum der König der Südchinesen mit in den Krieg zieht, sollen ebenfalls rausgeflogen sein. Was bleibt, dürfte eine Fassung sein, die von einem optischen Highlight zum nächsten switcht und ziemlich kalt wirken dürfte ...
In diesem Sinne:
freeman
Red Cliff I und II
Originaltitel: Chi bi
Herstellungsland: China
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: John Woo
Darsteller: Tony Leung Chiu Wai, Takeshi Kaneshiro, Chang Chen, Zhang Fengyi, Hu Jun, Lin Chi Ling, Vicki Zhao Wie, You Yong, Shidô Nakamura, Hou Yong, Sun Chun, Song Jia u.a.
Red Cliff oder: Der Mozart der Zerstörung kehrt zurück zu seinen Wurzeln.
John Woo ... Vor Jahren kehrte er kurz vor der Rückgabe der Kronkolonie Hongkong an die Chinesen seiner Heimat den Rücken und folgte dem Ruf der amerikanischen Filmfabrik. Den Einstieg ermöglichte ihm van Damme mit seinem Vehikel Hard Target. Dieses wurde von der Kritik als einer der schlechtesten Woo Filme und als bester van Damme Filme abgetan, machte aber mit seiner Actionkettenreaktion im Showdown eines unmissverständlich klar: Hier war ein ganz Großer nach Hollywood gekommen, um den Actionmachern der Traumfabrik – die er dank Hongkong Krachern wie The Killer, A Better Tomorrow oder Hard Boiled seit Jahren beeinflusst hatte – das Fürchten zu lehren. Es folgte mit Broken Arrow eine Speed mit Atombomben Actionextravaganz und darauf sein ultimatives US Meisterwerk: Face/Off, mit dem er das Genre gewaltig durcheinanderwirbelte und aufzeigte, dass gute Story, Top Darsteller und brachiale Action einander nicht ausschließen müssen. Erfolgstechnisch stand nun mit Mission Impossible 2 der absolute Höhenflug in den Startlöchern, doch danach ging es bergab. Woo verhob sich an dem etwas unausgegorenen und unglücklich besetzten Ben Assleck Flop Paycheck. Die Tatsache, dass in der deutschen Journalie bei Ankündigung des hier zu besprechenden Streifens Red Cliff behauptet wurde, dies sei der erste Film von Woo seit Paycheck, deutet bereits an, dass auch sein letzter US Streifen Windtalkers nicht ganz den Zuspruch erhielt, den man von einem Woo Werk erwartet hätte.
Woo hatte vorerst genug von der Traumfabrik und folgte nach einer längeren Auszeit dem Ruf der ehemaligen Heimat. Er sollte eines der größten Prestigeprojekte des Landes stemmen. Red Cliff, die Geschichte des Übergangs von der Han Dynastie in die geschichtliche Phase der Drei Königreiche und damit eine Episode aus der im 14.Jahrhundert veröffentlichten "Geschichte der Drei Reiche" nach Luo Guanzhong, die Literatur und Filmschaffen der Chinesen über Jahrhunderte hinweg beschäftigte. Woo erhielt vollkommen freie Hand, ein überbordendes Budget und die Zusicherung, sein mehr als episch angelegtes Werk als Zweiteiler in die Kinos bringen zu dürfen. Damit haben wir die einleitende Phrase schon einmal mit der offensichtlichsten Ausprägung umschrieben. John Woo kehrte nach Jahren des Fremdelns für Red Cliff in seine Heimat zurück. Doch auch filmisch kehrte er zu seinen Wurzeln zurück, waren doch seine ganz frühen Werke Filme für das große HK Studio Golden Harvest, das zu Woos Lehrjahren vor allem mit astreinen Kung Fu Krachern Geld machte. Red Cliff ist nun auch eine Hommage an diese Zeit, ein übermächtiges Kostümspektakel mit ausufernden Martial Arts Einlagen. Eines, das ihm auch ermöglichte, thematisch zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Dazu nun mehr ...
Red Cliff I
Die Han Dynastie hat sich mehr oder weniger inzwischen selbst überlebt. Der aktuell amtierende, viel zu junge Kaiser des Landes herrscht über ein zersplittertes Reich, das sein Premierminister Cao Cao, ein engagierter und karriereversessener Mann, gewaltsam unter seiner Knute einen will. Er manipuliert den Kaiser ausgiebig, der ihm daraufhin den Befehl erteilt, die „rebellischen“ Teile des Landes zu unterwerfen. Der erste Leidtragende ist der Herrscher des Westens, Liu Bei, der den mit aller Kraft in seine Machgefilde drängenden Nordchinesen nichts entgegenzusetzen hat und umsichtig vor allem das Wohl der Millionen Flüchtlinge seines Landes im Blick hat. Sein strategischer Berater Zhuge Liang weiß, dass man den Truppen Cao Caos nichts entgegenzusetzen hat und man Verbündete suchen muss. Also wendet er sich an die Südchinesen unter Sun Quan, ein junger Herrscher, der sich aber gegen seine der Tradition verhafteten Minister nicht so recht durchsetzen kann. Also wendet sich Zhuge Liang an den eigentlichen militärischen Befehlshaber des Südens. Zhou Yu ist der Bruder des südchinesischen Herrschers und mehr als nur angetan von dem taktischen Geschick Zhuge Liangs. Um sein Land zu retten, bewegt er seinen Bruder zum Kriegseintritt und zum Kampf gegen Cao Cao. Dieser stellt die verbündeten Heere am Red Cliff ...
Red Cliff I dient Woo vor allem dazu, die Figuren für die große Endschlacht in Teil II in Position zu bringen. Dabei bewegt er sich zunächst auf ihm vertrauten Terrain und lässt in den ersten 25 Minuten Actionszene auf Actionszene folgen und postuliert das Ziel seines Filmes: Die Schaffung eines Machtdreiecks in China, das sich machttechnisch vollkommen ausbalanciert und drei Reiche präsentiert, bei denen es ein einzelnes nicht schaffen wird, die anderen zu unterjochen. In flottem Tempo liefert Woo wuchtige Actioneinlagen und zeichnet ein gar düsteres Bild der Zustände in China. In der Folge beginnt das große Taktieren. Parteien, die sich belauern, aufeinander zugehen, sich wieder voneinander entfernen und er legt den moralischen und emotionalen Grundstein für seine Geschichte, indem er die Männerfreundschaft (Woos absolutes Lieblingsthema) von Zhuge Liang und Zhou Yu anberaumt und immer weiter vertieft, was in einer seiner grandiosen Heroic Blooshed Beziehungen mündet, die dem Zuschauer beide Figuren aufs Innigste ans Herz wachsen lässt. Zudem spielen Woos favorisierte Themen Freundschaft, Ehre und Loyalität die Hauptrollen im umfangreichen Handlungsabschnitt von Red Cliff I, was den Zuschauer ungeheuer wirkungsvoll mitten in die Geschichte von Red Cliff hineinzieht.
Und obwohl im Mittelteil des Filmes eigentlich actiontechnisch gar nichts passiert, flirrt der Film vor Spannung und erschafft Woo einzigartige Szenen, wie die großartige Sequenz, in der sich Zhuge Liang und Zhou Yu eine Art Musikwettstreit liefern, um kurz darauf aus der Art des Spiels des Gegenübers Schlussfolgerungen über dessen Charakter und Einstellung zu ziehen. Hier ist Woo absolut auf der Höhe seines Schaffens und er kreiert beinahe beiläufig endlich mal wieder einen echten Höhepunkt in seiner Karriere. Der zudem mit einer echten Neuerung aufwartet. Denn so stark manche Frauenfigur in Face/Off auch angemutet haben mag, Frauen spielten für Woo noch nie eine Rolle. Man munkelte gar häufig, dass er mit Frauenfiguren so gar nichts anfangen könne und er seine Moralkodizes nicht in der Art auf sie übertragen könne, wie es ihm bei seinen grandiosen Männerfreundschaften immer wieder gelang. Doch in Red Cliff sieht das ganz anders aus. Und in Red Cliff II wird sich dieser Eindruck noch verstärken. Denn die Frauenfiguren in Red Cliff lassen sich nicht herumschubsen, sich nicht bevormunden und begehren sogar gegen Traditionen wie abgesprochene Heiraten auf, nur um in Teil II sogar aktiv ins kriegerische Geschehen einzugreifen und für echte emotionale Berg und Talbahnen in der Spannungskurve des Filmes zu sorgen.
Inszenatorisch erkennt man Woo natürlich vor allem in den Actionszenen wieder, die alle seine Manierismen transportieren, die man so kennt. Highlight ist dahingehend freilich die erste große Schlacht, die mit einer so noch nie gesehenen Kriegstaktik aufwartet, die sich nicht nur Anregungen aus der Natur holt, sondern auch Kriegerformationen auffährt, die erstaunlich organisch anmuten und sich scheinbar andauernd zu verändern und an die Gegebenheiten anzupassen scheinen. Dies ist eine weitere Stärke der Actionszenen in Red Cliff, denn hier spielen in bisher unbekanntem Maße Taktiken eine große Rolle. Es gibt Einsatzbesprechungen vor den Schlachten, Gruppenbewegungen werden geplant, sogar das Wetter eingerechnet und nichts in den Schlachtenszenen mutet irgendwie zufällig an. Dazu kommt dann freilich noch Woos Auge für großartige Actionszenen. Gemeinsam mit dem Choreographen Corey Yuen entwirft er gigantische Actioneinlagen, die wuchtig, brachial, urstbrutal und martialisch daherkommen und dennoch die für Woo typische Poesie in den heftigsten Materialschlachten transportieren. In Ultrazeitlupe wird hier durchbohrt, aufgeschlitzt und zerhackt. Jede noch so brutale Szene wird überstilisiert und in etwas Formvollendetes und Wunderschönes verwandelt und um die Kamera herum tanzen die Gegner den Tanz des Todes und spritzt das Blut fast schon anmutig an der Kameralinse vorbei. Fraglos, so kann aktuell nur einer inszenieren UND das Beste: Er hat endlich wieder bemerkt, dass er es kann! Klar, die daraus resultierende Action gewinnt keinen Preis in Sachen Realismus und Wirework in heftigstem Schlachtengetümmel wird so manchem Nichtasiaten sauer aufstoßen, aber wenn man sich darauf einlässt, wird man belohnt mit einem Bildgedicht in Dunkelrot ...
Das Ergebnis präsentiert den Actionmaestro John Woo in vollendeter, aus der Asche emporgestiegener, phönixscher Größe. Er besinnt sich vollkommen auf seine größten Stärken und wetzt einige altbekannten Scharten (Die Damenwelt!) gar formidabel aus. Das Ergebnis ist ein optischer Bilderrausch voll von Figuren, die handeln, wie Figuren im John Woo Kosmos eben handeln: selbst in aussichtlosesten Situationen fordern sie Fairness und gegenseitigen Respekt voneinander ein, lassen die Freundschaft und Ehre hochleben und schwelgen in überhöhten Männerritualen. Garniert mit fettester Action kommt hier zu keiner Sekunde Langeweile auf und kann man eigentlich nur an einem Punkt wirklich mäkeln: Die Effektfirma The Orphanage liefert zwar gute Arbeit ab, erreicht aber leider bei Weitem keinen durchweg befriedigenden Standard ...
Red Cliff II
Red Cliff II beginnt, wie man es sich am Ende von Teil I denken konnte. Die Nordchinesen belagern die Südchinesen und deren westchinesische Verbündete am Red Cliff mit einem gigantischen Heer auf der Landseite und einer riesigen Flotte auf der Seeseite. Doch nicht die Belagerten haben mit dieser Situation ihre Probleme, vielmehr sind es die Belagerer. Diese kommen mit den klimatischen Bedingungen im Süden des Landes nicht klar und Typhus bricht aus. Während sich die Belagerten aus Gründen der Ehre weigern, einen hinterhältigen Guerillakrieg zu führen, verschiffen die Belagerer ihre Toten ins belagerte Feindesland und lassen dort den Virus wüten. Und wirklich, der Virus ereilt auch die Südchinesen und das ohnehin fragile Bündnis zwischen West- und Südchinesen zerbricht. Bis auf den Taktiker Zhuge Liang ziehen die Mannen um Liu Bei ab, um fortan nur noch ihr eigenes Land gegen Cao Cao zu verteidigen. Ihrem Schicksal überlassen beginnen sich die Südchinesen auf die finale Schlacht vorzubereiten und versuchen dem übermächtigen Gegner trotz aller Hindernisse niederzuringen. Da erfährt die Frau von Zhou Yu, dass Cao Cao nicht nur wegen der Eroberung des Südens und Westen ausgezogen ist! Vielmehr hat er seit Jahren ein Interesse an ihr und hofft, mit der Unterwerfung des Südens und ihres Mannes auch ihr Herz erobern zu können ...
Teil II beginnt im Vergleich zum rasant voranpreschenden Erstling tempomäßig ein wenig verhalten, ist dafür aber vor allem zu Beginn ungleich düsterer geraten. Vor allem die Szenen um die typhuserkrankten Soldaten und das Taktieren mit dieser verheerenden Krankheit verschaffen dem Film einige beklemmende Momente. In der Folge und zur Auflockerung der düsteren Grundstimmung entwirft John Woo ein erstaunlich witziges Intrigenverwirrspiel, das absolut vollendet auf die beiden Hauptfiguren Zhuge Liang und Zhou Yu zugeschnitten ist, die hier mit schelmischen Witz beweisen, dass man, egal wie aussichtslos eine Lage auch scheinen mag, niemals den Mut und seinen Humor verlieren sollte. In dieser Entwicklungsphase seines Filmes legt Woo dann auch den Grundstein für den emotional unwahrscheinlich aufgeladenen Schlussakt um verschmähte und wirklich gelebte, tief empfundene Liebe, was der Darstellerin von Chiling Lin und damit Zhou Yus Frau viele Momente zum Glänzen beschert. Auch um Wei Zhao, die andere Frau im Film, webt Woo ein fragiles, höchst zerbrechliches Liebesgewirr, eingebettet in eine niedliche Verwechslungsposse, die wie die anderen humorigen Einlagen im Film zwar für Verschnaufpausen ob der Dramatik sorgen, aber niemals ins Alberne oder Überzogene abdriften. Denn freilich liegt das Hauptaugenmerk des Drehbuches und der Geschichte auf der Schlacht von Red Cliff ...
Diese bildet dann den knapp 40minütigen, waffenstarrenden, blutspritzenden, knochenzerberstenden Höhepunkt der beiden Red Cliff Teile und entfesselt eine Feuerwalze, die einem reinigenden Gewitter gleich in die Figurenkonstellationen fährt und keinerlei Fragen mehr offen lässt. In allerfeinster Heroic Bloodshed Manier sterben hier die Helden, die Bösewichter, scheinbar unschuldige Soldatenseelen und auch die ganze Gegend um Red Cliff scheint bis auf die Grundmauern niedergebrannt zu werden, um auf der Asche etwas Neues errichten zu können, das Jahrhunderte überdauern soll. Zwar ist The Orphanage mit diesem gigantischen Inferno wieder ein wenig überfordert, doch Woos straffe Actionregie setzt nicht allzu oft auf computergenerierte Komplettansichten, sondern geht mitten rein ins Geschehen, um in nie gesehener Detailverliebtheit Gegnerhorden aufeinanderprallen und sterben zu lassen.
Was bei dem Komplettwerk erstaunt, ist, dass Red Cliff zwar ungemein episch angelegt ist, die Personenzahl, die es zu beobachten gilt, aber durchaus begrenzt anmutet. Es gibt keine von der Haupthandlung wegführenden Nebenhandlungen und –schauplätze. Jede Szene ist einzig und allein auf die finale Schlacht ausgerichtet und genauso kommen nur die Figuren zum Zug, mit denen der Regisseur eben straight auf dieses Finale hinarbeiten kann. Dementsprechend werden zwar manche Randfiguren immer mal kurz ins Rampenlicht gerückt, doch erfahren tut man über sie nichts. Genannt sei einmal stellvertretend Zhao Zilong, ein Held der chinesischen Geschichte, der hier wirklich nur eine fast dialoglose Nebenrolle spielt. Wer mehr über ihn erfahren möchte sollte sich den hyperkinetischen Genrekracher Three Kingdoms zu Gemüte führen, dessen Fokus dann komplett auf der von Superstar Andy Lau verkörperten Heldenfigur liegt. Doch in Red Cliff ist im Grunde nur Platz für Zhuge Liang, Zhou Yu, Cao Cao, Chiling Lin und Wei Zhao. Und von diesen Figuren sind Wootypisch die in inniger Freundschaft verbundenen Zhuge Liang und Zhou Yu die wichtigsten Figuren, die den Film auch durchweg tragen und dafür vom Drehbuch mit vielschichtigen, interessanten Charakterprofilen belohnt werden. Wofür sich beide Darsteller der Figuren mit absoluten Edelperformances bedanken. Zwar wirkt Takeshi Kaneshiro als Supertaktiker Zhuge Liang ein wenig zu jung, doch diesen Eindruck lässt man ob seiner charmanten und ungemein verschmitzten Darstellung schnell fahren. (Wann immer er im Film erleuchtet lächelt, muss man als Zuschauer auch immer sofort mitschmunzeln!) Kaneshiro wurde mit Tony Leung als Zhou Yu einer der Edelschauspieler Hongkongs an die Seite gestellt, der zunächst rückhaltend agiert, um dann im weiteren Verlauf zunächst immer diffiziler und dann immer wuchtiger aufzuspielen. Zudem gibt er sogar seit Langem mal wieder einen sehr kämpferischen Actioncharakter, was ihm ebenfalls hervorragend steht. Und wir erinnern uns: Der letzte Film von John Woo in Hongkong war Hard Boiled. Wer war hier einer der großen Actionhelden? Genau, Tony Leung. Man sieht, hier schließen sich einfach viele Kreise.
Ein gelungener Bösewicht ist bei einem solch epischen Filmgroßunterfangen immer die halbe Miete und Fengyi Zhang gibt als Cao Cao einen gar formidablen Gegner der beiden Helden ab. In Teil I wirkt er zwar noch recht eindimensional, dafür umso grausamer und rücksichtsloser. Doch mit zunehmender Laufzeit wächst sein Charakter. Er wird verschlagener, gewiefter, zugleich aber auch menschlicher, denn seine fast schon irreal anmutende Liebesbeziehung zu einer Frau, in der er meint, seine große Liebe gefunden zu haben, bricht seinen Charakter enorm auf und entschärft die bloße Machtmenschanmutung. Großartig. Die Frauen haben – wie bereits angedeutet – eine unerwartet wichtige Rolle in dem Film inne und spielen beide im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr ordentlich, kommen aber gegen das großartige männliche Ensemble nicht so recht an. Nur Xiao Qiao darf als Chiling Lin im direkten Duell mit Cao Cao einen eindrücklichen und lange nachwirkenden Schauspielmoment generieren. Der Rest des Castes spielt großartig und auf den Punkt, fernab von den gewohnten asiatischen Overacting Einlagen und macht durchweg Laune. Hier beweist sich, das Woo auch als Schauspielführer zu alter Größe aufläuft und sich von keinem Ben Assleck der Welt mehr eine 0815 Performance bieten lassen wird.
Und Woo selber ist auch in Teil II absolut auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Die Heroic Bloodshed Momente geraten noch eindrücklicher als in seinen größten Klassikern, die emotionalen Momente sitzen auf den Punkt und Szenen, in denen er die Siegesfeiern der Einen mit den Trauerfeiern der Anderen parallel montiert, beweisen in ihrer Wirkung die ganze Klasse des kleinen Chinesen. Der schafft es sogar Standoffs / Pattsituationen in einen Schwertkampffilm zu integrieren und selbst die seit längerem zur Selbstdemontage / Selbstverarsche verkommenen Taubeneinsätze machen in Red Cliff richtig Sinn und bringen den Film voran bzw. verschaffen ihm eindrückliche optische Momente. Dazu kommt eine vor Dynamik förmlich berstende Kameraarbeit (alleine wie Woo hier manchen Dialog zwischen Zhuge Liang und Zhou Yu inszeniert und ihnen mittels seiner Kameraarbeit eine ganz eigene Dramatik verleiht, ist ganz großes Kino!) und die wie schon in Teil I Staunen machende detailverliebte Ausstattung überzeugt in jedweder Hinsicht.
Red Cliff II setzt damit nahtlos fort, was Red Cliff andeutete. John Woo kehrt zurück zu alter Größe. Sein zweiter Teil beginnt ruhiger als der rasante Vorgänger, wirkt aber im Storyteil weitaus ausgereifter als Teil I. Die Dialoge sind griffiger, die Figurenbeziehungen werden deutlicher und sowohl Gegner als auch Helden gewinnen eindeutig an Kontur. Auch wird der Sinn des Krieges offensiver hinterfragt und die Fragilität jedes Friedens ob der menschlichen Natur, die sich immer wieder in Zerstörung äußert, angedeutet. Zwar schaltet Woo daraufhin selbst komplett in den Zerstörungsmodus und präsentiert eine der epischsten Schlachten der jüngeren Filmgeschichte, doch der unsentimentale Schluss, der ungewöhnliche Ausgang für den Bösewicht usw. beweisen, dass die philosophisch angehauchten Gespräche in den Momenten vor dem großen Showdown kein bloßer Vorwand waren. Ganz großes Actionkino ...
Kurzum: Red Cliff ist in seiner Gesamtheit der begeisternde Befreiungsschlag von John Woo, dem im Grunde gar nichts Besseres passieren konnte, als sich auf seine Wurzeln zu besinnen. Egal ob er in seine Heimat zurückkehrte, ein urvertrautes Genre bediente oder seine Lieblingsthemen eindrucksvoll filmisch umsetzte. Der Mozart der Zerstörung is back! Zum Glück!
Und was machen die Ausländer draus? Als hätte der Name John Woo kein Gewicht und sei eine asiatische Prestigeproduktion zu anspruchsvoll oder zu voll mit Leuten, die alle gleich aussehen, wird der Film vom internationalen Verleih komplett kastriert! Aus einem Zweiteiler wird ein Einteiler. Aus 275 Minuten geballter Filmpower wird ein 150minütiges Skelett, das es schwer machen wird, die Figurenkonstellationen und deren Beziehungen so zu verstehen, dass der Film seine Wucht behält. Apropos Wucht: In Deutschland traute man sich dann nicht einmal das Ergebnis dieses Schnittwirrsinns auf die große Leinwand loszulassen ... und vermarktet diesen Film, der die große Leinwand schlicht und ergreifend wie die Luft zum Atmen braucht, auf DVD ... Stattdessen bringt man lieber das x-te Remake eines Horrorfilmes in die Kinos, den im Original schon keiner mochte. Schöne neue Filmwelt ...
Dieses Review basiert auf der chinesischen Veröffentlichung von Zoke Culture, die in ordentlicher, leider nicht anamorpher Bildqualität daherkommt und neben simplifizierten chinesischen Untertiteln auch eine englische Variante anbietet. Die deutsche DVD, basierend auf der internationalen Schnittfassung, kommt von Constantin. Was dort alles fehlt, ist schwer abzuschätzen. Ersten Informationen zufolge ist einiges aus dem Film geflogen, das ihn in der neuen Kürze stimmungstechnisch unrund wirken lässt. Ergo sind die schlitzohrigen Momente aus Teil II (die gesamte von mir erwähnte Intrigensequenz soll beispielsweise gewichen sein) vollkommen Geschichte. Auch und vor allem einige wichtige Charaktermomente, wie die grandios metaphorische Tigerjagd in Teil I, die man braucht, um zu verstehen, warum der König der Südchinesen mit in den Krieg zieht, sollen ebenfalls rausgeflogen sein. Was bleibt, dürfte eine Fassung sein, die von einem optischen Highlight zum nächsten switcht und ziemlich kalt wirken dürfte ...
In diesem Sinne:
freeman
Ed_Hunter macht auf Cliffspringer
Red Cliff - Internationale Fassung
Wie alle großen Schauspiel- gleichwie Regiestars Hongkongs, die in den 90er-Jahren ihr Glück in Hollywood versuchten, ist nun auch Heroic Bloodshed – Legende John Woo endlich in die Heimat zurückgekehrt. Spätestens die auf ganzer Linie enttäuschende, verschenkte PG-13-Sci-Fi-Gurke „Paycheck“ 2004 hatte bewiesen, dass die Zeiten Wooscher Großtaten auch in US-Produktionen wie „Hard Target“ oder zuletzt „Mission: Impossible II“ gezählt waren und eine kreative back-to-the-roots-Orientierung unumgänglich. Die reicht noch deutlich weiter als bis zur von ihm dereinst begründeten goldenen Ära des Heroic-Bloodshed-Kinos und führt den Ballerbalett-Meister in die Gefilde des historischen Kriegsepos, in dem statt Pistolenkugeln Pfeile durch die Lüfte gefeuert werden. Weder die charakteristischen Zeitlupen noch die obligatorsichen Tauben muss der Fan im Comeback-Knaller „Red Cliff“ jedoch missen, mit dem Woo seine beste Arbeit seit langem vorlegt. Schändlicherweise wurde das sich im Original über zwei Teile erstreckende, insgesamt weit über vierstündige Epos für die Vermarktung im Westen wie es bei asiatischen Werken ja leider so oft der Fall ist, auf eine internationalen Fassung zusammengeschnitten, die knappe zweieinhalb Stunden läuft, damit mal eben die Hälfte des Originalmaterials missen lässt und in good old germany dann nicht einmal eine Kinoauswertung spendiert bekam – obwohl die grandiosen Bilder, die Woo für „Red Cliff“, die teuerste asiatische Produktion aller Zeiten, auf Zelluloid zauberte, so sehr nach großer Leinwand schreien wie keiner seiner Filme zuvor.
Wir schreiben das Jahr 208 n. Chr: Der machtgierige Prime Minister Cao Cao (Zhang Fenyi) richtet seine expansiven Ambitionen nach erfolgreicher Vereinnahmung der Nord-Provinzen des Reiches gen Süden. Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit ihrer Streitkräfte formieren die dortigen Herrscher entschlossen den Widerstand gegen Cao Caos übermächtige Armee – am titelgebenden Red Cliff kommt es schließlich zur Entscheidungsschlacht…
Wie detailliert sich die Originalfassung dem Geschehen abseits des Schlachtfeldes, den politischen Hintergründen und vor allem Charakteren widmet, lässt sich aus dem internationalen Rumpf leider nicht ergründen und verbleibt bis zur Sichtung des vollständigen Zweiteilers im Raum der Spekulation – der zusammengeschnittenen Fassung jedenfalls hätte ein ausführlicheres Eingehen in der Hauptsache auf die in der militärischen Führung und den Herrscherpositionen vertretenen Hauptfiguren nicht geschadet, kommt aufgrund deren Vielzahl doch der jeweilige Background stets etwas kurz und verhindert eine allzu intensive Involvierung des Zuschauers in die Schicksale der Handelnden. Der Wechsel zwischen ausführlichen Schlachtszenen und Potraitierung der Taktikentwicklung in den Planungszentren der Kontrahenten lässt die Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd stets ein wenig anonym wirken, verlässt selten den global-epischen Rahmen des großen Ganzen, um anhand der Einzelschicksale noch tiefer ins Geschehen einzutauchen.
Allzu sehr schadet das „Red Cliff“ jedoch insofern nicht, als die Epik, mit der Woo diesen Krieg aus der übergeordneten großen Perspektive auf die Leinwand wuchtet, den Film mit dem überwältigenden Eindruck, den sie bereits während der Anfangscredits entfaltet, mühelos zu tragen vermagt. Woo präsentiert ein gigantisches Schlachtengemälde, das dem Rechenknecht immense Kriegerhorden und Streitflotten für die Großansicht entlockt und mit graziler Choreografie für die Nahaufnahmen des blutigen Getümmels kombiniert. Bei allem Bombast der aufmarschierenden Heere, im Finale sekündlichen Feuerbälle und Explosionen sind es stets die Sequenzen, in denen die Kamera einzelne Kämpfer inmitten des Schlachtfelds beim Hauen und Stechen begleitet, die in Sachen Action die begeisterndste Wirkung entfalten: Dynamische Choreograifien mit mal mehr, mal weniger ausgeprägtem Martial-Arts-Einschlag mischen sich mit Woos gewohnt grandioser und trotz Schusswaffenverzichts die bewährten Trademarks Slow-Motion und suppendes Blut nicht missen lassender Inszenierung zu einem großartigen Actionreigen, hart und brutal ohne es an graziöser Eleganz fehlen zu lassen.
Apropos Woosche Markenzeichen: Weiße Tauben lässt der Meister hier gefühlt mehr fliegen als in all seinen bisherigen Filmen zusammen, legt er in „Red Cliff“ doch generell eine sehr ausgeprägte und atmosphärisch auch perfekt passende Symbol-Affinität an den Tag. Zudem lässt sich eine Szene in der Eröffnungsschlacht, in der ein Baby von einem Soldaten durch den tobenden Kampf getragen wird, wohl gut und gerne als Hommage ans Kult gewordene „Hard-Boiled“-Motiv verstehen.
Auf die Kraft der Bilder vertraut Woo bei alldem nicht nur in den Schlachtenszenen, sondern stilisiert jede einzelne Sekunde seines Films zum optischen Hochgenuss, der mit weiten Landschaften, prächtigen Gewändern oder stylishen Sonneneffekten für Eyecandy sorgt.
Doch neben der visuellen weiß durchaus auch die inhaltliche Seite von „Red Cliff“ zu überzeugen. Entfaltet die in der abzusehenden Entscheidungsschlacht gipfelnde Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd in der internationalen Fassung zwar keine große Tiefe, so fasziniert doch die Darstellung des Taktierens und Kriegslistenschmiedens der verfeindeten Parteien enorm: Von raffinierter Aufstockung der eigenen Waffenbestände aus dem Kontingent des Gegners über zeitliche Verzögerungen des Kampfes, um die gerade opportune Windrichtung abzuwarten bis zu unehrenhaften Mitteln wie der versuchten Ansteckung der feindlichen Armee mit einer in den eigenen Reihen grassierenden tödlichen Krankheit haben die Kontrahenten hier weit mehr in petto als stumpfes Aufeinanderlosgehen – bei einer derartigen zahlenmäßigen Unverhältnismäßigkeit der Heere unvermeidlich. Der Entwicklung von List und Taktik kommt in „Red Cliff“ mindestens genauso viel Gewicht zu wie den Schlachten selbst – gleiches gilt für den Unterhaltungswert.
Fazit: Mit „Red Cliff“ schließt HK-Legende John Woo endlich das auf lange Sicht unrühmliche Hollywood-Kapitel ab und präsentiert ein hervorragendes Comeback: Sein Film ist ein bombastisches Schlachtenepos, das sich durch gewohnt großartig inszenierte, harte Action gleichermaßen auszeichnet wie atmosphärisch-epische Optik und ausgiebige faszinierende Darstellung militärischen Taktierens. Dass es der internationalen Fassung dabei etwas an Tiefe und Figurenausarbeitung mangelt, schadet dem Werk angesichts des visuellen Hochgenusses nur insofern als es den Weg zum wahren Meisterwerk verbaut. Woo is back.
Die internationale Fassung erschien bei dem Label Constantine, ist mit einer FSK 16 "uncut" und kann unter anderem hier geordert werden.
Red Cliff - Internationale Fassung
Wie alle großen Schauspiel- gleichwie Regiestars Hongkongs, die in den 90er-Jahren ihr Glück in Hollywood versuchten, ist nun auch Heroic Bloodshed – Legende John Woo endlich in die Heimat zurückgekehrt. Spätestens die auf ganzer Linie enttäuschende, verschenkte PG-13-Sci-Fi-Gurke „Paycheck“ 2004 hatte bewiesen, dass die Zeiten Wooscher Großtaten auch in US-Produktionen wie „Hard Target“ oder zuletzt „Mission: Impossible II“ gezählt waren und eine kreative back-to-the-roots-Orientierung unumgänglich. Die reicht noch deutlich weiter als bis zur von ihm dereinst begründeten goldenen Ära des Heroic-Bloodshed-Kinos und führt den Ballerbalett-Meister in die Gefilde des historischen Kriegsepos, in dem statt Pistolenkugeln Pfeile durch die Lüfte gefeuert werden. Weder die charakteristischen Zeitlupen noch die obligatorsichen Tauben muss der Fan im Comeback-Knaller „Red Cliff“ jedoch missen, mit dem Woo seine beste Arbeit seit langem vorlegt. Schändlicherweise wurde das sich im Original über zwei Teile erstreckende, insgesamt weit über vierstündige Epos für die Vermarktung im Westen wie es bei asiatischen Werken ja leider so oft der Fall ist, auf eine internationalen Fassung zusammengeschnitten, die knappe zweieinhalb Stunden läuft, damit mal eben die Hälfte des Originalmaterials missen lässt und in good old germany dann nicht einmal eine Kinoauswertung spendiert bekam – obwohl die grandiosen Bilder, die Woo für „Red Cliff“, die teuerste asiatische Produktion aller Zeiten, auf Zelluloid zauberte, so sehr nach großer Leinwand schreien wie keiner seiner Filme zuvor.
Wir schreiben das Jahr 208 n. Chr: Der machtgierige Prime Minister Cao Cao (Zhang Fenyi) richtet seine expansiven Ambitionen nach erfolgreicher Vereinnahmung der Nord-Provinzen des Reiches gen Süden. Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit ihrer Streitkräfte formieren die dortigen Herrscher entschlossen den Widerstand gegen Cao Caos übermächtige Armee – am titelgebenden Red Cliff kommt es schließlich zur Entscheidungsschlacht…
Wie detailliert sich die Originalfassung dem Geschehen abseits des Schlachtfeldes, den politischen Hintergründen und vor allem Charakteren widmet, lässt sich aus dem internationalen Rumpf leider nicht ergründen und verbleibt bis zur Sichtung des vollständigen Zweiteilers im Raum der Spekulation – der zusammengeschnittenen Fassung jedenfalls hätte ein ausführlicheres Eingehen in der Hauptsache auf die in der militärischen Führung und den Herrscherpositionen vertretenen Hauptfiguren nicht geschadet, kommt aufgrund deren Vielzahl doch der jeweilige Background stets etwas kurz und verhindert eine allzu intensive Involvierung des Zuschauers in die Schicksale der Handelnden. Der Wechsel zwischen ausführlichen Schlachtszenen und Potraitierung der Taktikentwicklung in den Planungszentren der Kontrahenten lässt die Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd stets ein wenig anonym wirken, verlässt selten den global-epischen Rahmen des großen Ganzen, um anhand der Einzelschicksale noch tiefer ins Geschehen einzutauchen.
Allzu sehr schadet das „Red Cliff“ jedoch insofern nicht, als die Epik, mit der Woo diesen Krieg aus der übergeordneten großen Perspektive auf die Leinwand wuchtet, den Film mit dem überwältigenden Eindruck, den sie bereits während der Anfangscredits entfaltet, mühelos zu tragen vermagt. Woo präsentiert ein gigantisches Schlachtengemälde, das dem Rechenknecht immense Kriegerhorden und Streitflotten für die Großansicht entlockt und mit graziler Choreografie für die Nahaufnahmen des blutigen Getümmels kombiniert. Bei allem Bombast der aufmarschierenden Heere, im Finale sekündlichen Feuerbälle und Explosionen sind es stets die Sequenzen, in denen die Kamera einzelne Kämpfer inmitten des Schlachtfelds beim Hauen und Stechen begleitet, die in Sachen Action die begeisterndste Wirkung entfalten: Dynamische Choreograifien mit mal mehr, mal weniger ausgeprägtem Martial-Arts-Einschlag mischen sich mit Woos gewohnt grandioser und trotz Schusswaffenverzichts die bewährten Trademarks Slow-Motion und suppendes Blut nicht missen lassender Inszenierung zu einem großartigen Actionreigen, hart und brutal ohne es an graziöser Eleganz fehlen zu lassen.
Apropos Woosche Markenzeichen: Weiße Tauben lässt der Meister hier gefühlt mehr fliegen als in all seinen bisherigen Filmen zusammen, legt er in „Red Cliff“ doch generell eine sehr ausgeprägte und atmosphärisch auch perfekt passende Symbol-Affinität an den Tag. Zudem lässt sich eine Szene in der Eröffnungsschlacht, in der ein Baby von einem Soldaten durch den tobenden Kampf getragen wird, wohl gut und gerne als Hommage ans Kult gewordene „Hard-Boiled“-Motiv verstehen.
Auf die Kraft der Bilder vertraut Woo bei alldem nicht nur in den Schlachtenszenen, sondern stilisiert jede einzelne Sekunde seines Films zum optischen Hochgenuss, der mit weiten Landschaften, prächtigen Gewändern oder stylishen Sonneneffekten für Eyecandy sorgt.
Doch neben der visuellen weiß durchaus auch die inhaltliche Seite von „Red Cliff“ zu überzeugen. Entfaltet die in der abzusehenden Entscheidungsschlacht gipfelnde Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd in der internationalen Fassung zwar keine große Tiefe, so fasziniert doch die Darstellung des Taktierens und Kriegslistenschmiedens der verfeindeten Parteien enorm: Von raffinierter Aufstockung der eigenen Waffenbestände aus dem Kontingent des Gegners über zeitliche Verzögerungen des Kampfes, um die gerade opportune Windrichtung abzuwarten bis zu unehrenhaften Mitteln wie der versuchten Ansteckung der feindlichen Armee mit einer in den eigenen Reihen grassierenden tödlichen Krankheit haben die Kontrahenten hier weit mehr in petto als stumpfes Aufeinanderlosgehen – bei einer derartigen zahlenmäßigen Unverhältnismäßigkeit der Heere unvermeidlich. Der Entwicklung von List und Taktik kommt in „Red Cliff“ mindestens genauso viel Gewicht zu wie den Schlachten selbst – gleiches gilt für den Unterhaltungswert.
Fazit: Mit „Red Cliff“ schließt HK-Legende John Woo endlich das auf lange Sicht unrühmliche Hollywood-Kapitel ab und präsentiert ein hervorragendes Comeback: Sein Film ist ein bombastisches Schlachtenepos, das sich durch gewohnt großartig inszenierte, harte Action gleichermaßen auszeichnet wie atmosphärisch-epische Optik und ausgiebige faszinierende Darstellung militärischen Taktierens. Dass es der internationalen Fassung dabei etwas an Tiefe und Figurenausarbeitung mangelt, schadet dem Werk angesichts des visuellen Hochgenusses nur insofern als es den Weg zum wahren Meisterwerk verbaut. Woo is back.
Die internationale Fassung erschien bei dem Label Constantine, ist mit einer FSK 16 "uncut" und kann unter anderem hier geordert werden.
Oh ja, das klingt doch richtig gut ... für mich klingt die Umschreibung der optischen "Defizite" ein wenig nach Musa-The Warrior ... von dem war ich optisch auch ein wenig ernüchtert. Kommt dieser Vergleich hin? Ansonsten vielen Dank für das ausführliche Review zum ersten Teil, das definitiv Lust auf den Film macht. Wobei mir aber so war, als sollte in westlichen Breiten sogar nur eine 2 Stunden 20 Version kommen ...kami hat geschrieben:Tu das, könnte Dir gefallen. Hat für meinen Geschmack leider zu wenig (bis keine) folkloristische Elemente, da hört sich des Hansens LAST SAMURAI-Score exotischer an.SFI hat geschrieben:Schönes Review, den Score muss ich dann mal ordern so als Hans Fan!
In diesem Sinne:
freeman
MUSA sieht imho auf alle Fälle besser aus, da gibt es doch mehr Bildmanipulationen, auch die Kameraführung ist mehr auf den Effekt aus. Hab MUSA insgesamt als visuell sehr ansprechenden Film empfunden.freeman hat geschrieben:Oh ja, das klingt doch richtig gut ... für mich klingt die Umschreibung der optischen "Defizite" ein wenig nach Musa-The Warrior ... von dem war ich optisch auch ein wenig ernüchtert. Kommt dieser Vergleich hin?
Hier mal mein kurzes Feedback zum zweiten Teil:
Red Cliff Part 2
Nachdem in Red Cliff Part 1 im Prinzip alle Weichen für die alles entscheidende Schlacht gestellt waren kann man bei der Fortsetzung nur von einer Riesen Enttäuschung sprechen, zum einen dauert es geschlagene 1 1/2 Stunden bis die finale Schlacht denn losgeht, vorher ist nicht mal ein Scharmützel zu finden, und dann versagt die Schlacht auch noch auf ganzer Linie. Vieles wirkt billig im Studio zusammengeschustert und man fragt sich wo eigentlich das riesige Budget hinverschwunden ist. Klar ist die Schlacht immernoch visuell höchst ansprechend, vorallem wenn es in den Nahkampf geht, aber leider retten die paar guten Szenen den Film auch nicht mehr. Ich jammere hier auf hohem Niveau, aber nach dem recht ordentlichen ersten Teil hatte ich mit einer Steigerung gehofft, da die Möglichkeiten für ein opulentes Schlachtfest durchaus dagewesen sind.
Red Cliff Part 2
Nachdem in Red Cliff Part 1 im Prinzip alle Weichen für die alles entscheidende Schlacht gestellt waren kann man bei der Fortsetzung nur von einer Riesen Enttäuschung sprechen, zum einen dauert es geschlagene 1 1/2 Stunden bis die finale Schlacht denn losgeht, vorher ist nicht mal ein Scharmützel zu finden, und dann versagt die Schlacht auch noch auf ganzer Linie. Vieles wirkt billig im Studio zusammengeschustert und man fragt sich wo eigentlich das riesige Budget hinverschwunden ist. Klar ist die Schlacht immernoch visuell höchst ansprechend, vorallem wenn es in den Nahkampf geht, aber leider retten die paar guten Szenen den Film auch nicht mehr. Ich jammere hier auf hohem Niveau, aber nach dem recht ordentlichen ersten Teil hatte ich mit einer Steigerung gehofft, da die Möglichkeiten für ein opulentes Schlachtfest durchaus dagewesen sind.
Meine Meinung zum Wookracher
Fred mal nen wenig angepasst. Falls kami noch nachschießen will, seinen Platzhalter belassen. Dann mein am Stück runtergeschriebenes Ding und für eventuelle Sichter der Kurzfassung einen neuen Platzhalter geschaffen ... Damit hammer dann alles abgedeckelt ...
In diesem Sinne:
freeman
Fred mal nen wenig angepasst. Falls kami noch nachschießen will, seinen Platzhalter belassen. Dann mein am Stück runtergeschriebenes Ding und für eventuelle Sichter der Kurzfassung einen neuen Platzhalter geschaffen ... Damit hammer dann alles abgedeckelt ...
In diesem Sinne:
freeman
Ja, die ist allerdings um ein paar Sekunden an Pferdestunts gekürzt.Seemi hat geschrieben:Danke für's reviewen!
Bei der UK-BR steht als Laufzeit 293 Minuten, sollte also die Langfassnug sein oder?
Zu freemans Rezi:
Bin nicht gar so euphorisch, dafür hab ich an den Effekten nichts zu meckern. Was meinst Du eigentlich mit dem "internationalen Standard", den die Effekte nicht erreichen würden? Hollywood-Standard? Thai-Standard? Oder gibt's mittlerweile ne Norm, die man erfüllen muss, wenn man seinen Film außer Landes verhökern möchte?
Internationale Standards, sind Standards, die man erreichen sollte, um ihn international verkaufen zu können, ohne dass es den Zuschauer aus dem Filmerlebnis herausreißt, weil er denkt: Oh, guck, Trick! ... ;-) Brennende Schiffe sollten dementsprechend auf rückprojezierten Schiffen keine seltsamen Farbunterschiede hervorrufen, die Fahrphysik der Schiffe sollte irgendwo in der Realität verankert sein und nur weil man Effektansichten weichzeichnet, sind sie nicht automatisch gut.
Wie gesagt, Orphanage leistete hier meiner Meinung nach erstaunlich gute Arbeit (dafür hatten sie aber auch ein megafettes Budget), dennoch gibts definitiv einige echte Effektausrutscher. Auch der eine saucoole, dennoch computeranimierte Taubenflug ist in seiner ganzen Anmutung ein wenig zu künstlich. So was reißt mich einfach immer wieder aus einem Film heraus ... Auch wenns hier niemals anders umzusetzen gewesen wäre ...
Und zu unserer vorhergehenden Diskussion in Sachen Optik, gefiel mir dieser hier im Übrigen doch deutlich mehr als Musa ... wobei ich Musa eh mal nochmal gucken muss ...
In diesem Sinne:
freeman
Wie gesagt, Orphanage leistete hier meiner Meinung nach erstaunlich gute Arbeit (dafür hatten sie aber auch ein megafettes Budget), dennoch gibts definitiv einige echte Effektausrutscher. Auch der eine saucoole, dennoch computeranimierte Taubenflug ist in seiner ganzen Anmutung ein wenig zu künstlich. So was reißt mich einfach immer wieder aus einem Film heraus ... Auch wenns hier niemals anders umzusetzen gewesen wäre ...
Und zu unserer vorhergehenden Diskussion in Sachen Optik, gefiel mir dieser hier im Übrigen doch deutlich mehr als Musa ... wobei ich Musa eh mal nochmal gucken muss ...
In diesem Sinne:
freeman
Ich werde den Effektteil anpassen ... ICH habe das Studio verwechselt! Ich war auf die Klitsche aus, die Wuji versaubeutelt hat! Sorry hierfür! Bei Host hats erst geklingelt! Also: Ich bin nicht mehr erstaunt über die Effektarbeit, dennoch enttäuscht vom Endergebnis ... irgendwie so ... Asche auf mein Haupt!
Leider bleibt dann aus meiner Sicht ein noch schalerer Effektnachgeschmack ... jetzt schwatzt mir der kami noch meinen Film madig ;-) (nein, Danke für den Rechercheanstoß, ich war da komplett auf dem falschen Dampfer)
In diesem Sinne:
freeman
Leider bleibt dann aus meiner Sicht ein noch schalerer Effektnachgeschmack ... jetzt schwatzt mir der kami noch meinen Film madig ;-) (nein, Danke für den Rechercheanstoß, ich war da komplett auf dem falschen Dampfer)
In diesem Sinne:
freeman
Das war das HKer Effekthaus Centro Digital. The Orphanage ist ja sogar ne Ami-FX-Schmiede.freeman hat geschrieben:Ich werde den Effektteil anpassen ... ICH habe das Studio verwechselt! Ich war auf die Klitsche aus, die Wuji versaubeutelt hat!
Und nochmal Gemecker: "Befriedigend" fand ich das Effektniveau von Red Cliff allemal, aber sicher nicht perfekt und auch nur ganz selten beeindruckend. Da hätte man bei dem Budget schon mehr erwarten können.
Kenne seit gestern auch immerhin fürs Erste mal die internationale Fassung, aber nach dem, was ich da gesehen habe, fiebere ich einer Komplettfassung unbedingt entgegen. Ich nehme jetzt mal nicht alles für voll, was sich mir da geboten hat, aber immerhin hat man ohne jeden Zweifel gesehen, dass John Woo verdammt noch mal zurück ist. Überlebensgroße Actionkompositionen, umgarnt von einer - sicher nur bruchstückhaft zur Geltung kommenden - Geschichte, die selbst in der anscheinend sehr professionell gekürzten Fassung so gut zur Geltung kommt, dass ich sagen muss, ich habe keinen asiatischen Historienfilm mehr gesehen, der mich auch gerade storytechnisch dermaßen gefesselt hat. Das waren 140 Minuten wie im Flug und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll mit meiner Freude über und für John Woo - das von freeman zu Recht herausgestellte Frauenbild; die von Ed Hunter erwähnte endlich mal wieder auf den Punkt passende Symboli, die zuletzt nur noch ein Krampf war - ganz großes Kino. Die Kritikpunkte, die ich hätte, verdächtige ich mal auf die Kürzung, das würde zumindest passen. Also wie gesagt: bloß her mit der Komplettfassung!
- LivingDead
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Bombastisches Wegblas-Kino vom Großmeister. Ich würde sagen, das ist ein Film bei dem - im Rahmen des Genres - so ziemlich alles stimmt. Von einer gekürzten Fassung mag ich gar nicht mal denken, sind doch so ziemlich alle Szenen elementar, respektive so toll inszeniert, dass auf sie kaum verzichtet werden kann.
Klar, die Figurenzeichnung bleibt teils etwas an der Oberfläche, einige CGI-Einstellungen sind misslungen und dennoch bleibt man die ganze Laufzeit über (und das sind knappe 280 Minuten!) wie gebannt vor dem Bildschirm sitzen. Passiert mir persönlich selten.
Klar, die Figurenzeichnung bleibt teils etwas an der Oberfläche, einige CGI-Einstellungen sind misslungen und dennoch bleibt man die ganze Laufzeit über (und das sind knappe 280 Minuten!) wie gebannt vor dem Bildschirm sitzen. Passiert mir persönlich selten.
Mit freundlichem Gruß
LivingDead
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- John_Clark
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