
(Copyright aller Bilder: Central Film)
Originaltitel: Edge of Darkness
Herstellungsland: Großbritannien / USA
Erscheinungsjahr: 2010
Regie: Martin Campbell
Darsteller: Mel Gibson, Ray Winstone, Danny Huston, Bojana Novakovic, Shawn Roberts, Denis O'Hare, Caterina Scorsone, Peter Hermann, Gbenga Akinnagbe, Jay O. Sanders u.a.
Polizist Thomas Craven, der sich in letzter Zeit ziemlich von seiner Tochter entfremdete, ist voller Vorfreude, als sie einen Besuch bei ihm ankündigt. Doch schon bei dem ersten Aufeinandertreffen spürt Tom, dass mit seiner Tochter etwas nicht stimmt. Als sie sich in Toms Haus angekommen mehrfach übergeben muss, beschließt er, sie zu einem Arzt zu bringen. Doch sie sollen nicht weit kommen, denn aus einem vor dem Haus parkenden Auto eröffnen Maskierte das Feuer auf das Duo und verwunden Toms Tochter tödlich. Dieser glaubt zunächst - wie seine Kollegen -, dass der Anschlag ihm gegolten habe, weil er sich vermutlich bei einem Gangster unbeliebt gemacht hat. Doch je tiefer Tom gräbt, umso mehr muss er erkennen, dass seine Tochter das wirkliche Ziel des Anschlags war, weil sie von einem haarsträubenden Komplott wusste ...
Dieses reicht dann bis in allerhöchste Regierungskreise und mutet durchweg ein wenig planlos, überhastet und kopflos an, was dem Film teilweise enorm schadet und ihn wenig glaubwürdig erscheinen lässt. Das ist insofern schade, weil der Einstieg in Auftrag Rache (selten dämlicher Titel, warum nannte man den Film nicht gleich Kill Mel I?) durchaus spannend daherkommt und ein hübsches Whodunit and Why aufgespannt wird, das den Film mühelos am Laufen halten würde. Doch mit zunehmender Laufzeit wird es immer abstruser und man kann sich des Eindruckes nicht verwehren, dass das Eindampfen der Vorlage, eine mehrteilige britische TV Reihe (im Übrigen wurde diese auch von Martin Campbell inszeniert), auf 120 Minuten Kinofilm nicht spurlos an dem Stoff vorbeigingen und dass diesem Film ohne seinen Star wohl nur eine Direct to DVD Karriere beschieden gewesen wäre.

Mad Mel ist es dann auch, der das wüste Storygebräu zusammenhält und in meinen Augen deutlich präziser aufspielt als in seinen anderen Thrillerausflügen Kopfgeld und Payback. Vor allem sein tiefzerfurchtes Gesicht spiegelt all die Trauer und Verbrauchtheit seines Charakters nach dem tragischen Verlust wider und in diversen Szenen darf Mad Mel auch sein Image des wüsten Zampanos ironisch aufbrechen. Vor allem seine Dialoge mit dem von Ray Winstone gespielten, sehr zwielichtig aufgestellten Einmannsicherheitsunternehmens Jedburgh setzen dabei die Highlights in diesem Film, zumal auch Winstone mit viel Altersmilde und ironischem Unterton overacted. Dagegen fällt dann leider der Oberbösewicht schwer ab, da er recht unpräzise und unmotiviert zwischen Waschlappen und Hardliner hin und herpendelt, was kein rechtes Bäddieflair aufkommen lassen will.

Über weite Strecken mutet Auftrag Rache aufgrund der Konzentration auf den gebrochenen Charakter Tom, der recht bodenständig bei seinen Ermittlungen zu Werke geht, verdammt dialoglastig an, was nicht selten zu ungunsten des Tempos zu Buche schlägt. Doch glücklicherweise setzt Regisseur Martin Campbell immer mal wieder geschickt auf ein paar wohldosierte, knackig kurze, enorm ruppige und ultrabrutale Gewalteruptionen, die das Adrenalin beim Publikum ordentlich hochschnellen lassen und aufgrund ihrer Brachialität (auch in Sachen Sounddesign) ordentlich verstören und ab und an ziemlich über die eigentlich ruhige Dramaturgie des Filmes hinwegholpern. Hier darf Mel dann jeweils den Berserker geben. Er schaltet komplett auf ein Mann sieht rot und der Zynismus seiner Figur schlägt munter Purzelbäume. Das wird dann zeitweise konterkariert mit ziemlich zarten, sehr melancholischen Erscheinungen, in denen Tom mit seiner toten Tochter interagiert. Hiermit wird dann der Dramaturgieflickenteppich komplettiert: Gediegene Thrillerspannung plus Hardcoreaction plus Sentiment. Das kann funktionieren, präsentiert sich hier aber als alles Mögliche, nur nicht als eine harmonische Mischung. Vollkommen irrigerweise entwickelt der Film aber auch genau aufgrund dieser etwas seltsamen Anlage eine ganz eigene Anziehungskraft.
Diese entlädt sich dann in einer urst genialen Schlusssequenz, bei der Mad Mel, eher tot als lebendig, in die „Festung“ der Mörder seiner Tochter einmarschiert und eiskalt und im Stil der goldenen 70er und 80er Jahre richtig aufräumt. Es werden Namen gebellt, alle möglichen Körperteile durchschossen, das Blut fließt eruptiv in Strömen und irgendwann ist da Stille. Und der Zuschauer schnauft noch einmal ordentlich durch und denkt bei sich: Solche Filme werden irgendwie kaum noch gemacht.

Daran pappt Campbell dann noch eine erstaunlich unkitschige, wirklich schöne Endszene (plus eine weitere Gewaltlawine) und dann ist es auch schon wieder vorbei ... das Leinwandcomeback eines der Heroen der 80er Jahre und eines absoluten Superstars der 90er, der sich zuletzt vor allem durch seine privaten Eskapaden und diverse im Suff getätigte, vollidiotische Aussagen selbst ins Abseits geschossen hat, die Kritiker mit seinen extrem wuchtigen Regiearbeiten in Lover and Hater aufspaltete und sich weitgehend von der Leinwand zurückgezogen hatte. Und irgendwie hätte man sich ein stimmigeres Comeback für ihn gewünscht. Campbell, von jeher einer der versiertesten Auftragsregisseure Hollywoods, der gute Action inszeniert, aber rundweg jedwede eigene Handschrift vermissen lässt, inszeniert zwar einen erstaunlich ruhig verlaufenden Thriller, bekommt aber letztlich die verstiegene Chose nicht komplett unter Kontrolle und zelebriert überfallartige, allzu heftig holpernde Richtungswechsel, die den Zuschauer wohl wieder wach rütteln sollen. Einzig der Showdown ist ein einziges - leider zu kurzes - Fest für alle Fans knallharter Rachefilme. Mad Mel kann man dabei keine Vorwürfe machen! Er spielt auf den Punkt und wenn der kleine Australier in den wütenden Modus schaltet, nimmt man ihm das noch mehr ab als allen anderen. Doch gegen das Drehbuch kommt er letztlich auch nicht an. Was bleibt, ist ein Film, der letztlich wohl besser in den Videotheken aufgehoben wäre als in den Kinos.

In diesem Sinne:
freeman
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John Clark rächt mit:
Acht Jahre - fast eine Dekade - solange ist es her, seit Mel Gibson zuletzt die Hauptrolle in einem Kinofilm inne hatte. Mit "Edge of Darkness", einem Remake einer gleichnamigen britischen TV-Serie, meldet sich der Mitfünfziger auf den Leinwänden unserer Kinosääle zurück...
Inhalt:
Thomas Craven (Mel Gibson) ist Bostoner Polizist und kann es kaum erwarten, dass seine Tochter Emma (Bojana Novakovic) ihn mal wieder besuchen kommt, haben er und sein Töchterchen sich doch ein wenig auseinander gelebt. Kurz nach ihrer Ankunft erbricht Emma jedoch Blut und wird an der Haustüre auf dem Weg zum Arzt brutal erschossen. Die Polizei vermutet einen Anschlag auf Thomas. Dieser findet jedoch eine Waffe im Nachttisch seiner Tochter und geht weiteren Vermutungen nach, welche ihn gefährlich Nahe an eine Verschwörung zwischen der Regierung und eines Grosskonzerns treiben.
Mel Gibson ist immer dann am besten, wenn er entweder die Streitaxt schwingen oder die Pistole benutzen kann (gut, auch wenn er weiss, was Frauen wollen...). Der Trailer zu "Edge of Darkness" versprach einen Rachethriller im Style von "Payback" und zeigt einen Mel Gibson in seinem Element. Nach eher durchzogenen Kritiken war ich äusserst skeptisch Gibsons Comeback gegenüber. Aber ich wollte mir meine eigene Meinung bilden. Glücklicherweise.
Denn schlecht ist "Edge of Darkness" nicht. Der Film unterhält, gibt dem Zuschauer Momente zum atmen und gibt dem Zuschauer genug Zeit, sich in Cravens Lage zu versetzen. Der Mord an Emma Craven kam zu einem völlig überraschenden Zeitpunkt und ist äusserst blutig inszeniert worden. Gibson spielt anschliessend richtig gut auf, zeigt, dass er es immer noch kann. Das Alter macht zwar auch vor einem Mel Gibson nicht halt, dessen Haar einiges grauer und dünner geworden ist als noch zu "Signs"-Zeiten und sein faltiges Gesicht passt sicherlich besser zu dieser Story als noch das Mel Gibson-Babyface der Neunziger.
Und wer jetzt erwartet, dass Mel Gibson im Jason Bourne-Style mit Wackelcam durch die Gegend rennt und Massen an Bad Guys zu klump prügelt, liegt falsch. Der Trailer mag dies vermitteln. Jedoch ist "Edge of Darkness" ein eher stiller Film, der jedoch an einigen eher wenigen Momenten äusserst Brutal daherkommt.
Der Cast neben Gibson ist vielleicht nicht sehr namhaft, aber wurde sorgfältig ausgewählt und mit den richtigen Leuten besetzt. Ray Winstone wirkt äusserst geheimnisvoll in seiner Rolle, Danny Houston möchte man auch hier am liebsten sofort eine Kugel zwischen die Augen jagen, so fies kommt der auch hier rüber, David Aaron Baker wirkt aalglatt und unsymphatisch - und somit total seiner Rolle entsprechend und Jay O. Sanders Figur war gegen Ende genau das, was der Darsteller schon zu Beginn dargestellt hat. Leider war Bojana Novakovic nur ein kurzer Auftritt erlaubt. Er wäre aber zu hoffen, die symphatische Dame dereinst mal wieder auf der Leinwand zu sehen.
Erwähnen darf man auch die absolut solide Arbeit von Regisseur Martin Campbell ("GoldenEye", "Casino Royale"), der hier einen äusserst bodenständigen Film ohne jeglichen Schnickschnack geschaffen hat. Aber, Campbell wirkt ein wenig verschenkt. Ich hätte ihn lieber einen Film machen sehen, der den Drive eines GoldenEye oder Casino Royals besitzt. "Edge of Darkness" ist fast schon zu langatmig und bietet zu wenig Action für einen idealen Campbell-Film.
Fazit: Der Trailer ist irreführend. "Edge of Darkness" ist kein Actionfilm, sondern eher ein Thriller, der einige Actionszenen beeinhaltet, warum ich auch die Enttäuschung einiger Kinogänger verstehe. Der Film ist jedoch grundsolide, Mel Gibson is back und meine Vorfreude auf ein eventuelles "Lethal Weapon 5" ist auch wieder da.
