
Copyright aller Bilder: Universum Film / Magali BRAGARD
Originaltitel: Aventures extraordinaires d'Adèle Blanc-Sec, Les
Herstellungsland: Frankreich
Erscheinungsjahr: 2010
Regie: Luc Besson
Darsteller: Louise Bourgoin, Mathieu Amalric, Philippe Nahon, Nicolas Giraud, Gilles Lellouche, Frédérique Bel, Jean-Paul Rouve, Moussa Maaskri, Laure de Clermont-Tonnerre, Eric Naggar u.a.
Luc Besson. Ein Name, mit dem man als Filmfan durchaus gelungene Kinostunden verbindet: „Subway“, „Das fünfte Element“, „Leon - der Profi“, „Nikita“. Fast im Alleingang etablierte Besson eine etwas weniger Arthousige Schiene im frankophilen Kino und rundete dies mit der Gründung eines eigenen Studios ab, das heute mit Krachern wie „Transporter“, „Hitman“ oder „96 Hours“ den amerikanischen Blockbusterschmieden Paroli bietet. Seit einiger Zeit zog Besson sich gefühlt vom aktiven Filmemachen zurück und war vor allem als Produzent und Drehbuchautor omnipräsent. Das kleine Regieprojekt „Angel-A“ erstaunte in seinem Minimalismus dann sogar seine ehemals heftigsten Kritiker, lief aber weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit und auch sein Prestigeprojekt „Arthur und die Minimoys“ wollte außerhalb der Grande Nation einfach nicht zünden. Es wurde daher mal wieder Zeit für einen Film, der das typische Besson Flair aus Bilderzauberei und kurzweiligem Geschichtenerzählen auf die Leinwand zurückbringen sollte ...

... und es ging komplett in die Hose. Sein großes Ziel war es, die in Frankreich leidlich bekannten Comics von Jacques Tardi um die Hauptfigur Adèle für die große Leinwand aufzubereiten. Was auch immer dieses Vorhaben bringen sollte, Besson vermasselt es gründlichst. Das beginnt schon bei der wirklich miesen und chaotisch aufgezogenen Geschichte, bei der Besson im Mittelteil komplett den roten Faden aus den Augen verliert. Irgendwie geht es in dem Film um die titelgebende Adèle. Ein zunächst erstaunlich emanzipiertes Frauenzimmer, das einen durchaus zu faszinieren versteht, zumal Louise Bourgoin sie mit viel Verve verkörpert. Doch je belangloser die Geschichte selbst wird, umso mehr merkt man, dass auch die starke Adèle nichts weiter als eine aufgeblasene Seifenblase ist, die einem mit ihrem inhaltsleeren Gelaber und zunehmend exaltierten Gehabe bald so auf den Zünder geht, dass man ihr permanent einen Korken in die parlierende Gusche stopfen möchte.
Adele will nun ihre todkranke Schwester retten. Dazu braucht sie den Leibarzt von Pharao Ramses II. Warum und wieso ... vielleicht weiß es das Comic? Auf jeden Fall kennt sie da einen Wissenschaftler, der in der Lage ist, Totes zum Leben zu erwecken. So zum Beispiel einen Pterodactylus, der fortan Frankreich unsicher macht und von dem Wissenschaftler per Gedankenkontrolle gesteuert wird. Wofür es den Saurier braucht, außer für schlechte Kackawitze, das weiß vermutlich nicht einmal der Comic. Und die Effektleute wohl auch nicht, beziehungsweise scheinen die erst spät von dem Viech erfahren zu haben, denn der Saurier ist nicht nur grottig animiert, der Flug von Adele auf dem Flügeltier bombt die Effekttechnik an sich gefühlt ins Zeitalter der Atarikonsolen zurück.

Vom Saurier zum Pharao ist es bei Besson nur ein Katzensprung. Obendrein einer, der zwei zuvor wirklich wichtige Figuren aus dem Film kegelt und sie nie wieder erwähnt. Egal. Hauptsache animierte Lederhautägypter, die dämliche Witze reißen und Adele zu noch mehr Konversation anregen. Dies lässt einem genug Zeit, den traurigen Rest zu bestaunen. Was vor allem auffällt, ist, dass der Film vollkommen unscharf in seiner Fokussierung auf eine Zielgruppe ist. Erwachsene werden an dem präsentierten Gagahumor, dem Overacting, den miesen Effekten, der Nullingergeschichte und den grauenhaften Charakteren, die mit ihren angeklebten Nasen-, Kinn- und Wangenprothesen obendrein aussehen, wie von einem Dorftheater geflohen, schier verzweifeln und sich zu Tode langweilen. Und Kinder werden mit ihren vermutlich ersten nackten Titten im Film, endlos breitgewalzten Slapsticksituationen, unpassenden Humormomenten (Schafserschießungen in Großaufnahme? Eine GROSSE Nadel wird durch den Kopf einer Hauptfigur getrieben?) und endlosen Labersequenzen konfrontiert, was sie zum einen ziemlich verstören und zum anderen mit der Zeit extrem langweilen dürfte.
Ob sich Besson irgendwann selbst an seinem Film gelangweilt hat, kann ich nicht sagen, zumindest bringt er irgendwann den Handlungspart um Adeles Schwester zu irgendeinem Ende, schwelgt in Dekors, lässt die Kamera in der pompösen Ausstattung versinken und bemüht sich um ein paar optisch erfrischende Momente wie ein paar erstaunliche Kamerafahrten durch Paris. Aber wirklich retten kann das seinen Film auf keinen Fall. Eher schaut man sich fast panisch um, wenn gegen Ende eine Andeutung kommt, die vermuten lässt, dass Besson mit diesem Wirrsinn fortfahren will. Na hoffentlich macht er das ... aber bitte nicht in mein Kino.

Was bleibt, ist die zumindest optisch hübsche Eigendestruktion eines Regietitanen, der seine Geschichte irgendwann genauso aus den Augen verliert wie sein Publikum. Er vergisst einen vernünftigen Spannungsbogen und langweilt mit brutal in die Länge gezogenen Comedyeinlagen, die zu keiner Sekunde zünden und eigentlich nur offenbaren, dass die Hauptdarstellerin in jeder Lage und Verkleidung toll ausschaut. Der Humor erinnert schwer an ähnliche frankophile Komödien wie „Die Zeitritter“ und mutet in seiner Derbheit einfach nur arm an. Zudem bekommt Besson seine hemmungslos chargierenden Darsteller nicht unter Kontrolle und entsetzt mit kindischen Maskeneffekten und absolut üblen Computereffekten. Zudem will sich nicht erschließen, für wen und warum dieser Film gemacht wurde ... Spaß macht er zu keiner Sekunde und er entpuppt sich schnell als Zeitverschwendung der ganz groben Sorte ...

In diesem Sinne:
freeman