Stichtag

Filme abseits des Actiongenres mit Actionhelden (irgendwie so in der Art).
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freeman
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Stichtag

Beitrag von freeman » 02.03.2011, 08:12

Stichtag

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Originaltitel: Due Date
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2010
Regie: Todd Phillips
Darsteller: Robert Downey Jr., Zach Galifianakis, Michelle Monaghan, Juliette Lewis, Jamie Foxx, Alan Arkin, Matt Walsh, RZA, Charlie Sheen u.a.

Todd Phillips ist für mich ein Phänomen. Als einem der wenigen Hollywoodregisseure gelingt es ihm, Komödien abzuliefern, die NICHT dem üblichen Schema der Traumfabrikkomödien folgen. Im Klartext heißt das, dass Philips meiner Meinung nach nie sein Pulver in der ersten Stunde verschießt, um dann in sentimentale Gefilde abzurutschen oder gleich das Genre zu wechseln. Stattdessen verknüpft er die Ingredienzien seiner Filme von Anfang an plausibel miteinander, lässt auf Brachialgags ruhige Momente folgen, nimmt sich Zeit für die Charaktere und tritt zwischendurch immer mal wieder aufs Gaspedal, um ein paar herrliche Gagagags abzufeuern. So gelingt es ihm auch meist bis zum Schluss, wirklich spritzige Situationen aus der Hüfte zu feuern. Für manch andere Komödienregisseure scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit, trennen sie doch nur zu gern zwischen den Zutaten ihrer Komödien. Hier die Komik, da die Emotion, Action oder Dramatik ....

„Stichtag“ ist nun der Höhepunkt im Schaffen von Philips, denn hier gelingt ihm eine wirklich nahtlose Verknüpfung aus absolut hervorragender Situationskomik, ECHTEN Charakteren, rührenden Botschaften um wahre Männerfreundschaften, Sentiment und haarsträubender Action. Dabei lässt er den Architekten Peter auf den angehenden Schauspieler Ethan treffen. Beide flogen wegen einer hitzigen Diskussion aus dem Flugzeug, fielen dabei doch Reizworte wie „Bombe“, „Fernsteuerung“ und „Terrorist“. Beide landen auf der Nofly Liste, was vor allem für Peter verheerende Folgen hat, denn eigentlich muss er schnell heim, erwartet seine Frau doch jederzeit ihre Niederkunft. Da seine Geldbörse obendrein noch im bereits gestarteten Flugzeug liegt, ist guter Rat teuer. Doch seine neue Zufallsbekanntschaft Ethan bietet ihm an, ihn nach L.A. in einem gemieteten Auto mitzunehmen. Der Beginn eines wortwörtlichen Horrortrips mit Bären, Unfällen, Verhaftungen, Dialogscharmützeln und neuen Formen der Kindererziehung.

„Stichtag“ lebt durchweg von der irren Chemie seiner beiden Hauptdarsteller Robert Downey Jr. und Zach Galifianakis! Beide wiederholen für sich gesehen zwar nur ihre letzten großen Supererfolgsrollen (Downey gibt erneut den arroganten Tony Stark aus „Iron Man“, Galifianakis den naiven Chaoten aus „Hangover“), doch indem Philips diese grundverschiedenen Charaktere aufeinander prallen lässt, funkt es auf der Leinwand gar heftig. Denn diese beiden Figuren haben NULL Berührungspunkte, keine Gemeinsamkeiten und dementsprechend ein so immens hohes Konfliktpotential, dass man als Zuschauer beim Einsteigen Downey Jrs. in die Karre von Galifianakis aus dem Feixen nicht mehr herauskommt.

Und im Grunde werden fortan alle Erwartungen noch übertroffen. Denn Philips etabliert die Grundsituation und die ersten Verwicklungen mit einem solchen Heidentempo, dass an Müßiggang gar nicht zu denken ist. Gleichzeitig gelingt es ihm wieder auf großartige Art und Weise, seine beiden Figuren vorzustellen und sie dem Zuschauer ans Herz wachsen zu lassen. Und während die Situationen, in die beide geraten, immer abstruser werden, wachsen die beiden verschiedenen Charaktere zusammen, beginnen sich zu respektieren und eine tiefe Freundschaft aufzubauen. Von der beide aber nichts ahnen, geben sie sich doch bis zur letzten Minute Saures. Dazu kommen ein paar wundervoll anrührende Momente, bei denen man sich als Zuschauer fast schlecht fühlt, dass man die Figuren zuvor noch herzhaft ausgelacht hat. Kurzum: Hier haben wir mal wieder einen Film mit herrlichstem Involvement, denn am Ende sind nicht nur die beiden Figuren Freunde, sondern irgendwie hat auch der Zuschauer zwei neue Freunde gefunden.

Aufgrund dieser großartigen Two Men Show haben die anderen Darsteller in „Stichtag“ nicht wirklich viel zu tun. Michelle Monaghan und Juliette Lewis werden so zur bloßen Staffage, ein Schicksal, dass sie mit den anderen Nebendarstellern teilen. Die Hauptrollen spielen Downey Jr., Galifianakis ... und die USA. Denn freilich ist „Stichtag“ in erster Linie ein Road Movie, das einem in manchen Momenten eine astreine Gänsehaut verschafft. Etwa wenn die Kamera fast schon erhaben neben dem Auto der beiden Charaktere schwebt und den auftauchenden Grand Canyon im Hintergrund immer mehr in den Vordergrund holt und dessen Schönheit förmlich zelebriert.

Ähnlich gelungen präsentiert sich die gesamte Umsetzung des Road Trips, die sich weder bei den gefühligen Momenten noch bei den hektischen Actioneinlagen eine Blöße gibt. Die musikalische Untermalung passt sich immer treffend dem Geschehen an und hat ein erstaunliches Motiv als Hauptthema, das ich so nicht wirklich mit einer Komödie in Verbindung bringen würde. Sehr cool.

Cool sind auch der Kaffeeauftritt von Jamie Foxx, ein herber Magenschwinger, ein Kiffererlebnis, ein Beinschuss, ein falsches Abbiegen nach Mexiko, ein Cameo von Charlie Sheen und ein sich selbst befriedigender Kläffer. Witze, die herb klingen, im Film selbst auch erstaunlich derb rüberkommen, aber irgendwie einfach zu diesem Chaostrip passen wie der sprichwörtliche Arsch auf den Eimer. Und immer, wenn Robert Downey Jr. komplett die Contenance verliert und dabei schon mal einem Hund ins Antlitz rotzt, ist alleine das den Eintrittsobolus wert. Downey Jr. war selten besser, präsenter und witziger als hier! Einzig Galifianakis wird nach dem demnächst folgenden „Hangover II“ darauf achten müssen, dass er nicht zum Freak vom Dienst verkommt. Zumindest wenn ihn Philips führt, muss er sich keine Gedanken machen, dass er verheizt wird. „Stichtag“, für mich rundweg die Komödie des vergangenen Kinojahres ...
:liquid9:

Die deutsche DVD erscheint von Warner Brothers und ist mit einer FSK 12 Freigabe ungeschnitten.

In diesem Sinne:
freeman

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C4rter sticht mit:

Regisseur Todd Phillips hat ein Händchen für gute Komödien. Angefangen bei den echten Krachern wie „Road Trip“ oder „Old School“ bis zu „The Hangover“ hat er mich schon oft zum Lachen gebracht. Zwar habe ich nicht alle seine Werke gesehen(„Starsky & Hutch“) aber trotzdem sehe ich mich als kleinen Fan seines Schaffens. Daher war ich sehr gespannt auf den neusten Streich, zwischen „The Hangover“ und „The Hangover 2“, der auf den Namen „Due Date“ hört. Vor allem die Hauptrollen, die mit Robert Downey Jr. und Zach Galifianakis gut besetzt sind, versprachen einiges.

Peter Highman(Robert Downey Jr.) hat es eilig, denn der Architekt will möglichst schnell von Atlanta ins entfernte Los Angeles zu seiner hochschwangeren Frau(Michelle Monaghan) fliegen. In wenigen Tagen steht die Geburt an und er will rechtzeitig da sein, wenn das Kind per Kaiserschnitt geholt wird.
Schon am Eingang zum Flughafen kommt es zu einem folgenschweren „Zusammenstoß“ mit dem etwas seltsamen Ethan(Zach Galifianakis), wodurch sie einen Teil des Gepäcks verwechseln. Das klärt sich zwar schnell auf, aber dies stößt nur eine ganze Kette von Missverständnissen und Problemen an. Als Ethan im Flugzeug hinter Peter sitzt, kommt es zu einem Disput, in dessen Folge beide aus dem Flugzeug geschmissen werden. Peter wird auf die „No-Fly-List“ gesetzt und sitzt deshalb ohne Gepäck und Geld, tausende Kilometer von seiner Frau entfernt, in Atlanta fest. Die einzige Möglichkeit, die sich ihm nun bietet, ist mit Ethan zusammen per Leihwagen nach L.A. zu fahren, wo dieser sich als Schauspieler in Hollywood bewerben will. Nur sehr widerwillig nimmt Peter Ethans Angebot wahr und begibt sich mit ihm auf eine ungewisse Reise...

„Due Date“ erinnert bereits sehr früh im Film an den absoluten Road-Movie-Komödien-Klassiker „Planes, Trains & Automobiles“ mit John Candy und Steve Martin. Dieser Prototyp der perfekten Komödie wechselt immer wieder gekonnt zwischen einer wunderbar unterhaltsamen Komödie und ein klein wenig Drama. Der Humor ist dabei stets bissig und schräg jedoch eigentlich nie unter der Gürtellinie. Die Sympathien lehnen sich dabei in Richtung von John Candy, der zwar das wandelnde Chaos darstellt, aber dabei immer liebenswert daherkommt, wogegen Steve Martin auch mal ausflippen kann.

Ganz so ist es auch in „Due Date“. Robert Downey Jr. wiederfährt durch Zach Galifianakis viel Unheil. Er wird aus dem Flieger geworfen, landet auf der No-Fly-List, verliert seine Brieftasche und noch vieles mehr. Die Figuren sind allerdings beide nicht ganz so wundervoll gezeichnet wie bei „Plains, Trains and Automobiles“. Kommt Downey Jr. von der einen auf die andere Sekunde plötzlich als das totale Ekelpaket daher wogegen er zuvor recht nachvollziehbar gehandelt hat schlittert auch Galifianakis zwischen verschiedenen Zuständen hin und her. Der Drama-Anteil mit seinem toten Vater wirkt doch arg aufgesetzt und wenn jemand auf dem Beifahrersitz onaniert hilft das nun auch nicht, ihn dem Zuschauer als Sympathieträger zu verkaufen, was aber wohl sowieso nicht ganz die Intention von Todd Phillips war.
Doch die Chemie zwischen beiden Figuren stimmt trotzdem oder evtl. gerade deswegen. Der zu Beginn vorhandene Hass zwischen beiden wandelt sich später in den Anfang einer Freundschaft um dann im letzten Akt wieder arg auf der Kippe zu stehen. Downey Jr. ist zwar stellenweise zu fies, vor allem weil sein Charakter gar nicht diesen Eindruck gemacht hat, aber insgesamt sind beide Figuren dann doch recht ausgewogen strukturiert.

Die Geschichte an sich ist vom eigentlichen Ablauf her recht überraschungsarm, die diversen Einfälle am Wegesrand sind aber in der Regel gelungen. Zwar gibt es erneut ganze Sequenzen bei denen man sich im Anschluss fragt was das nun sollte und ob das wirklich lustig sein sollte, doch diese Stellen sind eher die Ausnahme als die Regel. Meist gibt es viel zu lachen auf Kosten von beiden Darstellern. Ein wirkliches Problem stellt aber dar, dass „Duo Date“ stellenweise viel zu dick aufträgt. Einen Autounfall auf halber Strecke überleben die beiden ohne größere Probleme, wobei man aufgrund des Wracks schon gesehen hat das beide tot sein müssten. Der gesamte Abstecher nach Mexico inklusiver spektakulärer Flucht zurück in die Staaten wirkt ebenso an den Haaren herbeigezogen und der Film wäre gut ohne diese Absurditäten ausgekommen

Sehr gelungen sind in jedem Fall der Soundtrack sowie die Gastdarsteller. Es gibt einige gelungen Songs im Film zu hören, die die Szenen gekonnt unterstreichen. Einzig ein oder zwei Hip-Hop Songs wirken ein wenig deplatziert.
Juliette Lewis und Jamie Foxx sind zudem zwei sehr überraschende Gastdarsteller, die zwar recht wenig zu tun haben und auch lediglich als Stichwortgeber agieren, diese Rollen aber gut meistern und es macht einfach Spaß die beiden im Film zu erblicken.

Insgesamt ist „Due Date“ erneut eine recht gelungene Komödie geworden. Zwar schafft Phillips es nicht, an seine ersten Filme ranzukommen und orientiert sich auch Humortechnisch eher in Sphären eines „The Hangover“, was eben dazu führt das sich Ereignis an Ereignis reiht und diese mal gelungen und mal weniger gelungen sind. Im Großen und Ganzen aber macht „Due Date“ viel Spaß, nicht zuletzt wegen dem gut aufgelegten Hauptdarsteller Duo.

:liquid7:
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Beitrag von StS » 02.03.2011, 09:30

Nach dem mäßigen Trailer und den mäßigen Stimmen hätte ich das nun nicht gerade gedacht. Mal sehen - bei Gelegenheit mal... :wink:

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Beitrag von C4rter » 02.03.2011, 10:57

umgetopft

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McClane
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Beitrag von McClane » 23.03.2011, 09:01

Kann mich der Euphorie nicht so wirklich anschließen... den wunderbar anarchischen Spirit von "Road Trip" hat ja leider kein Todd Phillips Film mehr gehabt, auch wenn er teilweise noch in "Old School" und "Hangover" da war. Der hier war mir einfach zu brav, ein typischer Schmunzelfilm, aber ein echter Brüller war IMO nur das Niederstrecken des nervigen Arschlochkindes via sucker punch. Nette Cameos, aber vorhersehbar hoch drei, auch dass beide Darsteller nur ihre Paraderollen runterspielen würde ich im Gegensatz zu freeman nicht unbedingt auf der Habenseite verbuchen. Wie gesagt: Echt okay, aber für ein Highlight dann doch zu zahm und im komödiantischen Timing nicht pointiert genug.

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