Der letzte Tempelritter

Filme abseits des Actiongenres mit Actionhelden (irgendwie so in der Art).
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freeman
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Der letzte Tempelritter

Beitrag von freeman » 30.03.2011, 08:04

Der letzte Tempelritter

Bild

Originaltitel: Season of the Witch
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2010
Regie: Dominic Sena
Darsteller: Nicolas Cage, Ron Perlman, Stephen Campbell Moore, Robert Sheehan, Claire Foy, Ulrich Thomsen, Stephen Graham, Christopher Lee, Matt Devere u.a.

Die Kreuzritter Behmen und Felson kämpfen im Namen der Kirche im fernen Ausland einen Kampf, der den christlichen Glauben auf der Welt etablieren soll. Dabei kommt es zu einem folgenschweren Zwischenfall, den Behmen und Felson zum Anlass nehmen, ihren Dienst vorzeitig und unerlaubt zu beenden und in die Heimat zurückzukehren. In der Heimat angelangt, finden sie ein Land vor, das offensichtlich von Gott verlassen wurde. Die Pest wütet ebenso wie der Aberglaube. Da werden die beiden Kreuzritter (wie kam der deutsche Verleih auf den Tempelritterschwachsinnstitel?) festgesetzt und sollen als Deserteure verurteilt werden. Doch ein ortsansässiger Kardinal, selbst der Pest anheim gefallen, bietet ihnen Straffreiheit an, wenn sie eine junge Dame zu einer alten Abtei bringen, wo man ihr das Hexentum austreiben will. Man macht nämlich das Mädchen und ihre angeblichen unheilvollen Kräfte für die im Ort wütende Pest verantwortlich. Behmen stimmt in diesen Auftrag ein und gemeinsam mit ein paar tapferen Wegbegleitern bricht man gen Abtei auf. Auf dem Weg kommen Behmen aber schnell Zweifel, ob das Mädchen wirklich eine Hexe ist. Doch wer sonst dezimiert seine Begleiter?

Ich gebe zu, erwartet habe ich von dem letzten Tempelritter nach den Trailern und diversen Bildimpressionen nicht viel mehr als einen Trashhammer, der sich mühelos in das zuletzt eher etwas durchwachsene Oeuvre Nicolas Cages einordnen würde. Als auch noch Gerüchte aufkamen, Regisseur Dominic Sena, mit dem Cage den Bruckheimerstreifen „Gone in 60 Seconds“ gedreht hatte, sei im Postproduktionsprozess über Bord gegangen (worden), trug das nicht zwingend zur Vertrauensbildung bei. Von den anberaumten Nachdrehs ganz zu schweigen. Die Einspielergebnisse in den USA passten sich dann der allgemeinen Cageuntergangsstimmung an. Aufhorchen ließ mich eine Meldung aus Frankreich, wonach die sonst gerne mal US-Blockbusterabstrafenden Einwohner den Streifen zu einem veritablen Hit machten und auch diverse Kritiken versprachen zumindest solide Unterhaltung. Also auf ins Kino ...

Hier gab dann ein eher trashiger Einstieg meinen Bedenken amtlich Zucker, doch zu meinem Erstaunen fing sich der Film sehr flott und wechselte vom wenig überzeugenden Hexentrara zu den Kreuzzugserlebnissen der beiden Hauptfiguren. Diese fängt Sena in breiten, rasanten und interessant montierten Spektakelbildern ein, nur um in einem recht beklemmenden Schlussakkord zu enden. Ab sofort steigt der überzeugendste Teil des letzten Tempelritters. Mithilfe extraschummriger, nebelverhangener, düsterer und vor Dreck starrender Bilder entwirft der Regisseur ein atmosphärisch dichtes Mittelalterbild, das vor Stimmung schier birst und in den pestilenzgebeutelten Angesichtern diverser Schauspielstatisten seinen Höhepunkt findet. In flottem Tempo wird dann die handlungsantreibende Grundsituation etabliert und es startet eine simple, aber effektive „Men on a Mission“ Story, die sehr flott offen legt, dass der letzte Tempelritter kein Abenteuerfilm sondern vielmehr ein erstaunlich finsterer und mit einigen hübschen Schreckmomenten aufwartender Beitrag zum Fantasy- und Horrorgenre sein möchte. Fortan wird in „zehn kleine Negerlein“ Manier das Figureninterieur mir nichts dir nichts ausgedünnt und nach unfassbar kurzweiligen 80 Minuten galoppiert der Streifen zu seinem Showdown.

Und hier passiert dann all das, was man für den Film in seiner Gesamtheit befürchtet hat: Es wird trashig - und zwar richtig. Problem Numero Uno: Wo man bisher bis auf wenige Ausnahmen auf Handmade-Effekte setzte, dominiert plötzlich eine starke CGI Last. Problem 2: Irre Ideen wie die Zombiemönche, bei denen man als Trashfan echt aufspringen und den Filmemachern applaudieren möchte, passen irgendwie nicht zum bisherigen Ton des Filmes, das anschließende „Die Mumie“ Showdownrecycling sowieso nicht. Problem Nummer 3: Die bisher durchaus - nennen wir es - subtil angedeuteten Antworten auf die Frage, ob die junge Dame in Behmens Obhut eine Hexe sein könnte, wird mit etwas zu großem Monstergetöse viel zu eindeutig abgefrühstückt. Das der Film in diesem Abschnitt nicht vollends vor den Baum gefahren wird, liegt zum einen an dem erstaunlichen Umgang mit dem Heldeninterieur, der es fast unmöglich macht, zu sagen, wer diesen Film überleben wird, und an der Tatsache, dass der Film sein ohnehin hohes Tempo fast schon in den Irrwitz überhöht und darum niemals langweilig wird. Dafür wird er abgefahrener und dümmer ... aber manchmal will man ja genau so etwas im Kino sehen ...

Einen großen Teil zum Gelingen des Filmes tragen die beiden Hauptdarsteller Nicolas Cage und Ron Perlman bei („Ghost Rider“ und „Hellboy“ im vereinten Kampf gegen das Böse! Yeah!), die sich im Sekundentakt die Bälle zuspielen und sich von einem wirklich witzigen Oneliner zum Nächsten hangeln, ohne Leerlauf aufkommen zu lassen. Da fällt nicht einmal auf, dass ihre Figuren vom Drehbuch ebenso schändlich reißbrettartig geschnitzt wurden wie der Rest der Figuren, die sich meist nur über ihr Äußeres definieren. Nur Claire Foy hat als Hexe in spe eine etwas dankbarere Rolle abbekommen und spielt großartig, leidet aber massiv unter dem überdrehten Showdown, der sie durch eine langweilige CGI Animation ersetzt. Christopher Lees Mitwirken ist dann eher eine Art Goodie für die Genrefans und filmintern gesehen ein weiterer Triumph der im Film präsentierten, absolut hochwertigen Maskenarbeit.

Was bleibt ist ein unerwartet solider Streifen, der erst im etwas zu überdrehten Showdown die Befürchtungen erfüllt, die einem im Vorfeld des Filmes kamen. Der Film lebt von seiner düsteren, dreckigen, stimmigen Atmosphäre, einem hervorragend aufgelegten Hauptdarstellergespann, tollen Maskeneffekten, bis zum Showdown soliden CGIs (selbst die im Trailer so scheiße wirkenden Wölfe, die nur für Sekundenbruchteile - und zwar sinnigerweise - aus der Konserve kommen, sind gelungen!), einem flotten Rumpelscore von Zimmerzögling Atli Örvarsson, einer subtil aufspielenden Claire Foy, einem wirklich enormen Tempo und einer hübschen Spannungskurve. Wenig gelungen wirken nur die flachen Charaktere und die oberflächliche Herangehensweise an das Thema Hexerei. Der trashige Showdown ist zumindest herrlich kurzweilig geraten, wirkt aber im Gesamtbild irgendwie seltsam deplatziert ...

Beschließen wir das Review doch einfach mal mit folgender Kritikspielerei: Dieser Film könnte euch gefallen, wenn euch „Pakt der Wölfe“ und „Solomon Kane“ gefallen haben. Diese beiden Filme mutieren gegen Ende zwar nicht zu „Van Helsing“ und schaffen es, das Fantasyelement schlüssiger und homogener zu integrieren, „Der letzte Tempelritter“ ist letztlich aber ähnlich unterhaltsam …
:liquid6:

In diesem Sinne:
freeman

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C4rter tempelt mit:

Behmen (Nicolas Cage) ist einer der besten Kreuzritter und hat schon viele Kreuzzüge erfolgreich bestritten. Doch nun bringt er in einer Stadt hilflose Frauen und Kinder um und realisiert, dass es hier nicht mehr um das Wort Gottes gehen kann. Er packt sich seinen Freund Felson (Ron Perlman) und sie hören auf zu kämpfen. Allerdings werden sie von nun an auf dem Weg in die Heimat als Deserteure gejagt und nach einiger Zeit geschnappt. Ihre letzte Chance besteht nun darin, für den an der Pest erkrankten Kardinal D'Ambroise (Christopher Lee) einen Auftrag auszuführen. Eine mutmaßliche Hexe (Claire Foy), die für die Pest verantwortlich sein soll, muss zu einem entfernten Kloster geleitet werden. Zusammen mit dem Priester Debelzaq (Stephen Campbell Moore), Eckhart(Ulrich Thomsen) und Hagamar (Stephen Graham), der den Weg kennt, begeben sie sich auf die Reise. Doch die Reise dorthin ist gefährlich und Behmen muss bald feststellen, dass die Frau vielleicht doch nicht die ist, für die er sie hält...

„Was hat Nicolas Cage denn nun wieder verbrochen?“ ist wohl der allgemeine Tenor wenn man einen Trailer mit ihm dieser Tage im Kino oder anderswo sieht. „Season of the Witch“ hatte schon vom Setting und der Grundidee großes Potential einige seiner der Ergüsse der letzten Jahre zu unterbieten. Ein Buddy-Movie im Mittelalter? Die Überführung einer Hexe durch dunkle Wälder und gruselige Landstriche voller Gefahren? Die Idee zu Beginn hieß wohl in etwa so: Cage, Perlman, Schwerter, Hexen, Ende. Drum herum wurde dann die Story gestrickt. Das hätte auch das Potential zum einem zwar recht trashigen aber immerhin auch schwer launigen Vergnügen. Doch leider haben die Macher das Ganze auch noch versucht komplett ernst aufzuziehen.

Die meiste Zeit kämpft „Season of the Witch“ daher damit überhaupt irgendwas auf den Bildschirm zu zaubern. Das Highlight ist dabei auch direkt am Anfang platziert. Die Inszenierung einiger weniger Schlachten im Rahmen der Kreuzzüge ist recht gelungen und die verschiedenen Schnitte zwischen den Schlachten lassen zudem auch eine gewisse Dynamik entstehen. Irgendwann fällt Cage’s Charakter dann allerdings auf, dass unter den tausenden Menschen die unter seinem Schwert gestorben sind, auch viele Unschuldige dabei waren(d‘uh). Er hängt das Kreuz an den Nagel und ist von nun an nur noch Ritter.

Ab nun beginnt der Film mit zunehmender Dauer umspannender und langweiliger zu werden. Der Auftrag, für einen Kardinal eine Hexe durchs Land zu transportieren und dabei allen Gefahren zu trotzen, hat wahrlich Potential. Einige gute Filme funktionieren unter der Prämisse eine Sache von A nach B zu bringen und Gefahren zu begegnen. Doch die Gefahren bestehen in „Season of the Witch“ aus einer völlig morschen Brücke, die aber trotzdem beinahe Problemlos, eine Kutsche und mehrere Menschen aushält und aus einem Rudel Wölfe. Zudem sollte man sich der vermeintlichen Hexe in der verrammelten Kutsche auch nicht nähern, denn diese ist zu allerlei Zauber bereit. Erst am Ziel der Reise angekommen, versucht der Film dann noch die Kurve zu bekommen, hin zum Mittelalter-Actionfilm. Zu spät kommt dieser Schritt und etwas müßig obendrein. Der Karren wird aber zumindest im Ansatz noch aus dem Dreck gezogen.

Die Buddy-Movie Komponente fällt arg zweckmäßig und wenig ausgearbeitet aus. Cage und Perlman tauschen fesche Blicke und ein paar Sprüche aus, aber eine Chemie zwischen 2 Figuren sieht anders aus. Wobei, um eine Chemie zu Cage aufzubauen muss man wohl auch ein ganzes Team von Chemikern beschäftigen.

Abgesehen von fehlender Dynamik, in weiten Teilen langweiliger Story, gespickt mit vielen bekannten Darstellern die fast alle keinerlei Daseinsberechtigung haben(Christopher Lee erkennt man nicht mal) und zudem noch recht seltsamen CGI-Effekten ist „Season of the Witch“ im entferntesten wohl noch als „okay“ zu bezeichnen, wobei man wahrlich nichts erwarten sollte, denn alles was man sich ausmalt an dieser Schauspieler Konstellation und vor diesem Hintergrund wird nicht erfüllt.

:liquid5:
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Beitrag von SFI » 30.03.2011, 14:30

Nach dem Trailer habe ich nicht mehr als ein "Schwerter des Königs" erwartet ... hui den fanden ja alle mies, ok ich net. Film ist schon auf meine Leihliste gewandert.
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Beitrag von C4rter » 30.03.2011, 15:08

Review nach oben umgetopft

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Beitrag von Vince » 24.03.2012, 07:56

Wenn man sich von der Erwartung löst, einen realistischen, kritischen Blick auf Pest und Hexentum sehen zu wollen, und NUR dann, bekommt man ein gut unterhaltendes B-Movie im Mittelaltersetting. Anderenfalls wird man sich daran stoßen, dass "Der letzte Tempelritter" beginnt, als wolle er eine differenzierte Abhandlung zu dem Thema einreichen, bevor die Hexen plötzlich meterweit aus dem Wasser hüpfen und CGI ihre unschuldigen Gesichter in Dämonenfratzen verwandelt.
Ergebnis ist dabei ein in Tradition der alten "Conan"-Filme stehendes Fantasyabenteuer, das mit "Van Helsing" und "Solomon Kane" wesentlich mehr zu tun hat als etwa mit "Black Death". Dennoch sind die besseren Momente auch in diesem albernen Entertainer eher die subtilen zur Filmmitte, wenn die Gefangene auf ihrem Transport als Hexe angedeutet wird, ohne es wirklich auszubuchstabieren. Als am Ende wie automatisiert der Computer das Regiment übernimmt, ist das spannende Kribbeln längst dahin, was den anspruchslosen, aber kurzweiligen Gesamteindruck aber nicht mehr schmälern kann. Gute
:liquid5:

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Beitrag von McClane » 29.06.2013, 11:33

Gestern abend auch mal besichtigt und ich war sehr erstaunt, dass das Teil es auf die Kinoleinwand geschafft hat, sieht "Season of the Witch" doch andauernd wie eine gehobene Videoproduktion aus - die von freeman gelobten Spektakelbilder hab ich nirgends entdecken können. Dramaturgisch ist das Ding auch teilweise für die Katz, nach gleich zwei Prologen (Hexenprozess und Kreuzzug) haut der Film noch einmal eine lange Exposition rein, ehe man sich dann zur Überführung der Hexe aufmacht, die aus genau drei Set-Pieces besteht (Flucht, Brücke, Wölfe) und danach ist dann schon der Showdown angesagt. Schwankend die Actionqualität: Während die Kreuzzug-Montage wie ein Versuch ausschaut das "Wolverine"-Opening ins Mittelalter zu übertragen, rockt der Showdown echt ganz gut - egal ob er die vorher vorhandenen Anflüge von Subtitilität wegbläst. Positiv fallen Ron Perlman als harter Hund mit Herz und Claire Foy als undurchschaubare Angeklagte auf, Cage ist okay und fügt seinen Haircrimes nun die Goldlöckchen-Frisur hinzu, während der Rest als Stichwortgeber herumsteht und oft eh nur besseres Kanonenfutter ist. Der Film hat seine Momente, gerade im Bezug auf die Frage nach dem Motiv der Hexe (oder Nicht-Hexe?) und der Showdown rockt tatsächlich. Amüsant fand ich auch, dass ein auftauchender Dämon im Gesicht aussieht wie der Cryptkeeper.

:liquid4:
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