V -Dead Men Tell No Tales
Wenn der fünfte Eintrag in die einstmals so erfolgreiche Piraten-Reihe ein Problem hat, dann ist es wohl seine völlige Entbehrlichkeit. Dass man sich immer noch an den Spant einer ausgebrannten Disneyland-Attraktion klammert, während der Piratenfilm als Subsparte des Abenteuerfilms ansonsten in völliger Vergessenheit begraben liegt, ist ein beklagenswerter Zustand. Johnny Depps ehemalige Innovation „Jack Sparrow“ hat sich längst in die Bedeutungslosigkeit getorkelt, seine tuntigen Gesten, sein müder Blick und sein unverschämter Opportunismus taugen nur noch als Stichwort-Comedy und das Mitwirken des milchbubihaften Brenton Thwaites verstellt die Aussicht auf eine vernünftige Monkey-Island-Verfilmung nun wahrscheinlich endgültig für viele Jahre, da Thwaites im Grunde bereits eine optische Idealbesetzung für Guybrush Threepwood ist, sich aber im völlig falschen Film befindet. Die abenteuerliche Mixtur aus augenzwinkerndem Parlieren, slapstickhaft aufgebauter Karibik-Action und übernatürlichem Seemannsgarn ist zum Automatismus geworden, der Überraschungen völlig ausschließt; denn was geschieht, wenn man eine oder mehrere dieser Zutaten über- oder untertreibt, haben Teil 3 und 4 auf ihre eigene Weise jeweils erkundet, was Grund genug gewesen wäre, das Schiff ein für allemal zu versenken.
Kommt man aber nun gar nicht um die Tatsache dieser unvermeidlichen vierten Fortsetzung herum, so hätte man es schlechter treffen können als mit dem Regie-Duo Joachim Rønning / Espen Sandberg („Bandidas“, „Marco Polo“). „Salazar's Rache“ ist in jeder Hinsicht wesentlich besser ausbalanciert als die meisten Sequels, die ihm vorausgehen, womöglich sogar besser als sie alle. Javier Badem bedient als wandelnder Spezialeffekt mit schwimmendem statt wehenden Haar und einer sich auflösenden Geisterpiratencrew zwar die vordefinierte Tradition des verfluchten Geoffrey Rush und des Bill-Nighy-Oktopoden, aber er wird immerhin nicht einfach so aus dem Hut gezaubert, sondern mit einem schlüssigen Background ausgestattet, der ihn und Sparrow auf nachvollziehbare Weise miteinander verbindet. Natürlich ist auch das ein Kniff, der im Trend liegt (insbesondere in Sachen Schauspielerverjüngung zur Etablierung einer Vorgeschichte, wie sie unter anderem auch bei „Guardians Of The Galaxy Vol. 2“ Anwendung fand und demnächst wohl in vielen anderen Produktionen noch Anwendung finden wird), aber wenn man über den Anblick eines Johnny Depp mit Babyface geteilter Meinung sein kann, so hilft der Flashback durchaus bei der Einordnung der aktuellen Geschehnisse.
Auf übertriebenes Spektakel möchte man erwartungsgemäß nicht verzichten; mit einer Teilung des Meeres und einer spektakulären Anker-Rettungsaktion taucht man sogar so tief ins Reich der Sagen, wie es der Grund erlaubt. Allerdings werden derlei Übertreibungen angenehm mit bodenständigen bis handgemachten Actionsequenzen gemischt, wobei die sehr Flucht vor einer rotierenden Guillotine mit einer sauberen Abfolge von Slapstick-Sequenzen durchaus positiv in Erinnerung bleibt. Während Depp seine Schunkel-Routine abspult und Thwaites als Hauptdarsteller denkbar blass bleibt, ist Geoffrey Rush als Barbossa einmal mehr heimlicher Star des Films. Beachtlich ist es allerdings auch, wie viel Charisma Orlando Bloom in einem kurzen Cameo dazugewonnen hat, so dass man ihn langsam wieder als Zugewinn für eine weitere Fortsetzung verstehen würde. Was nun nicht unbedingt bedeutet, dass man tatsächlich einen sechsten Teil benötigt. Daran ändert auch die nach dem Abspann angeteaserte Rückkehr eines weiteren alten Bekannten nichts.