
Originaltitel: Drive Angry 3D
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2011
Regie: Patrick Lussier
Darsteller: Nicolas Cage, Amber Heard, William Fichtner, Katy Mixon, Billy Burke, David Morse, Charlotte Ross, Pruitt Taylor Vince, Christa Campbell, Simone Levin u.a.
Nicolas Cage war dank enormer Spielfreude, die von exaltiert bis nuanciert reichte, und interessanter Rollenauswahl recht früh in seiner Karriere zu einem Kritikerliebling aufgestiegen. Doch dann kam Jerry Bruckheimer und entriss den Schauspielmaniac dem Feuilleton. Langhaarig und durchtrainiert wuchtete er sich daraufhin durch Blockbusterhämmer wie „The Rock“ oder „Con Air“, wurde aber dennoch nicht von den Kritikern verstoßen, da er immer wieder auch in kleineren Filmen die ganze Bandbreite seines Könnens aufzeigte. Doch dann mehrten sich diverse Pleitegerüchte. Dank diverser Fehlinvestitionen und eines enorm verschwenderischen Lebensstils war Cage plötzlich ruiniert. Seitdem dreht Cage wie ein Berserker einen Film nach dem anderen. Dabei spürt man zunehmend, dass Cage alle Filme annimmt, die ihm einen gedeckten Scheck einbringen. Wirklich geschmackssicher waren die daraus resultierenden Filme in den seltensten Fällen. Zumindest machten einige aber ziemlichen Spaß. Drive Angry ist nun die Speerspitze dieser Entwicklung: Trash pur, aber funny as hell!
In dem Streifen, der sich inhaltlich irgendwie verdammt nach Cages „Ghost Rider“ anfühlt, geht es um Milton. Seines Zeichens Vater einer gemeuchelten Tochter, deren Baby einem satanischen Kult zum Opfer fallen soll! Das kann Milton nicht zulassen. Also sattelt er die Pferde (in Form eines PS starken Muscle Cars) und flüchtet aus der Hölle. Richtig gelesen! Milton ist nämlich schon lange Zeit tot und entfleucht nun den Händen des Teufels, um diverse Versäumnisse zu Lebenszeiten wieder gerade zu rücken. Das kann Belzebub freilich nicht zulassen und jagt Milton seinen höllischen Buchhalter auf den Hals ...
Dass nun ausgerechnet ein Buchhalter den Pleitegeier Cage durch einen trashigen Actionhammer jagt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie, ist aber nur eine Randnote in diesem wirklich irren Happening, das im Grunde aufzeigt, wie „Ghost Rider“ hätte aussehen können, wäre man ein wenig mutiger gewesen und hätte die Blockbusterplanungen gegen den Strich gebürstet. Gut, abgeschossene Hände, zerschossene Beine und sonstige Körperteile, Full Frontal Nudity, umher fliegendes Gekröse und ein sich munter gen Himmel schraubender Body Count hätten sich vermutlich nicht ganz mit dem anvisierten Ghost Rider PG 13 Teen-Publikum vertragen, aber hey ... Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Dachte sich wohl auch Nic, als er diese Rolle angeboten bekam. Und er macht einfach das Beste aus der ganzen Situation. Er stakst ultracool durch die Szenerien, lässt einen One Liner nach dem anderen ab, ballert nicht enden wollende Bösewichterscharen über den Haufen und beweist, dass es definitiv möglich ist, eine Frau zu vögeln, dabei eine Flasche Whiskey zu leeren und nebenbei ein paar Gauner umzunieten. Yeah! Dabei spielt Cage erstaunlich zurückgenommen. Es gibt keinen einzigen dieser gewohnten Cage Momente, in denen er mit rollenden Augen und irrem Grinsen sein Gegenüber nieder redet. Er bleibt immer irre cool, geerdet und fügt sich brillant in das Gesamtkonzept des Filmes ein.
Das gibt sich zwar bewusst trashy und pulpy (man denkt die ganze Zeit, man schaue einem weiteren Grindhouse Streifen zu), überspannt den Bogen aber nie. Das merkt man nicht nur an Cages Spiel, sondern auch an dem seiner beiden Widersacher. Billy Burke als Satanistenchef spielt so down to earth und unaufgeregt, dass seine eigentlich ziemlich kaputte Rolle wunderbar düster, bedrohlich und sinister gerät. Diesen Ansatz nutzt auch William Fichtner und treibt ihn zur Perfektion. Seine Auftritte sind an unbedingter Coolness wirklich nicht zu überbieten und verleihen seiner snobistisch anmutenden Anzugfigur eine Uneinschätzbarkeit, die ordentlich Spannung in den Film pumpt und dem Film ganz nebenbei verschiedenste komödiantische Höhenflüge beschert.
Da kann Amber Heard als Eye Candy an Cages Seite niemals mithalten, macht aber als Hingucker eine tolle Figur und verdeutlicht nur noch einmal, was das hier eigentlich für ein Film ist: Ein überzogener Actioncomic, bei dem Frau Heard alle Nase lang übelst verdroschen wird, aber IMMER ausschaut, wie aus einer aktuellen FHM Ausgabe gefallen. Soll heißen, wer diesen Film wirklich ernst nimmt, hat schon verloren. Und wie um das zu beweisen, türmt Regisseur Patrick Lussier im Sekundentakt eine abgefahrene Szene auf die andere, untermalt alles mit fetten Rocksongs und hat neben hübschen Regieeinfällen in Sachen Optik auch die 3D Technik voll und ganz im Griff. Dabei nutzt er den Effekt für eine hübsche Räumlichkeit und diverse Jahrmarkteffekte, bei dem Körperteile und durch die Luft sausende Gegenstände (Trümmer, Kugeln) beständig gen Publikum fliegen. Von expliziten Nacktheiten diverser knackig junger Damen ganz zu schweigen. Warum kramen die net endlich Tutti Frutti wieder raus! Moppen in 3D! Genial!
Was man Lussier vorwerfen muss, ist, dass seine Trashkanonade im Mittelteil etwas an Tempo einbüßt. Man kann nicht einmal genau sagen, wieso. Denn weder werden in dem Abschnitt Charaktere vertieft noch sinnlose Handlungsszenen abgefeuert. Der Film ist ganz im Gegenteil immer in Bewegung und beständig geschieht etwas. Egal wie sinnvoll bzw. meist sinnlos es auch sein mag. Aber nach dem hohen Einstiegstempo scheint man sich ein wenig zu sehr an die hohe Pace gewöhnt zu haben, die Drive Angry aber nicht durchgehend halten kann. Auch wünscht man sich mehr William Fichtner Auftritte und einmal Billy Burke beim Wirken gesehen, will man auch von seiner Drecksackfigur mehr sehen. Doch kaum hat man das zu Ende gedacht, steigt schon der große Showdown mit unzähligen Toten, splattrigen Gags, hübschen Stunts und fetter Mucke. Und irgendwie hat das alles sogar wirklich etwas mit der eigentlichen Handlung des Filmes zu tun. Irre! Irre schlecht dagegen sind leider die ersten Bilder des Filmes und die letzten. Beide geben dem „Highway to Hell and back“ Bild Zunder, sind aber radebrechend schwach getrickst. Auf diese hätte Lussier – wie auf ein zwei weitere CGI Effekte – durchaus verzichten können. Wer sich nach dem Einstieg im Übrigen ein Splatterfeuerwerk erwartet, sollte seine Ansprüche schon weit vorm Film deutlich zurückschrauben. Es setzt vorwiegend blutige Shootouts, der Gorelevel bleibt erstaunlich niedrig.
Am Ende sitzt man dämlich grinsend im Kinosessel, prostet Nic zu, der gerade Bier aus einem Totenschädel trinkt, und fragt sich, was wohl die Leute von dem Film halten werden, die Nicolas Cage vor allem zu Beginn seiner Karriere die Stange gehalten haben. Ob sie in dem über die Leinwand wütenden, blondierten, alles umnietenden Machoarsch wirklich „ihren“ Nic wieder erkennen werden? Schwer zu sagen. Aber ich denke mal, viele von diesen Leuten werden sich eh nicht in Drive Angry verirren. Und für die ist der Film auch gar nicht gemacht. Dieser richtet sich nämlich vor allem an jene, die 90 Minuten einfach konsequent durchfeiern wollen, die sich über geniale One Liner ein zweites Arschloch freuen können, die mit Tränen in den Augen die Leichen mitzählen, denen einer abgeht, wenn der Sound eines Muscle Cars die Kinodielen erbeben lässt, die vollkommen niveaulos auf nacksche Titten und Ärsche in 3D hoffen und die froh sind, dass wenn sie aus dem Kino kommen, sie einen Film vollumfänglich verstanden haben, OHNE sich vorher ihr Hirn an der Kinokasse wieder abholen zu müssen. Alle anderen, die das nicht können ... geht zum zweiten Mal in „Black Swan“ und versteht ihn wieder nicht ...


In diesem Sinne:
freeman