
Originaltitel: Colombiana
Herstellungsland: Frankreich, USA
Erscheinungsjahr: 2011
Regie: Olivier Megaton
Drehbuch: Luc Besson u.a.
Darsteller: Zoe Saldana, Amandla Stenberg, Callum Blue, Cliff Curtis, Michael Vartan, Jordi Mollà, Lennie James, Max Martini, Graham McTavish, Cynthia Addai-Robinson u.a.
Auge um Auge, Zahn um Zahn! Die Rache, obwohl in den meisten Rechtsstaaten verpönt, fasziniert die Geschichtenerzähler rund um den Globus immer wieder aufs Neue. Vor allem das Actionfilmgenre speist sich zu weiten Teilen aus dem Bedürfnis, Ungerechtigkeiten möglichst spektakulär wettzumachen. Colombiana, aus der Feder von Luc Besson, geht nun denselben Weg.
Nachdem ihre Familie in Kolumbien von einem Verbrecherkartell gemeuchelt wurde, weil der Vater Informationen über die kriminelle Vereinigung gesammelt hat, um sie irgendwann den Behörden zuzuspielen, erwächst in der kleinen Cataleya – benannt nach einer einheimischem Orchidee – der unbedingte Wunsch nach einer alles verzehrenden Vendetta. Nach dem Familienmassaker und einer spektakulären Flucht in den USA angelangt wird die Vollwaise von ihrem Onkel aufgenommen, der sein Brot mit kriminellen Machenschaften verdient und Cataleya nach anfänglichem Zögern zur Killermaschine ausbildet. Jahre später ist aus Cataleya eine perfekte Killerin geworden. Gemeinsam mit ihrem Onkel, der einen väterlichen Mentor für sie gibt, verübt sie diverse Auftragsmorde, arbeitet nebenher aber auch an der Vollendung ihrer eigenen Rachepläne. Zu ihrem Glück ist der Chef des Kartells, das ihre Familie einst ermordete, ebenfalls in den USA ... eine Konfrontation scheint unvermeidlich.
Und dass diese Konfrontation folgen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Wer sich von dem neuen Actionvehikel aus der Bessonschmiede dank der weiblichen Hauptdarstellerin einen emanzipierteren Ansatz oder eine emotional packendere Herangehensweise an das Thema Rache erhofft hat, die über pure Exploitation und explosive Rache hinausgeht, der sei hiermit darauf verwiesen, dass Zoe Saldana auch Jason Statham heißen könnte und der Film keinen Deut anders wäre, als er jetzt ist. Ok, Zoes Heldenfigur darf manchmal leinwandfüllend heulen oder in beinahe gefühligen Momenten mit ihrem Mentor interagieren, damit hat sich das Thema „weibliche Herangehensweise an einen Actionfilm“ allerdings auch schon erledigt. Ansonsten ist Colombiana einfach nur eine Wiederholung sämtlicher Motive, die man aus dem zeitgenössischen Actionkino allgemein kennt. Man hat fast das Gefühl, Luc Besson schreibe seine Drehbücher inzwischen mit mehreren Lagen Blaupausenpapier, denn wirkliche Unterschiede zu den sonstigen frankophilen Krachern aus seiner Schmiede darf man mit der Lupe suchen: Der Schauplatz des Prologs, Kolumbien, ist ein reizvolles Element, die weibliche Heldin zumindest auf dem Papier auch.
Der Rest gehorcht fast schon sklavisch dem Style over Substance Prinzip der jüngsten frankophilen Actionhämmer. Stylisch bis ins Mark, von Olivier Megaton, der an einer verschärften Art von ADS zu leiden scheint, zumindest legt sein wirklich irres Schnitttempo diesen Verdacht nahe (kaum eine Einstellung überlebt länger als eine Sekunde), fast schon atemlos inszeniert, steht Colombiana niemals still, auch wenn die Geschichte vor allem im Mittelteil heftig auf der Stelle tritt und sich die eine oder andere gefühlte Länge einschleicht. Die Betonung liegt auf gefühlt, denn Megaton walzt diese Empfindungen immer wieder platt. Ob er seine Heldin auf haarsträubende Klettereinlagen oder äußerst gentlemanlike Killerstreifzüge schickt, beständig passiert etwas, was die Aufmerksamkeit bündelt. Ok, auf die männliche Bitch in Form von Michael Vartan und die damit verbundene, erstaunlich unsentimentale Liebesgeschichte, die in ihrer Gefühlsreduktion noch herber anmutet als in den männlichsten Actionkrachern, hätte Megaton verzichten können, doch selbige spielt für den Film in ihrem Minimalismus eh keine wirkliche Rolle. Auch die Übersexualisierung der Killerin (Highlight: Cataleya tanzt nur in Unterwäsche und mit Knarre durch ihre Wohnung) nervt mit der Zeit, auch wenn sie dank sexy Zoe sehr lecker anzuschauen ist. Dennoch wuchtet Megaton seinen Streifen so recht straight zum Showdown, der einfach mal richtig die Bude rockt.
Eingeleitet wird er ähnlich grandios wie diverse „Er wird über euch kommen wie die Hand Gottes“ Momente der Oldschool Actionkracher. Allerdings komplett umgekehrt. Sprich, man kündigt den Rachefeldzug von Cataleya als durchdachtes, leises Husarenstück an, bei dem man kaum merken wird, wie sie die Reihen der Gegner lichtet. Und genau das „befürchtet“ man aufgrund des bisher Gesehenen auch irgendwie. Tja, und dann fliegt eine Rakete quer durchs Bild und in der von ihr verwirbelten Luft scheint man förmlich ein dickes „Fuck You“ lesen zu können! Denn mit genau dieser Attitüde beweist Zoe Saldana dann absolute Actionwomanqualitäten, indem sie mit ausschließlich großkalibrigen Waffen (und zwei Zahnbürsten ;-) ) ein ganzes Haus mit Bäddies plättet, was Megaton so genial und druckvoll inszeniert, dass man das Gefühl hat, der Regisseur wolle einen in ein anderes Jahrhundert zurückbomben. Am Ende ist zwar nur das Haus pulverisiert und diverse Drecksäcke liegen in den Ruinen, aber dem Actionconnaisseure reicht das vollends.
Klar, der geübte Actionfan hat schon im Vorfeld des Showdowns festgestellt, dass ihn Bessons Reißbrettgeschichte mit holzschnittartigen Figuren und teils haarsträubend peinlichen Dialogen irgendwie nicht so recht packen wollte und man nicht vollends in das Geschehen hineingezogen wurde. Warum im Mittelteil recht krampfig ermittelnde FBI Leutchens eingeführt wurden, versteht er ebenso wenig wie den Part um den vollkommen verschenkten CIA Agenten, der in alle Richtungen schmierbar ist. Auch hat er bemerkt, dass die Action nicht wirklich sinnig über den Film verteilt wurde und er gerne einige weitere Killerstreifzüge von sexy Zoe gesehen hätte. Und irgendwie hätte er nach dem stark und sehr treffsicher inszenierten Prolog auch einen packenderen Storyverlauf erwartet. Aber genauso ist ihm auch bewusst, dass es gerade im Actiongenre immer auch auf die zuckrige Oberfläche ankommt und die stimmt hier definitiv. Zoe Saldana wird darstellerisch zwar null gefordert, sieht aber einfach toll aus! Die Bäddies wirken zwar nie richtig bedrohlich, sind aber herrlich überzeichnete Schmierlappen, denen man für 100 Minuten gönnt, was sie abkriegen. Die Inszenierung ist megaedel, temporeich und mit einem rasanten Schnitt versehen. Die Action macht richtig Druck und hat von Schleichpassagen a la Hitman bis zu brachialen Rollkommandoeinlagen alles an Bord, was man sich von einem Film um einen Profilkiller erwartet. Im Grunde kann man eigentlich nur hoffen, dass es eine Fortsetzung geben wird. Denn hier ist noch einige Luft nach oben. Und weil Mensch ja gerne vergleicht: den vergleichbaren, hochnotpeinlichen weiblichen Einzelgängerinnenschmarrn Salt steckt Colombiana in allen Belangen locker in die Tasche.

In diesem Sinne:
freeman