Filmtagebuch: Vince

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Beitrag von freeman » 12.05.2012, 18:05

Na net Asylum, aber Sci Fi und so ;-) hihihihi

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 12.05.2012, 18:12

Richtich, SciFi eher. ;)

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Beitrag von McClane » 12.05.2012, 18:25

Jein... "Feast" droht in ein paar Szenen in die Richtung abzurutschen, welche Teil 2 und 3 einschlugen, fängt sich aber noch. Außerdem funktioniert der Film wunderbar als Parodie gängiger Genremuster, siehe bereits die Einführung. Vielleicht kam die Drosselung auch durch Produzenten, die sagten: "Macht aber auch nen richtigen Film, nicht nur was ihr gerade krass findet", was diese dann nach dem Erfolg von Teil 1 bei den Fortsetzungen zu sagen vergassen.

Teil 2 und 3 funktionieren IMO nur noch nach dem höher-weiter-geschmackloser-Prinzip (vor allem geschmackloser), deren gesteigerte Gross-Out-, Körperflüssigkeits- und Splatterexzesse ich noch ermüdender finde als kopierende 08/15-Sequels (und auch nicht wirklich kreativer). Zumal beide Filme schon brav Muster aus dem Erstling abpausen (die Texteinblendungen z.B. kommen in III quasi eins zu eins wieder, in II werden sie durch Rückblenden substituiert) und ich persönlich eine tiefe Abneigung gegen den ganzen Quatsch hege, dessen "Kreativität" sich darin ergeht möglichst asozial und menschenverachtend auf alles zu scheißen - denn Splatterklassiker wie "Braindead" oder manche Brachialsatire mögen ähnliches zwar teilweise auch tun, ist dabei aber witzig. "Feast II" und "III" fand ich dagegen einfach nur in ihrer Attitüde einfach nur ätzend (*hoho* lassen wir ein Baby sterben *hoho* der Eumel läuft mit nem Rohr im Kopf rum, durch dass seine Freundin auch noch ein Pistole abfeuert), ein Film, der seine Charaktere regelrecht verachtet, ohne diese dabei als verachtenswert zu erklären - so, wie es eine vernünftige Satire tun würde, oder so wie es der erste Teil tat, der mit seinen auch nur grob skizzierten Figuren besser umzugehen wusste.

Aber da sind wir auch anders gepolt, dir gefielen ja auch "Crank 2" und "Red State", die ich als Ausdruck von asozialem kalten Filmemachen ähnlich verachtenswert wie die "Feast"-Sequels fand.
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Beitrag von Vince » 13.05.2012, 07:38

Stimmt, da gibt's ein Muster. ;) Wobei ich nochmal betonen sollte, dass es nicht das Menschenverachtende ist, das mir an diesen Filmen "gefällt" (die Feast-Sequels find ich ja nun auch nicht wirklich gut), sondern eher der Mut zur Andersartigkeit. Natürlich gibt es für mich auch durchaus Grenzen im Film, in der Phantastik / Fiktion stecke ich die aber sehr großzügig, deshalb hab ich auch nicht wirklich ein Problem damit, wenn Babys von Monstern gefressen werden. Sähe anders aus, wenn die groteske Übersteigerung fehlen würde, aber die ist bei allen genannten Filmen vorhanden.

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Beitrag von McClane » 13.05.2012, 11:25

Mit gefressenen Babys hab ich tendentiell kein Problem... die gemampften Kinder in "Feast", "Alligator" oder "The Blob" empfand ich als durchaus willkommenen Bruch mit Genremustern, die Szene in "Feast II" einfach nur platt (hui, wir legen da konterkarierende Mucke drunter, heissa, wie originell). Und soooo anders fand ich die Filme halt auch nicht, mit Troma hast du ja durchaus schon Vorbilder für Derartiges genannt.
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Beitrag von Vince » 13.05.2012, 14:35

Vorbilder hat jeder, ich meine halt "anders" im Sinne von "non-mainstream", ohne gleich in die Nichtskönnerecke (im technischen Sinne) à la SciFi zu rutschen.

Die Szene aus "Feast" fand ich übrigens sogar eher verschenkt; geht mir zu sehr im Schnittewahn unter und verpufft ein wenig. "The Blob" und "Alligator" sind aber gute Beispiele, wo es funktioniert.

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Beitrag von McClane » 14.05.2012, 07:50

Vince hat geschrieben:ohne gleich in die Nichtskönnerecke (im technischen Sinne) à la SciFi zu rutschen.
Ach, das ist doch bloß Not vs. Elend. :lol: :lol:
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Beitrag von Vince » 24.05.2012, 19:04

Dark Shadows
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Immerhin, die erste halbe Stunde ist Kinomagie pur: Da verschmelzen die Swingin' Sixties in beeindruckender Montage mit dem Universal-Horror der 30er und 40er, der seinerzeit als Instrument genommen wurde, um die Happy-Family-TV-Serien der 60er Jahre aufs Korn zu nehmen. Ein ungewöhnlich flippiger und doch melancholischer Soundtrack treibt die Kamera rasend an einem Klippen-Highway entlang, bevor ein Fischerort zu Wind und grau-blauen Farben wie ein Bewegtgemälde inszeniert wird - Burtons Name und die gesamten Credits dazu in schlichten, gar nicht verschnörkelten Lettern - Understatement auf magischen Bildern. Dann ersteht Johnny Depp aus seinem 200-Jahre-Gefängnis auf und versprüht endlich wieder Blut und Spielfreude, die zuletzt ein wenig brachlag.
Doch einmal in dieser einmaligen Chance von Ausgangskonstellation angekommen, ruht sich Burton zu sehr auf ihr aus und erliegt dem Status Quo: Etwas Culture Clash zwischen Vampir-Traditionalismus und 60er-Moderne, ein wenig Familienzwist und Liebeskrieg. In dieser Phase bleibt "Dark Shadows" zwar witzig und schön anzusehen, verliert aber zunehmend seine Größe und Besonderheit, tauscht sie ein gegen gemäßigte Freakyness. Als im zurechtgeschusterten Finale mit halbgaren Filmzitaten dann sämtliche Knoten gelöst werden, wirkt das nicht frech, sondern erzwungen, nicht spektakulär, sondern kalkuliert, und es wächst die schon mit "Alice im Wunderland" gewonnene Gewissheit, dass Tim Burton nicht mehr der Freigeist ist, der er mal war.
:liquid6:

Hunting Party
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Leicht zynisches, um Kritik und Satire bemühtes Thrillerspektakel, das sich handwerklich seine Sporen verdient, indem es den Beruf des Kriegsreporters beziehungsweise seine Gefahren sehr greifbar macht. Zumindest in den ersten Minuten; dann geht es in die Plotroutine, wo mit Wendungen und unvorherhgesehenen Ereignissen um sich geworfen wird, und man sieht sich plötzlich ein bisschen auf den Arm genommen dafür, dass man ein höheres als das BILD-Niveau erwartet hatte.
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Ambulance
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Spannende Gaunerklamotten haben die Skandinavier drauf, das steht außer Frage. "Ambulance" bezieht seine Spannung vor allem aus dem Echtzeit-Prinzip, das in Sachen Pacing und Aufbau mehr als nur einmal an Scorseses "Bringing Out The Dead" erinnert. Nur bricht die Spannung zum Teil auch wieder wegen logischer Schwächen ein. Nicht nur der Ablauf des Überfalls und der anschließenden Flucht im Krankenwagen bleibt fragwürdig, auch das Motiv der verzweifelten Brüder und die Beziehung zueinander steht auf der Kippe. Thomas Bo Larsen, bekannt als unberechenbarer Egomane aus "Das Fest", bekommt aber wenigstens genug Kraft in seine Rolle, um sie durchaus interessant zu gestalten. Und dafür, dass hier nur ein kleiner Film ohne sichtbares Budget vorliegt, hat "Ambulance" durchaus mehr Charakter im Arschfurunkel als ein deutscher Film vergleichbarer Machart im ganzen Familienstammbaum.
:liquid6:

Bleeder
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Wo "Pusher" eine Spirale der Abhängigkeit und der Schulden zeichnete und in ein Fiasko übergehen ließ, macht "Bleeder" das Gleiche mit der Gewalt. Dazu bemächtigt er sich zwar nüchtern betrachtet Klischees wie des prügelnden Freundes oder die gewaltgeilen Filmfans, stellt diese aber nie als Klischees heraus oder erlaubt sich gar ein Urteil über die Figuren. Dabei lässt Refns Frühwerk durchaus lange kalt, baut aber im Hintergrund von Anfang an einen Schauer des Ekels für die gesellschaftlichen Mißstände und des Mitleids für die Handelnden auf, der sich erst in den Schlussminuten entlädt - so erfährt man mit "Bleeder" am Ende eine emotionale Involviertheit, mit der man lange Zeit nicht hatte rechnen können.
:liquid7: ,5

Die Nanny
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Nicht gerade das, was man einen typischen "Hammer"-Film nennen würde: Eher bürgerliches Psychodrama als Horror bietet "Die Nanny" und spielt dabei durchaus nicht ungeschickt mit dem "Whodunit"-Effekt, der zumindest eine halbe Filmlaufzeit die Frage im Raum hält, ob das Böse nun von der Nanny oder vom Jungen ausgeht. Irgendwo zwischen "Das Omen" und "Psycho" wird der Ton getroffen, dann aber deutlich sanfter auufgelöst.
:liquid6:

Scars Of Dracula
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Bissfester Vampirgassenhauer mit 1 a Gummifledermäusen, Settings wie aus bayerischen Heimatfilmen, vollbusigen Magderln und einem geradezu widerlich genial dreinschauenden Christopher Lee. So muss ein guter Vampirschinken aussehen!
:liquid7:

Melancholia
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Eine nicht näher erläuterbare Ernüchterung ist eingetreten. "Melancholia" gehörte zu meinen am meisten herbeigesehnten DVDs / Blu-Rays, zumal mich Lars von Triers letzter Film "Antichrist" richtig vom Boden gefegt hat. Aber wo bleibt der Sinn eines Films über die Melancholie, wenn man sie nicht so richtig verspüren möchte? Mein Problem ist vielleicht, dass die Bilder mir fast einen Tick ZU sehr das Melancholische versprühen, so dass man sie als künstlich wahrnimmt. Berührt hat mich jedenfalls nur wenig an diesem Film, fasziniert allerdings durchaus Einiges, so dass ich trotzdem zu einem positiven Fazit kommen muss.
:liquid7:

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Beitrag von Seemi » 31.05.2012, 20:00

Vince hat geschrieben:Dark Shadows
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Immerhin, die erste halbe Stunde ist Kinomagie pur: Da verschmelzen die Swingin' Sixties in beeindruckender Montage mit dem Universal-Horror der 30er und 40er, der seinerzeit als Instrument genommen wurde, um die Happy-Family-TV-Serien der 60er Jahre aufs Korn zu nehmen. Ein ungewöhnlich flippiger und doch melancholischer Soundtrack treibt die Kamera rasend an einem Klippen-Highway entlang, bevor ein Fischerort zu Wind und grau-blauen Farben wie ein Bewegtgemälde inszeniert wird - Burtons Name und die gesamten Credits dazu in schlichten, gar nicht verschnörkelten Lettern - Understatement auf magischen Bildern. Dann ersteht Johnny Depp aus seinem 200-Jahre-Gefängnis auf und versprüht endlich wieder Blut und Spielfreude, die zuletzt ein wenig brachlag.
Doch einmal in dieser einmaligen Chance von Ausgangskonstellation angekommen, ruht sich Burton zu sehr auf ihr aus und erliegt dem Status Quo: Etwas Culture Clash zwischen Vampir-Traditionalismus und 60er-Moderne, ein wenig Familienzwist und Liebeskrieg. In dieser Phase bleibt "Dark Shadows" zwar witzig und schön anzusehen, verliert aber zunehmend seine Größe und Besonderheit, tauscht sie ein gegen gemäßigte Freakyness. Als im zurechtgeschusterten Finale mit halbgaren Filmzitaten dann sämtliche Knoten gelöst werden, wirkt das nicht frech, sondern erzwungen, nicht spektakulär, sondern kalkuliert, und es wächst die schon mit "Alice im Wunderland" gewonnene Gewissheit, dass Tim Burton nicht mehr der Freigeist ist, der er mal war.
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Kann man so stehen lassen. :wink:
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Beitrag von Vince » 02.06.2012, 07:58

Boardwalk Empire - Season 1
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Alles ist bis in die Spitzen durchdekoriert, vom Hafen Atlantic Citys bis zur Kragennadel an Buscemis perfekt sitzendem Anzug. "Boardwalk Empire" stellt sich so in die Tradition des geschichtsbewussten Senders HBO, der erneut keine Kosten und Mühen scheut, um sich mit dem Kino einen erbitterten Kampf zu liefern. Auf Konventionen und Sitten wie regelmäßige Episodenlaufzeiten und explizite Nacktheit wird nicht erst hier geschissen, auch das gehört längst zum guten Ton bei HBO; die Darstellerleistungen, insbesondere Michael Pitts, Michael Shannons und Stephen Grahams, aber auch des oft kritisierten Steve Buscemi sind ebenso herausragend und ausdefiniert wie die Sets oder die Plots. Bei der feinen Strukturierung dieser Serie fehlt am Ende aber die Überraschung, der Fehler, der menschliche Makel, und so blickt man aller Perfektion zum Trotz doch über die Fassade der Coca-Cola- und Lucky-Strike-Werbeschilder und deckt mühelos auf, dass alles nur Schein und Trug ist. Dennoch wird man diesem Kunstprodukt aufgrund seiner fesselnden Erzählweise ungefragt in die zweite Staffel folgen.
:liquid7:

Mein Freund Harvey
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Anfangs sehr bemühte Psychopathenkomödie, die aufgrund ihrer Hauptfigur, die einen imaginären Riesenhasen als besten Freund hat, zum Entstehungszeitpunkt zwar einen Ausnahmestatus hatte, deren Humor aber irgendwie erzwungen wirkt. Spätestens nach einer halben Stunde aber wendet sich das Blatt, und zwar in dem Moment, in dem die Gesellschaft ihr wahres Gesicht entpuppt und man sich endlich mit James Stewart identifizieren kann. Dann endlich zeigt "Mein Freund Harvey" auf, wer hier eigentlich wirklich verrückt ist.
:liquid8:

Ekel
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Unfilmische, experimentell-avatgardistische, schwer verdauliche Dokumentation des Zerfalls einer Frau, deren Welt sich vor ihren Augen und denen des Zuschauers auflöst. Polanski arbeitet sukzessive mit surrealistischen Komponenten, die schließlich in einen wahren Alptraum münden, der es der Hauptfigur nicht mehr erlaubt, angemessen über Recht und Unrecht zu entscheiden. Dabei überlässt er den Zuschauer gewissermaßen trostlos seinem Schicksal. Das erzeugt eine Erfahrung, die alles andere als angenehm ist, aber mit Sicherheit ist sie ihre Erfahrung wert.
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Der Ewige Gärtner
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Politik und Humanismus gehen mir in Filmen schon mal sehr gerne auf den Senkel ("Blood Diamond"), deswegen habe ich im Leben nicht mit so einem beeindruckenden Film gerechnet. "Der Ewige Gärtner" errichtet mit Rückblenden ein konspiratives Spannungskontrukt, dem man sich genauso wenig entziehen kann wie den wundervollen Landschaften vom schwarzen Kontinent (die immer wieder geschickt mit europäischen Eindrücken konterkariert werden) oder den durch und durch natürlichen Schauspielerleistungen. Selbst von Liebe und Freundschaft wird auf gar nicht kitschige Weise erzählt. Ein großer, facettenreicher Film, der Jahrzehnte überstehen wird.
:liquid8: ,5

Die schwarze Narzisse
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Dank unglaublicher Technicolor-Technik ein zeitloses Werk, bei dem man niemals vermuten würde, dass es Mitte der 40er Jahre entstanden ist. Hinzu gesellt sich eine meisterhafte Kombination aus Studiobauten und Matte Paintings, die ein himalayisches Bergkloster mit unglaublicher Detailfreude zum Leben erwecken. Mit perspektivischen Montagen, für die man Alfred Hitchcock später verehren würde ("Vertigo"), geht schon "Die schwarze Narzisse" mühelos um und erzählt gleichzeitig eine tiefgreifende Geschichte über Selbstfindung. Nicht von der auf den ersten Blick sperrigen Nonnenthematik abschrecken lassen - lohnt sich!
:liquid8: ,5

Space Cowboys
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Für einen Eastwood zwar insgesamt noch etwas dürftig, für den Durchschnitt aber ein amüsantes Rentnerabenteuer. Gefilmt zwar unspektakulär und trocken, dennoch mit genug Charme und Witz, um einen "Armageddon" gleich mitzuversorgen. Das Zusammenspiel von Eastwood, Jones, Garner und Sutherland ist hier die ganze Miete. Wem das reicht und wen die konstruierte Geschichte nicht stört (tatsächlich sind die Parallelen zu "Armageddon" hier erschreckend, wenn man bedenkt, wessen Kind das hier ist), erlebt man einen Abend voller Humor und Drama.
:liquid6:

Verblendung (David Fincher)
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Die Tatsache, dass der Zeitabstad zwischen Original und Remake eine Farce ist, sorgt auch nach Ansicht noch für einen bitteren Beigeschmack. Man empfindet es fast als Verschwendung, dass ein talentierter Regisseur wie David Fincher sich an Details und Nuancen wie diesen aufhält, während er so viel Neues schaffen könnte. Davon abgesehen ist das Remake durchaus eine qualitativ hochwertige Angelegenheit. Gepunktet wird vor allem bei der männlichen Hauptrolle: Hier stiehlt Daniel Craig seinem Pendant ohne sichtbare Mühe die Butter vom Brot, weshalb es naheliegend erscheint, dass der Fokus im Vergleich mit dem Original noch weiter auf ihn und seine Ermittlungsarbeiten rückt und damit weg von der Redaktion (weshalb die Abrückung vom Titel "Millennium" auch Sinn macht). Der Erzählfluss gelingt Fincher deutlich besser, umgekehrt gehen durch den Hochglanz aber auch Ecken und Kanten verloren, die zum Langhaltswert der Erstverfilmung beitrugen. Die Wahl zwischen Noomi Rapace und Rooney Mara ist nicht so einfach; Rapace wirkt etwas souveräner in ihrer Darstellung, Rapace lässt sich aber nicht leicht abschütteln, sondern schafft es sogar, sich ihre Unerfahrenheit in der Rolle zunutze zu machen.
Eigentlich hat es diese Verfilmung trotzdem nicht gebraucht; es sei denn, als Opener für "Verdammnis" und "Vergebung", bei denen Fincher genug Platz zur Verfügung steht, um Dinge tatsächlich korrigieren zu können.
:liquid8:


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Beitrag von StS » 02.06.2012, 08:15

Vince hat geschrieben:Die Wahl zwischen Noomi Rapace und Rooney Mara ist nicht so einfach; Rapace wirkt etwas souveräner in ihrer Darstellung, Rapace lässt sich aber nicht leicht abschütteln, sondern schafft es sogar, sich ihre Unerfahrenheit in der Rolle zunutze zu machen.
Hätte nicht im 2. Teil des Satzes "Rooney" stehen müssen? :wink:
Finde Mara im direkten Vergleich persönlich besser - und das nicht nur, weil sie attraktiver ausschaut und herausragend spielt, sondern weil die Figur in der Neuinterpretation des Buches schlichtweg inspirierter angelegt wurde (Stichwort: Verletzlichkeit).

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Beitrag von Seemi » 02.06.2012, 11:07

Durch den Kommentar "... ich dachte nicht, dass du so kaputt bist..." und ihre methodische Vorgehensweise bei ihrer Vergeltung, zeigt sie sich imo alles andere als verletzlich, sondern eher abgebrüht.
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Beitrag von StS » 02.06.2012, 12:01

Es geht um die Gesamtheit der Figur. Bei Fincher ist sie wesentlich "mädchenhafter" angelegt - also geprägt von dem Erlebten im klaren Kontext mit ihrem Alter. Es sind Feinheiten wie diese, durch die das "Remake" (auch losgelöst von der besseren "technischen Ausstattung" sowie Cast&Crew) die Erstverfilmung überflügelt...

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Beitrag von Vince » 02.06.2012, 12:29

StS hat geschrieben:Es geht um die Gesamtheit der Figur. Bei Fincher ist sie wesentlich "mädchenhafter" angelegt - also geprägt von dem Erlebten im klaren Kontext mit ihrem Alter. Es sind Feinheiten wie diese, durch die das "Remake" (auch losgelöst von der besseren "technischen Ausstattung" sowie Cast&Crew) die Erstverfilmung überflügelt...
Ganz genau. Richtig beschrieben.
Und du hast natürlich Recht, oben sollte im 2. Teil des Satzes Rooney stehen. ;) Mir gefiel sie auch einen Tick besser, das kann aber auch an der schlichteren Synchro liegen, Sandra Schwittau kann ich nur als Bart Simpson ertragen...

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Beitrag von freeman » 04.06.2012, 09:26

Mara attraktiver als Rapace? Da muss es aber schon sehr finster sein in dem Gegenüberstellungsraum :lol:

In diesem Sinne:
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Beitrag von StS » 04.06.2012, 09:39

freeman hat geschrieben:Mara attraktiver als Rapace? Da muss es aber schon sehr finster sein in dem Gegenüberstellungsraum
Rapace ist einfach nie wirklich attraktiv.
Das vereinfacht die ganze Diskussion an sich schon ungemein. 8-)

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Beitrag von freeman » 04.06.2012, 09:41

Ach, wenn man auf den nordischen Typ steht, siehts aber megafinster für deinen Tokio Hotel Doppelgänger aus ... ;-)

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 10.06.2012, 20:45

The Pacific
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Technisch mindestens so ausgefeilt wie "Band Of Brothers", geht "The Pacific" inhaltlich vor dem großen Bruder aus eigenem Hause in die Knie: Nicht nur ist der Erzählfokus so extrem einseitig, dass die Charakterzeichnung der Japaner praktisch nicht stattfindet, so dass die Miniserie ebenso unvollständig ist wie Clint Eastwoods "Flags Of Our Fathers" ohne sein unabdingliches Gegenstück "Letters From Iwo Jima"; auch zappelt der rote Faden mächtig durch die zehn Episoden, in denen es leider keine auch nur annähernd so präsenten Darsteller wie seinerzeit Damian Lewis, Donnie Wahlberg oder Ron Livingston gibt. Dadurch stolpert man etwas unbeholfen durch die Kriegsgeschichten, die zwar dank gewaltiger und konsequent realistischer Kriegsszenen im Kontrast mit der Schönheit der Kriegsgebiete (hier ein Parallelismus zu "Der schmale Grat") reichlich Schauwerte bieten, emotional aber bei weitem nicht so sehr fesseln wie diejenigen aus "BoB".
:liquid6:

Die Blechtrommel
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Unfassbar, was für ein Unterschied in der Erzählkunst deutschen Filmemachens in nur 30 Jahren entstanden ist. Heute kann man aus heimischen Landen nicht einmal mehr ansatzweise einen derart ausgefeilten, ideenreichen, cineastischen, opulenten, bildgewaltigen, gewagten Erzählbogen erwarten, wie "Die Blechtommel" ihn bietet. Schlöndorff nähert sich der Vorlage Grass' aus einer surrealistischen Perspektive und bringt unterschwellig phantastische Elemente ein, die Entschlossenheit in einer Zeit versinnbildlichen, in der individuelle Bedürfnisse unterdrückt wurden. Dazu schreckt er teilweise auch vor Tabuthemen nicht zurück. Obwohl das Resultat als Ganzes mit seinen opulenten Kamerafahrten und den ästhetisch eingefangenen Drehorten fast etwas zu "gestylt" wirkt, ist das Resultat Äonen von dem entfernt, was Deutschland heute zu importieren in der Lage ist.
:liquid8:

Tokyo Gore Police
Bild
Extrem abwechslungs- und wandlungsreiche Splattersauerei, deren unzählige Mutationen sich in dieser Form wirklich nur die Japaner aus dem Hirn drücken können. Was auch immer der Körper hergibt, dieser Film presst es bis auf den letzten Tropfen Blut aus, und als wenn das noch nicht reichen würde, "mogelt" er bei abgetrennten Gliedmaßen einfach mal fleischwülstige Substitute hinzu, deren Abtrennen zu noch größerer Ferkelei führt als bei einem normalen menschlichen Körper. Dazu bemüht sich der Film auch noch zu einer Vorgeschichte, die Empathien wecken soll. Das gelingt in Bruchteilen, auch wenn es eine gewisse Übermüdung ob der ständig neuen Blutfontänen nach knapp 2 Stunden nicht ganz verhindern kann. An meerjungfrauenähnliche Strippermutanten mit Alligatorbeinen oder um alle Extremitäten beraubte Krüppel mit Schwertern als Arm- und Beinersatz erinnert man sich aber noch lange danach.
:liquid7:

Evil
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Schläger, der zu Hause misshandelt wird, setzt sich auf dem Internat gegen Unterdrücker durch. Angeblich auf einer autobiografischen Erzählung basierend, bleibt dennoch fraglich, ob sich die Geschichte so ereignet hat, wie sie hier dargestellt wird, denn die Charakterentwicklung der Hauptfigur erscheint nur bedingt rational. Dennoch ist "Evil" ein über weite Teile hervorragendes Drama über Gewalt und deren Reflektion, das im Gegensatz zu manch amerikanischem Rachedrama der letzten Jahre auf Lösungen setzt, die mal nicht ganz naheliegend sind, sondern ohne erhobenen Zeigefinger Alternativen zu roher Gewalt bieten. Das ist durchdacht, regt zum Nachdenken an und ist trotz fehlender Rachezüge nicht weniger spannend anzusehen als der übliche Amoklauf.
:liquid8:

Suspect - Unter Verdacht
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Klassischer 80er-Jahre-Gerichtsthriller nach alter Schule, mit Verschwörungen bis in die obersten Schichten und allem drum und dran. Die Figurenanlage des von Liam Neeson gespielten Täters / Opfers erinnert wegen dessen Handicaps deutlich an Edward Norton in "Zwielicht", Dennis Quaid und Cher sind das typische, auch persönlich engagierte Ermittlerduo, wie es in Dutzenden von Grisham-Verfilmungen anzutreffen ist. Überraschungsfreies, aber spannendes Entertainment.
:liquid6:

Das Genie und der Wahnsinn
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Eine köstliche Satire über den Film und seine Rezeption. Im Vordergrund steht der (auch in diesem Forum) ewig währende Krieg zwischen Arthaus und Unterhaltungskino, vortrefflich dargestellt vom Gespann Nikolaj Lie Kaas (als verschrobener Arthaus-Regisseur) und Ulrich Thomsen (als action-affiner Vater). Tendenziell schlägt sich der Film natürlich auf die Seite der Anspruchslosen, lässt aber genug Raum, um die Verzweiflung des unverstandenen Regisseurs nachvollziehbar zu machen, als der in seinem Projekt mehr und mehr die Fäden an einen ungebildeten Proleten zu verlieren droht. Am Ende biegt sich einiges zugunsten unausgerefter Lovestory-Nebenhandlungsstränge, allerdings nimmt das so wenig Platz ein, dass es den genussvoll zelebrierten Kleinkrieg nicht weiter stört.
:liquid7:

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Beitrag von freeman » 11.06.2012, 08:44

Evil ... hihihihi ... der war gerade aktuell, als ich bei dem zugehörigen Verleih gearbeitet habe. Toller Film! Pacific ist aber derbe ... finde eigentlich schon, dass man da Charaktere zum Festhalten hat, nur erlaubt es sich Pacific im Vergleich zu BoB aber auch, ebenjene ziemlich rabiat aus dem Spiel zu nehmen. Außerdem gefiel mir eigentlich gerade mal die Fokussierung auf die eigentlichen Kriegsschauplätze und dass nicht soviel nebenher aufgefahren wurde. Und dank der tollen Blus bekommt man eigentlich auch viele Infos, die man fürs allerletzte Verständnis braucht.

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Beitrag von gelini71 » 11.06.2012, 09:43

Die Filme von Volker Schlöndorf sind idR sowieso empfehlenswert - nur so als Tip.
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

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Beitrag von StS » 11.06.2012, 10:24

Sowohl "Band of Brothers" als auch "the Pacific" find ich durchaus brauchbar - sind mir aber beide irgendwie "zu Hollywood" (halt typisch Spielberg/Hanks). In Sachen "realistische Kriegsserie" markiert für mich noch immer "Generation Kill" die Messlatte - wirkt fast schon dokumentarisch, hat entsprechend nicht einmal einen Score/Soundtrack und nimmt von der Art her im Grunde "the Hurt Locker" vorweg...

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Beitrag von SFI » 11.06.2012, 14:49

BoB fand ich durchaus gut, aber als eigentlicher Kriegsfilmgegner kommt mir deine Pacific Wertung in Anbetracht des verführerischen Kaufpreises gerade recht. :lol:
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„Fate: Protects fools, little children and ships named Enterprise.“

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Beitrag von gelini71 » 11.06.2012, 15:09

SFI hat geschrieben:Kriegsfilmgegner
Hallo Herr Kollege :D
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

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Beitrag von Vince » 27.06.2012, 00:04

Eden Of The East
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Elfteilige Anime-Miniserie, die mit ausgefeilter Storyline und detailverliebter Umsetzung überzeugt. Die Angst vor dem Zusammenbruch von Wirtschaft und Gesellschaft spiegelt sich im menschlichen Hang wider, den Ernst zum Spiel umzugestalten - ein Thema, das auch bei "Gantz" zum Zuge kam. Das hieraus entstehende Chaos wird mit einem Blick für globale Zerstörung eingefangen, der im höchsten Maße abhängig ist von modernster Technologie, wobei ein Handy als stetiger Begleiter eine wichtige Rolle spielt. Der Grundton ist humoristisch mit Hang zum Karikaturistischen, dabei gelingt es aber immer wieder, zum richtigen Zeitpunkt in bodenständiger Art und Weise auf soziale Mißstände aufmerksam zu machen.
:liquid8:

Gesetzlos
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Typisches Widerständlerdrama mit relativ spannendem, aber konventionellen Handlungsbogen. Der Film nimmt deutlich Position ein für den von Heath Ledger lebhaft und abenteuerlustig verkörperten Ned Kelly. Das Setzen auf verstärkte Schwarzweißzeichnung führt im Finale zu einer starken Involvierung des Zuschauers in die Ereignisse, krankt aber daran, die Umstände differenziert zu betrachten.
:liquid5: ,5

Baba's Cars
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Schwarzhumorige Gaunerklamotte, die schon aufgrund des Schneesettings an die Coen-Klassiker "Fargo" und "A Simple Plan" erinnert. Nach einem recht oberflächlichen Beginn steigert sich der Film zunehmend, und zwischen vereinzelten Gewaltspitzen, die als groteske Auswüchse herausstechen, entwickelt sich das Verwechslungsskript in eine Tiefe hinein, wie man sie aus den frühen Filmen von Nicolas Winding Refn kennt.
:liquid6: ,5

Let Me In
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Auch hier zieht das Remake leider wieder klar den Kürzeren, da es in regelmäßigen Abständen in den US-typischen Erklärwahn verfällt, der angesichts einer Geschichte, die vornehmlich in Bildern für sich sprechen sollte, fehl am Platz ist. Chloe Moretz ist gut, kann aber unterstützt von Make-Up, Zahnprothesen und CGI-Gehüpfe nicht den androgynen Horror der Undefiniertheit rekonstruieren, der bei der Hauptdarstellerin im Original so herausstach. Auch fehlt Reeves' Film in seinem Hochglanz die Authentizität; der Schnee wirkt nahezu wie extra eingeflogen, während er im schwedischen Film weit mehr als ein Accessoire war. Alle Stärken des Remakes sind im Grunde schon dort zu finden. Dass ein Stephen King hier von einem der besten amerikanischen Horrorfilme der letzten Jahre spricht, ist fast schon Ironie.
:liquid6:

Die Neunschwänzige Katze
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Nettes Frühwerk mit durchwachsenem Ruf (wohl wegen der Amerikanisierung der Produktion schon zu diesem frühen Zeitpunkt), das aber trotzdem wieder einige typische Argento-Momente in petto hat (Close-Ups, egoperspektivische Kamerafahrten etc.) und auch das ein oder andere Motiv von "Suspiria" vorwegnimmt. Weniger nett ein paar Längen im Erzählfluss und die biedere Optik, hervorragend dagegen der Soundtrack.
:liquid6:

Night Of The Demons
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Mittelprächtige Neuauflage des "Evil Dead"-Trittbrettfahrers. Eine Faschingsparty und ein aufgedunsener Edward Furlong bringen die Party nicht gerade in Schwung. Eher dann schon die durchaus gelungenen Dämonenmasken, die sich in etwa auf dem Niveau von "Doghouse" bewegen. Sieht man mal von Prolog und Epilog in Super-8-Optik ab, bleibt "Night Of The Demons" visuell eher einfallslos, und abgesehen von ein paar dümmlichen, aber amüsanten Onelinern kommt auch sonst nicht mehr viel. Kann man gucken, muss man nicht.
:liquid5:

Ich bin Nummer Vier
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Im Grunde der gleiche sterile Käse wie "Jumper" oder "Push", und storytechnisch stellt sich die Frage: Wenn "Jumper" keine Story hatte und "Ich bin Nummer Vier" bietet typischen Highschool-Liebeskitsch, ist der Verzicht auf die Story dann nicht sogar die bessere Alternative? Haufenweise Längen, alberne Aliens und doofe CGI-Kreaturen besiegeln den negativen Gesamteindruck.
:liquid3:

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Beitrag von Sir Jay » 27.06.2012, 18:09

Vince hat geschrieben:Eden Of The East
Bild
Elfteilige Anime-Miniserie, die mit ausgefeilter Storyline und detailverliebter Umsetzung überzeugt. Die Angst vor dem Zusammenbruch von Wirtschaft und Gesellschaft spiegelt sich im menschlichen Hang wider, den Ernst zum Spiel umzugestalten - ein Thema, das auch bei "Gantz" zum Zuge kam. Das hieraus entstehende Chaos wird mit einem Blick für globale Zerstörung eingefangen, der im höchsten Maße abhängig ist von modernster Technologie, wobei ein Handy als stetiger Begleiter eine wichtige Rolle spielt. Der Grundton ist humoristisch mit Hang zum Karikaturistischen, dabei gelingt es aber immer wieder, zum richtigen Zeitpunkt in bodenständiger Art und Weise auf soziale Mißstände aufmerksam zu machen.
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Lol noch nie von gehört...aber wenn du dich jetzt schon bei anime serien wiedergefunden hast, kannst dich ja mal an die von mir dagelassenen Notitzbücher des Todes ranwagen ;) :lol:

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Beitrag von Vince » 04.07.2012, 23:16

Ich versuche es. ;)

Krieg der Götter
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Typisch Singh, nutzt er die klinische 300-Ästhetik, um ein Bild zu malen. Mehr als das ist "Krieg der Götter" nicht, tatsächlich muten die einzelnen Sets an wie Theaterbühnen, in denen Stilleben vorgetragen werden. Wann immer es ins Inhaltliche geht, versagt der Film zwar, aber das kennt man ja seit "The Cell". Tatsächlich ist Singh in in den bronzefarbenen CGI-Welten zu Hause und darf seine Kreativität nach Herzenslust ausleben, während man in "The Fall" immer wieder durch die Szenen im Diesseits aus dem Rausch der Eindrücke gerissen wurde. Jetzt können die einzelnen Frames aber ungestört ihre Metamorphosen vollziehen. Die Betrachtung der kunstvoll designten Kuben, Ovalen und Ellipsen führt nach dem gleichen Prinzip zur Interpretation und damit zu einem Sinn wie die Betrachtung eines Gemäldes, und auch wenn der Film aus cineastischen Gesichtspunkten heraus versagt, bietet er immer noch mehr als es der stylishe, selbstverliebte Pomp von "300" je könnte.
:liquid6:

Funny Games U.S.
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Dass Haneke exakt den gleichen Film nochmal für den Pöbel von Overseas dreht, kann man so oder so auslegen. Selbstgerechte Behauptung einer Perfektion des eigenen Ursprungswerks oder ein ironischer Kniff, das auf Remakes konditionierte US-Publikum zu überrumpeln?
Die pragmatische Antwort lautet: "Funny Games U.S." ist letztendlich überflüssig, eine mit anderen Darstellern Schritt für Schritt nachgestellte Kopie eines an sich zwar fragwürdigen, aber immerhin diskutablen Filmes, der natürlich auch mit Naomi Watts und Tim Roth nicht kalt lässt - es sei denn, man kennt schon das Original. Dann setzt nämlich der Gewöhnungseffekt ein.
(keine Wertung)

In Time - Sein Gegner ist die Zeit
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Die beste Ausrede, einen ganzen Film nur mit Twens zu besetzen, seit es Science Fiction gibt! Aufgrund der Prämisse von "In Time", dass die Menschen im Alter von 25 aufhören zu altern, sieht man nur hübsche, junge Menschen im Bild, deren Ansammlung und Art der Darstellung dem ambitionierten Film erste Glaubwürdigkeitsprobleme bereiten. Konstruierte Tränendrückerszenen und der Versuch, mit dem Spiel von Zeit Spannung zu erzeugen, führen oft zum gegenteiligen Effekt: Man bleibt emotional unbeteiligt und insbesondere im Mittelteil wird es extrem langweilig. Das liegt auch daran, dass das für diesen Film erdachte Gesellschaftssystem an keiner Ecke zu Ende gedacht wird, so dass das zwingende Moment fehlt, aufgrund dessen man den Handelnden eine Ausweglosigkeit abnehmen würde. Justin Timberlake und Amanda Seyfried passen da wie die Faust aufs Auge, wenn sie Zeitmillionäre spielen, die innerhalb von Sekundenbruchteilen in die Pleite gehen können und dann doch wieder stinkreich werden. Bleibt bei derart schnellebigen Wechselreaktionen die Frage, wie real der Wert von 100 Jahren auf der Uhr ist...
:liquid4:

Spurlos - Die Entführung der Alice Creed
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Konsequentes, zum Experiment neigendes Kammerstück mit nur drei Akteuren, deren Schauspiel durch gegenseitige Beeinflussung stark an Intensität gewinnt. Der Film lebt von der schalenweise aufgedeckten Hintergrundgeschichte, die immer mehr eröffnet, als man vorab hätte vermuten können. Ein übergeordneter Rahmen fehlt aber, so dass abgesehen vom Drama, das die Beteiligten erleben, kein weiterer Sinn zu erkennen ist. Das hinterlässt einen etwas schalen Eindruck, so dass man meint, einen zwar guten Psychothriller gesehen zu haben, den man so schnell aber nicht wieder sichten wollen würde; nicht etwa, weil er zu tief ins Mark dringt, sondern eher, weil er nicht genug zu geben hat.
:liquid6:

Das Mädchen, das durch die Zeit sprang
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Flippiger SciFi-Anime, der die Möglichkeit des Zeitsprungs dazu nutzt, den jugendlichen Alltag einer in den Tag lebenden Schülerin über das altbewährte Murmeltier-Prinzip zu reflektieren. Optisch gewöhnungsbedürftig, zeigen sich die Hintergrundlandschaften (ausgeschmückte Landhäuser, lebhafte Geschäftsstraßen etc.) doch meist enorm detailverliebt, während die Bewegungen der Figuren hakelig und grobschlächtig sind (Figuren, die etwas weiter im Hintergrund stehen, bekommen nicht einmal Gesichtszüge spendiert). Die Hauptfigur ist sympathisch gezeichnet, aber auch fehlerhaft, was sie ambivalent und interessant macht; ihre Eigenarten sind trotzdem gewöhnungsbedürftig. Streckenweise verliert der Film das Ziel aus den Augen und gerät dadurch etwas langatmig, dann wieder demonstriert er die Magie des Alltags durch einen schlichten Beleuchtungseffekt oder einfach ein gut gesetztes Timing einer Stillephase.
:liquid6:

Society
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Brian Yuzna nimmt sich die Gesellschaft der Reichen und Schönen vor und kehrt ihr Innerstes nach außen - und wer Yuzna kennt, der weiß, dass das nicht nur im übertragenen Sinne gemeint ist. Allerdings hält sich der Regisseur von "Re-Animator" erfreulich lange zurück, bietet zunächst allenfalls vage Andeutungen seines Körperhorrors (Silhouette unter der Dusche), der sich erst im Finale mit all seiner metaphorischen Widerwärtigkeit entlädt. Der vorherige Verzicht auf Ekelszenen erzeugt reichlich Suspense; Andeutungen lassen die Perversionen der High Society im Kopf erst so richtig lebhaft werden und als sich das Dazugehören und das Aussaugen Außenstehender letztlich in Masken- und Goreeffekten wiederfindet, werden die Vorstellungen endlich Wirklichkeit.
Attackiert wird zwar in den 80ern eine andere Gesellschaft als die heutige First Class, übertragbar bleibt das inzestuöse Vorgehen der alienesk gezeichneten Mächtigen aber auch Gesellschaftsgruppen aller Epochen.
:liquid8:

Street Trash
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"Street Trash" ist eine Milieustudie der verborgensten Winkel der amerikanischen Boweries, der Heimstätten von Pennern und Obdachlosen. Entsprechend werden so unverblümt wie nur möglich die hintersten Winkel und Gassen von Großstadtslums gefilmt, mit all dem Müll, dem Schmutz und den heruntergekommenen Häusern. Nur hin und wieder bewegt sich der wie "Tanz der Teufel" mit frei schwebender Wackelkamera gedrehte Film auf die Main Streets, und dann auch nur, um aus Sicht der arbeitenden Bevölkerung mit angewidertem Blick auf das Geschäum zu blicken, das sich aus dem Dunklen hervorkräuselt.
Dem punkigen Messi-Look entspricht "Street Trash" mit einer famosen Idee - er wählt den Flachmann, jenen letzten Strohhalm der von der Gesellschaft ausgespuckten, und füllt ihn mit einer Art Anti-Zaubertrunk, der den Trinker zu einer bunten, brodelnden Masse zusammenpfercht, die schleimig im Klo versickert, auf dem gerade noch jemand gemütlich sein Geschäft verrichtet hatte. Zeitgleich werden die Wände während des Schmelzvorgangs mit neonfarbenen Graffitis besprenkelt und der Hunger des Splatterfreunds gestillt, der sich diesmal eben mit Regenbogenfarben anstatt mit blutrotem Nass begnügen muss, weil es eben so schön Underground aussieht. Und während der Flachmann mit dem Regenbogenwasser die Runde macht, wird ein weitreichender Blick auf das Treiben in den Straßen gewährt, in die niemand von uns freiwillig einen Fuß setzen würde. Hin und wieder zäh, aber immer einfallsreich inszeniert und als Trash in jeder Lebenslage zu gebrauchen.
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The Guard
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One-Man-Show von Brendan Gleeson, der als irischer Polizist mit vorlautem Mundwerk den ganzen Film trägt. Über saftige Kerrygold-Weiden folgt ihm Don Cheadle auf dem Fuße, der ebenfalls ein erstaunlich gutes Comedy-Timing unter Beweis stellt, neben Gleeson (seiner Hautfarbe zum Trotz) aber geradewegs bleich wirkt. In der Anlage ist "The Guard" ein typisches Inselstück, unabhängig von strengen Drehbuchvorgaben und immer frei nach Schnauze. Wie abhängig es von seinem Hauptdarsteller ist, beweist ein Blick Richtung "Kopfgeld", ein kaum mehr als ordentlicher Film, weil auch Gleeson dort nur ordentlich spielte - das ist hier ganz anders. Auch ein "Brügge sehen... und sterben" mag das bessere Drehbuch gehabt haben, die bessere Chemie beweist Gleeson aber im Zusammenspiel mit Don Cheadle in einer absurden, leichten Komödie mit typisch irischem Humor.
:liquid7:

Eine Dunkle Begierde
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Es ist inzwischen eine regelrechte Flucht ins Psychologische, die Cronenberg, scheinbar geplagt von seiner Vergangenheit als Body-Horror-Auteur, betreibt. Sie führt ihn ins frühe 20. Jahrhundert, wo er sich auf ein teilweise inzestuös selbstanalytisches Dreiecksspiel einlässt. Das Cronenberg'sche in diesem Drama liegt darin, dass sich freundschaftliche, berufliche und erotische Interessen durch nicht unintelligente, mitunter verflochtene Dialoge miteinander vermischen. Keira Knightley zieht dabei leider viel zu sehr vom Leder und vergisst beim Grimassieren die Verhältnismäßigkeit. Ein wenig zieht ihre Chargiererei das Verhältnis der Figuren auseinander. Ansonsten kann man nur sagen: Souverän gelöst, und dennoch sehnt man sich nach dem alten Cronenberg.
:liquid7:


Weitere Sichtungen:
Nico
Unknown Identity

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