
Originaltitel: Tejing xinrenlei
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 1999
Regie: Benny Chan
Darsteller: Nicholas Tse, Stephen Fung, Sam Lee, Grace Yip, Eric Tsang, Daniel Wu, Tôru Nakamura, Terence Yin, Francis Ng, Jaymee Ong, Moses Chan, Ken Lo, Bey Logan, Irene Luk, Tracy Wong, Jackie Chan u.a.
Baut sich Jackie Chan etwa eine Nachwuchsarmee? Auf den Gedanken könnte man kommen, produziert und präsentiert er mit “Gen-X Cops” doch einen Actioner der Generation X, ein neumodisches Hongkong-Geschoss, dessen Prämisse es ist, ein paar vielversprechende junge Talente an die vorderste Front zu bringen. Chan selbst ist symbolisch nur in einem kleinen Cameo gegen Ende mit von der Partie, womit er Platz macht für die jungen Kerle. Auch wenn sein Kurzauftritt beweist, dass er denen noch immer das Handwerk legen könnte, wenn er wollte, wenigstens in deren Metier, eine möglichst große Klappe zu beweisen.
Benny Chan (“New Police Story”) serviert uns mit dem vorliegenden Film ein perfekt durchgestyltes, auf Jugendlichkeit getrimmtes High Tech-Event, das darauf bedacht ist, einen Generationenwechsel des Action-Kinos zu provozieren. Angefangen beim Titel bis zu den Namen der Darsteller (der erste Tote des Films trägt den vielseitig interpretierbaren Namen “Dinosaurier”) deutet so ziemlich alles darauf hin. Und wenn wir in den Film einsteigen, so wird dies noch deutlicher. Der aus punkigem Metal bestehende Soundtrack treibt die Bilder voran, während handlungstechnisch alle Register gezogen werden, um die klassische Underdog-Thematik auf die Jugend umzuwälzen, die von den erfahreneren Herren im Polizeirevier aufs äußerste unterschätzt werden. Zeit, der alten Garde zu zeigen, was ‘ne Harke ist.




Auserkoren, um den Saft und die Kraft der Generation X zu repräsentieren, sind einige der momentan größten Nachwuchstalente Hongkongs. Zwischen den Reihen der “Bad Guys” und “Good Guys”, und deshalb mit einer ungleich vielschichtigeren Figur als beim Rest der Gilde behaftet, ist Daniel Wu zu finden. Im Jahr 1999 hatte er noch recht wenig Filmerfahrung und konnte bisher gar erst einmal in “Young and Dangerous: The Prequel” (1998) seine Kampffähigkeiten unter Beweis stellen, die er sich seit dem Alter von zehn Jahren antrainiert hatte. Wenngleich der wirkliche Durchbruch erst nach der Jahrtausendwende folgte, so zeigt Wu doch schon hier, dass in ihm das Potenzial für einen hervorragenden Charakterdarsteller schlummerte, dem es aber auch nicht an der nötigen physischen Präsenz fehlte.
Unter den eigentlichen “Gen-X Cops” lassen sich drei weitere Repräsentanten der neuen Generation finden: Sam Lee als Alien, Stephen Fung als Match und Nicholas Tse als Jack. Weiterhin komplettiert Grace Yip als Y2K (Man erinnere sich: Das “Jahr-2000-Problem”) die Bande, eine Sängerin mit der Schauspielerei als Nebenprojekt, die man wohl getrost als netten Blickfang einordnen kann. Sie bereichert den Film natürlich enorm in Sachen Schauwerte, die hier zweifellos groß geschrieben werden.
Ansonsten ist Nicholas Tse herauszuheben. Während seine beiden Compadres Lee und Fung im Vergleich doch eher blass wirken (was aber irgendwo auch der hierarchischen Konstellation der Gen-X Cops zugute kommt), spielt er seine Rolle sehr cool und dem Szenario angemessen runter, was ihm alleine seit 2000 bis heute schon 20 neue Filmrollen und Cameos einbrachte. Er ist neben Daniel Wu die Entdeckung des Films und hebt diesen schauspielerisch über das Durchschnittsniveau. Leider ist insgesamt zu sagen, dass die Schauspielerei betreffend sehr gute und ziemlich untalentierte Darsteller Rücken an Rücken spielen und es nicht ganz so einfach ist, den Darstellern im Gesamten ein Lob auszustellen; dazu wanken Schauspieler wie Moses Chan zu stark zwischen seriösem Schauspiel und der Clownerei, wie man sie eigentlich aus Kung Fu-Komödien der 70er Jahre kennt. Humor ist in diesem Film zwar nicht tabu, doch bemüht man sich eigentlich, ihn von dem Genre-klassischen Overacting abzutrennen und eher durch Wortwitz hervorzubringen.
Die Story um Gangs, Bosse, Handlanger, gestohlenen Sprengstoff und Terrorismus kommt derweil überraschend oldschool daher, vermutlich um zu beweisen, dass der New Wave auch auf altem Terrain bestehen kann. Hin und wieder scheinen auch Meister der Materie durch; speziell John Woo scheint wenigstens in Sachen Technik zu den Vorbildern gehört zu haben, wenn die Cops in Zeitlupe rückwärts nach hinten über einen Tisch springen, während lässig noch drei, vier Schüsse aus dem Schwung heraus abgegeben werden - das Ganze dann im “A Better Tomorrow”-Gedächtnisanzug. Manchmal scheinen gar Fragmente von Betrug und Loyalität heraus, wie man sie von Woo kennt, doch bleiben derlei Ansätze zu rar gestreut, um dort einen wirklichen Vergleich zuzulassen.




Wie schon angesprochen, ist die vollkommene Unterschätzung der Jugend, die sich zunächst beweisen muss, ein wichtiges Puzzleteil. Siegel dieser Verhältnisse ist Eric Tsang (“Infernal Affairs I - III”), der einen scheinbar minderbemittelten, an Wahnvorstellungen leidenden Cop gibt, der von seinen Kollegen nicht ernst genommen wird, der aber zweifellos ein gutes Herz hat. Seine Figur stellt die Verbindungslinie zwischen beiden Generationen dar. Tsang ist der einzige Schauspieler, der in Sachen Transport von humoristischen Elementen vollauf überzeugen kann, während Moses Chans Kalauer zu tölpelhaft wirken und der Humor der Gen-X-Darsteller mitunter zu pseudo-cool wirkt. Einzig bei den Streitereien zwischen allen dreien kommen fast schon “Three Stooges”-Anleihen hoch, die durchaus witzig umgesetzt wurden.
Währenddessen leidet der Film leider insgesamt streckenweise doch an der genannten Pseudo-Coolness. Die mag vielleicht sogar fest mit dem Hongkonger New Wave-Kino verankert sein, als störend erweist sie sich aber doch. Eine Identifikation mit den Charakteren erfolgt höchstens für 14-Jährige, was aber dem beizeiten doch recht heftigen Brutalitätsgrad widerspricht, der immer wieder in manchen Szenen aufkommt.
Die Action selbst sieht dabei wie der gesamte Filmlook sehr schick und meistens auch teuer aus, obwohl vereinzelte Sequenzen wiederum unverhältnismäßig billig getrickst wirken (die von der Druckwelle wegfliegenden Schauspieler bei der finalen Gebäudeexplosion). Meist beschränken sich die Aufreger des Films auf klassische, teils blutige Shootouts und Explosionen in akustisch-visueller Vollendung; Martial Arts kommen eher selten zum Zug. Ansonsten spricht die Art der Action - so etwa gleich zweimal Fallschirmsprünge - eine deutliche Sprache. Jung, knackig und extrem soll es sein.
Das Problem, das sich auch hier stellt, ist der Umstand, dass das Gezeigte zu keinem Zeitpunkt wirklich vom Hocker haut. Benny Chan hat bis “New Police Story” definitiv noch einiges gelernt. Noch jedenfalls regiert eher Beliebigkeit den Stil seines Films. Das soll nun nicht bedeuten, dass die Unterhaltung fehlen würde; ganz im Gegenteil erscheint keine Sekunde dieser 109 Minuten zu viel. Längen werden konsequent vermieden, was ein positiver Umstand ist, den sich Chan für seine Folgeprojekte auch beibehalten hat. Nur im direkten Vergleich mit seinem “New Police Story” fehlt seinem 1999er-Werk der sprühende Funke, der jede Szene zu einem inszenatorischen Erlebnis machen würde.
So fehlt “Gen-X Cops” zwar das unverwechselbare Flair, das ihn zu einem Kultfilm in seinem Genre hätte erheben können. Nichtsdestotrotz handelt es sich um ein unterhaltsames Stück Hongkong New Wave, aus dem sich die beiden Jungdarsteller Nicholas Tse und Daniel Wu positiv herausheben. Da außerdem die Kurzweil über die volle Laufzeit erhalten bleibt, reicht es für einen überdurchschnittlichen Filmabend.

Die DVD kommt von Highlight und ist erstaunlich gut ausgefallen: Abgesehen von der Tatsache, dass der Film ungeschnitten kommt, ist die Bildqualität sehr ordentlich und der Sound streckenweise eine Bombe. Die Extras sind leider eher spärlich.