Filmtagebuch: Vince

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kami
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Beitrag von kami » 26.10.2012, 19:21

Vince hat geschrieben: The Warlords
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Wechselsymbiotische Studie über den Schwur einer Bruderschaft, die Taktik auf dem Kriegsfeld und daraus entstehende Konsequenzen für die Herrschenden und das Volk. „The Warlords“ ist aufgezogen als ultradramatisches Schlachtenspektakel, gespickt mit Pathos und ausuferndem Overacting insbesondere Jet Lis, der als leicht aufgedunsenes, eiskaltes Männchen eine im positiven wie negativen Sinne beängstigende Performance aufs Parkett zaubert. Die Kriegsszenen eifern dem strategischen Blick nach, den John Woo mit „Red Cliff“ bewies, können aber nicht die gleichen Aha-Momente erzeugen. Stattdessen bleibt der bittere Nachgeschmack einer überambitionierten Filmproduktion, die zwar darum bemüht ist, große Schauwerte und große Emotionen zu bieten, sich dabei ein ums andere Mal aber auch etwas verzettelt.
:liquid6:
Wo verzettelt sich der Film denn? Im Gegensatz zu RED CLIFF ist der Konflikt doch viel begreifbarer und weniger abstrakt, die Erzählweise stringent, das Drama echter und emotionaler. Sehe den schon stärker als Woos kühles Planspiel. Auch die Action ist großartig, ruppig und mitreißend.

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Vince
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Beitrag von Vince » 28.10.2012, 08:38

Ist wohl Geschmackssache, ich kann an zu viel Pathos nichts Echtes finden - da sind mir die "kühlen Planspiele" Woos schon lieber, weil ich mir die Dramatik hier wenigstens selbst aus dem Gezeigten ziehen kann und nicht mit dem Zaunpfahl direkt darauf verwiesen werde.





The Hunter
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Aufgrund der zeitnahen Erscheinung ist man dazu versucht, das Regiedebüt mit dem Survival-Thriller “The Grey” zu vergleichen, allerdings versteht sich “The Hunter” eher als Charakterdrama, das Landschaftspanoramen und Gesichter für sich sprechen lassen möchte anstatt Beleuchtung und Soundkulisse. Leider postuliert es mehr Tiefe, als es am Ende einhalten kann: Die anfangs kryptisch wirkenden Figuren gewinnen nur wenig dazu, als sie sich irgendwann öffnen – das gilt sogar für die Hauptfigur, obwohl Willem Dafoe wieder eine sehr gute Leistung zeigt. Endgültig durchwachsen wirkt der Gesamteindruck, als die geheimnisvolle Aura des Tasmanischen Tigers, dessen Seltenheit in den Title Credits noch so schön durch Archivaufnahmen unterstrichen wird, mit einer völlig unnötig extrem schwachen CGI-Animation mit Füßen getreten wird. Immerhin aber üben die Naturaufnahmen einen großen Reiz aus, auch weil sie eben gerade nicht wie typische Urlaubspanoramen wirken. Gute
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Tanguy - Der Nesthocker
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Ein eher selten beackertes und doch so zeitgemäßes Thema kommt zu verdienten Ehren. Der Nesthocker ist immerhin ein Gesellschaftsprodukt unserer Zeit, und die Franzosen bieten mit „Tanguy“ eine wunderbare europäische Variante desselben. Wo man von einem US-Film entweder einen unbeholfenen Volltrottel (siehe auch: „Die Stiefbrüder“) oder einen Nerd in der Hauptrolle vermuten würde, ist es hier ein beruflich wie sexuell durchaus erfolgreicher Gelehrter (also sicher kein Mitglied von Liquid Love), der noch dazu – in geringen Dosen wenigstens – sehr umgänglich ist. Zu umgänglich nach dem Geschmack seiner Eltern, weshalb sie ihn mit allen Mitteln aus dem haus jagen wollen. Im Folgenden entfaltet sich ein zunehmend versteifendes Netz aus wechselseitiger Bedrängung und Sturheit: Was auch immer die Eltern anstellen, der Sohnemann hat vollstes Verständnis dafür.
Der Ton ist typisch französisch ausgesprochen trocken, der Humor ergibt sich durch beiläufig wirkende absurde Komik, die sich erst durch situative Anhäufung ergibt und dann mit Grimassen der Ungläubigkeit quittiert werden. Manchem mag der Ton der Komödie etwas steif wirken, in Zeiten überdrehter US-Anarcho-Komödien ist das aber irgendwo auch mal wieder eine Wohltat. Das Ende wirkt etwas verkorkst, kann aber den positiven Gesamteindruck auch nicht mehr schmälern.
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Die Nadel
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Hochspannender Agententhriller mit einem herausragenden Donald Sutherland. Bildsprache und Kameraführung erinnern deutlich an den Hitchcock der 70er, auch das Drehbuch auf Grundlage eines Romans von Ken Follett trägt Hitchcock’sche Züge, als es sich von dem etwas unfokussierten Kriegshintergrund in die intime Atmosphäre eines Charakterdramas flüchtet, wo ein einsames Landhaus und der grüne Weg zur Küste die einzigen Schauplätze stellen. Bemängeln kann man neben den Startschwierigkeiten vielleicht die Schnelligkeit, mit der die Hauswirtin bei ihrem Gast alle Förmlichkeiten verliert, andererseits passt die schnelle Vertraulichkeit irgendwo auch zu beiden Figuren.
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Die Nacht des Jägers
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Symbolkräftiger, streckenweise märchenhaft-surrealer Noir-Thriller, der – permanent die Bibel zitierend – einen Wolf im Schafspelz in ein Dorf schickt, um eine Familie durch seine Gier bewusst ins Verderben zu treiben. Robert Mitchum scheint besessen von seiner düsteren Rolle, die er in einzelnen Szenen richtig ins Unheimliche treibt (Flöten vor dem Haus). Von dem Bild des Hauses mit der Silhouette eines Gartenzauns und eines Mannes dürfte sich auch William Friedkin inspiriert gefühlt haben, als er „Der Exorzist“ drehte.
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Anonymous
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Der größte Aha-Effekt dieses Films dürfte wohl die Tatsache sein, dass er ausgerechnet von Roland Emmerich kommt. Dessen Filme wurden ja zuletzt verlässlich im gleichen Maße spektakulärer und dümmer, so dass „Anonymous“ so ein bisschen wie aus dem Nichts kommt. Alleine der Rahmen beweist schon Geschmack: Anstatt einfach einen Film zu drehen, der behauptet, dass Shakespeare seine Werke nicht selbst geschrieben hat, wird dem Ganzen durch den (durchaus selbstreflexiven) Rahmen eines Theaterstücks die Allgemeingültigkeit genommen. So erhellt sich also das Dunkel des Hintergrunds und eine Bühne kommt zum Vorschein, in der fortan eine mögliche alternative Geschichtsschreibung vorgeschlagen wird. Das lässt Emmerichs Arbeit mit einem Schlag bescheiden wirken und gibt ihr alle Freiheiten bei der Gestaltung in die Hand. Die wiederum nutzt Emmerich mit seiner bewährt spektakulären Bildsprache natürlich aus. Dennoch lässt er, dem Sujet gemäß, das Wort dominieren und gesteht diesem die Kraft zu, menschliche Tragödien von riesigen Ausmaßen entstehen zu lassen. Am Ende schließt sich dann der rote Vorhang und das Publikum applaudiert erfreulicherweise nicht – es hätte der Eindruck entstehen können, Emmerich würde sich selbst beglückwünschen.
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Cosmopolis
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Cronenberg ist wieder da, und zwar so richtig. „Cosmopolis“ erzählt mit Bildern eine chronologisch schlüssige Geschichte, gewöhnungsbedürftig zwar aufgrund der personennahen Kamera und den eingeengten Drehorten, aber immerhin bewegt sie sich vorwärts und bezeugt Fortschritt, am Ende gar einen Klimax, hervorragend repräsentiert durch den lange Zeit stillen Soundtrack, der in der letzten Szene schwellend lauter wird und mit einem Schnitt in den Abspann entlässt.
Wären es also nur die Bilder, könnte „Cosmopolis“ also durchaus ein Kammerspiel-Thriller sein. Allerdings besteht der Film zu 95 Prozent aus Worten. Worte, die das teils absurde, teils natürliche Verhalten der Figuren zum Teil bestätigen und zum Teil konterkarieren, Worte, die wie Eselsbrücken aufeinander Bezug nehmen und schließlich mit der ursprünglichen Motivation nicht mehr im Zusammenhang stehen. Worte auch, die eine kognitive Überforderung des menschlichen Gehirns mit den gesellschaftlichen und sozialen Anforderungen einer längst über die biologischen Grundbedürfnisse erhabenen Welt aufzeigen. Worte, die letztlich auch wieder auf die Bilder einwirken – wenn Pattinson, ein ganz ausgezeichnet agierender Pattinson übrigens, in der Limo zur blauen Schiebeglastür eines Faches greift und es öffnet, hat alleine schon diese so nichtig wirkende Sequenz wieder das unnachahmliche Was-brodelt-hinter-der-Oberfläche-Feeling zur Folge, das so nur Cronenberg entstehen lassen kann. Ein großartiger Film, und dass er von der breiten Masse (diesmal inklusive Pattinson-Fanclub) so missverstanden wird, untermauert nur noch seine Großartigkeit.
:liquid8: ,5

The Wire – Season 1
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Die gesamte Staffel über herrscht die gleiche Sperrigkeit vor, die man z.B. bei den „Sopranos“ in den ersten Folgen verspürte, aber gleichzeitig entwickelt sie eine ungeahnte Sogwirkung, weil man schnell ahnt, welche Komplexität sie bereithält. „The Wire“ lebt davon, nicht nur die Perspektive der Polizei, sondern auch die der Verdächtigen einzunehmen. So strickt die erste Staffel in dreizehn Folgen ein doppelseitiges Geflecht, wie das Cover grau in grau. Es ist schwierig, Ecken und Kanten zu finden, weil Charaktere und Geschehnisse nicht wie etwa bei „The Shield“ übersteigert werden. Das macht es wohl so schwer, mit der Serie warm zu werden, aber wenn man am Ball bleibt, wird man durchaus belohnt.
:liquid8:

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Beitrag von StS » 28.10.2012, 09:49

Vince hat geschrieben: Cosmopolis
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Cronenberg ist wieder da, und zwar so richtig. „Cosmopolis“ erzählt mit Bildern eine chronologisch schlüssige Geschichte, gewöhnungsbedürftig zwar aufgrund der personennahen Kamera und den eingeengten Drehorten, aber immerhin bewegt sie sich vorwärts und bezeugt Fortschritt, am Ende gar einen Klimax, hervorragend repräsentiert durch den lange Zeit stillen Soundtrack, der in der letzten Szene schwellend lauter wird und mit einem Schnitt in den Abspann entlässt.
Wären es also nur die Bilder, könnte „Cosmopolis“ also durchaus ein Kammerspiel-Thriller sein. Allerdings besteht der Film zu 95 Prozent aus Worten. Worte, die das teils absurde, teils natürliche Verhalten der Figuren zum Teil bestätigen und zum Teil konterkarieren, Worte, die wie Eselsbrücken aufeinander Bezug nehmen und schließlich mit der ursprünglichen Motivation nicht mehr im Zusammenhang stehen. Worte auch, die eine kognitive Überforderung des menschlichen Gehirns mit den gesellschaftlichen und sozialen Anforderungen einer längst über die biologischen Grundbedürfnisse erhabenen Welt aufzeigen. Worte, die letztlich auch wieder auf die Bilder einwirken – wenn Pattinson, ein ganz ausgezeichnet agierender Pattinson übrigens, in der Limo zur blauen Schiebeglastür eines Faches greift und es öffnet, hat alleine schon diese so nichtig wirkende Sequenz wieder das unnachahmliche Was-brodelt-hinter-der-Oberfläche-Feeling zur Folge, das so nur Cronenberg entstehen lassen kann. Ein großartiger Film, und dass er von der breiten Masse (diesmal inklusive Pattinson-Fanclub) so missverstanden wird, untermauert nur noch seine Großartigkeit.
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Danke. Endlich mal einer, der den Film (auch) versteht. :yeah:

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Beitrag von vstverstaerker » 29.10.2012, 19:12

Tanguy ist echt klasse! Wurde einst im Französisch-Unterricht gezwungen, den im Kino zu sehen (war glaube französisch mit deutschen UT). War damals sehr angenehm überrascht, da teils brüllend komisch.
Der läuft ja hin und wieder bei den dritten Programmen spät abens und da schau ich immer wieder gerne rein!
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Beitrag von Vince » 30.10.2012, 17:33

Ich wurde bei einem Besuch von Freunden ebenfalls gezwungen und war positiv überrascht. Obs auch Leute gibt, die den freiwillig gucken und scheiße finden? ;)

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Beitrag von John Woo » 31.10.2012, 23:08

Vince hat geschrieben:
The Hunter
Ich mag den Film sehr. Fand ich berührend und toll gespielt. Empfand die CGI-Animation auch nicht als unnötig oder extrem schwach, obwohl ich da sonst sehr heikel bin.

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Beitrag von Vince » 13.11.2012, 10:58

Vampire Girl vs. Frankenstein Girl
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Wenn man sieht, wie eine Einarmige durch die Antriebskraft ihres ausgerissenen Armes, der mit einer Schraube in ihren Kopf gedreht wurde und sich jetzt wie ein Rotorblatt um die eigene Achse dreht, auf ein hohes Bauwerk zum Final Showdown geflogen wird, kann man nun nicht behaupten, die abstrakte Vorstellungskraft der Macher von "Machine Girl" und "Mutant Girls Squad" habe Federn gelassen. Der Irrealismus hektoliterweise spritzenden Blutes findet auch in der angeblichen Verballhornung von "Twilight" & Co. (obwohl direkte Referenzen kaum vorliegen, eher handelt es sich um eine Frontalattacke gegen jegliche Art von süßlichem Vampirschmonzettenkitsch) wieder, die Inszenierung ist diesmal allerding noch mehr Geschmackssache als sonst. Aufgezogen ist der Film wie ein schräger J-Pop-Musikvideoclip mit Karnevalsanmutung, absurde Tanz- und Gesangseinlagen eingeschlossen. Es ist schwer nachzuvollziehen, welche Intentionen dahinterstecken - offensichtlich soll die Hyperaktivität im Schnitt lediglich eine Maßlosigkeit nachbilden, die sich bei Gruselromanzen in der Suche nach der ultimativen Gefühlsausschüttung findet. ir war das alles zu abstrakt, zu überdreht und planlos.
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Phase IV
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Die Angst der 70er vor der Intelligenz eines Kollektivs, hier in Form eines halbdokumentarischen SciFi-Horrorfilms, der zur einen Hälfte auf Mikroaufnahmen von Ameisen setzt, zur anderen Hälfte auf ein kammerspielartiges Szenario mit nur wenigen Protagonisten, das an Filme wie "Dark Star" erinnert. Erstaunlicherweise gelingt es dieser ungewöhnlichen Mischung, eine bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen. Wissenschaftlich motivierte Erklärungen suchen die Nähe zur Realität und erzeugen damit das beklemmende Gefühl, dass Ameisen, wären sie auf ein derartiges Verhalten programmiert, durchaus dazu in der Lage wären, eine schwerwiegende Naturkatastrophe in Gang zu setzen. Das Ende ist kurz, abrupt und effizient und hinterlässt einen Hall, der bis heute nachwirkt.
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The Other Woman
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Intimes und dicht erzähltes Beziehungsdrama, bei dem eine (von Natalie Portman mal wieder souverän gespielte) junge Frau im Mittelpunkt steht, die anhand ihres Stiefsohns den Verlust des eigenen Babys verarbeiten muss. Klingt bedrückend und unangenehm genug, um sich nicht damit auseinandersetzen zu wollen, bildet aber ein durchaus interessantes psychologisches Profil der Hauptfigur, deren Schwächen und Stärken sich dem Zuschauer weitestgehend erschließen. Lediglich einige der nebenfiguren, darunter vor allem der Vater des gestorbenen Kindes und des Stiefsohnes sowie dessen Ex-Frau, unterliegen etwas zu sehr gängigen Idealtypen (er der fehlerlose und psychologisch immer korrekt handelnde Gutmensch, sie die biestige Schachtel).
:liquid6:

Weitere Sichtungen:

Project X
James Bond: Skyfall
Mission: Impossible 4
Missing In Action
At Midnight I Will Take Your Soul

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Beitrag von Seemi » 15.11.2012, 20:41

Den Saul Bass Streifen muss ich auch noch dringend ansehen
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"Bevor ich mein Kaffee nicht hab, lass ich mich nicht foltern!" (Jackson)

Meine DVD-Sammlung

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Beitrag von Vince » 03.12.2012, 16:12

Eine total, total, total verrückte Welt
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Fast schon wie ein überdimensionales Theaterstück (inklusive Ouvertüre und allem drum und dran) mit Setpieces von Open-World-Ausmaßen wirkt dieses Roadmovie-Ensemblestück, das eine ebenso schräge wie einfache Idee anfangs an hysterische Situationskomik zu verschenken scheint, dann aber irgendwann in der Mitte seiner überlangen Laufzeit den Ton trifft. Letztendlich gipfelt der dargestellte Egoismus unterschiedlichster Arten von Menschen in einem schier absurden Grande Finale, das ebenso wie der gesamte Verlauf mit unübersehbarer Tragikomik versehen ist, die angesichts der übersteigerten Darstellung der Ereignisse aber nur mit einem fröhlichen Schulterzucken quittiert werden kann – that’s life.
:liquid7: ,5

Livid
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Ein, zwei nette Szenen hat dieser nach „Dead Silence“ / „Insidious“ gestrickte französische Gruselthriller ja zu bieten, allerdings scheitert er im Ganzen schon an der faden TV-Optik mit „Lindenstrasse“-Flair, die selbst bei alten Schockeromis und sich im Zeitraffer bewegenden Ballerinas mit zugenähten Augen nicht ganz in die Geschichte ziehen kann. Diese verwandelt sich in der Mitte zu allem Überfluss auch noch ein eine Abfolge von absonderlichen Szenen mit „wtf?“-Faktor zehn. Spätestens hier ist jeder Anflug von Unwohlsein dahin, ist man doch damit beschäftigt, sich zu fragen, was die Macher hier geschmissen haben müssen.
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Ödipussi
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Die Lindenstraßenoptik muss man als Verächter des modernen deutschen Films zunächst mal überwinden, dann fällt der Blick auf Loriots Humor, und der ist natürlich über jedes Daily-Soap-Flair erhaben; mit punktgenauem Timing arrangiert Loriot Szenen, in denen er als vertüddelter Träumer rüberkommt, der sich vom Zufall und den Reaktionen seiner Mitmenschen treiben lässt. Das Thema „Mutterliebe“ ist ein klassisches, im Aufbau des Inhalts ähneln sich beispielsweise „Ödipussi“ und „Braindead“ stark, verwenden aber natürlich jeweils unterschiedliche Mittel, den Komplex zu veranschaulichen.
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Die Schlümpfe
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Einige wenige gute Gags hat’s ja sogar, und mit Wohlwollen könnte man sagen, dass Hank Azaria als Gargamel so grottig ist, dass man wiederum Spaß an seiner grotesken Spielweise haben muss, aber die Frage, was die Schlümpfe auf der großen Leinwand verloren haben, bleibt dennoch im Raum. Insbesondere, als New York, die überfilmteste Stadt der Welt, schon wieder als Schauplatz herhalten muss – und das, wo sich der Wald mehr als nur aufdrängt, Hauptschauplatz zu sein. Aber das wäre ja nicht hip genug. Also mischen die blauen Winzlinge wieder einen „HIMYM“-Star im HIMYM-Modus auf, so wie es kürzlich auch schon die Muppets taten.
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Die Piraten
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freeman, bitte weghören: Seltsam bemüht wirken die Gags, für die auch schon mal ein Wal direkt in die Eingangspforte einer Kneipe springen muss, um Lacher zu provozieren. Die gegenseitigen Übertrumpfungsversuche der Piraten wirken teilweise fremdschämelnd-angeberisch, kaum mal leichtfüßig oder wortgewandt. Bunt und reichhaltig ist die Knetanimation und schon das besorgt den unbedingten Ansehwert, aber die begleitende Comedy kommt extrem schwer in die Pötte. Eigentlich generiert sie sich bloß hin und wieder von selbst durch gelungen modellierte Fratzen, die wegen ihrer handgemachten Art immer noch einen ganz anderen Zauber ausstrahlen als jeder CGI-Film.
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Der Gott des Gemetzels
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It’s a Polanski. Haarsträubendes, zwischen Komödie und Meta-Komödie pendelndes Kammerspiel, das sich außerhalb der Wohnung lediglich einen Panoramablick auf die Ausgangssituation des Gesprächs erlaubt, eine Keilerei auf dem Schulhof, wie aus der Ferne beobachtet. Das Verhalten der Kinder wird als normal dargestellt, um die Abnormität sich streitender Erwachsener unter der Fassade gesellschaftlich normierter Höflichkeiten noch zu unterstreichen. Die Luft ist verdammt dick in diesem Film, und Polanski reizt das Brodelnde unter der Oberfläche jeweils so lange aus, bis sich eine der Figuren ein wahres Wort erlaubt, das meistens im nächsten Halbsatz schon wieder entschuldigend verharmlost wird. Keine der Figuren wirkt sympathisch; durch gegenseitige Reibung offenbaren sie alle Seiten, die sie sonderbar erscheinen lassen. Die Charaktere gewinnen zwar dadurch satirische Züge, die einzelnen Szenen allerdings weisen einen hohen Realitätsgehalt auf – jeder Einzelmoment, so absurd einige davon auch sein mögen, wäre bei manchen Personen aus dem eigenen Bekanntenkreis durchaus vorstellbar.
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Der Wolkenatlas
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Ein Film, der leider nicht über die Summe seiner Teile hinauskommt. Einzelne Szenen, Mise-en-scenes und sogar deren Montage wirken meisterhaft; blickt man aber auf den Film als einheitliches Werk zurück, bleiben lediglich Eindrücke von gimmickhaften Indizien, die mehrere Epochen verbinden, und Schauspieler, die gegen den Eindruck anspielen müssen, sie würden an einer Faschingsparade teilnehmen. Zwar funktionieren die Darsteller meistens selbst dann, wenn sie Figuren anderer ethnischer Ursprünge oder anderen Geschlechts spielen müssen, dies aber nur innerhalb der Szenen, kaum noch im Rückblick. Im Gegensatz zum Buch, das die Zeitebenen chronologisch vor- und dann wieder rückwärts aufreihte, springen die Wachowskis mit Tykwer im Farbenrausch von einer Ebene zur nächsten und wieder zurück. Man versteht diese und andere Vorgehensweisen der Regisseure, auch dass sie offensichtlich Humor mit Drama kreuzen, anstatt bei einer Stimmung zu bleiben, aber resümiert man einmal das Ganze, gelangt man nur bedingt über die Analyse von Einzelszenen hinaus.
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Jazzclub
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Die Kneipe, in der „Jazzclub“ gedreht wurde, war mal die Stammkneipe eines Freundes, mit dem ich regelmäßig Filmabende veranstalte, und er war auch zum Drehzeitpunkt als Zuschauer anwesend. So blieb natürlich nicht aus, dass ich mich irgendwann mal mit diesem Film auseinandersetzen würde, obwohl ich nach dem zweiten Film aus der Schneider-Box damals aufgegeben hatte, zu anstrengend schien mir Helge im Rahmen einer Filmhandlung. „Jazzclub“ allerdings ist ein hervorragend getroffenes, tragikomisches Portrait des Ruhrpotts: Der Fisch, die vielen Minijobs, Wäscheleinen zwischen Hochhäusern, brotlose Kunst, hässliche Frisuren, Unterhemden und viel Regen und Matsch. Der Film pendelt – typisch für Helge – zwischen Kunst und Klamauk hin und her, lässt Kalauer wie „Zwei Meter zwei Mark“ auf hohe Jazz-Kunst stoßen. Auch viel Improvisation fließt in den Film ein, der Ruhrpott wird als Darsteller direkt mit einbezogen und kann sich genau so präsentieren wie er ist. Der beste unter den vier Filmen, sag ich mal so, obwohl ich den dritten noch nicht gesehen habe.
:liquid8:

Take Shelter
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Atmosphärisch dichter Apokalypse-Thriller mit einem wiederum extrem überzeugenden Michael Shannon, der direkt an seine Leistungen aus „Bug“ und „My Son, My Son, What Have Ye Done“ anknüpft. Der oft nahtlose Übergang von Visionen und Realität lässt den Film zwar nicht direkt unberechenbar scheinen, verleiht ihm aber eine gewisse Unruhe. Die Szenenwechsel sind ansprechend arrangiert; mitunter setzt der Schnitt ganz starke Akzente, wenn zB. die Höhepunkte der Alpträume kunstvoll mit dem Moment des Aufwachens zusammengeschnitten werden. Die Frage, ob die von nahendem Unheil überzeugte Hauptfigur am Ende Recht hat oder nur ein Opfer von Schizophrenie ist, steht zwar im Raum, sollte aber nicht überbewertet werden, da die Bilder – ähnlich wie bei „Shutter Island“ auch unabhängig davon genug Substanz bieten. Visuell in bedrückenden Grau-, Blau- und Türkistönen gehalten, erinnert „Take Shelter“ auch etwas an „The Happening“, ist aber der inhaltlich deutlich rundere Film.
:liquid7: ,5

Wer die Nachtigall stört
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Mit Recht ein Klassiker des Justizfilms. Halb aus Perspektive der Kinder erlebt man zunächst eine Atmosphäre, die derjenigen vieler Jugendfilme („Stand By Me“ etc.) ähnelt – das Böse der Welt wird registriert, allerdings von der eigenen Phantasie in ein Gut-Böse-Spiel verwandelt. Je mehr Einblick die Kinder jedoch in den Fall des Vaters bekommen, desto weiter eröffnen sich ihnen die Dimensionen der Erwachsenenwelt: Sie lernen das irrationale Handeln der Gesellschaft kennen, Normen und Regeln, die keinen Sinn ergeben, Unrecht, das vor dem Gericht als Recht verkauft wird. So gesehen handelt es sich auch um einen Film über das Erwachsenwerden und die damit verbundene Erkenntnis, dass das Böse keine greifbare Form hat und deswegen auch nicht immer effektiv bekämpft werden kann. Gregory Peck verkörpert diese Ohnmacht vor dem Justizsystem herausragend, indem er immer sein Wissen über die Welt vermittelt und die Intelligenz, wo er einschreiten kann und wo er sich der Sinnlosigkeit ergeben muss.
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The Man With The Iron Fists
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RZA mag das Kung Fu Kino lieben, das nimmt man ihm durchaus ab, doch Liebe und einflussreiche Freunde im Filmgeschäft allein reichen nicht aus für einen guten Film. „The Man With The Iron Fists“ ist der gescheiterte Versuch, aus den Lehrstunden am Set von „Kill Bill“ eine eigenes Werk zu machen. In einem Wust aus Post-Post-Zitaten, Splatterexzessen, Ausstattung und Kostümen geht RZA gnadenlos unter, in seiner Doppeltätigkeit als Regisseur und Hauptdarsteller umso mehr; selten hat sich jemand selbst so blass und uninteressant inszeniert wie er. Da auch der Hauptgegner weit unter allen noch so niedrigen Ansprüchen bleibt, kann RZA von Glück sagen, dass er auf eine beachtliche Nebendarstellerriege blicken kann; vor allem Russell Crowe legt eine saubere Show hin. Er rockt die Hütte gerade deswegen, weil er unübersehbar ein genrefremdes Element darstellt, während Lucy Liu letztlich bloß ihre „Kill Bill“-Routine wiederholt, dies aber wieder sehr ansprechend.
So leer, wie die Szenen aber alle wirken, ist es schier unvorstellbar, dass RZA angeblich sogar einen 4-Stunden-Cut im Sinn gehabt haben soll; gut, dass man Freunde hat, die einem so was wieder ausreden.
:liquid3: ,5


Weitere Sichtungen:

Atemlos
Cabin In The Woods
Underworld Awakening
This Night I'll Possess Your Soul
Dredd
Silent Hill 2

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Beitrag von freeman » 04.12.2012, 08:57

*Stein werf für die Pirateneindrücke!* ;-)

Durch die Iron Fists habe ich mich gestern auch ein wenig durchgequält. Werd die Tage was dazu tippseln wegen Lucy. Bei der Endnote bin ich mir irgendwie noch unschlüssig ...

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 16.12.2012, 10:37

Futurama - Season 6
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Macht wie schon die fünfte Staffel die teils sehr müden Einfälle aus den Filmen vergessen und überzeugt annähernd mit dem gleichen Niveau, das die Serie zu ihren Hochzeiten hatte. Komplexe Plots mit überbordenden Einfällen, liebevoll verpackte Filmzitate und als Höhepunkt ein herausragender "Tales Of Interests"-Nachfolger mit drei gerade animationstechnisch sehr einfallsreichen Episodenabschnitten. Da verzeiht man auch ein, zwei durchschnittlichere Beiträge.
:liquid8:

Cheyenne - This Must Be The Place
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Sean Penn als verbrauchter Rockstar mit Make Up und toupierten Haaren im geistigen Einsiedlertum mit seinem kindlichen Selbst, säuselnd und wimmernd und zwischen den Zeilen doch immer wieder mit der Gabe, seine Umwelt genau richtig einzuschätzen - das wirkt leider alles so ein bisschen wie ein "Beautiful Mind"-Oscar. Es ist mal wieder eine schauspielerische One-Man-Show, und die Fixierung auf das stammelnde Wesen im Zentrum gereicht dem Film nicht unbedingt immer zum Vorteil. Man möchte nicht sagen, dass die Figur keine interessanten Facetten hat, aber die Art und Weise, wie sie unter die Lupe genommen wird, turnt trotz ein wenig ab und macht "Cheyenne" sehr schwerfällig, obwohl die Kameraarbeit dafür sorgt, dass der Film nie ganz seinen Reiz verliert.
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Die Frau In Schwarz
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Altmodischer Grusel in Frack und viktorianischen Villen, ein für seine erwachsene Rolle noch etwas zu grünschnabliger Daniel Radcliffe, ein sich an die Erfolge des jungen Horrorkinos und dennoch auf seine Traditionen beharrendes Hammer-Studio, das die Gunst der Stunde gerochen hat - hier kommt "Die Frau in Schwarz", ein klassisches Lehrstück in Sachen blutloser Gefrierbrandgrusel, der vor allem mit seiner 20-minütigen Tour-De-Force alles wegblasen soll. Tatsächlich verfehlen die Non-Stop-Schockattacken in dieser Phase ihre Wirkung nicht, und es ist gerade der Umstand, dass der Zuschauer nie in eine Erholungsphase entlassen wird, sondern von einem scary moment zum nächsten gedrückt wird, der "Die Frau In Schwarz" so effektiv macht. Umgekehrt stellen sich allerdings Motivationsfragen, was das Handeln der Darsteller angeht, so wie überhaupt das gesamte Drehbuch auf wackligen Beinen errichtet ist. So kann man dem Film in der Disziplin, für die er gemacht ist, wahrlich keinen Vorwurf machen, auf ähnlich effektive Weise hat zuletzt nur "Insidious" in den Sessel gepresst, aber wo es darum geht, eine gute Geschichte zu erzählen oder glaubwürdige Charaktere zu entwerfen, müssen Abstriche gemacht werden.
:liquid7:

Der Diktator
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Was "Borat" angeht (siehe erste Seite Filmtagebucheintrag), habe ich meine Meinung inzwischen grundlegend geändert - Sacha Baron Cohen entlarvte das amerikanische Denken mit seinem dokumentarischen Stil durchaus effektiv. Die Entscheidung, den "Diktator" nur noch teilweise dokumentarisch wirken zu lassen und vielmehr - auch gerade wegen der Rolle von Anna Faris - wie einen Spielfilm zu inszenieren, nimmt ihm leider einen Teil seines großen Potenzials, ein würdiger "Borat"-Nachfolger zu sein. Denn einzelne Sequenzen stehen den großen Momenten des Reporters aus Kasachstan in nichts nach. Die Anzahl der Tabus, die gebrochen werden, ist wieder bemerkenswert, allerdings ist der cineastische Unterbau nicht wirklich zuträglich; gerade, was die Liebesgeschichte angeht, kommen Assoziationen an Mainstream-Zugeständnisse auf, selbst wenn diese nur bedingt gemacht werden, da die Hollywood-Konventionen auch immer wieder gebrochen werden.
:liquid6: ,5

Merida
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Animationstechnisch natürlich ein weiterer Sprung nach vorne, insbesondere Meridas Haare sind wohl die schönsten, die jemals animiert wurden. Erzählerisch enttäuscht der Film allerdings sehr mit einer Geschichte, die den Esprit und die Originalität von Meisterwerken wie "Wall-E" oder "Ratatouille" vollständig vermissen lässt und die stattdessen einen penetranten Disney-Einfluss offenbart - Menschen in Tierkörpern, Mensch gegen Natur, Harmonie und Umwelt, Liebe zwischen Mutter und Tochter, Liebe innerhalb der Familie, Friede zwischen Völkern, wie oft hat Disney diese Allgemeinplätze nun schon abgegrast? "Cap und Capper", "Bärenbrüder", "Pocahontas" & Co. werden hier nicht etwa liebevoll zitiert, sondern schlichtweg neu aufgelegt. Der Einfluss Disneys tut Pixars Filmen gar nicht gut, denn am Ende ist "Merida" zwar herausragend animierter, ansonsten aber nur gefälliger Disney-Standard. Pixar findet man vielmehr im zugehörigen Kurzfilm, in dem der Mond mit viel Magie in der Luft geerntet wird.
:liquid5: ,5

Weitere Sichtungen:
Haywire
Cyborg
Stolen
Der Hobbit

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Beitrag von Vince » 30.12.2012, 15:12

The Wire - Season 2
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Neue Staffel, neuer Fall: Die Antagonisten der ersten Staffel sieht man nun mitunter im Gefängnis, die Abhörspezialisten der Polizei konzentrieren sich nun vielmehr auf den illegalen Transporthandel an Baltimores Hafen. Entsprechend geraten viele neue Charaktere in die Handlung. Viele von ihnen werden sehr charismatisch gezeichnet und hinterlassen deswegen tiefere Eindrücke als manche Figuren der Vorgängerstaffel, wirken deswegen aber auch eine Spur überzeichnet und lassen die Handlung etwas vorhersehbar erscheinen; dass jemand wie Chester Sobotka (James Ransone) irgendwann in ein Desaster rennen würde, war beispielsweise abzusehen. Der Handlungsstrang ums Gefängnis nimmt nur sehr wenig Raum ein und lässt den Eindruck aufkommen, dass er nur irgendwie nebenbei abgehandelt wird, um die Figuren im Spiel zu halten, zumal sich nur wenige Kreuzpunkte mit dem Hafenplot ergeben. Dennoch bleibt „The Wire“ die packende Serie, die eher auf Understatement setzt und die Höhepunkte umso präziser setzt.
:liquid8:

Nummer 6 - The Prisoner
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Dass Patrick McGoohan, wäre es nach den Produzenten gegangen, unbedingt zum neuen Bond hätte gemacht werden sollen, kann nach Ansicht der wegweisenden britischen Serie „The Prisoner“ nicht mehr verwundern. McGoohan überzeugt mit jede Menge Charisma und muss dies auch, da er in einem sprichwörtlichen Irrenhaus fern der Zivilisation ganz auf sich allein gestellt ist und für den Zuschauer die einzige Identifikationsfigur bleibt, da alle anderen Elemente der Serie in Rätsel gehüllt sind. Sowohl inhaltlich als auch bzgl. des Setdesigns ist „The Prisoner“ absolut wegweisend für die TV-Geschichte: Sie hinterfragt Gesellschaftsstrukturen und die Undurchsichtigkeit menschlicher Organisationssysteme und thematisiert die Angst vor der Verflüchtigung des Individuums. Die Plots überzeugen mit raffinierten Kniffen. Insbesondere zu Beginn steigert sich die Serie von Folge zu Folge, bevor sie zu Anfang des letzten Drittels leider stark einbricht und vor allem mit einer formell unpassenden Westernepisode verwirrt. Kurz vor Schluss versucht sie außerdem noch, die bis dato etwas schleierhaften Hintergründe von Nummer 6 als ehemaliger Geheimagent aufzudecken, aber erst zum Finale findet „The Prisoner“ wieder ihre Stärken zurück, auch wenn dazu ein leicht übertriebenes surreales Szenario vonnöten ist, in dem von „The Sting“ bis zum „Planet der Affen“ (folgte kurz darauf) alles enthalten ist. Must See, gerade in Form der sehr gelungenen DVD-Veröffentlichung von Koch Media (ich kann mir übrigens nicht vorstellen, dass die BluRay hier noch viel reißt, denn das Bild der DVD ist bereits absolut herausragend für eine TV-Serie dieses Alters).
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30 Rock - Season 4
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Keine Verschleißerscheinungen am 30 Rockefeller Plaza. Das Konzept dosenpublikumsfreier Sitcom wirkt immer noch frisch und unverbraucht, ebenso wie die nach wie vor sehr spielfreudige Stammcrew, in deren Mitte Tina Fey wie die überforderte Kindergartenmama wirkt. Auf eine immer wieder unvermittelte, trockene, plötzliche Art und Weise ist „30 Rock“ saukomisch, diesmal auch mit ausgeweiteten Gastauftritten von Leuten wie Matt Damon (verspricht aufgrund der Schlussfolge, auch in Season 5 wieder dabei zu sein) oder Julianne Moore, die auch etwas Kontinuität einbringen und die sehr slapstickhaften und unzusammenhängenden Einzelepisoden etwas verknüpfen.
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Der Polarexpress
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Der Zug als Symbol für die Sehnsucht nach der Magie aus der Ferne – Zemeckis nutzt kindliche Faszinationen für das Unerreichbare, um seine Vision eines vogelfreien Road Movies umzusetzen, das kaum aus etwas anderem als einer Zugreise (und der anschließenden Irrfahrt durch die Nordpolmetropole) besteht. Dank der zwar auch hier hässlichen, aber Freiheiten gewährenden Motion-Capture-Technik stemmt sich Zemeckis gegen alle Naturgesetze und lässt in wahnwitzigen Kamerafahrten seinen Zug wider alle Umstände immer gerade so auf den Gleisen bleiben. Wo die Figuren selbst versagen, denn als Träger von Emotionen eignet sich Motion Capturing bislang nun mal nicht, da wird das vorweihnachtliche, abenteuerliche Gefühl zumindest durch Beleuchtung und Effekte kompensiert – insbesondere die Weihnachtsstadt leuchtet in magischen, gleichwohl bewusst immer sehr künstlichen Farben, und nicht nur hier gewährt Zemeckis einen Blick auf die Künstlichkeit und Afunktionalität der Stadt – er erlaubt auch verstohlene Blicke in die leeren Fabrikationshallen hinter den anonymen Gemäuern und unterstreicht so den surrealen Charakter der Umgebung, die an einen nächtlichen Vergnügungspark erinnert. „Der Polarexpress“ hat seine besonderen Momente, ist aber wegen der zur Imitation des echten Lebens verdammten Motion-Capture-Technik, die paradoxerweise keine Darstellung von authentisch wirkenden Gefühlen zulässt, insgesamt eher als gescheitert zu betrachten; einem Realfilm wäre es zumindest nicht so schnell passiert, dass man bei einem gutmütigen, von Tom Hanks verkörperten Schaffner, der die Kinder vor ihren Häusern mit dem Zug einsammelt, möglicherweise unterbewusst an einen Kinderschänder denkt, der seine Opfer in sein Auto einlädt…
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Permanent Vacation
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Autobiografisch angehauchtes Debütwerk der Indie-Legende Jim Jarmusch. Mit Off-Kommentar der Hauptfigur untermalt zeigt Jarmusch Insidereindrücke seiner Stadt New York. Der Film beginnt mit raschen Wechseln einer überfüllten Metropole und den ruhigen, menschenleeren Seitengassen hinter den hohen Bauwerken, um letztlich auf der ruhigen Seite zu bleiben und in einem versifften Apartment auf den Protagonisten zu treffen, der sich wie in einem wandelnden Traum wähnt, der niemals zu enden scheint; als Erlösung winkt für den Sohn eines unbekannten Vaters und einer verrückt gewordenen Mutter nur die Auswanderung in ein anderes Land.
Jarmusch gelingt es noch nicht ganz, die bereits sehr episodenhaft wirkenden Einzelszenen (dass es Jarmusch später häufig zum Episodenfilm zog, schlägt sich hier bereits nieder) harmonisch zu arrangieren; oft verharrt er zu lange in einer Sequenz, so dass er Langeweile provoziert, oder schneidet interessante Momente nur kurz an, was wiederum Unbefriedigung erzeugt. Andererseits gelingt es ihm durchaus, verschiedene Fragen aufzuwerfen, und eine gewisse Poesie geht den Bildern der New Yorker Hinterhöfe auch nicht ab. „Permanent Vacation“ ist Jarmuschs mit Abstand am wenigsten ausgereifter Film, aber das Potenzial für die späteren Meisterwerke gibt er immerhin schon zu erkennen.
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Mystery Train
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Die wohl schönste Liebeserklärung, seit es Memphis gibt. Jim Jarmusch verknüpft die Einzelschicksale dreier Personengruppen – eines chinesischen Touristenpärchens, einer italienischen Frau, die sich von ihrem Freund trennen möchte und jenes Freundes, der gemeinsam mit seinem beiden Kumpels durch die Nacht zieht und Scheiße baut – im Episodenstil miteinander, und doch wirkt „Mystery Train“ nicht wie gestückeltes Episodenwerk, sondern dem Titel gemäß wie eine fließende Verbindung von Einzelteilen, die in Elvis’ Stadt zusammenkommen. Die entweder im Zwielicht oder bei Nacht eingefangenen Aufnahmen der Stadt sehen einfach nur brillant aus – ein zerfallenes Kino, ein fast menschenleerer Platz und ein heruntergekommenes Hotel, alles im mit Atmosphäre pur bestickten Südstaatenflair. Der Film ist voller kleiner Details, die das vermeintlich schlafende Nest, deren Vorzeigehöhepunkte wie Graceland nur in Gesprächen vorkommen, zum Leben erweckt – Orte, die von den Personen mehrmals besucht werden und jeweils andere Details offenbaren, die Bilder von Elvis Presley an den Wänden der Hotelzimmer, deren Portiers auch aus „Four Rooms“ stammen könnten, ein Radiosender, der Tom Waits’ Stimme erklingen lässt und die großen Memphis-Legenden aus Jazz und Blues ankündigt. Alles verbunden lediglich durch vorbeifahrende Züge und einen einzelnen Schuss mitten in der Nacht. Großartiges, poetisches Kino.
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Ein riskanter Plan
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Einer der Filme, bei denen die Konstellation wesentlich mehr hergibt als die Umsetzung. Auf dem Papier ist alles ausgefuchst arrangiert, so dass nicht zuletzt wegen der „Phone Booth“-ähnlichen Hochhausdachspannung viel versprochen wird, das meiste geht nur leider in oberflächlichem Thrill und flach geschriebenen Charakteren unter,d ie noch dazu von überwiegend profillosen Darstellern verkörpert werden, sieht man mal von Ed Harris ab; insbesondere Sam Worthington ist mal wieder ein Ausbund an Ausdruckslosigkeit und man fragt sich immer wieder aufs Neue, worin eigentlich sein Kredit besteht, immer und immer wieder Filme drehen zu dürfen.
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Jericho Mansions
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Nettes kleines Whodunit, ein typischer Schizo-Thriller nach Hitchcock-Schablone mit der typischen vertrauten Mietshausvertrautheit. Aufwändige, freischwebende Kamerafahrten geben der Vertrautheit auch stilistisch ein Gesicht, budgetbedingt wird man durch die ambitionierten Freiflüge aber etwas aus der Atmosphäre gerissen, denn man erkennt ziemlich deutlich, dass die Bretter und Rohre zwischen den Hauswänden computeranimiert sind. James Caan kann auch mal hilflos und schüchtern sein, allerdings macht der Film keinen Hehl daraus, dass mit dem verschlossenen Hausmeister etwas nicht so ganz stimmt. So geht der Plot wenig überraschende Umwege über aufgebauschte Plottwists, die das seltsame Mietshaus und dessen Bewohner wieder in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Kann man sich mal gut geben, gehört aber in die Stephen-King-B-Movie-Ecke zu den anderen Filmen, die man sich nicht mehr wieder ansehen wird.
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La Vie En Rose
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Sehr komplexes, ungewöhnlich arrangiertes Portrait der französischen Chanson-Sängerin Edith Piaff. Der Film beginnt im Alter, geht dann in die Jugendjahre, wechselt wieder ins Alter und hangelt sich dann chronologisch von einer Phase zur nächsten, bis man wieder im Alter angekommen ist. So werden kausale Zusammenhänge verständlich gemacht und anschaulich erklärt, wie Piaff zu der Person wurde, die sie am Ende war, wie sie durch ihre Lebensbedingungen als Kind, durch den plötzlichen Erfolg und die privaten Schicksalsschläge geprägt wurde. All das wirkt nicht aufgesetzt, sondern durchaus schlüssig; einzelne Szenenmontagen wie diejenige, in der Piaff verzweifelt durch ihre Wohnung läuft, eine Tür aufreißt und plötzlich vor dem Publikum auf der Bühne steht, wirken bei all der künstlerischen Freiheit, die man sich hier gewährte, durchaus meisterhaft. Marion Cotillard spielt Piaff sehr akzentuiert, während ihre Maske leicht übertrieben wirkt; vergleicht man sie jedoch mit realen Aufnahmen der Piaff, muss man diesen Einwand wieder beiseite schieben – die Ähnlichkeit ist gerade in ihrer vermeintlichen Übertriebenheit verblüffend.
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Abraham Lincoln : Vampire Hunter
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Eine Gratwanderung zwischen Vollbluttrash und ernsthaftem CGI-Krawall auf höchstem Niveau: Der „Wanted“-Regisseur hat in diesem Stoff zweifellos die perfekte Spielwiese für seinen etwas eigenwilligen Inszenierungsstil gefunden. „Abraham Lincoln: Vampire Hunter“ tut so, als wäre es ganz normal, dass Mr. Lincoln tagsüber das Land regierte und nachts Vampire jagte; vielleicht akzeptiert man diese hanebüchene Idee auch deswegen so sehr, weil sie metaphorisch auf Missstände im Land verweist, die Lincoln durch seine Entscheidungsmacht zu beeinflussen wusste. Geschickt verwebt Bekmambetow die Fantasy-Elemente, die jegliche „Twilight“-Einflüsse erfreulicherweise komplett negiert, dafür allerdings an die Over-The-Top-Umsetzung von „Van Helsing“ anknüpft, mit dem Themenkomplex der Sklaverei. Die Verknüpfung zwischen diesen beiden Punkten wird im Film mehrfach angestrebt, und zwar auf erfolgreiche Weise – historische Genauigkeiten erwartet nämlich nun niemand mehr, und so hat Bekmambetow nun also auch freie Bahn für seine absurden, aber furiosen CGI-Sequenzen, mit denen er diesmal eine Horde wilder Pferde zweckentfremdet und eine Lok über eine brennende Holzbrücke an einem Hang jagt – all das immer mit dem axtschwingenden Präsidenten in seiner Mitte. Die „Wächter“-Filme mögen Murks gewesen sein, „Wanted“ unfreiwillig komisch, aber „Vampire Hunter“ führt tatsächlich wieder ein wenig zurück in die Zeit, als Filme noch aus vollem Herzen unlogisch und verkorkst sein durften und sich keine Sau dafür interessierte. Denn ganz ehrlich: Wer hier sich hier an der Logik aufhängt, ist mit einem Stock im Arsch schon zur Welt gekommen.
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Weitere Sichtungen:
Brüno
Eine Weihnachtsgeschichte
Embodiment Of Evil

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Beitrag von Vince » 31.12.2012, 15:12

Magic Mike
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Kaum zu glauben, aber unter all den Genre-Rundumschlägen Soderberghs in den letzten Jahren, die sich eigentlich nur durch eine orientierungslose Hektik und grelle Farbfilter in kränklichen Braun-, Gelb- und Grüntönen verbanden, ist sein Film über männliche Stripper der Beste. Völlig unvoreingenommen und selbstverständlich nähert sich Soderbergh - wiederum in gelbstichigen Bildern, aber edler eingefangen und weniger "street style" als seine letzten Filme - einem der letzten ungepflügten Terrains im Filmgeschäft, das sonst keine Tabus mehr zu kennen scheint.
In den Strip-Shows demonstriert Soderbergh eine Ästhetik des männlichen Körpers, die man auch als gestandener Hetero-Mann einsehen muss. Erst in den Nebenhandlungssträngen entfaltet sich "Magic Mike" aber vollends. Es wird der Versuchung widerstanden, die Branche zu analysieren; bedenkt man, wie wenig bislang in Filmen über sie erzählt wurde, wäre das der naheliegende Schritt gewesen. Vielmehr geht es um die Gründung von Existenzen im Allgemeinen, ganz unabhängig davon, ob nun eine Stripperhütte oder ein Fachgeschäft für Eigenbaumöbel Objekt der Selbstständigkeit ist. Auch interessant: Der Film wirbt mit Channing Tatums Figur und am Ende ist auch er es, der im Mittelpunkt steht, doch es ist Alex Pettyfer, der lange Zeit in der vermeintlichen Hauptrolle inszeniert wird. Der daraus folgende Perspektivenwechsel gibt der Erzählung einen kräftigen Schuss Unverbrauchtheit, zumal man noch einen charismatischen Matthew McConaughey als Stichwortgeber am Rande hat. Er ist es auch, der für die notwendige Portion Zoff sorgt. Erfreulicherweise werden die Dispute selten mitten im Fokus ausgetragen, sondern finden eher im Hintergrund Erwähnung - ob nun überdeckt von lauter Disco-Musik oder durch feiernde Partygäste, während im Hintergrund zwei Teilhaber eines Geschäftes hitzig debattieren, ob nun eine 7,5- oder 10-Prozent-Beteiligung ausgehandelt werden soll.
Eine besondere Tiefe kann man sich natürlich nicht erwarten, Frauen sollten auch nicht auf allzu explizite Nacktheit hoffen (aber Frauen ticken da ja sowieso etwas anders als Männer) und Trashfreunde nicht auf ein zweites "Showgirls" (dafür ist die Regie einfach zu stilsicher), aber Soderbergh hat in seinem zuletzt blind wirkenden Streben nach neuen Wegen endlich mal ein Korn gefunden.
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Mr. & Mrs. Smith
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Seine einzige reinrassige Screwball-Comedy inszenierte Alfred Hitchcock wieder mit einer deutlichen Neigung dazu, seine persönlichen Vorlieben unterzubringen, was Frauen angeht. Carole Lombard vereint jedenfalls einiges in sich, was dem Meister geschmeckt haben dürfte. Ohne dabei ganz an die Genre-Großmeister heranzukommen, geht Hitchcock mit "Mr. & Mrs. Smith" dennoch eine locker-leichte Komödie von der Hand, die reichlich Tempo und heiße Wortgefechte zu bieten hat. Der Unterschied zwischen "Miss" und "Mistress" wird aufs Äußerste ausgekostet. Mit dem Bedeutungsverlust der Heirat in heutigen Zeiten hat dieser Film zwar einerseits an Aktualität verloren, andererseits wird er aber gerade deswegen aus heutiger Sicht besonders interessant und gewinnt eher noch an Komik anstatt zu verlieren. Und dass eine unüberlegte kleine Bemerkung des Mannes von der Frau zum Elefanten aufgeblasen wird, ist zweifellos kein Phänomen, das irgendwann abhanden gekommen wäre.
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Küss den Frosch
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Wunderschön gezeichnete, moderne Märchenadaption, die seinerzeit für ihren Mut beglückwünscht wurde, eine afroamerikanische Protagonistin zur Prinzessin zu machen und das klassische Modell einer Prinzessin - blond, oberflächlich, verwöhnt - zu deren bester Freundin zu machen. Seine größten Stärken hat "Küss den Frosch" in der Tat in der Darstellung afroamerikanischer Kultur im New Orleans der Jahrhundertwende. Zwar kommt diese Disney-typisch nicht ohne Klischees aus, muss dies aber auch gar nicht, denn sie werden in höchst einfallsreichen Farbspielen der Gesangseinlagen (die leider wieder ein wenig zu sehr ausgeschlachtet werden - setzt man für jede neue Gefühlsregung eine neue Gesangseinlage an, verliert die Darstellung an Intensität) auseinandergenommen. Einmal in den Frosch verwandelt, gibt es zwar neben sehr gelungenen Selbstzitaten (zB. zu "Bernhard & Bianca") ein paar Tempoprobleme zu vermelden, aber wenn sich Prinz und Prinzessin irgendwann folgerichtig als Mann und Frau in den Armen liegen, hat man einen originellen und einfallsreichen Film gesehen, der wieder schmerzlich in Erinnerung ruft, dass das Monopol des CGI-Films ein unberechtigtes ist.
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Beitrag von freeman » 01.01.2013, 15:57

Beim Vampirjäger hat mich weniger die Logik als das riesengroße Tempoloch vorm Showdown gestört. Ich bin da im Kino fast eingeschlafen und Bekmambetov reihte immer noch einen weiteren Dialog an den vorherigen. Schrecklich. Review liegt hier noch irgendwo rum, hatte nie die Muße es zu beenden ... genau wie der Regisseur seinen Film :lol:

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 05.01.2013, 13:29

Chernobyl Diaries
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Dank eines unverbrauchten Settings gelingt im gewohnten Handkamerastil (aber ohne teilnehmenden Kameraträger) eine atmosphärische erste Filmhälfte, in der die nach Schema F konzipierten Figuren eine Umgebung durchstreifen, die wahrhaftig wie ausradiert wirkt, und man fragt sich, wieso nicht schon längst jemand auf die Idee gekommen ist, einen Horrorfilm über Chernobyl drehen. Die Antwort auf diese Frage gibt die zweite Filmhälfte, in der die Intensität der Umgebung dem Film zunehmend entgleitet. Platz wird gemacht für Atommutanten aus dem Standardbaukasten – ein bisschen „Wrong Turn“, ein bisschen „Hills Have Eyes“, das haut nun heute wirklich nicht mehr vom Hocker und die Module, mit denen sich das Drehbuch zur letzten Pointe hangelt, schädigen einen Film, der durchaus vielversprechend begonnen hatte.
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Barabbas
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Anthony Quinn in einer italienischen Großproduktion voller Pomp und Tand, mit Tausenden von Statisten und monumentalen Bauwerken, die einem "Ben Hur" oder "Spartacus" alle Ehre machen. Erzählt wird der fiktive Nebenerzählstrang aus der christlichen Kreuzigungs- und Wiederauferstehungsgeschichte um den Räuber und Mörder Barabbas, der auf Geheiß des Volkes anstatt von Jesus freigelassen wird. In der breitflächigen Erzählung, die vornehmlich mit spektakulären Bildwerten zu punkten versucht, räumt man der Hauptfigur zwar auch stille Momente des Selbstzweifels und der Reflektion des eigenen Handelns zu, insgesamt begnügt sich der Film aber damit, Quinn die Konsequenzen seines Handelns treffen und erfahren zu lassen und seine Reaktionen zu zeigen, ohne direkt in seine Seele hineinschauen zu können. So bleibt der Eindruck einer eher oberflächlichen Demonstration epochalen Erzählens.
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She
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Wenn sich dieser Film mit "One Million Years BC" nicht ein Set und den gleichen Kostümschrank geteilt hat, fress ich nen Besen. "She" erinnert optisch enorm an den etwas bekannteren Film aus der gleichen Schmiede, nur dass bei "She" irritierenderweise vor allem Männer in Baströcken Tanzaufführungen vorlegen. Frauen mit tiefen Dekolletes gibt es dennoch gerade im temporeichen Anfangsteil zuhauf; später regieren in erster Linie Dialoge und rituelle Bräuche, die erst später wieder interessanter werden, wenn ein paar arme Teufel in "300"-Manier in ein bodenloses Erdloch geworfen werden.
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Ein einfacher Plan
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Der Stil ist ganz "Fargo", aber Sam Raimi widersteht der Versuchung, aus dem "Crime 'n' Ice"-Setting wiederum eine schwarze Komödie mit schrägen Vögeln zu gestalten. Letztere sind zwar zweifellos vorhanden (man muss sich nur mal Billy Bob Thorntons Look ansehen), allerdings baut Raimi aus ihnen nicht einfach kauzige Madame-Tussaud's-Wachspuppen zum Bestaunen, so wie es die Coens immer zu tun pflegen, sondern gesteht ihnen Menschlichkeit zu und damit auch Charakterzüge, die man ihnen auf den ersten Blick nicht zugetraut hätte.
Dennoch liegt der Fokus fern von den Figuren, mehr noch; es scheint gar keinen Unterschied zu machen, ob man es nun mit dem intelligenten, aber leicht unsicheren Hank (Bill Paxton), dem einfältigen Landei Lou (Brent Briscoe) oder dem zurückgebliebenen und liebenswerten Jacob (Billy Bob Thornton) zu tun hat: Das Geld, so die Grundaussage, reitet sie alle gleichermaßen in die Scheiße. Mit einfachsten Mitteln kehrt Raimi die negativen Eigenschaften des Menschen heraus, wenn er einmal mit Geld in Berührung kommt, und da scheint es keine Rolle mehr zu spielen, welchen Charakter man hat oder wieviel Intelligenz man aufbringt. Gerade deswegen, und auch, weil sie so schlicht und simpel erzählt wird, ist seine Spirale des Verderbens so bedrückend und einnehmend. Kritisch anmerken muss man allenfalls, dass Raimis "einfacher Plan" nicht unbedingt ein perfekter ist, weshalb er sich gezwungen sieht, einen FBI-Mann von außen in die Handlung einzubringen, weil es ihm nicht gelingt, die Geschichte ohne diesen externen Faktor zu einem runden Ende zu bringen - was schade ist, da der Ausgang der Geschichte noch viel bedrückender gewesen wäre, hätte sie nur innerhalbd er kleinen Gemeinschaft stattgfeunden.
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The Lady From Shanghai
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Was wie eine süße Romanze beginnt - und der private Hintergrund von Rita Hayworth und Orson Welles bringt schon in der ersten Szene Feuer ein - verwandelt sich alsbald in ein an Originalschauplätzen gedrehtes, komplexes Krimipuzzle, das folgerichtig in der berühmten Spiegelszene aufgelöst wird, die sinnbildlich für die vorangegangene Erzählung steht. Welles öffnet also in einer zunächst so einfach wirkenden Handlung erneut die Box der Pandora und hat dabei kein Erbarmen mit dem Zuschauer, der erst nach mehrmaliger Sichtung alle Ebenen entschlüsselt haben dürfte. Welles hat bessere Filme gemacht, aber auch wieder nicht allzu viele.
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Stranger In Paradise
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Jim Jarmusch liefert hier seinen ersten wirklich durchkomponierten Film ab. Nach "Permanent Vacation" wiederum komplett und schmutzigem Schwarzweiß gedreht, stimmt diesmal die Dauer und Auswahl der Szenen und Dialoge fast auf den Punkt. Folglich wird auch die Aussage präziser: "Stranger In Paradise" zeichnet Jarmusch als jemanden aus, der Amerika als "Salad Bowl" wahrnimmt, ein Zusammentreffen unterschiedlichster Kulturen, die nicht alle unter dem großen, gelben "M" fusionieren wollen, sondern ihre kulturellen Eigenarten behalten und damit auch als Außenseiter dastehen können. Für Eva, die aus Ungarn nach Amerika kam und zweifellos im Filmtitel beschrieben wird, trifft dies zu: Sie fühlt sich fremd in dem Land, auch nach dem für Jarmuschs Arbeiten später obligatorisch gewordenen Wechsel der Stadt, welcher meist auf das gleiche Ergebnis hinausläuft (Zitat: "Ist dir eigentlich aufgefallen, dass alle Städte irgendwie gleich aussehen?"). Die freundschaftlichen Zuneigungen zwischen ihr und ihrem Cousin bzw. dessen bestem Freund bringen in diesem Kontext eine ganz besondere Aussagekraft hervor, zumal ihr Cousin jemand ist, der versucht, sich an das Leben in Amerika anzupassen (da er darauf bedacht ist, Englisch zu sprechen und nicht Ungarisch), obwohl es ihm nie ganz zu gelingen scheint. In Bildern, die der Fotografie ähnlich sind, beschreibt Jarmusch also auf beeindruckende Weise die Anpassungsprobleme an ein Land, das keine echten, eigenen Ursprünge zu haben scheint, und damit eine gewisse Heimatlosigkeit bzw. Fremde der Figuren; selbst jener, die seit langer Zeit im Land leben.
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Beitrag von StS » 05.01.2013, 14:16

..."A Simple Plan" müsste ich mir auch mal wieder ansehen. Danke für die Anregung. :wink:

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Beitrag von Vince » 13.01.2013, 15:35

Gern geschehen. ;)

The Tree Of Life
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Ein Schelm, wer hier an Kubricks berühmte Knochenwurfmontage denkt... Terence Malick, zu dem ich nie wirklich einen Draht aufbauen konnte, spannt einen weiten und vor allem sehr gewagten Bogen über die Menschheitsgeschichte. Wer dazu bis zu den Dinosauriern ausholen muss, gibt sich auch mal schnell der Gefahr preis, als prätentiöser artsy fartsy movie maker dazustehen.
Und obwohl Malick im Anfangsteil tatsächlich unkommentierte Bilder von Farb- und Lichtspielen sich bildender Sterne und Vulkangestein zelebriert, sich wirklich minutenlang an diesen gott- und menschenverlassenen Szenarien labt, bis er schließlich den Spagat zur Gegenwart und zu den 50ern aufgreift - man nimmt ihm diesen Größenwahnsinn ab, weil er so auf den Punkt gebracht scheint, weil selbst noch so abstrakten Bildcollagen nie der Sinn abgeht. In der Konstruktion der Familienverhältnisse, die die Hauptfigur geprägt hat und ihr Jetztzeit-Ich erklären soll, bleibt Malick immer präzise und lässt keine Szene ohne Aussage. Kalt, schwer konsumierbar, aber nicht so verquaspelt wie man hat befürchten können.
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Harry Potter und der Halbblutprinz
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Vor rund 3-4 Jahren habe ich mal den Entschluss gefasst, mich mit dem Potter-Universum zu befassen - trotz aller Widerstände, wenn ein Film oder eine Franchise eine gewisse Relevanz errungen hat, sehe ich mich fast schon dazu gezwungen, mir alleine der historischen Einordnung wegen ein Bild zu machen. Und abgesehen von der Hauptfigur hatte mich die Verfilmung von Rowlings Buchreihe zunehmend eines Positiven belehrt. Auch wenn man ihr gewisse Irrelevanzen zuschreiben muss, als eklektisches Universum ist die Welt um Hogwarts Castle durchaus schmuck ausgebaut und gibt dem gemarterten Fantasy-Volk (denn was gab's da schon zuletzt abseits vom "Herrn der Ringe"? - allenfalls aktuell "Game Of Thrones") reichlich Platz, um sich wohl zu fühlen, das muss man schon eingestehen.
"Der Halbblutprinz" allerdings kommt mit seinen wieder unvermeidlichen zweieinhalb Stunden wie ein überlanger Prolog für die große Finalshow rüber; ich mag mir gar nicht vorstellen, wieviel Füllmaterial bei 7.1 noch auf mich zukommen mag. Die Düsternis ist endgültig eingekehrt, Hogwarts und die Wälder drumherum erblassen in fahlen Sepiatönen, wichtige Figuren sterben und andere durchleben Krisen, zwischendurch wird London mal so richtig durchgerüttelt, so wie es sonst nur New York kennt, aber all das nur in dem Bewusstsein, dass dem fiesen Voldemort eine Bühne bereitet werden muss.
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Another Earth
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Drama mit Metaverstärker: Die zweite Erde bietet der klassischen Dramenkonstruktion eine gespiegelte Fläche zur Reflektion und damit eine Fläche an zusätzlichen Optionen: Was wäre wenn? Von diesem Grundgedanken zehren sämtliche Figuren in diesem Independent-Drama. Die Erde prangt für alle Erdbewohner unübersehbar am Himmel, und somit bildet das theoretische Gedankenspiel einen allgemeinen Konsens, der von der Psyche einer einzelnen Figur weggeht, die sonst eine Besessenheit pflegt, in die andere nicht einsehen können. Diesmal ist alles für alle einsehbar, und hierin liegt auch das Novum, von dem dieser Film profitiert und durch welchen er ein ungeheures Diskussionspotenzial evoziert. "Another Earth" versteht den plötzlich auftauchenden Himmelskörper nicht wie "Melancholia" als Ursache nachfolgender Ereignisse und damit als anthropologische Studie, sondern als Metapher für menschliche Sehnsüchte. Anders gesagt: Der Planet in "Melancholia" war real, der aus "Another Earth" ist eine Konstruktion des kollektiven Geistes. Und das erhebt diesen Film über manche logischen Fehler, die einem begegnen mögen.
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Possession
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Meisterhaftes Berlin-Drama über den inneren Zerfall ehelicher und kleinfamiliärer Strukturen beim Versuch, diese Strukturen um jeden Preis zu retten, eingekleidet in die Metaphorik eines Tentakelmonsters, das sexuelle Bedürfnisse und den damit verbundenen Selbsthass versinnbildlicht. Isabelle Adjani ist bei der Verkörperung ihrer schizophrenen Figur im totalen Exzess. Zulawski inszeniert ohnehin alles karg wie in einem Theaterstück und inszeniert die Rollen auch dementsprechend, aber Adjani steigert sich in ihre eigene Kategorie und kreischt und zetert und scheint sich praktisch vor der Kamera zu häuten. Im filmischen Sinn ist dieses Overacting nahezu unerträglich, aber es macht im Kontext der Inszenierung durch und durch Sinn. Einer der besten Filme, die ich seit langer Zeit gesehen habe.
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Metropia
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Der Farbentzug und die Tristesse der hier aufgestellten Dystopie sowie die sehr spezielle Animationsform weckt auf Anhieb Erinnerungen an „Film Noir“ und „Renaissance“; Wasserköpfe sitzen auf ausgemergelten, kleinen Körpern und stellen so eine Überdrüssigkeit des Systems treffend dar, das Individualität nicht mehr zu erlauben scheint. Es handelt sich um real aufgenommene Standaufnahmen von Gesichtern und Körpern, die dann durch CGI-Bearbeitung zum Leben erweckt werden. Das Ganze wirkt auf bizarre Weise gleichzeitig tot (wegen der unecht wirkenden Emotionen) und doch lebendig (wegen der fotorealistischen Texturen), passt also hervorragend zur Thematik. Zwar wirken viele Einstellungen recht starr, allerdings wird der gleichförmigen Aufnahme der Figuren (meist frontal oder seitlich) mit aufwändigen Kamerafahrten und –Perspektiven entgegen gewirkt, so dass „Metropia“ wesentlich abwechslungsreicher wirkt als die genannten Alternativen. Inhaltlich ergeben sich leider nicht viele Innovationen; im Fokus steht einmal mehr der identitätslose Mitarbeiter aus dem Ameisenhaufen, der von einer Femme Fatale in den Widerstand gezogen wird.
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Wasser für die Elefanten
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Rührselige Geschichte eines alten Mannes, der über die traurigen, kargen 30er Jahre referiert, und der junge Zirkus-Manager findet das alles natürlich pflichtschuldig sauspannend und grinst den Alten zwei Stunden lang über beide Ohren an. Naja. Soweit der 08/15-Rahmen, der dem Zuschauer schon mal nahe legt, dass er das alles gefälligst faszinierend zu finden hat; dabei erzählt der Alte bloß eine schon x-fach gehörte Dreiecksgeschichte, die in einem Desaster endet und doch glücklich endet, wie im Märchen eben, und sei sonst auch alles von der Prohibition gezeichnet gewesen, so dass die Wundgeschufteten nicht einmal mehr Alkohol hatten, um ihre Wunden und ihren inneren Frieden zu salben, so war es ja doch irgendwie eine tolle Zeit, gell? Wäre Waltz nicht (obwohl auch er aufpassen muss, nicht auf den unbehaglich grinsenden, vordergründig freundlichen, aber innerlich kaputten Psychopathen festgenagelt zu werden), wäre das alles kaum der Rede wert; wofür Francis Lawrence zwei geschlagene Stunden braucht, das hat Peter Jackson mal eben bequem in seinem Prolog von „King Kong“ am Rande abgehakt. Aber wir schätzen ja die Alten, deswegen schätzen wir auch eine so schäbig auf Mitgefühl ausgerichtete Gutenachtgeschichte.
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SOS - Feuer an Bord
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Also wenn sich da mal nicht „Zwei Himmelhunde auf den Weg zur Hölle“ kräftig bedient hat. Howard Hawks bietet haufenweise spektakulärer Flugszenen, eine extrem dichte Atmosphäre in Wind, Regen und Sturm, eine Kneipengesellschaft, bei der man gerne mittendrin wäre und die nochmal so viel intimer ist als bei „Casablanca“ und eine Drei- bis Vier- oder gar Fünfecksbeziehung, die durch eine pfeffrige Vorgeschichte mächtig aufgeheizt wird. Durch und durch intensiv, spannend und gespickt mit harten Hunden und Frauen, die ihnen verfallen sind.
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Bedtime Stories
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Sandler weiß um die Formelhaftigkeit seiner Komödienkonstrukte, also lässt er die Drehbücher jetzt auch immer mal wieder mit ein wenig Fantasy aufpeppen. Anstatt einer magischen Fernbedienung geht es nun um kindliche Fantasie und deren Wirklichwerdung. Am Prinzip ändert sich dabei natürlich nichts; Sandler spielt den unglücklichen, naiven Trottel, der sich mit allerhand neureichem Gesocks herumplagen muss, bis sich ihm irgendwann die Chance bietet, gegen dieses Gesocks persönlich in einem Zweikampf anzutreten, um seinen Traum zu verwirklichen (vgl. z.B. „Happy Gilmore“, „Billy Madison“ u.v.m.). Das Gesocks wird schön schnöselig gespielt von Guy Pearce, der sich gemeinsam mit Sandler unter anderem im Mittelalter und im Weltraum zum Affen machen muss; überall eben, wo die kindliche Fantasie hinträgt.
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Sons Of Anarchy - Season 1
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Wenn ich auf die erste Staffel zurückblicke, bin ich doch überrascht, wie wenig Zündstoff bislang tatsächlich explodiert ist; bei einer Serie über eine Bikergang hätte man sicherlich noch mehr Konflikte erwartet. Die sind aber für die zweite Staffel zu erwarten, denn am Ende geht soweit die Post ab, dass das Bruderband – ähnlich wie in „The Shield“ – zu reißen droht. Bis dahin grenzen einige Handlungsstränge leider an Soap-Opera-Zustände, allerdings kippt die Serie nie, was sie der hochwertigen Machart und den soliden Schauspielern zu verdanken hat, obwohl echte Neuentdeckungen bislang ausbleiben; die besten Leistungen bieten Leute wie Ron Perlman oder Katey Sagal, die man eben bereits gut kennt, während etwa Hauptdarsteller Charlie Hunham solide, aber blass bleibt.
Insgesamt sehr sehenswert, zumal das Handeln der Biker nicht glorifiziert wird. Eine deutliche Steigerung ist für Staffel zwei zu erwarten.
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Weitere Sichtungen:
Berberian Sound Studio

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Seemi
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Beitrag von Seemi » 14.01.2013, 21:23

Bei Sons of Anarchy und Possession gibt's bei mir volle Zustimmung, den Rest habe ich noch nicht gesehen.
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"Bevor ich mein Kaffee nicht hab, lass ich mich nicht foltern!" (Jackson)

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kami
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Beitrag von kami » 15.01.2013, 14:43

Vince hat geschrieben: SOS - Feuer an Bord
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Also wenn sich da mal nicht „Zwei Himmelhunde auf den Weg zur Hölle“ kräftig bedient hat. Howard Hawks bietet haufenweise spektakulärer Flugszenen, eine extrem dichte Atmosphäre in Wind, Regen und Sturm, eine Kneipengesellschaft, bei der man gerne mittendrin wäre und die nochmal so viel intimer ist als bei „Casablanca“ und eine Drei- bis Vier- oder gar Fünfecksbeziehung, die durch eine pfeffrige Vorgeschichte mächtig aufgeheizt wird. Durch und durch intensiv, spannend und gespickt mit harten Hunden und Frauen, die ihnen verfallen sind.
:liquid8:
Klingt gut, wollte mir eh mal die Cary Grant-Box zulegen.

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Beitrag von Vince » 15.01.2013, 14:44

Ich hab ihn im Rahmen der Rita-Hayworth-Box gesehen, da isser auch drin, obwohl sie selbst nur eine Nebenrolle spielt.

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Beitrag von Hannibal » 15.01.2013, 18:13

The Tree Of Life
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Ein Schelm, wer hier an Kubricks berühmte Knochenwurfmontage denkt... Terence Malick, zu dem ich nie wirklich einen Draht aufbauen konnte, spannt einen weiten und vor allem sehr gewagten Bogen über die Menschheitsgeschichte. Wer dazu bis zu den Dinosauriern ausholen muss, gibt sich auch mal schnell der Gefahr preis, als prätentiöser artsy fartsy movie maker dazustehen.
Und obwohl Malick im Anfangsteil tatsächlich unkommentierte Bilder von Farb- und Lichtspielen sich bildender Sterne und Vulkangestein zelebriert, sich wirklich minutenlang an diesen gott- und menschenverlassenen Szenarien labt, bis er schließlich den Spagat zur Gegenwart und zu den 50ern aufgreift - man nimmt ihm diesen Größenwahnsinn ab, weil er so auf den Punkt gebracht scheint, weil selbst noch so abstrakten Bildcollagen nie der Sinn abgeht. In der Konstruktion der Familienverhältnisse, die die Hauptfigur geprägt hat und ihr Jetztzeit-Ich erklären soll, bleibt Malick immer präzise und lässt keine Szene ohne Aussage. Kalt, schwer konsumierbar, aber nicht so verquaspelt wie man hat befürchten können.
:liquid8:
Da sind wir einer Meinung! Fand den auch trotz des prätentiös wirkenden Unterbaus erstaunlich gut!

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Beitrag von kami » 16.01.2013, 08:57

Vince hat geschrieben:Ich hab ihn im Rahmen der Rita-Hayworth-Box gesehen, da isser auch drin, obwohl sie selbst nur eine Nebenrolle spielt.
Vielleicht hole ich mir lieber die, immerhin sind da noch LADY FROM SHANGHAI und COVER GIRL dabei, die ich schon immer mal sehen wollte.

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Beitrag von Vince » 16.01.2013, 09:55

Gilda nicht zu vergessen. Schöne Box ist das, und zumindest seinerzeit spottbillig zu haben (10€ hab ich glaub ich bezahlt und da sind meines Wissens 8 Filme drin). Cover Girl hab ich gestern Abend gesehen, Kurzkommentar kommt im nächsten Schub.

Hannibal hat geschrieben: Da sind wir einer Meinung! Fand den auch trotz des prätentiös wirkenden Unterbaus erstaunlich gut!
*Bierklingel mit Hanni für Tree Of Life und mit Seemi für SoA und Possession* :)

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Beitrag von Vince » 19.01.2013, 10:02

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 1
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Roadmovieaspekte, Heimatlosigkeit und eine sich zuspitzende Düsternis lassen den Verdacht aufkommen, dass Peter Jacksons Ringe-Trilogie einmal mehr als Vorlage dienen durfte. Der gesamte Filmaufbau erinnert insbesondere an "Die Gefährten", allerdings fehlt dem Potter-Universum die Komplexität auf Gegnerseite: Die Gefahr aus Rowlings Büchern ist berechenbar, da sie sich - wenigstens in der Verfilmung - ganz auf den klassischen Villain an der Spitze der Nahrungskette stützt und auf dem Weg dorthin nie ersichtlich wird, wofür eigentlich gekämpft wird - es ist lediglich der abstrakte Kampf von Gut gegen Böse, ohne gleichzeitig zerfallende Königreiche oder sich spannende Intrigen, die eine ablaufende Uhr symbolisieren. Der erste Teil der gesplitteten Heiligtümer-Vorlage verlässt sich ganz auf die Alchemie des Zauberns, das Agieren mit Stab und Besen jenseits der regulierten Abläufe von Hogwarts (also in der "echten" Situation) und ein paar Konflikte zwischen dem Hauptfigurentrio Harry, Ron und Hermine. Für einen zweieinhalbstündigen Film ist das etwas wenig, wenn die innere Antriebsfeder fehlt, die den Widerstand gegen Voldemorts bösen Zauber über Stock und Stein treibt. Gut getrickst, stilsicher inszeniert, aber die Zweiteilung zahlt sich allenfalls kommerziell aus.
:liquid6:

Bronson
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Gleichermaßen eine Gewalt- wie Charakterstudie: Refn kombiniert das Portrait einer realen Einzelperson mit gesellschaftlichem Kommentar und packt alles in bitterschwarze Satire, deren Bildsprache, zynischer Humor und gesamter Gestus unerwarteterweise viele Ählichkeiten mit Rob Zombies "House Of 1000 Corpses" teilte: Ein Bühnenbild als beherrschende mise-en-scène, die Maskierung unterdrückter Angst und Gewalt und - man kennt es von Refn - Worte ohne direkte Bedeutung, begleitet von Bildern, die jegliche Semantik in sich aufzusaugen scheinen. Die thaterbühnenähnliche Inszenierung suggeriert ein Gefühl der Beengtheit und drangsaliert den Zuschauer nahezu mit Gitterstäben, Wahnsinn, Grimassen und unerwarteten Gewakteruptionen, so dass es sich geradezu aufdrängt, dabei an "Clockwork Orange" zu denken. Refn macht aus diesen Ansätzen aber in erster Linie ein psychologisches Portrait und gibt seinem Hauptdarsteller Tom Hardy dadurch die Gelegenheit, den Film körperlich und mimisch zu beherrschen.
:liquid7:

Es tanzt die Göttin
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Viel Aufwand steckt in diesem Karriere-oder-Liebe-Musicalfilm, der Rita Hayworth gemeinsam mit Gene Kelly beinahe schon behind-the-scenes durch Hollywood laufen lässt und dabei herzhaft Filme zitiert. Die Naivität dieses sehr frühen Technicolor-Films ist erschlagend und wird durch die zuckersüßen Farben nur noch bedrängender. Einige Tanzszenen (insbesondere diejenige, bei der der Film eine Rückblende vierzig Jahre in die Vergangenheit wagt) erscheinen etwas zu lang in ihrer Choreografie, originell arrangiert sind sie aber immer. Für Freunde von Musicals mit Sicherheit einen Blick wert, über die Grundaussage hingegen kann man heute nur noch lächeln. Aber das war ja schließlich auch beim Zauberer von Oz schon so...
:liquid6:

13 Assassins
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Souverän meistert Takashi Miike nicht nur die Zusammenfindung der 13 Assassinen, die er sehr ruhig und stilvoll erzählt, sondern auch den totalen Genrebruch, als der Angriff beginnt und scheinbar mühelos der Rhythmus gewechselt wird. Die geschmackvolle Wegbereitung sorgt mit ihrem politischen Unterbau bereits für eine philosophische Komponente im Umgang mit Gewaltherrschaft, und dass diese Komponente selbst im stark actionbetonten Teil nicht aufgegeben, sondern durch ihn noch betont wird, macht gerade den Reiz der Neuverfilmung der Geschichte aus.
:liquid7: ,5

Django Unchained
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Zielstrebig verfolgt Tarantino seinen spätestens mit "Inglourious Basterds" eingeschlagenen Weg, Dialoge nicht mehr als autonome Ellipsen zu zelebrieren, sondern zur Fortführung der Geschichte bzw. zum Schüren von Spannung einzusetzen, und gibt damit einer neuen Phase seines Filmschaffens langsam ein Gesicht. Dass sich Tarantino irgendwann dem Western zuwenden würde, war über kurz oder lang abzusehen - "Django Unchained" spielt dabei in erster Linie mit Rollenverteilungen. Hatte man den klassischen Westernhelden bzw. -Antihelden in der Regel meistens schon zu Beginn der Handlung mit einem schnellen Close Up in die Augen ausgemacht, scheint hier zunächst Christoph Waltz die Hauptrolle inne zu haben, und lange Zeit fühlt es sich so an, als würde Waltz' Charisma dank vortrefflich geschriebener Comedy Jamie Foxx' eher unauffälliges Auftreten vollständig überstrahlen, vielleicht auch wider die Intention des Regisseurs, doch das Drehbuch hält genug Kniffe bereit, dass sich der Filmtitel irgendwann bezahlt macht.
Ausgerechnet in Candy-Land, das von dem Gespann DiCaprio / Jackson mehr als nur dominiert wird (in deren Zusammenspiel sehe ich die heimlichen Gewinner des Films), macht sich leider narrativ Gewöhnlichkeit breit: Während Jacksons Figur am Tisch langsam Verdacht schöpft (wobei Jackson das eigentlich absolut herausragend rüberbringt), erliegt Tarantino dem konventionellen Erzählen und inszeniert fast schon wie ein normaler Handwerker. Der Grat dorthin ist ohnehin die gesamten 160 Minuten über enorm schmal; erfreulicherweise, muss man dazu sagen, denn Tarantino scheint dadurch wesentlich weiter als all die Heerscharen seiner Kopisten, die den Kult jagen wie einen heiligen Gral. An solchen Banalitäten hält sich Tarantino nicht auf, bewahrt - von der erwähnten Schwächephase abgesehen - aber durchweg das Besondere in seinem Film, das so einzigartig und unnachahmlich für sein Filmemachen ist.
Nicht unbedingt eine Schwäche, aber schwächer als gewohnt ist der Schnitt - das Fehlen von Sally Field macht sich hier schon an mehreren Stellen bemerkbar. Ob man auch die mehrfache Wendung und das Wiederaufgreifen der Handlung, die schon abgeschlossen schien, als Schwäche betrachten möchte, liegt im Auge des Betrachters - etwas unrund wirkt in jedem Fall alles, was nach Candyland passiert. Dennoch ein großartiger, in jedem Fall sehenswerter Film, der nur unwesentlich schwächer ausfällt als "Inglourious Basterds".
:liquid8:

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Beitrag von freeman » 23.01.2013, 09:47

Sally Field hat Tarantinos Filme geschnitten? ;-)

Hihihih ... fand Django auch sehr gelungen. Die Candylandepisode war mir aber einige Tacken zu lang. Gerade die Phase des Erkennens durch Jackson verlor so an Spannung. Jackson und DiCaprio waren aber wirklich ein cooles Gespann, das auch die "Herr und Meister" Konstellation mehrmals brillant durchbrach. Der Shootout in Candyland war der absolute Burner!

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 23.01.2013, 10:07

freeman hat geschrieben:Sally Field hat Tarantinos Filme geschnitten? ;-)
Menke, ich weiß, dieser Freud ist mir anderswo auch schon aufgefallen. ;)
Die Candylandepisode war mir aber einige Tacken zu lang. Gerade die Phase des Erkennens durch Jackson verlor so an Spannung.
Ich hatte genau das gleiche Problem, genau in dieser Phase des Erkennens, wobei ich da nicht unbedingt mit der Länge ein Problem hatte, sondern eher - wieder - mit dem Schnitt und der ganzen Inszenierung, die für Tarantino ungewöhnlich gewöhnlich wirkte, als hätte mal eben ein mittelmäßig begabter Co-Regisseur übernommen, während Tarantino mal kurz scheißen war.

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