Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger

Die Abstellkammer für Reviews, die woanders nix zu suchen haben.
Antworten
Benutzeravatar
freeman
Expendable
Expendable
Beiträge: 61506
Registriert: 12.12.2004, 23:43
Wohnort: Rötha

Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger

Beitrag von freeman » 03.01.2013, 15:09

Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger

Bild
Copyright: Twentieth Century Fox

Originaltitel: Life of Pi
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2012
Regie: Ang Lee
Darsteller: Suraj Sharma, Irrfan Khan, Ayush Tandon, Gérard Depardieu, Rafe Spall, Tabu, Adil Hussain, Shravanthi Sainath, Vibish Sivakumar u.a.

Pi ist in Indien geboren und aufgewachsen und erweist sich schon früh in seiner Kindheit als aufgeweckter und wissbegieriger Junge. Egal ob Religionen, Wissenschaften oder Mädchen, Pi entdeckt die Welt um ihn herum mit großen Augen immer wieder aufs Neue. Doch da beschließt sein Vater aus Geldsorgen, Indien zu verlassen. Zwar sträubt sich Pi gegen diese einschneidende Veränderung, doch abwenden kann er sie nicht mehr. Gemeinsam mit den Tieren, die man im familieneigenen Zoo gehalten hat und die man in Nordamerika nach der Überfahrt an dortige Zoos verkaufen will, um einen guten Start in der neuen „Heimat“ hinlegen zu können, bricht man mittels Schiff gen Kanada auf. Doch das gewaltige japanische Schiff gerät in einen Sturm und sinkt. Nur Pi kann sich an Bord eines Rettungsbootes flüchten. Mit ihm ein Zebra, eine Hyäne, ein Orang Utan und ein Tiger! Kurz nach der verheerenden Katastrophe richten Darwins Gesetzmäßigkeiten die Verhältnisse auf dem Boot und nur Pi (der einen strategisch günstigen und für die Tiere unerreichbaren Platz auf dem Rettungsboot für sich beansprucht) und der Tiger setzen die Reise weiter fort. Und beide arrangieren sich: Pi versorgt sich und den Tiger, der auf den Namen Richard Parker hört, mit Essen und Trinkwasser und der Tiger frisst ihn im Gegenzug nicht auf. Doch Pi ahnt, sollte dieses Zweckgemeinschaft aufgrund von Wasser- und Essensmangel scheitern, hat sein letztes Stündlein geschlagen ...

Ang Lee nutzt die ersten 105 Minuten seiner Bestsellerverfilmung „Life of Pi“, um eine große, ja epische Geschichte um den puren Überlebenswillen, die Freude am Leben, den Glauben und die Kunst des Abschiednehmens zu erzählen. Und das auf kleinstem Raum. Denn mehr als ein Rettungsboot und ein davor treibendes Floß braucht der Taiwanese für seine eigentliche Geschichte nicht. Dazu kommen Pi und der Tiger und mithilfe grandioser Special Effects macht Ang Lee das tiefblaue Meer zum dritten Hauptdarsteller, der mit Macht dafür sorgt, dass „Life of Pi“ niemals langweilig werden kann. Auch mithilfe eines großartigen 3D Effektes entwirft Ang Lee eine Art eigenen Mikrokosmos um das Rettungsboot, in dem auch eher fantasylastige Einlagen möglich sind. Etwa wenn Pi und der Tiger auf eine Insel stoßen, die im Meer treibt, von Millionen Erdmännchen bewohnt wird und sich des Nachts als riesiges, fleischfressendes Pflanzenkonstrukt erweist. Dabei spielt Lee auch mit dem Format seines Filmes. Um Pop Out Effekte zu verstärken, vergrößert er die Letterboxstreifen, damit die Effekte noch mehr aus der Leinwand ragen. Um die räumliche Enge des Lebensraumes für Pi und Tiger auf dem ewig weiten Meer zu betonen, dampft er das Bild auf 4:3 ein ... mit beklemmender Wirkung. Ohnehin gelingen Lee großartige 3D Bilder, die den Einsatz der arg überschätzten Technik wirklich einmal rechtfertigen. Genannt seien die Unterwasserbilder des sinkenden Ozeanriesen oder jene um das blau illuminierte Meer und einem daraus hervorbrechenden Wal. Ganz nebenbei treibt Ang Lee seinen bisher weitgehend unbekannten Hauptdarsteller zu einer großartigen darstellerischen Leistung, die locker mit der von Tom Hanks in „Castaway“ mithalten kann, trägt er als einzige menschliche Identifikationsfigur den Film doch quasi ganz alleine. Highlight ist aber freilich der fantastische, komplett aus dem Rechner stammende Tiger, der den mit der gleichen Technik zum Leben erweckten Affen aus „Planet der Affen: Prevolution“ mit einem mühelosen Prankenhieb die Mäuler stopft. Richard Parker ist ein einziger Triumph der Tricktechnik, der zudem glücklicherweise NIE vermenschlicht wird. Und gegen Ende greift dann die gesamte Genialität des Filmes, denn kurz bevor er beginnt, die Grenzen des Kitsches zu streifen, behält sich Ang Lee einen Twist vor und erzählt eine zweite Version der soeben gesehenen Geschichte. Diese zieht über das bisherige knallbunte Farbenspektakel einen bedrückend grauen Schleier und es wird klar, dass die bisherigen 105 Minuten vielleicht nur eine Art Metapher für einen unendlich grausamen Überlebenskampf waren. Doch Lee lässt eine Figur schon zu Beginn sagen, dass jeder selber wissen müsse, welche Geschichte er als die wahre ansehen will. Die wundervolle Geschichte um Pi und Richard Parker oder die realer klingende, in tiefste menschliche Abgründe hineinschauende ...

Mag der Film auch mehrere Wahrheiten anbietet, so gilt für „Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“ selbst nur eine Wahrheit: Er ist ein narratives und formales Meisterwerk, das seinen Regisseur, seinen Hauptdarsteller, seine Tricktechnik und seinen wunderschönen Soundtrack auf der Höhe ihres Schaffens zeigt. Ein wunderschöner Film. Ein Film, bei dem man traurig ist, dass er endet. Ein Film, der einen lachen, staunen und weinen lässt. Ein Film der Farben und Formen und beinahe surrealen Erfahrungen. Ein Film, der die Magie zurück ins Kino bringt ...
:liquid10:

„Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“ läuft aktuell in den deutschen Kinos ...

In diesem Sinne:
freeman
Bild

Benutzeravatar
StS
Actioncrew
Actioncrew
Beiträge: 28365
Registriert: 04.10.2005, 21:43
Wohnort: Harsh Realm, Hannover

Beitrag von StS » 03.01.2013, 15:48

Naja, beim Trailer hab ich schon leicht würgen müssen - u.a. angesichts der doch arg kitschig anmutenden (u.a. viel zu bunten) Impressionen mitsamt der entsprechenden CGI-Arbeit und in-your-Face-3D-Momente. Trotz der guten Kritiken tendiert mein Interesse an dem Streifen (auch aufgrund der für mich wenig reizvoll klingenden Story) also weiterhin gen 0... :wink:

Benutzeravatar
freeman
Expendable
Expendable
Beiträge: 61506
Registriert: 12.12.2004, 23:43
Wohnort: Rötha

Beitrag von freeman » 03.01.2013, 15:54

Schade für dich ...

;-)

In diesem Sinne:
freeman
Bild

Benutzeravatar
SFI
Expendable
Expendable
Beiträge: 103496
Registriert: 09.08.2004, 07:58
Wohnort: Suraya Bay
Kontaktdaten:

Beitrag von SFI » 03.01.2013, 15:59

Sehr geil, freu mich drauf, auch wenn es natürlich den Eindruck hat, dass der Film speziell für den Oscar gedreht wurde. :lol:
PFALZBOTE | DVD-Profiler

„Fate: Protects fools, little children and ships named Enterprise.“

Benutzeravatar
Vince
Actioncrew
Actioncrew
Beiträge: 20493
Registriert: 30.09.2005, 18:00
Wohnort: Aachen

Beitrag von Vince » 03.01.2013, 22:49

Den Trailer hab ich ähnlich empfunden wie Stefan, aber da ich im Gegensatz zum Stefan meine Filme nicht nach Trailern aussuche, werd ich dem so schnell wie möglich eine Chance geben. ;) Allerdings wohl nicht mehr im Kino, der Januar ist einfach schon pickepackevoll.

Benutzeravatar
gelini71
DJ Mod
DJ Mod
Beiträge: 76745
Registriert: 27.09.2007, 15:27
Wohnort: zu Hause

Beitrag von gelini71 » 04.01.2013, 06:16

Wie der SFI so schön sagt: Zum Jahreswechsel kommen immer so zwei, drei Filme die irgendwie bewußt für die Oscarverleihung gemacht sind - so jedenfalls kommt es mir jedes Jahr vor. "Life of Pi" ist so ein Film.

Es ist leider einer dieser Filme die ich jetzt schon über habe, einfach weil er von allen Seiten so dermaßen über den grünen Klee gelobt wird. Ich kann das einfach nicht erklären, ist wie im letzten Jahr bei "the Artist" den ich auch schon vorm Kinostart total über hatte. Ich tue sicherlich diesen Filmen unrecht aber ich habe einfach jetzt schon keine Lust mehr diese zu schauen.

Verstehe ich das richtig das sich innerhalb des Films das Bildformat ändert ? Wenn ja möchte ich nicht wissen wieviele sich darüber beschweren :lol:
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

Benutzeravatar
Vince
Actioncrew
Actioncrew
Beiträge: 20493
Registriert: 30.09.2005, 18:00
Wohnort: Aachen

Beitrag von Vince » 04.01.2013, 10:40

gelini71 hat geschrieben: Verstehe ich das richtig das sich innerhalb des Films das Bildformat ändert ? Wenn ja möchte ich nicht wissen wieviele sich darüber beschweren :lol:
Glaubst du etwa, der Durchschnittskinoprolet erkennt sowas? Also bei "Dark Knight Rises" ha sich eigentlich keiner beschwert...

Benutzeravatar
kami
Action Experte
Action Experte
Beiträge: 5616
Registriert: 10.06.2006, 17:39
Wohnort: Leipzig

Beitrag von kami » 04.01.2013, 15:25

Der Trailer ist wirklich zum Kotzen süßlich, gebe dem Film aber im Heimkino gerne eine Chance.

Benutzeravatar
StS
Actioncrew
Actioncrew
Beiträge: 28365
Registriert: 04.10.2005, 21:43
Wohnort: Harsh Realm, Hannover

Beitrag von StS » 04.01.2013, 15:41

Hey, im Free-TV gebe ich ihm gewiss auch mal ne Chance. :lol:

Benutzeravatar
freeman
Expendable
Expendable
Beiträge: 61506
Registriert: 12.12.2004, 23:43
Wohnort: Rötha

Beitrag von freeman » 07.01.2013, 09:11

gelini71 hat geschrieben:Verstehe ich das richtig das sich innerhalb des Films das Bildformat ändert ? Wenn ja möchte ich nicht wissen wieviele sich darüber beschweren :lol:
Yip, zweimal, das erste Mal nimmt man nur wahr, wenn man wirklich drauf achtet (und das tue ich bei so 3D Pop Out Effekten immer, einfach um zu sehen, ob der Regisseur 3D auch verstanden hat ;-) ), das zweite Mal ist offensichtlich für jeden ...

In diesem Sinne:
freeman
Bild

Benutzeravatar
John Woo
Action Experte
Action Experte
Beiträge: 5644
Registriert: 22.11.2005, 15:52

Beitrag von John Woo » 15.04.2013, 00:19

Irgendwie seltsam ruhig in diesem Thread...
Ich kann mich freemans Meinung nur anschliessen. Schöne Geschichte, einzigartige Bilder und toll animierte Tiere. Dazu ein superber Soundtrack, mitreissende Atmosphäre und gute Darsteller. Die zwei kurzen Formatänderungen empfand ich eher als überflüssig, aber ansonsten habe ich bei diesem schönen Film nichts zu kritisieren.
:liquid9:

Benutzeravatar
Montana
Action Fan
Action Fan
Beiträge: 3837
Registriert: 23.02.2006, 21:44
Wohnort: Horgen, Schweiz

Beitrag von Montana » 04.05.2013, 10:24

Life of Pi
Einer der Besten Filme der Letzten Jahre. In erster Linie Wunderschön; Denn immer wieder überzeugt er trotz beengtem Raum mit gigantisch / wunderschönen Bildern. Daneben überzeugen die Spezialeffekte beinahe durchgehend. Denn das der getrickste Tieger aus dem Rechner stammt, sieht mann nur in gewissen Szenen, und das vermutlich auch nur wenn man schon wusste das er Getrickst war. In zweiter Linie überzeugt er dann mit Soundtrack und einer gelungenen Story die durch eine zweite Geschichte eine herrliche doppelbödigkeit bekommt (Wie das wirkt muss ich allerdings noch bei einer zweiten Sichtung beurteilen :) ). Der einzige Punkt der für mich etwas unergonom wirkt ist der "Ich erzähle dir eine Geschichte" aufbau. In den ersten Szenen hatte ich desshalb schon ein "Slumdog Millionair" befürchtet, der zwar gelungen war, aber doch sehr Oberflächlich anmutete. Zum Glück war das aber nicht der Fall. Denn diese Parts erdeten den Film sehr schön in einer "Farblosen" "Realität". Die Oscars "Beste Filmmusik", "Beste Regie", "Beste Kamera" und "Beste visuelle Effekte" Sind somit absolut gerechtfertigt, und ich frage mich wieso hier der Oscar für "Bester Film" fehlt, den "Argo" stinkt doch recht deutlich gegen diesen Film ab.
:liquid9:

Benutzeravatar
Vince
Actioncrew
Actioncrew
Beiträge: 20493
Registriert: 30.09.2005, 18:00
Wohnort: Aachen

Beitrag von Vince » 02.06.2013, 08:52

Achtung, man kann eventuell leichte Spoiler herauslesen.

Zumindest emotional betrachtet lassen mich Filme inzwischen zunehmend kälter, und da kommt diese quietschbunte, vermeintliche Kitschbombe daher und wühlt mich so auf, wie es seit Jahren kein anderer Film mehr geschafft hat. Aus unerfindlichen Gründen kann ich Tiere einfach nicht leiden sehen und "Life Of Pi" nährt sich zu großen Teilen aus dem Leid von Tieren, die sich ohne eigenes Verschulden in einem unnatürlichen Mikrokosmos auf engem Raum wiederfinden. Gerade die ersten Tage auf See, wo sich nicht nur Tiger und Mensch auf dem Boot befinden und die Natur ihren grausamen Lauf nimmt, sind nur schwer zu ertragen. Sicher auch eine Auszeichnung für die CGI-Künstler, die die Tiere am Computer haben entstehen lassen und denen es doch gelingt, höchste Empathie für ihre Kreaturen zu erzeugen.

Abseits dieser noch recht oberflächlichen Wirkung des Films entfaltet sich dann das dichte Netz aus miteinander verflochtenen Themenkomplexen zwischen Religion, Kultur, Naturwissenschaften und Philosophie, und "Life Of Pi" wird zu einem über alle Maßen erkenntnisreichen Film. Leider wirkt die narrative Klammer, ähnlich wie zuletzt bei "Wasser für Elefanten", aber noch weit subtiler und damit gefährlicher, arg manipulativ: So sehr der Film beteuert, den Zuschauer dem Leben selbst einen Wert zuschreiben zu lassen, so werden ihm im Prolog, Epilog und zwischendrin doch immer wieder kleine moralische Hinweise gegeben, die er nicht unbedingt befolgen muss, aber, so hat man das Gefühl, sollte, um ein Stück weit ein besserer Mensch zu werden. Derartige Vorgehensweisen sind typisch für Filme dieser Art, wurden aber selten so diffizil eingesetzt wie bei "Life Of Pi".
:liquid7:

Benutzeravatar
LivingDead
Action Fan
Action Fan
Beiträge: 3774
Registriert: 06.06.2006, 14:13
Wohnort: Oldenburg

Beitrag von LivingDead » 12.08.2013, 22:41

Eine Optikbombe ist "Life of Pi" in jedem Fall. Selten waren 3D-Effekte schöner und verblüffender. Schon die Eingangsszenen im Zoo sind atemberaubend und deuten auf die Reise hin, welche Pi mit den Tieren nach dem Schiffbruch unternehmen wird, bei der inszenatorisch so ziemlich alle Register gezogen werden. Von Stürmen, mit sich ins Unermessliche auftürmenden Wellen, Polarleuchten, fliegenden Fischen und einem aus dem Meer springenden Wal hat Ang Lee viele wunderschöne und mitreißende Szenen auf die Beine gestellt, welche sich ins Gedächtnis einbrennen. Dazu zählen vor allem die Szenen direkt nach dem Schiffsunglück, bei denen sich eine handvoll Tiere auf einem kleinen Rettungsboot wiederfinden und die Evolutionstheorie à la "fressen und gefressen werden" auf das Radikalste reduzieren.

Der Film beginnt allerdings mit der Suche Pis nach einer für ihn geeigneten Religion. Fragen nach dem Glauben an Gott werden aufgeworfen, welche Prolog und Epilog des Filmes bestimmen, und der Handlung um Pi und dem Tiger einen Rahmen geben. Dabei verliert sich Ang Lee leider immer wieder in etwas moralinsauren Gefilden, obschon er dem Zuschauer vermeintlichen Interpretationsraum lässt. Genau genommen lässt er dem Zuschauer aber keine Wahl. Und gerade da fällt "Life of Pi" leider immer wieder in gewisse Schemata anderer, ähnlich gearteter, aber wesentlich simpler gestrickten, Filme.
:liquid7:
Mit freundlichem Gruß
LivingDead

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste