Filmtagebuch: Vince

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MarS
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Beitrag von MarS » 06.05.2014, 19:11

Vince hat geschrieben: Bzgl. des Schneetreibens bei Colony: Ach naja, ich glaub in dem Moment war da ja gar nicht son dichter Schneesturm und die Typen waren auch nicht so weit hinterher, ich halte das schon für möglich, dass man die Spuren da noch nachverfolgen konnte.
:shock: Hab ihn auf DVD gesehen. :shock: Vielleicht macht das doch einen Unterschied aus. :D

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Vince
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Beitrag von Vince » 11.05.2014, 11:19

Die Sehnsucht der Frauen
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Für Bergmans Verhältnisse ein ungeheuer lockeres, helles, dabei auch unstrukturiertes Werk, bestehend aus Episoden, die von verschiedenen Erzählerinnen getragen werden und stark unterschiedliche Stimmungen aufweisen. Insbesondere die letzte Episode hat kaum noch etwas mit dem typischen Bergman zu tun, der doch immer das große Drama sucht, sondern reiht sich fast nahtlos in die US-Screwball-Comedy der 40er Jahre ein (beinahe glaubt man, Cary Grant mit Greta Garbo im Aufzug stecken zu sehen). Der Schwede kann also auch heiter. Im Gesamten trägt „Die Sehnsucht der Frauen“ natürlich dennoch einen nachdenklichen Ton, der oft in emotionalen Wirrungen aufgelöst wird, wie sie eben nun mal entstehen, wenn sich Frauen über ihre Gefühle unterhalten. Ein schöner Film, wenngleich sicher eher eine Art Fingerübung und weniger von jener zwingenden Sorte, die man zu Bergmans Meisterwerken zählen würde.
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Die Zeit mit Monika
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„Die Zeit mit Monika“ folgt chronologisch der „Sehnsucht der Frauen“ und greift auch dessen Abschlussmotiv wieder auf: Ein Junges Paar ergreift die Flucht vor den Zwängen der Erwachsenenwelt und verschwindet mit einem Boot, um den eigenen Träumen nachzujagen. Der dabei entstandene Film ist einer der unscheinbaren Art geworden: Vermeintlich schlicht gestaltet sich die Erzählung, bündelt aber in einfach gehaltenen Bildern dermaßen viele Informationen, dass sich am Ende aus einem geradlinigen, eskapistisch motivierten Jugendabenteuer das Bild eines komplexen Dramas lichtet, das viel mehr Substanz beinhaltet als es vielleicht auf den ersten Blick preisgibt. Zugleich ist dies auch ganz klar der Film von Harriet Andersson, die als 21-Jährige in ihrer ersten Hauptrolle ein bildschirmfüllendes Charisma ausstrahlt, das für eine lange gemeinsame Karriere mit Ingmar Bergman sorgen würde. Bergmans Philosophie über die Beziehung zwischen Mann und Frau zeichnet sich hier so essenziell wie nur möglich ab, wenigstens war sie selten weniger von Metaphern und Bildern verdeckt als hier.
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Wie in einem Spiegel
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Nach Ansicht von „Die Zeit mit Monika“ ist es nur folgerichtig, dass Ingmar Bergman seine Stamm-Aktresse Harriet Andersson auch einmal als eine Frau besetzen würde, die einer Reihe von Männern – ihrem Vater, ihrem Bruder, ihrem Mann – als Spiegel dienen würde. Das Kammerspiel mit nur vier Akteuren ist schon klar der düsteren Mittelphase des Regisseurs zuzuschreiben – ein „Spinnengott“ offenbart sich da einer geistig Kranken, die immer häufiger die oberflächlich harmonisch und innerlich brodelnde Realität verlässt und sich in den Dienst höherer Mächte auf der anderen Seite stellt, derweil die Männer, die mit ihr umgehen müssen, sich ihrem eigenen Inneren stellen. Bergman selbst mochte den Film nicht, weil er ihm zufolge zu sehr der Verdrängung folge und daraus könne kein großes künstlerisches Werk hervorgehen, dabei ist „Wie in einem Spiegel“ herausragendes Bühnenkino, das gekonnt mit Metaphern spielt und spielend mit Stimmungen der Geborgenheit, der Bedrohung und der Bedrückung jongliert.
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Nosferatu (Werner Herzog)
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Weil der Murnau-Film nach wie vor alles überstrahlt, wird Herzogs Remake oft unter Wert verkauft. Die Komposition aus Bild und Ton ist in seiner Version meisterhaft und dient der ohnehin erdrückenden Präsenz Klaus Kinskis als Verlängerung in den Szenen, in denen er nicht selbst auftritt: Fahle, oft in der Flüchtigkeit des Zwielichts eingefangene Farben, ausgefallene Licht- und Schattenspiele insbesondere in den blassen, hohen Gemäuern des Grafen und der expressionistische Look aller Schauplätze verknüpfen sich mit der bedrückenden Musik Popol Vuhs und erzeugen eine surreale Atmosphäre, die von Trauer und Verzweiflung gezeichnet ist. Kinskis Maske wirkt in vielen selbst harmlosen Szenen verstörend, gerade weil man spürt, wie er sie von innen heraus zum Leben erweckt, und Bruno Ganz’ Darstellung trägt ganz die Züge eines Opfers in sich, insofern er voller Elan an einer Aufklärung zunächst seines Auftrags und dann seiner persönlichen Motive arbeitet, jedoch dem Grafen, der gerade durch seine Überlegenheit eine endlose Depression ausstrahlt, spürbar immer einen Schritt hinterher ist. Auch Isabelle Adjani erweckt den Eindruck, besser hätte man ihre Rolle nicht besetzen können, weil sie die Ansprüche, Verletzlichkeit und Schönheit zu vereinen, einmal mehr sogar übertrifft.
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Der Clan der Sizilianer
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Mafiadrama trifft Heist-Movie bei der nüchtern eingefangenen Planung und Durchführung eines Coups, die für logistischen Spektakelwert sorgt. Eine hochkarätige Besetzung kann der Film wuchten, derweil das Drehbuch immer wieder neue Kniffe aus dem Hut zaubert, die sich bis zum Finale steigern, das aber wegen des trockenen Tons nicht etwa explodiert, sondern trocken aufpufft. So vermisst man hin und wieder die geballte Emotionalität eines „Paten“, aber „Der Clan der Sizilianer“ spricht auch eine ganz andere Klientel an, insofern er sich ganz der Mechanik der Kriminalität widmet und weniger deren menschliche Konsequenzen.
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Killing Season
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Ein für das älteste Motiv der Welt, die Auge-um-Auge-Rache, ein relativ banaler Beitrag. Dem ursprünglichen Western-Motiv, das schon so oft durchdekliniert wurde, so wenig Neues beisteuern zu können, das kann eben nicht wirklich gut ausgehen. Nicht nur lassen sich den Motiven der Travolta-Figur kaum tiefere Ebenen entlocken, auch wirkt seine Annäherung an de Niro willkürlich, indes dieser wiederum durch platte Symbolik sehr oberflächlich charakterisiert wird (Einzelsiedler in einer Blockhütte, der in sicherer Distanz von seiner Familie und der Zivilisation getrennt lebt, und der nun lieber mit dem Fotoapparat „schießt“ als mit der Waffe). So gesehen ist „Killing Season“ eine in jeder Hinsicht schwächere Variante von „Die Stunde des Jägers“. Einen primitiven Unterhaltungswert kann man ihm dennoch nicht streitig machen. Alleine Travoltas martialische Gestalt, die man natürlich mit bösem Willen schnell ins Lächerliche gezogen hat, macht was her, de Niro wehrt sich nach Leibeskräften und ein paar recht ungewöhnliche Gewaltspitzen (eher psychologischer Natur, Blut fließt vergleichsweise wenig) setzen den fliegenden Wechsel der Machtverhältnisse der Kontrahenten hübsch in Gang. Das Ende wird viele enttäuschte Gesichter hinterlassen, geht aber auch mal wieder einen alternativen Weg. Noch
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Inside Llewyn Davis
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Beliebte bzw. massentaugliche Themen haben die Coens längst nicht mehr nötig. Mit einem Film über die New Yorker Folkszene der 60er kann man die Leute eigentlich jagen, aber „Inside Llewyn Davis“ bezieht seine ungeahnten Stärken gerade daraus, dass man ihn so gnadenlos unterschätzt. Mit der fiktionalen Doku um Llewyn Davis (Oscar Isaac), der dem Bob-Dylan-Förderer Dave Van Ronk nachempfunden ist, schöpft das Bruderpaar quasi aus dem Nichts die Magie der Komödie, aus einem Stoff, der eigentlich gar nicht zum Lachen geeignet ist, einem Stoff, der bei genauer Betrachtung nicht einmal unbedingt einer Erzählung würdig ist (wenigstens nicht würdiger als die Geschichte eines jeden anderen Straßenmusikers). Die Erzählung verläuft scheinbar linear, um sich dann immer an den Moment der Gelegenheit zu haften und Zufälle oder Möglichkeiten bestimmen zu lassen, was als nächstes geschieht. Wenn die Coens später die Heringe wieder einfangen, die sie schon früh ausgeworfen haben, wird dem einfachen Leben des Musikers auf beispiellos unaufdringliche Art und Weise eine Poesie verliehen, die hier eindeutig nicht nur von den Szenen ausgeht, in denen musiziert wird. Doch selbst diese Szenen atmen nicht das Showflair von „Ray“ und „Walk The Line“, sondern sind angenehm schlicht angelegt, eingefangen wie von einem unlackierten Rahmen aus Eichenholz. Ein wunderbares Roadmovie, das quasi im Vorbeigehen ein Szenepanoptikum des 60er New Yorks portraitiert und Isaac in der Hauptrolle die Aufgabe gibt, die Stimmung zu prägen, was ihm mit der perfekt getimten Comedy eines Mannes, der unter einem Scheißhaufen begraben steht und darüber nur noch die Schultern zucken kann, hervorragend gelingt. Ebenso wie der Katze.
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Bedevilled
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Das Gewalt- und Vergewaltigungsdrama bemächtigt sich derselben Werkzeuge wie ein Film über häusliche Gewalt, setzt sie aber in einen bislang eher unzureichend beackerten Kontext: Nicht ist es das Böse, das unbemerkt vom Fußgänger auf dem Bürgersteig hinter verschlossenen Türen operiert, sondern stattdessen waltet es offen seines Amtes und wird vom Umfeld sogar als gerecht und natürlich angesehen. Das Verborgene bezieht sich in einem größeren Kontext eher darauf, dass diese Dinge auf einer Insel geschehen, fern von der Aufgeklärtheit des Festlandes, und somit regelrecht eine soziale Akzeptanz innerhalb der eigenen autonomen Grenzen genießen. Jang Cheol-Soo verschwendet in seinem Regiedebüt keine Zeit damit, ähnlich „The Wicker Man“ einen Außenstehenden erst langsam hinter die schrecklichen Geheimnisse der Insel kommen zu lassen, sondern zeigt die frei ausgelebte Brutalität und das paralysierte Denken der Umliegenden von Beginn an, wobei die tatsächliche Eskalation erst spät eintritt. Ab hier nimmt der Film eine Wende zum überstiegenen Rachedrama, das schamlos den Blutdurst des Zuschauers befriedigt und zur Groteske wird, die den kritischen Ansatz der ersten beiden Drittel aushöhlt. Manipulativ, aber nicht ganz uneffektiv.
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I Saw The Devil
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Eine vorgeblich edel inszenierte, arthausgeschwängerte, mit gewissem Kalkül durchgeplante, im eigentlichen Wesen aber wilde und hysterische Gewaltorgie, die sich in den Dienst stellt, das Bestialische im Menschen hervorzubringen und zu sezieren. Was Choi-min Sik („Oldboy“) verkörpert, ist eine menschliche Hülle, die schon schnell in der Handlung zur grotesken Karikatur mutiert, was besonders deutlich wird, weil ihr vom ungewöhnlichen Aufbau des Drehbuchs sehr viel Platz zur Reue geboten wird, die sie aber eher nutzt, um den eigenen Trieben weiter nachzugehen. Denn schon früh wird ihr Wesen vom Angehörigen eines Opfers durchschaut, der seine Vergeltung aber hinauszögert; wohl weniger, um die eigene Befriedigung durch Rache länger genießen zu können (obwohl auch für diese These reichlich Hinweise im Drehbuch zu finden sind), sondern eher, um irgendwo in diesem Mann, den er jagt, einen Funken Empathie zu finden, einen Hinweis darauf, dass der Tod der Frauen auf die Unvollkommenheit eines Menschen zurückzuführen ist und nicht auf die Unergründlichkeit eines Monsters. Dass der Jäger dadurch selbst zum Monster wird, gehört zu den verlässlichen Eigenschaften derartiger Geschichten, allerdings ist das „Wie“, diese absurde Schrittfolge im Katz- und Mausspiel, voller Zufälle und Missgeschicke, ein ganz Besonderes. Kino, wie es lebt: kunstvoll, bei voller Erhabenheit so niederträchtig, gleichzeitig impulsiv und voller Chaos.
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Die Abenteuer des Sherlock Holmes
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Der zweite Teil der 14-teiligen Reihe mit Basil Rathbone entbehrt zwar der schaurigen Atmosphäre des Vorgängers und wirkt insgesamt auch etwas zerfahren, allerdings hat er mit Professor Moriarty einen äußerst namhaften Gegner zu bieten, der herrlich überheblich von George Zucco verkörpert wird – so überheblich gar, dass er in völliger Überzeugung der eigenen Überlegenheit einem Schergen gegenüber zu Beginn des Films all seine Pläne ausbreitet, woraufhin dem Zsuchauer natürlich sofort klar ist, dass das gemeine Doppelspiel des Professors an der Pfiffigkeit Holmes’ scheitern wird, insbesondere insofern, als dass die Handlung mit einer Niederlage Holmes’ gegen Moriarty vor Gericht beginnt und anschließend eine Kutschenfahrt mit den beiden Erzfeinden eine von gegenseitigem Respekt geprägte Fehde einleiten wird, bei der im Sinne des Fair Play am Ende nur einer gewinnen kann. Daher konzentriert sich die Regie weniger auf Spannungserzeugung als vielmehr auf das Querlegen von Handlungssträngen, garniert mit kuriosen Dialogen zwischen Holmes und Watson, die sich insbesondere um das Vertreiben einer Fliege durch einen bestimmten Ton auf einer Geige drehen – ein Diskurs, der mit einem schönen Konter Watsons gegen seinen Meister abgeschlossen wird und für den Abspann vorbereitet (einer der wenigen Triumphe, die man Watson zugestand). Insgesamt etwas zu holprig, aber dennoch ganz charmant.
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Boardwalk Empire – Season 3
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Die Prohibitionsserie hält ihren hohen Produktionsstandard mühelos in allen Disziplinen. Einen gewagten Sprung machen die Drehbücher, denn für die Hauptfigur der Serie haben die Ereignisse der dritten Staffel gewaltige Auswirkungen, die ihn von alten Freunden trennen und neue Freunde finden lassen, derweil die Geschehnisse aus Staffel 2 nicht ohne Folgen abgehakt werden. Das lässt die Gesamterzählung insgesamt wie aus einem guss wirken, gleichwohl nicht unerwähnt bleiben soll, dass einige Handlungsstränge nach mühsamem Aufbau einfach im Nichts fallen gelassen werden, allerdings ja nicht ohne die Option, dass sie in der vierten Staffel wieder eine Rolle spielen werden. Die Rechnung mit dem Hauptbösewicht immerhin wird noch innerhalb dieser Staffel beglichen, wenn auch vielleicht nicht ganz in der Form, wie man erwarten würde, so dass darüber gestritten werden kann, ob der „Abschlussfetischist“ in uns hiermit zufriedengestellt wird oder nicht.
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Justified – Season 1
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Ein altmodisches Case-of-the-Week-Prinzip (wenn auch im neumodischen 13-Episoden-Block) – was könnte besser zum schießwütigen Oldschool-Kleinstadthelden passen, der hier mit sämtlichen ihm zur Verfügung stehenden Westernmethoden mächtig aufräumt? Inkarniert in Form des lässigen Timothy Olyphant, beruft sich „Justified“ auf die frühen 90er, in denen charisamtische Eigenbrötler in richtender Funktion noch gefragt waren. Ehre, Stolz und Ehrfurcht spielen eine große Rolle für den „Southern Comfort“ in der Stadt, da fragt dann auch keiner nach, wenn im Eifer des Gefechts mal ein paar Leichen mehr aufgetischt werden. Eine regelrechte Befreiung ist die Unabhängigkeit von Auflagen und der Verantwortung gegenüber höheren Instanzen, mit denen jeder FBI-Agent zu kämpfen hatte. Olyphant muss das zwar auch, doch wischt er diese Pflicht mit einem Schmunzeln einfach weg. Mag der Südstaatenakzent aller Beteiligten und die Schlichtheit der Gemüter auf Dauer auch etwas nerven, der Anachronismus von „Justified“ kann je nach Stimmungslage Balsam auf die gebeutelten Seelen der Postmoderne sein.
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Futurama – Season 7
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Immer noch so stark, als hätte es die vorübergehenden Tiefs bei einigen der Langspielfilme nicht gegeben. Futurama bleibt einfach ein Füllhorn an Retro- und Futurismus-Gags für Nerds, Wissenschafts- und Kulturfanatiker. Auch wenn die Verhaltensweisen der Charaktere ähnlich wie bei den Simpsons langsam vorhersehbar werden, die Plots scheinen im Gegensatz zu denen aus Springfield noch Potenzial für hundert Staffeln zu versprechen, weil es in Sachen „Quoteability“ einfach keine Grenzen zu geben scheint – einfach alles, was jemals in der Popkultur stattgefunden hat, würde bei Futurama gut funktionieren. Da dies nur der erste Teil der letzten Staffel ist, kann man immerhin noch eine Staffelbox in Deutschland erwarten, danach ist dann ja leider erstmal wieder Sense, zumindest solange Groening keinen neuen Sendeplatz gefunden hat.
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Weitere Sichtungen:
2 Guns
Durst

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Beitrag von Vince » 01.06.2014, 13:58

Als das Meer verschwand
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Als Romanverfilmung imitiert „Als das Meer verschwand“ überraschend authentisch die Struktur eines Romans: Man hat das Gefühl, zuerst mit wenigen, abstrakt wirkenden Sätzen zurechtkommen zu müssen, bevor sich erst die Landschaft, dann die Charaktere und schließlich die dramatischen Plotwendungen mit jeder Seite mehr entblößen, bis das Bild im Rahmen vollkommen ist. Da die Hauptfigur selbst ein Heimrückkehrer ist, fühlt man sich mit ihr durch das nur allmähliche Aufdecken der Geschehnisse und die kunstvoll verwobenen zeitlichen Ebenen stark verbunden; ebenso wie Fotograf Paul Prior (Matthew Macfayden) geistert man durch das Jenseits zwischen Vergangenheit und Realität und ist um deren Ordnung bemüht. Neuseeland wird als prägnanter Nebendarsteller stets wie ein solches Jenseits eingefangen: Es ist real, dann aber doch wieder nicht, die Objekte im Vordergrund greifbar, die Farben am Himmel jedoch unwirklich. Für die kernige Besetzung (insbesondere Emily Barclay sticht neben Macfayden hervor) kann man dankbar sein, sie steigert den emotionalen Wert des Films maßgeblich und sorgt dafür, dass insbesondere die endgültige Auflösung ihre Wirkung nicht verfehlt. Unkonventionell und sehenswert.
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Ausnahmesituation
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Dass dieses Gutmenschendrama nach realen Geschehnissen überhaupt einen gewissen filmischen Wert hat, liegt, liegt mehr oder weniger nur an Harrison Ford, der als Forscher der Krankheit Morbus Pompe eine starke Show mit dem typischen Ford-Charisma ablegt. Den Zyniker mit gutem Kern tanzt er dem eigentlichen Hauptdarsteller Brendan Fraser nur so vor den Latz, dessen leicht gedunsene Form und traurige Hundeaugen vor allem mit Hilfeschreien beschäftigt sind. Atomwaffe des Filmes ist immer wieder das mitleidig zur Schau gestellte Leiden von Einzelschicksalen; entsprechende Szenen von Kranken und deren Angehörigen, die sich zusammenschließen, winkt man daher eher ab und stellt sich auf die Seite der gemäßigt negativ konnotierten Forscherkollegen Fords, die ihre Arbeit (vollkommen zu Recht) mit Rationalität betrachten.
Immerhin verheddert sich „Ausnahmesituation“ nicht vollständig in Rührseligkeiten, sondern nimmt die realistischen Probleme bei der Forschung und Vermarktung eines neuen Medikaments im Mittelteil durchaus auf. Hier entstehen auch die interessantesten Momente, wenn der eigenbrötlerische Ford und der ehrgeizige, von persönlichen Schicksalen geleitete Fraser Meinungsverschiedenheiten austragen und einen gemeinsamen Nenner finden müssen. Am Ende bleibt ein weitgehend formelhaftes Drama mit einem immerhin sehenswerten Harrison Ford.
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Gone Baby Gone
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Als direkter Vorläufer von „The Town“ auf Anhieb identifizierbar, erweist sich „Gone Baby Gone“ als der intimere Film, gleichwohl er ebenso sehr ein Stadtportrait ist wie jener Nachfolger, der die „Town“ als Essenz konsequenterweise schon im Namen stehen hat. Bens Bruder Casey dreht richtig auf, derweil er sich als Privatermittler durch das wirre Geflecht der Kindesentführung schlägt, eine Suche, die von der erbarmungslosen Stadt erschwert wird. Michelle Monaghan macht ihre Sache zwar auch nicht schlecht, fungiert letztlich aber nur als jene Nadel, an der ihr Partner im Finale, das Vorstellungen über das Gute und Böse in einem moralischen Nebel verschwimmen lässt, seinen eigenen Charakter ablesen wird. Das Skript lässt mit eingeflochtenen Machtspielen, milieubezogenen Drohgebärden und Verfolgungsjagden immer mal wieder den Puls ansteigen, was auch durch die außergewöhnlichen Nebendarstellerleistungen sehr begünstigt wird – einmal mehr ist Ed Harris hier herauszuheben. Ein bemerkenswertes Regiedebüt Afflecks, der mit seinen Fähigkeiten als Dirigent jene als Schauspieler auf Antrieb zu übertreffen versprach.
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Amok - He Was A Quiet Man
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Ambitionstrash, der zwischen treffsicher und grottig pendelt, sei es in Sachen Regie, Drehbuch, Kostüm, Darstellerleistung oder Spezialeffekte. Ihr interessantes Sujet nutzt die Christian-Slater-Show für ein paar steile Thesen und Gedankenspiele, wobei sich das kontroverse Potenzial ein wenig hinter der Schludrigkeit der Effekte und vor allem dem unerlässlichen Experimentieren mit Wirklichkeits- und Fantasieebenen versteckt, weshalb es nicht völlig genutzt werden kann. Slater ergibt sich als hässlicher, kleiner Mann mit Halbglatze und Fliegerbrille dem Overacting in dem Versuch, unter all den routinierten Standardauftritten endlich nochmal aufzudrehen wie in alten Zeiten, und sorgt dafür zumindest beiläufig für guten Unterhaltungswert, den auch sprechende Goldfische und Gebäudeeinstürze wie aus den frühen 90ern nicht bedrohen können. Ein paar überraschende Wendungen hat „Amok“ in jedem Fall auch zu bieten, obwohl die vielen Twists am Ende vielleicht zu weit vom Kern abweichen, bei dem es doch eher um die Stromlinienförmigkeit des amerikanischen Gesellschafts- und Arbeitsystems gehen sollte, weniger um eine Liebesgeschichte, auch wenn Elisha Cuthbert eine interessante Variation der klassischen Femme Fatale spielen darf. Überhaupt ahmt der Film ein wenig die Einsamkeit der Film-Noir-Protagonisten nach, hier als Reflexion des Selbstmitleids der Hauptfigur, die von der Umwelt unmerklich so sehr kastriert wird, was den Titel „He Was A Quiet Man“, der die Oberflächlichkeit im Umgang mit den Nächsten moniert, so brillant macht.
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God Bless America
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Das gleiche Sujet von der anderen Warte aus betrachtet: Wo “Amok” den eskapistischen Weg hin zur tagtraumgeschwängerten Tragikomödie beschreitet, schlägt „God Bless America“ in die Kerbe der intellektuellen American-Surface-Satire, was ihn dastehen lässt wie eine frühe Tarantino-Kurzgeschichte oder einen Erstentwurf von „Natural Born Killers“. Der Originalitätsgrad hält sich daher in Grenzen, allerdings ist der Gedanke hinter „God Bless America“ aktueller denn je und längst nicht nur eine amerikanische Problematik: Das Road Movie dient nicht einfach nur als Frustventil für solche, die sich an der Entwicklung zu einer Gesellschaft der Oberflächlich- und Rücksichtslosigkeit stören (aber gerade zu Beginn kann man den Schmerz des Protagonisten angesichts grenzdebiler TV-Sendungen, respektloser Nachbarn und einer fern der eigenen Kontrolle befindlichen kleinen Tochter, die das gesellschaftlich legitimierte Handeln langsam schon zu imitieren beginnt, vollkommen nachfühlen), sondern sensibilisiert zugleich dafür, narzisstische bzw. egoistische zugunsten altruistischer Beweggründe beiseite zu schieben. Natürlich fordert Regisseur Goldwaithe dafür einen gewissen Grad an Grips vom Zuschauer: Gerade die Diskussionen des Killerpärchens entlarven die (eigentlich sowieso auf der Hand liegende) Widersprüchlichkeit ihres mörderischen Vorgehens, wenn etwa Frank (sehr komplex und einfühlsam gespielt von Joel Murray) aus dem Affekt heraus „High Five“ machen möchte, eine spontane Handlung, die kurz vorher noch als Grund für eine Tötung festgelegt wurde. Dass das Finale zwangsläufig auf der Bühne einer Castingshow stattfinden muss, ist nach „Little Miss Sunshine“ und „American Dreamz“ ebenso ein alter Hut wie die Monologe zu Beginn über die amerikanischen Werte intellektuell überkonstruiert sind, dennoch muss man „God Bless America“ seine entlarvenden Qualitäten zugestehen.
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C2 – Killerinsect
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From the streets into the woods – hüpft Alfonso “Carlton” Ribeiro zu Anfang noch im hippen MC-Hammer-Outfit auf dem Basketballplatz herum und zieht Seth Green ab, geht’s später ins klassische Hüttenhorrorambiente, wo man inmitten von Nadeln und Fichten auf die Filmmonster trifft, die in einer Pre-Title-Sequenz schon mal effektiv vorbereitet werden – monströse Zecken, die im Handlungsverlauf noch weiter anwachsen und schließlich bisweilen abstruse Ausmaße annehmen. Die Mechanismen und Muster des Films sind typisch für die Entstehungszeit, allerdings trumpft „C2“ mit durchaus ekligen Effekten auf, die handmade sind und dabei zwar durchschaubar, aber dennoch herrlich greifbar: Da wuseln mehrbeinige Viecher mal über den Nadelboden oder den Baum hinab und erinnern stark an Spinnenhorror, da wird ein Puppenkörper von innen heraus zum Platzen gebracht und entblößt widerliche, verharzte Gliedmaßen. Kein Geniestreich, macht aber wegen der originell gestalteten Viecher und der ironischen Handlung mit einigen bekannten Gesichtern eine Menge Spaß.
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Das Gesicht
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Formell ein ungewohnt offener und unzusammenhängender Nachweis der Bergman’schen Filmkunst, zwar der Theaterdramaturgie folgend und in Abfolgen von Szenenbildern gestaffelt, aber doch in Sachen Tempo und Stimmung stark schwankend, dekonstruiert der schwedische Filmemacher das Fach der Künste ähnlich stark wie in seinem Spätwerk; vorher hat er wohl nie derart das eigene Schaffen metaphysisch abstrahiert. Nicht nur erlangt der Film dadurch ein distanziertes Bild, dass er zeitlich 100 Jahre vor seiner Entstehung angesiedelt ist, auch die Darstellung der Charaktere bleibt vergleichsweise typenhaft und Bergman zeigt nur wenig Interesse daran, ihr Seelenleben auszuleuchten; es ist diesmal eher ihr Antrieb, der das Interesse genießt. Magie und Zauberei werden auch nur teilweise durch das Zeigen von Theaterkulissen „entzaubert“, mitunter lässt Bergman seinen Film ins Surrealistische kippen, um den Zuschauer nicht vergessen zu lassen, dass zwischen Handwerk und Kunst ein flüssiger Übergang bestehen kann. Insofern ist „Das Gesicht“ ein Plädoyer für die Kunst und gegen deren Skeptiker.
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The Broken
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Ästhetisch den 00er-Japano-Geisterhorror bedienend, hält sich der Mystery-Horrorfilm von Sean Ellis („Cashback“) auch inhaltlich an dessen Motive; insbesondere „Into The Mirror“ steht mit seiner Spiegelthematik offensichtlich Pate. Hochwertig gefilmt, zirkuliert die Handlung um einen in Ultrazeitlupe eingefangenen Autocrash und streut anschließend diverse Spiegel- und Doppelgänger-Elemente in die Handlung, die vor allem daran interessiert sind, wie in Philip K. Dicks Kurzgeschichte „Das Vater-Ding“ die Angst zu schüren, dass etwas Fremdartiges Besitz ergriffen haben könnte von nahe stehenden Menschen. Lena Headey meistert ihre daraus entstehende Doppelrolle gut, das Drehbuch hat indes das Problem, seine prinzipiell nicht reizlose Prämisse allzu platt auf den Tisch zu knallen, womit dem Zuschauer jeder Interpretationsspielraum verwehrt bleibt. Auch kommt das Ende so schnell und unkopliziert wie der Anfang eingetreten war – ein nicht unspannender Film in schönen Bildern, gleichwohl nicht sehr tiefreichend.
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Die Wand
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Eine Frau findet sich eines Morgens in ihrer Ferienhütte eingesperrt von einer unsichtbaren Wand wieder und ist fortan darauf angewiesen, mit einer Kuh, einer Katze und einem Hund ihr Leben ohne andere Menschen zu meistern. Fragen nach Logik könnten den Zuschauer bei dieser Romanverfilmung plagen; warum klopft die Frau beispielsweise nicht die Wand ab, um nach Lücken zu suchen? Warum scheint ihr bald schon egal zu sein, was jenseits der Wand geschieht? Warum verhält sie sich sowohl unmittelbar nach dem unerklärlichen (und unerklärt bleibenden) Geschehnis sowie auf lange Sicht bisweilen so irrational? Doch sind das Fragen, die auf zweierlei Art entkräftet werden können: Erstens erfährt der Zuschauer nur soviel, wie in ihrem Tagebuch steht, welches – wie explizit erwähnt wird – auch der Autorin wichtig erscheinende Dinge außen vor lässt. Zweitens lässt sich „Die Wand“ natürlich als Metapher lesen für eine Frau, die schon vor ihrer Einsperrung offensichtlich den Kontakt zu den Mitmenschen meidet (warum überhaupt der Urlaub mit dem älteren Paar in einer einsamen Berghütte? Warum auch ist sie nicht mit dem Paar ins Dorf gegangen und zog die Einsamkeit vor?), was den Film davon handeln ließe, wie sie sich endgültig in sich selbst zurückzieht. Eine derartige Lesart ließe die Suche nach einem Ausgang unlogisch erscheinen, da dies ja voraussetzen würde, dass die Frau wieder in Kontakt mit der Welt treten möchte.
Stattdessen schildert der minimalistisch durch die schöne Landschaft, die Schauspielleistung Martina Gedecks und ihrer Monologe getragene Film ihre Abkehr vom Menschsein und den sich ihr öffnenden Zugang zu den Tieren, wobei ihr selbst im Tierreich Muster der Ausgrenzung erscheinen, die sie selbst in der Gesellschaft erfahren haben muss, diese aber im Tierreich als natürlichen Lauf der Dinge betrachtet.
Mag man Julian Pölslers statischer, geradezu erstarrender Regie mit all den langen, ereignislosen Naturdarstellungen auch eine gewisse Langatmigkeit, wenn nicht gar Unerträglichkeit vorwerfen, die von ihm gewählte Erzählperspektive ist insbesondere in Funktion einer Literaturverfilmung als gelungen zu bezeichnen: Nichts als das Innenleben der Hauptfigur lässt er in die Isolationskuppel, der Zuschauer weiß immer nur so viel, wie die geschriebenen Seiten – manchmal vor- und zurückblätternd – hergeben, was die Einbettung der Figur in ihre Umgebung, ihre Absorption der Tiere zu Teilen ihrer selbst, vollständig möglich macht. Die Ereignisse im Film sind von Verlusten und inneren Widerständen gezeichnet, allerdings lassen sich keine Anzeichen finden, dass von außen Mühen zur Figur durchringen, sie zurück in die Zivilisation zu befördern. Insofern ist auch das offene, banalerweise durch das Ausgehen des Papiers (die begrenzte Fähigkeit zur Selbstauseinandersetzung ihres Gehirns?) besiegelte Ende des Films mutig und konsequent, aber auch wenig hoffnungsvoll.
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Weitere Sichtungen:
The Cold Light Of Day
X-Men – Days Of Future Past
Godzilla (2014)

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Beitrag von MarS » 02.06.2014, 11:47

Vince hat geschrieben: I Saw The Devil
Bild
Eine vorgeblich edel inszenierte, arthausgeschwängerte, mit gewissem Kalkül durchgeplante, im eigentlichen Wesen aber wilde und hysterische Gewaltorgie, die sich in den Dienst stellt, das Bestialische im Menschen hervorzubringen und zu sezieren. Was Choi-min Sik („Oldboy“) verkörpert, ist eine menschliche Hülle, die schon schnell in der Handlung zur grotesken Karikatur mutiert, was besonders deutlich wird, weil ihr vom ungewöhnlichen Aufbau des Drehbuchs sehr viel Platz zur Reue geboten wird, die sie aber eher nutzt, um den eigenen Trieben weiter nachzugehen. Denn schon früh wird ihr Wesen vom Angehörigen eines Opfers durchschaut, der seine Vergeltung aber hinauszögert; wohl weniger, um die eigene Befriedigung durch Rache länger genießen zu können (obwohl auch für diese These reichlich Hinweise im Drehbuch zu finden sind), sondern eher, um irgendwo in diesem Mann, den er jagt, einen Funken Empathie zu finden, einen Hinweis darauf, dass der Tod der Frauen auf die Unvollkommenheit eines Menschen zurückzuführen ist und nicht auf die Unergründlichkeit eines Monsters. Dass der Jäger dadurch selbst zum Monster wird, gehört zu den verlässlichen Eigenschaften derartiger Geschichten, allerdings ist das „Wie“, diese absurde Schrittfolge im Katz- und Mausspiel, voller Zufälle und Missgeschicke, ein ganz Besonderes. Kino, wie es lebt: kunstvoll, bei voller Erhabenheit so niederträchtig, gleichzeitig impulsiv und voller Chaos.
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Wirklich ein großartiger Film mit einem irre gutem Ende.

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Beitrag von MarS » 02.06.2014, 11:53

Vince hat geschrieben:Als das Meer verschwand
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Als Romanverfilmung imitiert „Als das Meer verschwand“ überraschend authentisch die Struktur eines Romans: Man hat das Gefühl, zuerst mit wenigen, abstrakt wirkenden Sätzen zurechtkommen zu müssen, bevor sich erst die Landschaft, dann die Charaktere und schließlich die dramatischen Plotwendungen mit jeder Seite mehr entblößen, bis das Bild im Rahmen vollkommen ist. Da die Hauptfigur selbst ein Heimrückkehrer ist, fühlt man sich mit ihr durch das nur allmähliche Aufdecken der Geschehnisse und die kunstvoll verwobenen zeitlichen Ebenen stark verbunden; ebenso wie Fotograf Paul Prior (Matthew Macfayden) geistert man durch das Jenseits zwischen Vergangenheit und Realität und ist um deren Ordnung bemüht. Neuseeland wird als prägnanter Nebendarsteller stets wie ein solches Jenseits eingefangen: Es ist real, dann aber doch wieder nicht, die Objekte im Vordergrund greifbar, die Farben am Himmel jedoch unwirklich. Für die kernige Besetzung (insbesondere Emily Barclay sticht neben Macfayden hervor) kann man dankbar sein, sie steigert den emotionalen Wert des Films maßgeblich und sorgt dafür, dass insbesondere die endgültige Auflösung ihre Wirkung nicht verfehlt. Unkonventionell und sehenswert.
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Den habe als recht ruhig in Erinnerung. Wie du schon geschrieben hast, kam die Auflösung etwas unerwartet. Zumal vorneweg mit dem Zuschauer ziemlich gespielt wird und man erst mal in eine andere Richtung geschickt wird.

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Beitrag von MarS » 02.06.2014, 11:56

Vince hat geschrieben: C2 – Killerinsect
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From the streets into the woods – hüpft Alfonso “Carlton” Ribeiro zu Anfang noch im hippen MC-Hammer-Outfit auf dem Basketballplatz herum und zieht Seth Green ab, geht’s später ins klassische Hüttenhorrorambiente, wo man inmitten von Nadeln und Fichten auf die Filmmonster trifft, die in einer Pre-Title-Sequenz schon mal effektiv vorbereitet werden – monströse Zecken, die im Handlungsverlauf noch weiter anwachsen und schließlich bisweilen abstruse Ausmaße annehmen. Die Mechanismen und Muster des Films sind typisch für die Entstehungszeit, allerdings trumpft „C2“ mit durchaus ekligen Effekten auf, die handmade sind und dabei zwar durchschaubar, aber dennoch herrlich greifbar: Da wuseln mehrbeinige Viecher mal über den Nadelboden oder den Baum hinab und erinnern stark an Spinnenhorror, da wird ein Puppenkörper von innen heraus zum Platzen gebracht und entblößt widerliche, verharzte Gliedmaßen. Kein Geniestreich, macht aber wegen der originell gestalteten Viecher und der ironischen Handlung mit einigen bekannten Gesichtern eine Menge Spaß.
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Was will man da anderes zu schreiben?! Stimme dir hier voll zu. Sollte man auf jeden Fall mal gesehen haben, wenn man auf Tierhorror steht. Gehören Zecken nicht irgendwie zu den Spinnen?! Von daher würde es ja passen, dass der Streifen dich an Spinnenhorror erinnert hat.

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Beitrag von Vince » 18.06.2014, 17:04

Venus im Pelz
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Polanski im reinsten Format, das auf Film möglich ist: Eine Fahrt die stürmische Pariser Allee entlang in den Theatersaal hinein, zwei Akteure im Dunkeln und das Scheinwerferlicht. Ja, Theater und Minimalismus kann der Mann. Seine Frau Emmanuelle Seigner schickt er in ein Duell mit einem jüngeren Ich seiner selbst (Mathieu Almaric) und inmitten des leeren Theatersaals treffen Geschriebenes und Reales aufeinander und vermischen sich zunehmend. Wann gab es im großen Kino zuletzt einen derartigen Atemstocker wie jenen Moment, als das Mädchen von der Straße ihren White Trash ablegt und in Sekundenbruchteilen erstmals ihre Rolle einnimmt? Begünstigt durch den grandios pointierten Score und das extrem nuancierte Foley Design, welches Geräusche zu hören vorgibt, die tatsächlich gar nicht stattfinden, verwandelt sich das flapsig geführte, nur von einseitigem Interesse bewegte Bewerbungsgespräch zu einer Szenerie, der man wie im Bann folgt – ein Moment des Innehaltens, bis die 90 Minuten, die sich anfühlen wie eine ganze magische Nacht, verstrichen sind. Dann erst löst sich die Spannung, doch da führt die Kamera wieder aus dem Saal und bereitet den Abspann vor. Die Dialoge, mal aus einem Drehbuch rezitiert und dann nahtlos doch wieder zu Metadiskussionen transferiert, stecken voller Raffinesse, wirken so einfach und erweisen sich am Ende doch als so komplex – eine Form, die schließlich auch der Film als solcher annimmt.
Auch wenn ich in Unkenntnis der Romanvorlage oder etwaiger anderer Verfilmungen das Gefühl habe, dass mir eine Menge Anspielungen entgangen sind, so steht doch das Gefühl, einen der besten Filme des Jahres gesehen zu haben, eine noch intensivere, konzentriertere Ausarbeitung des ohnehin schon vorzüglichen „Gott des Gemetzels“. Chapeau dafür.
:liquid8: ,5

Bounty Killer
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Eine temporeiche Actionsause im B-Format mit Mad-Max-Look, unterhalten von gut aufgelegten Schauspielern der 2. Reihe, da wird man schon reich beschenkt mit Kristanna Loken,Beverly D’Angelo, Abraham „Kubiak“ Benrubi und natürlich dem Cameo von Gary Busey, und alle sind sie super aufgelegt. Christian Pitre kann sich in ihrem Dress mit Krankenschwester-Anleihen in der Hauptrolle durchaus sehen lassen und ist bei weitem sexier als alle sechs Titten von „Bitch Slap“. Die Handlung schreitet impulsiv voran, immer geführt von total bekloppten Ideen wie ein Wohnmobil, das wie eine Kutsche betrieben wird, nur mit Motorrädern statt Pferden. Dass die Effekte dabei nicht immer ganz rund aussehen, verzeiht man da gerne, insbesondere insofern die Produktionswerte an sich stimmen – das Ganze sieht wesentlich teurer aus als es tatsächlich gekostet haben muss. Hervorzuheben ist ansonsten vor allem der Humor, der nicht einfach nur auf Hysterie setzt, sondern sich auch mal stille Momente gönnt und gerade hier den größten Witz transportiert (ich sage nur „Bürorenovierung“). Unbedingt sehenswert.
:liquid7:

Die Haut, in der ich wohne
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Schwer zu glauben, dass Pedro Almodóvar einen derart inkonsistenten, gerade dadurch aber so besonderen Genrebastard gedreht hat. Eine visuelle Trägheit legt sich über unvorhergesehene Stimmungswechsel und Plotwendungen nieder. Der spanische Regisseur spielt mit Zeitebenen und erzeugt durch relativ geringen Aufwand einen emotional aufwühlenden Twist nach etwa der Hälfte der Spielzeit, hat seine Munition bis dahin aber noch längst nicht verschossen, sondern baut darauf überhaupt erst den Hauptakt auf. Mag man es Science Fiction nennen oder Melodram, Thriller oder Horror, Komödie oder Kunstfilm, Recht hätte man wohl mit alldem. Die Übergänge zwischen den einzelnen Sequenzen sind zu alldem auch noch (bewusst?) holprig montiert und auch optisch unschön, was das Ganze sogar zum Trash macht. Wie etwa passt ein verrückter Krimineller im Leopardenkostüm ästhetisch in den Film? Fragen wie solche stellt sich Almodóvar gar nicht erst, er baut die Szenen einfach ein. Antonio Banderas ist genau der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt für eine solche Sache, er wandelt unbekümmert durch die Staffage, als sei es das Natürlichste der Welt. Ein Film, der außerhalb jedweder Konkurrenz läuft.
:liquid7:

Seelen
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Da denkt sich Stephenie Meyer eine ganze Alienrasse aus, versucht, eine invasive Art von Intelligenz zu beschreiben, ihren Ausbreitungsdrang, grast die gesammelte Paranoia-SciFi-Literatur der 50er ab, betreibt einen Riesenaufwand, um sich von der eigens in Gang gesetzten Vampir-Werwolf-Welle zu distanzieren, und wofür? Für einen Seelenporno! Dieses ganze Universum steht im Dienste des Töpfchen-finde-dein-Deckelchen-Spiels, und solange nicht auch die letzte Seele ihr Äquivalent gefunden hat, kann der Abspann nicht laufen.
Nicht, dass es originell wäre, ein Buch zu schreiben bzw. einen Film zu drehen über Aliens, die Menschenkörper besetzen, eine gewisse Komplexität vor allem auf der emotionalen Ebene kann man „Seelen“ trotzdem nicht absprechen. Zwar klingen die Off-Dialoge der Gefangenen im eigenen Körper und ihr Dialog mit dem Besatzer mitunter banal und unnatürlich, doch die Grundidee hat durchaus ihren Reiz. Dieser kann immerhin eine Zeit lang gehalten werden, auch wenn er gegen die behäbige, ereignislose Handlung, wie man sie schon aus den „Twillight“-Filmen kennt, ankämpfen muss. Am Ende jedoch, als die Philosophie der Autorin preisgegeben wird, fällt alles wie ein Kartenhaus in sich zusammen und die Handlung entpuppt sich als romantische Fantasie einer Träumerin, keinen Deut besser oder schlechter als einige Männerfantasien, die in der Vergangenheit gedreht wurden.
Da kann man wenigstens froh sein, dass eine Saoirse Ronan die Hauptrolle spielt, die Kristen Stewart in allen Belangen überlegen ist und mit ihrer kühlen Melancholie für Lichtblicke gesorgt, die von der starken Vaterfigur (eine der wenigen konstanten Stärken der Meyer-Verfilmungen) William Hurts vervollständigt wird.
:liquid4:

Duell in Diablo
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Harter und spannender Western mit vielen Qualitäten und nur wenigen Schwächen eines B-Movies: Erzählerisch nichts aussparend, dennoch dynamisch gefilmt, nimmt sich Ralph Nelson konsequent der schwarz-weiß-roten Rassenproblematik an, besetzt mutig Sidney Poitier in einer charakterstarken Zugrolle und auch gerade die Indianer sind nicht nur irre Wilde, sondern werden mit Sorgfalt charakterisiert. James Garners weitere Co-Stars wie Dennis Weaver und Bibi Andersson steigern den Wert des Films zusätzlich Sehenswert, auch wenn manchmal der Fokus zwischen der Thematisierung persönlicher Vergeltungsschläge und größerer Konflikte verschwimmt.
:liquid7:

Passion
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Weit abgeschieden vom Festland erzählt Ingmar Bergman im dritten Teil seiner Insel-Trilogie nach „Die Stunde des Wolfs“ und „Schande“ von einer Lebensgemeinschaft zwischen zwei Menschen, die, obwohl sie sich in Bitterkeit entwickelt, eigentlich schon von Beginn an kühl und fast argwöhnisch dargestellt wird. Im Mittelpunkt stehen Menschen, die mit der Einsamkeit stärker verbunden sind als miteinander und diese Erkenntnis auf die harte Tour lernen müssen. Beileibe allerdings ist „Passion“ kein Film, der vollkommen auf die Hauptfiguren konzentriert bliebe wie später etwa „Szenen einer Ehe“; tatsächlich nimmt das Umfeld, das vom unsichtbaren Bösen in Form eines Tierschänders heimgesucht wird und Rachsucht bei der Inselbevölkerung auslöst, einen enormen Einfluss auf die Personenentwicklung. Szenen wie jene, in denen die getöteten Schafe in eine Grube geworfen werden, sind von höchstem Symbolwert geprägt. Mittendrin bricht Bergman den Filmrahmen brutal auf, indem er Liv Ullman, Max von Sydow, Bibi Andersson und Erland Josephson über ihre eigenen Rollen in kurzen Interviews als Schauspieler reflektieren lässt – ein filmtheoretischer Meta-Akt, der die Distanz zur Handlung noch weiter erhöht.
:liquid8:

Rush
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Da hat sich Ron Howard jeden Respekt verdient. Der Rivalität zwischen James Hunt (Chris Hemsworth) und Niki Lauda (Daniel Brühl) gewinnt der Regisseur, der gerade noch Vince Vaughn und Kevin James durch „Dickste Freunde“ gejagt hatte (?!?), so vieles ab – er portraitiert den Bezug der Menschen in den 70ern zum Rennsport mit unglaublichem Einfühlungsvermögen und macht deutlich, welch radikalen Wandel die Formel 1 seither durchgemacht hat. Er treibt seine beiden Hauptdarsteller – auf ihre Art – jeweils zu Höchstleistungen. Er kreiert berauschende Bilder von den Rennen und ihrem Umfeld. Und er erschafft eine unfassbare narrative Balance. Wie leicht hätte man Lauda in das Korsett eines Filmbösewichts zwängen können, seine teutonische Disziplin und Arbeitswut zur Tugend der Bösen machen können und den Lebemann Hunt auf der anderen Seite zur Lichtgestalt erheben. Denn diese Ansätze werden durchaus sorgsam thematisiert. Lauda sei eine „Ratte“, deutet Hunt einmal an, doch der Film gibt sich die Mühe, eben gerade Laudas Motivationen zu analysieren und zu verstehen, was Brühls Rolle bei weitem zur dankbareren macht, denn seine Figur ist einfach noch interessanter. Aber dabei bleibt es ja nicht, das alleine scheint Howard nicht zu genügen, also erhebt sich die Dynamik zwischen den Rivalen zum Hauptthema, denn durch die imposante Charakterisierung Laudas profitiert wiederum auch Hemsworth’ Charakter, den man – das gilt auch umgekehrt – ebenso schnell zum oberflächlichen Macho hätte reduzieren können. Stattdessen geht er in der letzten Szene als das Enigma der schnellen Lebensweise tiefer in den Fokus der Kamera hinein, entschwindet langsam aus dem Vordergrund, ohne dass man weiß wohin, während Lauda weiterhin von seinen Obsessionen getrieben wird.
Ein Charakterdrama von ungeahnter Tiefe, mit nur einem Nachteil: Es muss fortan schrecklich banal wirken, wenn man ihn mit Kai Ebel am Streckenrand stehen und in die RTL-Kamera sprechen sieht.
:liquid8:

The Walking Dead – Season 3
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Das Beste, was die Endzeitserie bisher zu bieten hatte, liegt im ersten Drittel der dritten Staffel. Die Eroberung des Gefängnisses ist Überlebenskampf in all seiner Zweckgerichtetheit, und die Ironie, dass die Gitter nicht mehr Freiheit rauben, sondern sie gewähren, wird dankend zur Kenntnis genommen. In der gewollten Pointenlosigkeit erreicht „The Walking Dead“ hier neue gesellschaftsphilosophische Bereiche, denn letztendlich erscheint es vollkommen irrelevant, wo und wie man seine Tage durchsteht, in der Konsequenz ist jede Minute des Daseins der Überleben eine Minute in Gefangenschaft. Insofern wäre „The Prisoners“ ein ebenso guter Titel für die Serie gewesen, und das nicht nur in unmittelbarer Nähe des Gefängniskomplexes, dessen triste Blockwände spannende neue Szenarien aufbieten können.
Kritischer ist dagegen die Darstellung der Überlebenden-Kleinstadt im Mittelteil und der an Schach erinnernde Wechselschnitt zwischen beiden Handlungsorten im letzten Teil der Staffel zu bewerten: Zwar überzeugt die Grundidee, auch weil sie den Menschen endgültig als größtes aller Monster entlarvt und weil die inzwischen sehr vertrauten Charaktere sich durch die Drucksituation entwickeln müssen (und das nicht immer zwangsläufig in eine positive Richtung), was die Gruppendynamik immer wieder in unvorhergesehene Bahnen treibt. In der Umsetzung hapert es dann leider ein wenig. Sobald der General (David Morrissey) auf den Plan tritt, verliert die nunmehr immerhin auf 16 Episoden angewachsene Staffel ein wenig ihre Dichte und holpert so ein bisschen von einem Ereignis ins Nächste, bevor das Ende der Season, das eigentlich dank diverser Western-Elemente auf einen großen Showdown hinauszielte, relativ ereignislos verpufft, ganz anders noch als in der zweiten Staffel. Aber gerade weil eben auch mal dramaturgische Formeln nicht bis zum Ende ausgereizt werden, sondern immer wieder der dumme Zufall dazwischen kommt, behält sich das Konzept ja auch irgendwo wieder seinen Reiz.
:liquid7:

How I Met Your Mother – Season 7
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Heiraten, Kinder, Familiengründung bedroht Freundeskreis, bla. Das Identifikationspotenzial hat die New Yorker Yuppie-Bande für mich längst verspielt (wenn ein solches denn überhaupt jemals da war), gerade in Liebesdingen (und davon handelt die Sitcom natürlich in erster Linie) handeln die Figuren oft dermaßen unreif und unsympathisch, dass ich ihnen alles Pech der Welt wünsche. Um die Serie also weiterhin halbwegs mögen zu können, habe ich mich dazu entschlossen, Ted, Marshall, Barney, Lily und Robin nur noch als Strichmännchen mit karikaturistischer Strichführung zu betrachten. Dann, ja dann macht auch die siebte Staffel noch Spaß. Barneys Krawattenodyssee als Fortführung der Reihe ikonischer Gegenstände vom blauen Horn bis zum gelben Regenschirm, die unermüdlichen „Wait For It“-Variationen, Teds durchaus vorhandene Witzigkeit wie von einem amphetaminisierten Backenhörnchen, wenn er eben gerade mal nicht Trübsal bläst, sondern als schräge Type in Erscheinung tritt Robins Kanada-Ticks und Marshals und Lilys Pärchen- und bald eben Familienlogik, die Drehbuchautoren verpacken nach wie vor gelungene Gags in diese Gerüste und spielen auch weiterhin folgenweise mit Regie-Kabinettstückchen, diesmal in Form einer tarantinoesk zeitlich und räumlich rückwärts laufenden Short-Story-Folge. Originell im Detail, zunehmend innovationsloser im emotionalen Kern – „How I Met Your Mother“ läuft endlich auf sein überfälliges Ende hinaus. Wait For It…
:liquid6:


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Beitrag von SFI » 18.06.2014, 17:18

Es muss fortan schrecklich banal wirken, wenn man ihn mit Kai Ebel am Streckenrand stehen und in die RTL-Kamera sprechen sieht.
:lol: Zum Glück rennt der ja als MOF durch die Gegend und Lauda hängt eher mit Florian König ab. :wink:
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Beitrag von gelini71 » 18.06.2014, 18:28

Zum Glück bleibt mir als SKY Seher der blöde Ebel erspart :lol:
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

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Beitrag von Vince » 08.07.2014, 19:10

Epic
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Da kann man mal sehen, was neue Impulse so alles bringen. Während sich 20th Century Fox’ Animationsabteilung mit ihrem Zugpferd „Ice Age“ seit geraumer Zeit einen abwürgt, gelingt ihnen mit „Epic“ unerwartet einer der stärkeren Animationsfilme dieser Tage, der auch Pixar in deren aktueller Form in die Schranken verweist. Die Story um einen Mikrokosmos inmitten unserer Natur wirkt frisch, die Erzählweise ist flott und setzt doch nicht nur auf Spektakel. Vor allem aber der Blickwinkel ist es, der begeistert: Chris Wedge (der eben auch für „Ice Age“ verantwortlich zeichnet) befördert den Zuschauer in eine Art Froschperspektive, d.h. auf das kleine Volk im Gras schaut er hinab, während die ahnungslosen „normalen“ Menschen im Film über ihm schweben, ahnungslos, was da auf dem Boden alles so wuselt. Diese besondere Perspektive lässt „Epic“ nun nicht gerade episch, aber doch andersweltlich erscheinen, womit der höchste Zweck des Filmes auch schon erreicht wäre: Er entführt in ein Paralleluniversum, das zum Staunen anregt.
Darüber hinaus ist die Handlung sehr verständlich umgesetzt, ohne dass ihr die Komplexität im Inneren abgehen würde. Auch in Sachen Pacing ist der Film sehr ausbalanciert, kein Vergleich zur überfrachteten „Ice Age 4“-Achterbahnfahrt. Es gibt Tempo und Spektakel, aber zwischendrin ist immer zur rechten Zeit Platz für die noch unverbrauchte Geschichte. Weniger gefallen hat mir allenfalls das Design der Charaktere, die irgendwie puppenhaft dargestellt sind, fast wie botanische Spielzeugsoldaten.
:liquid7: ,5

Tropa de Elite
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Lässt leider durch seinen semidokumentarischen Ansatz die Spannung eines „City Of God“ vermissen. Die Handlung wirkt zerfahren, streut sich in alle Winde und betrachtet das Sujet wie durch zufällige Blicke in die tiefsten Winkel brasilianischer Kriminalität. Das hat allerdings den Vorteil, dass „Tropa de Elite“ wirklich mit dem höchsten Maß an Authentizität auffahren kann. Dem Realismus als oberster Prämisse hat sich eben auch der Unterhaltungswert unterzuordnen, allerdings, das muss man schon sagen, die Tragik der Geschehnisse kommt dennoch oder gerade deswegen zum Tragen. Unbequem, nicht immer mit dem Fokus am rechten Platz, aber trotz der distanzierten, unnahbaren Bilder auf seine Weise durchaus intensiv.
:liquid7:

Grave Encounters 2
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« Grave Encounters » war doch eigentlich ein ganz brauchbarer Horrorstreifen, wieso hat der so ein mieses Sequel nötig? Nicht nur wird das Original als Film-im-Film in die fiktionale Handlung gebettet und nebenbei quasi zum Meilenstein verklärt (trotz oder sogar weil auch einige der mitspielenden Hirnis sich darüber auslassen, wie scheiße der Film eigentlich ist), nein, es muss auch noch der Found-Footage-Ansatz immer wieder mit amateurhaften Aufnahmen eines Horrorfilms aufgebrochen werden, der gerade innerhalb der Filmhandlung gedreht wird. Mit der ganzen Meta-Kiste soll wohl die Doppelbödigkeit des letzten Drittels vom ersten Teil erfasst werden, tatsächlich kommen diese Versuche aber als genau das rüber, was sie sind – ein armseliges Häufchen Elend. Gegen Ende geht dann ein bisschen die Post ab, aber es gibt auch hier einfach zu wenig Monster und kranke Ideen; stattdessen ein unpassender CGI-Strudel am Ende, der mal wieder sinnbildlich für die kreative Ohnmacht diverser Horror-Sequels steht.
:liquid3:

Fando Y Lis
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Mit seinem Spielfilmdebüt (vorher gab’s nur den Kurzfilm „Die Krawatte“) hat Jodorowsky bereits so ziemlich jede Instanz gegen sich aufgebracht, die hinter freier Kunst das potenzielle Verderben vermutet. Denn „Fando Y Lis“ nutzt die künstlerische Freiheit in vollen Zügen aus. Setzt surrealistische Gebilde in die Reise ohne Ziel und verstört mit irritierenden Bildschnitten, schockiert mit religiöser Symbolik in ketzerischen Kontexten, Sexualität (auch mit Konnotationen der Homosexualität und der Travestie) und körperlicher so wie psychischer Gewalt, verschiebt das soziale Gleichgewicht der Charaktere zueinander und lässt so permanente Unsicherheit im Raum schweben. Der in schwarzweiß gedrehte Film, der visuell auch in Konkurrenz zu Werken von Fellini stand, wird in starken Kontrasten präsentiert und lässt das von Fando und Lis bereiste Ödland bedrohlich und schattenhaft wirken. Bunuels / Dalis „Andalusischer Hund“ erweist sich letztlich als offensichtlichste Inspirationsquelle; so reicht unter anderem Jodorowsky den Surrealismus an eine neuere Generation weiter. Die relevanteren Werke hat der Regisseur später mit „El Topo“ und „Montana Sacra“ nachgereicht, ähnlich wie David Lynchs „Eraserhead“ eignet sich „Fando Y Lis“ aber besonders, um die Essenz des Regisseurs in seiner rohsten Form zu erkennen.
:liquid8:

Ender’s Game
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Eine Story gewiss nicht ohne Reiz (allerdings schreit sie verräterisch geradezu von den Dächern, dass sie einem Roman entnommen wurde), wenngleich sich die Schockwirkung des Twists aufgrund der medialen Eigenschaften des Films (dramaturgischer und laufzeittechnischer Natur) sehr in Grenzen hält; so etwas funktioniert dann doch eher in Romanform, erst recht, insofern die Konsequenzen des Twists nur oberflächlich angerissen werden. Visuell macht „Ender’s Game“ eine sehr gute Figur, die – wenn auch sehr distanziert eingefangenen – Himmelsschlachten sind kleine Kunstwerke bildfüllenden Schwirrens, Schießens und Explodierens. Nur die gelegentlichen Traum- bzw. Visionssequenzen sehen allzu sehr nach Videospiel aus, auch wenn bewusst eine gewisse Befremdlichkeit und Abstraktheit in diese Szenen getragen werden sollte. Der junge Hauptdarsteller ist immerhin schon mal kein Jayden Smith, von einer wirklich starken Leistung ist er allerdings auch noch ein Stück entfernt – was auch für sämtliche jüngere Co-Akteure gilt. Wie gut, dass man einen erfahrenen Mann wie Harrison Ford im Aufgebot weiß, der dann im späteren Verlauf auch noch von Ben Kingsley unterstützt wird, die Beiden retten durch ihre zynischen Auftritte so manche Kohle aus dem Feuer. Insgesamt ein nettes Gedankenspiel in durchgestylten Bildern, allerdings mit vielen strukturellen und inhaltlichen Schwächen. Noch
:liquid5:

Only Lovers Left Alive
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War doch eigentlich klar: Wenn Jim Jarmusch einen Vampirfilm macht, ist das immer noch ein Jim-Jarmusch-Film. Die Figuren treiben durch ihren Alltag – wie immer. Sie verschmelzen mit der Stadt, durch die sie geistern – wie immer. Sie finden poetische Worte für das Gewöhnliche – wie immer. Der Regisseur nutzt diesmal die Gelegenheit, die klassische Unsterblichkeitsprämisse für die Nostalgie einzusetzen, Nostalgie für die Kunst und das menschliche Vermächtnis, hier insbesondere für die Musik, die richtiggehend zelebriert wird, wenn hunderte Jahre alte Gitarren von den Vampiren durch reines Abtasten mühelos erkannt und perfekt beschrieben wird, und wie reizvoll ist es anschließend, in den kalten, leeren Vampirgeschichtern die Euphorie, wenn nicht gar Liebe für das Alte und Handgemachte zu entdecken. Ein Film mit hervorragender Ausstattung und ebensolchen Sets und Darstellern, so greif- und erlebbar wie altes Vinyl.
:liquid8:

Die Tribute von Panem – Catching Fire
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Sicherlich betet die Fortsetzung zur erfolgreichen Buchverfilmung die Regeln für anspruchsvolle Sequels geradezu herunter, kann damit aber auch nicht die vielen Schwächen herunterspielen, die schon den ersten Teil plagten. „Catching Fire“ rezitiert vor allem alte Gladiatoren- und Sklavenfilme wie „Ben Hur“ ausgiebig, zerfällt dabei aber sichtbar in zwei Teile und kann weder die erzählerische Komplexität noch den Bombast der großen Epen aus den 50ern und 60ern aufrufen. Die dialoglastige erste Hälfte bemüht sich um vielschichtige Charakterisierung des im ersten Teil vorgestellten Gesellschaftssystems und verteilt den Blickwinkel sorgfältig auf mehrere Perspektiven, die mediale (vorgaukelnde) ebenso wie die persönliche (ehrliche). Dann geht’s auf die Insel und die dystopischen Elemente verdunsten zu SciFi-Abenteuer-Action, wie es sie eben auch im ersten Teil gab und wie es der Zuschauer auch irgendwo erwartet. Das ist alles gut (wenn auch mitunter künstlich) gemacht, einen zugkräftigen Star hat’s auch in der Hauptrolle und die hochkarätigen Nebenrollen veredeln die Peripherie, aber all das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte als solche einfallslos wirkt. Das ist wohl schon der Vorlage anzudichten, dem Film aber ebenso anzukreiden. Bei Gefallen des ersten Teils aber durchaus weiterzuempfehlen.
:liquid6:

Betas – Season 1
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Amazon präsentiert: Ein Produkt aus der Marketingabteilung. Millionen von Hangover- und Big-Bang-Theory-Fans wurden auf ihr Konsumverhalten hin analysiert und „Betas“ ist das, was als gewünschtes Produkt aus dem Analys-O-Maten purzelt. Eine weitere Serie über das Neo-Gesellschaftsphänomen um Nerds bzw. Geeks und ihre Macken, hier mit eher unsympathischen Repräsentanten in der Hauptrolle. Das Humorverständnis von „30 Rock“ gestohlen, die Grundidee bei Finchers „Social Network“ (oder auch direkt bei Zuckerberg) und Jon Daly ging in die Lehre bei Zach Galifaki…faka… ach fuck you. Man sieht, sonderlich sympathisch ist mir die Webserie nicht unbedingt, allerdings muss man die Qualität der gewitzten, den Nagel auf den Kopf des Zeitgeistes treffenden Drehbücher trotzdem anerkennen; der übergreifende Handlungsbogen wird nach elf Episoden sauber zu einem runden Ende gebracht und zwischendrin gibt’s jede Menge Seitenhiebe auf alles und jeden. Das macht’s mir aber trotzdem nicht sympathischer.
:liquid5:

Justified – Season 2
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Insgesamt dichter und spannender als die erste Staffel, weiß die zweite vor allem mit einem guten Gegenpol zum schießwütigen Gesetzeshüter aufzubieten. Gerade Jeremy Davies, in Staffel 1 noch ein wandelndes Comic Relief, profitiert sehr davon, ebenso wie Margo Martindale. Der Mainplot fesselt bis zum dramatischen Ende, und ihm wird auch ein wenig die Prägnanz der Plots-of-the-Week geopfert. So hat Givens es zwar auch immer mal wieder mit neuen Szenarien zu tun, allerdings immer mit dem großen Ganzen im Hinterkopf. Ansonsten ist „Justified“ weiterhin altmodisches Krimi-Entertainment mit Texas- und Kleinstadtflair, voller Cowboys und Ladies, die gerettet werden wollen.
:liquid6:

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Beitrag von StS » 08.07.2014, 19:15

Deine Meinung zum JJ-Streifen kannste ja auch im entsprechenden Thread posten - und bei den Hungerspielen auch. :wink:

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Beitrag von Vince » 08.07.2014, 19:28

Oha, sind mir gleich zwei durchgerutscht... habs nachgetragen. ;)

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Beitrag von StS » 08.07.2014, 19:30

:yeah: :wink:

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Beitrag von SFI » 09.07.2014, 08:43

Betas fing ich auch vor paar Wochen mal an, sehe ich genauso wie du, habs aber nicht bis zum Ende ertragen. Auch Justified habe ich nach ein paar Folgen abgebrochen, ziemlich lausige Serie, die eher in die 80er Serienlandschaft passt. :lol:
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Beitrag von Vince » 11.07.2014, 15:32

SFI hat geschrieben:Auch Justified habe ich nach ein paar Folgen abgebrochen, ziemlich lausige Serie, die eher in die 80er Serienlandschaft passt. :lol:
Eigentlich ja eher 90er, diese ruhige Cowboynummer aus der Kleinstadt passt eher zu Walker, Texas Ranger als zu Knight Rider. ;)

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Beitrag von Vince » 19.07.2014, 14:56

The Machine
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Erstaunlich, zu welch eindrucksvollen Bildern dieser eigentlich im Kleinen gedrehte Film imstande ist. Obwohl nachvollziehbarerweise eher munter zitiert als neu erfunden wird, sind die Produktionswerte beeindruckend und vor allem werden die Bilder durch raffiniertes Licht- und Schattenspiel, den Einsatz von Lens Flares und perspektivische Experimente stark aufgewertet. Chapeau hierfür, weniger dann für das Drehbuch: Ärgerlich, dass die eigentlich philosophisch so anregende Thematik so löchrig und unausgereift präsentiert wird. Hier wurden im Grunde zehn ambitionierte, für sich genommen sehenswerte Kurzfilme zu einem mittelmäßigen Spielfilm verknüpft, hier und da aber mal eine Masche ausgelassen, so dass man immer wieder unschön auf Ansätze trifft, die nicht zu Ende gedacht wurden. Ärgerlich, denn die Machart zeugt schon von ambitioniertem Filmemachen, das letztlich aber an den eigenen Ansprüchen scheitert.
:liquid5:

Das gibt Ärger
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Klassische Dreiecksnummer, die genetisch eigentlich der RomCom-Kiste entspringt, aber McG ist der Mann auf dem Regiestuhl, und so wird dann außerdem noch so etwas wie eine Actionkomödie draus. Dass der Film später auch mit „Knight & Day“ als Double Feature verkauft wurde, macht absolut Sinn – in beiden Fällen sind ehemalige Hollywood-Schnuckel darum bemüht, sich noch ein letztes Mal unter Rückgriff auf selbstironische Tollpatschigkeit als Objekte der Begierde zu verkaufen, und der Action-Überbau steht sinnildlich für ein Feuerwerk zu Ehren frisch aufblühender Liebe. Entsprechend sprühen die Funken nicht in gewöhnlichen Situationen, sondern auf dem Drahtseil, in einer Schießerei oder vor einem Abgrund. Die Kontrahenten, in diesem Fall Tom Hardy und Chris Pine, neutralisieren sich zum Vergnügen des Zuschauers mit ihren Spezialfähigkeiten gegenseitig. Ihr Casting gehört zu den Gelungenheiten des Films, da Beide nicht unbedingt dem klassischen Schönheitsideal entsprechen (vor allem Hardy nicht), sondern ihren Charme aus anderen Quellen holen. Im Anfangs- bis Mittelteil führt das zu manch köstlicher Situation, allerdings ist der Rahmen dann auch relativ schnell abgesteckt und die Unterhaltung wird durch das Vorwissen getrübt, dass alles nur brav in die üblichen Mündungen fließen kann, derweil sich Mrs. Witherspoon die quintessezielle Frage stellt: Wer darf’s denn am Ende sein? Zu leiden unter alldem hat Til Schweiger als notwendiges Baddie-Übel, der zwischenzeitlich vom Film sogar mal komplett vergessen wird. Grob unterhaltsam im Einstieg, aber auch sehr unrund und am Ende vor allem bieder und konservativ.
:liquid5:

Schande
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Der Krieg war in Bergmans Filmen immer ein Schemen am Horizont. Eine Sache, die ihn wenig anging, bis er in den 70er Jahren aus steuerlichen Gründen in Deutschland Asyl suchte und dort „Das Schlangenei“ drehte. In „Das Schweigen“ sieht man beispielsweise, wie ein Panzer in der Nacht durch die menschenleeren Straßen rollt. „Schande“ ist nun die Auseinandersetzung des Regisseurs mit seiner eigenen Passivität gegenüber dem Krieg, als er, bzw. seine beiden Hauptfiguren, das intellektuelle Paar aus Max von Sydow und Liv Ullman, gegen alle Wahrscheinlichkeit auf der kleinen Insel Fårö (die auch Schauplatz von „Passion“ und „Die Stunde des Wolfs“ ist) direkt mit dem Krieg konfrontiert wird. Bergman lässt nun seine meistanalysierte Konstellation, die stets von vornherein als brüchig dargestellte Ehe, an jenem Krieg zerbersten. Das Abstrakte, Unergründliche, das der Krieg in den Augen des Films darstellt, ergießt sich erbarmungslos über der vermeintlichen Idylle, die ohnehin aber schon keine ist, und lässt endgültig die Erkenntnis wachsen, dass sich selbst ein Land wie Schweden nicht vom Krieg ausnehmen kann. Ein so gesehen ungemein wichtiger Film über den Krieg, da er aus der wenig beleuchteten Sicht eines neutralen Landes erzählt wird.
:liquid8:

Fack Ju Göhte
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Generation Facebook hat jetzt auch seine Pennäler-Komödie, Heintje kann also endlich in Rente gehen. Die grelle Graffiti-Farben-Optik ist zwar reinste Anbiederung, aber tatsächlich schafft „Fack ju Göhte“ es, die rotzendoofe Jugendkultur entlarvend darzustellen, ihr aber trotzdem etwas Herzliches abzugewinnen und somit (und eben nicht nur wegen Uschi Glas) in die Fußstapfen der „Lümmel von der ersten Bank“ zu treten. Natürlich ist das Drehbuch dennoch ziemlich ziellos, die Liebesgeschichte aufgesetzt und überhaupt ist alles gelackte Oberflächlichkeit; einen wirklich guten Film bekommt man hier also erwartungsgemäß nicht zu Gesicht, aber doch ein paar gelungene Gags am Rande („schon ok, ich bin auch klug“) und einen Funken Charme zur rechten Zeit am rechten Ort.
:liquid6:

Traumstadt
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Eine bittere Parabel auf die Ellbogen- und Individualistengesellschaft mit maßlosen Ansprüchen an Selbstentfaltung. Ihr Ausgang steht zwar fest, sobald die Regeln feststehen, nach denen das Zusammenleben in der mittelalterlich wirkenden Kunststadt geordnet ist, aber Johannes Schaaf gelingt dennoch ein eindringlicher Blick in die Abgründe einer von den vermeintlichen Fesseln der industrialisierten Welt befreiten Gemeinschaft Selbstinszenierung und rücksichtsloses Verwirklichen der eigenen Persönlichkeiten wirken als gewaltige Kräfte in dem Isotop, das trotz der offenen Gebäude und einfach gebauten Straßen zunehmend klaustrophobischer Wirkung auf den Betrachter ausübt. Die Darstellung der Ereignisse mag durchaus realitätsfremd dargestellt sein, wie ein theoretisches Modell, zumal der langjährige Theaterregisseur seinem Metier entsprechend sehr viel Bühnenhaftes aus den Sets zieht; Entsprechend muss man die Buchverfilmung auch genau so annehmen, um Gefallen an ihr finden zu können.
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All Is Lost
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Minimalistische Ein-Mann-Stücke wie „All Is Lost“ gibt es aufgrund ihrer unkomplizierten, geradlinigen Realisierungsmöglichkeiten (meist wird nur ein Set benötigt und der Plot definiert sich vorwiegend über zufallsbasierte Ereignisketten) in großer Zahl, weshalb die grausamen Pointen des Schicksals, die Robert Redford auf hoher See ereilen, nur allzu bekannt erscheinen: Riesige Tanklaster, die ein kleines Boot nicht bemerken, das nur wenige Meter von ihnen entfernt im Wasser treibt, haben sich inzwischen fast schon zu Filmklischees ausdefiniert. Dementsprechend schwer hat es J.C. Chandors nahezu wortloses Survival-Drama (einmal wird leise das Wort „scheiße“ gemurmelt), auf direktem Wege oder zwischen den Zeilen einen Impuls zum Zuschauer zu tragen, den dieser noch nicht kennt. So hält man sich vorwiegend an Robert Redfords physisch starker Leistung fest, der hervorragend eine Figur verkörpert, die weder in einen sozialen Kontext eingebunden ist (da keine weiteren Akteure beteiligt sind) noch in eine psychologische Selbstreflexion gerät (daran ist der Film nicht interessiert), sondern rein auf den Überlebenskampf fixiert ist. Da man auch über die Hintergründe der Figur nichts erfährt, ist Redfords Figur ein großes Enigma und des Filmes größter Trumpf, denn hierdurch wird überhaupt erst die essenzielle Frage danach gestellt, was es sein mag,d as diesen Menschen so sehr um sein Überleben kämpfen lässt.
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Oldboy
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Als kontrast- aber nicht allzu geistreiche Übersteigerung des Originals liefert Spike Lee durchaus einen sehenswerten Film mit Pulp-Charisma, er muss sich aber natürlich die Frage stellen lassen, inwiefern sein Remake die Welt wirklich bereichert. Josh Brolin ist als Choi-Min-Sik-Nachfolger auf den ersten Blick gut getroffen, aber dazu verdammt, dessen Eigenarten zu imitieren wie ein Stuntman den eigentlichen Star, derweil Sharlto Copley auf der Gegenseite enorm chargiert – und mit seinem Gestrampel doch nicht dazu in der Lage ist, die Sahne zu Butter zu verwandeln. Kraft- und aussagelos nimmt die tragische Geschichte ihren Lauf. Szenen wie die Massenprügelei verraten die Halbherzigkeit, mit der zu Werke gegangen wurde, andere beschäftigen sich lediglich mit Bildkomposition und Farben. Keine Vollkatastrophe, kann man sich aber im Grunde sparen, wenn man die koreanische Variante schon kennt.
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Bad Grandpa
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Relativ schwacher und vor allem inkonsequenter Versuch, die “Jackass”-Clips in ein Handlungsgerüst zu packen. Kameratechnisch bleibt die Knoxville-Opashow der Stunt-Serie treu, inklusive SloMo-Wiederholungen besonders pikanter Kawumms-Momente, was stilistisch gar nicht passt, wenn auf der anderen Seite ein Road Movie erzählt werden soll, das immer wieder durch kleine Zwischenepisoden gestreckt und somit überhaupt erst auf Spielfilmlänge gebracht wird. Der Junge ist immerhin ganz knuffelig und macht jeden Scheiß mit im Wissen, dass hinter ihm ein Filmteam steht, dessen Humorniveau bekanntermaßen demjenigen eines Achtjährigen in etwa ebenbürtig ist. Ein paar gute Gags sind dabei, insgesamt ist die Kiste aber zu sehr auf Provokation aus, und das funktioniert nach „Borat“ einfach nicht mehr so gut wie vor „Borat“.
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Picknick am Valentinstag
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Ein Director’s Cut ist in der Regel gleichbedeutend mit einer längeren Filmfassung, weil der Regisseur dem Zuschauer gewisse Szenen nicht vorenthalten will, die aus meist kommerziellen Gründen aus dem Film geschnitten wurden. Es ist exemplarisch, dass Peter Weirs Director’s Cut seines „Picknick am Valentinstag“ den umgekehrten Weg geht und gegenüber der Kinofassung noch viele Minuten kürzt: Sein Mystery-Film wird zum Meisterwerk, weil er konsequent bis zum Schluss einen Überschuss an Erklärung und Information verweigert. Eine Selbstdisziplin, die im zeitgenössischen Kino längst ins Reich der Legenden und Mythen gereicht wurde. In weichgefilterten, traumartigen Bildkompositionen stellt Weir den Hanging Rock als uralte, bedrohliche Wand dar, die Menschen einfach so verschluckt. Dabei spielt er unentwegt mit Metaphern über die Zeit, die Unschuld und sexuelles Erwachen. Ein offensichtlicher Wegbereiter für David Lynchs „Twin Peaks“, in seiner Unerklärlichkeit erschütternd und faszinierend.
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The Nines – Dein Leben ist nur ein Spiel
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Das Drehbuch verspricht einen komplexen, in dieser Art selten gesehenen Genre-Mix irgendwo zwischen Mystery, Komödie, Psychothriller, mikrokosmischer Satire und Mockumentary und damit eine vergleichsweise neue Filmerfahrung, die wohl auch aus dem journalistischen Hintergrund des Autoren John August geboren wurde. Da ist es beinahe schon als tragisch zu bezeichnen, dass August sein Drehbuch diesmal unbedingt selbst verfilmen musste, denn als Regisseur scheint ihm jegliches Talent zu fehlen. Die von ihm gebotenen Einstellungen sind langweilig und haben die Anmut einer TV-Produktion fürs Nachmittagsfernsehen, die Szenen- und auch Kapitelübergänge der dreiteiligen Geschichte erscheinen holprig, der Schnitt notdürftig und unbeholfen. Ryan Reynolds wähnte sich wohl endlich mal wieder in einem anspruchsvollen Projekt, wird aber unvorteilhaft inszeniert, und über die Eignung seiner Co-Stars kann man ebenfalls geteilter Meinung sein (insbesondere bezogen auf Melissa McCarthy). Dass so großes Potenzial so einfach an handwerklichen Barrieren scheitern kann, ist beinahe beunruhigender als der Plot.
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Beitrag von Vince » 26.07.2014, 19:47

Lang lebe Charlie Countryman
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Seit LaBoeuf „not famous anymore“ ist, dreht er Filme wie diesen, der in Bukarest spielt. Das zwecklose Ziel bringt das zeitgemäße, im Drogenlook stilisierte Liebesdrama auf den Weg; im Grunde geht es darum, nach einer schweren Zeit um jeden Preis den Arsch hochzukriegen, egal welche Konsequenzen das Handeln nach sich zieht. Natürlich wird ein Film mit dem (originalen) Titel „The Necessary Death Of Charlie Countryman“ von einem düsteren Omen beschwert und es dauert auch gar nicht lange, da findet sich Charlie in einem verwirrenden Strudel aus Liebe, Drogen und Kriminalität wieder, den er aber ganz unbekümmert annimmt. Die rumänische Hauptstadt flimmert und pulsiert geradezu vor Leben, das Nebeneinander hoher Künste und tiefer Räusche wird, wenn auch aus amerikanischer Perspektive recht klischeehaft, sehr faszinierend dargestellt. Und was den Cast angeht: Neben dem einmal mehr brillanten Mads Mikkelsen kann tatsächlich auch Shia LaBeouf eine beeindruckende, sehr physische Leistung abrufen, was ihn durchaus bestätigt, wenn er Hollywoods Mainstream Lebewohl sagt.
Nur die Story, so sehr auch versucht wird, sie als frisch und neu zu verkaufen, gewinnt keine Originalitätspreise – hier sind klare Abstriche zu machen, denn je mehr die Verpackung schreit, dass es so was noch nicht zu sehen gab, umso deutlicher fällt auf, wie oft man das tatsächlich schon gesehen hat.
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Passion
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De Palma liefert nochmal einen klassischen De Palma: Verführung, Misstrauen, Verleumdung in Szene gesetzt mit Split Screens, Vertigo-Shots, Traumsequenzen und einem schrillen Score. Hitchcock wird mal wieder in jeder Szene zitiert, wobei es inzwischen fast schon eher Selbstzitate sind, da der Regisseur längst seinen Platz als Pulp-Ausgabe des „Master Of Suspense“ in den Annalen der Filmgeschichte sicher hat. Das europäische Setting und der – abgesehen von Rachel McAdams – europäische Cast soll diesen besonderen Touch des Verruchten verströmen. Eigentlich ist es ein Film, der den Zuschauer verunsichern soll, von den charakterlichen Hakenschlägen der von Noomi Rapace gespielten Hauptfigur bis hin zur Inszenierung der Schlüsselmomente, insbesondere des gialloesk inszenierten Mordes. All das widerspricht den normalen Thriller-Sehgewohnheiten und sorgt so für oberflächliche Spannung, im eigenen Oeuvre und demjenigen Hitchcocks und seines Vermächtnisses ist all das aber natürlich kalter Kaffee, der im überhasteten Finale dann doch irgendwie noch zu heiß getrunken wird – das ist zu berücksichtigen bei der Einordnung eines ansonsten gelungenen Thrillers rund um Karriere und Eifersucht.
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Toxic Avenger 2
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Konsequent doofe Fortsetzung des Trashklassikers “Toxic Avenger“, obwohl dessen subversive Kraft nicht reproduziert werden kann, was auch daran liegen mag, dass in der Verwandlung des Pimpfs zum mutierten Rächer mehr Potenzial liegt als im Erhalt des Superheldenstatus. So setzt der zweite Teil alles daran, den Blick über Tromaville hinaus schweifen zu lassen und konfrontiert seinen Titelhelden mit dem fernen Osten, weil es dort gilt, einer ominösen Firma auf die Schliche zu kommen, die in Tromaville Chaos angerichtet hat. Kabukimänner, Ninjas und nackte Asiatinnen sorgen für Klamauk und einen Anstieg des Blutzolls, wobei man von der Political Incorrectness des Originals wieder weit entfernt ist. Aus Sicht des Forums ganz interessant sein drüfte der erste Auftritt Michael Jai Whites, in dem er beweist, dass er seine Karriere durchaus auf Selbstironie aufgebaut hat, auch wenn man ihm das nicht immer ansieht.
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Die Stunde des Wolfs
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Trotz der dokumentarischen Einführung in den Film (wenngleich diese bei weitem nicht so dokumentarisch ausfällt wie in „Passion“, weil die Filmfigur und nicht die Darstellerin selbst zum Interview gebeten wird) gehört „Die Stunde des Wolfs“ zu den persönlichsten Arbeiten des Regisseurs, ganz einfach weil sie sich offensiv und ohne Rücksicht auf dramaturgische Geschlossenheit mit der Angst auseinandersetzt. Dazu bemächtigt er sich der Optik und Beleuchtung alter Universal-Horrorfilme, insbesondere „Frankenstein“ (wegen des burghaften Anwesens) und „Dracula“ (wegen der diabolisch starrenden Dämonen) kommen einem in den Sinn. Bergmans Horrorfilm-Zitaterie beschwört unheimliche Szenarien, die sich gerade im letzten Drittel zu einem Sog vermengen, wohingegen der Anfang noch ein typisches Beziehungsdrama verspricht, dessen Zusammenbruch mit kleinen Gesten der Liebe und Freundschaft nur verlangsamt, jedoch nicht aufgehalten wird – bis Bergman dann eben ganz bewusst die Kontrolle über die Fäden in seiner Hand aufgibt und Symbolik sich ganz auf den Film niederlegen lässt. Das macht „Die Stunde des Wolfs“ angreifbar für erzählerische Schwächen, die sich streng genommen durch den gesamten Film ziehen, aber wo immer sich Defizite bilden, gibt es in diesem Konstrukt auch einen Punkt, an dem besondere Qualitäten mit höchster Intensität entstehen. So gehört „Die Stunde des Wolfs“ zwar für das Gros der Kritiker und Zuschauer nicht zu den Sternstunden des Regisseurs, ich selbst würde ihn aber genau dort verorten, nicht als den besten, aber doch einen der besten seiner Filme.
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Dickste Freunde
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Ron Howard auf dem Regieposten, das deutet schon an, dass das hier mehr werden sollte als die typische harmlose Buddy-Komödie. Mehr ist aber mit Vince Vaughn und Kevin James in den Hauptrollen einfach nicht drin. Das Drehbuch zwingt ihnen untreue Ehefrauen, eine angespannte berufliche Situation und andere Schwierigkeiten auf, die den Ton verdunkeln, womit sich die Hauptdarsteller gar nicht wohlfühlen. Als Komödie ist „Dickste Freunde“ kaum zu gebauchen, lediglich Channing Tatums gelegentliche Auftritte sind amüsant, von Vaughn und James hingegen kommt nur Krampf. Insbesondere Letzterer tut sich sehr schwer damit, auch mal das gestresste Alphatier im Job zu geben, zumal nicht nachvollziehbar ist, weshalb er überhaupt zur Mitte hin in diese Rolle gedrängt wird, wo er doch zu Beginn noch wie üblich den Schüchternen mimt, der sich gegenüber Autoritäten schlecht verkaufen kann. Das bisschen Tiefe als Zugewinn gegenüber all den Sandler- und Stiller-Klamaukfilmen ist jedenfalls all die Mühe nicht wert, da sind nicht nur Jennifer Connely und Winona Ryder in eher undankbaren Nebenrollen verschenkt.
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Wolf Of Wall Street
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Die Unmoral und Obszönität dieses Films erschöpft sich keineswegs in der überlangen Laufzeit und den Orgien, die Scorsese in dieser Zeit unterzubringen versteht, sondern wird vor allem vom gottlosen Streben nach Geld und Macht ausgestrahlt. Zwischenmenschliches wird von der Hauptfigur geradezu verachtet und immer wieder als Schwäche ausgelegt. Scorsese setzt gerade früh genug an, um Jordan Belford am Scheideweg jener großen Frage zu treffen, welche Art von Mensch er werden soll. Die übrigen zweieinhalb Stunden entlarvt der Regisseur dann das Börsensystem als Perversion sondergleichen und stellt mit Vergnügen übermäßigen Reichtum, immer begleitet von der Überheblichkeit des Bessergestellten, normalen Lebensverhältnissen gegenüber. Entsprechend darf man sich kein erzählerisches Epos wie „Casino“ erwarten; dass „The Wolf Of Wall Street“ stundenlang eine Episode an die nächste reiht und jede davon im Grunde die gleiche Aussage in sich trägt, macht den Film überhaupt erst zu der Vollblutkomödie, die er ist. Szenen wie jene, in denen di Caprio mit Drogen vollgepumpt vom Country Club nach Hause fährt, unterstreichen, dass hier die Kräfte einer vollkommen anderen Welt walten, eine Welt aber, die man vielleicht mal ein paar Tage oder Wochen miterleben würde, in der man aber sicher nicht gerne gefangen wäre.
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Gangsters
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Historisches Familiendrama aus dem Gangster-Milieu, das zwar mit guter Ausstattung und guten Akteuren aufwarten kann (Scott Speedman ist sehr stark in der Hauptrolle, Kelly Reilly und Kevin Durand immer gern gesehene Gesichter), aber ein wenig an seiner sehr konservativen Erzählweise leidet. Das schneebedeckte Kanada wirkt in seinen ausgeblichenen Farben trostlos, das Tempo ist gemäßigt und Gefängnis- oder Überfallszenen sind nicht allzu selten vertreten in Dramen, so dass auch kaum besondere Momente erzeugt werden können. Langweilig wird es dennoch nie, eine Erstsichtung befriedigt aber vermutlich auf Lebenszeit.
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ABCs Of Death
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Apocalypse: Fiese Effekte an einem bettlägerigen Mann, der unverwüstlich scheint, rätselhafte Andeutung gegen Ende, die etwas länger hätte ausgearbeitet werden müssen, um einen tieferen Sinn zu erzeugen.
Bigfoot: Doofe Gruselnachtgeschichte für ein Kind, deren Pointe lediglich darin besteht, dass sie wahr wird. Langweilig.
Cycle: Ausgelutschtes schwarzes Loch sorgt für Zeitschleife. Hat man schon zu oft gesehen, sonst wäre es trotz der billigen Heimvideooptik ganz interessant.
Dogfight: Stark inszenierter Zeitlupenkampf Mann vs. Hund, der mit einer coolen Pointe abschließt. Fetzt!
Exterminate: Mann vs. Spinne kommt an die Vorgängerepisode nicht ran. Da wäre mehr drin gewesen als ein schlecht animiertes Spiderman-Exemplar und schiefe Blickwinkel auf die Räume des Apartments.
Fart: Schamlose Auslebung eines Fetischs, vollkommen abstrus und bescheuert, insbesondere als letztlich alle im Gashimmel schweben.
Gravity: Zunächst nette Egoperspektive, als ein Surfer ins Meer läuft, das Ende kommt dann zu abrupt und ist zu unübersichtlich.
Hydro-Electric Diffusion: Sicher einer der originellsten Beiträge; „Die Maske“ trifft auf Nazisploitation. Sieht teuer aus, ist verrückt und nicht zu nahe liegend.
Ingrown: Monolog einer Sterbenden, die von innen heraus krepiert, uninspiriert gefilmt, zäh und hässlich.
Jidai-Geki: Niedliche Knautschmaskeneffekte wie aus den 90ern à la „Total Recall“ und „Hot Shots“ während eines Seppuku. Doof, aber eben niedlich.
Klutz: Beitrag aus der Sparte „Die ungeschicktesten Todesarten der Welt“. Zeichentrickanimation etwas hakelig, aber ok, Storyboard aber ein bisschen dürftig.
Libido: Pervers, kontrovers, ziemlich widerwärtig, lässt aber unter Garantie nicht kalt. Einer der extremsten Beiträge der Reihe.
Miscarriage: Ti West hat Humor. Die paar Sekunden nutzt er, um schnell eine selbstironische Metapher in die Reihe zu integrieren. Mehr geschieht hier nicht.
Nuptials: Man sollte Papageien einfach nicht das Sprechen beibringen, dann wäre eine Episode wie diese auch nie passiert.
Orgasm: Die „Amer“-Macher mal wieder im Farb- und Klangrausch. Close Ups, Zeitlupen, Echos, Facettenblickwinkel… und fertig ist der Orgasmus.
Pressure: Aussageloser Schrott.
Quack: Das passiert, wenn man mit dem Buchstaben Q nichts anzufangen weiß und aus purer Verzweiflung einen Snufffilm drehen will. Okaye Selbstpersiflage mit dem richtigen Ende.
Removed: Tja, mehr Zelluloid braucht das Land. Etwas wirres postapokalyptisches Szenario mit viel Geheimnistuerei, richtig doll ist das aber nicht.
Speed: Taugt nicht viel, auch nicht, als sich die Tarantino-Wüsten-Chica-Odyssee als etwas ganz anderes herausstellt.
Toilet: Claymation rockt einfach, da macht die putzige Klo-Story keine Ausnahme. Hommage an „Ghostbusters“ und „Tanz der Teufel“ zugleich, was will man mehr.
Unearthed: Vampirjagd im Blair-Witch-Modus, und aus Perspektive des Vampirs gefilmt, bekommt man gar Mitleid mit dem armen Untoten.
Vagitus: Ziemlich fette Ausstattung, wenn da wirklich nur 5.000 Euro Budget vorhanden waren. Da nimmt einer die Sache richtig ernst, entsagt sich von jeder Ironie und bringt – vielleicht fast schon zu verbissen – eine richtige Dystopie zum Thema Geburtenkontrolle auf den Plan. Der FSK war das wegen einer bestimmten Szene natürlich ein Dorn im Auge.
WTF!: Wie eine dieser South-Park-Folgen, wo alles außer Kontrolle gerät.
XXL: Ziemlich derbe Splattereffekte auf Psychologie für Anfänger gemünzt, dabei ein bisschen Kritik an Gesellschaft und Beeinflussung durch Werbung.
Youngbuck: Missbrauchsdrama mit Jäger-und-Gejagten-Metapher. Derb, aber auch etwas abgedroschen.
Zetsumetsu: Atom-Wischiwaschi mit Riesenständern, aus denen Schwerter ragen, Eintöpfen und mehr Nonsens.
Insgesamt ein vielversprechendes Konzept, aber eine enttäuschende Umsetzung – bei den meisten Beiträgen hat man das Gefühl, selbst in diesen wenigen Minuten hätte man viel mehr Substanz zustande bringen können.
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Beitrag von MarS » 28.07.2014, 13:34

Vince hat geschrieben: ABCs Of Death
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... – bei den meisten Beiträgen hat man das Gefühl, selbst in diesen wenigen Minuten hätte man viel mehr Substanz zustande bringen können.
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Zum Glück habe ich mir das Mediabook nicht gekauft. Ich mag solche Kurzfilme eigentlich und mittelmäßige Bewertungen stören mich da auch nicht zwingend, da die Abwechslung das oftmals wett macht. Nur stimmt hier das Preis-Leistungs-Verhältnis einfach nicht.

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Beitrag von Vince » 28.07.2014, 17:21

Ich habs von cede.de, 16,99€ fand ich schon ok für das Ding. Hab den Kauf auch nicht direkt bereut, hätte mir aber schon klar mehr erwartet.

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Beitrag von Vince » 17.08.2014, 17:03

Frau ohne Gewissen
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Ein absolut prototypischer Film Noir ganz ohne verwässernde Elemente. Der zeitgenössische Zuschauer hatte sich mit zwei Protagonisten abzufinden, die aus niederen Beweggründen kriminelle Ziele verfolgten – die eine mit Vorsatz, dem anderen durch den Schleier der Liebe das Hirn vernebelt. Letzterer Umstand wird im wunderbar trockenen Off-Kommentar klargemacht, der die ganze Story als Vergangenes einordnet, und so ist es wahrscheinlich eine Mischung aus der Sympathie für den unseligen Tollpatsch und der Faszination für die Frau, die ihm den Kopf verdrehte, sowie das daraus entstehende Verständnis für die Situation, die den Film dennoch funktionieren lässt, aus heutiger Perspektive dann ja sogar zeitlos gemacht hat (da es heute normal ist, auch Kriminellen im Film die Daumen zu drücken). Der Plot ist simpel und die Beweggründe schnell durchschaut, von der Raffinesse und Doppelbödigkeit eines „Dritten Manns“ weit entfernt, aber aus den Ermittlungen der Versicherungsgesellschaft und der Unsicherheit, wer hier wem trauen kann, holt Billy Wilder unheimlich viel Suspense heraus, den insbesondere Barbara Stanwyck als klassische Femme Fatale effizient für sich zu nutzen weiß. Muss man in seinem Leben mal gesehen haben.
:liquid8: ,5

Paranoia – Riskantes Spiel
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Thriller mit modernen Spielsteinen, der deutliche Hinweise auf die Zeit liefert, in der wir leben: Spionage, Kommunikation, das in der Öffentlichkeit ausgebreitete Leben und die Suche nach neuen Möglichkeiten, die um sich selbst kreiselnde Telekommunikationsbranche aus ihrem kreativen Loch zu ziehen. Daraus bastelt der bislang eher auf Komödie spezialisierte Robert Lukitic ein mäßig spannendes Szenario mit der typischen Konstellation eines Mannes zwischen zwei Fronten. All die Manipulationen, Undercover-Einsätze und Doppelspiele locken eigentlich kaum noch einen Hund hinter dem Ofen hervor, gerade wenn der Hauptdarsteller so blaß bleibt wie Liam Hemsworth in diesem Fall. Gerettet wird die Chose eher durch Gary Oldman und Harrison Ford, die als Fixpole sämtliche Kohlen aus dem Feuer reißen und sich in Sachen Kaltschnäuzigkeit immer wieder übertreffen. Als Opfer solcher Grabenkämpfe hat auch Richard Dreyfus eine lobende Erwähnung verdient – seine Vaterrolle ist herzallerliebst.
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Candymans Fluch
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Tony Todd hat in seiner „Candyman“-Paraderolle für mich immer wenig Bedrohliches ausgestrahlt, in seinem ersten Auftritt spielen ihm aber alle äußeren Faktoren zu. Musik und das Chicagoer Stadtrand-Moloch, in dem die Handlung angesiedelt ist, verströmen sofort die süßlich-nihilistische Stimmung des Todes, wie sie fast allem zu eigen ist, was irgendwie mit Clive Barker zu tun hat. Die Motivik der ausgebleichten Bilder orientiert sich am Culture Clash des Großstadtlebens mit demjenigen in den düsteren Slums. Ähnlich verhält es sich mit der Mythologie der Figur, die Okkultes und Phantastisches auf Urbanes prallen lässt. Gerade daraus, dass eine scheinbar hilflose Studentin durch abgewrackte Gebäude stolpert, die dunkle Geheimnisse zu bergen scheinen (aber auch normales Leben – was für ein toller Moment, als sich in dem versifften und halb abgerissenen Gebäude plötzlich eine Tür öffnet und dahinter eine freundlich eingerichtete Wohnung zum Vorschein kommt), bezieht der Film seinen Reiz. Der Ablauf gleicht noch jenem der 80er-Koryphäen Freddy und Chucky: Frauen in Badewannen lassen alle Warnglocken läuten, die Effekte in den Höhepunkten sind voll auf Phantastik ausgelegt, trickreiche Sequenzen wie jene mit den Bienen versuchen aber zugleich, den stets etwas altbacken anmutenden Okkult-Horror zu beschwören. Insgesamt trotz der düsteren Stimmung und nicht nur aufgrund der Graffitis eine recht bunte Mischung, die auf wundersame Weise zusammenhält und einen sehenswerten Genrebeitrag ermöglicht.
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Pink Cadillac
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Kaum war die Dirty-Harry-Reihe abgeschlossen, ist Eastwood auch schon im Selbstironie- bzw. Eigenparodie-Modus. Schon in der ersten Szene verarscht der harte Hund einen Kriminellen, indem er am Telefon einen Gewinnspielmoderator imitiert. In diversen albernen bis zum Schießen komischen Szenen zieht sich die Verkleidungsnummer durch den kompletten Film – mal mimt er einen Casino-Kundenfänger, dann ein debiles Landei. „Pink Cadillac“ ist also eine waschechte Komödie auf vier Rädern, natürlich mit Frau im Schlepptau (Bernadette Peters), damit es auf Tour auch genug Reibung gibt. Das Tempo ist hoch und der Tonfall mitunter fast schon hysterisch, wozu auch Eastwood selbst seinen Beitrag hinzusteuert, selbst wenn er immer noch gerne mit den Zähnen knirscht. Spaß macht das Ganze auf alle Fälle, allerdings wurde man ein Jahr später von Mel Gibson und Goldie Hawn mit dem ähnlich angelegten „Ein Vogel auf dem Drahtseil“ qualitativ deutlich getoppt. Da war die Chemie besser und der Plotantrieb nicht so aufgesetzt, denn der Falschgeldtransport von Eastwood und Peters geht auf einen Subplot um eine Heimatfrontbewegung zurück, der auf A-Team-Niveau steht und niemals richtig im Film ankommt.
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Belle De Jour
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Eine in schimmernde Herbstfarben verpackte Traumellipse aus dem bürgerlichen Milieu über das Gefangensein in der eigenen Beziehung bzw. den Fesseln gesellschaftlicher Normen. Insbesondere bei Anfangs- und Schlusssequenz ist kaum zu unterscheiden, ob hier ein Traum oder die Wirklichkeit bebildert wird; letztlich lässt sich das über die gesamte Filmhandlung sagen, denn alles ist, gerade wegen der karikaturistischen Übersteigerung der verschiedenen Personen, als Eskapismus-Fantasie einer Frau interpretierbar, die in einer Konstellation lebt, die ihrer Natur widerspricht, und als sich am Ende alles gewissermaßen zu ihrem Vorteil verformt, wenn man so möchte, könnte man eben an jenen letzten Akt eines unangenehmen Traumes verstehen, bei dem der eigene Willen wieder Macht über die Handlung gewinnt und diese steuert. Catherine Deneuve spielt ihre Rolle entsprechend kühl und verschlossen herunter, ihre Verweigerung gegenüber dem Zuschauer lässt die Handlung überhaupt erst so uneindeutig erscheinen. Ein auf gewisse Art mysteriöser Film, weil er in seiner Schlichtheit unheimlich viel verbirgt.
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Heavy Metal
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Als wenn sich all die Maiden- und Priest-Cover plötzlich in Bewegung gesetzt hätten. Mit der längst altertümlichen Animationstechnik harmloser Kinderunterhaltung aus den 80er Jahren erarbeiten verschiedene Animatoren diverse SciFi-Kurzfilme mit Groschenroman- und Schmuddelästhetik, denen reaktionäre und martialische Motive als roter Faden gemein sind. Nacktheit und Brutalitäten überall, was der so kindlichen Präsentation einen ähnlich verruchten Beigeschmack gibt wie etwa ein „Fritz the Cat“. Animationstechnisch bemerkenswert sind vereinzelte Einstellungen, die wie 3D-Gebilde aus den insgesamt altbackenen Zeichnungen herausragen. Der Soundtrack versteht sich mit Black Sabbath, Blue Öyster Cult, Sammy Hagar, Journey & Co. von selbst, Ivan Reitmans Produzenteneinfluss hört man auch teilweise heraus, da einige Stellen sehr an die „Ghostbusters“ erinnern. Totaler Schund im Grunde – aber mit demselben Reiz, den ein alter Comic von Vaters Dachboden ausüben kann.
:liquid6: ,5

LISA – Der helle Wahnsinn
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An diesen 80er-Jugendfilmklassiker bloß nicht mit Breakfast-Club-Erwartungen herangehen, auch wenn das Brat-Pack-Flair dank Anthony Michael Hall, Robert Downey Jr. & Co. geradezu heraufbeschworen wird. Der melancholische Gedanke der letzten Atemzüge der Unschuld ist in dieser Blödelei nicht vorhanden, hier geht es vor allem um Fast-Food-Nonsens mit naiver SciFi und peinlichen Situationen, für die gerade Hall allerlei bescheuerte Gesichtsausdrücke parat hat. Gealtert ist John Hughes Komödie mittelmäßig: Einerseits hält sie sich weiterhin durch die originell integrierten phantastischen Elemente, die sich mit Gewalt ihren Platz an dafür nicht vorgesehenen Plätzen suchen (vergleichbar mit „Jumanji“ von 1995) und vor allem die Anspielungen an das Universal-Horrorkino der 30er Jahre. Andererseits ist der Tonfall stark auf die damalige Jugendkultur ausgerichtet, ohne sie dabei hintergründig zu thematisieren; sie dient lediglich als Kulisse für eine Sequenz von haarsträubenden Ereignissen, die titelgemäß durch „Weird Science“ veruracht wird, wenn die jugendlichen Querköpfe in den Hauptrollen nicht schon ohne ihre wissenschaftliche Verlängerung für Unsinn sorgen.
:liquid6:

Das Schwergewicht
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Möchte man es bei nur einem Kevin-James-Film belassen, um nicht Zeuge zu werden, wie sich die immergleiche Pummel-Comedy-Rezeptur permanent wiederholt, ist „Das Schwergewicht“ nach aktuellem Stand keine schlechte Wahl. Zwar kommt auch Frank Coracis zweite Zusammenarbeit mit dem Ex-Sitcom-Star wieder nicht ohne Kitsch und Gutmenschentum aus, allerdings gelingt es Kevin James diesmal wenigstens, mit einem Bein aus seinem variationsarmen Rollentypus herauszutreten. Mit mehr Engagement als gewöhnlich nimmt er die auf dem Papier absurd klingende Herausforderung an und überzeugt als Hobby-MMA-Kämpfer im physischen Sinne enorm. Dabei helfen ihm natürlich seine ohnehin immer schon vorhandenen Anlagen für physische Comedy, aber auch sein Engagement für den im Film vorgestellten Sport und die offensichtliche Tatsache, dass er für seine Rolle offenbar ein paar Fettpölsterchen in Muskeln umgewandelt hat, sind hilfreich. Die Inszenierung tut ihr Übriges, um die Szenen im Ring erstaunlich körperlich wirken zu lassen für eine vermeintlich harmlose Komödie um einen Lehrer, der seine Schule retten will. In die US-Comedy-Backform passt das natürlich immer noch (samt „Kindsköpfe“-Co-Star Salma Hayek; für Adam Sandler wäre sicher auch noch Platz gewesen), doch es erweist sich einmal mehr als unheimlich wertvoll, wenn persönliche Ambitionen als Antrieb dienen. Sie verleihen einem kalkulierten Entertainment-Produkt eine Signatur und damit einen Hauch von Lebendigkeit.
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Zeugin der Anklage
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Ein spätestens zur Auflösung schreiend gimmickhaftes Verwirrspiel vor Gericht, das mit dem abschließenden Off-Kommentar, man möge seinen Freunden und Bekannten den Film weiterempfehlen, aber nicht die Auflösung verraten, wie ein Hitchcock- oder William-Castle-Film daherkommt. An der Seriosität der formell über weite Strecken makellosen Agatha-Christie-Verfilmung aus Billy Wilders Hand mag das ein wenig rütteln, der Sensationswert ist dafür aber hoch – hier lohnt es wirklich, bis zur letzten Minute am Ball zu bleiben. Zuvor ist „Zeugin der Anklage“ eine bekömmliche Mischung aus Humor (wenn der alternde Strafverteidiger mit Herzproblemen einfach nicht von seinem Beruf loskommt), Krimi-Spannung (wenn sich die mysteriöse Geschichte um Marlene Dietrich langsam entblättert) und Drama (wenn sich vor Gericht lebensverändernde Entscheidungen ergeben). Für ein Meisterwerk lässt sich trotz der starken Schauspielleistungen und der fesselnden Atmosphäre leider zu viel Selbstzweck feststellen; letztlich kommt es eben doch nur drauf an, dass der Zuschauer noch ein letztes Mal möglichst unsanft aus dem Sessel gekippt wird – zu Lasten der inneren Kohärenz.
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Wer den Wind sät
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Stanley Kramers Gerichtsdrama wiegelt den Glauben an Gott und den Glauben an Darwin zu einer feurigen Dichotomie auf, die eine ganze Stadt in zwei Lager spaltet und dabei uramerikanische Werte freilegt, die in Gefahr sind. In Spencer Tracy und Fredric March weiß Kramer zwei herausragende Darsteller in den Hauptrollen, die beide Seiten jeweils mit einer unglaublichen Leidenschaft vertreten, welche durch die brillanten Dialoge erst möglich wird: Die analytische, logische Argumentation Tracys und die von unerschütterlichem Glauben geprägten Gegenstöße Marchs entlarven auf des Gegners Seite jeweils massive Schwächen. Dass die hitzige Gerichtsdebatte jedoch vom Volk auf den Zuschauerbänken heißer gegessen wird als sie von Männern gekocht wurde, bei denen jederzeit der gegenseitige Respekt füreinander spürbar ist, macht die Handlung so faszinierend. Wenngleich die Intoleranz am Pranger steht und angesichts des Falls – ein Lehrer, der an seiner Schule die Lehre Darwins verbreitet hat und dadurch gegen ein fragwürdiges Gesetz verstoßen hat – zwangsläufig die gottesfürchtige Gruppierung kritisiert wird, so bleibt der Film nicht zuletzt aufgrund des grandiosen Schlussdialogs zwischen Spencer Tracy und Gene Kelly jederzeit differenziert und schließt sich zu keiner Zeit der Schwarzweißmalerei an, die er thematisiert.
:liquid9:

House Of Cards – Season 1
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Basierend auf der 1990er BBC-Serie filetiert der VoD-Anbieter Netflix mit dem bis dato größten Fisch seines Teichs die US-Regierung mit aller Gründlichkeit. Kevin Spacey, dessen Rolle quasi die Quintessenz dessen ist, was ihn als Schauspieler ausmacht, geleitet den Zuschauer per subjektiver Anrede und mit direktem Blick in die Kamera wie ein zynischer Fremdenführer durch die Machtstrukturen, die sich zwischen dem Weißen Haus, den Medien und der Bürgerschaft verteilen, und entlarvt damit gleichermaßen das Spiel, das er selbst am besten beherrscht. Typisch für unsere Zeit wird es nicht als Notwendigkeit angesehen, dass die Hauptfigur zugleich sympathisch sein muss; längst hat man erkannt, dass das Böse viel anziehender ist. So darf Spacey also aus dem Vollen schöpfen, bringt mitunter durch einfaches Heben der Augenbrauen ganze Regierungen zum Sturz und besiegelt Schicksale Einzelner. Unterstützt wird die Hauptattraktion durch hervorragende Nebendarsteller (wie Corey Stoll, dem eventuell jetzt ein paar Angebote mehr ins Haus flattern dürften als zuvor) und eine absolute State-Of-Art-Produktionsqualität, die bahnbrechend für einen Streaming-Anbieter ist und Startschuss für eine Verschiebung der Regularitäten auf dem TV- und Seriensektor sein könnte. Amazon zieht ja bereits mit aller Macht nach.
:liquid9:

Vikings – Season 1
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Beruhigend, dieses überschaubare kleine Universum in sich selbst, mit dem die Handlung beginnt. Am Anfang sind da nur die paar Häuser, die ein Dorf in einer sattgrünen Umgebung bilden und einer Vikingergemeinde als Heimat dienen. Beschrieben wird ein regelmäßiger Alltag, der einem faulen und risikounfreudigen Anführer (Gabriel Byrne) verschuldet ist, der immer wieder die gleichen Raubzüge starten will. In der ersten Staffel geht es um den Ausbruch aus dieser Routine, die durch die rebellische Hauptfigur (mit Sinn für Optik durch Ex-Unterwäsche-Model Travis Fimmel besetzt) Ragnar Lodbrok und dessen Frau Lagertha (Katheryn Winnick) angetrieben wird. Bemerkenswert an der Serie ist neben der herrlichen Natura-Optik die konsequente Fokussierung auf den zentralen Handlungsstrang. Die Erzählung bleibt in den ersten Episoden ganz nah an Ragnars Weg und erhöht durch den Verzicht auf einen ausschweifenden Blick die Intensität, mit der die Revolution voranschreitet; außerdem wird somit auf einfache und effektive Weise das Gefühl des Aufbruchs intensiviert. Insbesondere beim ungewissen Ausstechen in die See auf der Suche nach europäischem Festland wird auf diese Weise der berühmte Taschenlampeneffekt erzeugt: Erst nach und nach enthüllt der Lichtkegel jeden ausgeführten Schritt, bis endlich das Ziel in Sichtweite ist.
„Vikings“ ist bei weitem nicht so komplex geschrieben wie Konkurrenzformate mit historischen Inhalten, scheint daran aber auch gar nicht interessiert. Die geradlinige Struktur ist nicht zwingend ein Nachteil, immerhin führt sie konsequent zum Ziel und vermeidet Nebenstränge, die ins Nichts führen. Über die Hauptrollenbesetzung mag man streiten können (über deren Synchronisation ohnehin; offenbar wurde der Synchronsprecher für die zweite Staffel auch schon ausgetauscht), in einigen Momenten wäre angesichts der raubeinigen Thematik vielleicht auch noch mehr Konsequenz in Sachen Sex und Gewalt denkbar gewesen, insgesamt startet „Vikings“ aber vielversprechend und lässt weitere Steigerung in den Folgestaffeln erwarten,
:liquid6: ,5

Weitere Sichtungen:
Robocop (2014)
I Spit On Your Grave (1978)
I Spit On Your Grave (2010)
I Spit On Your Grave 2 (2013)

The Grandmaster
Star Trek IX – Der Aufstand
Zwei vom alten Schlag[/img]

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freeman
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Beitrag von freeman » 18.08.2014, 09:49

Deine Paranoia Worte kannste auch umtopfen ;-)
Hier lang

In diesem Sinne:
freeman
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Beitrag von Vince » 18.08.2014, 16:09

Oha, danke, man sieht, ich werde langsam alt und arglos. ;) Danke, habs da eingetopft.

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McClane
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Beitrag von McClane » 20.08.2014, 16:01

Deine Worte zu dem Hughes-Kasperletheater kannst du hier noch einpflanzen.
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]

Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]

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Beitrag von Vince » 29.08.2014, 08:51

Fesseln der Macht
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Eine Erzählung, die dem Sujet und der Epoche nach eigentlich dem klassischen Film Noir zuzuschreiben wäre, deren Stimmung aber nur wenig Zynisches an sich hat und deren Dunkelheit von ganz anderer, tröstlicherer Sorte ist. Durch die Klammer der (damaligen) Gegenwart, in der sich die ungleichen Brüder, ein Geistlicher und ein Mann des Gesetzes, in einer kleinen Kapelle mitten in der Wüste wiedertreffen, werden die Hauptmotive Schuld und Sünde mit Reue und Vergebung abgemildert. „Fesseln der Macht“ ist ein durchweg von Widersprüchlichkeiten und Disparitäten bestimmtes Werk, bei dem die menschlichen Vorstellungen von Recht und Ordnung mit einer Realität konfrontiert werden, die ihnen nicht gehorcht. Insofern kann es ein ungemein desillusionierendes Erlebnis sein, diesen Film zu sehen, insbesondere weil Robert de Niro und Robert Duvall ihre Figuren ausgesprochen realitätsnah anlegen; ein poetischer, im weitesten Sinne von typischer Filmlogik geprägter Zugewinn kommt erst mit dem Schließen der Klammer und dem Verweis auf den kargen Friedhof draußen im Staub zur Geltung. Bis dahin findet noch ein letztes Aufatmen des sterbenden Realismus aus der New-Hollywood-Ära statt, verdeckt von der Retrospektive auf eine vergangene Zeit.
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Das Schicksal in meiner Hand
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Die Wirkung eines Zeitungsberichtes in Bewegtbildern übt dieser Großstadt-Noir durch seine erlesenen Kontraste und die reizvollen Locations aus, über die wahlweise der schwarze Nachthimmel oder eine von Zigarettendunst umschmeichelte Kneipendecke wacht. Da die Macht hierbei in den Händen der Niederträchtigen liegt, ist es um klassische Helden in Alexander Mackendricks nächstem Film nach „Ladykillers“ nicht weit bestellt; vielmehr verteilen sich die Charaktere zwischen jenen, die manipulieren, jenen, die als Werkzeug der Manipulation fungieren, um ihren eigenen Nutzen aus der Situation zu ziehen, und jenen, die Opfer der Manipulation werden. Im Zuge dessen laufen insbesondere Burt Lancaster und Tony Curtis zu Höchstleistungen auf und dekonstruieren ihre Images als Sympathieträger und Abenteurer dadurch, dass sie hier im Grunde das Gegenteil verkörpern, wobei sie außerdem von ihrem gemeinsamen Dreh bei „Trapez“ profitieren. In erster Linie ein Werk von formellem Wert, das aber auch durch harsche Kritik an die Medien und die Gesellschaft der McCarthy-Ära auffällt.
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Lilien auf dem Felde
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Ein Fremder kommt an einem kleinen Kloster vorbei und benötigt ein wenig Hilfe an seinem Wagen. Auch das Kloster ist hilfebedürftig, denn das Dach verlangt nach einer Reparatur. Was als normaler Handel zwischen dem Durchreisenden und der Oberin beginnt, entwickelt sich zu einer längerfristigen Verbindung auf unbestimmte Zeit.
Die Handlung ist ein detailgetreues Abbild christlichen Glaubens: Sie erzählt eine Abfolge von unspektakulären Ereignissen, die einfach so und ohne jeden mit weltlicher Logik erklärbaren Grund geschehen. Der Aufbau der Kapelle vom ersten Stein bis zur schlussendlichen Signatur des Handwerkers ist ebenso offensichtlich in seiner Symbolik wie der von Sidney Poitier dargestellte Fremde: Dieser taucht nicht nur ebenso unverhofft auf wie er irgendwann verschwinden wird, auch begegnet er der geschäftlich zunächst egoistischen Oberin mit einem Verständnis, das dem Großteil des Publikums in der gleichen Situation wohl fremd wäre. Er verhält sich, obgleich er durchaus auch wechselnden Gemütsstimmungen unterliegt, fast schon irrational gutmütig und vertrauenswürdig, so dass seine Funktion in diesem Plädoyer für Nächstenliebe relativ unmissverständlich klar wird. Poitier interpretiert seinen Charakter als arglos, bodenständig und gibt ihm den Anschein, „einer von uns“ zu sein; jemand, der mit jeder Art von Mensch gut zurecht kommt, der aber dennoch seine speziellen Macken hat, mit denen er überhaupt erst menschlich erscheint. Die direkte Art seiner Erscheinung hatte nicht nur den ersten Oscar für einen schwarzen Darsteller überhaupt zur Folge, sondern überträgt sich auch mit Leichtigkeit auf den Film, der somit zu einer lebensbejahenden, gänzlich schlichten und auf jeder Schiene zugänglichen Erfahrung wird.
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Ardennen 1944
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Karge Gemäuer von Bunkern und Hausruinen sind omnipräsent in Robert Aldrichs Adaption des Theaterstücks „Fragile Fox“. Sie nehmen die Sicht auf das Kriegsfeld, fokussieren den Blick auf das Charakterdrama und verraten damit einige Dinge über die United-Artists-Produktion: Sie fühlt sich der Vorlage entweder verpflichtet oder kann bzw. möchte sich nicht von ihr lösen. Auch war das Budget wegen fehlender Unterstützung durch das Militär knapp. Die Unterstützung wiederum fehlte, weil sich der Film, und damit unterscheidet er sich von vielen anderen zeitgenössischen Genrewerken, weniger mit dem Feind beschäftigte als vielmehr mit den eigenen Truppen. Dieser Ansatz führt „Attack!“ zur konsequenten und gnadenlosen Selbstzerfleischung auf dialogischer Ebene, beruhend allerdings auf reliefartigen Charakteren, die von einprägsamen Gesichtern wie Jack Palance und Lee Marvin dargestellt werden und klar unterteilte Rollen einnehmen. Die mit allzu dickem Pinselstrich geführte Figurenzeichnung nimmt dem Film womöglich ein wenig von der Wirkung, die er ansonsten so geschickt aufbaut, indem er Nöte zur Tugend macht.
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Das letzte Ufer
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Humanistische Endzeitvision, die für allzu spektakuläre Bilder zerstörter Landstriche und geisterhafter Panoramen ehemaliger Millionenmetropolen eine ebenso schlichte wie effektive Alternative findet. Die Bedeutung der im Film angenommenen SciFi-Prämisse, ein Atomkrieg habe sämtliches Leben auf der Erde ausgelöscht und nur Australien warte noch auf sein ebenso unvermeidliches Ende, wird fast vollständig über zwischenmenschliche Kontakte vermittelt, kaum über eine Visualisierung der Situation. Das U-Boot-Setting nimmt den Blick auf den Weltuntergang und setzt sich lediglich mit der Besatzung auseinander. Stanley Kramer hat bewusst unterschiedliche Darsteller um sich geschart, um verschiedene Arten des Umgangs mit dem nahenden Ende thematisieren zu können. Gregory Peck, Ava Gardner, Fred Astaire, Anthony Perkins, ihre Charaktere agieren in höchstem Maße ungleich; dennoch versteht es der Regisseur, zu einem Zeitpunkt, als sich ein Kampf nicht mehr lohnt, eine schauderhafte Atmosphäre zu erzeugen, die davon bestimmt ist, dass die letzten Überlebenden versuchen, auf ihre Weise den Frieden mit ihrem Leben zu machen. Angesichts der kurzen verbleibenden Zeitspanne stellt Kramer auch philosophische Fragen zum Sinn unseres Daseins, die er letztlich hollywoodtauglich, ohne aber sein Ziel zu verraten, mit einer Romanze besiegelt, nachdem zuvor kleine Aufgaben (wie die Suche nach einem mysteriösen SOS-Signal) auf das menschliche Bedürfnis nach Beschäftigung verwiesen. Ein gänzlich unspektakulärer Film, der aufgrund seiner emotionalen Wirkung sehr stark nachhallt.
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Die Eiskönigin
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Ein eher wagloser Konsens-Disney ohne die intelligenten Subtexte, die in der Hochphase mit Pixar zustande kamen. Auch der freche, angemessen moderne Ton, mit dem etwa „Rapunzel“ und „Der Froschkönig“ aufgezogen wurden, fehlt leider an vielen Stellen. „Die Eiskönigin“ ist ganz an die bipolare Märchenstruktur gebunden, aus deren Fundus auch sämtliche Figuren entnommen werden, von der unglücklichen Prinzessinnenschwester über den bösen Prinzen und den guten Jungen aus der Arbeiterklasse bis hin zu den klassischen Frontcover-Sidekicks, hier in Form eines trampeligen Rentiers und eines (immerhin im Deutschen sehr passend von Hape Kerkeling synchronisierten) Schneemanns, der den Sommer liebt. Die Wettermetaphorik passt sich der Gut-Böse-Polarität an, und weil der Schneemann ein Sympathieträger ist, muss für ihn am Ende ein wenig getrickst werden, damit das erhoffte Happy End ganz ohne Störfaktoren eintritt. Die Eislandschaft mag natürlich eindrucksvoll aussehen, so wie die Animationen im Gesamten ohnehin; umso unverständlicher, dass all das Eis fast ausschließlich dazu da ist, um Einsamkeit und Verschlossenheit zu transportieren.
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Sherlock Holmes – Die Stimme des Terrors
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Der erste Film der Reihe unter dem Universal-Banner hat vor allem unter zweierlei Umständen zu leiden: Erstens drängte das Studio auf eine radikale Modernisierung des vermeintlichen Mottenkistenschätzchens, dies aber immerhin mit einer gesunden Portion Selbstironie. So möchte Holmes (auch nach drei Jahren Pause noch: Basil Rathbone) schon nach seinem Deerstalker greifen, wovon ihn Watson (stets zuvorkommend: Nigel Bruce) jedoch abhält und ihm ein trendiges Exemplar aus einer Urban-Streetwear-Collection reicht. Allerdings wirken einige Verhaltensmuster des Ermittlers erst gerade durch den herausgehobenen Kontrast besonders überholt: Insbesondere, wenn Holmes zu Beginn einige seiner berühmten deduktiven Schlussfolgerungen in den Raum wirft, die aber allesamt aufgesetzt und demonstrativ wirken, scheint der Detektiv von seiner eigenen Persönlichkeit mitunter gespalten und ganz im Dienste einer Holmes-Karikatur zu stehen.
Zweitens wird gerade jener Eindruck noch dadurch verstärkt, dass die Franchise mit „Die Stimme des Terrors“ für Propaganda gegen den Nationalsozialismus missbraucht und dafür sogar ein halbes Jahrzehnt in die Zukunft (bzw. damalige Gegenwart) verlagert wurde, was nicht zu knapp von der viktorianischen Atmosphäre zehrt, die kaum mehr spürbar ist. Eng genommen ein Verrat an den Ursprüngen der Arthur-Conan-Doyle-Saga, der allenfalls durch eine windige Story um Verräter und Spione gedämpft wird, in der kernige Antagonisten auftreten und ein nachdrückliches Finale in den Ruinen vor der Küste Englands seinen Platz bekommt.
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The Philosophers
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Was an dem philosophischen Science-Fiction-Planspiel reizt, ist seine Platzierung zwischen Ernstfall und Simulation. Die gesamte Inszenierung suggeriert, dass die im Film dargestellte Gefahr real sei, dabei entsteht sie lediglich in den zum Diskurs veräußerten Gedanken der Kursteilnehmer. Allerdings wird nicht ausgeschlossen, dass der hypothetische Tod in der Simulation auch zur psychischen Verletzungen in der Wirklichkeit führen kann. Dass jene Wirklichkeit selbst ausstaffiert ist wie ein Traum – ein mit Bambusverkleidung und prächtigen Artefakten ausstaffierter Kursraum vor einer Strand- und Palmenkulisse ist entweder reinster Elitarismus oder bereits selbst Fiktion - lässt der Film absichtlich ein eine infinite Meta-Spirale laufen, mit welcher die Apokalypse aus den episodisch angelegten Gedankenexperimenten der Gruppe ebenso real erscheinen soll wie die vermeintliche Realität. Die klinische Darstellung der Apokalypse mit Design-Bunker und türkisfarbenem 50er-Jahre-Urlaubsflair samt Atompilzen wird in diesem Kontext gerne missverstanden; man soll diese Baukastenwelt gar nicht am eigenen Leib spüren, der beabsichtigte Effekt des Filmes ist vielmehr, den Zuschauer von der eigenen wahrnehmbaren Realität zu entfremden und ihn das eigene Ich erfahren zu lassen, als sei es selbst ein Traum. Trotz oberflächlicher Abhandlung philosophischer Ansätze und einer prätentiösen Herangehensweise verfehlt „The Philosophers“ also nicht ganz sein Ziel; allerdings macht er es doch wieder selbst zunichte, als er es am Ende einer banalen Liebesgeschichte opfert, er also selbst zu jener Hollywood-Fantasie wird, die er vorher mit interessanten Ansätzen zu demontieren pflegte.
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Lego – The Movie
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Ob als reine Computeranimation oder als als Stop-Motion-Fusion, der hysterische Humor der beiden Regisseure von “Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen” ist auf Anhieb erkennbar und entscheidet vom Prolog weg auf Gefallen oder Nichtgefallen. Auch auf die Gefahr hin, dass mal ein Gag den Lauf verstopft, es wird einfach weiter Munition nachgeschoben, bis endlich ein Treffer dabei ist. Den Ton liegt irgendwo zwischen der schrillen Musical-Affinität Trey Parkers und Matt Stones („South Park“) und den Cutaway- und Timing-Manierismen Seth MacFarlanes („Family Guy“). Klassisches Family Entertainment geht sicher anders.
Eingebettet in die Lego-Baukastenanimation funktioniert das aber erstaunlich gut, denn der atemlose Stop-and-Go-Humor harmoniert nach kurzen Anlaufschwierigkeiten beachtlich mit den bewusst hakeligen Bewegungsabläufen im Bild, das permanent von wuselnden Klecksen bevölkert ist. Mit dem Zoom-In auf die ameisenartig organisierte Lego-Stadt, offenbar ein Verweis auf das Intro der „Simpsons“, geht es dann richtig los. Man wird mit Bauklötzen in raffinierten Trickeinstellungen geradezu überschüttet; die Bilder üben eindeutig den physischen Reiz der Stop-Motion-Animation aus, wenngleich die Computerunterstützung immer klar erkennbar ist. Doch wegen all der Daumenabdrücke im reflektierenden Licht, der Mikrokratzer auf den glatten Oberflächen, der umständlichen und gerade deswegen so faszinierenden Wasseranimation (blaue Einzelsteckeinheiten purzeln aus dem Duschkopf) gewinnt eindeutig das Aardman-Flair.
Besonders gelungen erscheinen jene Sequenzen, in denen das typische Themen-Flair der verschiedenen Lego-Sets eingefangen wird, etwa der Besuch in der Westernstadt, der Bau des 80er-Raumschiffs oder die Piratenschiffsfahrt auf hoher See bei starkem Wellengang. Hier wird die bildkompositorische Romantik der Lego-Verpackungscover hervorragend getroffen und Stimmungen umgesetzt, die im SciFi-lastigen Mainplot leider nicht immer ankommen, weshalb hier mitunter tote Punkte auszumachen sind, die glücklicherweise meist durch irgendeine verrückte Idee wieder egalisiert werden können.
Der Plot folgt klassischen Heldenwerdungsformeln (vgl. auch „Matrix“) und wäre daher nicht weiter beachtenswert, würde er nicht immerhin gegen Ende eine interessante Wendung nehmen und sich zu einer Moral aufbauen, die zwar gerade an der Grenze zum erhobenen Zeigefinger vorbeischrammt, immerhin aber angemessen komplex erzählt wird, wobei zu bedenken ist, dass die Erzählweise für ein junges Publikum eher ungeeignet ist und die Moral für die Älteren wiederum zu kindlich ausfällt. Egal, „Lego – The Movie“ ist erwartungsgemäß ein Film, den man wegen der Umsetzung sieht, nicht wegen seines Inhalts.
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Weitere Sichtungen:
Planet der Affen - Revolution

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Beitrag von freeman » 29.08.2014, 09:22

Das Lego Movie war schon tolle Unterhaltung. Und vor allem technisch perfekt. Wie perfekt, zeigen deine Worte zur Animationstechnik, denn der Film wurde tatsächlich so gut wie komplett am Rechner erstellt! Die haben ganz gezielt solche kleine Fehlerchen, die du erkannt hast, in ihre CGI Modelle integriert, um eben eine perfekte Anmutung/Nachahmung der Stop Motion Technik zu generieren. Meines Wissens wurden nur ein paar Sets tatsächlich gebaut und nachträglich digitalisiert.

Ein zwei Infos dazu

In diesem Sinne:
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Beitrag von Vince » 29.08.2014, 09:29

Ja, ist schon sehr stark umgesetzt worden. Der Unterschied zu echten Stop-Motion-Animationen ist natürlich trotzdem noch spürbar, weil einige Elemente irgendwie wieder "zu" echt aussehen - sehr ähnlicher Fall wie die Planet-der-Affe-Affen gegenüber echten Affen. Aber da ist wirklich gut getrickst worden, zumal eben auch nicht alles konsequent in dieser abgehakten Bewegungsweise gemacht wurde, sondern eben auch mal so, als wenn man zB. den Geist in Echtzeit am Faden heruntergelassen hätte. In jedem Fall für mich deutlich faszinierender als ein gängiger CGI-Film.

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