17 Tage nach dem furiosen Kinostart habe ich tatsächlich das Unmögliche geschafft und meine Freundin dazu bewegt mit in den neuen Star Wars zu kommen. Nachdem der ganze Feiertags-Stress erledigt war, hatte ich mir diese Auszeit in einer weit, weit entfernten Galaxie redlich verdient. Ich erwartete einen Krieg der Sterne, der back to the roots war...ohne den klebrig-künstlichen CGI-Bombast der Prequel-Trilogie und dafür wieder mit diesem klobigen End-70er-Charme der Ur-Trilogie, zu der ich gar nicht so ein romantisches Verhältnis pflege wie die ganzen Hardcore-Fans, da ich Episode 4, 5 & 6 erst im Fast-Erwachsenen-Alter gesehen habe. Die letzte Sichtung der Reihe liegt auch schon eine ganze Weile zurück...aus den Prequels blieb eigentlich nur der legendäre Neeson/McGregor-Kampf gegen Darth Maul und das POD-Race hängen...alles andere ist in der Bedeutungslosigkeit verblasst.
Das legendäre Opening genügt und man ist mit einer Horde Ü50-Männer inklusive ihrer verwirrt-deplazierten Ehefrauen (beispielhaft mein Sitznachbar, der nach der Werbung ganz erstaunt ist, dass vor dem Film noch Trailer gezeigt werden...zuletzt im kalten Krieg im Kino gewesen oder wie?), die ihrem Mann auf die alten Tage nochmal einen Gefallen tun wollen, wieder drin in der wohl epischsten Family-Soap, die man sich vorstellen kann.
Dem neuen Mann am Steuer, J.J. Abrams, ist zu verdanken, dass der Generationenwechsel wie geschmiert von der Hand geht und sowohl SW-Neulige als auch alte Hasen sich schnell in die Geschichte einfinden und losfiebern können. Für die Mädels gibt's den süßen Roboter BB8, der hilflos Schutz bei der taffen Ray sucht...für die junggebliebenen Kerle gibt's dicke Action, für die Nostalgiker gibt's große Teile der Originalbesetzung. Die Publikumsausrichtung konzentriert sich mit fortlaufender Laufzeit dann auch ganz offensichtlich auf eben jene Nostalgiker. Versucht der Film es anfangs noch mehr oder weniger allen Recht zu machen, verfällt er spätestens mit dem Auftauchen des Han Solo in eine einzige große Retro-Vorstellung. Ist das schlecht? Nein, im Gegenteil, über die gesamte Laufzeit macht das bedeutend mehr Spaß als die gesamte Prequel-Trilogie zusammen. Ist es also gut? Genau darüber kann man sich episch streiten und ich bin mir selbst noch nicht ganz sicher, auf welcher Seite ich stehe. Der Film fühlt sich beinahe an wie ein Teil der Ur-Trilogie, trägt jedoch dadurch auch einen bitteren Beigeschmack mit sich herum, denn voran bringt er die Geschichte nicht im Geringsten. Das Erwachen der Macht wirkt wie ein überlanger Pilotfilm zu einer Serie, die erst in den kommenden Jahren richtig starten würde. Trotz eigentlich recht abgeschlossener Geschichte klebt ihm die Cliffhanger-Mentalität aktueller Mega-Franchises an, die jede Fortsetzung in eine gefühlte Million Segmente splitten, um die Kuh möglichst lange zu melken....und das ohne einen wirklich schlimmen Cliffhanger wohlgemerkt. Episode 7 fährt mit angezogener Handbremse an, liefert unzählige Nostalgie-Häppchen und verlässt sich ansonsten auf das, was im Laufe des durchstartenden Franchises nun alles passieren wird.
Dabei ist der Film zu keiner Minute langweilig und es ist toll Harrison Ford, Carrie Fisher & Co wieder auf der großen Leinwand in ihren Paraderollen zu sehen. Gerade Ford ist mit unglaublich viel Feuer bei der Sache und führt den Film mit einem ungewöhnlich gesprächigen Chewie geradezu an. Auch die "Neuen" passen toll ins Star Wars-Universum und sind im Vergleich zu dem unsäglichen Hayden Christensen eine wahre Wohltat....unaufdringlich, sympathisch und doch mit Ecken und Kanten...gut konzipiert und geschrieben. Durch die Schneeballeffekt-ähnlich zunehmende Nostalgie-Schlagseite des Streifens wirkt es allerdings so, als würde man den neuen Figuren nicht vertrauen und sich im Endeffekt dann nur so wirklich auf die alte Garde verlassen. Dadurch verpufft einiges an Wirkung, da der Auftakt ganz klar den Newbies gehört und man sie dann für meinen Geschmack zu stark vernachlässigt. Gleiches gilt für die eigentliche Geschichte...man traut sich zu wenig und platziert lediglich schon altbekannte Plot-Fragmente und Elemente, die man etwas umarrangiert oder aufbläst. Das Finale ist souverän in Szene gesetzt wirkt aber wie schon ein paar Mal gesehen....und das eben sogar im Rahmen des Franchises ohne die gesamte Post-Star-Wars-Sci-Fi-Welt in die Beobachtung miteinzubeziehen. Im Vergleich zu seinem fulminanten Star Trek-Reboot wirkt Abrams als hätte man ihm die Flügel gestutzt...oder als ob er so unglaublich viel Respekt vor Lucas' Welt hätte, dass er sich einfach nichts Neues getraut hat.
Don't get me wrong, Das Erwachen der Macht ist eigentlich ein Riesenspaß von Anfang bis Ende, aber um die Star Wars-Welt voran zu bringen, passiert eindeutig zu wenig. Es ist mehr ein auf der Stelle-treten...wie eine Greatest-Hits-CD mit 2-3 neuen Tracks, bevor die Lieblings-Band endlich nochmal ins Studio geht, um ein richtiges, vollständiges, perfektes Album einzuhämmern. Smoit ist Episode 7 quasi perfekt für jeden Metallica-Fan geeignet...verwöhnt mit dutzenden Live-DVDs und kleinen Song-Häppchen für irgendwelche Sommer-Touren, aber eigentlich warten nur alle auf das neue Album...
Lustigerweise macht der Film also genau das falsch, was man sich von ihm erhofft hat. Er ist so sehr back to the roots, dass er vergisst, auch mal vorwärts zu fahren...es ist kein Fortschritt, sondern Stagnieren auf hohem Niveau...man steht auf einem tollen Punkt und schaut die meiste Zeit in den Rückspiegel, anstatt sich nochmal auf neue, unbefahrene Wege zu trauen...
