Habe die ersten Staffel jetzt durch, inkl. der Bonusepisode zum Jahreswechsel, Hundred Eyes.
Eins kann man wohl sagen, MARCO POLO ist eine der schönsten, prächtigsten Serien überhaupt und kann sich in Sachen Oppulenz locker mit den aufwändigsten chinesischen Historienepen messen.
Unterm Lack der Präsentation siehts hingegen weit weniger schön aus. Die Geschichte ist unstet und unspannend erzählt, die Charaktere werden oberflächlich abgehandelt, die Darstellerleistungen sind bestenfalls adäquat. Gerade der Marco Polo-Darsteller selbst ist ein uncharismatischer, immer leicht behämmert dreinblickender Laffe, der völlig chancenlos ist, seiner flachen, unsympathischen Figur Leben einzuhauchen. Deutlich besser ist da schon Benedict Wong als Kublai Khan, obschon auch dessen Minenspiel nun nicht gerade die Welt um ihn herum vergessen macht. So zieht es sich durchs gesamte Personal, in dem auch fähige SchauspielerInnen kaum Gelegenheit haben, ihr Können unter Beweis zu stellen.
Das Bitterste an Marco Polo ist das verschwendete Potenzial. Die interessantesten Konflikte werden kaum angerissen, die faszinierendsten Figuren schmählich am Rande abgetan. Der gesamte Handlungsstrang um Mei Lin (gab's eigentlich keinen klischeehafteren Namen?) verspricht Spannung und Emotionen, bleibt aber völlig unterentwickelt und wird vorzeitig abgewürgt. Warum die Macher der Serie es zudem für sinnvoll befanden, eine potenziell so starke Frauenfigur in eine derartig schlappe Opferrolle zu stecken, kann ich mir auch nicht erklären. So musste sich MARCO POLO in der medialen Kritik dann auch ähnliche Misogynie-Vorwürfe gefallen lassen wie die fünfte GAME OF THRONES-Staffel, zurecht.
Dennoch kann ich nicht bestreiten, dass die Netflix-Produktion mich ganz gut unterhalten hat. Es gibt doch manche Konstellation, deren Entfaltung man mit Interesse beiwohnt, manch zackige Kampfszene, manch gewitzten Dialog, die das Schauen der zehn Episoden für einen an der Thematik interessierten Zuschauer zu einer lohnenswerten Angelegenheit machen.
Ganz knappe
