
Originaltitel: Cinderella Man
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2005
Regisseur: Ron Howard
Darsteller: Russell Crowe, Renée Zellweger, Paul Giamatti, Paddy Considine, Bruce McGill
Nicht wenige (besonders Frauen) sagen, Boxen sei kein Sport sondern sinnlose Prügelei. Wenn man sich aber überlegt, dass einer der größten wenn nicht der größte Sportler des 20. Jahrhunderts - Cassius Clay aka Muhammad Ali - kein Prügler sondern eher ein Tänzer im Ring war, wird einem schnell klar, dass Boxen weit mehr als nur Prügeln ist. Der Zuschauer sieht nur die 12 Runden im Ring und nicht die sich über Monate erstreckende, knüppelharte konditionelle Vorbereitung.
Hollywood hat sich schon mehrfach des Themas Boxen angenommen. Die beiden bekanntesten Beiträge zum Thema sind wohl "Wie ein wilder Stier" und die "Rocky"-Reihe. Während "Wie ein wilder Stier" mehr eine Charakterstudie des selbstzerstörerischen Jake La Motta ist, begibt sich "Rocky" mehr auf die Zuschauer begeisternde David gegen Goliath Variante.
Auf dieser Schiene fährt auch "Das Comeback". Der Film dreht sich um die Hauptfigur Jim Braddock (Russell Crowe), ein mittelprächtiger Schwergewichtler, der Ende der 20er Jahre während der Weltwirtschaftskrise aufgrund einer Handverletzung und anderer Umstände nach einigen Niederlagen seine Karriere beendet. Der früher recht wohlhabende Braddock muss sich und seine Familie von nun an mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten. Da Geld und Arbeit zu dieser Zeit knapp waren, muss der einst angesehene Boxer sogar von der Wohlfahrt leben. Nach dieser schweren Zeit, in der seine Frau Mae (Renée Zellweger) und er sogar ihre Kinder zu Verwandten schicken müssen, bekommt Braddock von seinem Manager Joe Gould (Paul Giamatti) einen Kampf vermittelt. In diesem Kampf soll Braddock eigentlich nur als sogenannter Punchingball für einen Titelaspiranten herhalten, doch das Schicksal meint es von nun an besser mit ihm und seiner Familie. Er gewinnt den Kampf unerwartet und nach weiteren Siegen wird er zum neuen Herausforderer vom Schwergewichts-Champ Max Baer (Craig Bierko), der den Ring schon zweimal als einzig Überlebender verlassen hat. ...


"Das Comeback" besticht durch ein stimmige Inzenierung, die mit ihrer passenden Ausstattung den Zuschauer sehr gut in die Zeit der 20er bzw. 30er Jahre versetzt. Der ruhige und schön zurückhaltende Soundtrack von Thomas Newman passt perfekt zum Geschehen. Russell Crowe liefert als Jim Braddock eine glanzvolle Vorstellung. Der für seine Kneipenschlägereien bekannte Neuseeländer überzeugt besonders mit seinem ziemlich austrainiert wirkenden Körper. Die Boxszenen zählen für mich zum besten, was man bisher in Filmen gesehen hat. Während sich die Protagonisten bei Rocky von Runde 1 bis 15 ununterbrochen auf die Murmel geben, merkt man bei "Das Comeback", dass sich die Crew um Ron Howard von Experten beraten ließ. Wie im Schwergeicht üblich, hauen Baer und Braddock in den ersten Runden gewaltig aufeinander ein, um im späteren Verlauf des Kampfes durch häufiges Klammern ihre aufkommende Müdigkeit auszudrücken. Auch die Schläge und Verletzungen wirken sehr realistisch. Aber nicht nur Russell Crowe überzeugt im Ring sondern auch sein Gegenspieler Craig Bierko als Max Baer, der duch geschickte Kameraführung meines Erachtens wesentlich größer wirkt als er tatsächlich ist. Mit 1,93m ist er zwar alles andere als klein, aber dennoch wirkt er deutlich größer, was von Howard beabsichtigt ist, um seine Gefährlichkeit als kalter Killer im Ring zu untermalen. Neben Crowe und Bierko weiß aber vor allem Paul Giamatti als Manager zu überzeugen. Er wirkt einfach wie ein wohltuendes frisches Element, der in dem doch kalten Business ein großes Herz für seinen Schützling zeigt und ihn in dessen schwerer Zeit immer wieder untertützt, obwohl es ihm selbst finanziell alles andere als gut geht. Dass Giamatti nicht den Oscar als bester Nebendarsteller bekommen hat, kann nur daran liegen dass George Clooney in "Syriana" eine Wahnsinnsleistung abgeliefert haben muss. Eine unauffällige Rolle spielt Renée Zellweger als Braddock's Frau Mae, die in ihren wenigen Szenen dennoch überzeugen kann. An "Das Comeback" stimmt handwerklich einfach alles. Die Underdog-Story funktioniert vom Anfang bis zum Ende. Dass Braddock ein Symbol für die sich wieder erholende Wirtschaft war und den Menschen durch sein Kämperfherz Hoffnung gab, kommt in Howard's Werk sehr gut rüber. Den Film könnte man als Meisterwerk bezeichnen, wenn es nicht einen großen Kritikpunkt gäbe.
Mich stört es in Filmen eigentlich wenig, wenn die wahre Geschichte zugunsten des Erzählflusses oder der Dramaturgie wegen etwas geändert wird, ohne aber wichtige Tatsachen zu verdecken oder falsch wiederzugeben.
Der Film wurde teilweise hart kritisiert, weil der Charakter von Max Baer stark verändert dargestellt wurde. Baer war nicht der Überboxer und auch kein emotionsloser Killer wie im Film dargestellt. Unter dem unglücklichen Totschlags eines seiner Gegner hatte Baer in Wirklichkeit deutlich mehr zu knabbern als im Film dargestellt wird. Von diesem Schock erholte sich Baer nur schwer. Außerdem wird unverständlicherweise verschwiegen, dass er im Kampf gegen Braddock einen deutlich sichtbaren Davidstern auf der Hose trug, der übrigens im Bonusmaterial in den Originalbildern klar zu sehen ist. Damit wollte Baer seiner Solidarität mit der jüdischen Bevölkerung Ausdruck verleihen.


Howard muss sich nach "A Beautiful Mind" erneut den Vorwurf gefallen lassen, dass er die wahre Geschichte aufgrund gewollter Schwarz-Weiss-Malerei relativ stark ändert. Anders ist es nicht zu erklären, dass er beinahe kein gutes Haar an Baer lässt, um ihn eben als emotionslosen überheblichen Killer darzustellen. Der Film ist handwerklich wirklich nahezu perfekt aber die Änderung der Geschichte stößt selbst mir bitter auf, da der wahre Baer diese Darstellung nach seinem Tod sicherlich nicht verdient hat.
Von mir gibt's daher:

Die DVD kommt ungeschnitten von Buena Vista/Miramax und bietet eine gute Bild- und Tonqualität.
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freeman meint:
Schauplatz: Ein Hafen. Eine grobschlächtige Figur steigt von einem Boot. Andere grobschlächtige Gestalten kommen auf die Figur zu. Die Figur vermöbelt sie alle, steigt wieder auf ihr Boot und fährt zum nächsten Hafen, wo die nächsten Kerle eine eingeschwenkt bekommen. Auf Prügeltour mit Russel Crowe nannten die South Park Macher diese Hommage an einen der größten Schauspieler unserer Zeit im Rahmen ihrer Serie um die rotzfrechen Gören Kyle, Kenny, Cartman und Co. Damit spielten sie auf die Eigenart Crowes an, sich gerne mal in den Infight zu begeben. Das sie damit indirekt auch seine Rolle in Das Comeback vorwegnehmen würden, haben sie vermutlich nicht geahnt.
Kurz vor 1933 sieht es für Jim Braddock einfach nur rosig aus. Als Sportler fegt er die gegnerischen Boxer aus dem Ring und als Familienvater versorgt er als Großverdiener alle hungrigen Mäuler. Einen harten Schnitt später sind wir mitten in der Depression / der Weltwirtschaftskrise und Jim Braddock liegt in mehrfacher Hinsicht k.o. am Boden. Bei einem Unfall brach er sich mehrfach sein rechtes Handgelenk, was sein Todesurteil im Boxsport bedeutete. Eine Reihe schwerer Niederlagen und der daraus folgende Entzug seiner Boxerlizenz besiegelt dann das Ende seiner Boxkarriere. Freilich kann er auch schon lange nicht mehr seine Familie durchbringen. Sein einziger Halt ist seine Frau und der eiserne Wille, seine Familie nicht zu verlieren. Eines Tages springt ein Boxer von einem Kampf gegen den Weltranglisten Zweiten ab und die Boxeventveranstalter suchen händeringend einen Ersatz, am besten einen billigen, einen ohne Lizenz ... Jim Braddock soll den Punchingball spielen, doch der, der nichts mehr zu verlieren hat, gewinnt und startet damit eine Serie von Überraschungssiegen, an deren Ende der Kampf gegen Max Bear steht, seines Zeichens Weltmeister, der schon mal über Leichen geht ...
Kennt ihr diese Momente? Die Trailer sind vorbei und die Leinwandgröße verändert sich auf das Cinemascope Format. Dann Schwarzbild, die ersten Klänge der Musik ertönen, es erscheint ein kurzes Zitat und wir werden mitten in einen Boxkampf geschleudert, der, genau wie die Musik, immer mehr an Tempo gewinnt und uns – wie Jim Braddocks Gegner – fast schon bewusstlos umhertaumeln lässt. Am Ende steht dann eine erstklassige Gänsehaut ob der Bilder, Musik und erzeugten Emotionen. DAS ist ganz großes Kino, das von Anfang an fesselt, eine eigene, wundervoll entrückte Atmosphäre kreiert und den wahren Geist Hollywoods aus jedem Bild verströmt. Und genau das haben wir hier: Kino, das die Traumfabrik einst groß gemacht hat. Dabei wird die uramerikanischste aller Storys erzählt: Underdog boxt sich hoch, muss eine herbe Niederlage einstecken und sich wieder hoch kämpfen – quasi Rocky 1 – 5 auf zweieinhalb Stunden destilliert. Und die Story funktioniert, reißt mit, berührt und trifft genau ins Herz.
Wem hat der Film das zu verdanken? Vor allem Russel Crowe. Er verfügt über eine derart wuchtige Präsenz, die wirklich alle anderen an die Wand drückt. Er schwitzt, ächzt, stöhnt und blutet sich durch die körperbetonten Elemente des Filmes wie ein Schwerstarbeiter, um in den feinfühligen Momenten mit seiner Familie fast noch mehr zu überzeugen. Ein absolutes Highlight ist die Szene, in der er bei seinen ehemaligen Arbeitgebern um Geld betteln muss, und man ihm in jeder Sekunde ansieht, dass genau dieser Moment die schwerste Niederlage seines Lebens ist. Man mag von Crowe als Privatmensch halten was man will, aber als Schauspieler ist er eine einzige Urgewalt.
Einzig Paul Giamatti als Jims Trainer Joe Gould kann bei dieser schauspielerischen Tour de Force mithalten und bekommt seine eigenen wirklich gelungenen Auftritte. Dabei sorgt er sowohl für einige komische Elemente als auch für einige Momente voller Gefühl. Alle anderen Darsteller enden dadurch als eine Art Collateralschaden. Renee Zellweger (wegen der ich fast nicht in den Film rein bin, weil ich sie absolut nicht ausstehen kann) hat zu Beginn ein paar wundervolle Szenen mit Crowe. Allerdings geht so ein Boxkampf meist über 15 Runden und dieser Film über 2,5 Stunden. Beides hält sie nicht durch und so geht sie ab der Hälfte mit einer weinerlichen Szene nach der anderen zu Boden. Graig Bierko liefert als Max Bear eine gute Vorstellung ab, hat aber zu wenig Screentime, um sich wirklich zu profilieren. Der Rest des Castes, vor allem auch die Kinderdarsteller, liefert eine solide Arbeit ab.
Ein weiterer gewaltiger Pluspunkt ist, wie bereits erwähnt, der Soundtrack des meines Erachtens derzeit besten Komponisten in Hollywood: Thomas Newman. Er bedient sich zwar ausgiebig bei seinen Themen zu Road to Perdition, gewinnt diesen aber immer neue überraschende Nuancen ab. Meisterwerk!
Bei den privaten Momenten und den Bildern von den historischen Umständen, die den Film einrahmen, verlässt sich Regisseur Ron Howard auf elegische Kamerafahrten und ruhige Bildkompositionen, um dann in den Boxkämpfen regelrecht zu explodieren. Sein Kameramann Salvatore Totino erschafft hier Bilder von solcher Wucht, dass einem der Atem wegbleibt. Im Grunde ist es der Zuschauer, der die härtesten Schläge einsteckt und austeilt. Der Zuschauer taumelt dank der Kameraarbeit im Ring umher, sieht unscharf und ist desorientiert. Der Zuschauer wird zu Jim Braddock. Die Kämpfe selbst wirken sehr hart und brutal, da offensichtlich großer Wert auf Realismus gelegt wurde. Freilich gibt es filmtypisch einige viel zu harte Kopftreffer, die kein normaler Mensch überleben würde, zuviel, aber insgesamt bleiben irgendwelche spektakulären Moves usw. aus. Auch bekommt hier keiner rundenlang einen Treffer nach dem anderen ab, um dann in der letzten Runde zurückzuschlagen. Die Kämpfe sind dementsprechend als das dargestellt, was Boxkämpfe nun einmal sind: harte Schlagabtausche.
In den Kämpfen gibt es dann auch die einzigen offensichtlichen CGI-Effekte, die aber nie selbstzweckhaft wirken, sondern genau das auslösen, was sie auslösen sollen. Was das ist? Ein fieses Zischen im Zuschauerraum des Kinos, da man den Schmerz, den sie verbildlichen, mehr als nur mitfühlen kann. Sämtliche anderen Effekte dienten offensichtlich nur zur Rekonstruktion des New Yorks der Depressionszeit. Diese Effektshots wurden gelungen und nicht bemerkbar eingebunden und lassen das New York der 30er Jahre eindrucksvoll wieder auferstehen.
Was kann man diesem Film nun eigentlich vorwerfen? Das seine – im übrigen wahre – Story einfach typisch amerikanisch ist? Das der Film wirkt, als sei der Oscar quasi schon fest einkalkuliert? Das er geradezu überläuft vor Pathos, Emotionen und großen Gefühlen? Ich denke, das könnte man durchaus tun, ich mache es nicht und daher gibt es guten Gewissens die volle Ladung! Schon jetzt ein Klassiker, zumindest für mich.

In diesem Sinne:
freeman