Filmtagebuch: Vince

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McClane
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Beitrag von McClane » 29.06.2017, 08:20

"The Great Wall" haben wir auch im Forum.
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]

Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]

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Vince
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Beitrag von Vince » 29.06.2017, 08:32

Der Meinung war ich auch, konnte ihn aber weder durch Suche in den Threads noch über die eigentlich zuverlässige Google-Suche finden... schon doof, dass ich nicht darauf gekommen bin, den Review-Index zu benutzen, den ich selber wöchentlich pflege. :lol:

Habs nachgetragen.

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Beitrag von Vince » 20.08.2017, 06:35

Before I Wake
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Immerhin: Verglichen mit den vielen anderen Eltern-Kind-Trauma-Gruselfilmen, mit denen man in letzter Zeit überschwemmt wird („The Other Side Of The Door“, „Visions“, „Shutter“) weiß „Before I Wake“ zumindest mit erhöhten Produktionswerten und mehr Sorgfalt im Drehbuch zu punkten. Obwohl Kate Bosworth keine besonders ausgefeilte oder herausragende Leistung abliefert (Thomas Jane, der eher durch seine seltsame Frisur als durch pointierte Spielweise auffällt, erst recht nicht), erlaubt Mike Flanagans einfühlsame Regie durchaus, dass man sich in ihre Situation hineinversetzt und die Sehnsucht nach der Sicherheit einer normalen Familie nachfühlen kann.

Mit Schmetterlingen aus dem Rechner und bunten Leuchteffekten in dunkel gestrichenen Wohnwänden bedient er zunächst einmal eher das melancholische Drama als den Horror. Gesetzt den Fall, dass man die nötige Geduld aufbringt, wird dieser Kontrapunkt durchaus effektiv umgesetzt; droht die Stimmung nämlich zu kippen, so geschieht dies mit einem lauten Grummeln im Magen.

Weniger ist der Buhmann dafür ein Garant, eine typische, aus einzelnen Partikeln zusammengesetzte CGI-Flatterfigur, sondern vielmehr der verstorbene Sohn, der als Manifestation der Träume des Adoptivsohns mal als kleiner Schatten in der Ecke, mal als falsch lächelnde Vergangenheitsprojektion oder mit großen starren Augen auftaucht und wieder verschwindet.

Subplots mit Anknüpfpunkt an die Realität, hier die Vermittlung des Adoptivsohns durch eine Sozialarbeiterin (Annabeth Gish), gehören wohl irgendwie dazu, ist aber zu den entbehrlichen Momenten zu zählen. Glücklicherweise konzentriert sich das Skript hauptsächlich auf das Treiben im Haus und überrascht auch mal mit unvorhergesehenen Wendungen und später im Akt der Aufklärung mit manch netter Bildkomposition (immer an der Grenze zur künstlichen Überstilisierung).
Die Auflösung muss trotz allem als konstruiert bezeichnet werden, auch wenn es zu diesem Thema noch wesentlich negativere Beispiele gibt; überhaupt ist es meistens einfach schöner, die Dinge im Dunkeln zu lassen. „Before I Wake“ kann der Versuchung nicht widerstehen, das Bild mit den letzten Puzzleteilchen zu komplettieren, ist aber dennoch einer der wenigen sehenswerten Vertreter seiner Art, die man momentan zu sehen bekommt.
:liquid6:

The Editor
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„The Editor“ ist nicht so wie etwa „Francesca“ ein postmodernes Imitat des in Sachen Farbkontrast, Akustik und Schnitt so auffälligen Giallo, auch kein Versuch einer authentischen Reproduktion wie „Berberian Sound Studio“ - sondern eher seine bewusste Überzeichnung mit dem dicken Tuschestrich des vollmundigen Trash. Die dilettantische Synchronisation ist da nur folgerichtig, ihre Notwendigkeit wurde vollkommen richtig erkannt; schließlich untermalt sie ein tölpelhaft zwischen Krimi, Mystery und Slasher stolperndes, behelfsmäßig zusammengeflicktes Machwerk, das genau daraus seinen Meta-Kontext bezieht. Denn es geht um einen Cutter aus dem Filmgeschäft, und der Film, den wir sehen, ist zugleich der Film, der im Film vonstatten geht.

Neben einigen Close Ups aufgerissener Augen und Messern, die in den Vorderteil des Bildes gehalten werden, während sich die Kamera auf den Rücken des Opfers zu bewegt, bekommt man auch Elemente zu sehen, die karikaturistisch angehaucht sind, irritierend knautschige Splattereffekte nämlich, die mit den Erwartungen an einen geschmackvollen Thriller schon früh Pingpong spielen. Derweil praktisch alle anwesenden Männer Schnauzbärte zu tragen scheinen, sieht Paz de la Huerta aus wie eine aufgedunsene Lebend-Comicfigur und passt somit hervorragend in einen Film, den man mit einer Mischung aus Argwohn, Unwohlsein und Zufriedenheit darüber ansieht, dass man es zumindest nicht mit einem Produkt von der Stange zu tun hat.

Den Dialogen fehlt genauso wie dem Plot im Ganzen das Pointierte, so dass man eher in die Filmtechnik getrieben wird und ungewöhnliche Kamerawinkel und abrupte Szenenwiederholungen ebenso erfreut zur Kenntnis nimmt wie teilweise wirklich sonderliche Hintergrund-Gags. Aber sollte es bei einem Film diesen Namens nicht auch genau darum gehen?
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The Infiltrator
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Für eine Geschichte, die auf realen Begebenheiten basiert, driftet Brad Furmans Inszenierung vielleicht in mancher Szene zu weit ins Theater, insbesondere wenn er die bunten Vögel der Drogenkartelle direkt gegeneinander aufscheucht. Hauptdarsteller Bryan Cranston führen die Undercover-Aktionen seines Charakters dadurch regelmäßig in Schwulitäten und unliebsame Zufälle – wie gut, dass sein gefestigtes Schauspiel meistens eine passende Antwort auf jede noch so unvorteilhafte Wendung findet. Überhaupt ist „The Infiltrator“ ein Film, der hauptsächlich von seinen Akteuren lebt. Mit Diane Kruger, Benjamin Bratt, John Leguizamo oder Joseph Gilgun kommt ein stark harmonierendes Ensemble zusammen, das als tragendes Fundament dient.

Die pastellfarbene, sehr steife Umsetzung der 80er Jahre muss man mögen, sie unterstützt aber den dezent komischen Unterton des Doppelspiels, das sich als überraschend dynamisch erweist und keineswegs so träge ist wie seine Verpackung suggeriert.
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The Greasy Strangler
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Tief unter der Fettkruste ist „The Greasy Strangler“ ein bitteres Melodram über Abweisung und das Einzelgängerdasein, doch es ist eben gerade die Kruste, die ihn so unorthodox macht. Man könnte den Versuch wagen, zu Vergleichszwecken die Travestie eines Helge-Schneider-Films mit dem Nonsens-Surrealismus Quentin Dupieux und Jon Heders Moonboots aus „Napoleon Dynamite“ in einer Petrischale mit zwei Esslöffeln „Oily Maniac“ zu vermischen, akute Explosionsgefahr wäre jedoch in die Rechnung mit einzubeziehen. Jim Hosking zeigt gerade das, was man unter keinen Umständen sehen will. Hässliche Menschen im Adamskostüm, keine schönen; ausgestorbene Discoschuppen, keine am Puls der Zeit. Eine Mode in Farben und Formen, die wie ein Dorn ins Auge stechen.Und jede Menge Bratfett. Der absolute Antifilm selbst für Leute mit halbwegs normalen Essgewohnheiten; was Gesundheitsfanatiker beim Anblick triefender, öliger Hot-Dog-Würstchen empfinden mögen, möchte man lieber nicht wissen.

Gewöhnliche Charaktere spart das Skript komplett aus; auch die Opfer des nackt in Schmiere getunkten Würgers sind in aller Regel Idioten, die nach eigenen autonomen Gesetzen funktionieren und gelegentlich kollidieren wie Spielzeugautos mit Aufziehschlüssel auf einer Spielmatte.
Doch geboten wird nicht einfach nur ein sich selbst genügendes Kuriositätenkabinett, sondern ein mit Bedacht aufgezogenes Lehrstück des absonderlichen Nischenfilms für ein sehr fein ausgewähltes Publikum. „The Greasy Strangler“ endet nicht wie viele seiner Artgenossen mit reinem Selbstzweck, sondern besteigt in den letzten Minuten, nachdem er lange über Routinen und Ellipsen gearbeitet hat, abrupt auf eine neue Meta-Ebene. Das abstoßende Vater-Sohn-Duo löst sich auf und hinterlässt eine dem Blob nicht unähnliche neutrale Eminenz, die nichts mehr zu behaupten scheint. Mit dem Fettlöser kommt die Erkenntnis: Dieser Film geht weit über die Trash-Anlage aus, über die er sich verkauft.
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Monster Trucks
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Gott bewahre... Hollywood hat die Polysemie von Wörtern entdeckt! Wird die berüchtigte deutsche Titelschmiede dumme Wortspiele demnächst schon fertig geschnürt aus den USA importieren können? „Monster Trucks“ wörtlich zu nehmen, kann nur dem naiven Geist eines Kindes entspringen (bei der Gelegenheit erinnere ich mich, dass ich als Kind Angst vor Autoschlangen hatte...), und tatsächlich... die Idee stammt nicht vom schlecht bezahlten Autorenteam des Studios, sondern vom vierjährigen Sohn des Paramount-Chefs.

Rückblickend kann man ja froh sein, dass es „nur“ um ein Glitschmonster in einem Truck geht – man hätte ja auch etwas über Hitze erzeugende Hunde drehen können, die im Winter von bösen Menschen an die Wohnzimmerwand gekettet werden, um das Ganze dann „12 Years A Hot Dog“ zu nennen. Trotzdem... die Grundidee ist so befremdlich, dass man sich zu keinem Zeitpunkt völlig auf sie einlassen kann. Auch nicht, wenn dieses als Jugendabenteuer aufgezogene Familienprodukt so tut, als sei es völlig selbstverständlich, eine Geschichte über Monster Trucks zu erzählen, bei denen sich tatsächlich ein Monster unter der Haube befindet.
Chris Wedge ist in gewisser Weise natürlich der richtige Mann am richtigen Ort für so etwas, auch wenn er zuvor noch nie einen Realfilm gedreht hat. Die debile Fratze des quallenartigen Ungetüms im Motorraum lässt allerdings sogar die Züge von Faultier Sid erahnen und allgemein ist die Story so spinnert und doch harmlos genug, um mit „Ice Age“ völlig kompatibel zu sein.

Der damals 26-jährige Lucas Till wirkt zwar in der Hauptrolle ein wenig wie ein großer Junge im Spielzeugland, ist aber sichtlich um Lockerheit bemüht (Widerspruch bemerkt?). Sympathisch wirkt die Freundschaft zwischen dem Autofreak und der knautschigen Alien-Kreatur ohne Frage, gleichwohl aber im Aufbau äußerst unrund und immer entlang der Klischees gebaut.

Fast zufällig stolpert sich der Plot immerhin zu einem halbwegs turbulenten Erlebnis, das zumindest nicht in Ödnis absäuft, so schusselig es auch umgesetzt sein mag. Satte Farben und schicke Impressionen der in North Dakota angelegten Schauplätze sorgen noch für ein Hochglanzfinish und man fühlt sich den Abend lang beinahe gut aufgehoben – bis man sich wieder daran erinnert, worum es hier eigentlich geht...
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Rivalen unter roter Sonne
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In Terence Youngs Ostwestmix sind Dynamitstangen explosionsfreudiger als der Culture Clash zwischen Cowboy und Samurai, auch wenn er publikumswirksam auf genau dieses Zusammentreffen der klassischen Antipole Eastern und Western ausgelegt ist.

Für eine ernsthafte Beschäftigung mit den kulturellen Differenzen reicht ein zweistündiger Film natürlich ohnehin kaum aus. Das Innere eines Zuges dient der Einführung der exotischen Gäste wie ein Mikrokosmos in sich selbst, der von traditionsreichen Kostümen und symmetrischer Ordnung und Selbstbeherrschung bestimmt wird, die mit der amerikanischen Tendenz zum mutwilligen Chaos auf den Prüfstand gestellt wird. Wo immer man Japaner als einsame Fremde durch amerikanische Weiten ziehen sieht, wirken sie ein bisschen wie Pinguine, die auf einen Pfad mit bellenden Hunden geschickt werden und dabei versuchen, ihre Würde zu behalten. In Bronson findet Toshiro Mifune einen Archetyp westlicher Kulturdarstellung und vice versa, und so bahnt sich „Rivalen unter roter Sonne“ zögerlich seinen Weg zum Buddy Movie, das sich auch von einer Ursula Andress nicht aus der Bahn werfen lässt.

Oberflächlichkeiten werden ausgetauscht und vertiefen sich bis zum Ende nicht zu wahrhaftiger Substanz, hinterlassen aber ein Schlachtfeld voller Krater und Löcher, von Alain Delon mit durchdringendem Ernst angetrieben, der in diesem schillernden Film keinerlei Reflektion findet. Das ist krachend unterhaltsam, wenn auch über die Action-Mechanik hinaus nicht sonderlich erkenntnisreich.
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Sully
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Auch wenn das Richten über den Piloten von „Sully“ verglichen mit dem alkoholisierten Kunstflieger von „Flight“ etwas subtiler vonstatten geht, bezogen auf den mehr als nur ähnlichen Plot kann Clint Eastwood nur noch das „True Story“-Label zücken, um die Realisierung dieses Films zu rechtfertigen. Und selbst wenn die Ausgangslage nicht ganz so handfest ist wie in Zemeckis' Pilotenfilm, so zielt sie doch darauf ab, die Theoretisierung durch fachfremde Entscheidungsträger zu hinterfragen und zögert dabei auch nicht, dem Sympathieträger (Tom Hanks) und seinem Sidekick (Aaron Ackhart) einen Haufen gesichtsloser Unsympathen in den Weg zu stellen, die vermeintlich aus reinem bürokratischen Stursinn ihre Entscheidung treffen.

Der Ansatz hat einen lobenswerten Kern, entbehrt aber leider einer umfassenden Gesamtbetrachtung und bemüht so ein vereinfachtes Bild von Gut und Böse. In Rückblenden wird das Ereignis zurückgespult und analysiert, um keine Zweifel daran zu lassen, dass der Kapitän des Flugzeugs in einer Notsituation richtig gehandelt hat. Ungerechte Befragungen führen zeitgleich zu Alpträumen, die aus Schuldgefühlen entstehen, die der Justizapparat einem Mann aufdrängt, der lediglich nach bestem Gewissen gehandelt hat. So weit, so gut; dass letztlich aber einer Computersimulation der Status des Gerichtsbeweises mit der höchsten Relevanz zugesprochen wird, ist Ironie, die schmerzt; selbst wenn der „Faktor Mensch“ nachträglich noch nach Gutdünken beigemischt wird.
Mit den Parametern eines Gerichtsfilms erzeugt Eastwood dabei zwar routiniert Spannung, setzt diese aber mit kurzsichtiger Perspektive ein. Wo die Perversion der Ermittlungen gegen einen nachweislichen Menschenretter tatsächlich ihren Ursprung hat, weiß „Sully“ nicht zu thematisieren.
:liquid5:

The Knick – Season 1
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„Directed by Steven Soderbergh“, verrät der Abspann jeder Episode, und unterstreicht den Autorenanspruch dieser Serie über die bislang stiefmütterlich behandelten Anfänge der Medizin. Über zwielichtige Medizinhändler, Pferdekutschen und einen omnipräsenten Rassismus streift „The Knick“ in seiner Geschichte rund um chirurgische Experimente im Knickerbocker Hospital die letzten Reste des Wilden Westens ab im Versuch, Eintritt in die Zivilisation zu erlangen.

Dass die Hauptfigur ein genialer Arzt mit Drogenproblemen ist, stellt zwar nicht unbedingt einen Coup dar, sondern gehört zu den eher konventionellen Mitteln serieller Erzähldramaturgie; entsprechend spielt Clive Owen im Wechsel die fachlich brillante Seite und die private Verzweiflung in einer Schere aus, die zum Ende der Staffel nur in Drama münden kann. Dass Owen in seiner Rolle jedoch auftrumpft, ist eine davon unabhängige Erkenntnis, die sicher auch damit zu tun hat, dass mit Co-Star André Holland ein gesellschaftskritisches Fass aufgemacht wird, von dem die komplexe Charakterzeichnung der Hauptrolle profitiert.
Wo es schon um frühe Medizin geht, überrascht der regelmäßige Einsatz von Gore nicht. Ungeachtet seiner teils selbstzweckhaften Tendenzen findet er einen unverbrauchten Weg, ein zeitgemäßes Publikum zu fordern, ohne deswegen zur üblichen Mischung aus Sex und Gewalt greifen zu müssen. Noch unbequemer als die Bilder geöffneter Menschenkörper sind ohnehin aufgebrachte Pöbel, die blind vor Hass über den Pflasterstein stampfen und ohne jegliche Reflektion bereit zum Lynchen sind, sich wahllos auf einen Schwarzen werfen und ihn grün und blau prügeln, weil ein anderer Schwarzer angeblich ein Verbrechen begangen hat.

Erfreulicherweise bewegt sich Soderbergh nie zu weit weg vom Trial & Error medizinischen Fortschritts und den gesellschaftlichen Barrieren, die diesen Fortschritt verwehren. Die hin und wieder eingebauten Einzelschicksale sind stets mit diesen Bemühungen verknüpft, was einen festen, kontrollierten Erzählstil zur Folge hat. Ein nicht seitens der Kritik, seitens der Masse jedoch weithin unterschätztes Kleinod, das als historische Serie sogar noch eine wichtige thematische Lücke schließt.
:liquid8:


American Gods – Season 1
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Die „Hannibal“-Köpfe machen aus Neil Gaimans Satire auf von Menschen gemachte Götter eine TV-Serie? Alleine bei dem Gedanken löst sich das Hirn bereitwillig von der Membran und tanzt einen schwungvollen Walzer. Schließlich stößt eine unverbrauchte Grundidee auf visionäre Erschaffer von bewegten Bildern.

Und die ersten beiden Episoden legen los wie die Feuerwehr. Der stroboskopartig in verschiedene Neonfarben getauchte Vorspann darf als Richtungsweiser gelten. Darauf vertrauend, dass sich der Zuschauer die immerhin nur acht Teile lange erste Staffel bis zum Ende durchsehen wird, werden ihm die abstrakten Puzzleteile ohne Gebrauchsanweisung achtlos vor die Füße geworfen. Mit nie (außer in „Hannibal“) gesehenen Bildkompositionen und gehörtem Irrenanstalts-Soundtrack wird man regelrecht überfüttert. Sinn ergibt das auf den ersten Blick nur bedingt; zunächst einmal behält der Stil gegenüber der Substanz klar die Oberhand.

Doch keine Sorge, das Eye-Candy wird noch früh genug mit Inhalt verschmolzen. Gaimans blumige, ironische Schreibweise legt sich nicht unbedingt im bierernsten Hauptdarsteller, um so mehr jedoch in Nebendarstellern wie Peter Stormare, Emily Browning, Pablo Schreiber und vor allem dem überragenden Ian McShane nieder. Ja, selbst die normalerweise so strichmundige Gillian Anderson blüht in einer Travestie-Show der Extraklasse auf (man muss dabei gewesen sein, um es zu glauben, aber ihre Marilyn Monroe ist ein Fest!). Stellenweise blitzt sogar der Surrealismus David Lynchs auf (der echte, nicht dieser nachgeahmte, den man jedem zweiten Mystery-Thriller andichtet), doch Bodenhaftung bleibt gerade so weit bestehen, dass die Prämisse erkennbar bleibt: falsche Götter in die grellen Warnfarben zu kleiden, die ihnen gebühren.
Der harte Seegang zwischen Beziehungsdrama und Parforceritt durch die Weltgeschichte mag sich als Massenfutter nicht eignen; insofern ist es mutig, Bryan Fuller wieder an die Regler gelassen zu haben, dessen letzte Serie wegen Überforderung des Publikums über drei Staffeln nicht hinauskam. Dabei reicht ein bisschen Hirnschmalz und die Bereitschaft, sich auf unkonventionelles Erzählen einzulassen, aus, um Gefallen an „American Gods“ zu finden.
:liquid8:

Mad Men – Season 4
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Sterling Cooper Draper Price. So schwungvoll der Name, so frisch der Neuanfang. Obwohl sich eigentlich nur wenig geändert hat: Die letzten Nachzügler haben zur neuen Agentur gefunden und alles ist im Grunde wieder beim Alten; die Schlange hat sich lediglich gehäutet. Was nicht ausschließt, dass die Staffel nicht ganz erhebliche Probleme mit Kunden thematisieren würde, bis hin zur Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem langjährigen Vertragspartner, der bis zur Existenzbedrohung reicht. Auch privat läuft es für die Beteiligten immer weniger rosig: Das ohnehin bereits gebrochene Verhältnis ziwschen Betty und Don vergiftet zunehmend und zieht die Kinder in ein tiefes Loch; Don hat darüber hinaus mit einer schweren Identitätskrise zu kämpfen, die sich wie ein grauer Schleicher über sein Arbeits- und Privatleben legt, das lediglich durch kurzfristige Lichtblicke Höhepunkte erfährt.

Weiterhin ist die Serie brillant darin, Bezüge zwischen Gesellschaftlichem und Privatem aufzustellen. Offenes Drama erlaubt sie sich nicht, sondern verweilt selbst dann noch in Werbepose, wenn die Trümmer unübersehbar sind. Dass „Mad Men“ samt seiner euphorischen Kritiker-Rezeption retrospektiv als Serie für Hipster eingeordnet wurde, ist ein Gedanke, dessen Zustandekommen man einerseits nachvollziehen kann; andererseits ist die Serie eben einfach so verdammt gut.
:liquid9:

Weitere Sichtungen:
Guardians – Beschützer
John Wick 2
Hard Target 2
Resident Evil – The Final Chapter
Valerian – Stadt der Tausend Planeten
xXx3
Sleepless - Eine Tödliche Nacht

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Beitrag von SFI » 20.08.2017, 13:20

dito zu @Sully!
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Beitrag von gelini71 » 20.08.2017, 15:23

Bei "the Knick" stört mich dieser Technosoundtrack unglaublich - der paßt absolut nicht zu der Handlung.....
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

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Beitrag von Vince » 20.08.2017, 17:01

Ja, der war in der Tat gewöhnungsbedürftig und hat mich auch irritiert... mir hat sich auch nicht die Intention erschlossen, weshalb man hier diesen Kontrast zu den Bildern gesetzt hat.

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Beitrag von gelini71 » 20.08.2017, 17:04

Da war auch immer wieder das Thema aus "Contagion" zu hören, k.A. was das sollte....
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

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McClane
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Beitrag von McClane » 21.08.2017, 13:22

"The Editor" sehe ich ähnlich. Einerseits faszinierend wie genau man den Giallo (trotz gewisser Überzeichnungen) nachgebaut, inklusive Bava- und Argento-Optik und -Ausleuchtung sowie Szenenzitaten aus "Der Killer von Wien", aber ich war ein Stück weit ratlos was der Film wollte bzw. wohin. Gerade beim Ende wusste ich nicht mehr ob das eine Hommage an Regisseure wie Fulci sein sollte, bei denen die Auflösung auch oft ins Chaos führte oder Planlosigkeit der "The Editor"-Macher war.

"Sully" hab ich (noch) nicht gesehen, aber der steht für mich symptomatisch für den Irrglauben, dass das wahre Leben automatisch die besseren Geschichten schreibt, dem Eastwood inzwischen erlegen ist, weshalb er nur noch mit irgendwelchen zunehmend belangloseren Biopics beharkt - schade, wenn man bedenkt, was für meisterliche Filme der Mann gestemmt hat, in den 2000ern sogar in schneller Abfolge.
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Beitrag von Vince » 16.09.2017, 12:53

Stephen Kings Big Driver
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„Big Driver“ entstammt derselben Kurzgeschichtensammlung wie „A Good Marriage“. Die Verfilmung zu beiden King-Vorlagen erschienen fast auf den Tag zeitgleich im Oktober 2014... und nehmen identische Formen an, denn hier wie dort liegt ein typischer Billigheimer der Marke King vor – Charaktere mit endlos vielen Macken in einem zwischen moderatem Grusel und gemäßigten Thrill verorteten Abenteuer, das so fantasielos gefilmt wie uninspiriert erzählt ist.

Maria Bello gibt sich redlich Mühe, ihrer Figur etwas Komplexes und in letzter Instanz Feministisches einzuhauchen – denn letztlich ist „Big Driver“ genau das, ein feministischer Film. Wendet man sich mit dem Abschluss der Geschichte jedoch dem Resümee zu, erkennt man ein ärgerlich simples Spiel mit Gut-Böse-Polarität, vor allem aber mit grenzenloser Naivität, die von Gewalt aufgefressen wird. Um das naive Blondchen im Minirock zu spielen, das seine ganze Realität aus den selbst erdachten Bücherwelten und dem Handy-Tratsch mit der besten Freundin schöpft, ist Bellos gesamte Erscheinung sichtbar zu verbraucht, auch vor dem einschneidenden Erlebnis am Ende des ersten Aktes; halbwegs interessant wird ihre Rolle somit erst, wenn sie von ihren inneren Dämonen wahrlich herausgefordert wird.

Mikael Salomon („Salem's Lot“, „Nightmares & Dreamscapes“) fällt dazu aber nicht mehr ein als verdächtige Intelligenz aus dem Navigationsgerät und eine in fahlem Schwarzweiß gehaltene Selbstbeobachtung bei einer Vergewaltigung. Der TV-Ursprung dieser Produktion ist jederzeit präsent, ebenso wie die zugrundeliegende Kurzgeschichte, die sich durch eine äußerst reduzierte Handlung bemerkbar macht, welche mit hysterischen Selbstgesprächen und endlosem Verharren bei antriebslosen Nebenfiguren auf Filmlänge aufgebauscht wird.

Dass die Hauptfigur immer wieder durch glückliche Fügung des Schicksals auf die richtige Bahn geschoben wird wie der Trapezkünstler durch den Windstoß im richtigen Moment, dient natürlich bequem der Prämisse, eine starke Frau zu präsentieren, die mit ihrem imaginären Teeclub ihren Seelenfrieden macht; interessanten Fragen geht dieser Ansatz allerdings aus dem Weg.
:liquid3:

Dragon Blade
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Ein in der Gegenwart spielender, inhaltlich jedoch nichts beitragender Rahmen führt tief in die chinesische Vergangenheit der Han-Dynastie, um dort einen Satz unterschiedlicher Kulturen in einer Zeit des Krieges zusammentreffen und die Lektion des Friedens lernen zu lassen. Selbst im Funkeln der fabrprächtigen Rüstungen sucht der modern (und etwas schlampig) geschnittene Film noch einen zeitgemäßen Stil und verhält sich nicht zuletzt auch bei der Darstellerwahl marktorientiert: Das Zusammentreffen von West und Ost fußt nicht unbedingt auf kulturellen Beweggründen, sondern eher auf kommerziellen. Jackie Chan als nach wie vor zugkräftiger Star wird unterstützt von den ehemaligen A- und längst B-Mimen des amerikanischen Kinos, John Cusack und Adrien Brody.

Mit ihnen treten dann auch alle Regeln und Beschränkungen ein, die man bei einer derartigen Kooperation erwarten darf. Passiver Protest und die Formel „der Feind meines Feindes ist mein Freund“ sind die wichtigsten Eckpfeiler dieses eigenwilligen Blickes auf eine Begegnung zwischen chinesischen und römischen Soldaten, die Persönliches in die Schlacht einbinden und auf imperiale Bedürfnisse umleiten, wobei moralische Grauzonen noch im ersten Drittel mit hohem Aufwand auf Schwarz und Weiß umverteilt werden.

In der Folge gibt es neben gut choreografierten Kampfsequenzen inklusive solider Kostümierung eine Menge fragwürdiger Ambitionen, die Botschaft in bildkräftiges Filmmaterial zu gießen. Dazu gehören seltsame Gesangseinlagen, Freundschaftsbekundungen und das mit Pathos versehene Aufschlagen kultureller Brücken. Klingt das aber noch nach Geschichtsunterricht zum Erleben für die ganze Familie, sind garstige Tötungsszenen längst nicht ausgeschlossen; sie dienen in teils unnötiger Drastik der Dämonisierung des von Adrien Brody gespielten Söldners, so als habe er als Schauspieler nicht selbst genug Einsatz gefunden, um seine Boshaftigkeit zu demonstrieren.

Könnte man „Dragon Blade“ auf seine Action zusammenkürzen, so sollte man es tun. Einen Blick kann man schon riskieren aufgrund des namhaften Cast, der hübschen Ausstattung und der gelungenen Kampfszenen, doch die Dialogzeilen dazwischen zerstören mehr Substanz als sie aufbauen.
:liquid4:

The Devil Dared Me To
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Die neuseeländische Flagge flattert stolz im Wind und versucht als „blood spangled banner“ Aufmerksamkeit zu erhaschen. Die Cookstraße wird zum Zielobjekt eines lebensmüden Stunts erklärt. Sie verbindet zwar nur die beiden Hauptinseln des Landes, ist für einen Sprung jedoch eine Herausforderung von komödiantischem Ausmaß und darf als Symbol für die Ambitionen der hochmotivierten Filmemacher verstanden werden, vom Rest der Welt bemerkt zu werden – was nur funktioniert, wenn man völlig über sich hinauswächst.

Gewöhnungsbedürftig ist der aufdringliche Indie-Look mit seinen unangenehmen Close-Ups und unvorteilhaften Bildausschnitten zunächst dennoch, die Gags bisweilen sehr rustikal. Thomas Danneberg passt typenbedingt nicht unbedingt auf den Antagonisten, dominiert die Übersetzung der fernländischen Heldenfolklore jedoch mit einer klarem Rainer-Brandt-Touch, der nach einigen Minuten der Irritation durchaus Spaß macht.

Das gilt auch im Ganzen für den Film. Der Mix aus Splatter und Heimatfilm mit Dumpfbackenhumor entwickelt erst mit der Zeit seinen Charme, startet dann aber mit dem Underdog-Appeal nach Art von „Cool Runnings“ durch.

Das Stunt-Thema wiederum verpflichtet zur Action, die teuer werden kann, wenn sie gut aussehen soll; Chris Stapp lässt sich jedoch einiges einfallen, um mit wenig Budget ein Maximum an Getöse zu fabrizieren, inklusive fieser Knochenbrüche und Amputationen. Dass die Seifenkisten in Sachen Design nach Selbstbastelkurs für Viertklässler aussehen, ist dabei ein Stück weit gewollt. Es zählt nur, wie man damit abhebt.
:liquid6:

Deadly Blessing
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Mit „Deadly Blessing“ verlässt Craven die Gefilde offen ausgelebter Abnormalität, wie sie in „The Hills Have Eyes“ und „The Last House On The Left“ zu sehen war, und verbirgt das Böse unter der Maske des Tugendhaften, indem er den Schauplatz in ein Dorf verlegt, das von einer Art „Ultra-Amish“ bevölkert wird. Einen Incubus lässt er im Unsichtbaren walten, entweder aus dem Kamera-Off hinaus, über verwaschene Träume oder das überlieferte Wort. Vom eintönig blauen Himmel über die schlichte Kleidung bis zur blassen Farbgebung ist Craven daran gelegen, sein Publikum in falsche Sicherheit zu wiegen, um dann doch unerwartet mit drastischen Szenen zu schockieren, zu denen auch eine solche gehört, in der Sharon Stone eine echte Spinne in den weit geöffneten Mund fällt (oder bei genauerer Betrachtung an ihrem Mundwinkel abprallt).

Das kann man reißerisch finden, was insofern den Kern träfe, als dass man mit damit in regelmäßigen Abständen aus dem drohenden Schlaf gerissen wird. Man könnte behaupten, „Deadly Blessing“ bedeute für den Horrorfilm das Gleiche wie „Der einzige Zeuge“ für den Thriller, doch dazu sind die Horror-Elemente nicht dicht genug in den Plot verwoben. Spätestens bei der showlastigen Finalsequenz, die eine (vielleicht unerwünschte) Antwort auf die Frage nach der Echtheit des Dämonenzaubers gibt, wird dies nur allzu deutlich. Ernest Borgnine ist in Amish-Montur ausnahmsweise mal keine Erfahrung wert, könnte man doch auch einen Computer dafür programmieren, von der Stadtdame bis zum Traktor alles als Hexenwerk zu deklarieren, was sich bewegt und Michael Berryman ist nach seinem eindrücklichen Craven-Auftritt vier Jahre zuvor nur noch ein dummes Kind, das mit schlichtem Gemüt für alle Ohren die Wahrheit ausplärrt.

Man kann das sehenswert finden, wenn man möchte, aber eine träge Angelegenheit ist es mitunter durchaus.
:liquid4:

Byzantium
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Kaum ist Neil Jordan am Ruder, gewinnt der Vampirfilm sein immerwährendes Wesen zurück. Wie „Interview With A Vampire“ ist „Byzantium“ ein Rührstück, dem es gelingt, seinen Geltungsbereich auf viele Zeitabschnitte auszuweiten und sich dennoch im Moment zu verlieren; pubertäre und mütterliche Ängste zu thematisieren, um sie zur ewigen Betrachtung in ihrer Pose einzufrieren.

Genau dies macht er mit der komplizierten Mutter-Tochter-Beziehung in einer apokalyptischen Alternativwelt, zu der leere Hotels mit blinkender Neonfassade ebenso gehören wie nächtliche Strandwanderungen bei aufbrausender Gischt, als würde man „Blade Runner“ und „Blut an den Lippen“ miteinander verzahnen.

Aus den profanen Eigenschaften des Überlebensinstinkts erzeugt der Regisseur somit eine Poesie, die einen frösteln lässt – auch weil Gemma Arterton und Saoirse Ronan für ihre Rollen wie gemacht scheinen.
:liquid7:

Captain Kronos
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„Captain Kronos“ ist so etwas wie das schiefe Grinsen in den klassischen Pose eines alternden Hammer-Gesichts, das zwar nicht bereit ist, seine Ufer zu verlassen, jedoch eine neue Perspektive darauf wirft. Was retrospektiv zu „Blade“-Vergleichen führte, ist nicht einfach nur modern inszenierte Vampirjagd oder bloßes Einzelgängertum samt störrischer Duldung eines loyalen Sidekicks, es ist die bittere Ironie und der stille Protest gegen die eigene Profession, die den strohblonden Deutschen in der Hauptrolle ein Stück weit mit dem Daywalker verbindet.

Regisseur Brian Clemens komponiert eine atmosphärische Mischwelt aus Dracula-Dörfern und hügeligen Laubwäldern, in denen zum Aderlass ebenso gebeten wird wie zum Duell mit dem Degen. Die dreidimensionale Fläche wird bis weit in die Tiefe hinein hervorragend genutzt, insbesondere anhand der schwarzen Kapuzengestalt, die es auf junge Frauen abgesehen hat und ihrerseits deswegen von Kronos gejagt wird; sie erscheint nahtlos im Bild wie ein schwarzes Loch und ist auf einmal doch ganz woanders, mal das Bild füllend, dann ein schwarzer Punkt im Panorama, ausgesaugte Hüllen hinterlassend, die man mit detailfreudiger Make-Up-Arbeit auf hübsche Gesichter gepinselt hat.

Die im Vergleich zu anderen Produktionen aus den Hammer-Studios weniger schwerfällige Erzählweise hat den Alterungsprozess bis zum heutigen Tage stark verzögern können; sie ermöglicht heute reuelosen Retro-Genuss bei ansprechendem Tempo, der selbst gegenüber der Überraschungsmüdigkeit eines von der Postmoderne eingenommenen Publikums eine gewisse Resistenz bewahrt.
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Final Fantasy - Kingsglaive
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Perspektive eines Außenstehenden: Ohne Vorwissen zur Videospielgeschichte, zum begleitenden aktuellen Ableger „Final Fantasy XV“, zu Mangas oder sonstigen medialen Ablegern des japanischen Fantasy-Universums eignet sich ein Abend mit „Kingsglaive“ ideal zur Nervenbetäubung nach einem langen Tag in der realen Welt. Damit stellt er sich in eine Reihe mit „Advent Children“ (2005), der ebenfalls hauptsächlich mit einem Nonstop-PC-Feuerwerk glänzte, das man einfach wie eine Monsterwelle hinwegrollen lassen konnte, während man am Meeresgrund Muscheln zählte – anders als der unter „CGI-Revolution“ vermarktete „The Spirits Within“, der auch Ambitionen aufwies, eine nachvollziehbare Scnience-Fiction-Geschichte zu erzählen.

Der Mix aus Mittelalter-Szenerie und technologisch geprägter Science Fiction verknüpft Reize für ein modernes Publikum, das Game-Of-Thrones-Episoden binge-watcht und sich dabei nur von Werbespots eines Autoherstellers unterbrechen lässt, der sich Fortschritt und Pioniersgeist auf die Flagge geschrieben hat. Folglich grenzen aalglatte High-Speed-Autobahnstrecken an alte Schlösser und überdimensionale Schwerter schneiden sich ihren Weg durch frischen Asphalt, während die Funken fliegen. Alles inszeniert in Computergrafik, die den Filmfreund unbemerkt in Letsplay-Sphären verschlägt, nimmermüde kreiselnd, um Kollisionen und Explosionen noch dynamischer zu gestalten. Die Grafik noch einmal leicht über dem Niveau der Zwischensequenzen aktueller Videospiele, ohne der Realität jedoch zum Zwilling geraten zu können, dafür immer mit einem Bein im Uncanny-Valley-Effekt verfangen.

Worum es überhaupt geht? Das ist eine Frage, die Kenner beantworten müssen...
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Nerve
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Das Erleben der realen, oftmals als mühsam oder kompliziert empfundenen Welt durch digitale Simulation 1:1 zu ersetzen oder wenigstens zu überdecken, ist vielleicht eine der prägnantesten Eigenschaften des fortschreitenden 21. Jahrhunderts. Das betrifft die Verlagerung des Privatlebens in soziale Netzwerke ebenso wie mehrere hundert Quadratkilometer große Videospielsandkästen oder die neuerdings aufkeimende Augmented Reality.

Insofern erweist sich „Nerve“ als waschechter Zeitgeist-Film, der grundsätzlich auf Jugendkultur gepolt ist, jedoch nicht die hoffnungslose Naivität mit den inzwischen fast wieder ausgestorbenen Jugenddystopien nach „Mockingbird“-Abbild teilt. Im Gegenteil; obwohl sich speziell Heranwachsende von der Thematik um eine virtuelle Großstadtvariante des klassischen „Mutprobe“-Spiels angezogen fühlen dürften, wird ihnen anstatt eines unbeschwerten Spaßparcours oder einer Motivationsspritze eine emotionale Herausforderung serviert. Denn dieser Spiel-auf-Zeit-Thriller liefert einen durchaus kulturkritischen Ansatz.

Ohne in letzter Instanz zu drastischen Mitteln greifen zu müssen oder auch nur besonders ausdrucksvolle Darsteller zu präsentieren (Dave Franco und Emma Roberts agieren sogar betont kindlich-unerfahren), entsteht ein drastischer Sog, der schwierige Entscheidungen (die logischerweise mit jeder Minute nur schwieriger werden) mit maximaler Immersion ausstattet und direkt erlebbar macht. In Panoramabildern der nächtlichen Stadt, über deren Skyline die bunten Schilder der „Player“ thronen, wird der virtuelle Charakter des Spielprinzips deutlich, ebenso wie der Egozentrismus der Spielerbewegung, die diese Stadt als ihre Stadt deklarieren. Überhaupt handelt „Nerve“ von Dominanzverhältnissen und Kontrolle, Situation und Affekt. Mit einem bewusst simplifizierten Konzept, dasTeilnehmer in „Player“ und „Watcher“ aufteilt, wird insbesondere der Selbstdarstellungskultur in sozialen Netzwerken ein Spiegel vorgehalten.
Seine schlichte Symbolik und sein flacher Ablauf hindern „Nerve“ allerdings erwartungsgemäß daran, tiefer gehende Fragen zu stellen. Den kritischen Ansatz in allen Ehren, erschöpft sich die intellektuelle Gehalt oft schon in den eindimensionalen Figuren (Emily Meade), so dass sich das dumpfe Grummeln im Magen kaum auf den Kopf überträgt.
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Why Him?
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Dass Regisseur John Hamburg an den Drehbüchern der „Fockers“-Trilogie um Ben Stiller und Robert De Niro mitwirkte, sieht man auch seiner jünsten Regiearbeit „Why Him“ an. Bryan Cranston und James Franco stellen lediglich eine Umkehrung der Machtverhältnisse zwischen Schwiegervater und -Sohn dar; es ist diesmal der Jüngere, der das Heft in die Hand nimmt und den Älteren in den Wahnsinn treibt, und das nicht etwa mit Misstrauen – wie könnte man auch dem Vater seiner Frau mit Misstrauen begegnen – sondern mit ungebremster Zuneigung.

Dass wieder der große Erwachsenenspielplatz eines stinkreichen Charakters als skurriler Schauplatz dient, gehört ebenso wie die ans Buddy-Genre angelehnte Männerkonstellation zu den Klischees der Komödien-Subsparte um Verwandtschaftsbeziehungen. Er erlaubt hier ein paar verrückte Spielereien im Umgang mit Haushaltshelfern, die den Weg in den alltäglichen Hausgebrauch noch nicht gefunden haben (Stichwort Toilettenspülung), mit Kunstgeschmack und Zeitvertreib. Für einen James Franco, der in „The Interview“, „Das ist das Ende“ oder „Spring Breakers“ ständig in derartiger Umgebung unterwegs ist, stellt das bereits Routine dar. Ihm bietet sich wieder reichlich Gelegenheit, seine Umgebung mit einem knautschigen Ausdruck der Dauerfreude zu verwirren. Seine Figur ist reines Comic Relief und soll Cranston sowie dessen Familie in erster Linie mit seinem unkonventionellen Verhalten verwirren; was anfangs nach reinem Sarkasmus aussieht, entpuppt sich schließlich als authentische Gastfreundlichkeit, ein Wesenszug, der in dieser geballten Konzentration nur in modernen US-Komödien zu finden ist.

Die zwischen hysterisch und peinlich pendelnden Gagabfolgen haben zwar ein paar überraschend charmante Momente in petto und lassen Brachialattacken aus dem Hause Sandler & Co. immer noch weit hinter sich zurück, heben sich von der Mainstream-Comedy-Schule jedoch nicht weit genug ab, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Wer aber Franco und Cranston in den unmöglichsten Verrenkungen erleben will, kommt auf seine Kosten.
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The Accountant
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Das ganze Konzept von „The Accountant“, der wohl demnächst eine Fortsetzung erhalten soll, basiert darauf, dass Erwartungen an eng gefasste Rollenbilder aufgebrochen werden, zur Überrumpelung und nicht zuletzt zum Vergnügen des Publikums. Einem Buchhalter, erst recht einem solchen mit Autismus-Diagnose, würde man wohl kaum den beherzten Griff zur Waffe zutrauen – es sei denn, wir befinden uns in der wunderbaren Welt des Films.

Das Produkt dieser alternativen Superhelden-Überlegungen aus den Warner-Studios ist eine Art „Falling Down“ mit eingebauter „Rain Man“-Drossel, in welcher der Protagonist das „Fuck You“ gegenüber der fiesen Umwelt mit äußerster Vorsicht und Rationalität formuliert. Dessen Gemüt gemäß ist in dem deklarierten Thriller vergleichsweise wenig Thrill vorzufinden, auch weil die Emotionen fehlen. Unter der Maske des schwarzen Rächers Batman durfte Ben Affleck noch wüten und manische Kräfte wirken lassen, hier übt er wieder mimischen Minimalismus aus und hat auch nicht gerade Wasserfälle von Dialogzeilen zu bewältigen; diese übernimmt in aller Regel Anna Kendricksin einem Standard-Subplot mit Love-Interest-Einschlag. Schwarzer Humor kommt in banalen Gesprächen über Stifthalter durch und allgemein darin, dass viele aufbrausende Charaktere (neben Kendricks auch der stets auf Krawall gebürstete Jon Bernthal) sich an der fehlenden Responsivität des Zahlengenies festbeißen.

Das hat seinen Reiz, hätte aber gerne noch pulpiger inszeniert werden dürfen. Zeitweise pflegt Gavin O'Connor einen etwas zu seriösen Ton, als könne er es mit den großen Finanzthrillern der 70er aufnehmen, dazu jedoch fehlt der Story die Substanz. Erst als Affleck endgültig Kuli gegen Scharfschützengewehr austauscht, entfaltet sich der Reiz eines Films, der einerseits nicht unbedingt nach einer Fortsetzung verlangt, in einer solchen andererseits aber möglicherweise sein Potenzial besser ausreizen könnte.
:liquid6:

Elle
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Auf dem Papier noch ein klassisches Vergewaltigungsdrama, das sich bei genauerem Hinsehen bequem auf klischeehafte Plotwendungen stützt, mausert sich Paul Verhoevens erster Film seit einer Dekade in Aktion zu einem völlig unvorhersehbaren Stop-And-Go. Gerade ein Thriller-erprobtes Publikum wird immer wieder in Situationen manövriert, die es aus dem Effeff kennt, um sich plötzlich mit verblüffenden Auflösungen konfrontiert zu sehen.

Hupperts Titelrolle ist ein Mysterium und gerade deswegen unheimlich faszinierend. Von der Klebefläche, auf die man sich zur Einhaltung von Genre-Konventionen stillschweigend geeinigt hat – dazu ist in erster Linie das minimalistische Regelwerk des Rape-And-Revenge-Films zu zählen - löst sie sich Szene für Szene kraftvoll, stets mit einem Ausgang, den man nur schwer vorhersehen kann.

Verhoeven selbst flüchtet sich zur Erzeugung dieser Wirkung zurück in die Intimität seines Frühwerks, sucht in der französisch-deutschen Produktion die Unmittelbarkeit und lässt dabei aus einer perfiden Beobachterperspektive filmen, die von Grund auf etwas Verdorbenes einbringt, einem gewagten Gewürz gleich. Symbolisch eingesetzte Videospielsequenzen reflektieren die Leere, die der Regisseur in dem gesellschaftlichen Konstrukt aus Oberflächlichkeiten und Massensuggestion vorfindet; sie dienen spätestens als Portal zurück in die frühen 90er Jahre, als Erotikthriller noch so etwas wie eine Lobby hatten.
Auch wenn die ganz schweren Geschütze fehlen, die ein Film wie „Spetters“ aufzufahren wusste, ist Verhoevens Rückkehr durchaus eine solche, von der Notiz zu nehmen ist.
:liquid7:

Schwarze Mamba
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Geschwollene Köpfe nicht nur des Schlangengifts wegen, sondern auch wegen der schwierigen Persönlichkeiten Kinskis und Reeds: Zwei Sturköpfe betreten die Szene mit selbigem bereits in hochroter Farbe, selbst als die Situation im Skript noch nicht eskaliert ist. Dem Film, der Entführungsthriller in gleichen Anteilen mit Tierhorror verknüpft, schadet das nicht direkt: Zumal Kinski den Chefkriminellen spielt und Reed seinen Gehilfen, findet das Gezeter hinter den Kulissen spielend auf die Leinwand. Während Reeds schwitzender Kopf die Zornesadern präsentiert, droht Kinski vor Arroganz zu platzen – ein durchaus spannendes Naturschauspiel. Spannender jedenfalls als das eigentliche Drehbuch, das sich spannender liest, als es sich in Aktion bewährt: Aufgrund einer Verwechslung im Tierhandeln wird einem Jungen also eine schwarze Mamba anstatt einer ungiftigen Hausschlange mit nach Hause gegeben und das Heim verwandelt sich, abgesperrt durch die Entführer, in eine Falle mit einem Suspense-Schema frei nach Alien.

Es dauert leider viel zu lange, bis der Schlangenterror ein wahrhaft physisches Ausmaß annimmt und die Bedrohung tatsächlich aus jedem Winkel zu spüren ist. Bis dahin schaut man ratlos den verängstigten Geiseln und ihren überforderten Peinigern dabei zu, wie sie mit sich selbst und einer unsichtbaren Bedrohung hinter den Wänden zurechtzukommen versuchen.
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Homeland – Season 3
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Der bittere Ausklang der zweiten Staffel hat eine Menge Ballast aus dem Weg geräumt und sämtliche Regler verschoben. Ein kompletter Neuanfang wird nicht gewagt (dieser ist vermutlich der vierten Staffel vorbestimmt), dazu haben die bisherigen Geschehnisse noch einen zu starken Impact auf das aktuelle Vorgehen der CIA; die notwendigen Änderungen sorgen aber eindeutig für neuen frischen Wind, bevor der alte seinen Sauerstoff verloren hat.

Maulwürfe und familiäre Entfremdung hat man dank „24“ zwar bis zum Hals stehen, irgendwie ringt „Homeland“ ihnen aber interessante neue Aspekte ab und schafft es, Suspense aus ihnen zu gewinnen. Dass die von Morena Baccarin gespielte Ex-Frau Brodys ihren Nerv-Faktor zurückdreht, ihre Filmtochter (Morgan Saylor) dagegen jetzt erst so richtig anfängt, ist unter dem Strich ein Nullsummenspiel.

Wichtiger als die Drehbuchzüge oder auch jegliche Handlung rund um Brodys Ex-Familie ist aber weiterhin das Zwischenmenschliche, das vom Dreieck Carrie, Saul und Brody ausgeht. Obwohl mit einer emotionalen Überdosis vorgetragen, fasziniert insbesondere das komplexe Verhältnis zwischen Carrie und Saul nach wie vor, auch wenn man sich zum Selbstgeständnis zwingen muss, dass ein Charakter wie die psychisch labile Protagonistin in der Realität wohl kaum mehr irgendwelche Befugnisse genießen würde außer jeden morgen ihre Tabletten einzunehmen.

In den letzten drei, vier Folgen übernimmt der Spannungsaspekt völlig das Regiment, und mitten in der Hochphase werden sogar noch wichtige Fragen bezüglich Identität und Idealismus gestellt. Ein starker Ausklang, der sich auch als Serienende bewährt hätte, aber dazu waren dann wohl die Quoten noch zu gut. Bleibt zu hoffen, dass die Serie ihr hohes Unterhaltungsniveau bei niedrigem Anspruch an den Realismus beibehält, auch wenn nun die Karten völlig neu gemischt werden.
:liquid7:

Weitere Sichtungen:
Die irre Heldentour des Billy Lynn
Jack Reacher: Kein Weg zurück
Vampyres

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Beitrag von StS » 16.09.2017, 13:03

"Byzantium" und "Elle" haben wir auch im Forum. :wink:

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Beitrag von McClane » 17.09.2017, 18:04

Vince hat geschrieben:The Accountant

Das hat seinen Reiz, hätte aber gerne noch pulpiger inszeniert werden dürfen.
War auch einer meiner Gedanken: Eigentlich ist die Prämisse vom weltbesten Buchhalter, der zudem noch Mega-Assassine ist, eigentlich kompletter Pulp, der aber mit heiligem Ernst aufgezogen wird. Interessant wie sich das "gehobene" Kino in letzter Zeit teilweise extrem offen bei Pulp- und Exploitationsachen bedient (siehe auch "Nocturnal Animals").
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]

Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]

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Beitrag von Vince » 15.10.2017, 07:16

Amerikanisches Idyll
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Bleischwere Stoffe, formal sauber aufbereitet, sind ja das Markenzeichen vieler Regiedebütanten, die früher nur Schauspieler waren, und Ewan McGregor macht bei der Verfilmung des Philip-Roth-Romans „American Pastoral“ keine Ausnahme. Sie möchten ein beachtliches Ausrufezeichen setzen, sind aber meist nur Abbild einer gewissen Vorsicht, mit der die Debüts behütet werden. Passend dazu spielt der Regisseur auch gleich die Hauptrolle; jemand anders könnte es schließlich falsch machen.
Selten bis nie ist dieser Art Film handwerklich etwas vorzuwerfen, entsprechend auch diesem nicht. McGregor findet sehnsuchtsvolle Bilder amerikanischer Weiten, die für vermeintlich unbestimmte Schicksale stehen, jedoch in grauen Dunst getaucht sehr wohl auf ein trauriges Ende zusteuern – in diesem Fall direkt aus der unbeteiligten amerikanischen Mittelschicht heraus, die sich selbst nichts zu Schulden kommen lässt und daher auch keine Verantwortung für das Grauen in der Welt zu tragen beabsichtigt.

Als die heile Welt kippt, spielt die Adaption die Stärken ihres Mediums aus und liefert emotional betrachtet drastische Bilder. Die Wandlung der von Dakota Fanning gespielten Tochter nimmt Formen an, die nur schwer zu ertragen sind; als ihr leidenschaftlicher Protestaktionismus in zombieähnliche Leere umschlägt, begegnet man dieser Entwicklung mit klarem Unbehagen, vielleicht Unverständnis für die Tochter, letztlich aber wohl auch einem Hauch von Zweifeln an der etablierten Normalität.
Diese Gefühle bleiben aber letztlich nur Ahnungen, die die Betrachter am Ende recht mühelos in Genre-Kategorien eingeteilt hat – ein wenig Thrill, ein wenig Horror, viel Drama. Die saubere, dramaturgisch klare Inszenierung lässt schlichtweg kaum Luft für eigene Gedankenspiele – und kompensiert die Vorzüge eines Buches damit nur unzureichend, auch wenn die erzählerischen Ansätze sehr reizvoll sind, die darstellerischen Leistungen sehr gut und die junge Regie nicht ohne Können.
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rings
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Man ist inzwischen so sehr auf Reboots geeicht, dass man zwangsläufig bei jeder Reaktivierung einer alten, früher gut laufenden Marke davon ausgeht, es mit einem solchen zu tun zu haben; erst recht, wenn in diesem Fall bereits 15 Jahre seit dem Original ins Land gezogen sind, das seinerseits ein Remake des japanischen „Ringu“ von 1998 darstellt, welcher wiederum eine Kinoadaption eines TV-Films von 1995 ist, die auf einem Roman von 1991 basiert. Mutation um Mutation, warum sollte man erwarten, dass Paramount hier etwas anderes als einen weiteren Neustart freigibt (zumal das 2005er Sequel „Ring Two“ eine kreative Sackgasse war). Doch Achtung, „rings“ versteht sich tatsächlich als direkte Fortsetzung der erfolgreichen Adaption mit Naomi Watts, an den ästhetisch mit Eifer angeknüpft wird: Sounddesign und Visuals haben damals für markante Schlüsselreize gesorgt, die bis heute nachhallen, ergo werden sie unverfälscht ins neue Jahrzehnt übertragen.

Jedoch sind sie in J. Javier Gutiérrez' Regiestil, mit dem er den Dialekt des jugendlich geprägten modernen Horrorfilms imitiert, ein Fremdkörper. Sie tragen in Komplizenschaft mit der Anlehnung an Fließbandware für den schnellen Jump Scare zwischendurch dazu bei, dass sich keine spezielle Handschrift entwickeln mag. Die in „Final Destination“-Manier konzipierte Eröffnungssequenz beruft sich eher auf den actiongetriebenen Herzschlagcharakter einer groß aufgezogenen Sache, nicht auf den intimen Grusel, der die Reihe so erfolgreich gemacht hat. Auch Spezialeffekte wie nach oben fallender Regen tragen nicht sonderlich zur Stimmungserzeugung bei.

Anhand der Medien, aus denen Samara kriecht, soll der Zeitgeist in ein Frame gesperrt werden, das von Bildflackern und Frequenzstörungen nur noch aus nostalgischen Gründen Gebrauch macht und ansonsten die Informationsverbreitungswege der Facebook-Generation nutzt, ohne aus ihnen einen echten Mehrwert zu ziehen. Seinen Horror hat das kriechende Mädchen im schmutzig-weißen Kleid irgendwann im Laufe der letzten Jahre durch die fortgeschrittene Popkultivierung verloren, so dass von der Beklemmung der japanischen Originale, deren Nachhall auch im ersten US-Film noch zu spüren war, nichts mehr da ist.

Übrig bleibt also ein Designprodukt, das um handfeste Aussagen einen ähnlich weiten Bogen macht wie das zentrale Video, das laut einer Filmfigur im Verbinski-Film die Ausstrahlung eines studentischen Kunstfilms versprüht. Zieht man die Kunst gemeinsam mit dem Grusel ab und behält den klinischen Hochglanz bei, erhält man „rings“.
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Erlösung
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Der Wechsel auf dem Regieposten hat erwartungsgemäß keinen Stilbruch zur Folge. Spätestens mit der dritten Episode um die Ermittler Mørck (Nikolaj Lie Kaas) und Assad (Fares Fares) nimmt das große Ganze die Gestalt einer hochwertig produzierten TV-Serie mit spielfilmlangen Folgen an, die Case-Of-The-Year-Konstrukte dazu verwendet, um die Entwicklung der Freundschaft zwischen zwei unterschiedlichen Männern zu dokumentieren.

„Erlösung“ lässt wieder ab von der narrativen Komplexität des direkten Vorgängers und kehrt zurück in die Strukturen des ersten Teils, inklusive Entführungsablauf und Spiel auf Zeit, mit dem jeder Ermittlungsschritt unter Druck gesetzt und so die Spannung gefördert wird.

Nicht nur bei der filmischen Architektur, auch inhaltlich beschreitet man konservative Wege, die jedoch mit so viel Sorgfalt beschritten werden, dass ihnen doch etwas Eigenes zu entziehen ist. Der Komplex aus Religion, Missbrauch und Rassismus im ländlichen, regelrecht meditativen Setting der nordischen Einöde entschleunigt nicht nur das Gros weltweiter Major-Produktionen, es treibt zwischen Weizenfeldern, Dünen und spartanisch eingerichteten Bauernhäusern auch in die Selbstreflektion. Begünstigt dadurch, dass der ausländische Hintergrund Assads direkten Einfluss auf die Handlung nimmt, zeigt „Erlösung“ einige seiner größten Stärken darin, Diskriminierung von Individuen und Minoritäten persönlich greifbar zu machen und ohne fadenscheinigen Aktionismus dagegen anzugehen.

Hans Petter Moland hält also das hohe Niveau seines Vorgängers aufrecht und ermöglicht die Vorfreude auf „Journal 64“, den vierten Teil der Reihe, der im kommenden Jahr erscheinen soll.
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Café Society
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Egal, welche Szenerie Woody Allen auch besucht, es ist, als bringe er stets eine Sonnenuntergangsmelancholie an diesen Ort. Diesmal ist es die New Yorker High Society der 30er Jahre, die er von ihrer Oberflächlichkeit zu erlösen gedenkt mit einer vielschichtigen Abhandlung über das Lieben und Leben. Er hinterlässt vor den blinkenden Lichtern in der Abendsonne ausschließlich Figuren, die mit sich selbst hadern, nicht zum ersten Mal in einer Erzählung, die sich über Jahre hinweg zieht. Jesse Eisenberg, Kristen Stewart, aber auch Steve Carrell und Blake Lively sind typische Allen-Darsteller, die das Tragikomische explizit ausdrücken können, gerade wenn sie Menschen spielen müssen, die ihre Eigenschaften über eine lange Zeitspanne hinweg mit Manierismen überdeckt haben, die wie eine Verkleidung, wie Make-Up oder ein Selbstschutz aufgelegt werden, weil die Wunden der Vergangenheit nicht mehr schmerzen sollen und weil die Gesellschaft sich keine Nostalgie und keine Reflektion ihrer selbst erlauben will, da es gilt, im Hier und Jetzt zu leben, den neuesten Tratsch zu verbreiten und Personennetzwerke zu errichten.

Man sollte Allen böse dafür sein, dass er im Grunde immer und immer wieder denselben Film dreht, doch solange sie in unterschiedlichen Farben des Regenbogenspektrums schillern, ist wohl Allen selbst ebenso wie sein Publikum mit sich im Reinen; dieser hier ist orange-violett, benebelt von Erinnerungen an längst Vergangenes, das in gewisser Weise immer noch seine Gültigkeit hat.
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Patrick
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Jump Scares gehören zu den bequemsten, nicht selten billigsten Stilmitteln, die der Horrorfilm zu bieten hat und mittlerweile genießen sie ihren schlechten Ruf nicht ganz zu Unrecht, da sie nur noch selten wirklich klug eingesetzt werden, sondern meist plump von Defiziten in anderen Bereichen ablenken sollen.

„Patrick“ wiederum, das australische Remake des gleichnamigen australischen Horrorfilms von 1978, ist eine regelrechte Jump-Scare-Parade. Er gefällt sich darin, einen Schockmoment nach dem anderen über den Zuschauer rollen zu lassen, ohne ihm die Zeit zum Atmen zu geben. Selbst harmlos erscheinende Momente sind überladen mit diesen nervigen kleinen Nadelstichen, die sich so gar nicht an die Rhythmik halten wollen, die im stillen Einvernehmen zwischen Film und Publikum irgendwann beschlossen wurde. Nein, jede Minute ohne Jump Scare ist eine verschwendete Minute.

Dieser unermüdliche Munitionsverbrauch birgt natürlich unzählige Momente billiger Effekthascherei, der mit einer klinisch-kalten, digitalisierten Optik einhergeht, die suggeriert, dass sich in jeder Spiegelung ein weiterer Buh-Effekt verstecken könnte. Und doch macht „Patrick“ gerade wegen seiner extremen Beharrlichkeit in gewisser Weise Spaß. William Castles Eventkino erlebt gewissermaßen eine kleine Wiederauferstehung, wenn der Koma-Patient plötzlich in die Luft spuckt und dies als saftiger Schockeffekt inszeniert wird (überhaupt: dies ist der Film des Spuckens!). Oder wenn das entstehende voyeuristische Schuldbewusstsein mit Orchester-Krawumms bloßgestellt wird, als sich nekrophile Aktivitäten auf dem Bildschirm abspielen.

Ja, das ist doof, manipulativ und extrem simpel, aber wenn etwas mit so viel diebischer Freude als Feuerwerk abgebrannt wird, kann man deswegen einfach nicht böse sein. Das behalten wir uns vor für Standard-US-Teenager-Horrorfilme, die „Buh“ schreien und sich selbst dabei noch ernst nehmen.
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Das Kindermädchen
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Mit dieser Verfilmung eines Romans von Dan Greenburg mag William Friedkin - für seine Verhältnisse - weit ins Kommerzielle eingedrungen sein, weil er sich beherzt allerhand Zutaten bedient, die zu jener Zeit in der großen Horrorkiste für jedermann zugänglich waren. Er jagt durch dunkle Wälder und leuchtet offene Wohnräume unheimlich aus, um den unsichtbaren Schmetterling des Okkulten einzufangen, wie es vor und nach ihm nur den Wenigsten gelungen ist. Vor allem aber spielt er sehr vordergründig mit den Ängsten junger Eltern um ihr Kind und verknüpft sie mit dem Modell der Nanny, einer Person aus dem äußeren Kreis, der man Zugang in den persönlichen Bereich gestatten muss, damit sie ihre Arbeit erfüllen kann.

Man kann dem Regisseur des so wegweisenden „Exorzist“ dadurch natürlich viel vorwerfen, nicht aber, dass er die vielen Einzelteile nicht zu einer schaurigen Gruselmär zusammensetzen konnte. Und das ist gar nicht so einfach wie es klingt: Wie will man das so fern wirkende Druidentum so verpacken, dass es den durchschnittlichen Zuschauer erreicht? In diesem Fall mit einer Menge Physis. Man hat das Gefühl, Entwürfe und Vorbereitungen für den ursprünglich als Regisseur geplanten Sam Raimi seien beibehalten worden, da sein „Tanz der Teufel“ im Sinne eines Naturschauspiels durchaus gewisse Spuren in dieser Produktion hinterlassen hat. Es sind letztlich keine Zaubersprüche oder magischen Wirbel, die das bedrohliche Moment in einen Käfig bannen, sondern der handfeste Einsatz einer Kettensäge. Beeindruckende Spezialeffekte sind über die gesamte Laufzeit mit dem Baumwesen und seiner umliegenden Saat verbunden; Friedkin ist sich nicht einmal zu schade, den dunklen Mächten ein Trio von Klischee-Bullies zu opfern, um die von einen Mainstream-Horrorfilm dann doch wieder beachtliche Härte unter Beweis zu stellen. Hinzu gesellen sich Koyoten, die ein Haus auf durchaus beängstigende Weise umstellen und nicht zuletzt das mysteriöse Kindermädchen, das von Jenny Seagrove mal vertrauensvoll, mal mysteriös-verführerisch und mal offen alienesk verkörpert wird.

Inzwischen, 27 Jahre später, leuchtet niemand mehr Filme in dieser Art und Weise aus und wählt derart obskure, traumartige Kameraperspektiven, um die Realität mit der Phantastik zu überrollen. Mag „Das Kindermädchen“ zum Zeitpunkt seiner Entstehung nichts Besonderes gewesen sein, sondern bloß solides Handwerk, in einer Reihe mit heutigen Filmen betrachtet bleibt er einer der wenigen überzeugenden Vertreter des okkulten Horrorfilms.
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The Founder
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Schon im Trailer wird klar: Hancocks Inszenierung ist so einladend wie das Werbeposter eines frisch zubereiteten Big Mac, also kann es sich bei „The Founder“ schon mal nicht um eine saftige Abrechnung mit dem großen „M“ handeln, beziehungsweise mit allem, wofür es steht. Es begnügt sich mit einer Abenteuer-Zeitreise in die pastellfarbenen 50er Jahre, die hier und da mal einfache Unternehmerweisheiten in den Raum wirft oder einen beißenden Spruch absondert und letztlich auf folgende Gleichung hinaus will, die gebetsmühlenartig wiederholt wird: Es ist weder Kreativität noch Talent, das zum Erfolg führt. Es ist Beharrlichkeit.

Was uns zu Michael Keaton führt, der nach „Birdman“ spürbar den Aufwind genießt und als lästiger Vertreter mit Geschäftssinn völlig in seinem Element ist. Nicht nur wegen des Eröffnungsmonologs direkt in die Kamera hat man das Gefühl, dass er nicht nur die McDonald-Brüder, sondern vor allem auch uns ganz persönlich an der Nase herumführt. Ihn auf seiner Reise in die amerikanischen Weiten hinein zu begleiten, hat einen unleugbaren Charme; über den Zusammenhang von Küchenplanung und Effizienzsteigerung unterrichtet zu werden, ist dank der farbenfrohen Illustration keine graue Theorie, sondern reines Vergnügen. Durch und durch ist „The Founder“ auch mit Momenten gespickt, die einleuchten. Ideen, die eben so sinnvoll wie einfach erscheinen, werden ohne sichtbare Mühe umgesetzt. Bis am Ende dem ein oder anderen Mitspieler einleuchtet, dass er übers Ohr gehauen wurde. Insofern handelt es sich durchaus auch um eine Gaunerkomödie, die schulterzuckende So-ist-das-Leben-Ironie durchsetzt, wo es andere Storyteller mit ähnlichen Stoffen nach wahren Ereignissen eher mit Zynismus versuchen. Man weiß, besonders gehaltreich ist das nicht, aber was will man machen... manchmal schmeckt's so eben besser als mit bitterem Gemüse.
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The Boss Baby
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Animationsfilme mutieren ohnehin zunehmend zu riesigen Spaßrutschen mit steilen Abfahrten und furiosen Kamerafahrten, um betretenes Schweigen zu vermeiden, das in leiseren Tönen vorkommen könnte... warum also nicht gleich die Geburtenkanalrutsche verfilmen?
„The Boss Baby“ setzt ganz früh an und könnte von seiner Anlage her somit eine gewitzte Abrechnung mit der Leistungsgesellschaft sein, die ihren Nachkommen am liebsten noch im Kindergarten zwei Fremdsprachen beibringen will; mit Alec Baldwin, dessen süffisante Darstellung eines TV-Chefs in „30 Rock“ immer noch nachwirkt, ist das Baby außerdem stimmlich brillant besetzt.

Der Versuch, sich in die Gedankenwelt eines Kindes hineinzuversetzen, knüpft an einige der in sich gekehrten Pixar-Werke wie „Oben“ oder „Alles steht Kopf“ an, ebenso wie einige der imaginativen Fantasiegebilde, die das Drehbuch jenseits der erwachsenen Figuren errichtet. Dass diese nach Superagenten- bzw. Villain-Vorbild konstruiert sind, ist wiederum eher auf einen „Despicable Me“-Einfluss zurückzuführen, ebenso wie der temporeiche, oberflächliche Handlungsaufbau.

Letztlich muss man enttäuscht feststellen, dass „The Boss Baby“ ausschließlich auf den offensichtlichen Baby-im-Anzug-Kontrast setzt und sich mit einer Gag-Parade aus der Affäre ziehen will, die dieses Thema konsequent durchzieht. Die Verniedlichung des Seriösen macht alleine aber noch kein Gerüst für gute Comedy. Das Publikum sieht so etwas aber naturgemäß manchmal anders: DreamWorks hat schon mal eine Fortsetzung angekündigt. Kann nur erwachsener werden.
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Don't Hang Up
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Youtube-Pranking hat also auch seine negativen Seiteneffekte, na wer hätte das gedacht. Die Vorstellung der Hauptfiguren streckt sich gefühlt über die Hälfte der Gesamtspielzeit, dabei hätte ein Blick auf die beiden Teenage-Idiot-Musterbeispiele bei der Selbstdarstellung im Internet gereicht, um die schlichte Information zu vermitteln, dass man es mit hirnverbrannten Vollidioten zu tun hat, die zunächst einmal all das verdienen, was ihnen in dieser Nacht bevorsteht. Auch wenn später persönliche Komponenten ins Spiel geraten, die einige Dinge nochmal in einem anderen Licht erscheinen lassen, es ist eine Verschwendung von Drehmaterial und Zuschauerzeit, die man wie eine Pflichtübung über sich ergehen lassen muss, bevor die Regisseure Wajsbrot und Mace zur intendierten Social-Media-Kritik übergehen.

Diese gedenkt man mit der Rezeptur gängiger Home-Invasion-Thriller zu erzeugen, die sich von Killer-Maskeraden („Scream“), Machtausübung über den Telefonhörer („Nicht auflegen!“, wieder „Scream“) und dem Spiel mit Echtzeit und deren Manipulation („Saw 2“) Adrenalinschübe verspricht, relativ konventionellen Stilmitteln also, die dem aktuellen Zielpublikum fast schon wieder zu altmodisch erscheinen müssten.

Zwar gelingt der Kamera ein stellenweise packendes Wechselspiel zwischen statischen Beobachteraufnahmen und dynamischen Fahrten, sie legt damit aber lediglich Oberflächenlack auf, denn eine tiefere Erfahrung ist es nicht, zwei Affen beim Hüpfen durch ihren Käfig zu beobachten, während sie langsam in die Zange genommen werden. In solchen Situationen rettet es oft der letzte Plottwist, doch dieser ist nun auch nicht gerade von höchster Raffinesse beseelt. „Don't Hang Up“ ist am Ende einfaches Psychothriller-Handwerk mit typischem „was geht Bro“-Gestus für eine eher unreife Zielgruppe, die regelrecht um Läuterung bettelt. Die sozialkritische Substanz mit Projektion auf Online-Medien ist nicht mehr als ein Vorwand und sollte eher in Filmen wie „Nerve“ oder auch „Unfriend“ gesucht werden, wo sie zumindest geringfügig vertreten ist.
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Noch heute sollst du hängen
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Ein im besten Sinne klassischer Belagerungswestern, der zwar mit Blick auf das Entstehungsjahr keine zugekniffenen Augen im Leone-Shot präsentiert; dass ihm solche aber ausgezeichnet gestanden hätten, zeigt, wie modern TV-Regisseur Charles Haas („Outer Limits“, „Maverick“, „Alfred Hitchcock zeigt“) diesen immerhin mehr als 60 Jahre alten Film in Szene setzt.

Dass eigentlich ein dialoglastiger Ablauf verfolgt wird, der sich vergleichbar mit „Zwölf Uhr Mittags“ seine Spannung aus dem Element eines ablaufenden Countdowns zieht, weiß man mit spektakulären Prügelsequenzen auszugleichen: Nicht nur geben sich Sheriff und Dorflehrer mit hart choreografierten Stunts in der Schulklasse gegenseitig auf die Nase (zum Vergnügen nicht nur der anfeuernden Gören, die sich auf einen schulfreien Tag freuen dürfen, sondern auch des Zuschauers, der eine solche Physis aus anderen Western dieses Jahrgangs nicht gewohnt ist), ja später wird sogar noch ein Catfight zum Ausgleich geboten, der sich gewaschen hat.

Seine Stärken spielt „Noch heute sollst du hängen“ jedoch im Umgang mit dem Gefangenen (Richard Boone) aus: Nicht nur sieht dieser dem Galgen bei Sonnenuntergang mit verdächtiger Gelassenheit entgegen, auch sonst deutet alles darauf hin, dass der Tag nicht dem geplanten Ablauf folgen wird. Geschickt jongliert der Regisseur mit Handlungspfeilern, die er zwar nicht erfunden hat, jedoch erstaunlich geschickt miteinander kombiniert: Ein Sheriff mit Vaterkomplex, der sich gegenüber der misstrauischen Dorgemeinde beweisen muss, zwei rivalisierende Gruppen im Tauziehen um einen Verbrecher und eine Frau, die alles für ihren Mann tut, nicht zuletzt auch ein unbeteiligter Gitarrist, der an einem Baum sitzt und das Dorftreiben mit einem Folklore-Soundtrack versorgt.

Obwohl einige Aspekte des Drehbuchs offensichtlich nur kurzen Spannungshochs dienen sollen und schnell wieder in sich zusammenfallen – etwa der Ausbruch Boones – gelingt Haas eine beachtliche Spannung, die von einem herrlich sturen Sheriff mit Geradlinigkeit vorangetrieben wird. Das Finale, ein ironischer Rückbezug auf einen kleinen Nebensatz über moderne Bräuche („früher hat's dafür auch noch ein Baum getan“), gestaltet sich mit Feuer, Stunts und schnellen Wendungen auch noch angemessen sehenswert. Als Fußnote bleibt zu erwähnen, dass Clint Eastwood eine Minute lang einen kurzen Dialog mit dem Hauptdarsteller austauschen darf und somit zum ersten Mal in seiner Karriere in einem Western zu sehen ist.
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Weitere Sichtungen:
Into The Badlands – Season 2
Deepater Horizon
The Whole Truth – Lügenspiel
31
Fast & Furious 8
Das Rätsel der unheimlichen Maske
Es

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Vince
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Beitrag von Vince » 29.10.2017, 09:29

Bleed For This
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Wie viele Boxerfilme ist auch „Bleed For This“ eigentlich kein Boxerfilm, sondern ein Einzelschicksalsdrama. Obwohl der fiktive Filmcharakter Billy Hope, jüngst gespielt von Jake Gyllenhaal in Antoine Fuquas „Southpaw“, das abgefucktere Leben vorzuweisen hat, fasziniert die wahre Geschichte des US-Boxers Vinny Pazienza wesentlich mehr und eignet sich für den Phoenix-aus-der-Asche-Effekt in einem amerikanischen Sportfilm auch deutlich mehr: Immerhin hat sich Pazienza nach einem Autounfall mit Genickbruch gegen alle Widerstände zurück in den Ring gekämpft.

Und so gelingt Ben Younger im Direktvergleich mit Fuqua auch der bessere Film. Miles Teller, der selbst Narben von einem Autounfall im Gesicht trägt, ist in der Hauptrolle der durchaus starken Leistung Gyllenhaals annähernd ebenbürtig, wenn er eben (noch) nicht ganz den gleichen Star-Appeal an den Tag legt. Es gelingt ihm, einen nicht unbedingt allzu zugänglichen Zeitgenossen sehr menschlich erscheinen zu lassen und positives Denken immer dort zu beweisen, wo man normalerweise Depressionen erwarten würde.

Noch dazu darf er eine Geschichte hinter sich wissen, die wesentlich runder erzählt wird als in „Southpaw“. Wo beispielsweise Forest Whitaker als Trainer trotz guter Leistung einen dysfunktionalen, schablonenhaften Charakter zu füllen hatte, darf Aaron Eckhart in ähnlicher Funktion seine Rolle mit Leben und den kompletten Film mit Wärme füllen. Seine Beziehung zur Hauptfigur ist wohl das eigentliche Herzstück.

Die Regie überzeugt mit ruhigen Bildern, in denen die Optik der späten 80er Jahre authentisch eingefangen wird. Gerade die Szenen unmittelbar vor dem Unfall überzeugen mit warnenden Vorzeichen ganz ohne anschwellenden Score oder anderweitige Signaleffekte.

Die Moral, die aus Pazienzas Geschichte destilliert wird, unterscheidet sich zwar kaum von denen der meisten anderen Comeback-Geschichten, doch wenn der Boxer einen eigenwilligen, störrischen Charakter hatte, dann weiß „Bleed For This“ ihn angemessen zu beschreiben.
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I Am Not A Serial Killer
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Wäre da nicht der Einsatz von Szenen mit Smartphones, GPS-Ortung, dem 2015er Videospiel „The Order: 1886“ oder Christopher Lloyds offensichtlich fortgeschrittenes Alter, „I Am Not A Serial Killer“ würde die perfekte Illusion erzeugen, eine Produktion aus den frühen 90er Jahren zu sein. Die mit Körnung und ausgeblichenen Farben versehene Optik, leere Straßen und Wasserdampf ausstoßende Fabriken, ein Zeitrahmen zwischen Halloween und Hochwinter mit Relikten aus jener Zeit, nicht zuletzt die Coming-Of-Age-Thematik, all das trägt zu einem anachronistischen Empfinden bei, mit dem diese psychologisch doppelbödige, metaphorisch verkleidete Kleinstadterzählung ausgestattet ist.

Dass man auch feine Details bis hin zu Dialogabläufen aus der Romanvorlage entnommen hat, sieht man der feinfühligen Inszenierung Billy O'Briens an. Die Umwelt der Hauptfigur wird zum Teil ihrer Entwicklung, in kleinen Schritten wagt sich das Drehbuch an eine Erkundung der aufkeimenden Soziopathie des Teenagers (den Max Records angenehm unaufdringlich spielt), die zwar manches Klischee aufgreift (Bullying in der Schule), diese aber in der Regel mit einer originellen Pointe abschließt.

Vergleicht man mit der ähnlich gelagerten Indie-Produktion „Found“, der trotz anderer Schwerpunktsetzung (Splatter, expliziter Horror) bei vielen Motiven und allgemein bei der Atmosphäre als Vergleichsobjekt dient, gelingt die metaphorische Übertragung des Bösen auf ein externes Monster vielleicht nicht im gleichen Maß. Christopher Lloyd ist zweifellos stark in seiner recht ungewöhnlichen Rolle und der an „Fenster zum Hof“ und Ableger erinnernde Beobachtungseffekt führt zu einigen wohlig-schaurigen Suspense-Momenten, die Anknüpfpunkte zur Psyche des Jungen bleiben jedoch etwas diffus, was durch das Ende, dessen Spezialeffekte handwerklich der Kreatur aus dem deutschen Genrebeitrag „Der Nachtmahr“ gleichen, nicht gerade besser wird.

Trotzdem bewahrt „I Am Not A Serial Killer“ durchweg das Interesse an seiner Hauptfigur ebenso wie an den mysteriösen Vorgängen in der Stadt, ob man diese nun vordergründig als Monstertreiben betrachten mag oder als Manifestation der Gedankengänge eines angehenden Serienkillers.
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King Arthur: Legend Of The Sword
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Out Of The Ghetto, Into The History. Guy Ritchie hat es weit gebracht und ist doch bei seinen Ursprüngen geblieben: Zu Beginn seiner Karriere hat er in britischen Seitengassen Stories über Gangster und Betrüger gedreht, heute inszeniert er ein wildes Mittelalter-Fantasy-Epos mit Magiern, Schwertern und Ungetümen aus dem Computer. Geblieben ist aber der Dunst englischer Kneipen, eingefangen in desorientierenden 360-Grad-Rotationen und sprunghaften Bildmontagen. „King Arthur“ ist als „Ritchiefikation“ angelsächsischer Geschichte der nächste logische Schritt zu seiner „Sherlock Holmes“-Modernisierung und beeindruckt einmal mehr mit Beharrlichkeit und Querköpfigkeit innerhalb der Regeln des Popcornfilms.

Selbst Hauptdarsteller Charlie Hunnam ist Profiteur offensichtlichen Type Castings nach Ritchie-Geschmack; wenn er als König proletarischen Ursprungs mit nacktem Oberkörper einen Knuckle Fight bestreitet, muss man schon zweimal hinschauen, um nicht Brad Pitt als versoffenen irischen Preisboxer in ihm zu sehen.

Das funktioniert, weil ein Ritchie-Film eben ein Ritchie-Film ist. Obwohl „King Arthur“ in Sachen Farbgebung, Soundtrack und Dramaturgie düster gehalten ist, reicht oft schon die Nutzung überzeichneter Actioneinlagen (teilweise unterfüttert mit Kameraperspektiven, die bisher fast ausschließlich in kontemporären Filmerzählungen zur Anwendung kamen und daher betont als modern wahrgenommen werden), um Augenzwinkern zu signalisieren.

Auf diese Weise legt das Publikum Ansprüche an historische Authentizität bereitwillig ab und lässt sich auf die phantastischen Elemente ein, die mit State-Of-Art-Effekten beeindruckend realisiert werden, auch gerade weil sie nicht prahlerisch in den Mittelpunkt gestellt werden, sondern oft eher beiläufig in die unkonventionelle Montage eingeflochten sind. Die Bildfülle ist so beeindruckend, dass man auch gerne mal über weniger kreative Leihgaben hinwegsieht (Stichwort Herr-der-Ringe-Oliphanten). Ganze Panoramen in Weitwinkel- und Vogelperspektiven wechseln sich ab mit Detaileinstellungen, die Verzierungen von Schwertern oder einfach die Strukturierung von Holz, Stein und Lehm einfangen.

Natürlich handelt es sich dabei um reine Zerstreuung, die Wissbegierigen über die Artus-Sage rein gar nichts beibringen kann, als solche erfüllt sie aber ihren Zweck viel besser als das Gros der Gegenwarts- und SciFi-Blockbuster, die wochenlang unsere Kinosäle verstopfen.
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Ghost Movie
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Seine „Scary Movie“-Reihe hat man Damon Wayans weggenommen und sie zur allgemeinen Blockbuster-Verwurstung ohne spezifische Genrezugehörigkeit oder allzu viel Biss umfunktioniert. Also galt es wohl, eine neue zu gründen, um sich von den „Scary Movies“ zu distanzieren. Dass diese Franchise ungeachtet des im gleichen Jahr nachgeschobenen fünften Teils eigentlich längst verendet ist, soll den Gründervater in seinem Ehrgeiz nicht stoppen.

Dass wiederum Filme mit dem „Movie“-Suffix seit „Date“, „Superhero“, „Disaster“, „Fantastic“, ja gar „10 Gebote“ und „Not Another Teen“ längst keiner kulturellen Einbettung mehr unterzogen werden, da man sie, wenn überhaupt, quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit konsumiert, scheint den deutschen Verleih nicht zu stören; man verspricht sich von der „Scary Movie“-Marke offenbar immer noch einiges, was schon viel über das Genre der Spoof-Komödien aussagt.

Und leider kam es, wie es kommen musste – nachdem schon der Begriff „Found Footage“ inzwischen so sympathisch klingt wie „Müllinsel im Pazifik“, muss Wayans diese kosteneffektive Steilvorlage selbstverständlich ergreifen, so dass auch geringe Zuschauerzahlen die Produktionskosten x-fach decken. Dass die „Paranormal Activity“-Franchise aber längst ihre eigene Parodie ist und einen Wayans genau genommen überhaupt nicht benötigt, wird entweder nicht realisiert oder als irrelevant wahrgenommen.

Wayans-Freunde kommen aber bestimmt trotzdem auf ihre Kosten, denn der zugeballerte Kifferhumor erinnert schlagartig wieder an die ersten beiden „Scary Movie“-Teile, nur dass man der Wayans-Posse im gereiften Alter den bodenlos verdummten Kack- und Kifferhumor viel weniger Verständnis aufbringen kann.

Und selbst wenn man seine durchaus gerechtfertigte Freude damit hat, einen Abend auf der Couch zu verbringen und dabei zuzusehen, wie der Hauptdarsteller es in einer beispiellosen Selbstdemontage voller fehlgeleitetem Ehrgeiz mit Stofftieren treibt, wie er uns also ein X für ein Y vormacht und in gewisser Weise den direkten Bezug zu den parodierten Filmen illustriert, ja selbst dann lässt sich deren schwache Verknüpfung nicht wegdiskutieren.

Und dabei ist Wayans neben seiner Filmgattin (Essence Atkins) sogar das einsame Highlight; wenn man eine Besetzungsliste mit Namen wie Cedric The Entertainer, Affion Crockett und weißen Erfüllungsgehilfen wie David Koechner, Dave Sheridan oder Nick Swardson liest, sollte man ohnehin die Flucht ergreifen.
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Ghost Movie 2
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… und ja, er hat es wieder getan. Wir müssen also noch einmal die müden Gangsterposen der Nebendarsteller ertragen, noch einmal den Tod des Hundes durchstehen, und noch viel schlimmer, die Trauer des Herrchens an seinem Grab. Und noch viel, viel schlimmer: Eine Fortführung der Stofftier-Sexszene, die im ersten Teil auf verstörende Weise an völlig außer Kontrolle geratenen Sexualkunde-Unterricht erinnerte. Im Sequel nimmt sie eine doppelt so unangenehme und gefühlt dreimal so lange Position ein – da zwischenzeitlich das unrühmliche „Conjuring“-Spinoff „Annabelle“ das Licht der Welt erblickt hatte, an das man sich heute nur noch wegen David Sandbergs vielbeachteter Fortsetzung erinnert, muss ihre ebenso hässliche Zwillingsschwester sämtliche Positionen durchstehen – Bilder, die in Sachen Plastizität durchaus an die berüchtigte Sequenz aus „Team America“ erinnert, so wie man überhaupt mit bestem Willen auf etliche Derbheiten der South-Park-Macher verweisen kann, wenn man denn unbedingt rechtfertigen möchte, dass die ernste Miene zwischendurch mal in einen Schmunzler entgleist ist.

Einerseits ist es erholsam, dass „Ghost Movie 2“ nicht mehr ganz so konsequent die elend dröge Found-Footage-Schiene fährt, sondern sich auch mal ein paar normale Kameraeinstellungen leistet. Andererseits verrät die inkonsequente Handhabung aber auch die Unsicherheit, mit der man am Set zu Werke ging. Die Spoofs erweisen sich teilweise als derart bedeutungslos, dass man sich schon heute kaum mehr an deren Vorlagen erinnert, was insbesondere auf die Bezüge zu bedeutungslosen Exorzistenfilmen dieses Jahrzehnts wie „The Devil Inside“ oder „The Last Exorcism“ (Teil 2!) zutrifft. An der Verballhornung des Buhmanns aus „Sinister“ lässt sich immerhin wieder die alte Schule ablesen, zieht man ihm doch auf die gleiche Manier die Hosen runter wie seinerzeit dem Scream-Killer. Ein Buddy-Movie mit Beiden in der Hauptrolle wäre der nächste konsequente Schritt...

Jaime Pressly mag für den ein oder anderen Zuschauer noch ein Grund sein, sich wider besseren Wissens auf die Chose einzulassen, man bekommt aber erwartungsgemäß genau dieselbe Suppe, die man schon im ersten Teil auslöffeln musste. Man möge in Klausur gehen, ob man sie sich tatsächlich ein zweites Mal einbrocken möchte.
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Boston
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Mag Peter Bergs Rekonstruktion der Ereignisse beim Bostoner Marathonlauf 2013 technisch auch einwandfrei umgesetzt sein mit seinen elegant geflochtenen Nebenplots, drei Jahre nach den Geschehnissen kann die Verarbeitung noch nicht weit genug fortgeschritten sein, als dass man sinnvolle Rückschlüsse aus ihr ziehen könnte. Das lässt den klug neu betitelten „Boston“, im Herkunftsland als „Patriots Day“ mit pathosgetränkter Doppeldeutigkeit belegt, bereits in der Anlage ein Stück weit unnötig dastehen. Es hinterlässt ein unangenehmes Gefühl, wenn bekannte Schauspieler wie Kevin Bacon, John Goodman oder eben Mark Wahlberg auf eine Set-Replika des Straßenchaos blicken, das viele Zeugen noch tief in den Knochen stecken haben dürften. Und im Gegensatz zum ähnlich zeitnahen „Deepwater Horizon“ nicht nur die, denn „Boston“ war nicht einfach eine auf menschlichem Versagen basierende Katastrophe, sondern ein bewusst herbeigeführter Anschlag und als solcher Teil des Weltgeschehens.

Diskutabel (aber auch typisch amerikanisch) sicherlich, einen fiktiven Charakter zum perspektivischen Dreh- und Angelpunkt zu machen, insbesondere, da es sich wieder um einen gutherzigen Familienmenschen mit einem Beruf handelt, der für Recht, Ordnung, Sicherheit und einen großen Dienst an der Bevölkerung steht. Seriöser wäre es wohl gewesen, eine dokumentarische Perspektive einzunehmen, was selbstverständlich die Erfolgschancen der Produktion an der Kinokasse geschmälert hätte; denn Helden braucht das Land.

Dafür, dass ein intrinsischer Blickwinkel eingenommen wird, bleibt die Inszenierung allerdings über weite Strecken bemerkenswert nüchtern. Unterschwellig ist zwar eine Neigung zur Gut-und-Böse-Kategorisierung zu spüren, wirklich ausgespielt wird sie aber nie. Der zwei Stunden lange Film ist zunächst daran interessiert, anhand unterschiedlicher Charaktere ein repräsentatives Bild der Stadt in den Stunden vor der Explosion zu zeichnen, doch er wählt seine Subplots nicht zufällig aus, sondern möchte die kollektive Wirkung aufzeigen, mit der das Leben der unterschiedlichsten Menschen für immer verändert wird. Der Knall erfolgt sehr abrupt, noch bevor alle Subplots schlüssig miteinander verzahnt sind. Schließlich verwandelt sich „Boston“ in einen Kriminalthriller, der die modernen Mittel polizeilicher Ermittlungen fast wie eine Warnung präsentiert. Die Schneisen des reinen Unterhaltungsfilms, der einem Peter Berg schließlich nicht ganz unbekannt ist, werden durch die realistisch anmutende Anatomie der Abläufe in den folgenden 80 Stunden gerade noch vermieden.

Eine sauber angefertigte Nachbetrachtung des Bostoner Anschlags aus zeitgenössischer Perspektive also, die einen Kompromiss zwischen Neutralität und emotionaler Teilnahme zu finden versucht und ihn so kurze Zeit danach kaum finden kann. Leider zu prominent besetzt, als dass man den Hollywood-Schleier darüber ignorieren könnte.
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The Naked City
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„There Are Eight Million Stories In The Naked City. This Has Been One Of Them.“. Den Drehbuchautoren unserer Zeit müsste es bei diesem Zitat warm ums Herz werden, widerspricht es doch vehement der These, es gebe keine Geschichten mehr, die nicht bereits erzählt wurden. Es könnte wohl keinen optimistischeren Blick auf die Zukunft des Films geben als jenen, den Produzent Mark Hellinger seinem Publikum vor fast 70 Jahren im selbst eingesprochenen Voice-Over mit auf den Weg gab.

„The Naked City“ erzählt selbst „nur“ eine Kriminalgeschichte im Noir-Gewand, wie sie damals oft gedreht wurden, nicht selten mit mehr Glamour und Star-Appeal; ein Humphrey Bogart war beispielsweise zu jener Zeit auf der Höhe seines Erfolges. Hier bekommt man nun eher eine Art „Case Of The Week“ geboten, dessen Ermittlungsstrategien ein wenig an die Sherlock-Holmes-Serie mit Basil Rathbone erinnern, die zwei Jahre zuvor mit dem vierzehnten Beitrag ihr Ende fand. Der besondere Kniff liegt in diesem Fall eher in der Authentizität der Schauplätze: Anstatt von Studiobauten dient New York selbst als Kulisse, ebenso wie seine Bewohner. Die Eröffnungscollage zeigt eine Großstadt, deren Hafen wir uns aus Hubschrauberperspektive nähern, bevor repräsentative Stadtimpressionen aneinander montiert werden. Auf die ganz großen Symbolträger wird dabei bewusst verzichtet; es ist, fürwahr, ein New-York-Film ohne Freiheitsstatue und das Finale findet nicht etwa auf der Brooklyn Bridge statt, sondern auf der weniger namhaften Williamsburg Bridge.

Der Hinweis auf die Echtheit der Drehorte über den unmittelbar an den Zuschauer gerichteten Off-Kommentar verlegt das Augenmerk auf den semidokumentarischen Charakter des Films, der hauptsächlich im Grenzbereich des Übergangs zwischen Realität und Fiktion angesiedelt ist. So verharrt die Kamera oft in einer nüchternen Position innerhalb der echten Welt, während sie ungezwungen Passanten und Statisten aufnimmt, bevor künstliche Drehbuchanweisungen das natürliche Schauspiel der Urbanität durchbrechen. Die zur Produktion gehörenden Darsteller betreten die Szenerie und hinterlassen Schneisen wie abenteuerlustige Skifahrer auf einem unberührten Berg mit frisch gefallenem Schnee. Diesen Übergängen beizuwohnen, resultiert in einem ambivalenten Filmerleben, das die Wahrnehmung für das audiovisuelle Medium hinter den 24 Bildern pro Sekunde auf die Probe stellt – wo übersteigert Fiktion die Realität, wo ahmt sie sie nach und wo wird sie von ihr abgehängt?

Solche Kontraste können anfangs eine irritierende Wirkung haben. Beim Blick aus den Fenstern der Büros und Wohnungsräume hält man Ausschau nach Matte Paintings und überprüft die Panoramen auf ihre Lebendigkeit hin – fliegt ein Vogel vorbei, geht in einem der Häuser gegenüber ein Licht an? Viele Innensequenzen muten an wie eigens hergerichtete Theaterräume, paradoxerweise steigert sich ihre Künstlichkeit proportional zum Wirklichkeitsempfinden der Außenwelt.

Je weiter die Ermittlungen jedoch voranschreiten, desto fließender erscheinen die Übergänge. Insbesondere die Ermittlung der Adresse eines Verdächtigen auf einem belebten Platz inklusive Befragung von Geschäftsinhabern und spielenden Kindern entwickelt beinahe schon Züge einer modernen Plansequenz.

Doch auch die herkömmlichen Dialogszenen innerhalb von Gebäuden haben ihre Reize. Barry Fitzgerald bringt als ermittelnder Leutnant eine Menge Humor ins Stimmungsbild, da er beherzt, aber stets mit einem Augenzwinkern sein ernstes Tagesgeschäft angeht. Frank Niles und Ruth Morrison sorgen als verlobtes Pärchen mit dunklem Geheimnis für die nötige Portion Drama. Und selbst die vielen Nebenakteure, die jeweils nur für eine Sequenz benötigt werden, können ihre knappe Screentime für einprägsame Auftritte nutzen.

Als zur Auflösung der Geschichte die Williamsburg Bridge bestiegen wird, verlässt man ausnahmsweise die nahbare Ausrichtung und lässt sich auf eine visuell beeindruckende, dynamisch geschnittene Verfolgungsjagd ein, wie man sie bei den ganz großen Kalibern erwarten würde. Dass Schnitt und Kamera hier jedoch keinen Bruch verursachen, zeigt auf, dass sie auch in den vermeintlich unspektakulären Momenten vorzügliche Arbeit leisten.

Es triumphiert also die Form über den Inhalt in Mark Hellingers New-York-Film. Das führt sogar so weit, dass seine höchste Grundaussage lautet: Der Inhalt eines Films ist gegenüber seiner Form bedeutungslos; es sind die Details, die eine Erzählung rechtfertigen. Solange sich jemand mit einem guten Auge ihrer annimmt, ist jede Geschichte einen Film wert. Oder eine TV-Episode, wie die gleichnamige Serie zwischen 1958 und 1963 in 138 Folgen zeigte, die allesamt mit dem eingangs genannten Zitat abschlossen: „There Are Eight Million Stories In The Naked City. This Has Been One Of Them.“
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Preacher – Season 2
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Gott wird neuerdings oft an profanen Orten gesucht. So wie zuletzt in der Serialisierung von Neil Gaimans „American Gods“ das Weltliche mit dem Sakralen in einen Topf geworfen wurde, pflegte die erste Staffel der Comicverfilmung „Preacher“ bereits ein knappes Jahr vorher eine sehr unverbindliche Gangart bei der Erörterung existenzieller Dinge. Dass überhaupt ein geläuterter Priester, eine Gangsterbraut und ein Vampir als unheilige Trinität gemeinsame Serienabenteuer miteinander erleben dürfen, wäre noch zur Entstehungszeit der Vorlage (1995-2000) ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Heute ist es eher der gute Ton.

Wenn sich diese Serie also eine komplette Folge lang Zeit nimmt, einen Superkiller vorzustellen und dazu für diese Phase nicht nur den Main Plot verwaisen lässt, sondern gleich das komplette Genre gen Western verlässt, dann muss es sich dabei um gezielte Irritation handeln. Tief im Herzen ist „Preacher“ nämlich auch in seiner zweiten Staffel kein Kandidat für die Sorgfalt und den ausformulierten dramaturgischen Aufbau. Ganz im Gegenteil, es verbirgt seine Schlüsselmomente hinter dem Ordinären, das nicht selten hinter der Maske des Bizarren liegt, welches sich längst als Normalität in den Alltag eingebürgert hat.

So wird man Zeuge abstruser Bekanntschaften, schicksalhafter Zufallsbegegnungen und blutiger Gewaltentladungen en masse, gefüllt mit Charakteren, die Comic pur sind (Lakonie zur Meisterschaft erhoben: Pip Torrens als „Herr Starr“). Mit vereinfachender Logik wird das Metaphysische der Religion zu einem festen Bestandteil der Welt gemacht, bis hinein in die Hölle, wo Pechvogel Arseface (Ian Colletti) ziemlich reale Bekanntschaften an einem ziemlich realen Ort macht. Was man jedoch als ausbuchstabierte Blasphemie auffassen könnte, folgt keinem zynischen Gedankengang oder einer sonstigen Art abfälligen Denkens über das ausgewählte Sujet. Im Gegenteil, der augenzwinkernde Humor zeugt stets von Respekt gegenüber dem Glauben und Nichtglauben, er hält sogar Momente erstaunlicher Poesie bereit. Die daraus gewonnene Tiefe bedeutet gegenüber der ersten Staffel sogar noch einmal einen gewissen Zugewinn.
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Bates Motel – Season 3
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Da schon in Interviews zur zweiten Staffel zu lesen war, dass „Bates Motel“ auf fünf Staffeln ausgerichtet sei, kann man davon ausgehen, dass Zuschauerquoten hier ausnahmsweise mal nicht über die Einstellung einer Serie entscheiden dürfen. Nach dürftigem Beginn darf man sich also vielleicht doch noch auf einen gelungenen Abschluss freuen.

Mit dieser Information im Hinterkopf erscheint die insgesamt sehr langsame Vorgehensweise der Autoren durchaus sinnvoll. Obwohl noch immer viel um den heißen Brei herum geredet wird, reift Norman Bates langsam zur Blüte und darf endlich auch konkrete Schlüsselbilder des Hitchcock-Werkes neu bebildern.

Zu einem Stilbruch führt das konstante Anziehen aber längst noch nicht. Grundsätzlich spielt sich an der Motel-Anlage am Rande einer Autobahn im fiktiven White Pine Bay immer noch eine Edel-Soap ab, die das psychologische Profil der Hauptfigur weiter mit kauzigen Nebenfiguren, inklusive verkorkstem Familienstammbaum, ausschmückt, was nicht ganz ohne Folgen im Sinne einer Entmystifizierung des Norman Bates bleibt. Das bizarre Mutter-Sohn-Verhältnis immerhin bleibt in seiner Vagheit unangetastet, gerade dessen Entwicklung gehört zu den leistungsstärksten Motoren dieser Staffel, die ansonsten leider unnötig viel Zeit an der Seite von Max Thieriot und Kenny Johnson bleibt, zwei gern gesehenen Darstellern zwar, die jedoch zu sehr den Fokus vom Hauptdarsteller ziehen, der immerhin ein, zwei wirklich große Momente zu verbuchen hat.

Man hat allerdings immer noch das Gefühl, es wird mit angezogener Handbremse inszeniert. Nicht, dass man unbedingt die Formeln des Horrorfilms bemühen müsste, aber ein wenig mehr Drastik würde man sich an mancher Stelle wünschen, damit man der Psycho-Werdung mit der gebührenden Ehrfurcht beiwohnen kann.

An Handwerk, Optik und Darstellern liegt es jedenfalls nicht, dass „Bates Motel“ auch nach drei Staffeln noch nicht hundertprozentig durchstarten konnte. Immerhin liegt die zweite Steigerung in Folge vor; wenn der qualitative Aufwärtstrend weitergeht, sind die Hoffnungen auf ein starkes Finish nicht umsonst.
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Helix – Season 2
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Grundsätzlich keine blöde Idee, das eisige Setting der ersten Staffel zu verlassen und die Viren diesmal in tropischer Umgebung wüten zu lassen. Begonnen mit dem zum Treibhaus umfunktionierten Vorspann (mit unverändert ironischem Bossa-Nova-Jingle) beweist man diesbezüglich den notwendigen Mut, um die Anleihen an „The Thing“ nicht überstrapazieren zu müssen und etwas frischen Wind ins Produktionsdesign zu bringen. Die Insel bringt leichtes „Lost“-Flair ins Spiel und die von Pusteln übersäten Infizierten einen Hauch von „The Walking Dead“ - in beiden Fällen findet jedoch keine Raubzug bei den bekannteren Marken statt, die Assoziationen gehen vielmehr vom Zuschauer aus, der automatisch mit den Mustern der Referenzserien abgleicht.

Geholfen hat es nicht, die SyFy-Produktion wurde nach dem zweiten Jahr eingestellt, obwohl das Cliffhanger-Ende vermuten lässt, dass man gerne noch eine Runde drangehangen hätte. Doch die Absetzung geschah nicht ganz zu Unrecht: Hatte „Helix“ von Beginn an schon mit Längen zu kämpfen, breiten sich diese in den neuen zwölf Episoden weiter aus und nehmen störende Eigenschaften an. Schuld ist vor allem ein wirrer Main Plot, der sich über zwei Zeitebenen erstreckt und das klassische SciFi-Element der Unsterblichkeit mühsam mit dem Aufhänger um bakterielle Erreger zu verknüpfen versucht. Gemeinsam mit dem „Wicker Man“-artigen Inselkult – sogar Honigbienen spielen wieder eine Rolle – entsteht ein krudes Gemisch, dem das nicht immer ganz glückliche Casting noch zusätzlich Stöcke zwischen die Beine wirft: Zwar verfügt man nun über den charismatischen Steven Weber als ominösen Sektenführer, andere Neuzugänge hinterlassen aber weniger positiven Eindruck und diejenigen, die es aus der ersten Staffel in die zweite geschafft haben, erweisen sich erschreckend oft als entbehrlich, bis in die Hauptrollen hinein.

Schöner wäre es gewesen, man hätte einfach die Krankheit walten lassen und sich im Stil von Virus-Filmen wie „Outbreak“ mit den direkten Auswirkungen beschäftigt, anstatt sie mythisch aufzublasen – das erinnert dann doch zu sehr an billige TV-Produktionen der frühen Neunziger, nur diesmal eben mit der erfreulichen Zeitersparnis, nur dreizehn Mal 40 Minuten durcharbeiten zu müssen anstatt gleich zwei Dutzend mal.
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Weitere Sichtungen:
Shin Godzilla
Undisputed IV

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Beitrag von McClane » 30.10.2017, 05:12

"Boston" ist nicht nur more than a feeling, haben wir auch im Board: http://www.liquid-love.de/forum/viewtopic.php?t=17923
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]

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Beitrag von LivingDead » 05.11.2017, 09:11

"I Am Not A Serial Killer" fand ich ebenso ziemlich gut. Durfte den bereits letztes Jahr auf dem Filmfestival hier in Oldenburg sehen und mochte vor allem das von dir besprochene authentische 90er-Feeling. Und alleine Christopher Lloyds Rolle ist das Anschauen schon wert.
Mit freundlichem Gruß
LivingDead

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Beitrag von Vince » 08.11.2017, 09:19

Life
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In der nahenden Retrospektive für das Kinojahr 2017 wird man „Life“ wohl vor allem als locker-leichten Obstgarten in Alternative zur diesjährigen „Alien“-Kopfgeburt zu schätzen wissen. Mit seinen nahtlosen Plansequenz-Abläufen und der optischen Nähe zum 2013er-Überraschungserfolg „Gravity“ lädt er zum Versinken im Fernsehsessel geradewegs ein. Stromlinienförmig bahnt sich die Kamera ihre Tunnel durch das begrenzte Set, verspricht zur Abenteuersimulation im Weltall zu werden. Sie folgt ihrer Attraktion, einer Kreatur, die zwar betont biologischen Ursprungs ist, jede Ähnlichkeit zu Säugetieren aber tunlichst vermeidet. Tiefseebewohner und Insekten dürften beim Creature Design Modell gestanden haben.

Das Alieneske ergibt sich in „Life“ also nicht wie bei „Alien“ aus der abstrahierten Ähnlichkeit zum Menschlichen, sondern aus dessen Negation. Und doch möchte der vermarktungstechnisch etwas schlaff klingende, semantisch aber vieldeutige Titel gerade auf das Modell Mensch hinaus: Wie funktioniert das Leben und wie gelang es dieser Spezies, sich auf der gesamten Erde auszubreiten?

Der kulturpessimistische Grundton des Films spiegelt sich einerseits in dem von Jake Gyllenhaal gespielten Charakter, der Astronaut geworden ist, um der Ignoranz seiner Artgenossen entfliehen zu können. Andererseits schlägt er sich in der Gefährlichkeit des schnell wachsenden Alien nieder, das man nicht einmal als bösartig bezeichnen möchte, weil es unbeeinflusst von Wertevorstellungen seinem Instinkt folgt, sich aber eben doch als rücksichtslos herausstellt, ist es doch ausschließlich auf die eigene Ausbreitung bedacht und kümmert sich nicht um den Untergang der Spezies, mit denen es seinen Lebensraum teilt.

Insofern ist das glibbrige, mit Tentakeln und Flügeln ausgestattete Wesen natürlich die Verkörperung nicht eines einzelnen Menschen, sondern der menschlichen Schöpfung, die selbiges mit ihrem Planeten anstellt und dabei auch nicht zwangsläufig als bösartig zu bezeichnen ist, sondern schlichtweg als ignorant und dumm.

„Life“ ist also offensichtlich keine hirnlose Monster-Action im Weltall, verpackt seine Substanz aber dennoch in leicht bekömmlichen Päckchen mit einem Spannungsaufbau, der zugegebenermaßen flutscht wie Butter. Daniel Espinosa vermag sein Publikum nie wirklich zu irritieren, zu fordern oder zu überraschen, was den publikumswirksamen Twist am Ende mit einschließt, aber er weiß das literarische Prinzip eines Page Turners geschickt auf den Film zu übertragen. Damit hinterlässt er nicht das Gefühl, etwas Großartiges geschaffen zu haben, dafür aber Zufriedenheit ohne Wenn und Aber.
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Der Auftrag - Für einen letzten Coup ist es nie zu spät
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„Der Auftrag“ folgt auffällig straff klassischen B-Action-Schemata, indem er eine geläuterte Hauptfigur mit besonderen Fähigkeiten dazu zwingt, doch noch einen letzten Coup anzunehmen (man sieht, die deutsche Titelschmiede hat mal wieder ein Feuerwerk an Kreativität abgebrannt). Dass man es dann doch mit einem völlig actionarmen Familiendrama zu tun bekommt, überrascht schon ein wenig; noch mehr, dass es unter diesen Vorzeichen gar nicht einmal sooo ungelenk inszeniert wird.

Hauptdarsteller John Travolta wird dabei allerdings auch tatkräftig von seinen Co-Stars unterstützt, ohne die der formelhafte Aufbau viel deutlicher zur Geltung käme. Newcomer Tye Sheridan hat unter David Gordon Green („Joe“), Jeff Nichols („Mud“) und Terrence Malick („The Tree Of Life“) in wesentlich kraftvolleren Dramen mitgespielt, bringt aber nun zumindest die entsprechende Erfahrung mit ein. Christopher Plummer ist ohnehin die Erfahrung in Person und veredelt jede Szene mit seiner bloßen Präsenz. Jennifer Ehle wiederum weicht in einer kurzen, aber sorgfältig inszenierten Filmepisode mit einer ungewöhnlichen Darstellung völlig vom Klischee der Ex-Frau ab und sorgt trotz kurzer Screentime für bleibenden Eindruck.

Das Darstellerensemble bildet also das Herzstück eines etwas ungelenk geschriebenen Skripts, das Abhängigkeiten und Schicksalsschläge zwanghaft miteinander kombiniert, um einen Mann dazu zu bringen, etwas zu tun, das er normalerweise nicht mehr tun würde. Um Bildfälscher wirklich in Aktion zu sehen, sollte man dann eher zu Filmen wie „The Art of Steal“ greifen, die sich intensiv mit Planung und Umsetzung beschäftigen und dabei auf Action und Thrill vertrauen. Heist-Elemente sind auch hier vorhanden, jedoch stets kurz und bündig, fast schon unverbindlich gehalten.

„Der Auftrag“ ist mit mehr Fingerspitzengefühl inszeniert, als man ihm aufgrund seiner äußeren Erscheinung zutrauen würde, wird aber regelmäßig vom generischen Drehbuch ausgebremst.
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The Girl With All The Gifts
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Die Verfilmung des noch sehr jungen Romans gleichen Namens bahnt sich seinen Weg durch das überlaufene Zombie-Genre mit einem Diskurs zwischen Mensch und Zombie, an dem ungewöhnlicherweise diesmal auch der Zombie selbst teilnimmt. Dadurch, dass im präsentierten Szenario die befallenen Kinder Phasen des klaren Verstands durchleben können und weiterhin ein spezielles Kind Zentrum der Handlung ist, nimmt „The Girl With All The Gifts“ eine außergewöhnliche Perspektive ein, die der weit streuenden Untoten-Thematik tatsächlich noch einmal neue Impulse verleihen kann. Auf diese Weise gelingt es dem Film, über die gesamte Laufzeit immer wieder unvorhergesehene Wendungen zu nehmen.

Das soll nicht verschleiern, dass sich sowohl Film als auch Vorlage beim Design von Zombie und Endzeitwelt kräftig bedienen. Derweil England bereits in Danny Boyles „28 Days Later“ von rennenden Menschenfressern überlaufen wurde, erinnern Pilzsporenbefall und die Rückkehr der Natur in verwaiste Großstadtgebiete so massiv an das Artdesign des (noch vor dem Roman veröffentlichten) Videospiels „The Last Of Us“, dass man beinahe von einer inoffiziellen Verfilmung sprechen könnte.

Wo die Mischung aus Mythologie, dystopischem Realismus und Genre-Alternation zu einem erfrischenden Ansatz führt, erscheint der Erzählton allerdings etwas sprunghaft. Der mit einem ungewöhnlichen Soundtrack aufbereitete Einstieg wirkt durch das bewusste Auslassen von Hintergrundinformationen angemessen geheimnisvoll, bevor die Situation Stück für Stück entblättert wird. Dennoch hat man das Gefühl, in einige Bereiche der Handlung nicht ausreichend eingeführt zu werden, was auch daran liegen mag, dass man sich nicht ganz darauf einigen kann, mit welchem Ton oder aus welcher Richtung man sich dem Sujet nähern möchte. Die Märchenästhetik von „Es war einmal“ beißt sich mit dem militärischen Ansatz und den teils drastischen Darstellungen, die aber wiederum meistens im Off ausgespielt werden. Mittendrin Hauptdarstellerin Sennia Nanua, eine vielversprechende, charismatische Newcomerin, die in dieser Rolle aber irgendwie falsch aufgehoben scheint.

Trotzdem ist „The Girl With All The Gifts“ eine intelligente, moderne Alternative zu den klassischen wandelnden Toten nach Romero, deren spannende Prämisse auch genug Platz für Fortsetzungen böte.
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Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind
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Diese Verfilmung eines nicht sonderlich fundamentalen Büchleins aus Rowlings Potter-Universum ist in etwa so sehr Filmkunst, wie Betriebsanleitungen und Enzyklopädien der Literatur zugehörig sind – man kann sie so bezeichnen, aber tatsächlich weiß jeder, dass sie ausschließlich einem praktischen Zweck dienen. In diesem Fall geht es darum, dem nimmersatten Muggel die Goldstücke aus der Börse zu zaubern.

Mit Kunst jedenfalls hat die computergenerierte Realisierung Dutzender Fantasiewesen nur noch im technischen Sinne etwas zu tun. Je mehr von ihnen das (in Liverpool nachgestellte) New York der 20er Jahre heimsuchen, desto offensichtlicher entpuppt sich die Filmhandlung als reine Aufzählung phantastischer Konstrukte.

Zwischen der meist mit Chaos und Demontage geordneter Abläufe verbundenen Vorstellung der Tierwesen gelingt Hogwarts-Spezialist David Yates immerhin auch ohne direkten Bezug zur Hauptreihe, zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort, das Potter-Feeling zu rekonstruieren. Angesichts der wenig gehaltvollen Geschichte bleibt das Bemühen um die Markenzeichen der Zauberer-Serie eine luftleere Blase, die aber als warme Erinnerung an die Hochzeiten der Franchise dennoch alte Fans für das Fehlen liebgewonnener Charaktere entschädigen dürfte.

Denn man darf nicht unfair sein: Auch wenn der Griff zur Schublade des seelenlosen Blockbusters verführerisch ist, zwischen dem Trio Eddie Redmayne, Dan Fogler und Alison Sudol (Katherine Waterston, die das Trio zum Quartett macht, bleibt leider ein bisschen außen vor) sprüht eine bemerkenswerte Chemie, wobei insbesondere Fogler als naiver Außenseiter mit einem Herzen aus Gold alle Sympathien auf seiner Seite haben dürfte. Läge nicht ein solch klinischer Schleier aus geometrischen Spezialeffekten über allem, man könnte sogar große Freude an der Gestaltung New Yorks haben mit seinen Pflastersteinen, den mit Accessoires gespickten Kostümen der Passanten und dem leuchtenden Horizont, der alles in ein romantisches Licht taucht.

Auf Dauer lässt der beherzte Griff in den Koffer ohne Boden jedoch an echten Konflikten vermissen. Zauberei ist in Filmen immer nur so lange interessant, wie sie eine Verbindung zum wahren Leben bewahrt. Diese Verbindung wird spätestens im Finale mit einem Wirbelsturm aus schwarzen Pixeln wieder eingerissen, bevor wie zur Entschuldigung gleich drei, vier Abschiede folgen, als wären nicht bereits vier weitere Teile geplant, die unzählige weitere Fabelwesen auf uns niederregnen lassen werden – und uns sozusagen dann mit vorgehaltener Waffe dazu zwingen, weitere Male in den Koffer zu steigen, wie einst von Mr. Burns mit Smithers und einem Modellflugzeug vorgemacht.

Ja, die 180 Millionen sind so angelegt, dass sie für das Auge sichtbar sind und ermöglichen in vielleicht etwas zu langen 130 Minuten einen eskapistischen Tauchgang in retro-phantastische Parallelwelten mit digital gepimpten Zauberstöcken, Zauberkoffern und all dem alten Krimskrams, der statt weißer Karnickel allerhand Buntes zu präsentieren weiß. Der charmante Main Cast lenkt dabei erfolgreich davon ab, dass man nichts vermissen würde, stünde man am Ende ebenfalls im Blitzdings-Regen und ließe sich das Hirn jungfräulich waschen.
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Fear The Walking Dead – Season 3
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Die Zivilisation ist endgültig abgestreift und konzeptionelle Unterschiede zur Mutterserie lassen sich inzwischen nicht mehr ausmachen. Ist die Enttäuschung über die aufgegebenen Alleinstellungsmerkmale jedoch einmal verfolgen, muss man anerkennen: Der zerfahrenen zweiten Staffel lässt man eine dritte folgen, die das Ruder im Rahmen ihrer Möglichkeiten noch einmal herumreißt und die vor allem dramaturgisch überzeugen kann.

Die Wege der etablierten Hauptdarsteller trennen und vereinen sich fließend, während sie neue Feinde und Verbündete treffen, die man wesentlich schneller akzeptiert hat als in anderen Drama-Serien, weil man um die Kurzlebigkeit der Gruppenzusammenstellungen jederzeit weiß. Das Schicksal, ja selbst die Kamera behandelt sie (fast) alle gleich, denn (fast) jeder kann Opfer des Szenarios werden. Die Abwesenheit einer moralischen Gerechtigkeit schlägt sich nicht nur darin nieder, dass bösartige Charaktere mitunter ein vergleichsweise langes Leben führen und sympathische Zeitgenossen schon früh ins Gras beißen, sondern auch in der Art, wie sie sterben; so wird eine der besonders liebenswerten Figuren gegen Ende in einer schnell geschnittenen Schusswaffensequenz relativ empathielos einfach über den Haufen geballert, ohne dass sich die Kamera besonders um sie scheren würde.

Mit Solisten-Episoden, die sich ausschließlich um eine spezielle Figur drehen, bereitet die dritte Staffel in weit ausschweifenden Erzählbögen spätere Zusammenkünfte vor, so dass es zum Aha-Erlebnis kommt, wenn die anfangs zusammenhanglos erscheinenden Perspektiven synchronisiert werden. Der Fokus liegt auf einem Rancher-Dorf, das von einer zwielichtigen Familie mit harter Hand und geführt wird; nichts besonderes soweit, wenn man die Hauptserie regelmäßig verfolgt. Kompliziert wird es durch einen verfeindeten Indianerstamm sowie den Subplot um einen von einem skrupellosen Geschäftsmann besetzten Staudamm, der wichtig wird, als in dem Dorf Wassermangel entsteht.

Obwohl die Machthalter ihre Position nie lange halten können (zu Erzfeinden der Marke „Governor“ oder „Negan“ reicht es also nicht), bleiben die Eckpfeiler über deren Lebens- und Handlungsspanne hinaus erhalten. Dayton Callie („Sons Of Anarchy“), Daniel Sharman („Krieg der Götter“) und Sam Underwood („The Following“) können sich bei den Neuzugängen besonders profilieren; bei den alten Bekannten stechen diesmal vor allem Rubén Blades und Colman Domingo heraus, da sie jeweils wichtige Subplots fast im Alleingang führen, während Familie Clark wie üblich zum Dreh- und Angelpunkt im Zentrum auserkoren ist und zwischen den Parteien vermittelt, um überleben zu können, wobei Spannungsmomente weiterhin aus Meinungsverschiedenheiten zwischen den Familienmitgliedern gewonnen werden.

Sein Image als trockener Südstaaten-Ableger mit weniger Schauwerten, Splatter und Spektakel kann „Fear The Walking Dead“ mit dieser Rezeptur natürlich nicht ablegen, auch wenn die letzte Episode mit einer geschmackvoll inszenierten, mehrteiligen Traumsequenz und einem explosiven Finale noch einmal ein Ausrufezeichen setzt. Immerhin ist aber wieder ein erzählerischer Fortschritt gegenüber der zweiten Staffel zu erkennen. Das einzig sinnvolle Ziel für zukünftige Staffeln kann jetzt eigentlich nur noch bedeuten, dass man langsam, aber sicher auf ein Crossover hinarbeitet; denn die Clarks auf Ricks Survival-Trupp treffen zu lassen, hätte mit dem Wissen aus x Staffeln Zombie-Epidemie nochmal einen ganz besonderen soziologischen Reiz.
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Voice From The Stone – Ruf aus dem Jenseits
Blade Runner 2049
Thor – Tag der Entscheidung
Hacksaw Ridge
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Beitrag von Vince » 05.12.2017, 14:51

Power Rangers
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Ein „Power Rangers“-Kinofilm ist marktwirtschaftlich nicht ganz so irrsinnig, wie es im ersten Moment klingt; schließlich basiert auch die seit einem Jahrzehnt erfolgreiche „Transformers“-Reihe auf der Annahme, dass sich Fantasy-Produkte für Kinder auch auf Leinwänden für die Masse verkaufen lassen.

Und dennoch... Power-Münzen? Power-Anzüge (einer davon in rosa)? Megazords? Kann man so etwas wirklich im Blockbuster-Gewand an die Welt verkaufen? Mit gutem Grund ist die TV-Serie als Über-Trash mit der typischen Unbeholfenheit von Suit-Motion ins kollektive Bewusstsein eingeflossen, verkörpert sie den Superlativismus japanischer Filmkultur wie sonst nur Trickserien, die dahingehend ganz andere Möglichkeiten haben.

Dass man den „Transformers“ bzw. diversen Superhelden-Supergroups der Marke „X-Men“ oder „Avengers“ eher nacheifern würde als der eigenen Vorlage,w ar natürlich abzusehen; das neuerliche Trashfest bleibt trotz der albernen Motorradkleidung aus der Zukunft aus. Den Reiz macht nur noch aus, wie der Film die unfreiwillige Komik der Serie in bombastische Effektbilder übersetzen würde.

Und da bleibt die Chose nach passablem, weil temporeichen Start im Schlamm stecken. Nicht bescheuert genug, um ein Trinkspiel daraus zu machen, aber auch nicht visuell awesome genug, um mit den großen Vertretern des Eventkinos mithalten zu können, hängt „Power Rangers“ in einer endlos erscheinenden Ausbildungs- und Selbstfindungsphase fest, die niemanden wirklich juckt; oder wollen wir unbedingt wissen, was ein High-School-Footballstar und seine Mitstreiter fühlen? Doch das Drehbuch ist voll von Szenen, in denen das Rangers-Quintett Kontrolle über seine Fähigkeiten zu erlangen versucht und dabei in einer wilden Mischung aus „Chronicle“ und „Project: Almanac“ hauptsächlich Teenager-Schwachsinn produziert.

Derweil bleibt der von Elizabeth Banks (in einer billigen Variante der in diesem Jahr folgenden Darbietung von Cate Blanchett in „Hulk: Ragnarok“) angetriebene Konflikt abstrakt und uninteressant. Obwohl ähnlich bunt und fragwürdig wie ein „Speed Racer“, verzichtet man auf dessen letzte Konsequenz in Sachen „Bad Taste“ und schickt lieber einen Goldriesen ins Rennen, der gegen das gesammelte Rangers-Team die Kohlen aus dem Feuer holen soll. Und so bleibt es eben beim mäßig spektakulären Bockbuster-Versuch, der die völlig bekloppte Vorlage viel weniger ernst hätte nehmen dürfen, um in irgendeiner Weise Emotionen zu kitzeln. Denn ausgelacht zu werden ist im Zweifelsfall gegenüber der völligen Gleichgültigkeit die interessantere Option.
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The Knick – Season 2
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Es ist nicht ganz klar, weshalb Cinemax das einst als Prestigeobjekt initiierte „The Knick“ nach zwei Staffeln einstellte. Die offizielle Begründung lautet, dass man wieder zu temporeicheren Action-Konzepten zurückkehren wolle; vielleicht versprach man sich aber auch einfach Einschaltquoten, die den durchweg guten bis hervorragenden Kritiken entsprachen.

In jedem Fall endet die historische Krankenhausserie so unrund, dass man es fast schon als aufreizend bezeichnen könnte. Das Schicksal vieler wichtiger Figuren (insbesondere der Hauptfigur) wird völlig offen gelassen, obwohl in einigen Fällen nur eine ergänzende Szene zur Klärung des Sachstandes beitragen könnte. Dass im Zuge dessen manch niederträchtige Figur nicht mehr moralisch belangt wird, sondern trotz schlechter Taten mit einem selbstgerechten Grinsen aus der Serie entlassen wird, kann man im Zuge dessen sogar positiv werten.

Man muss aber doch sagen, dass die erste Staffel einen insgesamt runderen Eindruck machte, weil sie sich immer einem großen Erzählbogen verpflichtet fühlte. Die Handlung der zweiten Staffel zerfällt in viele kleine Bestandteile, die Steven Soderbergh als alleiniger Regisseur aller Folgen jonglieren muss, was ihm zunehmend Probleme zu bereiten scheint. Spätestens, als sich Dr. Thackery in einer Episode an eine Episode seines Lebens in Nicaragua erinnert, werden die Fäden ein Stück zu weit ausgelegt.

Clive Owen legt im Beisein hochkarätiger Nebendarsteller auch weiterhin eine bemerkenswerte One-Man-Show hin und die verschiedenen Subplots sind grundsätzlich alle von ausreichendem Interesse, so dass man eine dritte Staffel durchaus noch gerne gesehen hätte – auch wenn Soderberghs ursprüngliches 6-Staffel-Konzept mit einem Cast- und Story-Reset alle zwei Staffel etwas gewöhnungsbedürftig geklungen hat.
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Homeland – Season 4
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Eigentlich hatte die Serienschöpfung von Alex Gansa und Howard Gordon schon nach einer Staffel das Problem, alles Wichtige gesagt zu haben, da das ursprüngliche Konzept nur für eine Staffel tragbar war und alles Weitere nur eine Ausweitung der Figuren sein konnte – wobei zu sagen ist, dass die Ausdehnung der Storyline auf weitere Staffeln bisher erstaunlich gut funktioniert hat. Da mit dem Abschluss von Staffel 3 nun aber endgültig eine Zäsur gesetzt ist, muss ein Neustart eingeleitet werden – und der erinnert leider etwas an die Zeit, als die Referenzserie „24“ (ebenfalls etwa zum Zeitpunkt der vierten Staffel) begann, herumzukrebsen und sich immer abstrusere Plots einfallen zu lassen, um die bisherigen Geschehnisse noch einmal zu toppen. Man möchte ja nicht direkt das Wort „Maulwurf“ in den Mund nehmen, aber... nun, man möchte weiterhin nicht ganz auf das Suspense-Element des Unterwanderers verzichten.

Den islamophoben Tendenzen der Serie versuchte man immer dadurch beizukommen, dass man Hauptfigur Carrie Mathison zur Expertin erklärte und sie mit der Fähigkeit zur Differenzierung auszustatten. Die diesmal überwiegend in Islamabad angesiedelte Staffel müht sich zwar darum, rational denkende Pakistani zu zeigen und umgekehrt auch hinterhältige Amerikaner, wenn aber schon gleich zu Anfang ein Lynchmord auf offener Straße gezeigt wird, zerstört das jedes Vertrauen in einen objektiven Blickwinkel, zumal sich im späteren Verlauf noch Anschläge und Exekutionen hinzugesellen, die teilweise so reißerisch inszeniert sind, dass man Jack Bauer schon in Funknähe vermutet.

In den leisen Momenten konzentriert man sich auf Carries zerrüttetes Verhältnis zu ihrer kleinen Tochter, die nun hauptsächlich bei der Schwester aufwächst. Einer der besser gelungenen Aspekte der Staffel, wohingegen ihr wandelbares Liebesleben zu sehr auf großes Drama ausgelegt sind. Immerhin funktioniert der an einer bipolaren Störung leidende Charakter nach wie vor ausgezeichnet im Zusammenspiel mit den ruhenden Polen Saul (Mandy Patinkin) und Peter (Rupert Friend).

„Homeland“ ist in Sachen Spannung im vierten Jahr immer noch im oberen Bereich der TV-Serien anzusiedeln, die Suspension auf Disbelief muss man nun aber fast schon im 24-Modus laufen lassen, um nicht abzuspringen.
:liquid5:

Wayward Pines – Season 2
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Schnell werden die letzten interessanten Darsteller der ersten Staffel aus der Serie geschrieben, und als die Säuberung beendet ist, steht die zweite Staffel mit einer billigen Ersatzmannschaft da wie ein billiges Rip-Off, das sich verzweifelt an das Vermächtnis der Originalstaffel klammert, das zur Fortführung nicht gerade prädestiniert ist.

Der ursprüngliche Reiz an „Wayward Pines“ lag ja nicht in der etwas hanebüchenen Storyline begründet, sondern beim Kleinstadt-Mystery-Flair, das unterstützt von achtbaren Darstellern trotz des gehetzt wirkenden Tempos gut bei Kritik und Publikum angekommen ist. Was die Autoren daraus nun aber fabrizieren, greift kaum noch auf die Mystery-Aspekte zu, sondern konzentriert sich vollends auf billige Science Fiction. Lautsprecherdurchsagen und merkwürdiges Einwohnerverhalten dienen nun nicht mehr der Befremdung, sondern werden zur Routine und zum Markenzeichen der Serie erklärt, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die puzzleartige Erzählstruktur gegen TV-Standard ausgetauscht wurde. Die durchaus stimmungsvollen Sets werden kaum noch im Sinne ihres Erfinders genutzt, sondern verkommen zur teuren Sitcom-Kulisse, nur dass hier Ränke- und Machtspiele mit Herrenrassen-Thematik in einem parahistorischen Kontext ausgelotet werden.

Selbst mit den wenigen verbliebenen Originalschauspielern wie Toby Jones oder Hope Davis macht es keinen Spaß, die Abbies (deren Genitalien übrigens fernsehgerecht stets von einem Metallbalken oder geschickter Schattensetzung verborgen werden) Folge um Folge aus ihren Käfigen geifern zu sehen, während sich draußen ihre Artgenossen zusammenrotten, um eine Unterhaltung der menschlichen Forscher außerhalb der Käfige anzuleiern. Der ständig gleiche Aufbau der Folgen langweilt ebenso sehr wie die völlig überholte Episodeneinleitung mit Synopsis zum Serienkonzept, Was-bisher-geschah-Montage, Einleitungsszene und Titelsequenz.

Selbst wenn einem die erste Staffel gefiel – dem Komplettierungsdrang darf man hier auch mal gerne widerstehen.
:liquid3:

South Park – Season 19
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Das schon mit Staffel 18 erkundete Continuity-Prinzip der Episoden, die bis dahin nach Simpsons'schem Status-Quo-Kodex abliefen (und dies mit Kennys regelmäßigem Tod sogar direkt persiflierten), wird noch einmal weiter ausgebaut. Nichts, was die Simpsons nicht auch inzwischen schon ausprobiert hätten (etwa am Beispiel Maude Flanders oder auch durch den 2007er Kinofilm), aber im begrenzten Raum von nur 10 Episoden kommt man einem Spielfilmformat mit gerade einmal rund 220 Minuten schon recht nahe und bietet durchaus eine Besonderheit.

Nachdem die vorherigen Staffeln brandaktuellen Themen nachjagten und sich dabei vor allem auf moderne Technologie stürzten, hat die neunzehnte Staffel etwas konservativere Themenkomplexe auf der Agenda. Political Correctness bildet das Kernthema, sie führt beim Schulrektor sogar einen Figurenaustausch mit sich, wobei Principal Victoria ebenso wenig ein großer Verlust ist wie der neue Rektor ein Gewinn, kennt man die bigotte Mixtur aus unflätigen Wutausbrüchen und vorgeschobenem Gutmenschentum doch in South Park schon lange.

Die durchgehende Kontinuität der Handlung drückt ein wenig auf den Humor, übt durch ihren speziellen Aufbau auf einer anderen Ebene aber durchaus eine gewisse Faszination aus. Während sich South Park durch externe Stadtplaner langsam in eine Mode-Metropole mit radikalem Arm-Reich-Gefälle verwandelt, erleben die kleinen Mützenträger immer noch ihre seltsamen Abenteuer, blicken nun aber nicht mehr auf Stillstand und Routine; man könnte sagen, Stan, Kyle, Kenny und Cartman haben endlich die Dimension des Coming-Of-Age betreten.
:liquid6: ,5

Daredevil – Season 1
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Marvel in Serie. Laufen alleine die Kinofilme schon Gefahr, die Serialisierung zu intensiv voranzutreiben, bekommen die Comicfiguren nun erst Recht Hüpfraum im Überfluss. Keine Überraschung dabei: Die Inszenierung ähnelt zunächst einmal derjenigen generischer Feierabendunterhaltung. Sie ist weder besonders virtuos, noch verfügt sie über eine besondere Note, geschweige denn versucht sie, Schemata aus dem Baukastenprinzip für Großstadt-Krimiunterhaltung zu vermeiden.

Und doch, dieses spezielle Format hat etwas. Natürlich liegt das einmal am Cast, denn alle drei Darsteller sind auf ihre verschiedene Art Volltreffer. Charlie Cox ist ein guter Daredevil, der angemessen unnahbar seine eigenen Kämpfe austrägt. Darüber hinaus beweist der Schauspieler große Wandlungsfähigkeit, wenn man zum Beispiel mal an seine Rolle in „Boardwalk Empire“ zurückdenkt, die völlig anders wirkt. Deborah Ann Woll hat schon in „True Blood“ bewiesen, dass sie einen ganz speziellen Typ spielen kann wie kaum eine andere auf dem Markt. Verletzlichkeit, Schönheit und Stärke gehen bei ihr Hand in Hand. Und Elden Henson ist der Knuddeltyp, der das Publikum in Sachen Sympathiepunkte abholt. Aber dann ist da eben auch noch der großartige Supportcast (Toby Leonard Moore, Rosario Dawson, Vondie Curtis-Hall, Scott Glenn), aus dem Vincent D'Onofrio mit einer beängstigenden Ausstrahlung hervorsticht. Sein Kingpin, dessen Villain-Name die gesamte Staffel über niemals ausgesprochen wird, lässt mit Blick auf die Vorlagentreue keinerlei Wünsche offen und funktioniert dennoch ausgezeichnet im TV-Format. Die Episode, in der seine Vergangenheit aufgerollt wird, klopft sogar ambitioniert bei erzählerisch anspruchsvolleren Formaten wie „Breaking Bad“ an und lässt für einen Moment das simple Konzept „noch eine Stunde Comic-Action vor dem Schlafengehen“ vergessen.

Die Chemie stimmt einfach und das spürt auch das Publikum. Mögen Drehbuch und Regie bisweilen auch in Standards verweilen, die Charaktere liegen einem schnell am Herzen und man ist schon bald brennend daran interessiert, welchen Verlauf ihre Schicksale nehmen. Noch dazu überzeugt die Optik. Hell's Kitchen wirkt wie von Ruß eingefärbt, eine gelungene Verbeugung vor dem Noir, die noch dazu in einem raffinierten Doppelspiel mit der Wahrnehmung der Hauptfigur spielt; denn über die nachtfarbene Optik nimmt man praktisch seine Perspektive ein.

Fast schon schade, dass Daredevil in der letzten Folge schließlich sein rotes Kostüm überstreifen darf, denn der mitunter noch etwas übermütige Streifgang durch die Gassen im schwarzen Ninja-Einteiler hatte etwas Authentisches, das mit der Folgestaffel hoffentlich nicht verloren gehen wird.
:liquid7: ,5

The Strain – Season 2
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Dass die Idee viel zu dünn ist für mehrere Staffeln einer Serie, hat man schon im ersten Jahr schnell erkannt und sich statt ambitionierten Storywritings lieber darauf konzentriert, deftigen B-Movie-Appeal zu erzeugen – was dank der bunten Optik, herrlich ekligem Vampirgewürm und einem charakterstarken Rat Pack auf der Heldenseite auch wunderbar funktioniert hat.

Als die zweite Staffel nun übermütig mit einer Rückblende ins Jahr 1932 startet und von dort aus noch einmal tief ins Reich der Legenden zurückgeht, um den Geschehnissen der Gegenwart einen unangemessen reichhaltigen historischen Kontext zu verpassen, könnte man die Autoren dennoch knutschen für ihre Vermessenheit. Zu keinem Zeitpunkt wirkt die Erklärung der Urspünge der Kreaturen schlüssig, geschweige denn zeigt sie angemessen auf, wie es zu dieser schillernden Vielfalt unterschiedlicher Exemplare kommen konnte, die von zombifizierten Fußsoldaten bis hin zu hochintelligenten Superwesen alles abdecken. Aber wen kümmert's, wenn es so viel Spaß macht, ihre Beißwerkzeuge in Aktion zu betrachten, insbesondere im edel gefilmten Prolog, der von Guillermo del Toro persönlich mit inszeniert wurde.

Zumindest bis zu einem gewissen Punkt, denn zur Mitte der Staffel ist die Luft ein wenig raus. Dass fortwährend neue Kreaturen und Abkömmlinge präsentiert werden – zu den Highlights gehören diesmal infizierte Kinder, die spinnengleich über Boden und Wände krabbeln – erscheint alsbald wie ein Ablenkungsmanöver für die nicht besonders gut funktionierende Integration der Invasion ins politische Weltgeschehen, das ja bereits in der ersten Staffel bis zum Aufkeimen des Nationalsozialismus zurückgesponnen wurde – ein Pfad, der nun wieder aufgegriffen und mit dem Aktionismus einer hyperaktiven Politikerin (Samantha Mathis) verknüpft wird. Da die Parabel aber nicht so recht gelingen mag und auch sonst vorwiegend das Chaos herrscht, sitzt man ratlos vor dem Storyknäuel, ohne jedwede Motivation, es zu entwirren. Die trotzigen Handlungen des Filmsohnes von Hauptdarsteller drohen sogar, das Fass überlaufen zu lassen, doch stets rechtzeitig entschädigt die Serie doch noch mit fetziger Vampir-Action.

Darüber hinaus kann man sich immer auf den grundsoliden Main Cast verlassen. Corey Stoll geht als Lead voll in Ordnung, heimlicher Star ist und bleibt aber Kevin Durand als draufgängerischer Rattenfänger (und nebenberuflicher Bombenleger). Mit Ruta Gedmintas und David Bradley bilden sie ein ungleiches Quartett, das letztlich gemeinsam mit dem gelungenen Creature Design und der kräftigen Optik eine Serie rettet, die ihr narratives Fundament auf einem aufgeschreckten Hühnerhaufen errichtet zu haben scheint.
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Rick & Morty – Season 1
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Die Grenzen stehen völlig offen, alles ist jetzt möglich. Die "Simpsons" sind mit dem prägenden Kleinstadtkonzept und Familienkern längst zu den Großeltern des Adult Cartoons geworden und selbst Flaggschiffe wie "South Park" oder auch "Family Guy" sind trotz eines zynischeren Grundtons inzwischen in die Jahre gekommen. Nun also "Rick & Morty", der nächste Klon, der aus einer Zusammenkunft der Klone ploppte, und mit jeder Generation kommt man dem Wahnsinn ein Stück näher. Ein Crossover zwischen den "Simpsons" und "Futurama" würde nun wohl langsam, rührselig und bodenständig wirken, denn kreativer, aber auch skizzenhartiger als in Anwesenheit der Karikaturen von Doc Brown und Marty McFly wurden Familienalltag und Science-Fiction-Pulp wohl noch nie in einer TV-Serie zusammengezeichnet.

Es sind nur 11 Episoden, weniger als die Hälfte einer durchschnittlichen Staffel der Urahnen (eine mehr aber immerhin als die jüngeren South-Park-Staffeln), was allerdings an irrwitzigem Kreationismus und Weltenbauerei in jeder einzelnen Episode abgebrannt wird, sucht wahrhaft seinesgleichen. Die kurzen Einspieler in den konventionell ausgestatteten Ess- und Wohnzimmern von Mortys Familie reichen kaum als Erholpausen; anders als der schneckenartig arbeitende Professor Farnsworth ("Futurama"), dessen Erfindergeist bewusst mit Schusseligkeit und anderen Alterserscheinungen konterkariert wird, erscheint der hyperaktive Rick vergleichsweise jung und dynamisch, auch wenn er wie seine Vorgänger nach dem Vorbild des "Mad Professor" modelliert ist. Er erfindet Tools und Geräte mit dem Potenzial, neue Dimensionen zu entdecken und Paradigmen umzuwerfen, mit einer scheinbaren Mühelosigkeit und Unmittelbarkeit, so dass es nur die Fantasie ist, die Grenzen setzt.

Morty blickt alldem mit einem stammelnden Ausdruck der Überforderung entgegen und ist durch dieses verunsicherte Gebahren Identifikationsfigur für den Zuschauer. Die wackelige, zweckmäßige Linienführung seiner Erscheinung lässt ihn von einem Abenteuer ins andere stolpern wie ein Spielball ohne eigenen Willen; Rick, dem man einen etwas affektiert wirkenden Rülps-Running-Gag in den Mund gelegt hat, ist zweifellos Federführer sämtlicher Expeditionen und bildet mit seinem Enkel eine Teamdynamik, die nicht umsonst in den "Zurück in die Zukunft"-Filmen so gut funktioniert hat.

Dass sich "Rick & Morty" seines Erbes bewusst ist, sieht man ihm natürlich an den unzähligen Referenzen an. Nicht zuletzt an einer Klon-Episode, für die es bei den "Simpsons" noch den extra hergerichteten Phantastik-Kontext der "Treehouse Of Horror"-Folgen benötigte, bei "Family Guy" (Season, Episode) "nur" noch die Pinky-und-Brain-Allüren eines manischen Babys. Dies stellt anno 2017 auch keine allzu besondere Leistung mehr dar, denn umgekehrt wäre es ein wenig vermessen, bei einer solchen Anlage die Originalität für sich zu verbuchen.
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Bates Motel – Season 4
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Nachdem der Berggipfel durch einen mit viel Aufwand genommenen Anlauf endlich bewältigt ist, darf „Bates Motel“ den Rest der Strecke nun mit frischem Fahrtwind im Nacken abwärts rollen. Norman ist, obwohl er nach wie vor Geheimnisse hütet, vor seiner Familie wie auch vor der Allgemeinheit inzwischen weitgehend als geisteskrank geoutet und verbringt den ersten Teil der vierten Staffel folglich in einer psychiatrischen Edel-Anstalt, wobei der Weg dorthin wiederum mit jede Menge Soap gepflastert ist, die zwangsläufig zum Drama ausarten muss – Liebe, Heirat, Glück und Frieden inklusive. Freddie Highmore hat im Zuge der Öffnung seiner Figur nun die Gelegenheit, einige brillante Züge zu nehmen. Wie er beispielsweise gegenüber einem Mitinsassen (Marshall Allman) aus heiterem Himmel seine wahre Persönlichkeit offenbart, das gehört schon zu den Highlights dieser Serie, die sich insgesamt aber noch immer schwer damit tut, ihre starken Produktionswerte mit ebenso starken Drehbüchern zu stützen. Was auch am Format liegen mag, denn nach der Laufzeit der Episoden, die mit Ausnahme der letzten Folge einer jeden Staffel stets mit dem gleichen Gedudel endet, kann man beinahe die Zeit stoppen.

Weil die Uhr nun auch in Sachen Auflösung spürbar zu ticken beginnt, werden einige der vielen Handlungsstränge einfach panisch in die Luft geworfen oder schnell noch mit heißer Nadel zu Ende gestrickt (Stichwort: Abflug nach Seattle), um die traute Zweisamkeit zwischen Norman und Mutter für Staffel 5 schon einmal vorzubereiten. Das wirkt nicht immer ganz elegant und wird den bislang so liebevoll umsorgten Charakteren auch nicht unbedingt gerecht.

Mit Horror ist immer noch nicht viel, auch der reine Thrill lässt sich nur stellenweise blicken. Zum Ende der Staffel hin wird er immerhin so morbide, wie man sich das von einem Muttersöhnchen wie Norman Bates eben auch erhofft.

Abgesehen vom Stamm um den immer stärkeren Highmore, die stets sehenswerte Vera Farmiga, den grundsoliden Nestor Carbonell, den richtig gut gewordenen Max Thieriot und den leider nur noch gastweise mitwirkenden Kenny Johnson sticht ein Schauspieler inzwischen ganz besonders heraus: Von einer Figur wie Chick (Ryan Hurst, bekannt u.a. als „Opie“ aus „Sons Of Anarchy) wusste man lange Zeit nicht, was man halten soll, inzwischen hat sie sich aber zum schrulligen Geheimnishüter White Pine Bays entwickelt und eröffnet damit eine Meta-Betrachtung auf das verstohlene Handeln der Figuren, die einfach Spaß macht. Hurst gelingt es, jeden einzelnen von ihnen aus der Reserve zu locken. Nicht Norman im Morgenmantel seiner Mutter ist es, den man in Erinnerung behalten wird – es ist Chick mit seinem Zauselbart, seiner Nerd-Brille, seinen albernen Strickpullis und seinen lächerlichen kurzen Hosen.
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Weitere Sichtungen:
Alien: Covenant
Die Mumie
Transformers: The Last Knight
Laurin
Der Satan mit den langen Wimpern

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Beitrag von SFI » 05.12.2017, 15:24

Bin schon auf deine Wertung zur 2. Staffel von Daredevil gespannt.
PFALZBOTE | DVD-Profiler

„Fate: Protects fools, little children and ships named Enterprise.“

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Beitrag von Sir Jay » 05.12.2017, 15:42

arrrgh so viel zu schauen...und so wenig zeit.

am ehesten würde ich rick und morty mal ne chance geben - nervt mich mittlerweile der hype fast schon...

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Beitrag von Vince » 06.12.2017, 03:45

SFI hat geschrieben:Bin schon auf deine Wertung zur 2. Staffel von Daredevil gespannt.
Liegt auf jeden Fall schon mal bereit.
Sir Jay hat geschrieben:arrrgh so viel zu schauen...und so wenig zeit.
am ehesten würde ich rick und morty mal ne chance geben - nervt mich mittlerweile der hype fast schon...
Ja, dem Hype wird's nicht gerecht, es ist halt bloß wieder eine neue Erwachsenen-Trickserie. Aber unterhaltsam ist's schon, obwohl ich am Anfang von einigen Marotten der Figuren genervt war und eher eine 5/10 im Kopf stehen hatte.

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Beitrag von Vince » 29.12.2017, 06:14

Fedora
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Als sich David Fincher mit „Zodiac“ zum zweiten Mal dem Serienkillerfilm zuwandte, diesmal aber eine völlig andere Perspektive gegenüber „Sieben“ wählte, nahm er sich vielleicht auch ein Beispiel an Billy Wilders „Fedora“. Mit seinem Spätwerk um den gleichnamigen Filmstar (Hildegard Knef) kehrt dieser thematisch zu seinem Klassiker „Sunset Boulevard“ zurück, überzieht ihn aber durchweg mit einer ungewohnt satirischen, gegenüber dem Establishment fast schon zynischen Note. Fedora steht nicht, anders als Norma Desmond aus „Sunset Boulevard“, im Mittelpunkt der Handlung, sondern ist ein Rädchen im verwinkelten Getriebe des auf Schein erbauten New Hollywood. Diesem hechtet William Holden als unabhängiger Produzent spürbar hinterher, während er in „Sunset Boulevard“ als Stimme aus dem Off noch die Würde des Noir verströmen durfte, selbst als Swimming-Pool-Leiche, die er darstellte.

Bei weitem ist dieser vorletzte Film von einem der bedeutendsten Grenzgänger zwischen Drama und Komödie nicht mehr mit der Klasse seiner wichtigsten Arbeiten zu vergleichen, auch weil er sich mit Finten und Schlenkern gegen den Grundsatz des Regisseurs richtet, nüchternes, ablenkungsfreies Kino zum Eintauchen zu bieten. Andererseits zeigt Wilder, dass er durchaus dazu in der Lage ist, mit der Zeit zu gehen; und über das seltene Talent verfügt, sich bei der Betrachtung eines Objekts in eine völlig neue Perspektive zu versetzen.
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The Bye Bye Man
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Hochglanz-Horror für ein trendbewusstes, junges Publikum. Die schreiend dämlich als „Bye Bye Man“ referenzierte Titelfigur wird erwartungsgemäß in einen mythologischen Hintergrund gewickelt, der sie aber weder unheimlich noch anderweitig interessant erscheinen lässt. Von der „Bloody Mary“ über den „Candy“- und „Boogeyman“ bis zum stumpfsinnigen Hackebeilschwinger aus einem Meta-Slasher werden unzählige Referenzen in den Sack geworfen, nur ängstigen möchten sie nicht. Innerhalb der gelackten Inszenierung möchte nicht einmal mehr der Schatten des aufgehängten Mantels an der gegenüberliegenden Wand im dunklen Schlafzimmer Gänsehaut verursachen, geschweige denn ein hautloser Hund aus dem Computer. Dabei hätten die in ansprechendem Weitwinkel eingefangenen Räume nach „Psycho“-Vorgabe durchaus Raum geboten für ungewöhnlich konzipierte Horror-Sequenzen.

Irrationales Verhalten vertrauter Personen soll die aus dem Alltag gerissene Hauptfigur ebenso verunsichern wie das bekannte Pavlov-Spiel mit Klang (Münze, Zug) und verknüpftem Effekt, doch das ständige Aufbrechen der vermeintlichen Realität ermüdet mit der Zeit, zumal die Darsteller nicht willens oder in der Lage sind, wie echte Menschen zu wirken; vielmehr entsprechen sie dem papiernen Abbild junger Erwachsener aus einem typischen Genre-Film. Der immerhin auch schon 32-jährige Douglas Smith sieht dabei wesentlich jünger aus als er ist – in diesem Fall nicht zwangsläufig ein positives Merkmal.

Wenn Euch der Trailer den Eindruck von Massenware für den schnellen Jump-Scare vermittelt: Traut Euren Augen und übt Verzicht. Nur eine weitere amerikanische Legende, schlecht zusammengeklaut aus anderen amerikanischen Legenden.
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Live By Night
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Ben Affleck ist wieder voll dabei. Als Drehbuchautor und Regisseur hat er sich so einen guten Namen erarbeitet, dass man ihn plötzlich auch als Schauspieler wieder für voll nimmt, ja selbst seinen Batman hat man ihm nach gesunder Skepsis letztlich abgenommen. Es hat lange gedauert, aber nun scheint er endgültig etabliert.

Da muss eine von Affleck geschriebene und inszenierte Mafia-Ballade inklusive Hauptrolle doch wie von selbst laufen. Schauplätze voller historischer Details, ein mit allerfeinstem Zwirn versehener Kostümschrank, eine Farbpalette mit kräftigen Orange-, Türkis- und Violetttönen wie frisch aus dem Sonnenuntergang gelöffelt, die Vorlage eines Autoren, den Affleck mit „Gone, Baby, Gone“ schon einmal verfilmt hatte... alles scheint wie gemacht für einen edlen Gangsterfilm, modern gefilmt, aber in Tradition der gemächlichen, ausholenden Epen der 80er und 90er Jahre.

Doch als „Live By Night“ dann endlich auf dem Bildschirm ist, läuft er einfach nur gehetzt durch, hakt Stationen ab, bewegt sich routiniert durch Zeitsprünge, inszeniert Verhandlungen unter Gangstern ebenso träge wie Schusswechsel mit verrutschten Hüten und zerknitterten Nadelstreifenanzügen. Optisch erfüllt der Film alle Erwartungen, aber Affleck wirkt in seiner Dreifach-Funktion zwischen zwei Auftritten als geflügelter Rächer, als sei er nicht ganz bei der Sache, als plagten ihn größere Verpflichtungen.

Und tatsächlich macht die geistige Abwesenheit, die er nach außen vermittelt, das potenzielle Epos kleiner als es sein könnte. „Live By Night“ erreicht nie die Niederungen eines Groschenromans so wie etwa „Gangster Squad“, gerade deswegen setzt man aber größere Erwartungen in ihn, die großflächig enttäuscht werden. Eine Erfahrung, die man vor ein paar Jahren auf ähnliche Weise mit der Hunter-S-Thompson-Verfilmung „Rum Diary“ machen musste; schade, dass sie sich in ähnlicher Manier wiederholen muss.
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Get Out
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Afroamerikanischer Mann aus New York steht ein Kennenlernen der Eltern seiner weißen Freundin bevor. Und dann?

Das Schöne an „Get Out“ ist ja, dass er keinen Genre-Bausatz liefert, mit dem man sich schon im Voraus die komplette Handlung inklusive Auflösung selbst zusammenreimen kann. Möglicherweise würde sich die Prämisse noch für eine Komödie eignen (wahlweise aus der Kevin-Hart- oder Spike-Lee-Ecke), wohl kaum aber für einen Horrorfilm, als welcher die Blumhouse-Produktion deklariert ist. Das bedeutet also, man kann dem Grundgedanken des Kinos frönen: Sich überraschen, irritieren, überwältigen lassen. Ein dieser Tage fast ausgestorbenes und deswegen ungemein kostbares Privileg.

In Zeiten, da sich die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums verkürzt zu haben scheint, da Trailer bereits als Mini-Zusammenfassungen gelten und allen Ernstes schon immer öfter ihre eigenen Mini-Trailer als Sekunden-Montage vorangestellt bekommen, ist der eigentliche Filmbesuch fast schon überflüssig geworden; man kennt ja schließlich schon alles, und wenn man mal nicht schon im Voraus weiß, wie der Hase läuft, muss man sich für sein Unwissen fast schon rechtfertigen.

Wie „Get Out“ hat seit „Cloverfield“ aus 2008 aber kein Film mehr funktioniert. Man ist im Körper dieses jungen Kerls, steht unmittelbar vor einer unangenehmen, aber harmlos wirkenden Situation, hat aber noch die verzweifelte Fratze des Entsetzens vom Cover im Hinterkopf und versucht, sich fieberhaft auszumalen, welche Ereignisse wohl auf diesen extremen Pfad führen mögen.

Dass dies nicht gelingt, ist mehr als begrüßenswert und natürlich einerseits dem diskreten Marketing zu verdanken, andererseits aber auch dem geschickten Umgang Jordan Peeles mit dem Element des Suspense in der ersten Hälfte. Der Horror, den er erzeugt, ist ein schleichender. Er nähert sich über gewöhnliche Situationen und überrumpelt schließlich mit Darstellungen tief liegender Urängste vor dem irrationalen Verhalten von Individuen, schließlich der organisierten Irrationalität einer ganzen Gruppe, die das bis dato als normal Erscheinende zum Anormalen erklärt und umgekehrt. Ob nun der Gärtner nachts grundlos auf den rauchenden Gast zurennt wie ein Berserker oder das Hausmädchen Georgina mit falschem Grinsen künstliche Freude zur Schau stellt (Betty Gabriel gelingt hier ein bizarres Mienenspiel von beinahe schon Lynch'schen Ausmaßen), es geht um die fehlende Fähigkeit der Hauptfigur, das Verhalten seiner Umwelt voraussehen zu können und angemessen darauf zu reagieren – so wie es im übertragenen Sinne so manchem Dunkelhäutigen in einer Runde weißer Kapitalisten ergehen dürfte.

So könnte man meinen, „Get Out“ sei vornehmlich ein Film für schwarze US-Amerikaner, da deren Ängste konkret thematisiert und in einen gesellschaftskritischen Horrorfilm kanalisiert werden. Doch möglicherweise funktioniert er bei einem weißen Publikum sogar noch besser. Ein solches wird nämlich zusätzlich mit einer völlig neuen Perspektive konfrontiert und steht letztlich dem obskuren Gehabe der Armitages und ihrer Freunde ebenso ratlos gegenüber wie alle anderen.
Zwar kann sich das satirisch aufgeladene Possenspiel nicht über die Zeit retten, ohne sich doch noch vor der ein oder anderen Konvention verbeugt zu haben; auch wird der Umgang mit den aufgedeckten Karten zwar raffinierter, auch in Sachen Visualität und Montage angeregter gelöst als vergleichbare Filmhandlungen, statt einer völligen Begeisterung bleibt für die Pointe am Ende allenfalls wohlwollendes Abnicken übrig. Aber es ist ja auch die Skurrilität des Vorangegangenen und das brillant überzeichnete Spiel aller Beteiligten, womit dieser Film überrumpelte und überrascht aufhicksende Rezensenten zurückgelassen hat. Nicht ohne Grund.
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Ein Dorf sieht schwarz
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Schade um die wirklich interessante Geschichte des zairischen Arztes, der auszog, um in einem kleinen französischen Dorf eine Praxis zu eröffnen. Man hätte es sicher verziehen, wenn der lehrreiche Beitrag zur Geschichte der französischen Integrationskultur einfach nur mit dem dicken Strich einer Comic-Satire überdeckt worden wäre; immerhin warnt ja bereits das Cover in den gelben Comic-Sans-Lettern einer typischen Verständigungskomödie der Marke Dany Boon. Sogar den merkwürdigen Rap-Song im Abspann verzeiht man, stammt er doch vom echten Sohn der Titelfigur.

Wo das Verzeihen jedoch schwer fällt, ist der Verbrüderungskitsch, auf den alles ausgerichtet ist. Wenn sämtliche Konflikte aufgelöst sind und selbst härteste Kartoffelbauern, die vermutlich sogar ihre eigenen Frauen mit Misstrauen strafen, zu den besten Freunden der exotischen Familie mutieren, verwandelt sich echte Empathie in falsche Rührseligkeit, eine Komödie mit dramatischem Kern zu einem emotionalen Schmierentheater.

„Ein Dorf sieht schwarz“ funktioniert daher fast nur in der ersten Hälfte, wenn die kulturellen Vorbehalte auf beiden Seiten noch frisch sind. Eine dunkelhäutige Familie, die in den 70er Jahren mitten auf einem französischen Feldweg im Regen steht, umgeben von Ackern und mit Aussicht auf einen langen Fußmarsch, da treffen zwei Welten aufeinander und klare Aussagen werden getroffen über die unterschiedlichen Annahmen, denen die jeweiligen Kulturen zugrunde liegen. Der fehlende Kontakt scheint hauptsächlich die Angst vor dem Unbekannten zur Grundlage zu haben; es ist spannend zu beobachten, wie die Einheimischen absurde Umstände in Kauf nehmen, um bloß nicht mit dem Farbigen in Kontakt zu geraten.

In der zweiten Hälfte erweisen sich aber nur noch die Besuche der Großfamilie aus Zaire als wertvoll; ihr lebensbejahendes, gegenüber den lokalen Gepflogenheiten allerdings auch respektloses Verhalten ist natürlich allerfeinster Nährboden für klassische Culture-Clash-Comedy nach Prinz-von-Zamunda-Art. Leider hat das Drehbuch zu diesem Zeitpunkt bereits längst zu zerbröckeln begonnen. Deutsche Schweig(höf)er-Komödien lassen grüßen, wenn mit für Familie Zantoko mit reichlich Naivität (oder aber Verklärung) sämtliche Drähte zum Dorfpöbel gekittet werden, bis der Ringelpiez getanzt wird und einem ganz schwindlig wird vor lauter Menschlichkeit.
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Lady Dracula
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Die einfachen Genre-Mittel, derer sich Jean Rollin bei weitem nicht zum ersten Mal bedient, erfahren in „La Morte Vivante“ keine höhere Wertschätzung. Sie scheinen zügig ausgeführtes Mittel zum Zweck zu sein, sowohl in ihrer Ausführung als auch in ihrer Konzeption. Dies mag eine paradox wirkende Feststellung sein angesichts des Umstandes, dass drastische Spezialeffekte in diesem Fall zur Beschlagnahmung des Werkes geführt haben, eine Ehre, die nicht jedem Werk des Regisseurs zuteil wurde, auch wenn er sich zeit seines Lebens in einer schmuddeligen Grenzwelt des Films aufgehalten hat, die ihn für alles Verbotene pauschal als Verdächtigen in Betracht zieht.

Handwerklich jedoch sind die Effekte auf besserem Amateurniveau anzusiedeln. Verätzte Gesichter, durchbohrte Köpfe und zerfetzte Hälse trennen den Make-Up-Teil deutlich von den pulsierenden Körpern der Präparierten, die still stehen müssen, um eine Illusion erzeugen zu können, die im Grunde keine ist; wenn der Puls noch sichtbar schlägt bei den Toten, wird die Improvisation offenbar.

Mehr noch als das reine Handwerk verrät jedoch dessen Planung, wie wenig Rollin in dieser Produktion am kunstfertigen Umgang mit den Regularien des Horror- und Untotenfilms gelegen haben muss. Radioaktive Fässer, deren Dämpfe die Toten aus ihren Gräbern erwachen lassen, wurden nur drei Jahre später zum Aufhänger einer amerikanischen Zombie-Comedy namens „Return Of The Living Dead“, die es mit der Zeit zu einem hohen Kult- und Bekanntheitsgrad gebracht hat. Mit ihnen eine tragische Geschichte über Ewigkeit, Menschlichkeit und Freundschaft initiieren zu wollen, grenzt an Faulheit, wenn nicht Ignoranz.
Oder sie führt bewusst auf die falsche Fährte, denn um so eindringlichere Wirkung erzeugt der Regisseur mit der Art und Weise, wie er seine Hauptdarstellerinnen Marina Pierro und Françoise Blanchard im Zusammenspiel inszeniert. Als ehemals Unzertrennliche, die vom Schicksal getrennt wurden, arbeitet er eine proportionale Umkehrung ihrer Entwicklungen vom Menschlichen ins Entmenschlichte oder umgekehrt heraus. Überhaupt arbeiten die Mechanismen in Rollins Fantasy-Welten meist über den Dualismus zweier weiblicher Pole, die mal identisch sein können, mal völlig gegensätzlich. Diesbezüglich liefert „La Morte Vivante“ eine der besten Vorstellungen im Œuvre des Franzosen; nicht zwangsläufig nur auf die schauspielerische Leistung der Hauptdarstellerinnen bezogen, sondern viel mehr in der Gesamtkomposition. Der Kampf gegen die Leere des Vampirdaseins wird mit kraftvollen Schlüsselbildern unterstrichen; ob die auferstandene Catherine nun in ihrem weißen Totenkleid wie paralysiert über eine grüne Wiese streift oder nackt am Klavier sitzt und die Erinnerung mit einzelnen Tastenanschlägen zu beschwören versucht, während hinter ihr auf dem Boden blutige Leichen verstreut sind, dieses Horrordrama ist reich an tiefen Eindrücken und strebt mit der komplexen Interpretation des Vampirthemas weit ins Poetische hinein.

Aus dieser Perspektive betrachtet ist es verständlich, dass dem reinen Genre-Handwerk gegenüber so wenig Sorgfalt zuteil wird. In gewisser Weise funktioniert „La Morte Vivante“ als grober Reißer dennoch; Blutige Effekte und Nacktheit hat er immerhin zu bieten, dazu gewohnt schaurige Setpieces, die oft erst durch die Kombination unwirklich erscheinen (die zierliche Marina Pierro als augenscheinlich einzige Hausherrin eines riesigen Schloss-Anwesens). Wahre Höhen erreicht er aber erst durch das komplexe Verhältnis zwischen der Vampirin und ihrer Dienerin, samt ihres bedeutungsvollen Bandes aus Jugendtagen.
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Mamba
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Mit nur zwei Nebendarstellern – einer davon verabschiedet sich bereits nach dem Prolog – und einer Hauptdarstellerin dürfte sich die italienische Genre-Produktion selbst dann ein Kammerspiel nennen, wenn nicht gerade Frau und Schlange hinter von außen abgesperrter Haustür einen gemeinsamen Abend verbringen würden. Dass Mario Orfini dabei so schnell zu diesem Punkt kommt, gehört zweifellos zu den Vorzügen des Films, der noch nicht einmal die 80-Minuten-Marke knackt, bevor dem Reptil das Gift ausgeht.

Abservierte Ehefrau gegen Mamba auf eingegrenztem Raum also. Das klingt jetzt nicht unbedingt nach garantierter Hochspannung, weil man sich vielleicht ein Hausmütterchen in karg eingerichteter Zweizimmerwohnung vorstellt, das quiekend auf einem Stuhl von einem Bein zum anderen hüpft. Doch da hat man die Rechnung ohne Trudie Styler gemacht. Die damalige Lebensgefährtin und spätere Ehefrau von Sting hüpft langbeinig in Unterwäsche und Hemd von einem Raum zum nächsten, absolviert in der Phase der Arglosigkeit eine Badeszene und holt selbst in der offenen Konfrontation noch so manches Mal ihre Schenkel aus der schützenden Vermummung – und doch spielt sie kein geistloses Final Babe („Final“ wäre angesichts der Konstellation auch recht witzlos), sondern bietet überraschend ein durchaus wertvolles Portrait aufkeimenden Feminismus in Reaktion auf den 80er-Jahre-Wall-Street-Machismus, der von Gregg Henry mal wieder vortrefflich ausgedünstet wird. Was Styler zeigt, ist oft albern, manchmal stark und selbstbewusst, dann aber auch wieder dumm und naiv – weit weg also von den realitätsfernen Powerfrauen der 90er Jahre.

Obwohl die Schlangenattacken als solche insgesamt wenig bedrohlich ausfallen und überhaupt sehr spärlich ausfallen (es sei denn, man möchte die inflationär eingesetzte Monster Vision mit ständiger Wiederholung eines Gänsehaut-Streicher-Motivs hinzuzählen), sorgt die Hauptdarstellerin für die halbe Miete, damit es beim Kampf auf Leben und Tod nicht langweilig wird. Der Rest wird von der Location beigesteuert, die mit weitläufigen Räumen, verschachtelten Treppen und Fluren und einem fast schon surrealen Design inklusive schräg verlegter Fenster und schiefer Wände durchaus ungewöhnlich ist.

Mit biblischer Symbolik mag man es ein bisschen übertrieben haben; nicht nur heißt die Dame „Eva“, auf einem Beobachtungsmonitor ihres Mannes mit Atari-Grafik wird sie außerdem als Apfel dargestellt, der von der Schlange verfolgt wird. Wenn Eva nun in der finalen Phase des offenen Kampfes im Eiltempo von einer Etage zur nächsten hetzt, ist es um die Logik endgültig geschehen; anders als ihr Mann würde man die Überlebenschancen der Frau unter normalen Umständen etwas höher sehen als 1 zu 1.000.000, aber mit einer Mamba, die Blitzteleportation beherrscht, mag diese Schätzung wohl hinkommen. Das Ende ist entsprechend des emanzipatorischen Subtextes vorhersehbar, hat aber dennoch zumindest einen kleinen Twist zu bieten und ist ebenso kurz angebunden wie der Rest; selbst der Abspann muss nur drei Schauspieler auflisten und ist in Windeseile abgehakt.
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Sherlock Holmes: Die Frau in Grün
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Bei Osiris und Apis, schau mich an. Schau mich ganz fest an! Du bist jetzt ein Vogel! Jaa, ein Vogel, bei Osiris und Apis! Ein Vogel!

Wie schon die „scharlachrote Kralle“ aus 1944 bringt die „Frau in Grün“ Farbe in das schwarzweiße Holmes-Universum und bedient sich per Dialog der Farbcodierung, was durchaus gut zur psychedelischen Welt der Hypnose passt, in die Holmes und Watson diesmal hineingeraten – auch wenn die zirkulierende Hypnosescheibe auch in Schwarzweiß ihren Dienst erfüllt. Das Ermittlerduo erinnert im Umfeld geistig manipulierter Opfer an Asterix und Obelix in der Magier-Episode aus „Asterix erobert Rom“, insbesondere dahingehend, dass sich Beide dem Budenzauber gegenüber als immun wähnen, was selbstverständlich nur auf Holmes zutrifft, nicht auf Watson, der weggetreten ist, noch bevor er seinen Monolog über die Manipulation kleiner Geister beendet hat. Natürlich tappt auch Holmes trotz seiner Erhabenheit über den Mummenschanz in die Falle und wandelt im wahrsten Sinne des Wortes am Abgrund entlang; inwiefern dieser Kniff nach nunmehr elf Episoden noch überraschen kann, sei mal dahingestellt.

„Die Frau in Grün“ ist mit einer klassischen Reihe von Morden, Detektiven nach klassischem Strich und einem neuen Milieu als Verkleidung somit ein routinierter, bisweilen prächtig unterhaltender, aber auch leicht auszurechnender Eintrag in die Reihe, der genau nach Maß liefert.
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2 Lava 2 Lantula
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Nein, also ohne Mike Mendez am Ruder macht es einfach keinen Spaß mehr. Die Asylum-Untiefen, über die sich „Lavalantula“ dank eines bestens aufgelegten Police-Academy-Casts und augenzwinkernden Humors noch erheben konnte, werden im schnell nachgereichten Sequel von Nick Simon nun selbst betreten, obwohl auch er auf Steve Guttenberg, Michael Winslow und Marion Ramsey zurückgreifen kann. Guttenbergs erster Auftritt am Set eines Polizeifilms ist aber schon so verkrampft, dass er Rückschlüsse auf mangelnde Schauspielführung zulässt. Man schämt sich regelrecht für den Star aus Kindheitstagen, wo man ihn im ersten Teil wegen des gelungenen selbstironischen Ansatzes noch anfeuern konnte – kaum zu glauben, dass er hier ein und dieselbe Rolle noch einmal spielt.

Und die Erinnerung mag täuschen, aber auch wenn die Animationen beim ersten Auftritt der Feuerspinnen bestimmt nicht von Meisterhand geschaffen wurden... waren sie nicht dennoch um einiges ansehnlicher als in der Fortsetzung? Die harmonische Einbettung der Achtbeiner ins Bild scheint nun endgültig keine Relevanz mehr zu genießen, achtlos gleiten sie über jede Art von Materie, ohne Notiz von deren Beschaffenheit zu nehmen. Ihr Schattenwurf gleicht dem eines betrunkenen Lucky Luke, mal zu schnell, mal zu langsam, mal einfach gar nicht da. Bei Lavalantula Mamalantula Gargantula, dem Über-Vieh fürs Stadion-Finale, sind vor lauter Megalomanie sogar Copy-and-Paste-Fehler zu bestaunen. Dass man sich in einer Szene über schlechte CGI-Effekte lustig macht und diese offensichtlich auch auf sich selbst bezieht, macht das Elend nur geringfügig besser. Besonders auffällig ist auch der armselige Schnitt. Mendez hatte diesen noch selbst angefertigt und damit sicherlich der ein oder anderen Szene zu mehr Tempo verholfen, hier wird eine krude Hetzjagd nur noch kruder.

Das inzwischen in Florida spielende Arachnidenspektakel zeigt sich bisweilen sehr zitierwütig und fertigt „Scarface“, „Miami Vice“, „Jurassic Park“, „Independence Day“ und Artverwandte im Dutzend ab. Wie Fremdkörper ragen sie aus der Handlung, die sich hauptsächlich über die klassische Sequel-Mischung aus Variation und Fortführung bekannter Bestandteile ergibt, Eiskanonen beispielsweise oder... ja, das war's auch schon. Als ein Crocodile-Dundee-Verschnitt eingeführt und schnell wieder herausgeschrieben wird, ist das bezeichnend dafür, wie die Gags am Fließband ohne Pointe absaufen.

Also, bitte, lasst es nicht mit Fortsetzungen wie „Lavalantula: Volcano Drift“ oder „Lavalantula: New Model. Original Legs.“ ausarten und beendet die Reihe, bevor sie irgendwann im Weltraum landet.
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Hell Or High Water
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Man täte dieser schnörkellosen Ballade über zwei kriminelle Brüder Unrecht, würde man sie an fehlender Originalität festnageln oder daran, dass es Geschichten wie diese schon so lange gibt wie das Kino. Denn es ist gerade eben die Pointe von „Hell Or High Water“, dass er in der heutigen Zeit spielt, sich aber schon zu einer Zeit ereignet haben könnte, als der Westen noch nicht gebändigt war.

Obwohl er mit dem von Ben Foster nach eigenem Typ gespielten Tanner Howard ein potenzielles Störfeuer im Plot integriert hat, lässt sich Regisseur David Mackenzie nicht beirren auf seiner geraden Linie von Punkt A zu Punkt B. Es sind letztlich die von Chris Pine und Jeff Bridges ebenfalls nach eigenem Typ gespielten Figuren, die den Fortgang der Geschichte mit ihrem kalkulierten, bisweilen sogar vorprogrammierten und schicksalhaften Handeln bestimmen.

Spannung lässt sich damit schwerlich erzeugen, wohl aber Nachdenklichkeit, die sich im Straßenstaub kleiner US-Gemeinden verteilt, welche in der Zeit stehen geblieben zu sein scheinen – ein Fingerzeig an politische Entscheidungsträger und den ausbleibenden Fortschritt im Umgang mit Einzelschicksalen. Die Inszenierung der Banküberfälle geht dabei mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit einher, die dem Warten vor der verschlossenen Tür des Bäckers am frühen Morgen gleicht; den Sonnenaufgang noch orangerot im Genick, den Hahnenschrei im Ohr, das Sandkorn im verschlafenen Auge. Ohne Frage, den Gesetzesbrechern wird ein gewisses Maß an Verständnis für ihr Handeln zuteil.

Überraschungen gibt es also weder in der Auflösung des Dilemmas noch im angeknüpften Epilog. Sie wären an dieser Stelle auch nicht angemessen. Es ist wertvoll zu wissen, dass die Dinge manchmal einfach so sind, wie sie sind.
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A Cure For Wellness
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„Shutter Island“ im Kur-Ambiente von „Ewige Jugend“... dass die Rückkehr von Gore Verbinski ins Mystery-Horror-Fach ein visueller Augenschmaus werden würde, war vorprogrammiert. Bilder von kristallklarer Anmutung und bläulichem Schein lassen New York und die Schweizer Alpen beiderseits wie ein unwirkliches Spiegellabyrinth wirken. Dementsprechend gelingt der Übergang von der toten Darstellung der gläsernen Großstadtfassaden hin zur idyllischen Abgeschiedenheit mühelos. Eine brillant gefilmte Transit-Außenaufnahme reflektiert beide Perspektiven gegeneinander und findet ihr Ende im Schwarz des Tunnels. Nein, Verbinski lässt keinen Zweifel an der deutlichen Genre-Einordnung seines Werkes und versucht nicht einmal, sie zu verschleiern.

Ist die Erzählform jedoch durch Konventionen bereits vorbestimmt, drängt sich die Geschichte in den Vordergrund. Das Drehbuch bleibt hier vage, was der ersten Hälfte wesentlich mehr nützt als der zweiten. Solange die unerklärlichen Vorgänge im Sanatorium nämlich nur abstrakte Striche sind, solange sich aus ihnen noch keine interpretierbaren Zeichen entwickelt haben, funktioniert dieser Ansatz ganz hervorragend. Man mag sich kaum sattsehen an den glatten Spiegelflächen der Seen, der Unerreichbarkeit der Berge und den Mosaiken im Inneren des Sanatoriums. Die Zeichen, seien es Halluzinationen von nicht vorhandenen Durchgängen oder mikroskopischen Lebewesen im verabreichten Wasser oder harte Fakten wie ein Wildunfall, man nimmt sie, wie sie kommen, bereitwillig, sich auf das Rätselspiel einzulassen, und nimmt dafür sogar Klischees von verrückten Anstaltsexperimenten und einem mies gelaunten Pöbel aus dem Dorf im Tal in Kauf.

Nur kommt irgendwann immer der Punkt, an dem man die Karten offen legen muss. Hier offenbart die von Regisseur Verbinski und Drehbuchautor Justin Haythe gemeinsam erdachte Geschichte ihre Lücken, insbesondere bezüglich der Richtung, die man einschlagen möchte: Soll „A Cure For Wellness“ nun vor den Krankheiten der modernen Gesellschaft warnen oder schlägt es doch eher einen märchenhaften Weg ein, indem es das Garstige zum Bösen erklärt, das weit oben auf dem Berg hockt und in seinem Kessel voller Geheimnisse rührt?

Vielleicht dachte man, beides ginge gleichzeitig, es würde womöglich sogar den Mystery-Faktor in die Höhe schrauben. Der Plan geht leider nicht auf; trotz des naturalistischen Bilderrauschs bleibt das rationale Denken noch so weit aktiv, dass man das Dilemma des Films, sich für die mythologische oder die kontemporäre Auslegung entscheiden zu müssen und sich nicht entscheiden zu können, störend wahrnimmt. Schade um das verlorene Potenzial, aber aus Verbinski-Perspektive bietet „A Cure For Wellness“ dennoch willkommene Abwechslung nach einigen Jahren gefüllt mit Actionkomödie und Melodram.
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Hidden Figures
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Große Leistungen ohne Anerkennung sind das Thema dieser biografischen Verfilmung um drei afroamerikanische NASA-Mathematikerinnen zu Zeiten von John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson. Ein Extrembeispiel für Diskriminierung steht auf dem Plan; Hautfarben- und Genderthemen werden miteinander verknüpft und in ein berufliches Umfeld gelegt, das für Außenstehende bis heute als Synonym für Willenskraft und Traumerfüllung steht. So erzeugt die Inhaltsangabe nicht wie bei vielen anderen Rassismus-Dramen ein Gefühl von „unglaublich, dass so etwas zu dieser Zeit noch passiert ist“; ein Ausdruck, mit dem man sich selbst auch immer ein wenig rein wäscht. Vielmehr empfindet man Verwunderung darüber, dass überhaupt in den 60er Jahren dunkelhäutige Mathematikerinnen bei der NASA angestellt waren. Man ist dazu versucht, schon dies als fortschrittlich zu bewerten. Darauf aufbauend, ist es das Ziel dieses Films, zu beweisen, dass der Schein trügt.

So ist der metaphorische Gehalt dieser historischen Erzählung nicht zu unterschätzen. Kleine Bildnisse ziehen sich durch die gesamte Handlung, wenn die Protagonistinnen ihr Umfeld davon überzeugen wollen, dass es notwendig ist, Grenzen zu überschreiten, oder, wie es ihr Boss (Kevin Costner) mit ganz anderer Intention im Hinterkopf ausdrückt, „über die Zahlen hinaus zu denken“. Weiße in hohen Positionen werden daran erinnert, dass auch sie Grenzen durchbrechen mussten, um ihren Status zu bekommen; der erste Mann im All wird zum Symbol für das Avantgardistische, dem es auf anderen Positionen nachzustreben gilt.

Am besten ist „Hidden Figures“ im Grunde, wenn er die Nebenfiguren zu spontanen Reaktionen verleitet, die ein von gesellschaftlichen Umständen verblendetes Denken unter Beweis stellen. Dies gelingt oft in kleinen Gesprächen mit den unterschiedlichsten Menschenschlägen, die sich alle im gleichen Maße von dem Diktat ihrer Umwelt beeinflusst sehen; ob weiße Frauen (Kirsten Dunst), schwarze Männer (Mahershala Ali), schwarze Frauen (jede der drei Hauptdarstellerinnen) oder weiße Männer (Jim Parsons). Gerade dies macht Kevin Costners Rolle so besonders: Costner ist hervorragend darin, eine Immunität, aber auch Blindheit gegenüber rassistischen Themen auszustrahlen. Sein völliges Desinteresse an allem Privaten lässt ihn im Sinne von Arbeitsschutzgesetzen fragwürdig erscheinen (ein Thema für einen anderen Film vielleicht), im Kontext dieses Films jedoch hat er eine beneidenswert neutrale Ausstrahlung. Ihm dabei zuzusehen, wie er aus reiner Pragmatik heraus das Schild einer Toilette für Schwarze zertrümmert und dem gleichberechtigten Stuhlgang die Pforten öffnet, im Endeffekt nur, um die Effizienz der Arbeit seiner Angestellten zu erhöhen, ist eine Freude, denn sie drückt vor allem eines aus: Die Unlogik der Rassentrennung.

Leider ist „Hidden Figures“ in vielerlei anderer Hinsicht kaum mehr als durchschaubare Oscar Bait. Ansetzen kann man schon beim Filmtitel, der sich allenfalls darauf bezieht, dass die Lebensgeschichte der Frauen erst durch diesen Film für die breite Öffentlichkeit bekannt gemacht wird, da sie am Ende der Handlung gemäß eines etablierten Happy-End-Anspruchs sehr wohl Anerkennung erfahren und Fortschritt erzwungen haben. Doch wie viele andere NASA-Mitarbeiter, egal ob schwarz oder weiß, mag das breite Publikum wohl beim Namen nennen können? Wo sind die weißen Frauen mit Intellekt, wo werden Armut und Herkunft thematisiert? Theodore Melfi verwendet einen doch sehr beengten Blickwinkel auf den Arbeitsmarkt, und nicht einmal auf diesen im Generellen, sondern nur auf die Beschäftigungsverhältnisse im Langley Research Centre. Es wird suggeriert, dass es nur diese schwarzen Frauen gab, die für ihr Recht kämpften, in das selbsterklärte Revier weißer Männer einzudringen.

Die Narration ist völlig auf den Arbeitsalltag eingeschossen, der mit Lösungsansätzen der Marke „A Beautiful Mind“ oder „The Imitation Game“ hübsch ausgeschmückt wird, um eine fachliche Brillanz anzudeuten, mit welcher der zur Schau gestellte Mad-Men-Chauvinismus neutralisiert werden soll. Das geht sogar so weit, dass die familiären Umstände völlig vernachlässigt werden. Wenn Katherine nach einem 16-Stunden-Tag von der Arbeit zu ihren drei Kindern zurückkehrt, wirkt es doch sehr unglaubwürdig, dass sie immer noch dazu in der Lage ist, perfekt geschminkt bei ihnen zu sitzen und eine „gute Mutter“ zu sein.

Eigene Pioniersleistungen in Sachen Minderheitendrama verbaut sich „Hidden Figures“ damit wieder, denn am Ende des Tages bleibt seine Oscarnominierung leider nicht die einzige Vorhersehbarkeit.
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Ich – einfach unverbesserlich 3
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Wenn die Fantasie verdunstet ist, wird eben der Zwillingsbruder ausgepackt. Und weil sich in „Despicable Me“ bereits mehr als genug Eierköpfe tummeln, verfügt der Neuzugang über eine Tolle wallenden, blonden Haars als Unterscheidungsmerkmal von Gru und seinen Minions.
In dieser Doppelkonstellation geht es also ein weiteres Mal auf Superverbrecherjagd, natürlich nicht ohne Frau und drei Kinder im Schlepptau. Gegner ist diesmal ein fieser Ex-Kinderstar mit Schnurrbart und Vokuhila samt einsetzendem Kahlschlag, der von Trey Parker mit hörbarem Randy-Marsh-Einschlag gesprochen wird. Als Michael Jackson und Nena hörendes Kind der 80er mit seltsamen Vorlieben für Aerobic und Pop Art liegt eine solche Figur natürlich voll im Trend, wie fast alle anderen Charaktere im Illumination-Universum muss sie auch zum tanzenden Hampelmann gemacht werden, so dass sich die Figuren stets vom Beat gestochen fortbewegen, denn nicht-tänzelnde Bewegungen sind nicht witzig genug.

Derweil man den Minions mit einem Gefängnisaufenthalt mehr oder weniger erfolgreich eine neue Nische für ihre seltsamen Marotten gefunden hat, ähnelt die Gesamtkonstellation schon immer mehr der tief gesunkenen „Ice Age“-Reihe. Die Unterschiede zwischen einem Säbelzahnhörnchen im Weltall und einem Minion im Knast sind bei genauer Betrachtung nur marginal, während Gru, über dessen Grantigkeit immer noch Witze am Fließband gemacht werden, eigentlich längst nicht mehr grantig ist – was man ebenso über Säbelzahntiger Diego oder Mammut Manny sagen könnte.

Kurzum findet eine hektische Kompensation der nach dem ersten Teil verlorenen Dynamik durch oberflächliche visuelle Gags statt, mit denen einfach nur noch die körperlichen Deformationen des mit verschobenen Proportionen spielenden Animationsstils für die Pointe sorgen sollen. Wenn aber nur noch ein Blähbauch auf Stelzenbeinen zum Lachen anregen soll, ist das schlicht und ergreifend mangelhaft.
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Weitere Sichtungen:
Security – It's Going To Be A Long Night
Waxwork 2
Ghost In The Shell
Wild Card
Spider-Man: Homecoming
Star Wars: The Last Jedi
Justice League

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Beitrag von Vince » 06.01.2018, 09:57

Slow West
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John Maclean haushaltet klug mit der geringen Menge an Ressourcen, die ihm zur Realisierung seiner Westernerzählung „Slow West“ zur Verfügung stehen. Obwohl er nicht einmal 90 Minuten hat, um sie zu Ende zu führen, kümmert er sich liebevoll um das kleine Repertoire an Nebenfiguren. Es beeindruckt schon, mit welcher Seelenruhe und Wortkargheit die Hauptdarsteller Michael Fassbender und Kodi Smit-McPhee ihre Figuren mit Leben füllen dürfen; erst recht bemerkenswert ist aber der Umgang mit den restlichen Charakteren, die über Kurzauftritte meist nicht hinauskommen und trotzdem stets vollständig erfasst scheinen; oft auch durch Erzählungen oder Schlussfolgerungen aus der Situation, in der sie sich befinden.

Dazu ist ein tiefes Bewusstsein für Western-Relikte fast ebenso sehr notwendig wie die Fähigkeit, die Geschichte in eine Form mit klar geführtem Strich zu bannen. Beides kombiniert Maclean meist souverän und stilsicher. Der durch den Road-Movie-Aspekt stets in Bewegung befindliche Western zeigt einige der schönsten Seiten des Genres in stillen, jedoch markanten Landschaftswechseln und einer prägnanten Farbcodierung, durchbrochen von kleinen Momenten der Überraschung, die man versteckt zwischen vereinzelten Klischees so vermutlich noch nie oder nur in abgewandelter Form gesehen hat; eine Wäscheleine zwischen zwei Pferden hätte man beispielsweise allenfalls noch einem Western mit Spencer und Hill zugetraut.

Diese kleinen Momente pragmatischen Handelns untermauern den geübten Umgang mit dem Szenario. Pragmatisch ist dann auch die Auflösung der Geschichte, die im Kern ein Liebesdrama über Grenzen hinweg zu sein scheint, darüber hinaus aber noch etwas Tieferes über zwischenmenschliche Beziehungen zu sagen hat... und somit auch über die Sehnsüchte, die in den Weiten des Westens verborgen lagen, seit es Geschichten darüber gibt.
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CHiPs
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Ob „Starsky & Hutch“ oder „21 Jump Street“, mit den ausrangierten TV-Vorlagen von anno dazumal haben ihre Action-Comedy-Neuauflagen nur noch die Cameos gemein. Das Humorverständnis ist ein völlig neues, es nährt sich aus einem Sensationstourismus, der vor allem daran interessiert ist, wie man Veraltetes möglichst spektakulär bloßstellen kann.

Dax Shepard fällt auch Jahre später in seiner Funktion als Regisseur, Autor und Hauptdarsteller für die Aufhübschung der alten Copserie „ChiPs“ nichts anderes ein als enge Uniformen und peinliche Situationen auf dem Motorrad. Einmal mehr rechtfertigt die Sehnsucht nach Aufmerksamkeit den Griff in die tiefsten Untiefen des ranzigsten Humors, der sich vom Bodensatz abkratzen lässt, ohne die Kelle abzubrechen. Michael Peña wird niemals von den Gaucho-Klischees abkommen, wenn er weiterhin Rollen wie diese annimmt und zu enthusiastischen Vorträgen über die gesellschaftliche Akzeptanz von Ass-To-Mouth-Praktiken genötigt wird.

Überhaupt gerät das Buddy Movie ebenso zur verbalen wie grafischen Verkrassung der biederen Vorlage, die nicht nur Respekt vermissen lässt, sondern in ihrer Motivation, besonders anzüglich zu sein, selbst erschreckend bieder wirkt. Wo Jonah Hill und Channing Tatum als Hich-School-Duo wenigstens noch einen gewissen Charme versprühten und Stiller/Wilson zumindest als professionelle Komödianten ihre Momente habenähnelt die Chemie zwischen Peña und Shepard einer khakifarbenen Masse, die sich in einer Petrischale zitternd aufbäumt und röchelnd wieder zusammensackt.

Läuft schon jetzt völlig zurecht unter „ferner liefen“.
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Die drei Gesichter der Furcht
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Episodenfilme zerfallen bekanntlich gerne in ihre Bestandteile und sind selten von durchgehend exquisitem Bouquet, selbst wenn einzelne Beiträge eine besondere Klasse erreichen. Bavas Kurzgeschichtensammlung von 1963 hatte gute Chancen, die berühmte Ausnahme von der Regel zu werden, bedenkt man die markante Bildsprache des Regisseurs und den Umstand, dass er alle drei Episoden selbst inszenierte, was heftige Stilbrüche wie beim Beispiel „Außergewöhnliche Geschichten“ (mit Fellini, Malle und Vardim) von vornherein unwahrscheinlicher macht.

Die erste Geschichte, „Das Telefon“ verhindert aber bereits eine Erfahrung „ wie aus einem Guss“. Die bekannten Stärken des Italieners deuten sich zwar an, reichen aber bei weitem nicht in die fiebrige Bildsprache hinein, die man von ihm gewohnt ist. Was sich in der Wohnung einer von Telefonterror geplagten Dame mit offenbar nicht ganz koscherem Hintergrund abspielt, kennt man in dieser Art von diversen Gialli, die sich der Drastik von Altmeistern wie Argento verwehren und eher dem biederen Thrill typischer Poliziottesci gesonnen sind – einer Ausdrucksform, die Bava, dem Meister der Farben und Beleuchtung, nicht besonders gut steht, auch wenn er mit unausgesprochenen Subtexten und dem Suspense einer uneingeweihten Protagonistin ein gewisses Maß an Spannung erzeugen kann. Dabei weist schmückendes Dekor unter den hohen Decken des ungewöhnlichen Altbaus durchaus auf den Regisseur hin, auch das in den Teufelsfarben schwarz und rot aus dem Bild stechende Telefon sorgt für Akzente und eine übergreifende Verknüpfung. Allerdings bleibt dieses erste „Gesicht der Furcht“ ein abstraktes; es steht noch nicht für die unaussprechliche Sage aus dem Reich des Übernatürlichen, die der schrill ausgeleuchtete Karloff als Moderator im Prolog mit Augenzwinkern ankündigt.

Ganz anders sieht es mit den anderen beiden Episoden aus. „Der Wurdalak“ geht schon aufgrund seiner Laufzeit und der ausholenden Narration als Herzstück durch und erhebt sich als Mittelstück zum besten Beitrag des Dreiteilers. Bava zieht nun endlich alle Register und macht die russische Fauna zum geisterhaften Ödland mit einer verzerrt ausgeleuchteten Hütte in ihrem Zentrum, die wie der Vorhof zu einer Hölle der Untoten erscheint. Moderator Karloff wird hier zum Hauptdarsteller transformiert und tauscht seinen ironisch-flapsigen Unterton gegen die wahrhaft beängstigende Darstellung einer Schauergestalt, bei der die vertrauten Züge eines Großvaters in etwas Monströses verzerrt werden. Mit Karloffs wirrem Haar, seinen tiefen Falten und dem leeren Ausdruck in seinen Augen stellt Bava Dinge an, die sich so schnell nicht mehr aus dem Kopf vertreiben lassen; die Einstellung, in der er mit dem Enkel in die Nacht hinausreitet und nur sein tot grinsendes Gesicht beleuchtet ist, brennt sich unauslöschlich ins Gedächtnis ein, ebenso wie viele der malerischen Kulissen, die ebenso unheimliche Schatten werfen.

Die Abschlussepisode „Der Wassertropfen“ kommt weiterhin der im gleichen Jahr abgedrehten Schuld-und-Sühne-Erzählung „La Frusta E Il Corpo“ in Sachen Thematik und Stimmung noch am nächsten und ist an verstörender Wirkung selbst dem „Wurdalak“ noch überlegen, weil die Bedrohung aus dem Schattenreich direkt in die bodenständige Realität eingreift, die mit dem Diebstahl eines Ringes das Profane zum Aufhänger macht, derweil „Der Wurdalak“ noch bis zum Schopf in Mythologie versunken ist. Sie funktioniert hauptsächlich über die Präsentation einer grässlich entstellten und ebenso effektiv ausgeleuchteten Totenfratze, diesmal derjenigen einer verstorbenen alten Frau. Damit strebt „Drei Gesichter der Furcht“ am Ende doch noch zur Geschlossenheit und bindet zumindest die letzten beiden Teile unmittelbar, den ersten Teil nur indirekt. Inhaltlich erscheint das Triptychon ausbalanciert, inszenatorisch überrumpelt es mit einem irritierenden, im besten Fall aufreizenden Bruch. Hätte man „Das Telefon“ mit ähnlicher Ausrichtung umgesetzt, böte das Gesamtwerk zwar eine geringere stilistische Bandbreite, dafür aber eine beispiellose Homogenität.

Am Ende kehrt Karloff, derweil er immer noch in eingangs beschriebener Reiterfratze posiert, in die Rolle des Moderators zurück, derweil ein Zoom Out alles als Possenspiel entlarvt. Noch ein gewagter Bruch, diesmal durch die Vierte Wand, der den somit zum Spiel erklärten Inhalten jedoch nichts von ihrem Grusel nimmt.
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Nocturnal Animals
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„Nocturnal Animals“ von Modedesigner Tom Ford ist wie schon sein Regiedebüt „A Single Man“ Outsiderkunst und als solche von einem besonders klaren Blick auf die Mechanismen des Mediums Film geprägt. Man muss relativ viele Sichtungen zurückgehen, um auf einen Thriller zu stoßen, der sich ähnlich lustvoll und vogelfrei in seinem Regelwerk bewegt; vielleicht bis zu den ersten Arbeiten des neuen Regie-Wunderkinds Denis Villeneuve („Enemy“).

Tom Ford benötigt für die nervenaufreibende Demontage einer gescheiterten Beziehung zunächst einmal nichts als eine Frau, die ein Buch liest. Austin Wrights Romanvorlage „Tony and Susan“ wird dadurch fast beiläufig zum Teil seiner eigenen Verfilmung, das gängige Prinzip der Adaption somit zum surrealistischen Stilmittel nach Charlie-Kaufman-Art. Die Tatsache, dass der Inhalt des gelesenen Romans „Nocturnal Animals“, zugleich Titel des Films, die fiktional übersteigerte Beschreibung eines real erlebten Beziehungsdramas ist, stellt zugleich einen Meta-Kommentar zum Wirken filmischer und literarischer Medien dar – je schmerzhafter die Erfahrungen in der realen Welt, desto brutaler, radikaler, zuletzt bedeutungsvoller deren psychologische Verarbeitung.

Ford überlässt bei der Vernetzung der drei Ebenen des Plots – die gegenwärtige Realität, die vergangene Realität und die Fiktion, die beide Realitäten in symbolischer Wirkung miteinander verknüpft – rein gar nichts dem Zufall. Der Bart, den Gyllenhaals Romanfigur trägt, die wilde Wüstenumgebung. Die großen Fenster im Apartment Susans, die Bilder und Ausstellungsobjekte in ihrer Galerie. Gesten, Dialoge, getroffene Entscheidungen. Was auch immer man in diesem Film sieht und hört, es stellt jeweils eine Spiegelung auf die Parallelwelt dar. Die Montage dieser Welten wird so brillant in klassische Genre-Funktionalitäten eingebettet, dass die Symbolträchtigkeit des Gezeigten manchmal bis zur Unsichtbarkeit im puren Thrill verborgen liegt, obgleich Ford den Holzhammer mitunter schwunghaft, fast schon ekstatisch einsetzt, etwa wenn er im Flur der Galerie ein Bild einfängt, das in Pop-Art-Buchstaben den Begriff
RE
VEN
GE
ausstößt wie einen anklagenden Schrei, gefolgt von einem einzelnen Jump-Scare-Moment, der sich nicht wiederholen wird. Bestimmend bleibt vielmehr das grummelnde Gefühl des Unwohlseins, das man verspürt, wenn etwas Irreversibles schiefgelaufen ist.

„Nocturnal Animals“ funktioniert als Genrewerk schon besser als viele Thriller und Dramen, die nur dies sein wollen; seine kunstvolle Architektur führt ihn darüber hinaus aber auch noch zu einem auf den Punkt formulierten medientheoretischen Kommentar, verpackt in die Anatomie einer zerbrochenen Beziehung.
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Weitere Sichtungen:
Pirates Of The Caribbean – Salazar's Rache
Runaway Train
Split
Demon Hunter
Baby Driver
47 Meters Down
Westworld - Season 1

STATISTIK 2017
Gesehene Filme: 279 (2016: 247, 2015: 227, 2014: 297)
- Davon aus 2017: 68
Gesehene Serienstaffeln: 41 (2016: 47, 2015: 47, 2014: 47)
Kinobesuche: 10 (2016: 7, 2015: 9)

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Beitrag von StS » 06.01.2018, 10:05

Jip, "Nocturnal Animals" ist ein starker, fein anzusehender Film. :26

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Beitrag von McClane » 06.01.2018, 10:20

In meinen Augen unglaublich schönes, aber auch irgendwie leeres Kino, das eher durchdesignt als inszeniert ist. Immerhin: So ästhetisch wie bei "Nocturnal Animals" hat man getötete Vergewaltigungsopfer noch nie in Szene gesetzt, aber ob das wirklich ein Gewinn für die Filmwelt ist... Immerhin interessant, dass im "gehobenen" Kino inzwischen fast mehr Exploitation- und Schmuddelversatzstücke aufgegriffen werden als im Mainstream.
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Beitrag von Vince » 06.01.2018, 13:12

@StS: Hätte mich auch schwer gewundert, wenn der dir nicht ähnlich gut gefallen hätte. ;)
Immerhin interessant, dass im "gehobenen" Kino inzwischen fast mehr Exploitation- und Schmuddelversatzstücke aufgegriffen werden als im Mainstream.
Was in meinen Augen dafür spricht, dass diese Art von Kino immer noch was zu sagen hat und bereit ist, Grenzen zu überschreiten. In diesem Zusammenhang bin auch seeehr gespannt auf "mother!", den ich im Kino leider verpasst habe. Das Mainstreamkino versteht es im Vergleich momentan unglaublich gut, auf einem hohen Niveau sättigende Unterhaltung zu bieten, fordert aber nur in Ausnahmefällen wirklich heraus. Ist natürlich die Frage, ob das jemals anders war.

Leer empfinde ich bei "Nocturnal Animals" eigentlich nur die Form (in einem durchaus gewollten Sinn), nicht aber das, was unter der Oberfläche hervorkommt. Es ist ja auch immer die Frage, welche Emotionen der Film beim Betrachter hervorruft. Mich lässt der Film auf jeden Fall weniger kalt als Vollblutdramen, die dem Pathos freien Lauf lassen.

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