Altered Carbon (Season 1)
Altered Carbon (Season 1)
Originaltitel: Altered Carbon
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2018
Regie: Uta Briesewitz, Alex Graves, Peter Hoar, Nick Hurran, Andy Goddard, Miguel Sapochnik
Darsteller: Joel Kinnaman, James Purefoy, Martha Higareda, Chris Conner, Dichen Lachman, Ato Essandoh, Kristin Lehman, Trieu Tran, Renée Elise Goldsberry, Hiro Kanagawa, Hayley Law, Antonio Marziale, Tamara Taylor, Zahf Paroo, Will Yun Lee, Cliff Chamberlain, Byron Mann, Matt Biedel, Teach Grant, Michael Eklund, Matt Frewer, Tahmoh Penikett, Daniel Bernhardt, …
Bei "Altered Carbon: Das Unsterblichkeitsprogramm" (Season 1) haben wir es mit einer aufwändig produzierten Science-Fiction-Cyberpunk-Serie aus dem Hause "Netflix" zutun, welche auf dem gleichnamigen Roman Richard Morgans basiert sowie mit Joel Kinnaman, Martha Higareda und James Purefoy in den Hauptrollen aufwartet…
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starke
Re: Altered Carbon (Season 1)
Season 1
Res cogitans, res extensa. Was Descartes als Aufspaltung des Daseins in Geist und Materie begreift, nimmt die in Serie gegossene Romanadaption "Altered Carbon" nur zu gerne als Eintrittskarte, um all die Freuden einer visuell berauschenden SciFi-Serie auszukosten. Kurz zusammengefasst geht es um die Möglichkeit, das Bewusstsein auf Mikroprozessoren zu speichern und von einem Körper in den anderen zu transferieren. Zurück bleibt jeweils die kohlenstoffbasierte Hülle, hier passend als „Sleeves“ bezeichnet. Belebt wird auf der anderen Seite also alter Wein in neuen Schläuchen.
Perfekter Stoff für eine Serie am Puls der Zeit. Vorlagenautor Richard Morgan besingt hier zwar nicht gerade etwas nie Dagewesenes, doch sein individueller Ansatz liegt darin, dass er die philosophischen Verzweigungen des Themas verständlich für eine Generation aufzubereiten weiß, die täglich mit Mikro-Speichermedien interagiert und so über ein gewisses räumliches Vorstellungsvermögen verfügt, das dabei helfen kann, sich mit der hier gespielten Zukunftsmusik zu arrangieren. Wenn dann noch die Produktionswerte stimmen, so wie es der Trailer zweifellos verspricht, ist der Fisch am Haken.
Der Netflix-Produktion dürfte es also weniger um einen Platz am Tisch von Platon, Kant und Schopenhauer gehen, sondern vielmehr um die ungeahnten Möglichkeiten in Sachen Filmproduktionstheorie. Eine Serie, in der man unbequeme Schauspieler problemlos entsorgen kann, ohne deren Rolle opfern zu müssen? Im Trend liegende Gender-Switch-Stoffe und Rassismus-Themen organisch ins Szenario einbinden können? Gekauft! Es geht nicht darum, zu ergründen, was die Trennung von Geist und Körper im weiterführenden Sinne für das Menschsein bedeutet und was es über den Menschen aussagt. Um solche Fragen zu erörtern, steigt die zehnteilige erste Staffel viel zu spät in die wahrlich unbequemen Spielarten ein; erst in den Abschlussfolgen werden Umgänge mit der neu gewonnenen Freiheit vom Körper angedeutet, aufgrund derer man nachdenklich gestimmt wird. Hauptsächlich jedoch geht es um eine Betäubung der Sinne durch extravagante Ausstattung, spektakuläre Kämpfe, offensive Nacktheit und eine möglichst hohe Flexibilität bei der Ausrichtung des Drehbuchs – was die erste Staffel in Sachen Story behauptet, muss die inzwischen beschlossene zweite Staffel noch längst nicht weiterführen.
Und das Gemisch funktioniert in den ersten beiden Folgen verdammt gut. Trotz der dreisten Anbiederung des Artdesigns an „Blade Runner“, am Anfang gaukelt die Serie erfolgreich vor, soeben den nächsten Schritt in Sachen Home Entertainment gemacht zu haben. Angesichts der aufgefahrenen Production Values bekommt man die die Kinnlade gar nicht mehr hoch. Alles ist gefüllt mit kreativen Gadgets, extravaganten Kostümen und leuchtenden Blickfängern.Alleine die Empfangshalle des „Raven“ mit seinen verspielten Poe-Themen, eine Augenweide. Dazu immer wieder scharfe Kontraste im Wechsel der Schauplätze, die mal dunkel-mysteriös, dann wieder klinisch-weiß wirken können. Mittendrin Joel Kinnaman, der eine gute Wahl für die Hauptrolle ist, weil er ebenso leer agiert wie die „Sleeves“, von denen er umgeben ist.
Als der Eingewöhnungsprozess dann aber vollzogen ist und das tägliche Brot eingenommen wird, verlieren die Besonderheiten ihren Reiz. Der in Detective-Noir-Manier aufgezogene Kriminalfall, der die Handlung als roter Faden begleitet, birgt keinerlei Eigenaromen, er existiert aus rein funktionellen Gründen und sorgt lediglich für eine willkürliche Streuung von Action-, Sex- und Dialogszenen in futuristischer Kulisse. Von wahrhaft den Geist anregenden Stoffen wie „Westworld“ ist man hier meilenweit entfernt; auch die im gleichen Genre verortete aktuelle Konkurrenzproduktion „The Expanse“ hat wesentlich mehr Tiefe zu bieten. Als sich dann irgendwann die Muster verdichten und eine Aufdeckung des Puzzles in Aussicht gestellt wird, gesellt sich über Flashbacks noch ein Handlungsstrang hinzu, der mit seinen Einflüssen vom Kriegs- und Ausbildungsfilm stilistisch gar nicht zum geschlossenen Kern passt. Und selbst die Action wirkt in diesen Momenten seltsam körperlos; bei einem Arenakampf muss man sogar beinah an eines der Unterwasserduelle aus „Aquaman“ denken.
Das Ende stimmt dann wieder versöhnlich, weil es in Aussicht stellt, welche Abgründe in der Prämisse verborgen sind. Insgesamt taucht die stark ausgestattete Serie aber zu selten in die tieferen Schichten ihres Potenzials ab und begnügt sich mit reinen Oberflächenreizen. Die lassen sich zwar wunderbar wegbingen, bestätigen aber auch wieder die alte Wahrheit, dass die schönste Hülle nichts nutzt, wenn im Inneren ein Hohlkörper schlummert.
Res cogitans, res extensa. Was Descartes als Aufspaltung des Daseins in Geist und Materie begreift, nimmt die in Serie gegossene Romanadaption "Altered Carbon" nur zu gerne als Eintrittskarte, um all die Freuden einer visuell berauschenden SciFi-Serie auszukosten. Kurz zusammengefasst geht es um die Möglichkeit, das Bewusstsein auf Mikroprozessoren zu speichern und von einem Körper in den anderen zu transferieren. Zurück bleibt jeweils die kohlenstoffbasierte Hülle, hier passend als „Sleeves“ bezeichnet. Belebt wird auf der anderen Seite also alter Wein in neuen Schläuchen.
Perfekter Stoff für eine Serie am Puls der Zeit. Vorlagenautor Richard Morgan besingt hier zwar nicht gerade etwas nie Dagewesenes, doch sein individueller Ansatz liegt darin, dass er die philosophischen Verzweigungen des Themas verständlich für eine Generation aufzubereiten weiß, die täglich mit Mikro-Speichermedien interagiert und so über ein gewisses räumliches Vorstellungsvermögen verfügt, das dabei helfen kann, sich mit der hier gespielten Zukunftsmusik zu arrangieren. Wenn dann noch die Produktionswerte stimmen, so wie es der Trailer zweifellos verspricht, ist der Fisch am Haken.
Der Netflix-Produktion dürfte es also weniger um einen Platz am Tisch von Platon, Kant und Schopenhauer gehen, sondern vielmehr um die ungeahnten Möglichkeiten in Sachen Filmproduktionstheorie. Eine Serie, in der man unbequeme Schauspieler problemlos entsorgen kann, ohne deren Rolle opfern zu müssen? Im Trend liegende Gender-Switch-Stoffe und Rassismus-Themen organisch ins Szenario einbinden können? Gekauft! Es geht nicht darum, zu ergründen, was die Trennung von Geist und Körper im weiterführenden Sinne für das Menschsein bedeutet und was es über den Menschen aussagt. Um solche Fragen zu erörtern, steigt die zehnteilige erste Staffel viel zu spät in die wahrlich unbequemen Spielarten ein; erst in den Abschlussfolgen werden Umgänge mit der neu gewonnenen Freiheit vom Körper angedeutet, aufgrund derer man nachdenklich gestimmt wird. Hauptsächlich jedoch geht es um eine Betäubung der Sinne durch extravagante Ausstattung, spektakuläre Kämpfe, offensive Nacktheit und eine möglichst hohe Flexibilität bei der Ausrichtung des Drehbuchs – was die erste Staffel in Sachen Story behauptet, muss die inzwischen beschlossene zweite Staffel noch längst nicht weiterführen.
Und das Gemisch funktioniert in den ersten beiden Folgen verdammt gut. Trotz der dreisten Anbiederung des Artdesigns an „Blade Runner“, am Anfang gaukelt die Serie erfolgreich vor, soeben den nächsten Schritt in Sachen Home Entertainment gemacht zu haben. Angesichts der aufgefahrenen Production Values bekommt man die die Kinnlade gar nicht mehr hoch. Alles ist gefüllt mit kreativen Gadgets, extravaganten Kostümen und leuchtenden Blickfängern.Alleine die Empfangshalle des „Raven“ mit seinen verspielten Poe-Themen, eine Augenweide. Dazu immer wieder scharfe Kontraste im Wechsel der Schauplätze, die mal dunkel-mysteriös, dann wieder klinisch-weiß wirken können. Mittendrin Joel Kinnaman, der eine gute Wahl für die Hauptrolle ist, weil er ebenso leer agiert wie die „Sleeves“, von denen er umgeben ist.
Als der Eingewöhnungsprozess dann aber vollzogen ist und das tägliche Brot eingenommen wird, verlieren die Besonderheiten ihren Reiz. Der in Detective-Noir-Manier aufgezogene Kriminalfall, der die Handlung als roter Faden begleitet, birgt keinerlei Eigenaromen, er existiert aus rein funktionellen Gründen und sorgt lediglich für eine willkürliche Streuung von Action-, Sex- und Dialogszenen in futuristischer Kulisse. Von wahrhaft den Geist anregenden Stoffen wie „Westworld“ ist man hier meilenweit entfernt; auch die im gleichen Genre verortete aktuelle Konkurrenzproduktion „The Expanse“ hat wesentlich mehr Tiefe zu bieten. Als sich dann irgendwann die Muster verdichten und eine Aufdeckung des Puzzles in Aussicht gestellt wird, gesellt sich über Flashbacks noch ein Handlungsstrang hinzu, der mit seinen Einflüssen vom Kriegs- und Ausbildungsfilm stilistisch gar nicht zum geschlossenen Kern passt. Und selbst die Action wirkt in diesen Momenten seltsam körperlos; bei einem Arenakampf muss man sogar beinah an eines der Unterwasserduelle aus „Aquaman“ denken.
Das Ende stimmt dann wieder versöhnlich, weil es in Aussicht stellt, welche Abgründe in der Prämisse verborgen sind. Insgesamt taucht die stark ausgestattete Serie aber zu selten in die tieferen Schichten ihres Potenzials ab und begnügt sich mit reinen Oberflächenreizen. Die lassen sich zwar wunderbar wegbingen, bestätigen aber auch wieder die alte Wahrheit, dass die schönste Hülle nichts nutzt, wenn im Inneren ein Hohlkörper schlummert.
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