Ich war sogar in einer der Kinovorstellungen kurz vor Heimkino-Release und kann nur sagen, dass "Mandy" auf der Leinwand echt beeindruckend daherkommt, auch wenn sich meine Einschätzung weitestgehend mit der von Pierre denkt. Denn in Cosmatos' Arthouse-meets-Grindhouse-Film sind eigentlich Bilder und Atmosphäre alles, während man den Plot eigentlich auf rund 20 bis 30 Minuten eindampfen könnte. Aber um den geht es auch nicht, denn hier wird (vor allem in der ersten Hälfte) in erster Linie über die Bilder erzählt, die extrem trippig sind - und das, bevor Red eine Menge an Koks wegschnupft, auf die selbst Tony Montana noch stolz wäre. In Neonfarben getauchte, andersweltliche Aufnahmen geben "Mandy" ein stark surreales Flair, bei dem Vorbilder wie Argento und Bava zu erkennen sind, während der Film andrerseits in der amerikanischen Pop- und Pulpkultur der 1980er verwurzelt ist und diese dauernd in Wort und vor allem Bild anzitiert: Fantasy-Pulp-Romane, das Schaffen Stephen Kings, Horrorfilme (Mandy und Red wohnen in der Nähe des Crystal Lake!), die Cover von Heavy-Metal-Platten, Werbespots (All hail Cheddar Goblin!), die bodenständigeren Vertreter des Actionkinos jener Tage. Wie der Held eines Vigilantenfilms sieht der Red (nomen est omen) hier rot, auch wenn seine Waffenauswahl (Armbrust, selbstgeschmiedete Axt, Kettensäge) dann wieder in Richtung Fantasy und Horror tendiert. Auch seine Gegenspieler, vor allem die Motorradgang aus der Hölle, erinnern daran: Die Biker, die Fleisch und Stahl verschmelzen, könnten aus den "Hellraiser"-Filmen stammen, oder aus den Covern und Textwelten von Judas Priest. Dabei zitiert "Mandy" aber anders als "Stranger Things" und Co., es ist keine wohlige Nostalgie, sondern eine Reimagination der 1980er als rauschhafter Trip - vielleicht auch schon wieder eine Anspielung auf den Koks-Hype jener Ära. Interessant auch, dass nach "Bad Times at the El Royale" und vor Tarantinos nächstem Projekt mal wieder die Manson-Sekte (hier verklausuliert) als Storyeinfluss dient, auch wenn das keiner tieferen Ebene folgt, so wie auch Mandy und Red nur Chiffren bleiben, Genrefiguren, die man in eine trippige Umgebung verfrachtet hat. Was nicht die Leistung der Darsteller schmälern soll, gerade im Fall von Red ist es schwer sich jemand anderen als Nicolas Cage in der Rolle vorzustellen: Dessen exzessives Spiel passt perfekt zum Konzept des Films eines Mannes, der aus dem Alltag gerissen wird und dann von Verlustgefühlen, Rachegelüsten und Drogen losgepeitscht ans Werk geht.

Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]