The Singing Detective
Originaltitel: Singing Detective, The
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2003
Regie: Keith Gordon
Darsteller: Robert Downey Jr., Robin Wright Penn, Mel Gibson, Jeremy Northam, Katie Holmes, Adrien Brody, Jon Polito, Carla Gugino, Saul Rubinek, Alfre Woodard, Amy Aquino u.a.
Dennis Potter, geboren am 17.5.1935, zählt zu den wichtigsten und einflussreichsten Menschen für das britische Fernsehen. Als studierter Philosoph und Ökonom veröffentlichte er früh erste Romane und arbeitete als Nachrichtenjournalist für den Daily Herald. In diese Phase (er war gerade einmal ein Mitzwanziger) fiel für ihn eine grausame Diagnose seiner Ärzte. Hopper litt an Psoriasis-Arthropathie, einer extremen Form einer Schuppenflechte, die sich sowohl sichtlich auf seiner Haut - mit zum Teil offenen Wunden - manifestierte und obendrein seine Knochen angriff und ihn damit in seiner Bewegungsfreiheit massiv einschränkte. So begann er von daheim aus zu arbeiten und entwickelte erste Drehbücher für das britische Fernsehen, womit er enormes Aufsehen erregte, in positiver (wie Pennies from Heaven) als auch in negativer Hinsicht (Brimstone and Treacle, das die Verantwortlichen der BBC massivst verstörte, dank Sequenzen wie der, in der ein behindertes Kind von einer Art Teufel vergewaltigt wird). In den 70ern war er am Höhepunkt seines Schaffens angelangt, geriet mit seiner arg sarkastischen, offenen und angreifenden Art aber auch mehr und mehr mit den recht konservativen BBC Bossen aneinander. Er arbeitete dennoch weiter aktiv für das britische Fernsehen und lancierte 1986 seinen letzten großen Erfolg. Kurz darauf diagnostizierte man bei ihm eine Krebserkrankung, an der er 1994 verstarb. Sein letzter großer Erfolg von 1986, das Drehbuch zu der sechsteiligen Serie The Singing Detective, verarbeitete seine grausamen Erfahrungen mit der Psoriasis-Arthropathie auf seine ihm eigene Art. Das Script für diese Serie arbeitete er kurz vor seinem Tod zu einem Filmscript um, dessen sich Mel Gibson mit seiner Produktionsfirma Icon annahm.
So präsentiert man uns nun die aufs Wesentliche destillierte Version der Miniserie und somit die Geschichte um den Charakter Dan Dark, seines Zeichens Autor von Detektivromanen, dessen Held, Dan Dark, aktuell einem seltsamen Fall nachgeht. Mehrere Prostituierte wurden in Los Angeles tot aufgefunden. Dieser Ungeheuerlichkeit gilt es auf den Grund zu gehen, doch ist sein Auftraggeber wirklich so unschuldig wie er tut? Und wieso sieht eines der Opfer des Killers wie die Mutter von Dan Darks Schöpfer Dan Dark aus?
Dan Dark, der Autor, nutzt diese Fantasiewelt, die er sowohl in Momenten totaler Ruhe als auch im Zustand kompletter Verwirrung entwirft, um sich aus seinem eigenen Leben auszuklinken. Seit 26 Jahren leidet er an einer Schuppenflechte, die sich auch auf sein Knochengerüst ausgewirkt hat und so jede Bewegung zu einem grausamen Martyrium verkommen lässt. Obendrein sieht er aus wie "eine menschliche Pizza". Dan Dark ist ein Zyniker, ungeübt im Umgang mit Menschen und bar jeden Vertrauens in seine Umwelt. Da tritt ein Dr. Gibbon in sein Leben und bricht Dan Dark auf! Mit jeder Sitzung beginnt Dan mehr zu genesen und es scheint, als lägen die Ursachen seiner Krankheit weit in seiner Kindheit begründet ... Doch wieso steht auf einmal Dan Dark, der Detektiv, vor ihm?
The Singing Detective ist im Grunde eigentlich nur das Psychogramm eines körperlich und geistig kranken Menschen. So simpel diese Ausgangssituation auch klingen mag, so vertrackt präsentiert sich der eigentliche Film. Zunächst wird man sehr unvermittelt in eine Detektivstory hineingeworfen, nur um kurz darauf zu merken, dass dieser Film verschiedene Erzählebenen besitzt. Dies macht es zunächst schwer, in den Film hineinzufinden, was ihn vor allem in den ersten 30 Minuten recht sperrig wirken lässt. Doch hat man erst einmal die verschiedenen Storystränge erfasst, beginnt der Film mehr und mehr zu funktionieren. Da wäre zum einen die Erzählebene um Dan Dark, den Autor. Wir erleben mit, wie er leidet, wie entwürdigt er sich aufgrund von Ärztevisiten fühlt, wie er mit seinen Mitmenschen (vor allem Frauen) umgeht und wie er eben versucht, dieser realen Welt zu entkommen. Dies gelingt ihm mit Hilfe seiner Fantasiewelt und damit Erzählebene zwei. Hier regiert der Film Noir und eine fast schon klassische Detektivgeschichte aus der schwarzen Reihe. Schöne, geheimnisvolle Frauen, finstere Spießgesellen und mittendrin Dan Dark, Frauenliebling und Mr. Obercool ("Mein Name ist Dan Dark. Dark ist nur ein Künstlername, ich wurde im Hellen geboren"), der eben am liebsten immer mal einen der Hits aus den 50er Jahren schmettert und ganz nebenbei ganz vertrackte Fälle löst. Erzählebene drei und somit Fluchtpunkt Nummer zwei umfasst alle Szenen mit Dr. Gibbon, die meistens mit Rückblenden in Dan Darks Kindheit enden, bei denen wir erfahren, wie Dan zu dem wurde, was er heute ist. Wer nun meint, dass das doch ganz plausibel erscheint, dem sei gesagt, dass sich die Ebenen teils beliebig vermengen, die Hauptfiguren untereinander ausgetauscht werden, Figuren also aus der einen Welt in die andere übergehen, ohne dass sich jemand groß darüber wundert und dass die meisten Charaktere eben immer Figuren aus Dans direktem Umfeld (hier das Krankenhaus) sind, wodurch die meisten Schauspieler bis zu drei vollkommen verschiedene Rollen spielen müssen. Das Ergebnis ist ein recht wahnwitziger Mix aus den verschiedenen Ebenen, der sich auch auf das optische Konzept auswirkt, aber am Ende will nicht wirklich alles zusammenpassen. Man merkt, dass dem Film am Ende ein wenig die Plausibilität ausgeht und dass er Mühe hat, alle Handlungsstränge zu einem funktionierenden Ende zu bringen. Dies versucht der Film auch gar nicht erst zu kaschieren und vermengt vor allem im "Showdown" die Erzählebenen nach belieben. Ein lyncheskes, unerklärliches Ende kommt dabei zwar nicht heraus, die meisten Erklärungsversuche dürften aber dennoch recht abstrakt geraten. Grund für diese storytechnischen Probleme dürfte ganz sicher die Kürzung des vormals doch recht umfangreichen Stoffes gewesen sein.
Die Probleme im Storybereich merkt man dem Film im optischen Bereich absolut nicht an. Die Szenen um den kranken Autor Dan Dark sind strahlend hell ausgeleuchtet. Alles wirkt klinisch sauber, es scheint nicht einmal Schatten zu geben. Die Farben usw. entsprechen einfach einem immer recht kalt wirkenden Krankenhaus. Einzig die Krankenschwester, die Dans Hormone in Wallung bringt, präsentiert Regisseur Keith Gordon extrem weichgezeichnet, um zu verdeutlichen, dass sie eine Art Hoffnungsstrahl in Dans Leben ist. Und freilich wurden Dans kurze Ausbrüche aus der Realität, die man an keine der Erzählebenen angebunden hat, ebenfalls stilistisch anders umgesetzt: Und zwar als Musical! Und was für eines! Da werden Krankenschwestern begattet, Patientenbetten einem Unterwasserballett gleich hin und hergeschoben und wird getanzt und gesungen, dass sich die Balken biegen. Diese Einlagen sind aber immer recht kurz und dauern fast nicht einmal einen ganzen 50s Hit an. Das Highlight bildet das lippensynchron mitgesungene und schrecklich mies vorgetragene Tänzchen von Dr. Gibbon und Dan Dark, das zumindest jedem Zuschauer ein Schmunzeln wert sein dürfte und im Nachhinein auch die stärkste Szene des Filmes ist. Die beiden anderen Erzählebenen gestaltete man dann vollkommen anders. Gesangsnummern gibt es hier eher weniger, und wenn, kommen sie nur von dem Singing Detective. Ansonsten dominiert in der Crimestory um Dan Dark der Stil der 50er Film Noirs. Harte und überbordende Schattensetzung, verrauchte Kaschemmen, eine tolle Ausstattung und - im Gegensatz zu den meisten Film Noirs - eine sehr kräftige, hoch kontrastreiche Farbpalette. Die Geschichte um Dans Kindheit kommt dagegen romantisch verklärt, mit Weichzeichnereffekten und einer sehr warmen und angenehmen Farbpalette daher und glänzt ebenfalls mit einer gelungenen, immer passend und authentisch wirkenden Ausstattung. Untermalt wird der gesamte Film von 50s Hits. Es gibt keinen eigentlichen Score, nur diesen Soundtrack, der dadurch noch stärker für eine Vermengung der Erzählebenen sorgt, dabei aber vor allem dem Noir Teil ein wenig schadet, denn die verwendeten Songs sind dann doch ein wenig zu beschwingt und lockerleicht für einen Film der schwarzen Serie. Und auch wenn man dem Film Noir Teil parodierende Elemente nicht abstreiten kann und darf, wirken diese Songs hier ein wenig unpassend. Für sich gesehen ist die Zusammenstellung der Songs allerdings ein echtes Juwel!
Auch schauspielerisch darf hier geglänzt werden. Robert Downey Jr. überzeugt dabei sowohl als frauenhassendes Zynikerarschloch als auch als coolest Motherfucker in Town. Dabei ist es egal, ob er cool zu Playbacks den Sangeshelden gibt, Bäddies über den Haufen ballert, sich direkt ans Publikum des Filmes wendet oder eben den verbitterten, gebrochenen Patienten gibt, der innerhalb von Sekunden von einem weinerlichen Bündel zu einem frotzelnden Widerling mutieren kann. Grandiose Leistung, bei der man sich unweigerlich fragen muss, wie viele eigene Erfahrungen der charismatische Mime, der diversen Narkotica niemals abgeneigt war, in die Rolle einbauen konnte. Unterstützt wird er von einem überraschend namhaften Cast. Seien es Adrien Brody und Jon Polito als schmierige 50er Jahre "Agenten", Carla Gugino als Mutter von Dan Dark, Robin Wright Penn in ihren zwei Rollen oder Jeremy Northam in immerhin drei Rollen. Alle spielen mit viel Verve und erbringen, flankiert von Katie Holmes, Alfre Woodard und Saul Rubinek, eine wirklich tolle Ensembleleistung. Doch das schauspielerische Highlight setzt Mel Gibson als Dr. Gibbon. Vollkommen uneitel ließ er sich verunstalten und wirkt mit Glatze, abstehenden Ohren und dicker Brille wie ein absoluter Niemand, den man aufgrund seiner geringen Körpergröße wohl auch nur all zu schnell übersehen könnte. Und so klein er auch sein mag und so unwichtig er insbesondere Dan Dark erscheinen mag, am Ende wird Dan seinen Kopf auf Gibbons Schultern legen und damit ein tolles Bild dafür abliefern, dass wahre Größe eben doch von innen heraus kommt und nichts mit der Körpergröße zu tun hat. Ein Ansatz, der seiner Heilung sehr zuträglich sein wird. Gibson gibt den Dr. Gibbon sehr zurückhaltend und leise, der in dem einen Moment noch schelmisch sein Lächeln über seine Lippen wandern lässt, um kurz darauf mit großen traurigen Augen sein Gegenüber zu mustern. Seine Szenen mit Robert Downey Jr. sind denn auch die besten Momente des gesamten Filmes.
Was könnte man noch zu diesem Film sagen, der munter die Erzählebenen vermengt und dabei eventuell ein bisschen zuviel will, toll besetzt ist, optisch grandios umgesetzt wurde und den Zuschauer vor allem zu Beginn nicht wirklich an sich heranlassen will? Vielleicht: Habt Geduld, es lohnt sich, sich trotz aller Schwächen auf diesen etwas anderen Film einzulassen ...
Die DVD von Constantin Film kommt mit einer FSK 12 uncut und hat leider keine sonderlich interessanten oder weiterführenden Extras zu bieten ...
In diesem Sinne:
freeman
Singing Detective, The
Mit dem Lethal Weapon Review-Gedanken hatte ich kürzlich auch schon gespielt, finde aber derzeit keine Zeit dazu... stehen noch ein paar Jackie- und ein paar alte Horrorschinken bevor. Außerdem hab ich Angst vor so ner großen wichtigen Reihe.
Und so nen Lethaldings wie das Rambodings wär der absolute Knaller... also mach dich ran. Oder biste zu alt für den Scheiß?
Und so nen Lethaldings wie das Rambodings wär der absolute Knaller... also mach dich ran. Oder biste zu alt für den Scheiß?
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