Joker

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Joker

Beitrag von Vince » 14.10.2019, 09:14

Joker

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Originaltitel: Joker
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2019
Regie: Todd Phillips
Darsteller: Joaquin Phoenix, Robert De Niro, Zazie Beetz, Shea Whigham, Brian Tyree Henry, Marc Maron, Frances Conroy, Bryan Callen, Brett Cullen, Glenn Fleshler, Bill Camp, Douglas Hodge u.a.

Der neueste Ansatz im nicht allzu homogenen DC-Filmuniversum bringt ins Grübeln. Möchte man wirklich sehen, wie Batmans Erzfeind entstand? Und überhaupt: Wie passt das verstörende Psychogramm eines gescheiterten Comedians zu Warners bisherigen Comic-Adaptionen? Doch das Projekt verfügt über einen "Joker": Joaquin Phoenix.

Zur Kritik von "Joker"

:liquid8:

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Re: Joker

Beitrag von freeman » 17.10.2019, 20:08

Vincelino setzt ein Grinsen auf...

In diesem Sinne:
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Re: Joker

Beitrag von Vince » 18.10.2019, 07:57

Ooops... die Kritik begann mit einem Abschnitt aus einer alten Kritik (ich nehme immer eine alte Kritik als Muster, wenn ich eine neue einstelle). Hab ich grad noch rausgenommen.

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Re: Joker

Beitrag von freeman » 23.10.2019, 20:32

LOL, und ich dachte, die "Angst vor dem Ende" sollte so ne selbstrefferentielle Nummer von dir werden :lol:

In diesem Sinne:
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Re: Joker

Beitrag von McClane » 24.10.2019, 09:50

Ich finde es immer lustig: Sobald sich ein Film mal von den üblichen Comicformeln abwendet, wird das gefeiert wie die Neuerfindung geschnittenen Brotes, selbst wenn er dafür Formeln anderer Genres kopiert (siehe "Logan"). In diesem Falle steckt unter der Clownsschminke ein Film, der irgendwo zwischen Scorsese-Hommage und -Plagiat schwankt: Gerade an "Taxi Driver" und "King of Comedy" wanzt sich "Joker" ja dermaßen ran, dass Scorsese fast Klage einreichen könnte, hätte er das Teil nicht selbst produziert.
Ich will aber nicht zu viel unken, denn "Joker" ist schon ein ziemlich starkes Psychogramm eines psychisch geschädigten Mannes, der immer weiter in seine Abgründe hinabsteigt. Manchmal übertreibt der Film es zwar mit seiner x-ten Szene, in der man die Rippen des halbnackten Phoenix nachzählen darf (das erinnert an das oft belächelte "Gebt mir nen Oscar!"-Spiel von DiCaprio), man kann seinen Method-Acting-Ansatz auch kritisch sehen, aber ich fand ihn Bombe in der Rolle. Tatsächlich lebt "Joker" über weite Strecken von seinem Spiel, da war ich drin. Ebenso schön ist das Einfangen der Atmosphäre jener New-York-Filme der 1970er und 1980er, an denen sich Todd Phillips zweifellos orientiert - neben Scorseses Werk fallen mir da William Friedkin ("French Connection"), Sidney Lumet ("Dog Day Afternoon") und Brian de Palma ("Dressed to Kill") ein. Dass von letzterem "Blow Out" in einem Kino läuft, dürfte kein Zufall sein.
Natürlich schafft diese Verortung in einer vergangen Epoche unter Umständen eine Distanz zur gesellschaftskritischen Attitüde des Films, die ich wegen seines Zitatcharakters aber nicht überbewerten möchte. Dass Leute, die alles verlieren, die (Narren-)Freiheit haben zum Amokläufer oder Verbrecher zu werden, ist jetzt keine revolutionär neue Erkenntnis. In der Clownsmaskenbewegung kann man natürlich Spuren der Occupy-Bewegung erkennen (was ja schon "The Dark Knight Rises" beackerte), wobei mancher Kritiker das ja kritisch sah, denn die Keimzelle der Revolution für mehr Gleichheit ist letzten Endes ein Mord, egal wie arschig die Yuppies gewesen sein mögen. Aber auch das will ich nicht überbewerten, so wie ich auch jene wenig wohlwollende Interpretation fraglich finde, dass die jugendlichen Schläger in der ersten Sequenz auf die Central Park Five anspielen könnten. "Joker" ist da vielseitig interpretierbar, etwas unkonkret - konkret ist dagegen die Beschreibung einer Gesellschaft am Rande des Kollaps, in der jeder vielleicht auch dadurch gleichgültig, dass er sich um seine eigenen, substantiellen Probleme kümmern muss. Man merkt das ja im letzten Gespräch mit der Therapeutin:
Spoiler
Show
Unterschwellig denkt sie ja viel mehr daran, dass die Kürzungen auch sie den Job kosten können (oder schon gekostet haben?), weshalb sie Fleck nicht groß helfen kann.
Eine Sache war mir relativ schnell klar:
Spoiler
Show
Als Fleck im Club seinen großen Auftritt hat, hatte ich fest damit gerechnet, dass das nicht wahr sein kann. Hatte angenommen, dass er sich die Nachbarin komplett eingebildet hat, weil sie ja nie mit wem außer ihm agiert. Aber die Pointe der Missinterpretation einer freundlichen Geste war dann doch smarter, das fand ich sehr schön.
Unterm Strich muss ich sagen: Echte Revolutionen sehen anders aus, aber ein stark gespieltes Charakterdrama mit viel Flair, welches das (IMO eh schon vorhandende) Spektrum der Spielarten der Comicverfilmung bereichert.

:liquid7: bis :liquid7:,5
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Re: Joker

Beitrag von SFI » 24.10.2019, 16:51

Ich finde es immer lustig: Sobald sich ein Film mal von den üblichen Comicformeln abwendet, wird das gefeiert wie die Neuerfindung geschnittenen Brotes, selbst wenn er dafür Formeln anderer Genres kopiert (siehe "Logan").
Das Nolan Paradoxum. :lol:
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Re: Joker

Beitrag von Vince » 24.10.2019, 18:12

Manchmal macht's aber eben gerade dieser kleine Genre-Ausritt, der daran so reizvoll ist. Nicht unbedingt eine Innovation an sich. Wenn es danach ginge, könnte man Kino komplett zu machen, neu ist gar nichts mehr.

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Re: Joker

Beitrag von freeman » 24.10.2019, 20:08

Wieso? Gemini Man war neu. 120 Bilder hatte keiner. Hat auch keiner gewürdigt. ;-)

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Re: Joker

Beitrag von McClane » 24.10.2019, 20:43

Vince hat geschrieben:
24.10.2019, 18:12
Manchmal macht's aber eben gerade dieser kleine Genre-Ausritt, der daran so reizvoll ist. Nicht unbedingt eine Innovation an sich. Wenn es danach ginge, könnte man Kino komplett zu machen, neu ist gar nichts mehr.
Reizvoll ist das auf jeden Fall, sage ich ja auch. Nur wenn man sich die Reaktionen durchliest von diversen Leuten, die einerseits Comicverfilmungen mit den 08/15-Argumenten von wegen "Bäh, alles gleich und trotzdem erfolgreich" niedermachen, dann aber Scorsese-Karaoke mit Clownschminke als Neuerfindung des Kinos an sich abfeiern ("Boah, so innovativ und gesellschaftskritisch"), dann weiß ich jetzt nicht, ob ich pikiert oder amüsiert sein soll. Mit unserer Einschätzung des Films an sich liegen wir beide ja nicht weit auseinander.
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Re: Joker

Beitrag von SFI » 25.10.2019, 06:09

freeman hat geschrieben:
24.10.2019, 20:08
Wieso? Gemini Man war neu. 120 Bilder hatte keiner. Hat auch keiner gewürdigt. ;-)
Durfte auch nur eine handvoll Auserwählter sehen, da wächst der Neid. :lol:
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Re: Joker

Beitrag von SFI » 18.04.2020, 14:27

Joaquin Phoenix schien sichtlich Spaß an der Rolle gehabt zu haben. Eingebettet in eine beklemmend düstere Großstadtsuppe der frühen 80er, entfaltet Athur Fleck sein geschundenes und hilfebedürftiges Ich zu dem eines Psychopathen, dessen bemerkenswerte skurrile Darstellung den Zuschauer schaudern lässt.

:liquid8:
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Re: Joker

Beitrag von freeman » 20.04.2020, 19:55

War beim Joker wirklich hin und hergerissen. Hatte am Anfang so meine Probleme damit, sozusagen eine alternative Origin-Story zu sehen. Und das, obwohl ich wusste, dass es genau so sein würde. Habe daher lange Zeit irgendwie so gar nicht in diese heillose Abwärtsspirale hineingefunden, bei der einen schon verwundert, warum die so an den Kinokassen gezündet hat. Denn nach dem Filmgenuss läuft man ja schon reichlich neben der Spur. Hin und hergerissen war ich vor allem bei Phoenix. Weil das ist schon derbster Oscar-Bait, was er da abliefert. Fast schon ein wenig schade, dass alle drauf reinfielen. Andererseits wäre es mir vermutlich bei einem anderen Darsteller schwer gefallen, diese Deprishow weiter zu verfolgen. Das kann der Joaquin schon richtig gut. Auch sein finsterer Blick passt da genial drauf... ich sag ja, hin und hergerissen :lol: Todd Phillips hingegen gönne ich wiederum jeden Erfolg, da hätte die Academy gerne auch den einen oder anderen Goldjungen aufsatteln dürfen. Absolut verdient ist jener für den Soundtrack. Das Stück, wenn aus Fleck der Joker wird, hab ich einen Tag mal rund vier Stunden nebenbei laufen gehabt und ich hatte alle paar Minuten eine Gänsepelle. Absolut großartig. Wobei diese eine Szene alleine schon das Anschauen wert ist. Drumherum wars öfters einfach nicht mein Fall. Zu viel, zu sehr, zu gewollt...
:liquid5:

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Re: Joker

Beitrag von StS » 21.04.2020, 11:20

knappe :liquid8: gibt´s von mir.

Ich fand´s ne ziemlich stimmige Sache... von der Ausstattung, dem "Grundton" und der Performance Joaquins her... ein Depri-Film, der sich positiv von dem Schwall anderer Comic-Adaptionen abhebt, da es vorrangig um die Person, nicht um irgendwelche "Spektakel-Szenen" geht. Schön, dass einem Film wie diesem ein derartiger Erfolg vergönnt war. Aufs Zeigen von Thomas Wayne´s Tod hätte ich allerdings verzichten können... das fiel irgendwie in die Kategorie "unnötiger Fan-Service".

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Re: Joker

Beitrag von freeman » 23.04.2020, 19:54

StS hat geschrieben:
21.04.2020, 11:20
Aufs Zeigen von Thomas Wayne´s Tod hätte ich allerdings verzichten können... das fiel irgendwie in die Kategorie "unnötiger Fan-Service".
Imo war das aber eine der wichtigeren Szenen und erstaunlicherweise wieder deutlicher im Kanon als manch andere Szene. Da sind ja auch interessante Debatten drum entbrannt, die vor allem rund um die Diskussionen um Flecks wahre Identität genutzt wurden. Ich find die darum schon sehr clever.

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Joker: Folie à Deux

Beitrag von freeman » 24.03.2025, 16:50

Joker: Folie à Deux
Das ist schon eine wirre Nummer. Angekündigt als Musical hat man freilich direkt bestimmte Bilder im Kopf. Denen sich Todd Phillips mit seinen Understatement-Nummern aber sogleich komplett entzieht. Keine einzige Musicalnummer ist hier wirklich eine Musicalnummer. Meist sind es intime Momente, in denen kaum mehr als zwei Figuren über den Screen huschen. Gleichzeitig inszeniert Phillips alle Musicalnummern (guter Hinweisgeber, wenn man sie überspulen will!) im IMAX-Format. Zieht also groß auf, ohne das irgendwas passieren würde. Die Nummern sind zumeist altbekannt und bringen dne Film nicht voran. Der allgemein nicht vom Fleck (hihihihi) kommt, weil er einfach nichts zu erzählen hat. Stattdessen arbeitet er sich nochmal am ersten Teil ab, ohne ihm neue Facetten hinzuzufügen.

Irgendwann meint man auch Phoenix aufgeben zu sehen. Vor allem die Szenen im Gerichtssaal funktionieren so gar nicht, weil Phoenix nicht wirklich in den Joker-Modus schaltet. Und Frau Gaga funktioniert als Harley Quinn auch nur semi. Wenn Joker 2 dann gegen Ende doch noch ein wenig spannend wird, geht einem das dann steigende Gesinge aber wirklich nur noch auf den Zünder, weil es den Film komplett ausbremst. Zudem drängen die Gesangsnummern den fantastischen Score von Hildur Guðnadóttir unschön in den Hintergrund.

Kurzum: Alle Achtung für den Mut von Todd Phillips seinen Superhit auf diese Weise fortzusetzen. Blöderweise wirkt das Ergebnis nur manieriert und langweilt dank über zwei Stunden Laufzeit doch massiv. Zumindest hat der Film EINE gute Szene, die beide Joker-Filme von Phillips - den zweiten besonders - ziemlich auf den Kopf stellt. Je nachdem, wie man sie liest. Das lässt die Synapsen kurz mal zündeln, der Rest ist einfach nur misslungen.
:liquid3:

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Re: Joker

Beitrag von Vince » 26.03.2025, 19:27

Handwerklich und darstellerisch (eher auf Phoenix bezogen, weniger auf Gaga) war das allermindestens auf einer Höhe mit dem ersten Teil, es war auch mutig und unkonventionell und unangepasst... aber es geht am Ende einfach nicht auf. Wie meisterhaft arrangiertes Stümperwerk, dass immer eine Halbnote am Meisterwerk vorbeischrammt. Dieser Moment am Ende im Gefängnisgang (ich nehme an, das ist die gute Szene, auf die du dich beziehst) hat mich nochmal ein wenig wachgerüttelt, hielt dann einer genaueren Betrachtung aber auch wieder nicht stand. Und die Musicalaspekte hätte man viel durchgeknallter und fantasievoller arrangieren müssen. Die Augen werden pappsatt, Gehirn und Magen sterben derweil einen Hungertod... komme da auch nur auf
:liquid4:

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