Den etwas anderen Ansatz habe ich in "Greenland" jetzt nicht gesehen, viel mehr war das für mich ein aus reichlich bekannten Versatzstücken zusammengebauter Film. Am frischesten ist vielleicht noch die Tatsache, dass Gerard Butler hier mal nicht der Actionheld, sondern einfach nur ein zupackender Architekt ist - einer unter vielen Normalos im Überlebenskampf. Nach kurz gehaltenem Auftakt geht es auf den Road-Movie-artigen Trip, in dem die kleine Familieneinheit ums Überleben kämpft - siehe etwa "These Final Hours", "Krieg der Welten", den artverwandten "Carriers" oder (mit Abstrichen, weil Heldentum und Weltenrettung vorhanden) "World War Z". Man kann auch an "2012" denken, an auch das Szenario erinnert, dass man einige wenige rettet (siehe auch "Deep Impact"). Hier gibt es keine coolen Helden und keine Weltenrettung Marke "Armageddon", die Katastrophe wird nicht aufgehalten, sondern verwaltet und abgefedert. Dazwischen gibt es halt jede Menge vom "Der Mensch ist des Menschen Wolf"-Gehabe, wenn die Leute für einen rettenden Platz im Flugzeug die eigene Großmutter verkaufen oder einfach andere Leute umbringen würden. Immerhin: Teilweise packt der Film einen da schon, gerade wenn sich ein Spießerpaar als berechnend und eiskalt erweist. Bei anderen Leuten wie den verwarzten Arschgeigen, mit denen sich Butler in seiner einzigen Kampfszene fetzt, erwartet man es dann schon eher. Natürlich gibt es dann auch wieder jene beispiele von Selbstlosigkeit, vom netten Kerl, der den Weg zum rettenden Flugplatz mit den Hauptfiguren teilt, bis hin zur Krankenschwester, die einem Rucksäcke voller Medikamente mitgibt und sich entschuldigt, dass sie nicht mehr hat. Und dann gibt es als Dazwischen noch jene Figuren, die dem ganzen mit Zen-artiger Gelassenheit begegnen - etwas Scott Glenn in einer gut gespielten, aber letztendlich etwas nutzlosen Rolle.
Die dosiert eingesetzten Katastrophen- und Spektakelszenen sind sauber gemacht, die Figuren gehen in Ordnung, wobei man natürlich nur die x-te Version von der zerrütteten Familie, die im Angesicht der Katastrophe zueinander zurückfindet, sieht. Das Tempo ist in Ordnung und hin und wieder gibt es Szenen, die irgendwie unter die Haut gehen: Etwa wenn knarrenbewehrte Bürger eine Militärbasis stürmen, zu "ihrem" Recht kommen wollen und dann (ungewollt) lieber großen Schaden anrichten, der niemandem nutzt, als dass andere anstelle ihrer gerettet werden. Doch insgesamt gibt es zu wenig solcher Szenen als dass sich "Greenland" wirklich allzu tief in mein Gehirn einbrennen würde. Ein Routineprodukt, etwas besser als die vorige Waugh-Butler-Koop "Angel Has Fallen", aber auch kein Grund für Begeisterungsstürme.
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PS: Für einen anderen Auftraggeber habe ich im Januar mit diesem Kinobesuch das Experiment "Autokino im Winter" auf mich genommen. Meinen Erfahrungsbericht dazu gibt es hier:
https://filmszene.koeln/2021/01/14/auto ... gsbericht/
Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]
Perry Van Shrike: "Look up 'idiot' in the dictionary. You know what you'll find?" - Harry Lockhart: "A picture of me?" - Perry Van Shrike: "No! The definition of the word idiot, cause that is what you fucking are!" [Kiss Kiss, Bang Bang]