
Originaltitel: Ying Xiong
Herstellungsland: Hongkong/China
Erscheinungsjahr: 2002
Regie: Zhang Yimou
Darsteller: Jet Li, Tony Leung Chiu Wai, Maggie Cheung Man Yuk, Zhang Ziyi, Donnie Yen, Chen Daoming, Liu Zhong Yuan
Nur äußerst selten schaffen es asiatische Produktionen sich auch auf dem westlichen Filmmarkt zu etablieren. Umso überraschender war es, dass im Jahre 2000 Ang Lees Tiger & Dragon, eine Koproduktion von den USA und China, nicht nur zum Publikumsliebling wurde, sondern auch gleich vier der begehrten Oscars abräumte. International gefeiert etablierte sich allmählich ein ganz anderes Genre auf dem Filmmarkt und wurde massentauglich: Das Wuxia- Genre. Wuxia, was nichts weiter als Schwertkämpfer oder Schlachten bedeutet, legt im Gegensatz zum Martial Arts, dessen Schwerpunkt der Faustkampf, also das Kung- Fu oder Wushu, bildet, sein Hauptaugenmerk eher auf das Phantastische. So sollte man sich auch nicht wundern, wenn sich die Protagonisten auf einmal über die Logik der Schwerkraft hinwegsetzen und teils minutenlang durch die Luft schweben. Außerdem wird in überirdischer Schnelligkeit gekämpft, und alltägliche Gegenstände, wie z.B. ein Pinsel oder ein Stück Kreide werden zu tödlichen Waffen umfunktioniert.
Auch Zhang Yimou nimmt sich in seinem Film „Hero“ dieser Technik an und verleiht seinen Darstellern unsichtbare Flügel, die sie wie von Geisterhand über Baumwipfel schweben und auf dem Wasser laufen lassen.


„Hero“ spielt in der „Zeit der streitenden Reiche“ vor über 2000 Jahren, in der China in sieben Königreiche geteilt war, die untereinander im ständigen Krieg standen. Der König Qin will durch Gewalt und Einflussnahme die Königreiche zusammenführen und seine Herrschaft als Kaiser über ganz China durchsetzen. Seit Jahren versuchen drei Attentäter vergeblich seine Pläne zu vereiteln: Fliegender Schnee (Maggie Cheung Man Yuk), Weiter Himmel (Donnie Yen) und Zerbrochenes Schwert (Tony Leung Chiu-Wai).
Eines Tages jedoch erscheint ein geheimnisvoller Namenloser (Jet Li) im Palast von König Qin, der davon erzählt die drei Widersacher getötet zu haben. Doch was steckt wirklich hinter der Geschichte des Namenlosen…?
Zhang Yimou, der vor allem durch seine regimekritischen Werke wie „Rote Laterne“ oder „Leben“ auffiel, und dadurch diverse Preise einheimste, verzichtet in „Hero“ weitestgehend auf Kritik am System. Dennoch, oder gerade deswegen ist sein Film mit einem, für chinesische Verhältnisse, utopischen Budget von über 30 Mio. Dollar ein absoluter Kassenerfolg gewesen, der alle Rekorde brach und auch international Anerkennung erhielt. So wurde „Hero“ auf der Berlinale im Jahre 2003 mit dem Alfred-Bauer-Preis ausgezeichnet und außerdem für den Oscar als „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert.
Des Weiteren kann sich Yimou auf ein wahres Starensemble verlassen, als da wären Jet Li, Ziyi Zhang und Donnie Yen, die allesamt auch auf Hollywood Erfahrungen zurückblicken können. Vor allem das zweite Aufeinandertreffen der Kampfkunstikonen Jet Li und Donnie Yen nach „Last Hero“ wird wohl unter allen Genrefans Entzückung hervorrufen.
Der Film selbst gliedert sich in vier Episoden auf, die sich allesamt durch Farbe und Inszenierung unterscheiden. So wird auch die farblich auf die Grundstimmung der Charaktere angepasste Umgebung zu einem Akteur, der durchaus Einfluss auf das Geschehen hat. So seien hier vor allem die Kämpfe im Blätterwald und auf dem See genannt, die in ihrer Perfektion und Erhabenheit wahre Referenzen in Sachen Kampfkunst im Film darstellen. Bild und Ton verschmelzen miteinander und erzeugen dabei ein melancholisches, aber wunderschönes Gesamtes, dessen man sich als Zuschauer nur schwerlich entziehen kann.
Kameraarbeit, Kostüme, Setting und Musik dürfen getrost als perfekt bezeichnet werden. „Hero“ stellt sich weniger als Kampfspektakel, denn als Rausch der Sinne dar, der den Zuschauer in eine andere Welt, eine Welt der Sinne, der Farben und Emotionen entführt. So sollte man in den Kampfszenen auch keine schnellen Schnitte oder blutige Verletzungen erwarten. Yimou setzt viel mehr auf Ästhetik und Perfektion, genau wie die Protagonisten im Film, die durch Kalligraphie auch nach Perfektion im Umgang mit dem Schwert trachten.


Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Story nur als Aufhänger schöner Bilder dient. Im Gegenteil: „Hero“ erzählt eine wunderschöne Geschichte, die durch ihre nicht-lineare Erzählweise zwar durchaus kopflastig ist, den Zuschauer jedoch keineswegs überfordert oder noch schlimmer: Ablenkt. Ständige Storywendungen und der überraschende Schluss sollten auch Nicht-Anhänger des Wuxia überzeugen. So halten sich historische Fakten und Fiktion die Waage, und auch an dramatischen Szenen mangelt es dem Film nicht. Auch wenn es diesen an der Tiefe eines „Tiger & Dragon“ fehlt, so haben sie doch durchaus ihre Wirkung und lassen die Aktionen der Figuren jederzeit plausibel erscheinen.
Nur der Schluss, der zudem auch Yimous bisherigen Werken widerspricht, zeigt sich als diskussionswürdig. Hier wird Unterwerfung und Diktatur glorifiziert und Yimou zeigt sich plötzlich als Befürworter der chinesischen Geschichte: Der Einzelne habe sich dem Wohl der Allgemeinheit unterzuordnen. Ein kleiner Wermutstropfen, der im Nachhinein das Gesamtbild dann doch etwas trübt.
Nichtsdestotrotz bleibt die Kernaussage des Filmes: Frieden ist immer noch die beste Lösung.
„Hero“ hält, was sein Genre verspricht: Wunderschöne Bilder und eine ergreifende Geschichte. Zudem glänzt Yimou mit einer perfekten Inszenierung und einem waschechten Starensemble, welches dem Film zusätzlich Größe und Wucht verleiht. Dies ist chinesisches Kino "at it´s best", und nach „Tiger & Dragon“ endlich ein weiteres Meisterwerk aus Fernost. Bleibt zu hoffen, dass nach diesen Erfolgen weitere Filme folgen werden, die sich nicht, wie heutzutage üblich, in Effekthascherei verlieren und dabei wichtige Grundelemente des Films, wie Emotionen und eine Geschichte, die es zu übermitteln gilt, verlieren.

Es sind zwei verschiedene Versionen des Filmes von Highlight/Constantin auf DVD erschienen, wobei der insgesamt rund 10 Minuten längere Director´s Cut im ansprechenden Digipack dem Kinocut vorzuziehen ist. Beide sind uncut. Das Bild bewegt sich auf gutem Niveau, der Ton ist sehr gut.