The Autumn Effect

Technische Daten
Label: Republic / Universal
Laufzeit: 57:27 Min.
Anzahl der Tracks: 13
Extras:
Booklet: horizontal aufklappbares Band mit 5 Doppelseiten
Verpackung: Jewel Case
Tracklist
01. Waking Up (3:13)
02. Fault Line (3:51)
03. The Recipe (3:36)
04. Cast it Out (3:16)
05. Wasteland (3:49)
06. Seasons to Cycles (3:53)
07. Half Life (4:16)
08. Through the Iris (3:29)
09. Empires (2:41)
10. Prey (3:00)
11. Insects (4:22)
12. Paralyzing Kings (3:49)
13. The Autumn Effect (9:33)
Kritik
Während man sehnsüchtig nach dem nächsten A Perfect Circle-Output Ausschau hält, kann der "perfekte Kreis" mit dieser Scheibe übergangsweise locker geschlossen werden. Mit zugekniffenen Augen könnte dies hier nämlich locker der neue APC-Release sein. Sänger Jesse Hasek hört sich nur unwesentlich anders an als Maynard James Keenan bei APC; manchmal geht die Stimme leicht Richtung Daniel Johns (Silverchair).
Der Sound ist ebenfalls wie A Perfect Circle - durch einen Verstärker. Die pathetischen und atmosphärischen Elemente sind allesamt intensiver und farbenträchtiger. Das Album ist wirklich eine Entsprechung des düster-kalten, aber dennoch knallig-farbigen Herbstszenariencovers. Das geht alles zu Lasten der genialen Leichtigkeit eines "Thirteenth Step", das es mit Brillanz zu meistern wusste, am Rande der Popmusik zu balancieren, ohne in ihren Schlund zu fallen. "The Autumn Years" ist weniger subtil. Inmitten der wunderschönen Klangfelder bricht immer wieder die böse gestimmte E-Gitarre ein wie ein alles verschlingendes Monster, das einer Idylle die Nemesis ist.
So fehlt ein wenig das Feingespür dafür, das Ohr des Hörers auf die kleineren Nuancen zu lenken. “The Autumn Effect” ist auf Anhieb eingängig und einfach nur wunderschön. Es wird auch nie metallisch oder steril; wer nun glaubt, eine aggressivere Variante von A Perfect Circle müsse unweigerlich in die kaltschwarze Flüssigkeit eines Tool-Albums driften, sieht sich getäuscht. Dichte, permanent anschlagende Akustikgitarren erschaffen in “Seasons to Cycles” gemeinsam mit freundlichen Streichern die Basis für das nostalgische Gefühl, in einem vergangenen Jahreszeitenwechsel auf einer Wiese gesessen und dem rotbraunen Sonnenuntergang entgegengeschaut zu haben, umkreist von sanft im Abendwind flatternden Birkenblättern.
Und trotz seiner Schönheit auf Anhieb dürfte diese Scheibe auch den Langzeittest bestehen, denn Riffs werden kaum wiederholt und die Wechselhaftigkeit eines jeden Songs in sich und gegenüber seinen Nachbarn ist allgegenwärtig. Jeder Augenblick ist hier ein Augenblick für sich. Die komplette Stunde Musik ist ein einziger Flügelschlag eines Kolibris, jede Sekunde in dieser Stunde ein Einzelframe dieses Flügelschlags, der mit dem bloßen Auge gar nicht zu erkennen ist. Das macht dieses Märchen so schön, denn genau das verleiht ihm Leben und verhilft ihm zu einer wirklichen, pragmatischen, tatsächlich existierenden Dimension neben der theoretischen Philosophie.
Silent Beauty, No One Cares
Silent Beauty, No One Is There
Und das ist die Philosophie hinter “The Autumn Effect”. Die Zelebration eines jeden Augenblicks im Wandel der Natur und der Welt. Der Zauber in der Form einer Blüte, ihrer signalstarken Farbgebung oder der Kraft, die ein Lebewesen braucht, um sich von selbst in der Luft zu halten. Manchmal wird diese Botschaft ein wenig zu brachial, zu stürmisch vorgetragen, doch mit Charme und Lebendigkeit lässt sich noch vieles positiv ausgleichen. Das haben “10 Years” hier mit Bravour zu Stande gebracht.

Extras
Keine Extras.

Artdesign
Das Cover wirkt vielleicht auf den ersten Blick ein wenig zu dick aufgetragen, einen Zauber kann man diesem Bild aber nicht absprechen. Das Besondere liegt darin, dass das Motiv eine Momentaufnahme zeigt - ein Kolibri im Flug - die aber ganz im Kontrast dazu abgebildet ist wie ein mühsam erstelltes Werk, das lange Zeit zur Fertigstellung benötigt hat. Hiermit wird die Bedeutung der Wertschätzung des Moments kolportiert. Magisch leuchtende Farben in einem moosgrünen Wald, der beinahe vollständig vom Dunkel verschluckt ist und an ein klassisches Märchen erinnert. Eine effektive Kurzbeschreibung der Musik, die sich auf dem Datenträger befindet.

Fazit
Man mag hervorbringen, dass “10 Years” mit “The Autumn Effect” nicht unbedingt stilistische Unabhängigkeit bewiesen haben. Besonders der Gesang weist mehr als bloße Ähnlichkeit mit Maynard James Keenan auf. Doch Musik, die so schön ist, kann - im Gegensatz zu Frauen - nicht falsch sein. Für APC-Fans ist dieses Album absolute Pflicht, wenn auch vielleicht nicht ganz deren Niveau erreicht wird. Dazu fehlt die Subtilität. Es reicht aber definitiv für eine Empfehlung, die keinen Zweifel zulässt.
Testequipment
AIWA NSX-SZ315
Weitere Bilder

